Pharmakotherapieim Kindes- und JugendalterCATHARINA WAGNER,
FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE
DIE ERSTEN „ECHTEN“ MEDIKAMENTE
> Morphium als Sedativum
> 1832 Choralhydrat (Chloraldurat, geringe therapeutische Breite)
> ab 1860er Bromide (giftig)
> Hyoszyamin-Cocktails bei schwerer Erregung (um 1880): „Hyoscine CoA“: Hyoscin + Morphium + Atropin
> 1903 – 1912: Barbital, Phenobarbital (Luminal)
> 1951 – 1953 erster Einsatz von Chlorpromazin
BIOCHEMIE, NOTFÄLLE, REZEPTOREN, HANDELSNAMEN, WIRKUNG, NEBENWIRKUNG, BEHANDLUNG DER NEBENWIRKUNG, ALTERSFREIGABEN, UND SCHWANGER, UND ÜBERHAUPT!!!
ÜBERLEGUNGEN VOR BEGINN EINER PHARMAKOTHERAPIE
• Diagnostik einschließlich Differentialdiagnose und Indikation
• Durchführung der Voruntersuchungen
• Erstellung eines Behandlungsplan (einschließlich Therapiemonitoring)
• Psychoedukation von Patient (!) und Bezugsperson
VORAUSSETZUNGEN
• Definition von Symptomen, die sich pharmakologisch verändern lassen
• Veränderungsmessung zur Evaluation der Maßnahme
ZIELBESTIMMUNG/EVALUATION
• Wirksamkeit/Verträglichkeit
• Interventionsanamnese
AUSWAHL DES MEDIKAMENTS
• Alter
• Komorbidität
• Körperlicher Zustand
• Compliance (!)
PATIENTENMERKMALE
• Einstellung zu Medikation (!)
• Compliance (z.B. Kontrolluntersuchungen)
FAMILIEN-/UMWELTMERKMALE
• akute somatische Erkrankung
• kurze Behandlungsdauer
• niedrige Komplexität des Behandlungsgeschehens (z.B. wenige Medikamenteneinnahmen am Tag)
• wenige unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs)
• Kontinuität der Betreuung durch Fachpersonal
• häufige Beratungstermine
• Übereinstimmung der Therapieziele bei Patienten, seinen Angehörigen und dem Arzt/Therapeut
• Mindestniveau der kognitiven Leistungsfähigkeit
EXKURS: COMPLIANCE –GÜNSTIGE FAKTOREN
• Zulassung des Medikaments
• Individueller Heilversuch (Off-label-use)
RECHTLICHE ASPEKTE
Substanz Handelsname (Bsp.)
Zugelassen bei… Ab welchem Alter?
Methylphenidat Medikinet ADHS Ab 6 Jahren
Atomoxetin Strattera ADHS Ab 6 Jahren
Dexamphetamin/ Lis-Dexamphetamin
Attentin/Elvanse TherapierefraktäresADHS
Ab 6 Jahren
Guanfacin Intuniv TherapierefraktäresADHS
Ab 6 Jahren
EXKURS: ZUGELASSENE PSYCHOPHARMAKA FÜR KINDERUND JUGENDLICHE - BEISPIELE
Stimulanzien:
Substanz Handelsname (Bsp.)
Zugelassen bei… Ab welchem Alter?
Fluoxetin Fluctin, Prozac Mittelgradig bis schwere depressive Episode
Ab 8 Jahren
Sertralin Zoloft Zwangserkrankung Ab 6 Jahren
Fluvoxamin Fevarin Zwangserkrankung Ab 8 Jahren
EXKURS: ZUGELASSENE PSYCHOPHARMAKA FÜR KINDERUND JUGENDLICHE - BEISPIELE
Antidepressiva:
Substanz Handelsname (Bsp.)
Zugelassen bei… Ab welchem Alter?
Risperidon Risperdal Kurzzeitbehandlungvon Impulskontrollstörungen bei Intelligenzminderung
Ab 5 Jahren
Aripiprazol Abilify Schizophrenie; Manische Episode einer bipolaren Störung
Ab 15 JahrenAb 13 Jahren
Haloperidol Haldol Akute Psychose Ab 3 Jahren
EXKURS: ZUGELASSENE PSYCHOPHARMAKA FÜR KINDERUND JUGENDLICHE - BEISPIELE
Neuroleptika:
• unvorhersehbare Arzneimittelfolgen
• anfänglich nicht erkennbare Spätfolgen auf Wachstum/psychomotorische Entwicklungsstörungen
• schwierige Vorhersage der Dosis-Wirkungs-Beziehung allein aufgrund von Untersuchungen an Erwachsenen
• ethische Probleme bei der Durchführung an nicht einwilligungsfähigen Patienten; schwierige Patienten-Rekrutierung
• Kosten-Refinanzierung für pharmazeutische Industrie eher ungünstig
ABER: Prinzipiell darf der Arzt im Rahmen seiner Therapiefreiheit jeden Stoff als Arzneimittel verordnen (Off-label-use)!
EXKURS:GRÜNDE FÜR EINE FEHLENDE ZULASSUNG
Verordnet der Arzt ein Arzneimittel z.B. außerhalb einer zugelassenen Altersgruppe, so bedeutet dies, dass er off-label verordnet. Damit haftet der Hersteller nicht für etwaige Folgen einer Verordnung. Der Arzt muss den Patienten und die Erziehungsberechtigten über diesen „individuellen Heilversuch“ außerhalb des Zulassungsbereichs aufklären und auf die rechtlichen Folgen hinweisen (Erziehungsberechtigte übernehmen z.T. die Haftung) sowie auf alternative, zugelassene Medikamente verweisen (so vorhanden!).
EXKURS: OFF-LABEL-USE
• Kombination mit anderen Interventionen
MULTIMODALE THERAPIE
• Angepasste Dosis für einen ausreichenden Zeitraum wählen
• Bei Non-Response: Abwarten der Wirkung, Überprüfung der Diagnose, Symptomatik
• Beendigung der Medikation planen/in Aussicht stellen (wenn möglich)
• Wenn Kombinationstherapie: Warum?
Erfolg versprechend?
Risiken/Wechselwirkungen?
WÄHREND DER BEHANDLUNG
• Nicht alle Erkrankungen/jeder Schweregrad einer Erkrankung der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind sinnvoll mit Psychopharmaka zu behandeln
• Psychotherapie wird vor allem bei schweren Verläufen erst durch eine medikamentöse Behandlung möglich
• Nur wenige Präparate sind für das Kindes- und Jugendalter zugelassen (oft „individueller Heilversuch“, Off-label-use)
• Eltern/Patienten haben oft Ängste bezüglich Psychopharmaka; durch Vermittlung von Faktenwissen erhöht sich die Compliance
ZUSAMMENFASSUNG
•Pharmakologie: Wechselwirkung zwischen chemischen Substanzen und biologischen Systemen
•Pharmakon: Eine Substanz, die mit dem Organismus wechselwirkt
•Arzneistoffe: Wirkstoffe zur Vorbeugung, Linderung und Heilung von Krankheiten
•Arzneimittel: Zur Anwendung am Menschen bestimmte Zubereitungsform
•Fertigarzneimittel: In einer zur Abgabe an der Verbraucher bestimmten Verpackung in Verkehr gebracht; Zulassung durch Behörde (Qualität, Wirksameit, Unbedenklichkeit)
GRUNDLAGEN DER PHARMAKOLOGIE
Pharmakokinetik:
•umfasst die Absorption, Distribution, Metabolisierung und Exkretion von Medikamenten
•Beschreibt insbesondere den zeitlichen Konzentrationsverlauf der Medikamente in Flüssigkeiten und Geweben des Körpers
Pharmakodynamik:
•umschreibt die Wirkung der Medikamente auf den Organismus und deren Wirkmechanismen
PHARMA… WAS?!
•Alter
•Geschlecht
•Vorerkrankungen
•Fettverteilung im Körper
•Rauchen
•Arzneimittelinteraktionen
•Genetik
•usw. …
THERAPEUTISCHES DRUG MONITORING (TDM):
Zusammenhang zwischenPlasmakonzentration und klinischer Wirkung
ZAHLREICHE EINFLUSSFAKTOREN:
WIE WIRKEN PSYCHOPHARMAKA ?
Die detaillierten zellulären Wirkmechanismen sind unbekannt!
• imitieren, steigern oder reduzieren die Aktivität von Neurotransmittern (z.B. Dopamin, Serotonin, Adrenalin)
• führen entweder zur Verstärkung der Aktivität eines Neurons oder hemmen den Effekt übermäßig aktiver Neurone
• wirken entweder auf nur einen Neurotransmitter oder auf verschiedene Neurotransmittersysteme
• können ihre Wirkung an der Zelle über Ionenkanäle oder Signalkaskaden vermitteln (c-AMP etc.)
• stehen im Verdacht, neuromodulatorische/-genetische Effekte zu verursachen (Neurogenese, Apoptose)
GENERELLE WIRKMECHANISMEN
Psychopharmaka…
• Evtl. schnellere Verstoffwechslung von Arzneimitteln: erhöhte Stoffwechselleistung der kindlichen Leber, veränderte Filtrations-/Ausscheidungsleistung der Nieren
• Evtl. langsamere Verstoffwechslung von Arzneimitteln durch genetische Besonderheiten
poor metabolizers
rapid metabolizers
ultrarapid metabolizers
Immer den Wirkspiegel im Auge behalten!
BESONDERHEITEN DER ENTWICKLUNGSPSYCHOPHARMAKOLOGIE
BESONDERHEITEN DER ENTWICKLUNGSPSYCHOPHARMAKOLOGIE
ZUSAMMENFASSUNG:BESONDERHEITEN DER ENTWICKLUNGSPSYCHOPHARMAKOLOGIE
• Beim(Klein-)Kind: Die sich erst entwickelnde Blut-Hirn-Schranke lässt mehr Substanzen ins Gehirn einwandern als bei Erwachsenen
• Bei Jugendlichen: rascher Wandel des Organismus; somatische und emotionale Instabilität durch Schwankungen im Hormonhaushalt, vegetativem Nervensystem und Psyche
• Altersabhängige Nebenwirkungen beachten!
PUBERTÄT UND PHARMAKOKINETIK
• Absorption, Verteilung, Metabolisierung, Ausscheidung und Rezeptorantwort eines Pharmakons können verändert sein
• Unkontrollierte Einnahme von Nikotin, Akohol, Drogen und anderen Medikamenten beachten
• Sorgfältige Überwachung der Compliance
• Hinweis auf sexuelle Funktionsstörungen (v.a. Antidepressiva)
• Vermeidung von teratotoxischen Arzneimitteln
• Einnahme von Kontrazeptiva bei sexueller Aktivität mitbedenken
• Verkehrstüchtigkeit berücksichtigen
• Beachtung der Doping-Gesetzgebung bei Sportlern (Regelungen der NADA)
WO NACHSCHAUEN?
STIMULANZIEN
IN DEUTSCHLAND ZUGELASSENE MEDIKAMENTE
WIRKMECHANISMUS MPH VS. AMF
HTTPS://WWW.AWMF.ORG/UPLOADS/TX_SZLEITLINIEN/028-045K_S3_ADHS_2018-06.PDF
INDIKATION ZUR MEDIKAMENTÖSEN BEHANDLUNG – S3 LEITLINIE
INDIKATION ZUR MEDIKAMENTÖSEN BEHANDLUNG – S3 LEITLINIE
AUSWAHL DES WIRKSTOFFES – S3 LEITLINIE
WIRKUNG?
LISDEXAMFETAMINDIMESILAT (LDX)
NEBENWIRKUNGEN
… „UNN ES HERZ?“
… „UNN DE KOPP?“
… „NIT, DASS DER AUS EM FENSCHDASPRINGT!“
… „BLEIBT DER KLÄÄN?“
… „AWWA DER WIRD DOCH SÜSCHDISCH!“
„MUSS DAS SINN?“
Kurz gesagt: NEIN! (bisher)
„GIBT’S DO E ALTERNATIVE?“
„DAS WIRKT NICHT!“ UND JETZT?
KURZ ODER LANG WIRKSAM?
ZUSAMMENFASSUNG: STIMULANZIEN
NEUROLEPTIKA UND ANTIDEPRESSIVA
• Gruppe der Katecholamine
• Neurotransmitter
• „Glückshormon“
• Dopaminerge Neurone im ZNS, v.a. im Mittelhirn
• Aber auch im vegetativen Nervensystem, reguliert u.a. Durchblutung der Organe
DOPAMIN
• beeinflusst die extrapyramidale Motorik (Stichwort Parkinson!)
• Psychosen
• Regulation des Hormonhaushaltes
• Hormon Prolaktin
DOPAMIN-WIKRUNG
DOPAMIN REZEPTOREN
BAHNEN DES DOPAMINERGEN SYSTEMS
• Nigro-striatales System:Initiierung und Ausführung von Bewegungen
• Mesokortikales und mesolimbisches System:
Wichtige Rolle bei kognitiven, emotionalen und Motivierungsprozessen
• Tubero-infundibuläres System:Nucleus arcuatus Hypothalamus;
Synthese und Freisetzung von Prolaktin
• Früher häufig bei Schockzuständen oder Nierenversagen aktuell eher nicht mehr wegen UAW´s wie Herzrhythmusstörungen, endokrinologischeStörungen
• Bei Parkinson u. Restless-Legs-Syndrom: Levodopa (L-Dopa), Prodrug von Dopamin
• Gebrauch stark dopaminerger Substanzen=Dopaminagonisten(Pramipexol, aber auch Amphetamine, Ecstasy, Rotwein, bestimmte Käsesorten mit Thyrosin)
DOPAMIN: MEDIZINISCHE VERWENDUNG
(Dopaminhypothese der Schizophrenie: übermäßig hohe Dopaminspiegel in bestimmten Hirnarealen werden mit Symptomen einer Psychose in Verbindung gebracht)
• auch 5-Hydroxytryptamin, auch Serotoninrezeptoren
• Vorkommen: ZNS, Gastrointestinaltrakt, Herz-Kreislaufsystem, Blut
• z.B. beteiligt bei der Blutgerinnung, bei Lernprozessen, Steuerung des Tag-Nacht-Rhythmus…
• pathologische Bedeutung bei Migräne, pulmonaler Hypertonie, Depression, Schizophrenie, Essstörungen, Übelkeit, Erbrechen
• aktuell 14 verschiedene 5-HT-Rezeptoren bekannt
• 5HT1-Rezeptoren stellen mit 5 Subtypen (A-F) die größte Gruppe dar
• (5HT2-) Rezeptoraktivierung/Agonismus: vermutlich durch LSD
Rezeptorblockade/Antagonismus: bei Hypertonus, Psychose (Clozapin, „Leponex“), Depression, Antiemetika (Odansetron, „Zofran“) bei Zytostatika-NW
5HT-REZEPTOR
• Medikamente, deren gemeinsames Merkmal eine Blockade von Dopamin-Rezeptoren ist
• Je nach Profil der Substanz auch Blockade anderer Rezeptoren: muscarinerge, adrenerge, histaminerge…
• Dies hat Auswirkung auf die spezifische Wirkung einer Substanz, aber auch großen Einfluss auf die möglichen Nebenwirkungen!
DEFINITION NEUROLEPTIKA
KLASSISCH, NIEDRIG POTENT, TRIZYKLISCH… HÄH?
Trizyklisch vs. nicht trizyklisch
Trizyklische Neuroleptika:
•Phenothiazine z.B. Promtehazin („Atosil“), Fluphenazin, Perazin
•Thioxanthene z.B. Chlorprothixen („Truxal“, „Ciatyl“), Fluphentixol
•Dibenzodiazepine z.B. Clozapin („Leponex“), Olanzapin („Zyprexa“), Quetiapin („Seroquel“)
EINTEILUNG NACH CHEMISCHER STRUKTUR
Nicht trizyklische Neuroleptika:
•Butyrophene z.B. Haloperidol („Haldol“)
•Benzamide z.B. Sulpirid, Amisulpirid
• Andere (Benzisoxazol) z.B. Risperidon („Risperdal“)
Hochpotente Neuroleptika:
• Ordnende Wirkung schon bei niedriger Dosierung = hoch antipsychotisch
• ABER: geringe Dämpfung übermäßiger Erregung
• Bewegungsstörungen häufig
• weniger Kreislaufstörungen
Beispiele: Haloperidol (Haldol), Olanzapin (Zyprexa), Clozapin (Leponex)
EINTEILUNG NACH POTENZ
Nieder- und mittelpotente Neuroleptika:
• Ordnende Wirkung erst bei hoher Dosierung
• ABER: gute Dämpfung übermäßiger Erregung
• Bewegungsstörungen selten
• Kreislaufstörungen häufig
Beispiele (niederpotent): Promethazin (Atosil), Chlorproxithen (Truxal), Melperon (Eunerpan), Levomepromazin (Neurocil), Pipamperon (Dipiperon)
Beispiele (mittelpotent): Perazin (Taxilan), Zotepin (Nipolept)
EINTEILUNG NACH POTENZ
EINTEILUNG NACH NEBENWIRKUNGSPROFIL
• können als Serotonin-Dopamin-Antagonisten (also D2 und 5HT2A Rezeptorblocker) charakterisiert werden, d.h.
Erhöhte Ausschüttung von Dopamin und teilweise Reversion der D2-Rezeptor-Blockade
• Schnelle Dissoziation vom D2-Rezeptor mit zeitlich nicht ausreichender Blockade zur Auslösung von Extra Pyramidaler Sypmtomatik (EPS)
ATYPISCHE ANTIPSYCHOTIKA
Klinisch: Geringere EPS-Wahrscheinlichkeit Bessere Effizienz: Negativsympomatik Positivsymptomatik: im vergleichbaren Ausmaß
SCHIZOPHRENIE
SCHIZOPHRENIE
SCHIZOPHRENIE/MANIE
SCHIZOPHRENIE/MANIE
MANISCHE ODER GEMISCHTE EPISODE (BIPOLARE STÖRUNG)
SCHIZOPHRENIE, MANIE (UND TICS)
(THERAPIERESISTENTE) SCHIZOPHRENIE
SPÄTDYSKINESIEN
AGGRESSION BEI VERHALTENSSTÖRUNG
AGGRESSION BEI VERHALTENSSTÖRUNG
AKUTE ERREGUNGSZUSTÄNDE
AKUTE ERREGUNGSZUSTÄNDE
AKUTE ERREGUNGSZUSTÄNDE
AKUTE ERREGUNGSZUSTÄNDE
AKUTE ERREGUNGSZUSTÄNDE
AKUTE ERREGUNGSZUSTÄNDE
AKUTE ERREGUNGSZUSTÄNDE
• Clozapin: Orthostase, Sedierung, Obstipation, Gewichtszunahme, Speichelfluss, Agranulozytose, epileptische Anfälle, Delir
• Olanzapin: Gewichtszunahme, Schläfrigkeit, Schwindel, Mundtrockenheit
• Quetiapin: Mundtrockenheit, Schwindel, Tachykardie
• Risperidon: Gewichtszunahme, Schlaflosigkeit, Agitation, Kopfschmerzen
• Ziprasidon: Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Übelkeit
NEBENWIRKUNG ATYPISCHER ANTIPSYCHOTIKA
• stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen
• Olanzapin > Risperidon, Quetiapin > Ziprasidon, Aripiprazol
• bei Komedikation
• Bester Prädiktor für Gewichtszunahme:
Binge-Eating
frühe Gewichtszunahme in den ersten 2-3 Behandlungswochen
KINDER: GEWICHTSZUNAHME
Fraguas et al., 2010; Alamandil et al., 2013
• kleine Mahlzeiten mehrfach am Tag (4-6)
• Langsam essen
• Nachschlag nur nach Pause
• Keine Snacks zusätzlich
• Fast Food max. 1x/Woche
• Softdrinks meiden
• Viel Aktivität, wenig sitzen
REDUKTION DER GEWICHTSZUNAHME:
Correll et al., 2008
• Parkinsonismus und Dystonie
• Akathisie und Spätdyskinesien
• Atypika eher weniger EPS und Akathisie als Typika
Beispiel: NNH=15 für Aripiprazol, NNH=25 für Risperidon
Number needed to harm (NNH):
Die NNH beschreibt die Anzahl Individuen, die über einen bestimmten Zeitraum behandelt werden
müssen, um im Vergleich zur Kontrollintervention ein unerwünschtes Ereignis zu erfahren.
KINDER: EPS
• Prävalenz höher als bei Erwachsenen
• Am wenigsten häufig bei: Quetiapin, Clozapin, Aripiprazol
• Olanzapin: Mädchen NNH=3,9; Jungen NNH=1,7
• Symptome:
Galaktorrhoe, Amenorrhoe
Erektile Dysfunktion, retrograde Ejakulation
Bei kleineren Kindern fehlen oft keine Symptome, aber:
evtl. negativer Einfluss auf Knochendichte/Pubertätsentwicklung?
KINDER: PROLAKTINERHÖHUNG
• Extrapyramidalmotorische Störungen (EPS)
Frühdyskinesien, Parkinsonoid, Akathisie, Spätdyskinesien
- Häufig
- Dosis- und substanzabhängig
TYPISCHE/KONVENTIONELLE NEUROLEPTIKA
• Neuroendokrinologische Nebenwirkungen: Hyperprolaktinämie Galaktorrhoe, Libido- und Potenzminderung
- Cave: Priapismus urologischer Notfall!
- Häufig
- Dosis- und substanzabhängig
NEUROLEPTIKA - NEBENWIRKUNGEN
• Toxisch-allergische Nebenwirkungen
Blutbildveränderungen (Thromobzytopenie, Agranulozytose), Leberenzyme
- selten
- Kontrollen erforderlich
- Bei Auftreten: Wechsel des Neuroleptikums!
• Anticholinerge Nebenwirkungen
Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen, Erhöhung der Spannung des Blasensphinkter, Obstipation, Verlängerung der QT-Zeit, Glaukom
- Unterschiedlich häufig
- Dosisabhängig
- Substanzabhängig
NEUROLEPTIKA - NEBENWIRKUNGEN
• Antiadrenerge (NNR) Nebenwirkungen
Kreislaufstörungen mit niedrigem Blutdruck
- Unterschiedlich häufig
- Dosisabhängig
- Substanzabhängig
• Gewichtszunahme metabolisches Syndrom!
- Unterschiedlich häufig
- Substanzabhängig
MALIGNES NEUROLEPTISCHES SYNDROM
• sehr selten!
• 4-11 d nach Therapiebeginn (Cave: Depot!)
• Sofortige Behandlung auf Intensivstation notwendig
• Alle Neuroleptika sofort absetzen!
• Symptome: Anstieg der EP´s
Fieber
Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Hyperhidrosis (vermehrtes Schwitzen)
Bewußtseinstrübung
Labor nicht zwingend pathologisch!
Bei 20% trotz Therapie letal! (Nierenversagen durch Rhabdomyolyse)
• + Alkohol = Sedierung
• + Antibiotika = beschleunigter Metabolismus oder Spiegelerhöhung
• + Antidepressiva = erhöhter Plasmaspiegel + erhöhtes NW-Risiko
• + Benzodiazepine = verstärkte Sedierung
• + Grapefruitsaft = Anstieg des Neuroleptika-Spiegels
• + Kaffee, Tee, Milch = Wirkungsverlust
• + Rauchen = Spiegelsenkung (bis 50%!)
• + Pille = Spiegelerhöhung und evtl. geringere kontrazeptive Wirkung
WECHSELWIRKUNGEN: NEUROLEPTIKA
ANTIDEPRESSIVA
Amitryptilin:
• HWZ 10-21 Stunden
• Handelsname: Saroten, Tryptizol
• Indikation: agitiert-ängstliche Depressionen
• Wirkung: zuerst dämpfend + angstlösend, später stimmungsaufhellend
• Mögliche NW: Mundtrockenheit, Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, Hypotonie, orthostatische Dysregulation, Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Verstopfung, Harnverhalt, Gewichtszunahme, Sexualstörungen, Libidoverlust, Menstruationsstörungen, reduziertes Reaktionsvermögen
•Malignes neuroleptisches Syndrom!
TRICYCLISCHE ANTIDEPRESSIVA
ANGSTSYMPTOME
ANGSTSYMPTOME
ENURESIS
Handelsname Tofranil, Pryleugan
Mirtazapin (Remergil): starke Blockade verschiedener Rezeptoren
Mianserin (Tolvin): Blockade präsynaptischer alpha2-Adrenorezeptoren
verstärkte Nordadrenalin und Serotonin Freisetzung, schwacher Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
Maprotilin (Ludiomil): Vorwiegend Nordadrenalin-Wiederaufnahmehemmung
• Indikation: ängstlich-agitierte Depressionen, Unruhe, Hypochodrische Züge, Schlaflosigkeit, somatische Beschwerden
• Wirkung: sedierend-angstlösend
• NW: ähnlich Tricyclika
TETRACYCLISCHE ANTIDEPRESSIVA
ANTICHOLINERGES SYNDROM
Dtsch. Ärzteblatt, 2017
• Auslöser :Tri-u. tetrazycl.AD, Atropin ( Augentropfen), Tollkirsche, Bilsenkraut, Stechapfell, Engelstrompeten, Parkinsonmittel, Spasmolytika („ Buscopan“)!, Antihistaminica, Fliegenpilz, niederpotente Neuroleptika
• Klinik :Psychose, Sprach- und Gedächnisstörungen, Durst, Aggressivität, Angst, Halluzinationen, Ataxie, RR-Abfall, KL-Störungen bis zum Koma und Exitus
• Trias: Koma - Krämpfe – Herzarrhythmien
„ feuerrot, glühendheiß, strohtrocken und total verrückt“
Bei Dosen >1000 mg - Unruhe, später Koma, Pyramidenbahnzeichen, Grand-mal, Atemstillstand, ausgeprägte Hyperthermie schon 1 g eines trizyclischen AD können tödlich sein!
• Intox mit : Tetrazyclische Antidepressiva = Miosis; Trizyclische Antidepressiva = Mydriasis
ANTICHOLINERGES SYNDROM
SELEKTIVE SEROTONIN/NORADRENALIN WIEDERAUFNAHMEHEMMER (SNRI)
• hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt ohne Wirkung auf andere Rezeptorsysteme (im Gegensatz zu Tricyclica)
• kontraindiziert bei gleichzeitiger Gabe von MAO-Hemmern
• Cheese-Effekt beachten: tyraminfreie Diät
Verzehr Tyramin-reicher Lebensmittel
Hemmung der NA-Wiederaufnahme (synaptischer Spalt)
Noradrenalin-vermittelter Vasokonstriktion
Blutdrucksteigerung
SNRI + MAO HEMMER: SUBSTANZEN
SELEKTIVE SEROTONIN WIEDERAUFNAHMEHEMMER (SSRI)
• hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin in den präsynaptischen Teil der Synapse
• besetzen die entsprechenden Rezeptoren mehr Serotonin im synaptischen
Spalt
• kontraindiziert bei gleichzeitiger Einnahme von MAO-Hemmern
• Fluctine (D), Mutan (Ö), Prozac (USA)
• Indikation: Depression (Kinder: ab 8 Jahren bei mittelschwerer+ schwerer depressiver Episode
in Kombination mit Psychotherapie
Zwangsstörungen (bei Kindern eher nicht)
Bulimia nervosa (Verminderung der Fressanfälle durch Spannungsreduktion) hohe Dosierungen!
Angstsymptomatik in Verbindung mit einer Depression
FLUOXETIN
• Wirkung: nicht sedierend, eher aktivierend
• Häufige NW: Übelkeit, Brechreiz, Durchfall, Mundtrockenheit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Zittern, Benommenheit, Schwindel, sexuelle Funktionsstörungen, Suizidalität
• Pharmakodynamik:
• Wiederaufnahme-Hemmung von Serotonin in Synpasen
• Inhibitor von CYP2D6: Interaktion mit anderen Arzneimitteln (Benzos, Neuroleptika)
• Keine anticholinergen/antihistaminergen Eigenschaften
FLUOXETIN
• Pharmakokinetik:
• Hauptmetabolit: Nor-Fluoxetin
• Lange HWZ!!!
Vorteil: Vergessen einer Dosis hat kaum Auswirkungen
Nachteil: Absetzen dauert lange, Gefahr von Interaktionen auch nach Absetzen
ZWANGSSTÖRUNGEN
Keine Zulassung als Antidepressivum unter 18 Jahren!
ZWANGSSTÖRUNGEN
ZWANGSSTÖRUNGEN
NEBENWIRKUNGEN SSRI´S
SEROTONIN-SYNDROM
URSACHEN EINES SEROTONIN SYNDROMS
ANXIOLYTIKA/ANTIKONVULSIVA
Synonym: Sedativa
Psychopharmaka, die vorwiegend
• dämpfende Wirkung auf die Psyche haben
• Angst vermindern
• affektiv entspannen
• Erregungszustände sowie deren somatische Begleiterscheinungen mildern
ANXIOLYTIKA/TRANQUELIZER
Nicht nur Benzodazepine wirken so!
• bestimme sedierend wirkende Antidepressiva
• niedrigpotente Neuroleptika
• Beta – Adrenorezeptor – Antagonisten (Beta-Blocker)
• Antihistaminika
• bestimmte Phytopharmaka (z.B. Badrian)
• bestimmte Antiepileptika
• Diverse: Buspiron, Hydroxyzin, Opipramol
ABER:
MUTISMUS
• Pharmakotherapie ist indiziert, wenn eine deutliche Beteiligung von Angst vorliegt oder der ausschließliche Einsatz nichtmedikamentöser Behandlungsverfahren keine Besserung erzielte
• „günstige Wirkung“ von SSRI´s berichtet (z.B. Fluoxetin in Dosen von 20-60mg), aber derzeit nur als „Heilversuch“ möglich
• Höchste Evidenz:
• Black&Uhde 1994: double blind, placebo controlled Study; n=15
• Dummit et al. 1996: open trial, n=21
• Manassis&Tannock 2008: Langzeitstudie, n=17, siginifíkante Verbesserung des Funktionsniveaus unter SSRI
• Kurzfristig: Gabe von Benzodiazepinen möglich
• kein Hinweis, dass sich Essstörungen unter AD Therapie bessern,
ABER: komorbide depressive Symptome können mit AD behandelt werden (keine Evidenz)
ESSSTÖRUNGEN
• Anorexia nervosa:
• Roerig et. al 2015 RCPT Olanzapin vs. Risperidon: Olanzapin mehr Gewichtszunahme
• Offene Studien zu Olanzapin erfolgreich
• Einzelne erfolgreiche Fallberichte zu Quetiapin
• Mitchell et al. 2003: Risperidon und Amisulpiridwirkung fraglich
• Tiaprid: traditionell verwendet, weil früher Wirkhinweis; zugelassen für Spätdykinesien!
• Aripiprazol
• Risperidon
• Haldol: zwar zugelassen, aber eher nicht geeignet, insbesondere im Kindesalter
TIC UND TOURETTE
DAS WAR´S
LITERATUR/QUELLEN
• Grau 2017, Uniklinikum Ulm, Arzneimittel-Update
• www.deprimed.de
• Benkert, Hautzinger, Graf – Psychopharmakologischer Leitfaden für Psychologen und Psychotherapeuten
• Regina Rettenbach - Psychotherapie-Prüfung: Das Aufgabenheft: Fragensammlung mit Antworten
LITERATUR/QUELLEN