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Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI 10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann ISSN (print) 0943-2779, ISSN (internet) 1862-0035 © Rainer Hampp Verlag, www.Hampp-Verlag.de Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito * Wissenstransfer im Betriebsrat. Am Beispiel von organisierten Betriebsratsmitgliedern der IG Metall ** Zusammenfassung – Wissenstransfer ist nicht nur für Arbeitsorganisationen, sondern auch für Interessensorganisationen wie den Betriebsrat wichtig. Zu diesem Zweck wird der Diskurs zum Wissenstransfer kurz dargestellt und auf die besondere Situation des Betriebsrats übertra- gen. Ebenso wird der Betriebsrat als eigenständige und komplette Organisation diskutiert. Dabei zeigt sich, dass der Betriebsrat durch eine doppelte Wahlsituation gekennzeichnet ist, nämlich die externe, die eine Mitgliedschaft festlegt und eine interne, die Entscheidungsprozes- se bestimmt. Die Wahlsituation befördert die Sichtweise auf Wissen als Machtressource. Wis- senstransfer ist aus diesem Grunde nur möglich, wenn individuelle Macht ausgeblendet und kollektive Macht eingeblendet wird. Die theoretisch entwickelten Hypothesen werden mit Hilfe von Daten aus einer Befragung von IG Metall Betriebsratsmitgliedern empirisch über- prüft. Es zeigt sich, dass die Ausblendung individueller Macht für den Wissenstransfer ent- scheidend ist. Die Einblendung kollektiver Macht ist jedoch nur für den Erhalt und nicht für die Weitergabe von Wissen relevant. Ebenso zeigt sich, dass Erfahrung, die durch hierarchi- sche Positionen ermöglicht wurden, eine hohe Relevanz für den Wissenstransfer besitzen. Knowledge transfer in work councils. Empirical evidence from unionised work council members of the 'IG Metall' union Abstract – Knowledge transfer is not only important for work organisations but also for spe- cial interest organisations like work councils. We briefly describe the existing approaches on knowledge transfer and apply them to the situation of work councils. Additionally, we discuss work councils as an independent and complete organisation. Work councils are involved in two election situations: An external election which appoints the members and an internal one which structures the decision making process. These election situations encourage the percep- tion of knowledge as a power resource. Therefore, knowledge transfer is supported when individual power is faded out and collective power is faded in. The theoretically deduced hy- potheses are tested with the help of a survey of work council members who are also members of the ‘IG Metall’ union. The results show that knowledge transfer is supported when individ- ual power is faded out. Only ‘knowledge obtaining’ is supported when collective power is faded in. Experience acquired through hierarchical positions within the work council also supports knowledge transfer. Key words: work councils, knowledge transfer (JEL: D83, J51) ___________________________________________________________________ * Prof. Dr. Uwe Wilkesmann, Dipl.-Sozialwissenschaftler Alfredo Virgillito (bis 10/13), Lehr- stuhl für Organisationsforschung, Weiterbildungs- und Sozialmanagement, TU Dort- mund, Hohe Str. 141, D – 44139 Dortmund. E-Mail: uwe.wilkesmann@tu-dortmund.de. ** In diesem Artikel werden Ergebnisse aus dem HBS-Projekt „Wissentransfer von aus- scheidenden Interessenvertretungsmitgliedern“ (Projekt Nr. S-2011-432-2) vorgestellt, an dem auch die Kollegen Gerd Naegele und Britta Bertermann beteiligt waren. Wir möch- ten uns für deren gute Zusammenarbeit bedanken. Ebenso möchten wir Berndt Keller und Carsten Wirth für wertvolle Hinweise danken. Artikel eingegangen: 16.4.2012 revidierte Fassung akzeptiert nach doppelt-blindem Begutachtungsverfahren: 12.12.2013.
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Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito Wissenstransfer im ... · 134 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern 1. Einleitung Wissenstransfer in Organisationen

Sep 17, 2018

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  • Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI 10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann ISSN (print) 0943-2779, ISSN (internet) 1862-0035 Rainer Hampp Verlag, www.Hampp-Verlag.de

    Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito* Wissenstransfer im Betriebsrat. Am Beispiel von organisierten Betriebsratsmitgliedern der IG Metall ** Zusammenfassung Wissenstransfer ist nicht nur fr Arbeitsorganisationen, sondern auch fr Interessensorganisationen wie den Betriebsrat wichtig. Zu diesem Zweck wird der Diskurs zum Wissenstransfer kurz dargestellt und auf die besondere Situation des Betriebsrats bertra-gen. Ebenso wird der Betriebsrat als eigenstndige und komplette Organisation diskutiert. Dabei zeigt sich, dass der Betriebsrat durch eine doppelte Wahlsituation gekennzeichnet ist, nmlich die externe, die eine Mitgliedschaft festlegt und eine interne, die Entscheidungsprozes-se bestimmt. Die Wahlsituation befrdert die Sichtweise auf Wissen als Machtressource. Wis-senstransfer ist aus diesem Grunde nur mglich, wenn individuelle Macht ausgeblendet und kollektive Macht eingeblendet wird. Die theoretisch entwickelten Hypothesen werden mit Hilfe von Daten aus einer Befragung von IG Metall Betriebsratsmitgliedern empirisch ber-prft. Es zeigt sich, dass die Ausblendung individueller Macht fr den Wissenstransfer ent-scheidend ist. Die Einblendung kollektiver Macht ist jedoch nur fr den Erhalt und nicht fr die Weitergabe von Wissen relevant. Ebenso zeigt sich, dass Erfahrung, die durch hierarchi-sche Positionen ermglicht wurden, eine hohe Relevanz fr den Wissenstransfer besitzen.

    Knowledge transfer in work councils. Empirical evidence from unionised work council members of the 'IG Metall' union Abstract Knowledge transfer is not only important for work organisations but also for spe-cial interest organisations like work councils. We briefly describe the existing approaches on knowledge transfer and apply them to the situation of work councils. Additionally, we discuss work councils as an independent and complete organisation. Work councils are involved in two election situations: An external election which appoints the members and an internal one which structures the decision making process. These election situations encourage the percep-tion of knowledge as a power resource. Therefore, knowledge transfer is supported when individual power is faded out and collective power is faded in. The theoretically deduced hy-potheses are tested with the help of a survey of work council members who are also members of the IG Metall union. The results show that knowledge transfer is supported when individ-ual power is faded out. Only knowledge obtaining is supported when collective power is faded in. Experience acquired through hierarchical positions within the work council also supports knowledge transfer. Key words: work councils, knowledge transfer (JEL: D83, J51) ___________________________________________________________________ * Prof. Dr. Uwe Wilkesmann, Dipl.-Sozialwissenschaftler Alfredo Virgillito (bis 10/13), Lehr-

    stuhl fr Organisationsforschung, Weiterbildungs- und Sozialmanagement, TU Dort-mund, Hohe Str. 141, D 44139 Dortmund. E-Mail: uwe.wilkesmann@tu-dortmund.de.

    ** In diesem Artikel werden Ergebnisse aus dem HBS-Projekt Wissentransfer von aus-scheidenden Interessenvertretungsmitgliedern (Projekt Nr. S-2011-432-2) vorgestellt, an dem auch die Kollegen Gerd Naegele und Britta Bertermann beteiligt waren. Wir mch-ten uns fr deren gute Zusammenarbeit bedanken. Ebenso mchten wir Berndt Keller und Carsten Wirth fr wertvolle Hinweise danken.

    Artikel eingegangen: 16.4.2012 revidierte Fassung akzeptiert nach doppelt-blindem Begutachtungsverfahren: 12.12.2013.

  • 134 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    1. Einleitung Wissenstransfer in Organisationen ist in den letzten Jahren ein wichtiges Thema ge-worden, da aufgrund des demografischen Wandels viele ltere Mitarbeiter Unterneh-men verlassen und mit ihnen ihr Wissen. Ein zentrales Thema dabei ist, wie das Wis-sen dieser ausscheidenden Mitarbeiter im Unternehmen gehalten werden kann (Wilkesmann/Wilkesmann 2009). Die Lsung liegt vorrangig im Wissenstransfer: ausscheidende Mitarbeiter geben ihr Wissen an jngere Nachfolger weiter (Huth/Albeck 2013; Piorr et al. 2006). Der demografischen Wandel dient uns als Aus-gangspunkt, um den Wissenstransfer allgemein im Betriebsrat zu analysieren.

    Der Prozess des Wissenstransfers sowie seine Barrieren und Untersttzungsfak-toren sind fr Arbeitsorganisationen schon vielfltig untersucht worden (s.u.). Eine Forschungslcke existiert aber im Bereich der Wahlgremien bzw. Interessenorganisa-tionen, deren Mitglieder per Wahl bestimmt werden: Wie gestaltet sich der Wissens-transfer bei Betriebsratsgremien, deren Mitglieder sich einer Wahl stellen mssen? Wodurch wird der Wissenstransfer bei Betriebsratsmitgliedern beeinflusst? Diese Fra-gen wollen wir mit Hilfe einer empirischen Studie unter Betriebsratsmitgliedern der IG Metall beantworten. Damit ist auch zugleich betont, dass wir den Betriebsrat als eigenstndige Organisation in den Blick nehmen wollen und nicht als Institution oder nur als gesetzliches Gremium. Er hat eigene Mitglieder, klare Ziele und eine interne Hierarchie, erfllt also alle Kriterien einer Organisation in einer Organisation. Genau-er gesagt, handelt es sich um eine Interessenorganisation in einer Arbeitsorganisation. Die Interessenorganisation Betriebsrat hat die Arbeitsorganisation Unternehmen zur dominanten Umwelt.

    Zuerst wird die Diskussion zum Wissenstransfer und zum Betriebsrat zusam-mengefasst, dann wird analysiert, ob der Betriebsrat als Organisation bezeichnet wer-den kann. Anschlieend wird die Diskussion um den Wissenstransfer auf den Be-triebsrat bertragen. Daraus leiten wir Hypothesen ab, die dann anhand einer quantita-tiven Umfrage unter Betriebsratsmitgliedern der IG Metall berprft werden.

    2. Wissenstransfer Wissenstransfer soll hier in bereinstimmung mit Argote und Ingram (2000) sowie mit Inkpen und Tsang (2005) als Prozess definiert werden, durch den Einheiten (Ak-teure oder Organisationseinheiten) aufgrund der Erfahrung anderer Einheiten beein-flusst werden.

    Wissenstransfer kann dabei unterschieden werden auf der individuellen Ebene, der intra-organisationalen sowie der inter-organisationalen Ebene (Wilkesmann et al. 2009a).

    Das Thema Wissenstransfer innerhalb von Organisationen (Schmid 2013) und zwischen Organisationen ist mittlerweile vielfltig erforscht worden (vgl. Easterby-Smith et al. 2008; van Wijk et al. 2008). Dabei wurden verschiedene kritische Faktoren analysiert, von denen ein erfolgreicher Wissenstransfer abhngt. Dazu zhlen: 1. Eigenschaften des Wissens, wie z.B. knowledge ambiguity (Szulanski et al. 2004)

    und stickiness (von Hippel 1994);

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    2. Organisationale Eigenschaften, wie u.a. die Organisationskultur (Zrraga/ Bonache 2005) oder absorptive capacity (Cohen/Levinthal 1990);

    3. Netzwerkeigenschaften, wie Vertrauen (Sankowska 2013; Szulanski et al. 2004) und Reziprozitt (Wilkesmann/Rascher 2005) und Zugang zu Informationen (Cook et al. 1993; Yamagishi et al. 1988) sowie

    4. Motivation (Wilkesmann et al. 2009b). Im Folgenden werden wir den Wissenstransfer auf der individuellen Ebene und deren Einflussfaktoren analysieren. Was genau wird aber im Wissenstransferprozess transfe-riert (genauer: transformiert)? Begrifflich soll hier zwischen Daten, Information und Wissen differenziert werden (Willke 1998; vgl. Wilkesmann 1999). Daten sind dabei eine Art Rohmaterial, wie Zahlen, Variablen, Buchstaben, Paragraphen oder Bilder. Als Beispiel knnen hier die Paragraphen im Betriebsverfassungsgesetz genannt werden. Wenn ich das Betriebsverfassungsgesetz nicht kenne und auch nicht wei, was 38 BetrVG oder 87 BetrVG bedeutet, dann sagen mir die Daten Freistellung oder Mitbestimmungsrechte auch nichts. Erst wenn ich das Betriebsverfassungsge-setz und die darin enthaltenen 38 BetrVG und 87 BetrVG kenne, werden die Da-ten fr mich zur Information. Zu Wissen werden diese Informationen aber erst dann, wenn ich sie in einen zweiten Kontext von Relevanzen integrieren kann. Erst wenn ich die Auslegungen, die genaue Umsetzung und Einforderung der in den beiden Pa-ragraphen geregelten Rechte kenne, auf die Situation meines Betriebsrates anwenden und dadurch beurteilen kann, ob die Geschftsleitung bei ihrem Beschluss zur Fest-setzung neuer Prmienstze einen juristischen Fehler begangen hat, weil der Betriebs-rat nicht zugestimmt hat, wird die Information zu Wissen. Der Wissensgenerierungs-prozess bedeutet also, dass Information in mein Vorwissen integriert und somit zu neuem Wissen wird. Wissen wird somit immer individuell erzeugt. Da die Interaktion aber immer in soziale Kontexte eingebettet ist, wird Wissen zugleich auch sozial er-zeugt. Daher ist der Terminus Wissenstransfer streng genommen falsch: Nicht Wis-sen, sondern Daten oder Informationen werden transferiert und dann von den Emp-fngern in ihr individuelles Vorwissen integriert. Dabei ist zu bedenken, dass dieses Vorwissen ebenso sozial konstruiert ist. Dennoch benutzen wir hier den Begriff, weil er sich in der Literatur eingebrgert hat.

    Wissenstransfer ist somit nicht als Paketmodell zu verstehen, in dem ein Paket Wissen von einer Person an die nchste bergeben wird, sondern als Interaktionsmo-dell, d.h. das Wissen der Person A unterscheidet sich immer vom Wissen der Person B im Wissenstransferprozess, da nur Informationen bertragen werden, die dann die Person B mit dem eigenen Vorwissen zu neuem Wissen verarbeitet (Wilkesmann/ Wilkesmann 2011). Dieses konstruktivistische Verstndnis von Wissenstransfer im Interaktionsmodell liegt auch diesem Artikel zugrunde. Damit ist gleichzeitig unter-stellt, dass eine Person A sich durchaus aus der eigenen Perspektive Mhe im Wis-senstransferprozess machen kann, die Person B aber dennoch kein Wissen erhlt, weil sie z.B. die Daten nicht verarbeiten kann oder will. Dies kann z.B. durch mangelndes Vorwissen (Wilkesmann et al. 2009b) oder fehlendes Vertrauen begrndet sein. Es ist aus diesem Grunde alles andere als trivial zu unterstellen, dass sich Wissen geben und Wissen nehmen entsprechen. Vielmehr muss empirisch erforscht werden, wann sich

  • 136 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    eine gewisse Entsprechung zwischen beiden Seiten im Transferprozess einstellen wird und nicht nur eine Einwegkommunikation stattfindet.

    Fr eine detaillierte Analyse des Wissenstransferprozesses auf der individuellen Ebene haben wir das SECI-Modell des Wissenstransfers nach Nonaka und Takeuchi (1995; Nonaka et al. 2006) operationalisiert. Mit den Items sind die verschiedenen Aspekte des expliziten und impliziten Wissenstransfers erfasst worden. Diese Operationalisierung ist schon bei einer Studie 2006 in 11 Krankenhusern in Deutsch-land (Wilkesmann et al. 2009b) sowie 2008 bei einer groen Wohlfahrtsorganisation (Wilkesmann et al. 2009c) eingesetzt worden. In beiden Fllen ergab eine Hauptkom-ponentenanalyse zwei identische Faktoren, die Wissen geben und Wissen bekom-men beschreiben. Damit steht bei den Befragten die Differenzierung der zwei Seiten des Wissenstransferprozesses im Vordergrund und nicht was theoretisch zu erwar-ten gewesen wre die Unterscheidung von implizitem und explizitem Wissen. Wie in den beiden Studien nachgewiesen worden ist, untersttzen jeweils unterschiedliche Faktoren Wissen geben und Wissen bekommen. Es ist eben nicht ein Prozess, son-dern es sind unterschiedliche Prozesse, die durchaus auch von unterschiedlichen Bar-rieren und Gelegenheiten beeinflusst werden. Die Weitergabe von Wissen mndet also automatisch in einem Lernprozess beim Gegenber (vgl. Luhmann 1984: 193). Zwar gibt der Wissensgeber keine Information wie ein Gegenstand weg, aber Infor-mationen erfllen im Interaktionsprozess noch andere Funktionen, was in dem fol-genden Sprichwort gut ausgedrckt ist: Es gibt 2 Regeln, die zum Erfolg fhren: 1. Teile niemals dein ganzes Wissen (Anonym).

    Denn was man weggibt, wenn man Informationen weitergibt, ist nicht das Wis-sen bzw. Informationen an sich, sondern der privilegierte Zugang zur Information oder die Kontrolle ber Zonen der Ungewissheit anderer Organisationsmitglieder (vgl. Crozier/Friedberg 1979). Mit der bekannten Studie von Crozier und Friedberg sind wir im Gebiet der Macht-Ressourcen angekommen und der Frage, wie die Be-trachtung des Wissens als Machtressource den Wissenstransfer bei Betriebsratsmit-gliedern beeinflusst.

    3. Betriebsrte Die Anstze des Wissenstransfers gehen immer von klassischen Arbeitsorganisationen aus, d.h. es sind abhngig Beschftigte, die im Rahmen ihrer Arbeitsaufgaben Wissen transferieren sollen. Bisher ist aber nach unserem Informationsstand noch nicht der Wissenstransfer in der besonderen Organisationsform Betriebsrat untersucht wor-den, wohl aber der Einsatz von Wissensmanagement als Partizipation von Beschftig-ten im Innovationsprozess (Gerstlberger et al. 2010; Blume/Gerstlberger 2007).

    Der Betriebsrat als Interessenvertretungsgremium im Spannungsfeld der industri-ellen Beziehungen ist in der Vergangenheit vielfltig untersucht worden (z.B. Kotthoff 1981, 1994, 1995; Bosch et al. 1999; Artus et al. 2001; Nienhser/Hofeld 2010). Dabei sind u.a. Betriebsratstypologien gebildet worden (z.B. Kotthoff 1981, 1994; Mller-Jentsch et al. 1998; Bosch et al. 1999; Artus et al. 2001; Nienhser 2005). Em-pirisch erhrtet wurden diese Typologien u.a. von Mller-Jentsch et al. (1998), Nienhser (2005) sowie von Minssen und Riese (2005).

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    In den letzten Jahren waren und sind Betriebsrte vielfltigen Wandlungen auf-grund von verschiedenen neuen Anforderungen aus der wirtschaftlichen Umwelt ausgesetzt (Trinczek 2010: 860). Insgesamt liegt der Wandel der betrieblichen Interes-senregulierung vor allem darin, dass Betriebsrte neben den klassischen Schutzaktivit-ten verstrkt gestalterische Aufgaben (Minssen/Riese 2005) wahrnehmen knnen bzw. mssen. Wassermann (2002: 59) stellt fest, dass sptestens mit Beginn der 1980er-Jahre immer mehr Regelungsbereiche von der berbetrieblich-tariflichen auf die einzelbetriebliche Ebene verlagert wurden und neue Aufgabenbereiche ber-nommen wurden, wie etwa die Einfhrung neuer Technologien, Arbeitsgestaltung, Umstrukturierung und Standortsicherung. Ebenso kommt Mller-Jentsch (2007) zu dem Schluss, dass Betriebsrte stetig ihre Kompetenzen und Aufgaben erweitert ha-ben und dies insgesamt ein Zugewinn sei, der das Selbstbewusstsein gestrkt hat, aber nicht von wenigen auch als Last empfunden wird (Mller-Jentsch 2007: 107). Nienhser und Hofeld (2007) konnten in einer empirischen Untersuchung nachwei-sen, dass diese Verbetrieblichung, d.h. die Auflsung des Flchentarifvertrages von den Betriebsrten eher abgelehnt, von den Managern aber befrwortet wird. Die Ablehnung der Betriebsrte sinkt jedoch, wenn schon Erfahrungen mit der Ver-betrieblichung vorliegen. Diese neuen Aufgaben und Anforderungen wandeln die Betriebsratsarbeit zu einer komplexen Dienstleistungs- und Interessenvertretungsar-beit, die auf viele Informationen angewiesen ist und auch Kreativitt und Innovation beinhaltet, d.h. zur Wissensarbeit (Wilkesmann 2005) geworden ist. Ein wichtiger Faktor fr die effektive und effiziente Erledigung wissensintensiver Arbeit ist der Wissenstransfer. Aus diesem Grunde heben die genannten Wandlungen und Neue-rungen das Thema Wissenstransfer auf die Tagesordnung.

    In den letzten Jahren sind Betriebsrte und Interessenvertretungsformen in zahl-reichen Projekten empirisch erforscht worden, so auch die Anderen Vertretungsor-gane (u.a. Hauser-Dietz et al. 2009). Forschungsgegenstand war auch die Meinung von Betriebsrten im Vergleich zur Meinung der Belegschaft (Behrens 2009), das Zu-sammenspiel von Betriebsrat und Geschftsfhrung in Innovationsprozessen (Schwarz-Kocher et al. 2010), die aber auch das bewusste Eingehen auf Konflikte mit der Geschftsleitung beinhaltet. Einzelne aktuelle Studien widmen sich der Frage nach der betrieblichen Interessenregulierung im Bereich der so bezeichneten prekren Dienstleistungsarbeit und den mittlerweile auch medial prsenten Repressionsmustern gegenber Interessenvertretungen (Bormann 2007; Artus 2008). Auch die Erwartun-gen, die abhngig Beschftigte an ihre Interessenvertretung haben, sind empirisch untersucht worden (Wilkesmann et al. 2011). Eine Forschungslcke stellt aber bisher der Wissenstransfer innerhalb der Organisationsform Betriebsrat dar. Dazu ist die spezielle Organisationsform Betriebsrat nher zu betrachten.

    Was meint die Begrifflichkeit der Organisation und lsst sie sich auf den Betriebs-rat bertragen? Um diese Frage beantworten zu knnen, soll zuerst die Definition der complete organization (Ahrne/Brunsson 2011) auf den Betriebsrat angewendet werden. Nach Arne und Brunsson (2011) ist eine vollstndige Organisation durch die folgenden fnf Kriterien definiert: (1) Mitglieder, (2) Hierarchie, (3) Regeln, (4) ber-wachung und (5) Sanktion.

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    Die Mitgliedschaftsregel gilt auch fr den Betriebsrat. Es lsst sich klar zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern unterscheiden. Allerdings hngt die Entscheidung fr die Aufnahme oder Ablehnung der Mitglieder nicht von der Organisation selbst ab, sondern von der umgebenden Arbeitsorganisation, die die Mitglieder in diese ein-gebettete Organisationsform whlt. Eine Hierarchie lsst sich auch im Betriebsrat beobachten, da es eine/n Vorsitzende/n gibt sowie in greren Gremien auch Aus-schsse, Arbeitsgruppen, Projektgruppen, die jeweils Vorsitzende haben. Diese stellen eine eigene Quasi-Hierarchiestufe dar. Der Unterschied zu einer normalen Arbeits-organisation ist auch hier das demokratische Prinzip: Alle anderen Mitglieder whlen eine Person fr diese Position. Dieses demokratische Prinzip ist eine Regel, so wie sie Ahrne und Brunsson (2011) als drittes Kriterium definieren, nmlich als explizite Re-gel und nicht als soziale Norm. Das vierte Kriterium ist die berwachung. Darunter verstehen Ahrne und Brunsson (2011) ein formales Beobachtungssystem wie z.B. Finanzberwachungssoftware innerhalb der Organisation, nicht aber Klatsch und Flurfunk. Im Falle von Betriebsrten bernimmt wiederum die demokratische Regel diese Funktion. Andere Betriebsratsmitglieder oder konkurrierende Listen ben bei-spielsweise die berwachung der Handlungen aus. Aufgrund der Gruppengre sind die Handlungen aller Betriebsratsmitglieder wechselseitig beobachtbar und unterlas-sende Aktivitten bemerkbar. In diesem Fall knnen andere Mitglieder die Trittbrett-fahrer sanktionieren. Ahrne und Brunsson (2011) definieren Sanktionen als Zuwei-sung oder Ablehnung von Ressourcen. Im Falle der Betriebsrte kann die Sanktion neben der sozialen Isolierung im Extremfall auch ein Ausschlussverfahren nach 23 (1) BetrVG bedeuten. Der Betriebsrat kann danach den Ausschluss eines Mitglieds bei Gericht beantragen. Natrlich besteht auch die Mglichkeit bei der nchsten Wahl die Mehrheitsfraktion zu stellen und somit die Verteilung von Ausschussvorsitzenden etc. zu kontrollieren. Damit sind alle Kriterien einer vollstndigen Organisation fr einen Betriebsrat mit kleinen Abstrichen und der Besonderheit der demokratischen Regeln erfllt. Allerdings heit dieses Kriterium nicht, dass sie eine Arbeitsorganisation sind, sondern sie bleiben eine Interessenorganisation. In Arbeitsorganisationen findet der Entscheidungsprozess idealtypisch immer top-down, in Interessenorganisatio-nen idealtypisch immer bottom-up statt (Wilkesmann 2005, 2013). Die Interessen-organisation zeichnet sich also durch das demokratische Prinzip one member one vote aus sowie durch die prinzipielle bereinstimmung zwischen individuellen Zielen und Organisationszielen. Beides ist in der Arbeitsorganisationsform nicht gegeben (Wilkesmann 2013).

    Zusammengefasst begrndet sich die Besonderheit der Organisationsform Be-triebsrat gegenber einer Arbeitsorganisation in der demokratischen Wahlsituation. Und dies in zweifacher Hinsicht: Betriebsratsmitglieder wollen und mssen gewhlt werden. Diese Situation verndert bzw. verschrft die Rahmenbedingungen gegenber dem Wissenstransferprozess in einer Arbeitsorganisation erheblich. Wer wiederge-whlt werden will, muss sich seinen Whlern als kompetent und informiert prsentie-ren und zwar als kompetenter und informierter als Wahlkonkurrenten. Nur wer sich als gut informiert, mit breitem Wissen fr die Betriebsratsarbeit darstellen kann, hat gegenber konkurrierenden Kandidaten eine Chance. In solch einer Situation wre es nicht rational, wenn ein Kandidat seine gute Ausgangsposition verschenkt und sein

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    Wissen an Konkurrenten weitergibt, die dadurch als ebenso kompetent dastehen und somit ihre Wahlchancen erhhen. Das eigene Wissen wird demnach zu einer strategi-schen Machtressource, die die Wiederwahl sichern soll. Diese Machtressource soll nicht durch Wissenstransfer geschwcht werden.

    Eine zweite Besonderheit der Organisationsform Betriebsrat ist, dass auch die in-terne Hierarchie durch Wahlen etabliert wird. Entscheidungsdurchsetzung erfolgt also idealtypisch wie oben beschrieben bottom-up. Die Position des Vorsitzenden, Frei-stellungen, Ausschusspositionen, all diese Posten werden ber interne Wahlen verteilt. Ziel kann es deshalb nicht sein, seine Konkurrenten nur als Konkurrenten zu behan-deln, vielmehr muss immer eine Basis fr sptere Zusammenarbeit mglich bleiben. Die Mitgliedschaft im Betriebsrat hat jedoch unter der Prmisse der Eigennutzopti-mierung auch einen Vorteil: Den ausgeweitete Kndigungsschutz bekommt jedes Mitglied direkt mit der Zugehrigkeit zum Betriebsrat. Unter dem theoretischen Blickwinkel der Eigennutzoptimierung bte sich demnach die Strategie der Defektion im Gremium, der Verweigerung der Zusammenarbeit (oder sogar: Arbeit generell), als rational an, da mit minimalem Aufwand vier Jahre Kndigungsschutz erzielt werden knnten.

    4. Wissenstransfer in Betriebsrten Unter diesen Umstnden ist Wissenstransfer innerhalb des Betriebsrates noch einmal deutlich schwieriger, als es an sich in normalen Settings innerhalb von Arbeitsorgani-sationen schon ist. Allerdings ist der Wissenstransfer bei einer Wahlmitgliedschaft besonders wichtig, da ein Groteil des Wissens dort in einigen, wenigen Kpfen versammelt ist, die schon mehrere Wahlperioden im Gremium sind. Wie kann sicher-gestellt werden, dass das Wissen der ausscheidenden Mitglieder nicht verloren geht? Der Wechsel der Mitglieder kann zum einem aus Altersgrnden erfolgen und zum anderen durch Abwahl. In jedem Fall mssen die neuen Mitglieder Wissen bekom-men, um ihre Arbeit erfolgreich gestalten zu knnen. Da bei einer Neuwahl weder alle Betriebsratsmitglieder aus Altersgrnden noch aus Grnden der Nicht-Wahl ausschei-den, bleibt ein grerer Mitgliederanteil ber die Wahlperioden erhalten. Aus diesem Grunde wollen wir nicht auf den Wissenstransfer von ausscheidenden Mitgliedern fokussieren, sondern allgemein Bedingungen des Wissenstransfers im Betriebsrat auf-decken. Unsere Forschungsfrage lautet deshalb: Von welchen Faktoren ist der Wis-senstransferprozess im Betriebsratsgremium abhngig?

    Wir fokussieren in diesem Artikel den Wissenstransfer innerhalb des Betriebsra-tes. Natrlich findet Wissenstransfer auch ber externe Schulungen, Beratungen etc. statt. In diesem Sinne lsst sich Information auch extern einkaufen. Viel wichtiges organisationsinternes Wissen kann aber nur ber internen Wissenstransfer weiterge-geben werden. Schon alleine die Frage, zu welchem Anbieter das neue Betriebsrats-mitglied zur Schulung entsendet wird, ist nicht trivial, sondern hufig von den Emp-fehlungen der lteren Kollegen abhngig, wird also Gegenstand eines Wissenstransfers innerhalb des Gremiums. Durch den demographischen Wandel wird vermehrt auch Wissenstransfer innerhalb des Gremiums wichtig, da das Wissen der lteren Betriebs-ratsmitglieder nach Mglichkeit im Gremium verbleiben sollte. Whrend die Vermitt-lung von reinem Faktenwissen durch die mittlerweile sehr gut ausgebaute Weiterbil-

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    dungslandschaft im Bereich Betriebsrte abdeckt wird, verbleibt das eigentliche Ex-pertenwissen, welches spezifisch auf die Situation vor Ort ausgerichtet ist, in den Kpfen der Mitglieder, wenn es nicht zu einem erfolgreichen Wissenstransfer im Gremium kommt.

    Der Ausgangspunkt unserer Studie war der demographische Wandel und damit die Erhaltung des Expertenwissens fr den Betriebsrat. Wie in Arbeitsorganisationen stellt auch im Betriebsrat der demografische Wandel ein Problem dar. Allerdings se-hen wir den Wissenstransfer von Jung zu Alt nur als eine spezifische Ausprgung dieser Beziehung an.

    In der Literatur zum Wissenstransfer in Arbeitsorganisationen ist der Machtbe-griff bisher vernachlssigt worden (vgl. zum Machtbegriff in Organisationen Haunschild et al. 2009). Wir vermuten, dass fr den Wissenstransfer in Betriebsrats-gremien Macht eine zentrale Kategorie darstellt und das in zweifacher Hinsicht:

    Erstens bentigt ein funktionierender Wissenstransfer ein zumindest ansatzweise Ausschalten des Gebrauchs von Wissen als Machtbasis. Dieses kann erreicht werden bzw. tritt ein, wenn die einzelnen Betriebsratsmitglieder anstatt des eigenen Vorteils andere Wertvorstellungen strker gewichten, also in gewisser Weise den Erfolg des Gremiums ber ihren eigenen stellen. Dies ist dann der Fall, wenn die Arbeit im Gremium von Vertrauen geprgt ist und eine internalisierte Motivation (z.B. als inter-nalisierte soziale Norm) an der Betriebsratsarbeit besteht. Dazu gehrt auch, ein Fh-rungsverhalten des/r Vorsitzenden, welches die anderen Mitglieder im Betriebsrat zum Handeln ermchtigt, anstatt alle Entscheidungen an sich zu reien und Informa-tionen fr sich zu behalten. Der individuell-strategische Machtgebrauch wird zuguns-ten einer internal motivierten Hhergewichtung der Inhalte oder des Gestalten-Wollens zurck gestellt.

    Zweitens vermuten wir, dass es einen Unterschied macht, ob das Gremium sich als mchtig wahrnimmt oder nicht. Wenn die Arbeit von Erfolg geprgt ist und man Vernderungen im Sinne der Belegschaft im Betrieb anstoen kann, frdert dies den Teamgeist, da Alleingnge den Erfolg des Ganzen gefhrden knnten. Diese zweite Form der Macht stellt im Sinne der Resource Dependency Theory (vgl. Nienhser 2008) eine externe Machtquelle dar, die zentral fr die Handlungsfhigkeit der Organi-sation Betriebsrat ist.

    Im Folgenden werden wir die einzelnen Faktoren, die den Wissenstransfer beein-flussen, theoretisch herleiten und zudem einige weitere strukturelle Faktoren vorstel-len.

    5. Faktoren, die Wissenstransfer beeinflussen 5.1 Individuelle Macht ausblenden: Autonomie und soziale Einbindung Wie oben dargelegt, kann der strategische Gebrauch der Ressource Wissen zugunsten einer intrinsischen Prferenz der Inhalte zurck gestellt werden oder eben berhaupt nicht auftreten. Wenn Wissenstransfer nicht unter dem Blickwinkel der Machtressour-ce, sondern als intrinsisch motivierte Freude an der inhaltlichen Arbeit oder als Aus-druck der bereinstimmung mit einem sozialisierten Selbstbild gesehen wird, dann kann Wissenstransfer gelingen (vgl. Minbaeva/Peterson 2010; Wilkesmann/Wilkes-

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    mann 2009). Vielfltige Studien und Untersuchungen zeigen, dass nicht extrinsische Anreize, wie der Machtzugewinn, sondern Formen der intrinsischen Motivation die wichtigsten Motivatoren bei wissensintensiver Arbeit sind (Osterloh/Frey 2000; Frost et al. 2010; Wilkesmann 2012). Gerade beim Wissensmanagement ist die intrinsische Motivation sowie andere Formen internalisierter Motivation eine der wichtigsten Untersttzungsfaktoren (Cress/Kimmerle 2013; Lam 2011; Wilkesmann/Rascher 2005; Wilkesmann et al. 2009b).

    Die intrinsische und internale Motivation ist aber ihrerseits von organisationalen und sozialen Voraussetzungen abhngig (Lam 2013; Cruz et al. 2009). Eine der wich-tigen Voraussetzungen der intrinsischen und internalen Motivation nach der Self-Detemination Theory (SDT) von Ryan und Deci (2000a, 2000b) ist die Selbstbestim-mung, d.h. die Mglichkeit auch whlen zu knnen (Ryan/Deci 2006: 1562).

    Sie differenzieren Modi der Motivation, die alle verschiedene Stufen der Internali-sierung extrinsischer Anreize und sozialer Normen darstellen. Ryan und Deci (2000b; 2006) begrnden die SDT neben der Kompetenz der Akteure durch die Autonomie und soziale Einbindung (vgl. Wilkesmann 2012). Beide Faktoren sind wichtig, um den Internalisierungsprozess von sozialen Normen zu ermglichen. Autonomie bedeutet die Mglichkeit selbst Entscheidungen zu treffen, ohne nur Vorgaben der Vorge-setzten auszufhren. Internalisierung kann nur dann gelingen, wenn Regeln innerlich begriffen werden. Dies gelingt nur unter Autonomie und wrde bei Zwang immer uerlich bleiben. Soziale Einbindung bezieht sich u.a. auf die Interaktion mit signi-fikanten Anderen, wie z.B. dem Betriebsratsvorsitzenden. Die Qualitt sozialer Interaktion mit signifikanten anderen Personen bestimmt das Gefhl der sozialen Eingebundenheit ... (Mller et al. 2009: 143). Es werden nur Regeln und Normen von Gruppen oder signifikanten Anderen internalisiert, wenn eine soziale Eingebundenheit mit der Gruppe oder Person wahrgenommen wird (Ryan/Deci 2000a). In der Studie von Mller et al. (2009) konnte die Auswirkung des Verhaltens des Vorgesetzten auf die Wahrnehmung der sozialen Einbindung und damit auf die eigene Motivation nachgewiesen werden. Zu sehr hnlichen Ergebnisse kommt die Studie von Pelletier et al. (2002). Positive Untersttzung des Vorgesetzten bzw. des Vorsitzenden erhht die eigene Handlungsfhigkeit und damit den intrinsisch und internal motivierten Wissenstransfer.

    Im Rahmen von Betriebsratsarbeit wird sich vermutlich keine im engeren Wort-sinn intrinsische Motivation alleine finden. Vielmehr geht es um aktives Gestalten der Arbeitsumwelt. Diese kann und wird sicherlich auch Freude bereiten, aber es geht vermutlich auch dabei um ein gesellschaftspolitisches Engagement, ein positives Ver-ndern. Dies entspricht nach dem Modell von Ryan und Deci (2000a, 2000b) einer internalisierten Motivation, die verschiedene Stufen annehmen kann. Immer ist es aber eine Internalisierung von externen Anreizen oder sozialen Normen, die in hhe-ren Phasen der Internalisierung in ein Selbstbild bergehen, in dessen bereinstim-mung gehandelt wird. In diesem Sinne ist intrinsische (oder korrekter: internale) Moti-vation im Betriebsrat als Handeln in bereinstimmung mit diesem Selbstbild zu ver-stehen.

    Soziale Einbindung und Autonomie ermglichen die Internalisierung sozialer Normen und sind somit nicht nur fr die internale Motivation relevant, sondern auch

  • 142 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    fr die individuelle Kalkulation im Wissenstransfer, wenn Wissen als Machtressource wahrgenommen wird. Diese Sachverhalte sind als Fhrungsstil-Komponenten in ihren Einfluss auf den Wissenstransfer analysiert worden (Birasnav et al. 2011). Je strker eine Integration in die wichtigen Entscheidungen wahrgenommen wird, desto weniger ist es sinnvoll, relevante Informationen fr die Entscheidungen zurck zu halten.

    Zusammengefasst hngt die individuelle Bereitschaft, sich im Wissenstransfer einzubringen von den organisationalen und sozialen Voraussetzungen ab. Wird die inhaltliche Arbeit der Gesamtgruppe individuell hoch internal untersttzt, d.h. der Teamerfolg steht einem individuell-strategisch begrndeter Machtmaximierung entge-gen, dann findet Wissenstransfer statt. Dies ist immer dann der Fall, wenn Autonomie und soziale Einbindung von den Akteuren wahrgenommen wird. Dieser Zusammen-hang lsst sich in der ersten Hypothese verdichten:

    H1: Je weniger individuell strategisch agiert wird, desto mehr Wissenstransfer findet statt.

    5.2 Kollektive Macht einblenden: Erfolg des Betriebsratsgremiums Eine wichtige externe Machtressource der Interessenvertretung ist die Untersttzung durch die Belegschaft (Nienhser 2008). Nur wenn glaubhaft die Untersttzung der Belegschaft vom Betriebsrat in Auseinandersetzungen mit der Geschftsleitung ins Spiel gebracht werden kann, hat die Interessenvertretung ein Druckmittel in der Hand. Nach auen drckt sich diese Machtressource am einfachsten durch den gewerk-schaftlichen Organisationsgrad innerhalb der Belegschaft aus. Zwar existiert hier rechtlich kein direkter Zusammenhang im dualen System industrieller Beziehungen, da der Betriebsrat nicht zum Streik aufrufen darf, aber ein ber die Gewerkschaften ver-mittelter Zusammenhang. Je hher der Organisationsgrad der Belegschaft ist, desto grer ist das Mobilisierungspotential. Die Durchsetzungsfhigkeit des Gremiums nach auen hat auch Auswirkungen auf den Interaktionsprozess nach innen. Je machtvoller nach auen das Gremium ist, desto vielfltiger und offener wird die in-terne Interaktion sein. Die ueren Bedingungen schlagen dann auf die internen Be-dingungen durch. Betriebsrte als intermedire Institutionen (Mller-Jentsch 1997: 280) knnen die doppelte Handlungslogik, die sie in sich austarieren mssen, nmlich zugleich Interessenvertretung des Faktors Arbeit im Betrieb zu sein und den wirt-schaftlichen Zielen des Unternehmens verpflichtet zu sein, nur dann erfolgreich ver-mitteln, wenn sie einen festen Rckhalt innerhalb der Belegschaft haben und intern frei kommunizieren knnen. Letzteres bedeutet, dass ein ausgeprgter Wissenstransfer unter den Mitgliedern ermglicht wird. Die Vermittlung als intermedire Organisation wie wir lieber konkreter sagen wrden ist also vom Durchschlag der ueren Machtressource auf den internen Wissenstransfer abhngig. Ein schwacher Betriebsrat ist nur reaktiv und hat keine Freirume fr ausfhrliches Abwgen verschiedener In-formation.

    Zudem zeigt Heckhausens (1989) erweitertes kognitives Modell, dass die Wahr-scheinlichkeit einer Handlung stark von der Folgenabschtzung abhngig ist. Wissens-transfer ist immer mit Aufwand (mindestens: Zeit, Opportunittskosten) verbunden und wird in der Regel als eine aktive Handlung beschrieben. Ob diese Handlung nun ausgefhrt wird, hngt stark von der Folgenabschtzung ab: Lohnt sich der Aufwand

  • Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI 10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 143

    bei dem zu erwartenden Ertrag? Wird also in diesem Fall die Betriebsratsarbeit erfolg-reicher durch den Wissenstransfer? Oder umgekehrt: Je erfolgreicher die Arbeit ist, desto geringer ist der persnliche Nutzen aus einer free rider Position.

    Aus diesen berlegungen folgt die zweite Hypothese:

    H2: Je erfolgreicher der Betriebsrat ist, desto mehr Wissenstransfer findet intern statt.

    Um diese beiden Haupthypothesen angemessen testen zu knnen, ist es wichtig, diese von weiteren Einflussgren zu unterscheiden. Dabei sind insbesondere die Gre des Gremiums (und damit des Betriebes) sowie die Erfahrung der befragten Person zu erheben.

    5.3 Gre des Gremiums Ein weiterer Faktor fr den Wissenstransfer ist die Gre der Gruppe, innerhalb derer der Wissenstransfer stattfindet (Kollock/Smith 1996). Einerseits zeigt die bisherige Forschung zur Kooperation in Kleingruppen, dass je kleiner die Gruppe ist, desto einfacher Kooperationen zwischen den Gruppenmitgliedern mglich ist. Dieser Sach-verhalt ist sowohl theoretisch (von Ledebur 2007) als auch empirisch hinreichend belegt (Curral et al. 2001; Guzzo et al. 1995). Die empirische Evidenz zeigt, dass eine negative Korrelation zwischen Gruppengre und die Beteiligung der Mitglieder am Gruppenprozess existiert, wie sie schon Olson (1965) theoretisch prognostiziert hat (vgl. Hechter 1987). Ebenso nimmt mit Zunahme der Gruppengre die Wirkung einer nicht erbrachten Leistung fr die Einzelperson ab, da der Anteil an der Gesamt-gruppenleistung sinkt. berwachungs- und Sanktionskapazitt sinkt also mit der Gruppengre und damit steigt das Trittbrettfahrerverhalten (Coleman 1990).

    Andererseits sind diese Forschungsergebnisse ber kooperatives Verhalten in Gruppen nicht einfach auf den Wissenstransferprozess bertragbar. Wissenstransfer setzt auch immer die Mglichkeit voraus, andere Personen zu treffen (egal ob face-to-face oder virtuell), um Informationen miteinander auszutauschen. Je weniger Perso-nen potentiell getroffen werden knnen, d.h. je weniger personale Informationsquel-len jemand erreichen kann, desto weniger Wissenstransfer ist mglich.

    Die Forschungsergebnisse sind also nicht eindeutig: Kooperation innerhalb von Gruppen ist eher in kleineren Gruppen wahrscheinlich. Auf den Wissenstransfer ber-tragen bedeutet dies, dass sensible Informationen in Vertrauensbeziehungen bertra-gen werden, die eher in kleinen Gruppen wahrscheinlich sind. Generell gilt aber, dass das Angebot an Information und damit die potentieller Wissenstransfer mit der Gre der Gruppe steigt.

    In groen Betriebsratsgremien entsteht durch Ausschsse und Arbeitsgruppen eine Diversifikation. Die eigentliche Arbeit findet nicht im Plenum, sondern in den Ausschssen statt. Hier kann die Gesamtgruppengre die Gre der Arbeitseinheit mglicherweise verdecken. Allerdings ist dies relevant fr eine Gruppengre mit mehr als 15 Personen, also fr Betriebsratsgremien, die nur 4% der Grundgesamtheit ausmachen.

    In Betriebsrten als Wahlgremien kommt noch hinzu, dass es unterschiedliche Fraktionen, Listen etc. geben kann, die politisch miteinander konkurrieren und sich

  • 144 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    deshalb auf keinen Fall wechselseitig durch Wissenstransfer strken. Der eigentliche Wissenstransfer findet wenn berhaupt nur innerhalb der eigenen Fraktion statt. Aus diesem Grunde muss kontrolliert werden, wie viele Betriebsratsmitglieder auch der IG Metall angehren und somit nur als potentielle Partner des Wissenstransfers zur Verfgung stehen.

    Daraus lsst sich die dritte Hypothese ableiten:

    H3: Je mehr Mitglieder (aus derselben Gewerkschaftsliste) der Betriebsrat hat, desto mehr Wissenstransfer findet statt.

    5.4 Individuelle Erfahrung in unterschiedlichen Organisationsrollen Wie schon eingangs erwhnt, ist ein wichtiger Anlass fr den Wissenstransfer, wenn Mitglieder aus Altersgrnden ausscheiden. Damit wird impliziert, dass ltere, erfahrene Mitglieder auch Wissen besitzen, das sich fr den Transfer eignet. Dies ist eine Grundannahme, die sich beim Wissenstransfer immer wieder besttigt findet. Wer lange eine Arbeit gemacht hat oder wer schon lter ist, kann eben viel von seiner Er-fahrung an jngere Kollegen weitergeben (vgl. z.B. Wilkesmann et al. 2009b). Umge-kehrt bedeutet dies auch, dass Jngere entsprechend Wissen bekommen. Sollte dies nicht der Fall sein, dann wrden ltere nur aus ihrer Sicht Wissen weitergeben, was aber auf keine Nachfrage stt.

    Ein wichtiger Faktor des Wissenstransfer ist natrlich der Umstand, ob eine Per-son Information aufgrund ihrer Position bekommen kann. Die Erfahrung, die ein Mitglied machen kann, hngt auch von seiner Organisationsrolle ab. Durch die zuge-wiesene Rolle bekommen einige Personen prinzipiell mehr Informationen als andere. Dies gilt z.B. fr Vorsitzende ( 26 BetrVG). Aufgrund ihrer herausgehobenen Positi-on laufen die Informationen bei ihnen zusammen. Sie knnen also prinzipiell mehr Wissen weitergeben als einfache Mitglieder, weil sie gegenber den einfachen Mitglie-dern auch mehr Informationen sammeln. Vorsitzende kontrollieren die Auenkontak-te des Gremiums. Sie sind der Hauptansprechpartner der Geschftsleitung aber auch der Gewerkschaften. Als Vorsitzende ist es ihre Aufgabe, fr diese Auenkontakte zustndig zu sein. Aus diesem Grunde ist es selbstevident, dass Informationen ber sie als Kontaktstelle von auen nach innen ins Gremium flieen. Vorsitzende sind organisationstheoretisch ausgedrckt Grenzstellen zur Umwelt (Luhmann 1999: 224). Die neue Information, die sie von auen erhalten haben, knnen sie nach innen an andere Mitglieder des Gremiums weitergeben. Ihre Machtposition besteht aber gerade darin, dass sie eine Entscheidung treffen knnen, ob sie die Information weitergeben oder auch nicht. Die Aufgabe der Vorgesetzten besteht in der Filter-funktion von Information, wie Luhmann es beschreibt: Ein Vorgesetzter gehrt also jeweils (mindestens) zwei engeren Kommunikationsnetzen an, die ganz verschiedene Anforderungen an ihn stellen. Er mu Informationen aus dem einen Netz in das an-dere bersetzen knnen; andere Informationen mu er in einem Netz zurckhalten knnen, so dass die Trennung der Netze erhalten bleibt. Nicht jede Information von oben eignet sich zur Weitergabe nach unten und umgekehrt. Diese Flaschenhalsfunk-tion des Vorgesetzten dient dem Proze der Unsicherheitsabsorption (Luhmann 1999: 210).

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    Gleiches gilt wenn auch in abgeschwchter Form schon fr Vorsitzende von Ausschssen sowie fr freigestellte Betriebsratsmitglieder ( 28, 28a BetrVG). Die Aufgabe dieser Mitglieder besteht darin, fr ein gewisses Thema Informationen zu sammeln und den anderen Betriebsratsmitgliedern zur Verfgung zu stellen. Wer seine volle Arbeitszeit fr die Betriebsratsarbeit investieren kann, wird auch mehr Informa-tionen sammeln knnen als nicht-freigestellte Mitglieder. Die Erfahrung wird also durch die Organisationsrolle selektiert.

    Auerdem wird in diesen Funktionen nur eine Person gewhlt, wenn sie schon auf unteren Stufen Erfahrungen gesammelt hat und damit ber einen Mindestvorrat an Vorwissen verfgt.

    Natrlich hat auch jedes einfache Betriebsratsmitglied Kontakte zu den Kollegen im Betrieb. ber diesen Kanal findet auch ein Informationsaustausch statt, aber die Mehrheit der relevanten Informationen (z.B. Information aus dem Vorstand) be-kommt die organisatorisch ausgezeichnete Grenzstelle, nmlich der/die Vorsitzende.

    Diese berlegungen lassen sich in der vierten Hypothese zusammenfassen:

    H4: Je erfahrener ein Betriebsratsmitglied ist, desto mehr Wissen kann es weitergeben und desto weniger neues Wissen kann es lernen.

    6. Empirie Im Folgenden stellen wir die Ergebnisse unserer Befragung unter Betriebsratsmitglie-dern der IG Metall dar. Zu Beginn stellen wir die Datenerhebung vor und beschreiben kurz den Datensatz. Darauf folgt die Beschreibung der Operationalisierung unserer Hypothesen, gefolgt von den Ergebnissen der Regressionsanalyse.

    6.1 Datenerhebung In Kooperation mit der IG Metall wurde eine E-Mail gesttzte Onlinebefragung von Betriebsrten durchgefhrt.1 Da die IG Metall nicht alle 80.000 bei ihr organisierten (und schon genug mit Umfragen gebeutelten) Betriebsratsmitglieder mittels E-Mail zu der Umfrage auffordern wollte, entschied die IG Metall, den Versand auf circa 20.000 E-Mail-Adressen zu beschrnken. Vor dem Hintergrund des Wissenstransfers von Alt zu Jung, wurden die E-Mails nur an Personen verschickt, die sich entweder in der ersten Legislaturperiode befinden oder an Betriebsratsmitglieder, die 55 Jahre und lter sind. Dies entsprach in etwa 21.000 Adressen. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, fhrte dieser Modus der Stichprobenziehung nicht dazu, dass nur junge und alte Be-triebsrte im Datensatz sind. Es gibt zwar eine Unterreprsentation der Betriebsrats-mitglieder um 55 Jahre und eine berreprsentation um die darauf folgende 58 Jahre-Marke, dennoch sind alle Altersgruppen immer noch in ausreichender Anzahl im Da-tensatz vorhanden.

    1 An dieser Stelle nochmals unser aufrichtiger Dank fr die Zusammenarbeit.

  • 146 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    Abb. 1: Altersverteilung der Stichprobe

    Den Fragebogen aufgerufen haben 4976 Personen, also 23,7% der angeschriebenen Betriebsrte. Den Fragenbogen begonnen (d.h. mehr als die erste Seite gesehen) haben 3962 Betriebsratsmitglieder (79,6% derjenigen die den Fragebogen aufgerufen haben; 18,9% derjenigen, die angeschrieben wurden). Von diesen haben 2914 die Fragebgen bis zum Ende ausgefllt. Im Unterschied zu einer Telefonbefragung ist die Hrde, einen Fragebogen einfach abzubrechen, relativ niedrig. Ohne Interviewer und damit einem Moment der sozialen Kontrolle ist die Ausfallrate in Internetbefragungen hher als in Telefonumfragen. Dies hat allerdings ebenso positive Seiten, da durch das Feh-len der sozialen Kontrolle durch einen Interviewer auch ungeliebte Aussagen eher gettigt werden. Ebenso sind die Eintrittsbarrieren niedriger: Man kann den Frage-bogen ausfllen wann und wo man will und sogar nach Unterbrechungen wieder auf-nehmen. In die Untersuchung gehen nach Abzug durch fehlende Angaben insgesamt 2717 Personen ein. Das entspricht 12,9% aller angeschriebenen Betriebsratsmitglieder und ist in insbesondere bei einer Onlinebefragung ohne erneuten Aufruf zur Teil-nahme, welcher nach unseren Erfahrungen die Ausschpfungsquote noch einmal um bis zu 50% erhht ein hervorragender Wert. Das Thema scheint also bei vielen Be-triebsratsmitgliedern (und insbesondere bei den Vorsitzenden) auf Interesse zu sto-en. Der Median der Bearbeitungsdauer des Fragebogens belief sich auf 23 Minuten und 15 Sekunden.

    6.2 Beschreibung der Stichprobe Um kurz die Stichprobe zu beschreiben, werden nun zunchst die Verteilung des Ge-schlechts, der Gremiengren und der Position im Betriebsrat dargestellt (s. Tab. 1). Die Hufigkeiten und Prozentangaben in den drei ausgewhlten Variablen werden mit der Verteilung in der Grundgesamtheit der Betriebsratsmitglieder, die mit einer E-Mailadresse bei der IG Metall registriert sind, abgeglichen.

  • Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI 10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 147

    Tab. 1: Stichprobenbeschreibung

    Hufigkeit Prozent Prozent i.d. GG

    Geschlecht Mnner 2140 78.8 79.0

    Frauen 577 21.2 21.0

    Posten im Gremium keine Vorsitzenden 1812 66.7 82.0

    Vorsitzende 905 33.3 18.0

    Gre des Gremi-ums

    bis unter 9 910 33.5 71.0

    9 bis unter 15 1219 44.9 25.0

    15 und mehr 588 21.6 4.0

    Gesamt 2717 100.0

    Whrend die Verteilung der Geschlechter in der Stichprobe sehr nahe an der Vertei-lung in der Grundgesamtheit liegt, ist dies bei der Gremiengre und der Posten im Gremium nicht der Fall. Den Aufruf zur Beantwortung des Online-Fragebogens sind berproportional viele Vorsitzende und Betriebsratsmitglieder aus groen Betrieben gefolgt. Dieses Ungleichgewicht wird allerdings in den Regressionsmodellen durch die Hereinnahmen dieser Variablen mittels des Prinzips der statistischen Unabhngigkeit ausgeglichen.

    6.3 Operationalisierung

    Die abhngigen Variablen Fr die abhngigen Variablen ist eine Operationalisierung des SECI-Modells nach Nonaka und Takeuchi (1995; Nonaka et al. 2006) verwendet worden, die sich schon in anderen Studien bewhrt hat (Wilkesmann et al. 2009b; Wilkesmann et al. 2009c). Fr die hier vorgestellte Studie wurde das Wording auf den Betriebsratsfall zugeschnitten. Die Items wurden auf einer Fnfer-Likert-Skala abgefragt (1 = stimme berhaupt nicht zu; 5 = stimme voll zu).

    Eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation und einem KMO-Wert von ,784 und einer erklrten Varianz von 66,47% ergab zwei Faktoren, die als Wissen geben und Wissen bekommen bezeichnet wurden (vgl. Tab. 2). Der Faktor Wissen geben erzielte eine hhere Reliabilitt, wenn das Item Ich teile neue Ideen meinen BR-Kolleg/innen mit weggelassen wurde (Cronbachs Alpha ,868). Der Faktor Wis-sen bekommen hat ebenso eine sehr hohe Reliabilitt mit Cronbachs Alpha von ,815.

    Hervorzuheben ist, dass die Differenzierung in Wissen geben und Wissen be-kommen empirisch feststellbar ist. Nach dem Modell von Nonaka und Takeuchi (1995) wre eine Aufteilung in implizites und explizites Wissen zu erwarten gewesen.

    Die gleichen Items sind in einer Befragung von 11 Krankenhusern in Deutsch-land im Jahre 2006 (Wilkesmann et al. 2009b) allerdings ohne den Zusatz BR ver-wendet worden. Im Ergebnis dieser Befragung ordneten sich bei der Hauptkompo-nentenanalyse die gleichen Items zu Wissen geben (Cronbachs Alpha ,860) und Wis-sen bekommen (Cronbachs Alpha ,775). Das Gleiche gilt fr die Studie bei einem deutschen Wohlfahrtsverband (Wilkesmann et al. 2009c), in der auch die gleichen

  • 148 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    Fragen verwendet wurden. Die Hauptkomponentenanalyse sortierte auch dort die gleichen Items zu Wissen geben (Cronbachs Alpha ,764) und Wissen bekommen (Cronbachs Alpha ,818). Die Operationalisierung des Wissenstransfers kann somit einerseits als sehr valide eingestuft werden und andererseits kann festgehalten werden, dass die Befragten nicht zwischen explizitem und implizitem Wissen unterschieden oder nach direkten oder indirektem Wissenstransfer oder auch gar nicht, da Wissens-transfer nicht als zwei verschiedene Handlungen gesehen wird, sondern recht deutlich nach Wissen geben und Wissen bekommen. Tab. 2: Faktorladungen der Hauptkomponentenanalyse der Wissenstransfer-Items

    Items Wissen geben Wissen bekommen Ich zeige BR-Kolleg/innen bestimmte Vorgnge, damit sie sie erlernen ,906 ,023

    BR-Kolleg/innen lernen eine Menge dadurch, indem sie sich Sachen von mir abschauen ,858 ,009

    Ich untersttze BR-Kolleg/innen dabei, eigene Arbeitserfahrungen zu sammeln ,850 ,106

    Ich lerne viel dadurch, dass ich BR-Kolleg/innen frage ,017 ,839 Ich lasse mir bestimmte Vorgnge von BR-Kolleg/innen zeigen, damit ich sie erlerne ,116 ,820

    BR-Kolleg/innen untersttzen mich dabei, meine eigenen Arbeitserfahrungen zu sammeln ,176 ,787

    Ich lerne eine Menge dadurch, dass ich meine BR-Kolleg/innen bei der Erledigung ihrer Arbeit beobachte ,056 ,734

    Die unabhngigen Variablen Die erste Hypothese (individuelle Macht ausblenden) wird ber die folgenden drei Variablen operationalisiert.

    Die Variable soziale Einbindung und Autonomie ist ein additiver Index (Cronbachs Alpha ,883), der aus Items gebildet wurde, die sich auf den Fhrungsstil des/der Vorgesetzten beziehen, aber inhaltlich genau die Autonomie der anderen Betriebsratsmitglieder sowie deren soziale Eingebundenheit thematisiert (vgl. Mller et al. 2009): Beschreiben Sie bitte den Fhrungsstil des/der Betriebsratsvorsitzenden anhand folgender Aussagen: ...ermutigt die Betriebsratsmitglieder dazu team player zu sein; ...bringt die Gruppe dazu, gemeinsam fr ein Ziel zu arbeiten; ...steht fr die Betriebsratsmitglieder und ihre Handlungen ein; ...behandelt die Betriebsratsmitglieder als gleichberechtigte Partner; ...holt bei wichtigen Entscheidungen erst die Zustimmung des Gremiums ein. Die Einschtzungen dieser Aussagen erfolgten auf einer Fnfer-Likert-Skala. Vorsit-zende mussten sich selbst einschtzen.

    Zustzlich zu den Rahmenbedingungen wurde die Motivation der Mitglieder ab-gefragt. Der folgende additive Index (Cronbachs Alpha ,755) wurde als gestaltende

  • Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI 10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 149

    Motivation bezeichnet, weil er das aktive Handlungselement betont. Ihm liegen zwei Items zugrunde, die auf die Frage Was motiviert Sie zu Ihrer Betriebsratsttigkeit? als Antwortmglichkeiten gegeben wurden: Ich bernehme gerne Verantwortung und Ich gestalte gerne. Auch hier wurden die Einschtzungen auf einer Fnfer-Likert-Skala abgefragt. Nach Ryan und Deci (2000a) sind dies Internalisierungen von sozialen Normen, die als Motiv dienen. Motivation wird generiert aus der berein-stimmung mit einem Selbstbild, das aktives Engagement verlangt.

    Zuletzt wird die Reziprozitt des Handelns bezogen auf den Wissenstransfer darber abgebildet, dass die jeweilige andere abhngige Variable ins Regressionsmodell aufgenommen wurde; also im Modell, das Wissen geben schtzt, wird Wissen be-kommen als erklrende Variable aufgenommen und im Modell, das Wissen bekom-men schtzt, wird Wissen geben als unabhngige Variable ins Modell aufgenommen. Dadurch wird abgebildet, inwiefern die Neigung Wissenstransfer zu betrieben von der Teilhabe am selbigen abhngt. Oder aber frei nach Axelrod (1984): Ist tit-for-tat immer noch eine Gewinn-Strategie?

    Die zweite Hypothese (kollektive Macht einblenden) wird ber den Organisati-onsgrad der Belegschaft, die Durchsetzungsfhigkeit des Betriebsrates gegenber der Geschftsleitung und dem Betriebsklima operationalisiert.

    Der Organisationsgrad der Belegschaft wurde prozentual abgefragt. Betriebsrte, insbesondere die hier befragten in einer Gewerkschaft organisierten Betriebsratsmit-glieder, sind hufig von Gewerkschaften dazu angehalten, die Belegschaft zu organi-sieren, d.h. Mitglieder fr die Gewerkschaften zu werben. Wenn es dem Betriebsrat gelingt, einen hohen Organisationsgrad zu erreichen (und heute durchaus auch: zu halten), zeigt das einerseits, den Rckhalt, den das entsprechende Gremium in der Belegschaft geniet. Dies strkt den Betriebsrat wiederum bei Verhandlungen mit der Geschftsleitung. Andererseits ist der Betrieb in diesem Fall auch fr die Gewerk-schaft wichtiger: Er bekommt mehr Aufmerksamkeit, Untersttzung und nicht zuletzt Wissen vom zustndigen Gewerkschaftssekretr. In diesem Fall existiert also ein Wechselspiel im dualen System der Industriellen Beziehungen, das den Wissenstrans-fer positiv beeinflussen kann.

    Die Durchsetzungsfhigkeit ist mit folgendem, auf einer Fnfer-Likert-Skala ge-messenem Item operationalisiert worden Wie hoch schtzen Sie die Durchsetzungs-fhigkeit des Betriebsrates gegenber der Geschftsleitung ein?.

    Das Betriebsklima ist mit dem Item Wie schtzen Sie (im Groen und Ganzen) das Betriebsklima in Ihrem Betrieb ein?. Auch dieses Item wurde auf einer Fnfer-Likert-Skala abgefragt. Es mag zunchst verwunderlich erscheinen, was Betriebsrte mit dem Betriebsklima zu tun haben, allerdings zeigen neuere empirische Studien (vgl. den berblick von Jirjahn 2011: 19ff.), dass dies der Fall ist und ein gutes Betriebskli-ma durchaus als ein Hinweis auf einen wirkkrftigen Betriebsrat gewertet werden kann2.

    2 Streng genommen ist natrlich das Ziel, den Wissenstransfer in Betriebsrten zu untersu-

    chen und mittels der gefundenen Ergebnisse zu frdern, darauf ausgelegt, dass ein gelin-gender Wissenstransfer die Gremien erfolgreicher macht. Es ist also erst einmal verwun-

  • 150 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    Die dritte Hypothese, dass groe Gremien den Wissenstransfer eher verhindern, wird ber die Gremiengre abgebildet. Ebenso wird die Gre der eigenen Liste dadurch erhoben, dass nach dem gewerkschaftlichen Organisationsgrad innerhalb des Betriebsratsgremiums gefragt wird (in Prozent).

    Die vierte Hypothese, der nach mit steigender Erfahrung weniger Wissen aufge-nommen und mehr Wissen weitergegeben wird, wird ber vier Variablen abgebildet. In einem ersten allgemeinen Zugang wird das Lebensalter (in Jahren) zu Grunde ge-legt. Danach wird die Zugehrigkeit zum Betriebsrat (auch in Jahren) als Einflussvari-able genutzt. Zu diesen beiden metrischen Prdiktoren kommen noch eine dichotome und eine Dummy-Variable hinzu. Einmal die Frage, ob man von der regulren Ar-beitsttigkeit freigestellt wurde (egal in welchem zeitlichen Umfang) und als zweites, ob man Funktionstrger im Gremium ist. Die Befragten mussten folgende Frage zu ihrer Funktion beantworten: Was ist Ihre Rolle im Betriebsrat? (Mehrfachnennungen mglich) Vorsitzende/r, stellvertretend/e Vorsitzend/e, Schriftfhrer/in, Vorsitzen-de/r eines Betriebsratsausschusses, Mitglied eines Betriebsratsausschusses, einfaches Mitglied, Mitglied im Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, Mitglied im Aufsichtsrat. Da Mehrfachantworten mglich waren, wurden die Antworten zuerst pseudo-hierarchisch sortiert und nur die hchste Funktion weiter verwendet. Anschlieend wurden Dummy-Variablen konstruiert, die die verschiedenen Funktionen mit der Referenzkategorie des einfachen Mitglieds vergleichen.

    Zum Schluss wurde als Kontrollvariable noch das Geschlecht mit in die Regres-sionsmodelle einbezogen. Hierzu haben wir keine aus der Forschung zum Wissens-transfer begrndeten Annahmen, konnten aber in vorhergehenden Studien zum Wis-senstransfer Effekte feststellen. Wir werden im Ausblick zu den Ergebnissen mittels berlegungen aus der Genderforschung erste Vermutungen anstellen, welchen Ein-fluss das Geschlecht beim Wissenstransfer ausbt.

    6.4 Ergebnisse Fr die multivariate Hypothesentestung der oben theoretisch begrndeten Einfluss-faktoren sind mit den beiden abhngigen Variablen Wissen geben und Wissen be-kommen zwei OLS-Regressionen geschtzt worden. Beide weisen akzeptable bis gute R2-Werte auf, die Varianzaufklrung ist fr einen so groen Datensatz in der soziolo-gischen Forschung als recht gut einzustufen. Die Ergebnisse sind in Tab. 3 dokumen-tiert.

    derlich, den Erfolg der Gremien als Voraussetzung fr den Wissenstransfer zu postulie-ren. Wir vermuten, dass sich zwischen dem Erfolg der Betriebsratsarbeit und dem Wis-senstransfer eine gegenseitige Verstrkungsbeziehung herrscht. Wir beleuchten in dieser Studie jedoch nur einen Teil dieser Spirale.

  • Industrielle Beziehungen, 21(2): 133-159 DOI 10.1688/IndB-2014-02-Wilkesmann 151

    Tab. 3: OLS-Regression von Faktoren, die Macht ein- oder ausblenden sowie strukturelle Faktoren auf den Wissenstransfer

    Wissen geben (Beta-Koeff.)

    Wissen bekommen (Beta-Koeff.)

    Hypothese 1: individuelle Macht ausblenden Soziale Einbindung + Autonomie ,035 ,256** Gestaltende Motivation ,209** -,008 Reziprozitt: Wissen bekommen/Wissen geben ,222** ,242** Hypothese 2: kollektive Macht einblenden Organisationsgrad in der Belegschaft -,013 ,025 Durchsetzungsfhigkeit gegenber GL ,010 ,080** Betriebsklima -,004 ,049** Hypothese 3: Gre Gre des Gremiums -,048* ,072** Gewerkschaftlicher Organisationsgrad im BR -,031 ,045* Hypothese 4: Erfahrung in Organisationsrollen Alter ,168** -,113** Dauer der Gremienarbeit ,144** -,111** Freistellung (1=ja; 0=nein) ,106** -,030 Vorsitzende/r (1=ja; 0=nein) ,171** -,235** Schriftfhrer/in (1=ja; 0=nein) ,046* -,015 Ausschussvorsitzende/r (1=ja; 0=nein) ,035* -,041* Stellvertretende/r Vorsitzende/r (1=ja; 0=nein) ,114** -,083** Mitglied hherer Ebenen (z.B. Aufsichtsrat) (Referenz: Einfaches Mitglied)

    ,153** -,132**

    KV Geschlecht (1=Frauen; 0=Mnner) -,031 ,021 n 2717 2717 korr. R2 0,266 0,197 Hypothese 1 (Je weniger individuell strategisch agiert wird, desto mehr Wissenstransfer findet statt) kann mit den hier gefundenen Ergebnissen besttigt werden. Je eher Wissen als indi-viduelle Machtressource ausgeblendet wird, desto eher findet Wissenstransfer statt. Der Effekt trifft sowohl fr Wissen geben als auch fr Wissen nehmen zu, wenn dies allerdings auch fr die soziale Einbindung und Autonomie sowie fr die gestal-tende Motivation nur mit Einschrnkungen gilt.

    Es zeigt sich, dass die Unterscheidung zwischen Wissen geben und Wissen be-kommen durchaus berechtigt ist. Die soziale Einbindung und Autonomie, die sich zu groen Teilen aus der Einschtzung des Fhrungsverhaltens der Betriebsratsvorsit-zenden speist (und somit beim Wissen geben hufig eine Selbsteinschtzung ist), zeigt signifikante Effekte nur beim Wissen bekommen. Dies ist insofern interessant, da die Wissensempfnger wahrscheinlich hufiger einfache Mitglieder als Vorsitzende

  • 152 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    (die wahrscheinlich hufiger Wissen weitergeben) sind. Es ist somit vor allem die Fremdeinschtzung was die Fhrung im Betriebsrat betrifft die einen Effekt zeigt und weniger die Selbsteinschtzung derselben, welche naturgem mit mehr Vorbe-halten belastet wre. Somit ist der Einwand, ob die Selbsteinschtzung der Vorsitzen-den zutreffend ist, in diesem Falle wenig relevant. Fr diesen Fall und allgemein fr die Weitergabe von Wissen ist viel eher interessant, ob die Motivation der Betriebs-ratsarbeit eine gestaltende ist. Hier existieren starke signifikante Effekte, jedoch nicht fr Wissen bekommen.

    Interessant ist auch das Ergebnis der Reziprozitt. In diesem Fall existiert eine sehr starke positive Beeinflussung im Wissenstransfer. Wissen bekommen erhht das Wissen geben und umgekehrt. Dies zeigt sich hnlich in anderen Studien (Wilkes-mann et al. 2009b; Wilkesmann et al. 2009c). Wir vermuten, dass es gerade im Be-triebsrat oder allgemeiner in Interessenorganisationen von besonderer Bedeutung ist.

    Hypothese 2 (Je durchsetzungsfhiger der Betriebsrat ist, desto mehr Wissenstransfer findet intern statt) wird nur teilweise besttigt. Hier gilt der Zusammenhang ausschlielich fr Wissen bekommen. Damit wird nochmals deutlich, dass die Unterscheidung zwi-schen Wissen geben und Wissen bekommen wichtig ist. Interessant ist aber, dass der Organisationsgrad der Belegschaft keine Rolle fr den Wissenstransfer spielt. Ebenso wird die These besttigt, dass Wissen nicht einfach bernommen wird, weil gerade bei dieser Hypothese nur das Wissen bekommen von durchsetzungsfhigen Betriebsrten gefrdert wird. Nur wenn man sich einen Nutzen davon verspricht, wird gelernt. Dies entspricht im brigen genau dem Beispiel von Heckhausen (1989), welches ursprnglich auf Lernmotivation angewandt wurde.

    Die Gre des Gremiums hat auch Einfluss auf den Wissenstransfer, aber nur bei Wissen bekommen in der in Hypothese 3 vermuteten Richtung (Je mehr Mitglieder der Betriebsrat hat, desto mehr Wissenstransfer findet statt). Fr Wissen geben gilt genau die entgegengesetzte Richtung. Dieser Sachverhalt ist schon in der theoretischen Begrn-dung der Hypothese diskutiert worden: Wissen geben findet eher in Vertrauensbe-ziehungen statt, die in kleinen Gruppen wahrscheinlicher sind. Wissen bekommen ist in groen Gruppen wahrscheinlicher, da mehr Informationsquellen zur Verfgung stehen. Ebenso spielt der gewerkschaftliche Organisationsgrad innerhalb des Betriebs-rates eine Rolle. Wissen bekommen funktioniert eher wie oben angenommen innerhalb einer Fraktion, nicht ber Fraktionsgrenzen hinweg. Hypothese 3 ist also nur teilweise besttigt und msste fr zuknftige Untersuchungen noch genauer spezi-fiziert werden. Eine Erklrung fr diesen Sachverhalt wurde oben schon angedeutet: Grere Gremien sind in der Regel professioneller und routinierter, haben mehr frei-gestellte Mitglieder und mehr Ressourcen. Das bedeutet, dass es einfacher ist, Wissen zu bekommen, da der Zugang zum Wissensgeber einfacher ist. Andererseits hat man in greren Gremien wahrscheinlich seltener das Gefhl, Wissen weiterzugeben als in kleinen Betriebsrten, da mehr Wissensgeber vorhanden sind. Ebenso nimmt die Untersttzungsfunktion durch wissenschaftliche Referenten oder durch Gewerkschaf-ten mit der Gre zu, d.h. auch die externen Wissensquellen knnen mit der Gre des Betriebsrates einfacher genutzt werden. Dieser Sachverhalt ist nicht Gegenstand der hier vorgestellten Untersuchung.

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    Hypothese 4 (Je erfahrener die Betriebsratsmitglieder sind, desto mehr Wissen geben sie wei-ter) wird voll besttigt. Je lter und erfahrener die Betriebsratsmitglieder sind, desto mehr Wissen geben sie weiter und desto weniger Wissen bekommen sie. Auch Vorsit-zende sowie andere Funktionstrger geben deutlich mehr Wissen weiter als einfache Mitglieder. Ebenso haben sie das Gefhl deutlich weniger Wissen zu bekommen. Hier ist ein interessanter hierarchischer Effekt zu beobachten: Bei Vorsitzenden ist der Effekt am strksten, danach kommen Mitglieder hherer Ebenen, stellvertretende Vorsitzende. Schriftfhrer/innen, geben signifikant mehr Wissen weiter, haben aber nicht das Gefhl mehr Wissen zu bekommen als einfache Betriebsratsmitglieder. Gleiches gilt fr die freigestellten Betriebsratsmitglieder.

    Es existiert auch keine Multikollinearitt zwischen den einzelnen unabhngigen Variablen. So ist die Multikollinearitt bei Wissen geben fr Funktionstrger (VIF zwischen 1,478 und 1,109), Freistellung (VIF 1,344), Dauer der Gremienarbeit (VIF 1,367) und Alter (VIF 1,465) deutlich unterhalb der konventionell festgelegten Schwellenwerte (fr den VIF wre das 2) (Urban/Mayerl 2006: 232). Fr Wissen bekommen sind die Werte in sehr hnlichen Bereichen, d.h. ebenso deutlich unter-halb der Schwellenwerte.

    Die Kontrollvariable Geschlecht zeigt keine signifikanten Effekte.

    7. Diskussion und Ausblick Betriebsratsgremien funktionieren als Organisationen in Organisationen und zwar als Interessenorganisation in einer Arbeitsorganisation. Ihre Besonderheit ist die doppelte Wahlsituation, nmlich die externe, die die Mitgliedschaft festlegt und die interne, die den Entscheidungsprozess bestimmt. Dies begrndet den potentiellen Gebrauch des Wissens als Machtressource, was wiederum den Wissenstransfer behindern kann. Un-sere Ergebnisse sttzen diesen Befund: Die Faktoren, die die Funktion des Wissens als Machtressource abmildern, haben einen Einfluss auf den Wissenstransfer. Innerhalb des Betriebsrates helfen Bestrebungen, die individuellen Machtkalkle auszublenden oder abzuschwchen und durch Teamarbeit zu ersetzen, den Wissenstransfer im Gremium zu verbessern. Auch ist es von Vorteil fr den Wissenstransfer, wenn die kollektive Macht der Gruppe erhht werden kann.

    Die kollektive Macht einblenden, d.h. die uere Handlungsmacht erhhen, hat positive Auswirkungen auf die interne Kommunikationssituation, konkreter auf das Wissen bekommen. Aufgrund der besonderen Funktion und der doppelten Hand-lungslogik prgt die Umweltsituation innerhalb des eigenen Unternehmens stark den internen Wissenstransfer. In diesem Falle sind die Organisationsgrenzen sehr durch-lssig. Interessant ist, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Belegschaft keine Rolle spielt. Die Wahrnehmung der Durchsetzungsfhigkeit und das Betriebs-klima sind entscheidend. Es reicht also nicht, nur die strukturellen Voraussetzungen fr einen durchsetzungsfhigen Betriebsrat vorzufinden, erst wenn diese Strukturen auch dazu genutzt werden, (subjektiv) erfolgreiche Betriebsratsarbeit zu leisten, wirkt dies positiv auf die Annahme von Wissen: Es wird eher gelernt, wenn das Gefhl vorherrscht, dass diese Anstrengungen auch Wirkung zeigen.

    Ebenso mssen die individuell-strategische Machtkalkle innerhalb des Betriebs-rates ausgeblendet werden, damit der Wissenstransfer funktioniert. Dies gilt sowohl

  • 154 Uwe Wilkesmann, Alfredo Virgillito: Wissenstransfer von Betriebsratsmitgliedern

    fr Wissen geben als auch fr Wissen bekommen. Dieses Ausblenden der individu-ellen Macht findet sich auch in Arbeitsorganisationen. Besonders die soziale Einbin-dung und Autonomie sowie die Motivation und Reziprozitt beeinflussen auch in anderen Studien den Wissenstransfer positiv (Wilkesmann/Rascher 2005; vgl. auch Wilkesmann 2012).

    Letztendlich reflektiert sich der Machtfaktor auch in der Bedeutung der eigenen Fraktion. Innerhalb der eigenen Gewerkschaftsliste bekomme ich Informationen von den Anderen. Hier gilt: Je grer die Fraktion ist, desto mehr Wissen bekomme ich. Die grere Anzahl der potentiellen Wissensgeber erhht die Wahrscheinlichkeit der Wissensweitergabe wenn die individuelle Macht und Konkurrenzsituation ausge-schaltet ist. Zu beachten bleibt natrlich, dass sich groe Betriebsrte diversifizieren, indem sie Ausschsse etc. bilden und somit ihre Gruppengre, die fr den Wissens-transfer relevant ist, wieder reduzieren.

    Bei der Rede von Wissen geben und Wissen bekommen muss immer beachtet werden, dass es sich um die individuelle Wahrnehmung handelt, also ob die weiterge-gebene Information als relevant und damit wissensfhig aufgefasst wird. Es handelt sich gerade nicht um eine objektiv messbare Wissensweitergabe.

    Die Grenzstelle fr die relevante Kommunikation mit der Umwelt ist die Spitze der Organisation. Hier wird die Kommunikation gebndelt, indem der Vorstand der Interessenorganisation mit dem Vorstand der Arbeitsorganisation spricht. Ersterer sammelt die Information aus der Umwelt ein und gibt sie innerhalb des Betriebsrates an die anderen Mitglieder weiter. Es zeigt sich eindeutig, dass die Erfahrung und das Wissen mit zunehmendem Alter und in den besonderen Funktionen der Betriebsrats-gremien gesammelt werden und wichtige Ressourcen fr die jeweiligen Gremien dar-stellen. Die grundlegende Annahme, dass ein Wissenstransfer von lteren oder erfah-reneren Mitgliedern zu jngeren oder unerfahreneren Betriebsratsmitgliedern stattfin-den sollte, wird besttigt. Erfahrenen Vorsitzenden kommt also eine besondere Ver-antwortung beim Wissenstransfer zu. Sie mssen selbst sicherstellen, dass ihr Wissen, auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Betriebsrat, in dem Gremium bleibt.

    Interessant ist der Effekt der Schriftfhrer/innen. Sie sind die einzigen Funkti-onstrger die keinen signifikanten negativen Effekt beim Wissen bekommen haben und neben den Ausschussvorsitzenden sind sie auch diejenigen, die den geringsten Effekt beim Wissen geben aufweisen. Hier knnte sich ein Geschlechtereffekt ver-bergen. Wird nmlich die Differenzierung der verschiedene Funktionshierarchien aus der Regression weggelassen und durch eine einfache dichotome Variable alle Vorsitz-funktionen versus einfaches Mitglied ersetzt, dann wird der Geschlechtseffekt signi-fikant. Hufig sind diese Positionen auch mit Frauen besetzt (dort ca. 50% Frauen, whrend es bei Vorsitzenden z.B. eher 20% sind). So zeigt sich damit letztendlich auch in dieser Studie der Effekt, dass Mnner angeben, mehr Wissen weiterzugeben als Frauen und umgekehrt, dass Frauen eher angeben, dass sie Wissen bekommen. Aus der Literatur (z.B. Degenhardt 1979; Eagly 1987; Stapf 1993; Ridgeway 2001; Blaschke 2008; Nickel 2009) ist hinlnglich bekannt, dass Mnner dazu neigen, sich zu berschtzen und Frauen sich unterschtzen (und unterschtzt werden). Inwiefern dazu noch der Effekt von Mnnerbnden (z.B. Wilz 2002) hinzukommt, diese ber-

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    lagert oder aber sich eher im Verteilen verschiedener Posten in den Gremien aus-drckt, mssen weitere Studien klren.

    Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass auch fr Betriebsrte Wissens-transfer aufgrund des demografischen Wandels ein wichtiges Thema ist. Hier kommt dem Vorsitzenden bzw. den Funktionstrgern eine besondere Rolle zu, indem sie zum einen fr Tools sorgen mssen, die den persnlichen Wissenstransfer untersttzen. Gerade durch den demografischen Wandel wird das Thema in Zukunft immer wichti-ger werden. Zum anderen mssen sie fr ein Arbeitsklima im Gremium sorgen, dass den Wissenstransfer erleichtert, indem persnliche Machtberlegungen durch ein Primat des Teamerfolges abgelst werden. Welche Tools dabei hilfreich sind, dazu bedarf es noch weiterer Forschung. Ebenso muss fr zuknftige Forschung der Be-triebsrat als eigenstndige Organisationsform strker in den Blick genommen werden.

    Eine Beschrnkung der vorliegenden Befragung ist die Eingrenzung auf Mitglie-der der IG Metall. Zuknftige Befragungen mssen diese Grenze in zwei Richtungen berwinden: Zum einen mssen die Mitglieder anderer Gewerkschaften einbezogen werden und zum anderen mssen nicht gewerkschaftlich organisierte Betriebsrte befragt werden. Hier wre interessant, ob und wie sich die Situation in Bezug auf den Wissenstransfer bei den Nicht-Organisierten anders darstellt.

    Schlielich sollte noch erwhnt werden, dass wir keine Wertigkeit des Wissens vornehmen knnen. Inwiefern sich hinter einem erfolgreichen Wissenstransfer der Erhalt von schlechter Praxis verbirgt, knnen wir nicht sagen. Die Erforschung sol-cher Qualitten ist auch extrem schwierig und lsst sich abseits von eher trivialem Faktenwissen nur schwerlich berprfen. An dieser Stelle ist weitere Forschung notwendig.

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    Anhang:

    Tab. 4: Korrelationen der unabhngigen Faktoren

    MW X Sozia

    le Ei

    nbind

    ung +

    Auto

    nomi

    e

    Gesta

    ltend

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    Durch

    setzu

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    vertr

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    Soziale Einbindung + Autonomie 3,92 0,96 1

    Gestaltende Motivation 4,01 0,78 ,075** 1

    Reziprozitt: Wissen bekommen/ Wissen geben

    3,59 0,99 ,193** ,294** 1

    Organisationsgrad in der Belegschaft 46,07 24,73 ,076** ,063** 0,003 1

    Durchsetzungsfhigkeit gegenber GL 3,41 0,93 ,376** ,165** ,148** ,273** 1

    Betriebsklima 3,00 0,91 ,175** 0,026 ,059** 0,023 ,237** 1

    Gre des Gremiums 11,39 7,73 -,109** ,119** -0,013 ,069** ,157** ,036* 1

    Gewerkschaftlicher Organisationsgrad im BR

    86,34 22,03 ,080** ,067** 0,003 ,548** ,211** -0,003 ,076** 1

    Alter 49,62 9,22 ,100** ,085** ,275** -0,019 ,075** 0,002 0,011 -0,019 1

    Dauer der Gremienarbeit 8,73 8,53 ,100** ,128** ,282** ,066** ,141** ,077** 0,033 ,065** ,451** 1

    Freistellung (1=ja; 0=nein) 0,45 0,50 ,112** ,209** ,249** ,036* ,173** 0,035 ,290** ,045* ,151** ,247** 1

    Vorsitzende/r (1=ja; 0=nein) 0,17 0,37 ,263** 0,018 ,148** -,075** 0,004 0,027 -,238** -,085** ,117** ,109** ,131** 1

    Schriftfhrer/in (1=ja; 0=nein) 0,07 0,25 -,089** -,092** -,083** 0,018 -,046* -,071** -,056** 0,013 -,124** -,124** -,125** -,119** 1

    Ausschussvorsitzende/r (1=ja; 0=nein) 0,04 0,20 -,066** 0,034 0,002 -0,025 -0,001 -0,007 ,118** 0,01 0,024 0,005 ,045* -,092** -,055** 1

    Stellvertrende/r Vorsitzende/r (1=ja; 0=nein)

    0,10 0,30 -,048** 0 ,066** -0,017 -0,03 0,011 -,082** -0,003 -0,005 0,009 0,013 -,150** -,090** -,069** 1

    Mitglied hherer Ebenen (z.B. Aufsichtsrat)

    0,13 0,34 ,086** ,074** ,144** -,039* ,078** 0,022 -,063** -0,004 ,068** ,115** ,142** -,176** -,105** -,081** -,132** 1

    Geschlecht (1=Frauen; 0=Mnner) 0,22 0,42 -,082** 0,003 -,103** -,098** -,068** -,048** -0,005 -0,024 -,144** -,092** -,085** -,072** ,131** -0,014 -0,007 -0,02 1

    * p< 0,05; ** p /JPEG2000ColorACSImageDict > /JPEG2000ColorImageDict > /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 300 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 300 /GrayImageDepth -1 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /DCTEncode /AutoFilterGrayImages true /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict > /GrayImageDict > /JPEG2000GrayACSImageDict > /JPEG2000GrayImageDict > /AntiAliasMo