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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann ISSN (print) 0943-2779, ISSN
(internet) 1862-0035 Rainer Hampp Verlag, www.Hampp-Verlag.de
Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito* Wissenstransfer im
Betriebsrat. Am Beispiel von organisierten Betriebsratsmitgliedern
der IG Metall ** Zusammenfassung Wissenstransfer ist nicht nur fr
Arbeitsorganisationen, sondern auch fr Interessensorganisationen
wie den Betriebsrat wichtig. Zu diesem Zweck wird der Diskurs zum
Wissenstransfer kurz dargestellt und auf die besondere Situation
des Betriebsrats bertra-gen. Ebenso wird der Betriebsrat als
eigenstndige und komplette Organisation diskutiert. Dabei zeigt
sich, dass der Betriebsrat durch eine doppelte Wahlsituation
gekennzeichnet ist, nmlich die externe, die eine Mitgliedschaft
festlegt und eine interne, die Entscheidungsprozes-se bestimmt. Die
Wahlsituation befrdert die Sichtweise auf Wissen als
Machtressource. Wis-senstransfer ist aus diesem Grunde nur mglich,
wenn individuelle Macht ausgeblendet und kollektive Macht
eingeblendet wird. Die theoretisch entwickelten Hypothesen werden
mit Hilfe von Daten aus einer Befragung von IG Metall
Betriebsratsmitgliedern empirisch ber-prft. Es zeigt sich, dass die
Ausblendung individueller Macht fr den Wissenstransfer
ent-scheidend ist. Die Einblendung kollektiver Macht ist jedoch nur
fr den Erhalt und nicht fr die Weitergabe von Wissen relevant.
Ebenso zeigt sich, dass Erfahrung, die durch hierarchi-sche
Positionen ermglicht wurden, eine hohe Relevanz fr den
Wissenstransfer besitzen.
Knowledge transfer in work councils. Empirical evidence from
unionised work council members of the 'IG Metall' union Abstract
Knowledge transfer is not only important for work organisations but
also for spe-cial interest organisations like work councils. We
briefly describe the existing approaches on knowledge transfer and
apply them to the situation of work councils. Additionally, we
discuss work councils as an independent and complete organisation.
Work councils are involved in two election situations: An external
election which appoints the members and an internal one which
structures the decision making process. These election situations
encourage the percep-tion of knowledge as a power resource.
Therefore, knowledge transfer is supported when individual power is
faded out and collective power is faded in. The theoretically
deduced hy-potheses are tested with the help of a survey of work
council members who are also members of the IG Metall union. The
results show that knowledge transfer is supported when individ-ual
power is faded out. Only knowledge obtaining is supported when
collective power is faded in. Experience acquired through
hierarchical positions within the work council also supports
knowledge transfer. Key words: work councils, knowledge transfer
(JEL: D83, J51)
___________________________________________________________________
* Prof. Dr. Uwe Wilkesmann, Dipl.-Sozialwissenschaftler Alfredo
Virgillito (bis 10/13), Lehr-
stuhl fr Organisationsforschung, Weiterbildungs- und
Sozialmanagement, TU Dort-mund, Hohe Str. 141, D 44139 Dortmund.
E-Mail: uwe.wilkesmann@tu-dortmund.de.
** In diesem Artikel werden Ergebnisse aus dem HBS-Projekt
Wissentransfer von aus-scheidenden Interessenvertretungsmitgliedern
(Projekt Nr. S-2011-432-2) vorgestellt, an dem auch die Kollegen
Gerd Naegele und Britta Bertermann beteiligt waren. Wir mch-ten uns
fr deren gute Zusammenarbeit bedanken. Ebenso mchten wir Berndt
Keller und Carsten Wirth fr wertvolle Hinweise danken.
Artikel eingegangen: 16.4.2012 revidierte Fassung akzeptiert
nach doppelt-blindem Begutachtungsverfahren: 12.12.2013.
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134 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
1. Einleitung Wissenstransfer in Organisationen ist in den
letzten Jahren ein wichtiges Thema ge-worden, da aufgrund des
demografischen Wandels viele ltere Mitarbeiter Unterneh-men
verlassen und mit ihnen ihr Wissen. Ein zentrales Thema dabei ist,
wie das Wis-sen dieser ausscheidenden Mitarbeiter im Unternehmen
gehalten werden kann (Wilkesmann/Wilkesmann 2009). Die Lsung liegt
vorrangig im Wissenstransfer: ausscheidende Mitarbeiter geben ihr
Wissen an jngere Nachfolger weiter (Huth/Albeck 2013; Piorr et al.
2006). Der demografischen Wandel dient uns als Aus-gangspunkt, um
den Wissenstransfer allgemein im Betriebsrat zu analysieren.
Der Prozess des Wissenstransfers sowie seine Barrieren und
Untersttzungsfak-toren sind fr Arbeitsorganisationen schon
vielfltig untersucht worden (s.u.). Eine Forschungslcke existiert
aber im Bereich der Wahlgremien bzw. Interessenorganisa-tionen,
deren Mitglieder per Wahl bestimmt werden: Wie gestaltet sich der
Wissens-transfer bei Betriebsratsgremien, deren Mitglieder sich
einer Wahl stellen mssen? Wodurch wird der Wissenstransfer bei
Betriebsratsmitgliedern beeinflusst? Diese Fra-gen wollen wir mit
Hilfe einer empirischen Studie unter Betriebsratsmitgliedern der IG
Metall beantworten. Damit ist auch zugleich betont, dass wir den
Betriebsrat als eigenstndige Organisation in den Blick nehmen
wollen und nicht als Institution oder nur als gesetzliches Gremium.
Er hat eigene Mitglieder, klare Ziele und eine interne Hierarchie,
erfllt also alle Kriterien einer Organisation in einer
Organisation. Genau-er gesagt, handelt es sich um eine
Interessenorganisation in einer Arbeitsorganisation. Die
Interessenorganisation Betriebsrat hat die Arbeitsorganisation
Unternehmen zur dominanten Umwelt.
Zuerst wird die Diskussion zum Wissenstransfer und zum
Betriebsrat zusam-mengefasst, dann wird analysiert, ob der
Betriebsrat als Organisation bezeichnet wer-den kann. Anschlieend
wird die Diskussion um den Wissenstransfer auf den Be-triebsrat
bertragen. Daraus leiten wir Hypothesen ab, die dann anhand einer
quantita-tiven Umfrage unter Betriebsratsmitgliedern der IG Metall
berprft werden.
2. Wissenstransfer Wissenstransfer soll hier in bereinstimmung
mit Argote und Ingram (2000) sowie mit Inkpen und Tsang (2005) als
Prozess definiert werden, durch den Einheiten (Ak-teure oder
Organisationseinheiten) aufgrund der Erfahrung anderer Einheiten
beein-flusst werden.
Wissenstransfer kann dabei unterschieden werden auf der
individuellen Ebene, der intra-organisationalen sowie der
inter-organisationalen Ebene (Wilkesmann et al. 2009a).
Das Thema Wissenstransfer innerhalb von Organisationen (Schmid
2013) und zwischen Organisationen ist mittlerweile vielfltig
erforscht worden (vgl. Easterby-Smith et al. 2008; van Wijk et al.
2008). Dabei wurden verschiedene kritische Faktoren analysiert, von
denen ein erfolgreicher Wissenstransfer abhngt. Dazu zhlen: 1.
Eigenschaften des Wissens, wie z.B. knowledge ambiguity (Szulanski
et al. 2004)
und stickiness (von Hippel 1994);
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 135
2. Organisationale Eigenschaften, wie u.a. die
Organisationskultur (Zrraga/ Bonache 2005) oder absorptive capacity
(Cohen/Levinthal 1990);
3. Netzwerkeigenschaften, wie Vertrauen (Sankowska 2013;
Szulanski et al. 2004) und Reziprozitt (Wilkesmann/Rascher 2005)
und Zugang zu Informationen (Cook et al. 1993; Yamagishi et al.
1988) sowie
4. Motivation (Wilkesmann et al. 2009b). Im Folgenden werden wir
den Wissenstransfer auf der individuellen Ebene und deren
Einflussfaktoren analysieren. Was genau wird aber im
Wissenstransferprozess transfe-riert (genauer: transformiert)?
Begrifflich soll hier zwischen Daten, Information und Wissen
differenziert werden (Willke 1998; vgl. Wilkesmann 1999). Daten
sind dabei eine Art Rohmaterial, wie Zahlen, Variablen, Buchstaben,
Paragraphen oder Bilder. Als Beispiel knnen hier die Paragraphen im
Betriebsverfassungsgesetz genannt werden. Wenn ich das
Betriebsverfassungsgesetz nicht kenne und auch nicht wei, was 38
BetrVG oder 87 BetrVG bedeutet, dann sagen mir die Daten
Freistellung oder Mitbestimmungsrechte auch nichts. Erst wenn ich
das Betriebsverfassungsge-setz und die darin enthaltenen 38 BetrVG
und 87 BetrVG kenne, werden die Da-ten fr mich zur Information. Zu
Wissen werden diese Informationen aber erst dann, wenn ich sie in
einen zweiten Kontext von Relevanzen integrieren kann. Erst wenn
ich die Auslegungen, die genaue Umsetzung und Einforderung der in
den beiden Pa-ragraphen geregelten Rechte kenne, auf die Situation
meines Betriebsrates anwenden und dadurch beurteilen kann, ob die
Geschftsleitung bei ihrem Beschluss zur Fest-setzung neuer
Prmienstze einen juristischen Fehler begangen hat, weil der
Betriebs-rat nicht zugestimmt hat, wird die Information zu Wissen.
Der Wissensgenerierungs-prozess bedeutet also, dass Information in
mein Vorwissen integriert und somit zu neuem Wissen wird. Wissen
wird somit immer individuell erzeugt. Da die Interaktion aber immer
in soziale Kontexte eingebettet ist, wird Wissen zugleich auch
sozial er-zeugt. Daher ist der Terminus Wissenstransfer streng
genommen falsch: Nicht Wis-sen, sondern Daten oder Informationen
werden transferiert und dann von den Emp-fngern in ihr
individuelles Vorwissen integriert. Dabei ist zu bedenken, dass
dieses Vorwissen ebenso sozial konstruiert ist. Dennoch benutzen
wir hier den Begriff, weil er sich in der Literatur eingebrgert
hat.
Wissenstransfer ist somit nicht als Paketmodell zu verstehen, in
dem ein Paket Wissen von einer Person an die nchste bergeben wird,
sondern als Interaktionsmo-dell, d.h. das Wissen der Person A
unterscheidet sich immer vom Wissen der Person B im
Wissenstransferprozess, da nur Informationen bertragen werden, die
dann die Person B mit dem eigenen Vorwissen zu neuem Wissen
verarbeitet (Wilkesmann/ Wilkesmann 2011). Dieses
konstruktivistische Verstndnis von Wissenstransfer im
Interaktionsmodell liegt auch diesem Artikel zugrunde. Damit ist
gleichzeitig unter-stellt, dass eine Person A sich durchaus aus der
eigenen Perspektive Mhe im Wis-senstransferprozess machen kann, die
Person B aber dennoch kein Wissen erhlt, weil sie z.B. die Daten
nicht verarbeiten kann oder will. Dies kann z.B. durch mangelndes
Vorwissen (Wilkesmann et al. 2009b) oder fehlendes Vertrauen
begrndet sein. Es ist aus diesem Grunde alles andere als trivial zu
unterstellen, dass sich Wissen geben und Wissen nehmen entsprechen.
Vielmehr muss empirisch erforscht werden, wann sich
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136 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
eine gewisse Entsprechung zwischen beiden Seiten im
Transferprozess einstellen wird und nicht nur eine
Einwegkommunikation stattfindet.
Fr eine detaillierte Analyse des Wissenstransferprozesses auf
der individuellen Ebene haben wir das SECI-Modell des
Wissenstransfers nach Nonaka und Takeuchi (1995; Nonaka et al.
2006) operationalisiert. Mit den Items sind die verschiedenen
Aspekte des expliziten und impliziten Wissenstransfers erfasst
worden. Diese Operationalisierung ist schon bei einer Studie 2006
in 11 Krankenhusern in Deutsch-land (Wilkesmann et al. 2009b) sowie
2008 bei einer groen Wohlfahrtsorganisation (Wilkesmann et al.
2009c) eingesetzt worden. In beiden Fllen ergab eine
Hauptkom-ponentenanalyse zwei identische Faktoren, die Wissen geben
und Wissen bekom-men beschreiben. Damit steht bei den Befragten die
Differenzierung der zwei Seiten des Wissenstransferprozesses im
Vordergrund und nicht was theoretisch zu erwar-ten gewesen wre die
Unterscheidung von implizitem und explizitem Wissen. Wie in den
beiden Studien nachgewiesen worden ist, untersttzen jeweils
unterschiedliche Faktoren Wissen geben und Wissen bekommen. Es ist
eben nicht ein Prozess, son-dern es sind unterschiedliche Prozesse,
die durchaus auch von unterschiedlichen Bar-rieren und
Gelegenheiten beeinflusst werden. Die Weitergabe von Wissen mndet
also automatisch in einem Lernprozess beim Gegenber (vgl. Luhmann
1984: 193). Zwar gibt der Wissensgeber keine Information wie ein
Gegenstand weg, aber Infor-mationen erfllen im Interaktionsprozess
noch andere Funktionen, was in dem fol-genden Sprichwort gut
ausgedrckt ist: Es gibt 2 Regeln, die zum Erfolg fhren: 1. Teile
niemals dein ganzes Wissen (Anonym).
Denn was man weggibt, wenn man Informationen weitergibt, ist
nicht das Wis-sen bzw. Informationen an sich, sondern der
privilegierte Zugang zur Information oder die Kontrolle ber Zonen
der Ungewissheit anderer Organisationsmitglieder (vgl.
Crozier/Friedberg 1979). Mit der bekannten Studie von Crozier und
Friedberg sind wir im Gebiet der Macht-Ressourcen angekommen und
der Frage, wie die Be-trachtung des Wissens als Machtressource den
Wissenstransfer bei Betriebsratsmit-gliedern beeinflusst.
3. Betriebsrte Die Anstze des Wissenstransfers gehen immer von
klassischen Arbeitsorganisationen aus, d.h. es sind abhngig
Beschftigte, die im Rahmen ihrer Arbeitsaufgaben Wissen
transferieren sollen. Bisher ist aber nach unserem
Informationsstand noch nicht der Wissenstransfer in der besonderen
Organisationsform Betriebsrat untersucht wor-den, wohl aber der
Einsatz von Wissensmanagement als Partizipation von Beschftig-ten
im Innovationsprozess (Gerstlberger et al. 2010; Blume/Gerstlberger
2007).
Der Betriebsrat als Interessenvertretungsgremium im
Spannungsfeld der industri-ellen Beziehungen ist in der
Vergangenheit vielfltig untersucht worden (z.B. Kotthoff 1981,
1994, 1995; Bosch et al. 1999; Artus et al. 2001; Nienhser/Hofeld
2010). Dabei sind u.a. Betriebsratstypologien gebildet worden (z.B.
Kotthoff 1981, 1994; Mller-Jentsch et al. 1998; Bosch et al. 1999;
Artus et al. 2001; Nienhser 2005). Em-pirisch erhrtet wurden diese
Typologien u.a. von Mller-Jentsch et al. (1998), Nienhser (2005)
sowie von Minssen und Riese (2005).
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 137
In den letzten Jahren waren und sind Betriebsrte vielfltigen
Wandlungen auf-grund von verschiedenen neuen Anforderungen aus der
wirtschaftlichen Umwelt ausgesetzt (Trinczek 2010: 860). Insgesamt
liegt der Wandel der betrieblichen Interes-senregulierung vor allem
darin, dass Betriebsrte neben den klassischen Schutzaktivit-ten
verstrkt gestalterische Aufgaben (Minssen/Riese 2005) wahrnehmen
knnen bzw. mssen. Wassermann (2002: 59) stellt fest, dass sptestens
mit Beginn der 1980er-Jahre immer mehr Regelungsbereiche von der
berbetrieblich-tariflichen auf die einzelbetriebliche Ebene
verlagert wurden und neue Aufgabenbereiche ber-nommen wurden, wie
etwa die Einfhrung neuer Technologien, Arbeitsgestaltung,
Umstrukturierung und Standortsicherung. Ebenso kommt Mller-Jentsch
(2007) zu dem Schluss, dass Betriebsrte stetig ihre Kompetenzen und
Aufgaben erweitert ha-ben und dies insgesamt ein Zugewinn sei, der
das Selbstbewusstsein gestrkt hat, aber nicht von wenigen auch als
Last empfunden wird (Mller-Jentsch 2007: 107). Nienhser und Hofeld
(2007) konnten in einer empirischen Untersuchung nachwei-sen, dass
diese Verbetrieblichung, d.h. die Auflsung des Flchentarifvertrages
von den Betriebsrten eher abgelehnt, von den Managern aber
befrwortet wird. Die Ablehnung der Betriebsrte sinkt jedoch, wenn
schon Erfahrungen mit der Ver-betrieblichung vorliegen. Diese neuen
Aufgaben und Anforderungen wandeln die Betriebsratsarbeit zu einer
komplexen Dienstleistungs- und Interessenvertretungsar-beit, die
auf viele Informationen angewiesen ist und auch Kreativitt und
Innovation beinhaltet, d.h. zur Wissensarbeit (Wilkesmann 2005)
geworden ist. Ein wichtiger Faktor fr die effektive und effiziente
Erledigung wissensintensiver Arbeit ist der Wissenstransfer. Aus
diesem Grunde heben die genannten Wandlungen und Neue-rungen das
Thema Wissenstransfer auf die Tagesordnung.
In den letzten Jahren sind Betriebsrte und
Interessenvertretungsformen in zahl-reichen Projekten empirisch
erforscht worden, so auch die Anderen Vertretungsor-gane (u.a.
Hauser-Dietz et al. 2009). Forschungsgegenstand war auch die
Meinung von Betriebsrten im Vergleich zur Meinung der Belegschaft
(Behrens 2009), das Zu-sammenspiel von Betriebsrat und
Geschftsfhrung in Innovationsprozessen (Schwarz-Kocher et al.
2010), die aber auch das bewusste Eingehen auf Konflikte mit der
Geschftsleitung beinhaltet. Einzelne aktuelle Studien widmen sich
der Frage nach der betrieblichen Interessenregulierung im Bereich
der so bezeichneten prekren Dienstleistungsarbeit und den
mittlerweile auch medial prsenten Repressionsmustern gegenber
Interessenvertretungen (Bormann 2007; Artus 2008). Auch die
Erwartun-gen, die abhngig Beschftigte an ihre Interessenvertretung
haben, sind empirisch untersucht worden (Wilkesmann et al. 2011).
Eine Forschungslcke stellt aber bisher der Wissenstransfer
innerhalb der Organisationsform Betriebsrat dar. Dazu ist die
spezielle Organisationsform Betriebsrat nher zu betrachten.
Was meint die Begrifflichkeit der Organisation und lsst sie sich
auf den Betriebs-rat bertragen? Um diese Frage beantworten zu
knnen, soll zuerst die Definition der complete organization
(Ahrne/Brunsson 2011) auf den Betriebsrat angewendet werden. Nach
Arne und Brunsson (2011) ist eine vollstndige Organisation durch
die folgenden fnf Kriterien definiert: (1) Mitglieder, (2)
Hierarchie, (3) Regeln, (4) ber-wachung und (5) Sanktion.
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138 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
Die Mitgliedschaftsregel gilt auch fr den Betriebsrat. Es lsst
sich klar zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern unterscheiden.
Allerdings hngt die Entscheidung fr die Aufnahme oder Ablehnung der
Mitglieder nicht von der Organisation selbst ab, sondern von der
umgebenden Arbeitsorganisation, die die Mitglieder in diese
ein-gebettete Organisationsform whlt. Eine Hierarchie lsst sich
auch im Betriebsrat beobachten, da es eine/n Vorsitzende/n gibt
sowie in greren Gremien auch Aus-schsse, Arbeitsgruppen,
Projektgruppen, die jeweils Vorsitzende haben. Diese stellen eine
eigene Quasi-Hierarchiestufe dar. Der Unterschied zu einer normalen
Arbeits-organisation ist auch hier das demokratische Prinzip: Alle
anderen Mitglieder whlen eine Person fr diese Position. Dieses
demokratische Prinzip ist eine Regel, so wie sie Ahrne und Brunsson
(2011) als drittes Kriterium definieren, nmlich als explizite
Re-gel und nicht als soziale Norm. Das vierte Kriterium ist die
berwachung. Darunter verstehen Ahrne und Brunsson (2011) ein
formales Beobachtungssystem wie z.B. Finanzberwachungssoftware
innerhalb der Organisation, nicht aber Klatsch und Flurfunk. Im
Falle von Betriebsrten bernimmt wiederum die demokratische Regel
diese Funktion. Andere Betriebsratsmitglieder oder konkurrierende
Listen ben bei-spielsweise die berwachung der Handlungen aus.
Aufgrund der Gruppengre sind die Handlungen aller
Betriebsratsmitglieder wechselseitig beobachtbar und unterlas-sende
Aktivitten bemerkbar. In diesem Fall knnen andere Mitglieder die
Trittbrett-fahrer sanktionieren. Ahrne und Brunsson (2011)
definieren Sanktionen als Zuwei-sung oder Ablehnung von Ressourcen.
Im Falle der Betriebsrte kann die Sanktion neben der sozialen
Isolierung im Extremfall auch ein Ausschlussverfahren nach 23 (1)
BetrVG bedeuten. Der Betriebsrat kann danach den Ausschluss eines
Mitglieds bei Gericht beantragen. Natrlich besteht auch die
Mglichkeit bei der nchsten Wahl die Mehrheitsfraktion zu stellen
und somit die Verteilung von Ausschussvorsitzenden etc. zu
kontrollieren. Damit sind alle Kriterien einer vollstndigen
Organisation fr einen Betriebsrat mit kleinen Abstrichen und der
Besonderheit der demokratischen Regeln erfllt. Allerdings heit
dieses Kriterium nicht, dass sie eine Arbeitsorganisation sind,
sondern sie bleiben eine Interessenorganisation. In
Arbeitsorganisationen findet der Entscheidungsprozess idealtypisch
immer top-down, in Interessenorganisatio-nen idealtypisch immer
bottom-up statt (Wilkesmann 2005, 2013). Die
Interessen-organisation zeichnet sich also durch das demokratische
Prinzip one member one vote aus sowie durch die prinzipielle
bereinstimmung zwischen individuellen Zielen und
Organisationszielen. Beides ist in der Arbeitsorganisationsform
nicht gegeben (Wilkesmann 2013).
Zusammengefasst begrndet sich die Besonderheit der
Organisationsform Be-triebsrat gegenber einer Arbeitsorganisation
in der demokratischen Wahlsituation. Und dies in zweifacher
Hinsicht: Betriebsratsmitglieder wollen und mssen gewhlt werden.
Diese Situation verndert bzw. verschrft die Rahmenbedingungen
gegenber dem Wissenstransferprozess in einer Arbeitsorganisation
erheblich. Wer wiederge-whlt werden will, muss sich seinen Whlern
als kompetent und informiert prsentie-ren und zwar als kompetenter
und informierter als Wahlkonkurrenten. Nur wer sich als gut
informiert, mit breitem Wissen fr die Betriebsratsarbeit darstellen
kann, hat gegenber konkurrierenden Kandidaten eine Chance. In solch
einer Situation wre es nicht rational, wenn ein Kandidat seine gute
Ausgangsposition verschenkt und sein
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 139
Wissen an Konkurrenten weitergibt, die dadurch als ebenso
kompetent dastehen und somit ihre Wahlchancen erhhen. Das eigene
Wissen wird demnach zu einer strategi-schen Machtressource, die die
Wiederwahl sichern soll. Diese Machtressource soll nicht durch
Wissenstransfer geschwcht werden.
Eine zweite Besonderheit der Organisationsform Betriebsrat ist,
dass auch die in-terne Hierarchie durch Wahlen etabliert wird.
Entscheidungsdurchsetzung erfolgt also idealtypisch wie oben
beschrieben bottom-up. Die Position des Vorsitzenden,
Frei-stellungen, Ausschusspositionen, all diese Posten werden ber
interne Wahlen verteilt. Ziel kann es deshalb nicht sein, seine
Konkurrenten nur als Konkurrenten zu behan-deln, vielmehr muss
immer eine Basis fr sptere Zusammenarbeit mglich bleiben. Die
Mitgliedschaft im Betriebsrat hat jedoch unter der Prmisse der
Eigennutzopti-mierung auch einen Vorteil: Den ausgeweitete
Kndigungsschutz bekommt jedes Mitglied direkt mit der Zugehrigkeit
zum Betriebsrat. Unter dem theoretischen Blickwinkel der
Eigennutzoptimierung bte sich demnach die Strategie der Defektion
im Gremium, der Verweigerung der Zusammenarbeit (oder sogar: Arbeit
generell), als rational an, da mit minimalem Aufwand vier Jahre
Kndigungsschutz erzielt werden knnten.
4. Wissenstransfer in Betriebsrten Unter diesen Umstnden ist
Wissenstransfer innerhalb des Betriebsrates noch einmal deutlich
schwieriger, als es an sich in normalen Settings innerhalb von
Arbeitsorgani-sationen schon ist. Allerdings ist der
Wissenstransfer bei einer Wahlmitgliedschaft besonders wichtig, da
ein Groteil des Wissens dort in einigen, wenigen Kpfen versammelt
ist, die schon mehrere Wahlperioden im Gremium sind. Wie kann
sicher-gestellt werden, dass das Wissen der ausscheidenden
Mitglieder nicht verloren geht? Der Wechsel der Mitglieder kann zum
einem aus Altersgrnden erfolgen und zum anderen durch Abwahl. In
jedem Fall mssen die neuen Mitglieder Wissen bekom-men, um ihre
Arbeit erfolgreich gestalten zu knnen. Da bei einer Neuwahl weder
alle Betriebsratsmitglieder aus Altersgrnden noch aus Grnden der
Nicht-Wahl ausschei-den, bleibt ein grerer Mitgliederanteil ber die
Wahlperioden erhalten. Aus diesem Grunde wollen wir nicht auf den
Wissenstransfer von ausscheidenden Mitgliedern fokussieren, sondern
allgemein Bedingungen des Wissenstransfers im Betriebsrat
auf-decken. Unsere Forschungsfrage lautet deshalb: Von welchen
Faktoren ist der Wis-senstransferprozess im Betriebsratsgremium
abhngig?
Wir fokussieren in diesem Artikel den Wissenstransfer innerhalb
des Betriebsra-tes. Natrlich findet Wissenstransfer auch ber
externe Schulungen, Beratungen etc. statt. In diesem Sinne lsst
sich Information auch extern einkaufen. Viel wichtiges
organisationsinternes Wissen kann aber nur ber internen
Wissenstransfer weiterge-geben werden. Schon alleine die Frage, zu
welchem Anbieter das neue Betriebsrats-mitglied zur Schulung
entsendet wird, ist nicht trivial, sondern hufig von den
Emp-fehlungen der lteren Kollegen abhngig, wird also Gegenstand
eines Wissenstransfers innerhalb des Gremiums. Durch den
demographischen Wandel wird vermehrt auch Wissenstransfer innerhalb
des Gremiums wichtig, da das Wissen der lteren
Betriebs-ratsmitglieder nach Mglichkeit im Gremium verbleiben
sollte. Whrend die Vermitt-lung von reinem Faktenwissen durch die
mittlerweile sehr gut ausgebaute Weiterbil-
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140 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
dungslandschaft im Bereich Betriebsrte abdeckt wird, verbleibt
das eigentliche Ex-pertenwissen, welches spezifisch auf die
Situation vor Ort ausgerichtet ist, in den Kpfen der Mitglieder,
wenn es nicht zu einem erfolgreichen Wissenstransfer im Gremium
kommt.
Der Ausgangspunkt unserer Studie war der demographische Wandel
und damit die Erhaltung des Expertenwissens fr den Betriebsrat. Wie
in Arbeitsorganisationen stellt auch im Betriebsrat der
demografische Wandel ein Problem dar. Allerdings se-hen wir den
Wissenstransfer von Jung zu Alt nur als eine spezifische Ausprgung
dieser Beziehung an.
In der Literatur zum Wissenstransfer in Arbeitsorganisationen
ist der Machtbe-griff bisher vernachlssigt worden (vgl. zum
Machtbegriff in Organisationen Haunschild et al. 2009). Wir
vermuten, dass fr den Wissenstransfer in Betriebsrats-gremien Macht
eine zentrale Kategorie darstellt und das in zweifacher
Hinsicht:
Erstens bentigt ein funktionierender Wissenstransfer ein
zumindest ansatzweise Ausschalten des Gebrauchs von Wissen als
Machtbasis. Dieses kann erreicht werden bzw. tritt ein, wenn die
einzelnen Betriebsratsmitglieder anstatt des eigenen Vorteils
andere Wertvorstellungen strker gewichten, also in gewisser Weise
den Erfolg des Gremiums ber ihren eigenen stellen. Dies ist dann
der Fall, wenn die Arbeit im Gremium von Vertrauen geprgt ist und
eine internalisierte Motivation (z.B. als inter-nalisierte soziale
Norm) an der Betriebsratsarbeit besteht. Dazu gehrt auch, ein
Fh-rungsverhalten des/r Vorsitzenden, welches die anderen
Mitglieder im Betriebsrat zum Handeln ermchtigt, anstatt alle
Entscheidungen an sich zu reien und Informa-tionen fr sich zu
behalten. Der individuell-strategische Machtgebrauch wird
zuguns-ten einer internal motivierten Hhergewichtung der Inhalte
oder des Gestalten-Wollens zurck gestellt.
Zweitens vermuten wir, dass es einen Unterschied macht, ob das
Gremium sich als mchtig wahrnimmt oder nicht. Wenn die Arbeit von
Erfolg geprgt ist und man Vernderungen im Sinne der Belegschaft im
Betrieb anstoen kann, frdert dies den Teamgeist, da Alleingnge den
Erfolg des Ganzen gefhrden knnten. Diese zweite Form der Macht
stellt im Sinne der Resource Dependency Theory (vgl. Nienhser 2008)
eine externe Machtquelle dar, die zentral fr die Handlungsfhigkeit
der Organi-sation Betriebsrat ist.
Im Folgenden werden wir die einzelnen Faktoren, die den
Wissenstransfer beein-flussen, theoretisch herleiten und zudem
einige weitere strukturelle Faktoren vorstel-len.
5. Faktoren, die Wissenstransfer beeinflussen 5.1 Individuelle
Macht ausblenden: Autonomie und soziale Einbindung Wie oben
dargelegt, kann der strategische Gebrauch der Ressource Wissen
zugunsten einer intrinsischen Prferenz der Inhalte zurck gestellt
werden oder eben berhaupt nicht auftreten. Wenn Wissenstransfer
nicht unter dem Blickwinkel der Machtressour-ce, sondern als
intrinsisch motivierte Freude an der inhaltlichen Arbeit oder als
Aus-druck der bereinstimmung mit einem sozialisierten Selbstbild
gesehen wird, dann kann Wissenstransfer gelingen (vgl.
Minbaeva/Peterson 2010; Wilkesmann/Wilkes-
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 141
mann 2009). Vielfltige Studien und Untersuchungen zeigen, dass
nicht extrinsische Anreize, wie der Machtzugewinn, sondern Formen
der intrinsischen Motivation die wichtigsten Motivatoren bei
wissensintensiver Arbeit sind (Osterloh/Frey 2000; Frost et al.
2010; Wilkesmann 2012). Gerade beim Wissensmanagement ist die
intrinsische Motivation sowie andere Formen internalisierter
Motivation eine der wichtigsten Untersttzungsfaktoren
(Cress/Kimmerle 2013; Lam 2011; Wilkesmann/Rascher 2005; Wilkesmann
et al. 2009b).
Die intrinsische und internale Motivation ist aber ihrerseits
von organisationalen und sozialen Voraussetzungen abhngig (Lam
2013; Cruz et al. 2009). Eine der wich-tigen Voraussetzungen der
intrinsischen und internalen Motivation nach der Self-Detemination
Theory (SDT) von Ryan und Deci (2000a, 2000b) ist die
Selbstbestim-mung, d.h. die Mglichkeit auch whlen zu knnen
(Ryan/Deci 2006: 1562).
Sie differenzieren Modi der Motivation, die alle verschiedene
Stufen der Internali-sierung extrinsischer Anreize und sozialer
Normen darstellen. Ryan und Deci (2000b; 2006) begrnden die SDT
neben der Kompetenz der Akteure durch die Autonomie und soziale
Einbindung (vgl. Wilkesmann 2012). Beide Faktoren sind wichtig, um
den Internalisierungsprozess von sozialen Normen zu ermglichen.
Autonomie bedeutet die Mglichkeit selbst Entscheidungen zu treffen,
ohne nur Vorgaben der Vorge-setzten auszufhren. Internalisierung
kann nur dann gelingen, wenn Regeln innerlich begriffen werden.
Dies gelingt nur unter Autonomie und wrde bei Zwang immer uerlich
bleiben. Soziale Einbindung bezieht sich u.a. auf die Interaktion
mit signi-fikanten Anderen, wie z.B. dem Betriebsratsvorsitzenden.
Die Qualitt sozialer Interaktion mit signifikanten anderen Personen
bestimmt das Gefhl der sozialen Eingebundenheit ... (Mller et al.
2009: 143). Es werden nur Regeln und Normen von Gruppen oder
signifikanten Anderen internalisiert, wenn eine soziale
Eingebundenheit mit der Gruppe oder Person wahrgenommen wird
(Ryan/Deci 2000a). In der Studie von Mller et al. (2009) konnte die
Auswirkung des Verhaltens des Vorgesetzten auf die Wahrnehmung der
sozialen Einbindung und damit auf die eigene Motivation
nachgewiesen werden. Zu sehr hnlichen Ergebnisse kommt die Studie
von Pelletier et al. (2002). Positive Untersttzung des Vorgesetzten
bzw. des Vorsitzenden erhht die eigene Handlungsfhigkeit und damit
den intrinsisch und internal motivierten Wissenstransfer.
Im Rahmen von Betriebsratsarbeit wird sich vermutlich keine im
engeren Wort-sinn intrinsische Motivation alleine finden. Vielmehr
geht es um aktives Gestalten der Arbeitsumwelt. Diese kann und wird
sicherlich auch Freude bereiten, aber es geht vermutlich auch dabei
um ein gesellschaftspolitisches Engagement, ein positives
Ver-ndern. Dies entspricht nach dem Modell von Ryan und Deci
(2000a, 2000b) einer internalisierten Motivation, die verschiedene
Stufen annehmen kann. Immer ist es aber eine Internalisierung von
externen Anreizen oder sozialen Normen, die in hhe-ren Phasen der
Internalisierung in ein Selbstbild bergehen, in dessen
bereinstim-mung gehandelt wird. In diesem Sinne ist intrinsische
(oder korrekter: internale) Moti-vation im Betriebsrat als Handeln
in bereinstimmung mit diesem Selbstbild zu ver-stehen.
Soziale Einbindung und Autonomie ermglichen die Internalisierung
sozialer Normen und sind somit nicht nur fr die internale
Motivation relevant, sondern auch
-
142 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
fr die individuelle Kalkulation im Wissenstransfer, wenn Wissen
als Machtressource wahrgenommen wird. Diese Sachverhalte sind als
Fhrungsstil-Komponenten in ihren Einfluss auf den Wissenstransfer
analysiert worden (Birasnav et al. 2011). Je strker eine
Integration in die wichtigen Entscheidungen wahrgenommen wird,
desto weniger ist es sinnvoll, relevante Informationen fr die
Entscheidungen zurck zu halten.
Zusammengefasst hngt die individuelle Bereitschaft, sich im
Wissenstransfer einzubringen von den organisationalen und sozialen
Voraussetzungen ab. Wird die inhaltliche Arbeit der Gesamtgruppe
individuell hoch internal untersttzt, d.h. der Teamerfolg steht
einem individuell-strategisch begrndeter Machtmaximierung
entge-gen, dann findet Wissenstransfer statt. Dies ist immer dann
der Fall, wenn Autonomie und soziale Einbindung von den Akteuren
wahrgenommen wird. Dieser Zusammen-hang lsst sich in der ersten
Hypothese verdichten:
H1: Je weniger individuell strategisch agiert wird, desto mehr
Wissenstransfer findet statt.
5.2 Kollektive Macht einblenden: Erfolg des Betriebsratsgremiums
Eine wichtige externe Machtressource der Interessenvertretung ist
die Untersttzung durch die Belegschaft (Nienhser 2008). Nur wenn
glaubhaft die Untersttzung der Belegschaft vom Betriebsrat in
Auseinandersetzungen mit der Geschftsleitung ins Spiel gebracht
werden kann, hat die Interessenvertretung ein Druckmittel in der
Hand. Nach auen drckt sich diese Machtressource am einfachsten
durch den gewerk-schaftlichen Organisationsgrad innerhalb der
Belegschaft aus. Zwar existiert hier rechtlich kein direkter
Zusammenhang im dualen System industrieller Beziehungen, da der
Betriebsrat nicht zum Streik aufrufen darf, aber ein ber die
Gewerkschaften ver-mittelter Zusammenhang. Je hher der
Organisationsgrad der Belegschaft ist, desto grer ist das
Mobilisierungspotential. Die Durchsetzungsfhigkeit des Gremiums
nach auen hat auch Auswirkungen auf den Interaktionsprozess nach
innen. Je machtvoller nach auen das Gremium ist, desto vielfltiger
und offener wird die in-terne Interaktion sein. Die ueren
Bedingungen schlagen dann auf die internen Be-dingungen durch.
Betriebsrte als intermedire Institutionen (Mller-Jentsch 1997: 280)
knnen die doppelte Handlungslogik, die sie in sich austarieren
mssen, nmlich zugleich Interessenvertretung des Faktors Arbeit im
Betrieb zu sein und den wirt-schaftlichen Zielen des Unternehmens
verpflichtet zu sein, nur dann erfolgreich ver-mitteln, wenn sie
einen festen Rckhalt innerhalb der Belegschaft haben und intern
frei kommunizieren knnen. Letzteres bedeutet, dass ein ausgeprgter
Wissenstransfer unter den Mitgliedern ermglicht wird. Die
Vermittlung als intermedire Organisation wie wir lieber konkreter
sagen wrden ist also vom Durchschlag der ueren Machtressource auf
den internen Wissenstransfer abhngig. Ein schwacher Betriebsrat ist
nur reaktiv und hat keine Freirume fr ausfhrliches Abwgen
verschiedener In-formation.
Zudem zeigt Heckhausens (1989) erweitertes kognitives Modell,
dass die Wahr-scheinlichkeit einer Handlung stark von der
Folgenabschtzung abhngig ist. Wissens-transfer ist immer mit
Aufwand (mindestens: Zeit, Opportunittskosten) verbunden und wird
in der Regel als eine aktive Handlung beschrieben. Ob diese
Handlung nun ausgefhrt wird, hngt stark von der Folgenabschtzung
ab: Lohnt sich der Aufwand
-
Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 143
bei dem zu erwartenden Ertrag? Wird also in diesem Fall die
Betriebsratsarbeit erfolg-reicher durch den Wissenstransfer? Oder
umgekehrt: Je erfolgreicher die Arbeit ist, desto geringer ist der
persnliche Nutzen aus einer free rider Position.
Aus diesen berlegungen folgt die zweite Hypothese:
H2: Je erfolgreicher der Betriebsrat ist, desto mehr
Wissenstransfer findet intern statt.
Um diese beiden Haupthypothesen angemessen testen zu knnen, ist
es wichtig, diese von weiteren Einflussgren zu unterscheiden. Dabei
sind insbesondere die Gre des Gremiums (und damit des Betriebes)
sowie die Erfahrung der befragten Person zu erheben.
5.3 Gre des Gremiums Ein weiterer Faktor fr den Wissenstransfer
ist die Gre der Gruppe, innerhalb derer der Wissenstransfer
stattfindet (Kollock/Smith 1996). Einerseits zeigt die bisherige
Forschung zur Kooperation in Kleingruppen, dass je kleiner die
Gruppe ist, desto einfacher Kooperationen zwischen den
Gruppenmitgliedern mglich ist. Dieser Sach-verhalt ist sowohl
theoretisch (von Ledebur 2007) als auch empirisch hinreichend
belegt (Curral et al. 2001; Guzzo et al. 1995). Die empirische
Evidenz zeigt, dass eine negative Korrelation zwischen Gruppengre
und die Beteiligung der Mitglieder am Gruppenprozess existiert, wie
sie schon Olson (1965) theoretisch prognostiziert hat (vgl. Hechter
1987). Ebenso nimmt mit Zunahme der Gruppengre die Wirkung einer
nicht erbrachten Leistung fr die Einzelperson ab, da der Anteil an
der Gesamt-gruppenleistung sinkt. berwachungs- und
Sanktionskapazitt sinkt also mit der Gruppengre und damit steigt
das Trittbrettfahrerverhalten (Coleman 1990).
Andererseits sind diese Forschungsergebnisse ber kooperatives
Verhalten in Gruppen nicht einfach auf den Wissenstransferprozess
bertragbar. Wissenstransfer setzt auch immer die Mglichkeit voraus,
andere Personen zu treffen (egal ob face-to-face oder virtuell), um
Informationen miteinander auszutauschen. Je weniger Perso-nen
potentiell getroffen werden knnen, d.h. je weniger personale
Informationsquel-len jemand erreichen kann, desto weniger
Wissenstransfer ist mglich.
Die Forschungsergebnisse sind also nicht eindeutig: Kooperation
innerhalb von Gruppen ist eher in kleineren Gruppen wahrscheinlich.
Auf den Wissenstransfer ber-tragen bedeutet dies, dass sensible
Informationen in Vertrauensbeziehungen bertra-gen werden, die eher
in kleinen Gruppen wahrscheinlich sind. Generell gilt aber, dass
das Angebot an Information und damit die potentieller
Wissenstransfer mit der Gre der Gruppe steigt.
In groen Betriebsratsgremien entsteht durch Ausschsse und
Arbeitsgruppen eine Diversifikation. Die eigentliche Arbeit findet
nicht im Plenum, sondern in den Ausschssen statt. Hier kann die
Gesamtgruppengre die Gre der Arbeitseinheit mglicherweise
verdecken. Allerdings ist dies relevant fr eine Gruppengre mit mehr
als 15 Personen, also fr Betriebsratsgremien, die nur 4% der
Grundgesamtheit ausmachen.
In Betriebsrten als Wahlgremien kommt noch hinzu, dass es
unterschiedliche Fraktionen, Listen etc. geben kann, die politisch
miteinander konkurrieren und sich
-
144 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
deshalb auf keinen Fall wechselseitig durch Wissenstransfer
strken. Der eigentliche Wissenstransfer findet wenn berhaupt nur
innerhalb der eigenen Fraktion statt. Aus diesem Grunde muss
kontrolliert werden, wie viele Betriebsratsmitglieder auch der IG
Metall angehren und somit nur als potentielle Partner des
Wissenstransfers zur Verfgung stehen.
Daraus lsst sich die dritte Hypothese ableiten:
H3: Je mehr Mitglieder (aus derselben Gewerkschaftsliste) der
Betriebsrat hat, desto mehr Wissenstransfer findet statt.
5.4 Individuelle Erfahrung in unterschiedlichen
Organisationsrollen Wie schon eingangs erwhnt, ist ein wichtiger
Anlass fr den Wissenstransfer, wenn Mitglieder aus Altersgrnden
ausscheiden. Damit wird impliziert, dass ltere, erfahrene
Mitglieder auch Wissen besitzen, das sich fr den Transfer eignet.
Dies ist eine Grundannahme, die sich beim Wissenstransfer immer
wieder besttigt findet. Wer lange eine Arbeit gemacht hat oder wer
schon lter ist, kann eben viel von seiner Er-fahrung an jngere
Kollegen weitergeben (vgl. z.B. Wilkesmann et al. 2009b).
Umge-kehrt bedeutet dies auch, dass Jngere entsprechend Wissen
bekommen. Sollte dies nicht der Fall sein, dann wrden ltere nur aus
ihrer Sicht Wissen weitergeben, was aber auf keine Nachfrage
stt.
Ein wichtiger Faktor des Wissenstransfer ist natrlich der
Umstand, ob eine Per-son Information aufgrund ihrer Position
bekommen kann. Die Erfahrung, die ein Mitglied machen kann, hngt
auch von seiner Organisationsrolle ab. Durch die zuge-wiesene Rolle
bekommen einige Personen prinzipiell mehr Informationen als andere.
Dies gilt z.B. fr Vorsitzende ( 26 BetrVG). Aufgrund ihrer
herausgehobenen Positi-on laufen die Informationen bei ihnen
zusammen. Sie knnen also prinzipiell mehr Wissen weitergeben als
einfache Mitglieder, weil sie gegenber den einfachen Mitglie-dern
auch mehr Informationen sammeln. Vorsitzende kontrollieren die
Auenkontak-te des Gremiums. Sie sind der Hauptansprechpartner der
Geschftsleitung aber auch der Gewerkschaften. Als Vorsitzende ist
es ihre Aufgabe, fr diese Auenkontakte zustndig zu sein. Aus diesem
Grunde ist es selbstevident, dass Informationen ber sie als
Kontaktstelle von auen nach innen ins Gremium flieen. Vorsitzende
sind organisationstheoretisch ausgedrckt Grenzstellen zur Umwelt
(Luhmann 1999: 224). Die neue Information, die sie von auen
erhalten haben, knnen sie nach innen an andere Mitglieder des
Gremiums weitergeben. Ihre Machtposition besteht aber gerade darin,
dass sie eine Entscheidung treffen knnen, ob sie die Information
weitergeben oder auch nicht. Die Aufgabe der Vorgesetzten besteht
in der Filter-funktion von Information, wie Luhmann es beschreibt:
Ein Vorgesetzter gehrt also jeweils (mindestens) zwei engeren
Kommunikationsnetzen an, die ganz verschiedene Anforderungen an ihn
stellen. Er mu Informationen aus dem einen Netz in das an-dere
bersetzen knnen; andere Informationen mu er in einem Netz
zurckhalten knnen, so dass die Trennung der Netze erhalten bleibt.
Nicht jede Information von oben eignet sich zur Weitergabe nach
unten und umgekehrt. Diese Flaschenhalsfunk-tion des Vorgesetzten
dient dem Proze der Unsicherheitsabsorption (Luhmann 1999:
210).
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 145
Gleiches gilt wenn auch in abgeschwchter Form schon fr
Vorsitzende von Ausschssen sowie fr freigestellte
Betriebsratsmitglieder ( 28, 28a BetrVG). Die Aufgabe dieser
Mitglieder besteht darin, fr ein gewisses Thema Informationen zu
sammeln und den anderen Betriebsratsmitgliedern zur Verfgung zu
stellen. Wer seine volle Arbeitszeit fr die Betriebsratsarbeit
investieren kann, wird auch mehr Informa-tionen sammeln knnen als
nicht-freigestellte Mitglieder. Die Erfahrung wird also durch die
Organisationsrolle selektiert.
Auerdem wird in diesen Funktionen nur eine Person gewhlt, wenn
sie schon auf unteren Stufen Erfahrungen gesammelt hat und damit
ber einen Mindestvorrat an Vorwissen verfgt.
Natrlich hat auch jedes einfache Betriebsratsmitglied Kontakte
zu den Kollegen im Betrieb. ber diesen Kanal findet auch ein
Informationsaustausch statt, aber die Mehrheit der relevanten
Informationen (z.B. Information aus dem Vorstand) be-kommt die
organisatorisch ausgezeichnete Grenzstelle, nmlich der/die
Vorsitzende.
Diese berlegungen lassen sich in der vierten Hypothese
zusammenfassen:
H4: Je erfahrener ein Betriebsratsmitglied ist, desto mehr
Wissen kann es weitergeben und desto weniger neues Wissen kann es
lernen.
6. Empirie Im Folgenden stellen wir die Ergebnisse unserer
Befragung unter Betriebsratsmitglie-dern der IG Metall dar. Zu
Beginn stellen wir die Datenerhebung vor und beschreiben kurz den
Datensatz. Darauf folgt die Beschreibung der Operationalisierung
unserer Hypothesen, gefolgt von den Ergebnissen der
Regressionsanalyse.
6.1 Datenerhebung In Kooperation mit der IG Metall wurde eine
E-Mail gesttzte Onlinebefragung von Betriebsrten durchgefhrt.1 Da
die IG Metall nicht alle 80.000 bei ihr organisierten (und schon
genug mit Umfragen gebeutelten) Betriebsratsmitglieder mittels
E-Mail zu der Umfrage auffordern wollte, entschied die IG Metall,
den Versand auf circa 20.000 E-Mail-Adressen zu beschrnken. Vor dem
Hintergrund des Wissenstransfers von Alt zu Jung, wurden die
E-Mails nur an Personen verschickt, die sich entweder in der ersten
Legislaturperiode befinden oder an Betriebsratsmitglieder, die 55
Jahre und lter sind. Dies entsprach in etwa 21.000 Adressen. Wie in
Abbildung 1 zu sehen ist, fhrte dieser Modus der Stichprobenziehung
nicht dazu, dass nur junge und alte Be-triebsrte im Datensatz sind.
Es gibt zwar eine Unterreprsentation der Betriebsrats-mitglieder um
55 Jahre und eine berreprsentation um die darauf folgende 58
Jahre-Marke, dennoch sind alle Altersgruppen immer noch in
ausreichender Anzahl im Da-tensatz vorhanden.
1 An dieser Stelle nochmals unser aufrichtiger Dank fr die
Zusammenarbeit.
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146 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
Abb. 1: Altersverteilung der Stichprobe
Den Fragebogen aufgerufen haben 4976 Personen, also 23,7% der
angeschriebenen Betriebsrte. Den Fragenbogen begonnen (d.h. mehr
als die erste Seite gesehen) haben 3962 Betriebsratsmitglieder
(79,6% derjenigen die den Fragebogen aufgerufen haben; 18,9%
derjenigen, die angeschrieben wurden). Von diesen haben 2914 die
Fragebgen bis zum Ende ausgefllt. Im Unterschied zu einer
Telefonbefragung ist die Hrde, einen Fragebogen einfach
abzubrechen, relativ niedrig. Ohne Interviewer und damit einem
Moment der sozialen Kontrolle ist die Ausfallrate in
Internetbefragungen hher als in Telefonumfragen. Dies hat
allerdings ebenso positive Seiten, da durch das Feh-len der
sozialen Kontrolle durch einen Interviewer auch ungeliebte Aussagen
eher gettigt werden. Ebenso sind die Eintrittsbarrieren niedriger:
Man kann den Frage-bogen ausfllen wann und wo man will und sogar
nach Unterbrechungen wieder auf-nehmen. In die Untersuchung gehen
nach Abzug durch fehlende Angaben insgesamt 2717 Personen ein. Das
entspricht 12,9% aller angeschriebenen Betriebsratsmitglieder und
ist in insbesondere bei einer Onlinebefragung ohne erneuten Aufruf
zur Teil-nahme, welcher nach unseren Erfahrungen die
Ausschpfungsquote noch einmal um bis zu 50% erhht ein
hervorragender Wert. Das Thema scheint also bei vielen
Be-triebsratsmitgliedern (und insbesondere bei den Vorsitzenden)
auf Interesse zu sto-en. Der Median der Bearbeitungsdauer des
Fragebogens belief sich auf 23 Minuten und 15 Sekunden.
6.2 Beschreibung der Stichprobe Um kurz die Stichprobe zu
beschreiben, werden nun zunchst die Verteilung des Ge-schlechts,
der Gremiengren und der Position im Betriebsrat dargestellt (s.
Tab. 1). Die Hufigkeiten und Prozentangaben in den drei ausgewhlten
Variablen werden mit der Verteilung in der Grundgesamtheit der
Betriebsratsmitglieder, die mit einer E-Mailadresse bei der IG
Metall registriert sind, abgeglichen.
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 147
Tab. 1: Stichprobenbeschreibung
Hufigkeit Prozent Prozent i.d. GG
Geschlecht Mnner 2140 78.8 79.0
Frauen 577 21.2 21.0
Posten im Gremium keine Vorsitzenden 1812 66.7 82.0
Vorsitzende 905 33.3 18.0
Gre des Gremi-ums
bis unter 9 910 33.5 71.0
9 bis unter 15 1219 44.9 25.0
15 und mehr 588 21.6 4.0
Gesamt 2717 100.0
Whrend die Verteilung der Geschlechter in der Stichprobe sehr
nahe an der Vertei-lung in der Grundgesamtheit liegt, ist dies bei
der Gremiengre und der Posten im Gremium nicht der Fall. Den Aufruf
zur Beantwortung des Online-Fragebogens sind berproportional viele
Vorsitzende und Betriebsratsmitglieder aus groen Betrieben gefolgt.
Dieses Ungleichgewicht wird allerdings in den Regressionsmodellen
durch die Hereinnahmen dieser Variablen mittels des Prinzips der
statistischen Unabhngigkeit ausgeglichen.
6.3 Operationalisierung
Die abhngigen Variablen Fr die abhngigen Variablen ist eine
Operationalisierung des SECI-Modells nach Nonaka und Takeuchi
(1995; Nonaka et al. 2006) verwendet worden, die sich schon in
anderen Studien bewhrt hat (Wilkesmann et al. 2009b; Wilkesmann et
al. 2009c). Fr die hier vorgestellte Studie wurde das Wording auf
den Betriebsratsfall zugeschnitten. Die Items wurden auf einer
Fnfer-Likert-Skala abgefragt (1 = stimme berhaupt nicht zu; 5 =
stimme voll zu).
Eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation und einem
KMO-Wert von ,784 und einer erklrten Varianz von 66,47% ergab zwei
Faktoren, die als Wissen geben und Wissen bekommen bezeichnet
wurden (vgl. Tab. 2). Der Faktor Wissen geben erzielte eine hhere
Reliabilitt, wenn das Item Ich teile neue Ideen meinen
BR-Kolleg/innen mit weggelassen wurde (Cronbachs Alpha ,868). Der
Faktor Wis-sen bekommen hat ebenso eine sehr hohe Reliabilitt mit
Cronbachs Alpha von ,815.
Hervorzuheben ist, dass die Differenzierung in Wissen geben und
Wissen be-kommen empirisch feststellbar ist. Nach dem Modell von
Nonaka und Takeuchi (1995) wre eine Aufteilung in implizites und
explizites Wissen zu erwarten gewesen.
Die gleichen Items sind in einer Befragung von 11 Krankenhusern
in Deutsch-land im Jahre 2006 (Wilkesmann et al. 2009b) allerdings
ohne den Zusatz BR ver-wendet worden. Im Ergebnis dieser Befragung
ordneten sich bei der Hauptkompo-nentenanalyse die gleichen Items
zu Wissen geben (Cronbachs Alpha ,860) und Wis-sen bekommen
(Cronbachs Alpha ,775). Das Gleiche gilt fr die Studie bei einem
deutschen Wohlfahrtsverband (Wilkesmann et al. 2009c), in der auch
die gleichen
-
148 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
Fragen verwendet wurden. Die Hauptkomponentenanalyse sortierte
auch dort die gleichen Items zu Wissen geben (Cronbachs Alpha ,764)
und Wissen bekommen (Cronbachs Alpha ,818). Die Operationalisierung
des Wissenstransfers kann somit einerseits als sehr valide
eingestuft werden und andererseits kann festgehalten werden, dass
die Befragten nicht zwischen explizitem und implizitem Wissen
unterschieden oder nach direkten oder indirektem Wissenstransfer
oder auch gar nicht, da Wissens-transfer nicht als zwei
verschiedene Handlungen gesehen wird, sondern recht deutlich nach
Wissen geben und Wissen bekommen. Tab. 2: Faktorladungen der
Hauptkomponentenanalyse der Wissenstransfer-Items
Items Wissen geben Wissen bekommen Ich zeige BR-Kolleg/innen
bestimmte Vorgnge, damit sie sie erlernen ,906 ,023
BR-Kolleg/innen lernen eine Menge dadurch, indem sie sich Sachen
von mir abschauen ,858 ,009
Ich untersttze BR-Kolleg/innen dabei, eigene Arbeitserfahrungen
zu sammeln ,850 ,106
Ich lerne viel dadurch, dass ich BR-Kolleg/innen frage ,017 ,839
Ich lasse mir bestimmte Vorgnge von BR-Kolleg/innen zeigen, damit
ich sie erlerne ,116 ,820
BR-Kolleg/innen untersttzen mich dabei, meine eigenen
Arbeitserfahrungen zu sammeln ,176 ,787
Ich lerne eine Menge dadurch, dass ich meine BR-Kolleg/innen bei
der Erledigung ihrer Arbeit beobachte ,056 ,734
Die unabhngigen Variablen Die erste Hypothese (individuelle
Macht ausblenden) wird ber die folgenden drei Variablen
operationalisiert.
Die Variable soziale Einbindung und Autonomie ist ein additiver
Index (Cronbachs Alpha ,883), der aus Items gebildet wurde, die
sich auf den Fhrungsstil des/der Vorgesetzten beziehen, aber
inhaltlich genau die Autonomie der anderen Betriebsratsmitglieder
sowie deren soziale Eingebundenheit thematisiert (vgl. Mller et al.
2009): Beschreiben Sie bitte den Fhrungsstil des/der
Betriebsratsvorsitzenden anhand folgender Aussagen: ...ermutigt die
Betriebsratsmitglieder dazu team player zu sein; ...bringt die
Gruppe dazu, gemeinsam fr ein Ziel zu arbeiten; ...steht fr die
Betriebsratsmitglieder und ihre Handlungen ein; ...behandelt die
Betriebsratsmitglieder als gleichberechtigte Partner; ...holt bei
wichtigen Entscheidungen erst die Zustimmung des Gremiums ein. Die
Einschtzungen dieser Aussagen erfolgten auf einer
Fnfer-Likert-Skala. Vorsit-zende mussten sich selbst
einschtzen.
Zustzlich zu den Rahmenbedingungen wurde die Motivation der
Mitglieder ab-gefragt. Der folgende additive Index (Cronbachs Alpha
,755) wurde als gestaltende
-
Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 149
Motivation bezeichnet, weil er das aktive Handlungselement
betont. Ihm liegen zwei Items zugrunde, die auf die Frage Was
motiviert Sie zu Ihrer Betriebsratsttigkeit? als
Antwortmglichkeiten gegeben wurden: Ich bernehme gerne
Verantwortung und Ich gestalte gerne. Auch hier wurden die
Einschtzungen auf einer Fnfer-Likert-Skala abgefragt. Nach Ryan und
Deci (2000a) sind dies Internalisierungen von sozialen Normen, die
als Motiv dienen. Motivation wird generiert aus der berein-stimmung
mit einem Selbstbild, das aktives Engagement verlangt.
Zuletzt wird die Reziprozitt des Handelns bezogen auf den
Wissenstransfer darber abgebildet, dass die jeweilige andere
abhngige Variable ins Regressionsmodell aufgenommen wurde; also im
Modell, das Wissen geben schtzt, wird Wissen be-kommen als
erklrende Variable aufgenommen und im Modell, das Wissen bekom-men
schtzt, wird Wissen geben als unabhngige Variable ins Modell
aufgenommen. Dadurch wird abgebildet, inwiefern die Neigung
Wissenstransfer zu betrieben von der Teilhabe am selbigen abhngt.
Oder aber frei nach Axelrod (1984): Ist tit-for-tat immer noch eine
Gewinn-Strategie?
Die zweite Hypothese (kollektive Macht einblenden) wird ber den
Organisati-onsgrad der Belegschaft, die Durchsetzungsfhigkeit des
Betriebsrates gegenber der Geschftsleitung und dem Betriebsklima
operationalisiert.
Der Organisationsgrad der Belegschaft wurde prozentual
abgefragt. Betriebsrte, insbesondere die hier befragten in einer
Gewerkschaft organisierten Betriebsratsmit-glieder, sind hufig von
Gewerkschaften dazu angehalten, die Belegschaft zu organi-sieren,
d.h. Mitglieder fr die Gewerkschaften zu werben. Wenn es dem
Betriebsrat gelingt, einen hohen Organisationsgrad zu erreichen
(und heute durchaus auch: zu halten), zeigt das einerseits, den
Rckhalt, den das entsprechende Gremium in der Belegschaft geniet.
Dies strkt den Betriebsrat wiederum bei Verhandlungen mit der
Geschftsleitung. Andererseits ist der Betrieb in diesem Fall auch
fr die Gewerk-schaft wichtiger: Er bekommt mehr Aufmerksamkeit,
Untersttzung und nicht zuletzt Wissen vom zustndigen
Gewerkschaftssekretr. In diesem Fall existiert also ein
Wechselspiel im dualen System der Industriellen Beziehungen, das
den Wissenstrans-fer positiv beeinflussen kann.
Die Durchsetzungsfhigkeit ist mit folgendem, auf einer
Fnfer-Likert-Skala ge-messenem Item operationalisiert worden Wie
hoch schtzen Sie die Durchsetzungs-fhigkeit des Betriebsrates
gegenber der Geschftsleitung ein?.
Das Betriebsklima ist mit dem Item Wie schtzen Sie (im Groen und
Ganzen) das Betriebsklima in Ihrem Betrieb ein?. Auch dieses Item
wurde auf einer Fnfer-Likert-Skala abgefragt. Es mag zunchst
verwunderlich erscheinen, was Betriebsrte mit dem Betriebsklima zu
tun haben, allerdings zeigen neuere empirische Studien (vgl. den
berblick von Jirjahn 2011: 19ff.), dass dies der Fall ist und ein
gutes Betriebskli-ma durchaus als ein Hinweis auf einen
wirkkrftigen Betriebsrat gewertet werden kann2.
2 Streng genommen ist natrlich das Ziel, den Wissenstransfer in
Betriebsrten zu untersu-
chen und mittels der gefundenen Ergebnisse zu frdern, darauf
ausgelegt, dass ein gelin-gender Wissenstransfer die Gremien
erfolgreicher macht. Es ist also erst einmal verwun-
-
150 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
Die dritte Hypothese, dass groe Gremien den Wissenstransfer eher
verhindern, wird ber die Gremiengre abgebildet. Ebenso wird die Gre
der eigenen Liste dadurch erhoben, dass nach dem gewerkschaftlichen
Organisationsgrad innerhalb des Betriebsratsgremiums gefragt wird
(in Prozent).
Die vierte Hypothese, der nach mit steigender Erfahrung weniger
Wissen aufge-nommen und mehr Wissen weitergegeben wird, wird ber
vier Variablen abgebildet. In einem ersten allgemeinen Zugang wird
das Lebensalter (in Jahren) zu Grunde ge-legt. Danach wird die
Zugehrigkeit zum Betriebsrat (auch in Jahren) als Einflussvari-able
genutzt. Zu diesen beiden metrischen Prdiktoren kommen noch eine
dichotome und eine Dummy-Variable hinzu. Einmal die Frage, ob man
von der regulren Ar-beitsttigkeit freigestellt wurde (egal in
welchem zeitlichen Umfang) und als zweites, ob man Funktionstrger
im Gremium ist. Die Befragten mussten folgende Frage zu ihrer
Funktion beantworten: Was ist Ihre Rolle im Betriebsrat?
(Mehrfachnennungen mglich) Vorsitzende/r, stellvertretend/e
Vorsitzend/e, Schriftfhrer/in, Vorsitzen-de/r eines
Betriebsratsausschusses, Mitglied eines Betriebsratsausschusses,
einfaches Mitglied, Mitglied im Gesamt- oder Konzernbetriebsrat,
Mitglied im Aufsichtsrat. Da Mehrfachantworten mglich waren, wurden
die Antworten zuerst pseudo-hierarchisch sortiert und nur die
hchste Funktion weiter verwendet. Anschlieend wurden
Dummy-Variablen konstruiert, die die verschiedenen Funktionen mit
der Referenzkategorie des einfachen Mitglieds vergleichen.
Zum Schluss wurde als Kontrollvariable noch das Geschlecht mit
in die Regres-sionsmodelle einbezogen. Hierzu haben wir keine aus
der Forschung zum Wissens-transfer begrndeten Annahmen, konnten
aber in vorhergehenden Studien zum Wis-senstransfer Effekte
feststellen. Wir werden im Ausblick zu den Ergebnissen mittels
berlegungen aus der Genderforschung erste Vermutungen anstellen,
welchen Ein-fluss das Geschlecht beim Wissenstransfer ausbt.
6.4 Ergebnisse Fr die multivariate Hypothesentestung der oben
theoretisch begrndeten Einfluss-faktoren sind mit den beiden
abhngigen Variablen Wissen geben und Wissen be-kommen zwei
OLS-Regressionen geschtzt worden. Beide weisen akzeptable bis gute
R2-Werte auf, die Varianzaufklrung ist fr einen so groen Datensatz
in der soziolo-gischen Forschung als recht gut einzustufen. Die
Ergebnisse sind in Tab. 3 dokumen-tiert.
derlich, den Erfolg der Gremien als Voraussetzung fr den
Wissenstransfer zu postulie-ren. Wir vermuten, dass sich zwischen
dem Erfolg der Betriebsratsarbeit und dem Wis-senstransfer eine
gegenseitige Verstrkungsbeziehung herrscht. Wir beleuchten in
dieser Studie jedoch nur einen Teil dieser Spirale.
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 151
Tab. 3: OLS-Regression von Faktoren, die Macht ein- oder
ausblenden sowie strukturelle Faktoren auf den Wissenstransfer
Wissen geben (Beta-Koeff.)
Wissen bekommen (Beta-Koeff.)
Hypothese 1: individuelle Macht ausblenden Soziale Einbindung +
Autonomie ,035 ,256** Gestaltende Motivation ,209** -,008
Reziprozitt: Wissen bekommen/Wissen geben ,222** ,242** Hypothese
2: kollektive Macht einblenden Organisationsgrad in der Belegschaft
-,013 ,025 Durchsetzungsfhigkeit gegenber GL ,010 ,080**
Betriebsklima -,004 ,049** Hypothese 3: Gre Gre des Gremiums -,048*
,072** Gewerkschaftlicher Organisationsgrad im BR -,031 ,045*
Hypothese 4: Erfahrung in Organisationsrollen Alter ,168** -,113**
Dauer der Gremienarbeit ,144** -,111** Freistellung (1=ja; 0=nein)
,106** -,030 Vorsitzende/r (1=ja; 0=nein) ,171** -,235**
Schriftfhrer/in (1=ja; 0=nein) ,046* -,015 Ausschussvorsitzende/r
(1=ja; 0=nein) ,035* -,041* Stellvertretende/r Vorsitzende/r (1=ja;
0=nein) ,114** -,083** Mitglied hherer Ebenen (z.B. Aufsichtsrat)
(Referenz: Einfaches Mitglied)
,153** -,132**
KV Geschlecht (1=Frauen; 0=Mnner) -,031 ,021 n 2717 2717 korr.
R2 0,266 0,197 Hypothese 1 (Je weniger individuell strategisch
agiert wird, desto mehr Wissenstransfer findet statt) kann mit den
hier gefundenen Ergebnissen besttigt werden. Je eher Wissen als
indi-viduelle Machtressource ausgeblendet wird, desto eher findet
Wissenstransfer statt. Der Effekt trifft sowohl fr Wissen geben als
auch fr Wissen nehmen zu, wenn dies allerdings auch fr die soziale
Einbindung und Autonomie sowie fr die gestal-tende Motivation nur
mit Einschrnkungen gilt.
Es zeigt sich, dass die Unterscheidung zwischen Wissen geben und
Wissen be-kommen durchaus berechtigt ist. Die soziale Einbindung
und Autonomie, die sich zu groen Teilen aus der Einschtzung des
Fhrungsverhaltens der Betriebsratsvorsit-zenden speist (und somit
beim Wissen geben hufig eine Selbsteinschtzung ist), zeigt
signifikante Effekte nur beim Wissen bekommen. Dies ist insofern
interessant, da die Wissensempfnger wahrscheinlich hufiger einfache
Mitglieder als Vorsitzende
-
152 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
(die wahrscheinlich hufiger Wissen weitergeben) sind. Es ist
somit vor allem die Fremdeinschtzung was die Fhrung im Betriebsrat
betrifft die einen Effekt zeigt und weniger die Selbsteinschtzung
derselben, welche naturgem mit mehr Vorbe-halten belastet wre.
Somit ist der Einwand, ob die Selbsteinschtzung der Vorsitzen-den
zutreffend ist, in diesem Falle wenig relevant. Fr diesen Fall und
allgemein fr die Weitergabe von Wissen ist viel eher interessant,
ob die Motivation der Betriebs-ratsarbeit eine gestaltende ist.
Hier existieren starke signifikante Effekte, jedoch nicht fr Wissen
bekommen.
Interessant ist auch das Ergebnis der Reziprozitt. In diesem
Fall existiert eine sehr starke positive Beeinflussung im
Wissenstransfer. Wissen bekommen erhht das Wissen geben und
umgekehrt. Dies zeigt sich hnlich in anderen Studien (Wilkes-mann
et al. 2009b; Wilkesmann et al. 2009c). Wir vermuten, dass es
gerade im Be-triebsrat oder allgemeiner in Interessenorganisationen
von besonderer Bedeutung ist.
Hypothese 2 (Je durchsetzungsfhiger der Betriebsrat ist, desto
mehr Wissenstransfer findet intern statt) wird nur teilweise
besttigt. Hier gilt der Zusammenhang ausschlielich fr Wissen
bekommen. Damit wird nochmals deutlich, dass die Unterscheidung
zwi-schen Wissen geben und Wissen bekommen wichtig ist. Interessant
ist aber, dass der Organisationsgrad der Belegschaft keine Rolle fr
den Wissenstransfer spielt. Ebenso wird die These besttigt, dass
Wissen nicht einfach bernommen wird, weil gerade bei dieser
Hypothese nur das Wissen bekommen von durchsetzungsfhigen
Betriebsrten gefrdert wird. Nur wenn man sich einen Nutzen davon
verspricht, wird gelernt. Dies entspricht im brigen genau dem
Beispiel von Heckhausen (1989), welches ursprnglich auf
Lernmotivation angewandt wurde.
Die Gre des Gremiums hat auch Einfluss auf den Wissenstransfer,
aber nur bei Wissen bekommen in der in Hypothese 3 vermuteten
Richtung (Je mehr Mitglieder der Betriebsrat hat, desto mehr
Wissenstransfer findet statt). Fr Wissen geben gilt genau die
entgegengesetzte Richtung. Dieser Sachverhalt ist schon in der
theoretischen Begrn-dung der Hypothese diskutiert worden: Wissen
geben findet eher in Vertrauensbe-ziehungen statt, die in kleinen
Gruppen wahrscheinlicher sind. Wissen bekommen ist in groen Gruppen
wahrscheinlicher, da mehr Informationsquellen zur Verfgung stehen.
Ebenso spielt der gewerkschaftliche Organisationsgrad innerhalb des
Betriebs-rates eine Rolle. Wissen bekommen funktioniert eher wie
oben angenommen innerhalb einer Fraktion, nicht ber
Fraktionsgrenzen hinweg. Hypothese 3 ist also nur teilweise
besttigt und msste fr zuknftige Untersuchungen noch genauer
spezi-fiziert werden. Eine Erklrung fr diesen Sachverhalt wurde
oben schon angedeutet: Grere Gremien sind in der Regel
professioneller und routinierter, haben mehr frei-gestellte
Mitglieder und mehr Ressourcen. Das bedeutet, dass es einfacher
ist, Wissen zu bekommen, da der Zugang zum Wissensgeber einfacher
ist. Andererseits hat man in greren Gremien wahrscheinlich seltener
das Gefhl, Wissen weiterzugeben als in kleinen Betriebsrten, da
mehr Wissensgeber vorhanden sind. Ebenso nimmt die
Untersttzungsfunktion durch wissenschaftliche Referenten oder durch
Gewerkschaf-ten mit der Gre zu, d.h. auch die externen
Wissensquellen knnen mit der Gre des Betriebsrates einfacher
genutzt werden. Dieser Sachverhalt ist nicht Gegenstand der hier
vorgestellten Untersuchung.
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
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Hypothese 4 (Je erfahrener die Betriebsratsmitglieder sind,
desto mehr Wissen geben sie wei-ter) wird voll besttigt. Je lter
und erfahrener die Betriebsratsmitglieder sind, desto mehr Wissen
geben sie weiter und desto weniger Wissen bekommen sie. Auch
Vorsit-zende sowie andere Funktionstrger geben deutlich mehr Wissen
weiter als einfache Mitglieder. Ebenso haben sie das Gefhl deutlich
weniger Wissen zu bekommen. Hier ist ein interessanter
hierarchischer Effekt zu beobachten: Bei Vorsitzenden ist der
Effekt am strksten, danach kommen Mitglieder hherer Ebenen,
stellvertretende Vorsitzende. Schriftfhrer/innen, geben signifikant
mehr Wissen weiter, haben aber nicht das Gefhl mehr Wissen zu
bekommen als einfache Betriebsratsmitglieder. Gleiches gilt fr die
freigestellten Betriebsratsmitglieder.
Es existiert auch keine Multikollinearitt zwischen den einzelnen
unabhngigen Variablen. So ist die Multikollinearitt bei Wissen
geben fr Funktionstrger (VIF zwischen 1,478 und 1,109),
Freistellung (VIF 1,344), Dauer der Gremienarbeit (VIF 1,367) und
Alter (VIF 1,465) deutlich unterhalb der konventionell festgelegten
Schwellenwerte (fr den VIF wre das 2) (Urban/Mayerl 2006: 232). Fr
Wissen bekommen sind die Werte in sehr hnlichen Bereichen, d.h.
ebenso deutlich unter-halb der Schwellenwerte.
Die Kontrollvariable Geschlecht zeigt keine signifikanten
Effekte.
7. Diskussion und Ausblick Betriebsratsgremien funktionieren als
Organisationen in Organisationen und zwar als
Interessenorganisation in einer Arbeitsorganisation. Ihre
Besonderheit ist die doppelte Wahlsituation, nmlich die externe,
die die Mitgliedschaft festlegt und die interne, die den
Entscheidungsprozess bestimmt. Dies begrndet den potentiellen
Gebrauch des Wissens als Machtressource, was wiederum den
Wissenstransfer behindern kann. Un-sere Ergebnisse sttzen diesen
Befund: Die Faktoren, die die Funktion des Wissens als
Machtressource abmildern, haben einen Einfluss auf den
Wissenstransfer. Innerhalb des Betriebsrates helfen Bestrebungen,
die individuellen Machtkalkle auszublenden oder abzuschwchen und
durch Teamarbeit zu ersetzen, den Wissenstransfer im Gremium zu
verbessern. Auch ist es von Vorteil fr den Wissenstransfer, wenn
die kollektive Macht der Gruppe erhht werden kann.
Die kollektive Macht einblenden, d.h. die uere Handlungsmacht
erhhen, hat positive Auswirkungen auf die interne
Kommunikationssituation, konkreter auf das Wissen bekommen.
Aufgrund der besonderen Funktion und der doppelten Hand-lungslogik
prgt die Umweltsituation innerhalb des eigenen Unternehmens stark
den internen Wissenstransfer. In diesem Falle sind die
Organisationsgrenzen sehr durch-lssig. Interessant ist, dass der
gewerkschaftliche Organisationsgrad der Belegschaft keine Rolle
spielt. Die Wahrnehmung der Durchsetzungsfhigkeit und das
Betriebs-klima sind entscheidend. Es reicht also nicht, nur die
strukturellen Voraussetzungen fr einen durchsetzungsfhigen
Betriebsrat vorzufinden, erst wenn diese Strukturen auch dazu
genutzt werden, (subjektiv) erfolgreiche Betriebsratsarbeit zu
leisten, wirkt dies positiv auf die Annahme von Wissen: Es wird
eher gelernt, wenn das Gefhl vorherrscht, dass diese Anstrengungen
auch Wirkung zeigen.
Ebenso mssen die individuell-strategische Machtkalkle innerhalb
des Betriebs-rates ausgeblendet werden, damit der Wissenstransfer
funktioniert. Dies gilt sowohl
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154 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von
Betriebsratsmitgliedern
fr Wissen geben als auch fr Wissen bekommen. Dieses Ausblenden
der individu-ellen Macht findet sich auch in Arbeitsorganisationen.
Besonders die soziale Einbin-dung und Autonomie sowie die
Motivation und Reziprozitt beeinflussen auch in anderen Studien den
Wissenstransfer positiv (Wilkesmann/Rascher 2005; vgl. auch
Wilkesmann 2012).
Letztendlich reflektiert sich der Machtfaktor auch in der
Bedeutung der eigenen Fraktion. Innerhalb der eigenen
Gewerkschaftsliste bekomme ich Informationen von den Anderen. Hier
gilt: Je grer die Fraktion ist, desto mehr Wissen bekomme ich. Die
grere Anzahl der potentiellen Wissensgeber erhht die
Wahrscheinlichkeit der Wissensweitergabe wenn die individuelle
Macht und Konkurrenzsituation ausge-schaltet ist. Zu beachten
bleibt natrlich, dass sich groe Betriebsrte diversifizieren, indem
sie Ausschsse etc. bilden und somit ihre Gruppengre, die fr den
Wissens-transfer relevant ist, wieder reduzieren.
Bei der Rede von Wissen geben und Wissen bekommen muss immer
beachtet werden, dass es sich um die individuelle Wahrnehmung
handelt, also ob die weiterge-gebene Information als relevant und
damit wissensfhig aufgefasst wird. Es handelt sich gerade nicht um
eine objektiv messbare Wissensweitergabe.
Die Grenzstelle fr die relevante Kommunikation mit der Umwelt
ist die Spitze der Organisation. Hier wird die Kommunikation
gebndelt, indem der Vorstand der Interessenorganisation mit dem
Vorstand der Arbeitsorganisation spricht. Ersterer sammelt die
Information aus der Umwelt ein und gibt sie innerhalb des
Betriebsrates an die anderen Mitglieder weiter. Es zeigt sich
eindeutig, dass die Erfahrung und das Wissen mit zunehmendem Alter
und in den besonderen Funktionen der Betriebsrats-gremien gesammelt
werden und wichtige Ressourcen fr die jeweiligen Gremien
dar-stellen. Die grundlegende Annahme, dass ein Wissenstransfer von
lteren oder erfah-reneren Mitgliedern zu jngeren oder
unerfahreneren Betriebsratsmitgliedern stattfin-den sollte, wird
besttigt. Erfahrenen Vorsitzenden kommt also eine besondere
Ver-antwortung beim Wissenstransfer zu. Sie mssen selbst
sicherstellen, dass ihr Wissen, auch nach ihrem Ausscheiden aus dem
Betriebsrat, in dem Gremium bleibt.
Interessant ist der Effekt der Schriftfhrer/innen. Sie sind die
einzigen Funkti-onstrger die keinen signifikanten negativen Effekt
beim Wissen bekommen haben und neben den Ausschussvorsitzenden sind
sie auch diejenigen, die den geringsten Effekt beim Wissen geben
aufweisen. Hier knnte sich ein Geschlechtereffekt ver-bergen. Wird
nmlich die Differenzierung der verschiedene Funktionshierarchien
aus der Regression weggelassen und durch eine einfache dichotome
Variable alle Vorsitz-funktionen versus einfaches Mitglied ersetzt,
dann wird der Geschlechtseffekt signi-fikant. Hufig sind diese
Positionen auch mit Frauen besetzt (dort ca. 50% Frauen, whrend es
bei Vorsitzenden z.B. eher 20% sind). So zeigt sich damit
letztendlich auch in dieser Studie der Effekt, dass Mnner angeben,
mehr Wissen weiterzugeben als Frauen und umgekehrt, dass Frauen
eher angeben, dass sie Wissen bekommen. Aus der Literatur (z.B.
Degenhardt 1979; Eagly 1987; Stapf 1993; Ridgeway 2001; Blaschke
2008; Nickel 2009) ist hinlnglich bekannt, dass Mnner dazu neigen,
sich zu berschtzen und Frauen sich unterschtzen (und unterschtzt
werden). Inwiefern dazu noch der Effekt von Mnnerbnden (z.B. Wilz
2002) hinzukommt, diese ber-
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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI
10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 155
lagert oder aber sich eher im Verteilen verschiedener Posten in
den Gremien aus-drckt, mssen weitere Studien klren.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass auch fr
Betriebsrte Wissens-transfer aufgrund des demografischen Wandels
ein wichtiges Thema ist. Hier kommt dem Vorsitzenden bzw. den
Funktionstrgern eine besondere Rolle zu, indem sie zum einen fr
Tools sorgen mssen, die den persnlichen Wissenstransfer
untersttzen. Gerade durch den demografischen Wandel wird das Thema
in Zukunft immer wichti-ger werden. Zum anderen mssen sie fr ein
Arbeitsklima im Gremium sorgen, dass den Wissenstransfer
erleichtert, indem persnliche Machtberlegungen durch ein Primat des
Teamerfolges abgelst werden. Welche Tools dabei hilfreich sind,
dazu bedarf es noch weiterer Forschung. Ebenso muss fr zuknftige
Forschung der Be-triebsrat als eigenstndige Organisationsform
strker in den Blick genommen werden.
Eine Beschrnkung der vorliegenden Befragung ist die Eingrenzung
auf Mitglie-der der IG Metall. Zuknftige Befragungen mssen diese
Grenze in zwei Richtungen berwinden: Zum einen mssen die Mitglieder
anderer Gewerkschaften einbezogen werden und zum anderen mssen
nicht gewerkschaftlich organisierte Betriebsrte befragt werden.
Hier wre interessant, ob und wie sich die Situation in Bezug auf
den Wissenstransfer bei den Nicht-Organisierten anders
darstellt.
Schlielich sollte noch erwhnt werden, dass wir keine Wertigkeit
des Wissens vornehmen knnen. Inwiefern sich hinter einem
erfolgreichen Wissenstransfer der Erhalt von schlechter Praxis
verbirgt, knnen wir nicht sagen. Die Erforschung sol-cher Qualitten
ist auch extrem schwierig und lsst sich abseits von eher trivialem
Faktenwissen nur schwerlich berprfen. An dieser Stelle ist weitere
Forschung notwendig.
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Anhang:
Tab. 4: Korrelationen der unabhngigen Faktoren
MW X Sozia
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Soziale Einbindung + Autonomie 3,92 0,96 1
Gestaltende Motivation 4,01 0,78 ,075** 1
Reziprozitt: Wissen bekommen/ Wissen geben
3,59 0,99 ,193** ,294** 1
Organisationsgrad in der Belegschaft 46,07 24,73 ,076** ,063**
0,003 1
Durchsetzungsfhigkeit gegenber GL 3,41 0,93 ,376** ,165** ,148**
,273** 1
Betriebsklima 3,00 0,91 ,175** 0,026 ,059** 0,023 ,237** 1
Gre des Gremiums 11,39 7,73 -,109** ,119** -0,013 ,069** ,157**
,036* 1
Gewerkschaftlicher Organisationsgrad im BR
86,34 22,03 ,080** ,067** 0,003 ,548** ,211** -0,003 ,076**
1
Alter 49,62 9,22 ,100** ,085** ,275** -0,019 ,075** 0,002 0,011
-0,019 1
Dauer der Gremienarbeit 8,73 8,53 ,100** ,128** ,282** ,066**
,141** ,077** 0,033 ,065** ,451** 1
Freistellung (1=ja; 0=nein) 0,45 0,50 ,112** ,209** ,249** ,036*
,173** 0,035 ,290** ,045* ,151** ,247** 1
Vorsitzende/r (1=ja; 0=nein) 0,17 0,37 ,263** 0,018 ,148**
-,075** 0,004 0,027 -,238** -,085** ,117** ,109** ,131** 1
Schriftfhrer/in (1=ja; 0=nein) 0,07 0,25 -,089** -,092** -,083**
0,018 -,046* -,071** -,056** 0,013 -,124** -,124** -,125** -,119**
1
Ausschussvorsitzende/r (1=ja; 0=nein) 0,04 0,20 -,066** 0,034
0,002 -0,025 -0,001 -0,007 ,118** 0,01 0,024 0,005 ,045* -,092**
-,055** 1
Stellvertrende/r Vorsitzende/r (1=ja; 0=nein)
0,10 0,30 -,048** 0 ,066** -0,017 -0,03 0,011 -,082** -0,003
-0,005 0,009 0,013 -,150** -,090** -,069** 1
Mitglied hherer Ebenen (z.B. Aufsichtsrat)
0,13 0,34 ,086** ,074** ,144** -,039* ,078** 0,022 -,063**
-0,004 ,068** ,115** ,142** -,176** -,105** -,081** -,132** 1
Geschlecht (1=Frauen; 0=Mnner) 0,22 0,42 -,082** 0,003 -,103**
-,098** -,068** -,048** -0,005 -0,024 -,144** -,092** -,085**
-,072** ,131** -0,014 -0,007 -0,02 1
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