Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Vortrag im Rahmen des kinder- und
jugendpsychiatrischen Festkongresses zum
100jährigen Bestehen der psychiatrischen Klinik in
Brandenburg an der Havel03./04.12.2014
Hans Willner
05.12.2014 Seite 2
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter aktuelle Entwicklungen
ÜbersichtEinleitung1. Schizophrenie im DSM-52. Früherkennung und Frühintervention3. Aktuelles zu Diagnostik und TherapieLiteraturhinweise
05.12.2014 Seite 3
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter aktuelle Entwicklungen
• Einleitung• einige kurze persönliche Eindrücke aus der
Behandlung von an Schizophrenie erkrankten (Kindern und) Jugendlichen
• …und ihren Familienangehörigen
05.12.2014 Seite 4
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter aktuelle Entwicklungen
1. Schizophrenie im DSM-5
1.1 Aufgabe der bisherigen Subtypen1.2 zwingende Forderung eines Symptoms der Positivsymptomatik für die Diagnose1.3 die Aufgabe der besonderen Rolle der„Schneiderschen“ Erstrangsymptome1.4 zu „weiteren psychotischen Störungen“
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
1.1 Die Aufgabe der SubtypenAG Psychotische Störungen der APA:- (bisherige) Subtypen „paranoid“, „desorganisiert“,kataton“, undifferenziert“ und „residual“ diagnostisch zuwenig stabil, valide und reliabel sowie klinisch wenig nützlich- stattdessen: dimensionales Raster vonwesentlichen Symptomen mit jeweils fünfSchweregraden (in Entwicklung, aktuell fakultativ)
05.12.2014 Seite 5
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Symptomliste1. Wahn2. Halluzinationen3. desorganisierte Sprache4. desorganisiertes oder katatones Verhalten5. Negativsymptome6. kognitive Beeinträchtigungen7. Depression8. Manie
05.12.2014 Seite 6
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Empfehlung, diagnostisch und therapeutisch „entlang eines psychopathologischen Gradienten“ zu arbeiten- die schizotype (Persönlichkeits-) Störung- die kurze psychotische Störung (ein Tag bis ein Monat)- die schizophreniforme Störung- die schizophrene Störungdamit implizit Warnung vor der vorschnellen Diagnose einer Schizophrenie
05.12.2014 Seite 7
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
1.2 Die obligatorische Positivsymptomatik- Beibehaltung der Struktur der Schlüsselsymptome bei Änderung von deren Gewichtung- Obligatorisch: eines der drei Positivkriterien
- Wahn- Halluzinationen - desorganisierte inkohärente oder „entgleiste“ Sprache/Sprechweise
Fakultativ psychomotorische Abnormalitäten/Katatonie oder/und Negativsymptome
05.12.2014 Seite 8
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Aufgabe des katatonen Subtypus (und der undifferenzierten Schizophrenie)katatone Störungsbilder entweder- als „nicht näher bezeichnete Katatonie“ in der neu eingeführten Katatoniesektion des Psychosekapitelsoder- im Zusammenhang mit einer anderen psychischen Störungen, z. B. der Schizophrenie
05.12.2014 Seite 9
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
1.3 Aufgabe der Schneiderschen Erstrangsymptomewissenschaftliche Zäsur: bisher nur z. B. Gedankenlautwerden, kommentierende Stimmen, bizarrer Wahn als sog. A-Kriteriennun andere Wahninhalte und Halluzinationen gleichwertig danebenBegründung: keine Evidenz für die bisherige Hervorhebung; auch keine zuverlässige Abgrenzung bizarrer und nicht-bizarrer Wahninhalte
05.12.2014 Seite 10
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
1.4 weitere psychotische Störungen- im Kapitel „Schizophreniespektrum und andere psychotische Störungen“ bis auf die affektiven Störungen mit psychotischen Merkmalen alle psychotischen Störungen zusammengefasst, auch organische und substanzinduzierte- mehrere Änderungen in Details, z. B. „nicht näher bezeichnete Katatonie“, um leichtere klinische Bilder zu klassifizieren (hier einzige Erwähnung von v. a. bei Kindern und Jugendlichen auftretenden Störungen); „attenuiertes Psychosesyndrom“; u. a.
05.12.2014 Seite 11
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2. Früherkennung und Frühintervention
2.1 Plädoyer für Früherkennungs- und -behandlungsmaßnahmen2.2 Bisherige Früherkennungskonzepte2.3 Risikofaktoren2.4 Frühintervention
05.12.2014 Seite 12
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.1 Plädoyer für Früherkennungs- und –behandlungsmaßnahmen
- seit Mitte der 90er Jahre oft lange Prodromalphase bei psychotischen und insbesondere schizophrenen Erkrankungen wissenschaftlich zunehmend anerkannt- Entwicklung grundlegender Konzepte bei jungen Erwachsenen; Übertragung auf Kinder und Jugendliche nicht ohne weiteres möglich- starkes Plädoyer engagierter KJPP-Vertreter für die Etablierung von Angeboten auch für Kinder und Jugendliche
05.12.2014 Seite 13
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Empfehlungen- Leiden von Kindern und Jugendlichen mit Risikosymptomen – kompetente Abklärung- differenzierte Diagnostik mit (ggfs.) Diskussion eines möglichen Psychoserisikos- Nebeneffekt: Früherkennung und –behandlung bisher nicht entdeckter bereits manifester Psychosen- Nebeneffekt: Erkennung und Behandlung weiterer (überwiegender) komorbider Störungen- Therapie möglicherweise günstig auch im Hinblick auf die möglichen Psychoseprodromi
05.12.2014 Seite 14
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
- Vermeidung von Termini wie „psychosenah“ oder „präpsychotisch“ – (unnötigen) Ängsten vorbeugen- ggfs. Ermutigung zur Differentialindikation von Antipsychotika oder Antidepressiva- ggfs. durch kontinuierliche Nachbetreuung möglicherweise präventive Wirkung- Qualitätsverbesserung von Diagnostik und Therapie durch Erkenntnisse der Früherkennung und -behandlung- Kooperation von KJPP und PP, Kliniken und Niedergelassenen in Früherkennungszentren
05.12.2014 Seite 15
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.2 Bisherige Früherkennungskonzepte(keine Validierung bei Kindern und Jugendlichen)Unterschiede des Frühverlaufs zwischen Kindern und Jugendlichen und Erwachsenen:- Dauer der unbehandelten Psychose deutlich länger, vermutlich wegen weniger ausgeprägter Positiv-Symptome, mangelnder Beachtung der Symptome oder deren Missdeutung- keine Abhängigkeit von der Art der Psychose, dem prämorbiden Funktionsniveau, der familiären Unterstützung und der psychiatrischen Vorgeschichte
05.12.2014 Seite 16
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.2.2 Das Ultra-High-Risk-KonzeptA mind. ein attenuiertes psychotisches Symptom (APS)im letzten Monat mehrfach mind. eine Woche, erstmalig o. Zunahme der Symptomatik im letzten Jahr :- Beziehungsideen- eigentüml. Vorstellungen o. magisches Denken- Größenideen- paranoide Ideen o. erhöhtes Misstrauen- ungewöhnliche Wahrnehmungserlebnisse, eigenartige Denk- und Sprechweise
05.12.2014 Seite 17
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
B Vorliegen von mind. einem kurzen intermittierenden psychotischen Symptom (BLIPS) in den letzten drei Monaten, mind. einige Minuten am Tag, mind. An einem Tag im Monat u. weniger als eine Stunde an nicht mehr als vier Tagen pro Woche in einem Monat:- Wahn- Halluzinationen- formale Denkstörungen
05.12.2014 Seite 18
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
C ein Risikofaktor genetischer Art- Verwandter ersten Grades mit diagnostizierter nichtorganischer Psychose oder schizotyper Persönlichkeitsstörung- anhaltende Reduktion des psychosozialen Funktionsniveaus (gemessen mittels Global Assessment Functioning Scale GAF) um mind. 30 % im letzten Jahr
05.12.2014 Seite 19
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.2.3 „Kognitiv-perzeptive Basissymptome“ (COPER)mind. eins von zehn Basissymptomen mit mehrfachem Auftreten über einen Zeitraum von mind. einer Woche und erstmaligem Auftreten vor mind. einem Jahr:- Gedankenindifferenz- Zwangähnliches Perseverieren von Bewußtseins-inhalten- Gedankendrängen, -jagen- Gedankenblockierung- Störung der rezeptiven Sprache
05.12.2014 Seite 20
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
- Störung der Diskrimination von Vorstellungen und Wahrnehmungen, Fantasie und Erinnerungs-vorstellungen- Eigenbeziehungstendenzen („Subjektzentrismus“)- Derealisation- Optische Wahrnehmungsstörungen- Akustische Wahrnehmungsstörungen
05.12.2014 Seite 21
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.2.3 „Kognitive Störungen“ (COGDIS)mind. zwei von neun Basissymptomen mit mehrfachem Auftreten über einen Zeitraum von mind. einer Woche:- Gedankeninterferenz- Zwangähnliches Perseverieren von Bewußtseins-inhalten- Gedankendrängen, -jagen- Gedankenblockierung- Störung der rezeptiven Sprache
05.12.2014 Seite 22
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
- Störung der expressiven Sprache- Störung der Symbolerfassung- Eigenbeziehungstendenz- Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit zu spalten- Fesselung durch Wahrnehmungsdetails
05.12.2014 Seite 23
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
COGDIS Sensitivität 67% - 83% SpezifitätCOPER 87% - 54%Ziersmann et al. 2011: Kombination von attenuierten psychotischen Symptomen und Basis-Symptom-Kriterien besonders geeignet für die kurzfristige Vorhersage eines möglichen Übergangs in eine Psychose bei JugendlichenInsgesamt: Eignung als Prädiktoren einer späteren psychotischen Erstmanifestation bei Kindern und Jugendlichen noch nicht erbracht.
05.12.2014 Seite 24
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.2.4 Schizophrenia Proneness Instrument Child & Youth Version (SPI-CY) Schulze-Lutter et al. 2011- einziges Vorhersageinstrument mit Berücksichtigung von entwicklungsspezifischen Aspekten von Kindern und Jugendlichen- dazu gehört eine Dimension Neurotizismus (daneben Adynamie, Wahrnehmungsveränderungen, Denk- und Handlungsstörungen) mit acht Items
05.12.2014 Seite 25
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
acht Items Neurotizismusreduziertes Kontaktbedürfnis, erhöhte Beeindruckbarkeit gegenüber fremdem Leid, Reizbarkeit, phobische und zwangsartige Phänomene, Depersonalisation, Schmerzsensationen, Dysästhesien
Hinweise, dass die höchsten Übergangsraten auftreten, wenn attenuierte Symptome bzw. Basisymptome und subjektive kognitive Störungen auftreten
05.12.2014 Seite 26
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.3 Risikofaktoren (vgl. Häfner et al. 2012)Frühe dispositionelle Risikofaktoren 1) und spätere exogene Auslösefaktoren 2) können neben Prodromalzeichen Hinweise auf mögliche entstehende Psychosen/Schizophrenien geben.Zu 1) zählen vor allem genetisch bedingte Vulnerabilität; in geringem und unspezifischem Umfang prä- und perinatale Komplikationen, Enzephalitiden in der Kindheit, Neurotizismus als Persönlichkeitsfaktor, Entwicklungsverzögerungen
05.12.2014 Seite 27
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Zu 2) zählen v. a. der Konsum von Drogen wie Cannabis, Kokain, Amphetamine, Halluzinogene (wahrscheinlich auch synthetische Drogen)
Die Beachtung möglicher kumulativer Risiken erscheint wichtig..
05.12.2014 Seite 28
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
2.4 Frühintervention- ethische Fragen: Frühintervention aufgrund von Risikokriterien?- individuelle Behandlungsangebot zunächst im Hinblick auf die meistens dominierenden Symptome wie Depressivität, Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall- Verhinderung möglicher psychotischer Entwicklungen? Wodurch?- noch wenige gesicherte Daten insbesondere bei Kindern und Jugendlichen
05.12.2014 Seite 29
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Stafford et al. 2013: Elf Studien (kontrolliert, prospektiv) zu Frühinterventionen (teils Jugendliche einbezogen, mittl. Teilnehmeralter 21 Jahre, N<1000)- Vier Studien: KVT versus supportive Beratung- Zwei Studien: KVT plus Risperidon versus supportive Beratung- weitere u. a. : Risperidon plus KVT versus Placebo, Olanzapin plus KVT versus Placebo, Omega3-Fettsäuren versus Placebo, individuelle Interventionen ohne versus plus Amisulprid
05.12.2014 Seite 30
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Ergebnisse:- eingeschränkte Vergleichbarkeit bei sehr unterschiedlicher Studienqualität- mittelgradige Evidenz für präventive KVT- niedrige Evidenz für Omega3-Fettsäuren- sehr niedrige Evidenz für „integrierte PT“- keine Evidenz für frühe psychopharmakologische Interventionen (bei signifikanten UAW)(- ev. Evidenz für psychosoziales Therapieprogramm)
05.12.2014 Seite 31
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Hinweis auf Bechdolf et al. 2012 (Dt. Forschungsnetzwerk Schizophrenie):- überwiegend junge Erwachsene- KVT-Interventionen, Fertigkeitentraining in der Gruppe, Psychoedukation in Multifamiliengruppen- Vergleich zu supportiver Beratung- im 12- bzw. 24-Monats-Follow-Up 3.2% versus 16.9% bzw. 6.3% versus 20% Übergänge in ein Psychosestadium
05.12.2014 Seite 32
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
3. Aktuelles zu Diagnostik und Therapie3.1 Aktuelle Empfehlungen der American Academy of Child and Adolescent Psychiatry (AACAP 2013)- Zehn Empfehlungen- drei abgestufte Evidenzkriterien:
- Clinical Standard (CS)- Clinical Guideline (CG)- Clinical Option (OP)
05.12.2014 Seite 33
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
1. Grundsätzlich sollen bei kinder- und jugendpsychiatrischen Vorstellungen/Untersuchungen Fragen zum Ausschluss bzw. Erkennen einer möglichen Psychose oder Schizophrenie beinhaltet sein. (CS)
2. Die Diagnose einer Schizophrenie sollte nach denselben Kriterien wie bei Erwachsenen erfolgen. (CS)
3. Bei Verdacht auf eine schizophrene Störung sollte immer nach möglichen weiteren assoziierten Umständen und Problemen geforscht werden (u. a. Suizidalität, komorbideStörungen, Substanzmissbrauch psychosoziale Stressoren, somatische Erkrankungen/medizinische Probleme) (CS)
05.12.2014 Seite 34
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
1. Grundsätzlich sollen bei kinder- und jugendpsychiatrischen Vorstellungen/Untersuchungen Fragen zum Ausschluss bzw. Erkennen einer möglichen Psychose oder Schizophrenie beinhaltet sein. (CS)2. Die Diagnose einer Schizophrenie sollte nach denselben Kriterien wie bei Erwachsenen erfolgen. (CS)3. Bei Verdacht auf eine schizophrene Störung sollte immer nach möglichen weiteren assoziierten Umständen und Problemen geforscht werden (u. a. Suizidalität, komorbide Störungen, Substanzmissbrauch psychosoziale Stressoren, somatische Erkrankungen/medizinische Probleme) (CS)
05.12.2014 Seite 35
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
4. Die erstrangige Behandlungsoption bei schizophrenen Störungen auch von Kindern und Jugendlichen stellen Antipsychotika dar. (CS)5. Bei den meisten betroffenen Kindern und Jugendlichen sollte die Behandlung mit Antipsychotika langfristig erfolgen, um das psychosoziale Funktionsniveau zu verbessern und Rückfällen vorzubeugen (CS).
05.12.2014 Seite 36
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
6. Einige betroffenen Kinder und Jugendliche können von einer Zusatzmedikation profitieren, um mögliche UAW der Antipsychotika zu verringern oder Begleitsymptome zu vermindern (Agitation/Impulsivität, Affektlabilität, Depression). (CG)Aufgelistet werden: Anticholinergica (EPS), Betablocker (Akathisie), Stimmungsstabilisierende Medikamente (Stimmungslabilität, Aggressivität), Antidepressiva (Depression, Negativsymptomatik), Benzodiazepine (Angst, Schlafstörungen, Akathisie; primär auch bei Katatonie); auf das Fehlen systematischer Studien wird hingewiesen.
05.12.2014 Seite 37
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
7. Bei therapierefraktären schizophrenen Störungen sollte ein Behandlungsversuch mit Clozapin erwogen werden (CS; Hinweis auf Überlegenheit der antipsychotischen Wirkung auch im Langzeitverlauf bei Kindern und Jugendlichen; wg. erheblicher potentieller UAW weiter erst nach Einsatz von zwei oder mehr First-Line-Medikamenten empfohlen).8. Eine Baselineerhebung und ein Verlaufsmonitoring von Symptomen, UAW und Laborwerten sollte erfolgen (CS).
05.12.2014 Seite 38
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
9. In Kombination mit der Medikation sollten psychotherapeutische Interventionen erfolgen. (CG)Nachgewiesen seien bei Erwachsenen Effekte von kognitiv-behavioralen Therapien, sozialen Fertigkeitentrainings, unterstützenden Interventionen in der Familie; bei Kindern und Jugendlichen sei die Datenlage sehr spärlich; es gebe Hinweise auf positive Effekte von Psychoedukation bei den Eltern und Problemlösetrainings, bei stationären Patienten von Milieutherapie und reintegrativer Netzwerkarbeit.
05.12.2014 Seite 39
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
10. Bei schwer beeinträchtigten Jugendlichen, die nicht ausreichend auf die Behandlung ansprechen oder die Medikation nicht vertragen, kann eine Elektrokrampftherapie erwogen werden. (OP)
05.12.2014 Seite 40
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Zusammenfassung der Therapieempfehlungen
Die Kombination der antipsychotischen Medikation mit psychoedukativen, psychotherapeutischen und pädagogischen Maßnahmen wird – bei Hinweis auf Forschungsbedarf zur Entwicklung wirksamer und sicherer Therapien - empfohlen.
05.12.2014 Seite 41
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Ziele der Psychotherapie:- Linderung der Krankheitsbeschwerden- Verbesserung der BehandlungsadhärenzMethoden:- Psychoedukation (Krankheitsverständnis, Behandlungs-
möglichkeiten)- Soziales Fertigkeitentraining- Anleitung zur Rückfallvermeidung- Training grundlegender Fertigkeiten- Problemlösetraining
05.12.2014 Seite 42
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Psychoedukation für die Familie:- Verbesserung des Krankheitsverständnisses- Information über Behandlungsmöglichkeiten und –prognose- Hilfe, Strategien zum besseren Umgang mit der
Symptomatik des PatientenIndividuelle Unterstützung:- Ggfs. Verbesserung kognitiver und funktionaler Defizite
05.12.2014 Seite 43
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Medikamentöse Behandlung:- Empfehlung von Antipsychotika der „2. Generation“ als
erste Wahl- Jedoch: sehr kritische Bewertung der vorliegenden Studien
und deren Ergebnisse:Keine der Substanzen zeige eine befriedigende Wirkung und die auftretenden UAW seien erheblich.
05.12.2014 Seite 44
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Fazit AACAP:- Sicherheit und Effektivität für Kinder und Jugendliche
begrenzt, v. a. im Langzeitverlauf- Medikamentenauswahl soll sich an Zulassungsstatus,
Nebenwirkungs-profil, Präferenzen von Patient und Familie und Erfahrung des Arztes orientieren
- Nach sechswöchiger Behandlung unter angemessener Dosierung Bewertung der Wirkung und ggfs. Medikamentenwechsel
- Olanzapin: Spezifisch hohes Gewichtszunahmerisiko- Ziprasidon: Jugendlichenstudie 2009: keine Effekte
05.12.2014 Seite 45
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
3.2 neueste Metaanalysen:Sarkar u. Grover 2013:- 15 randomisierte kontrollierte Studien- AP der ersten und der zweiten Generation wirksamer als
Placebo- AP der ersten Generation unterlegen bzgl. UAW (bis auf
metabolische UAW)- Clozapin allen überlegen- Geringe Studienzahl und -dauer, überwiegend aus den
westlichen Industrieländern
05.12.2014 Seite 46
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
3.2 neueste Metaanalysen:Kumar et al. 2013:- 13 randomisierte kontrollierte Studien- vergleichbare Aussagen wie Sarkar und Grover, zusätzlich:
- kaum Überlegenheitsevidenz (außer Clozapin) eines AP, jedoch unterschiedliche UAW-Profile
- Olanzapin, Risperidon und Clozapin riskant bzgl. Gewicht- Aripiprazol: keine Prolactin- oder Blutfetterhöhungen,
niedrigere Dosierungen als bei Erwachsenen
05.12.2014 Seite 47
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Fazit:Die Studienlage ist bei Kindern und Jugendlichen mäßig.Die Zulassungssituation von Medikamenten für unter 18jährige ist nach wie vor unzureichend.Es bleibt eine außerordentlich hohe persönliche Verantwortung für die behandelnden und verordnenden Ärzte.Nichtmedikamentöse Interventionen sind möglicherweise vor allem im Prodromalstadium (und in der Nachsorge) effektiv.Die Kooperation und der fachliche Austausch sind auf verschiedenen Ebenen zu intensivieren.
05.12.2014 Seite 48
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Literatur (Auswahl)APA, DSM 5, Washington DC, APA 2013Bechdolf A et al., Preventing progression to first-episode psychosis, Br J Psychiatry 200 (1) (2012): 22-29Häfner H et al., Psychosen – Früherkennung und Frühintervention, Schattauer, Stuttgart 2012Kumar A et al., Atypical antipsychotics for psychosis in adolescents, Cochrane Database Syst Rev 10 (2013): CD009582Ruhrmann S et al., Prediction of psychosis in adolescents and young adults, Arch Gen Psychiatry 67 (2010): 241-251
05.12.2014 Seite 49
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalteraktuelle Entwicklungen
Sarkar S, Grover S, Antipsychotics in children and adolescents wih schizophrenia, Indian J Pharmacol 45 (5) (2013): 439-446Schimmelmann B, resch F (Hrsg.), Psychosen in der Adoleszenz, Kohlhammer, Stuttgart 2014.
05.12.2014 Seite 50