10. Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung18.-19. Juli 2014
„Ein Haus, ein Auto, Freunde und Familie, ein Handy.“ – Lebensqualitätsvorstellungen von Jugendlichen im Kontext einer
Bildung für nachhaltige Entwicklung. Auf dem Weg zu einer empirisch begründeten Typologie.
Die Zukunft wird maßgeblich davon geprägt werden, wie Jugendliche Lebensqualität (LQ) defi-nieren, wahrnehmen und gestalten. Aus dem Nachhaltigkeitsdiskurs ergibt sich die Konse-quenz, dass LQ-Vorstellungen unter den Gesichtspunkten der Gerechtigkeit und der ökolo-gischen Verträglichkeit bewertet werden sollten. An dieser Schnittstelle widmet sich die Studie der Untersuchung der subjektiven LQ-Vorstellungen Jugendlicher und deren Vereinbarkeit mit Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung. Erkenntnisse leisten einen Beitrag zur Diskussion von Anforderungen und Zielsetzungen der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung bzw. geplanter Folgeaktivitäten.
Forschungskontext
ForschungsfragenWelche Vorstellungen zu LQ haben Jugendliche und inwiefern lassen sich diese vor dem Hinter-grund des Leitbilds der Nachhaltigkeit charakterisieren? Welche verschiedenen Typen von LQ-Konzepten lassen sich daraus ableiten?
Methodik
Abb.1: Darstellung des Konzepts der LQ im Kontext nachhaltiger Entwicklung
Abb.2: Methodisches Vorgehen
(Zwischen-)Ergebnisse
Literatur
NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
LEBENSQUALITÄTObjektive
LebensbedingungenSubjektives
WohlbefindenLebensziel
Gewohnheiten, Wünsche und Erwartungen
Bedürfnisse
Werte und kulturelle Normen
intergenerational gerecht
intragenerational gerecht
gleichwertige Sicherung wirtschaftlicher, soziokultureller und ökologischer Lebensgrundlagen
Natur-raum
Sozio -kultur
☺ ��Ökonomie
Der hohe Anteil an materiell/finanziell orientierten LQ-Typen definiert inhaltliche und methodische Anforderungen an eine Bildung für nachhaltige Entwicklung, die v.a. auf der Ebene der persönlichen LQ - ansetzend an den individuellen Wahrnehmungen, Bewertungen und Prioritäten - in einem moderat konstruktivistischen Ansatz wirksam werden muss. Vertiefende Fallanalysen im Pre-Posttestdesign werden Aufschluss da-rüber geben, inwiefern die verschiedenen Typen im Rahmen eines innovativen Lern-settings zur Reflexion und Veränderung ihrer Konzepte angeregt werden.
Dank
Kelle, U. & Kluge, S. (2010). Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung (2., überarbeitete Aufl.). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. Kluge, S. (1999). Empirisch begründete Typenbildung. Zur Konstruktion von Typen und Typologien in der qualitativen Sozialforschung. Opladen: Leske + Budrich.Kuckartz, U. & Rheingans-Heintze, A. (2006). Trends im Umweltbewusstsein. Umweltgerechtigkeit, Lebensqualität und persönliches Engagement. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.Kuckartz, U. (2012). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim: Beltz.Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (10. Aufl.). Weinheim: Beltz-UTB.Noll, H.-H. (1999). Konzepte der Wohlfahrtsentwicklung. Lebensqualität und 'neue' Wohlfahrtskonzepte. Querschnittsgruppe Arbeit & Ökologie. Berlin: WZ Berlin für Sozialforschung. UNESCO (2005). United Nations Decade of Education for Sustainable Development (2005-2014): International Implementation Scheme. Paris.
an die Fördergeberin des Projekts „LQ4U“, die Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Bildungsförderung, Universität und Forschung.an die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Vizerektorat für Forschung für das Doktoratsstipendium NEU aus der Nachwuchsförderung.
Diskussion & Ausblick
Abb.3: Ergebnisse in Zwischenschritten – vom Merkmalsraum zur Typologie
Inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse mittels MaxQDA, deskriptive Statistik:
Datenerhebung in 5 Schulen in Nord- und Südtirol, N=207, Alter 14-18 Jahre
Freewriting:freie Äußerung von Gedanken
zum Thema LQ
Halbstandardisierter Fragebogen: Differenzierung nach versch.
Bezugshorizonten (persönliche/allgemeine LQ, Gegenwart/Zukunft)
Triangulation qualitativer und quantitativer Daten (Mixed Methods) � fallbezogene summarische Charakterisierung (N=195)
Fallbezogene Bewertungen/Codierungen:
Auswahl relevanter Vergleichsdimensionen, Bestimmung des Merkmalsraums
Anhand welcher Merkmale lassen sich die LQ-Vorstellungen der SchülerInnen aus der Perspektive der Nachhaltigkeit beschreiben/unterscheiden?
� Bildung von nominal- bzw. ordinalskalierten Haupt- und Subkategorien
Gruppierung der Fälle und Analyse empirischer Regelmäßigkeiten:
Kreuztabellierungen � Reduktion des Merkmalsraums, Analyse von Sinnzusammenhängen sowie Zusammenhängen von Typen
und sekundären Informationen
Charakterisierung der gebildeten Typen:
fallübergreifende Auswertungen zur Charakterisierung des Gesamtsamples: Was bestimmt die LQ?
Auswahl prototypischer Fälle, Bildung „idealtypischer Konstrukte“
work in progress...• kritische Prüfung des Reduktionsprozesses
• treffende Bezeichnungen für Typen• Integration weiterer Merkmale in die Typologie?• Charakterisierung der Typen mittels sekundärer
Variablen, z.B. Zukunftssicht, Bewertung der LQ, etc.
Reduktion des Merkmalsraums zu Typen
hoch 18 42 27 9
mittel 10 22 19 10
niedrig 7 11 12 8
kein niedrig mittel hoch
Mer
kmal
B:
Stel
lenw
ert
von
Mat
erie
llem
/ Fi
nanz
ielle
m f
ür d
ie L
Q
Merkmal A: Stellenwert des Naturraums/ intakter Umwelt für die LQ
/ Stellenwert von Materiellem/Finanziellem für die LQ
relevante Vergleichsdimensionen
Umwelt für die LQStellenwert des Naturraums/intakter
LQ wird neben soziokulturellen Faktoren v.a. durch materielle und finanzielle Aspekte bestimmt. Naturräumliche Faktoren finden wenig Beachtung Fallvergleiche zeigen große Unterschiede in Bezug auf
nachhaltigkeitsrelevante Faktoren in den LQ-Konzepten
qualitativBegründung der
Bewertung
Freewriting persönliche LQ allgemeine LQ der Region
qualitativ10-minütiges freies
Schreiben zum Thema LQ als
Online-Texteingabe
quantitativAuswahl wichtigster
Faktoren ausvorgegebener Liste
qualitativBegründung der
Bewertung
quantitativBewertung der Bedeutung von
vorgegebenen Faktoren
Identifikation von Mustern, Bildung von Subkategorien fallbezogene Bewertungen entsprechend
definierter Merkmalsausprägungen
„Ich habe ein eigenes Zimmer, wohne in einem Haus, bekommen das meistens was ich mir wünsche, habe einen Computer, ein Handy.
Wir fliegen/fahren jedes Jahr in den Urlaub.“ (Schüler_NT_n_6)
Anna Oberrauch & Lars Keller, Institut für Geographie, Universität Innsbruck
hoch
mittel
niedrig
kein niedrig mittel hoch
Merkmal A: Stellenwert des Naturraums/ intakter Umwelt für die LQ
Mer
kmal
B:
Stel
lenw
ert
von
Mat
erie
llem
/ Fi
nanz
ielle
m f
ür d
ie L
Q
36%
15%
18%
9%
21%
hohe Ausprägung beider Merkmale
mittlere Ausprägung beider Merkmale
geringe Ausprägung beider Merkmale
Ausschnitt aus einem materiell/finanziell orientierten LQ-Konzept:
„Die momentane Lebensqualität in meiner Region (Südtirol) ist sehr hoch, weil wir in einer
intakten Umwelt leben, wir leben in den Bergen und sind den ganzen Tag umbegen von Natur.
Auch die Arbeitslosigkeit, Armut usw ist auch bei uns sehr gering und ich glaube jeder
Südtiroler kann sich über seine Lebensqualität nicht beklagen.“
(Schüler_ST_lq_2_11)
Ausschnitt aus einem umweltorientierten LQ-Konzept:
http://www.uibk.ac.at/geographie/INSTITUT FÜR GEOGRAPHIE
Arbeitsgruppe Education and Communication in GeographyKontakt: Mag. Anna Oberrauch, [email protected]
Innrain 52f, 6020 Innsbruck (AT)