Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum Stephan Brather Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Brandenburgisches
Landesamt
für
Denkmalpflege
und
Archäologisches
Landesmuseum
Stephan Brather
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Abbau von Nassholz im Bodenmilieu
• Erhaltung von Holz im feuchten Boden unter Luftabschluss in anaeroben Milieu
• Abbau der Zellwandsubstanz, v. a. der Cellulose beginnend von dem Zellumen
• Anaerober Celluloseabbau vor allem durch Bakterien:
– „Erosion bacteria“
– „Tunneling bacteria“
– „Cavitation bacteria“
• Holzabbau durch Pilze und Insekten bei Sauerstoffzutritt vor oder während der Bodenlagerung bzw. nach Ausgrabung
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Falscher Zunderschwamm,Photo: Chr. Bode
Springschwanz,Photo: Wikipedia
Erosion bacteria,Photo: Ch. Björdal
Durch „erosion bacteria“stark abgebaute S-WandPhoto: J. A. Jurgens
Zustand des abgebauten Nassholzes
Zustand
• Klassifizierung nach dem Wassergehalt umax
Klasse III: umax < 185 %; harter, wenig abgebauter Kern unter dünner, stärker abgebauter Oberfläche
Klasse II: 185< umax < 400 %; relativ harter Kern ist erhalten
Klasse I: umax > 400 % (bis über 1000 %); sehr weiches Material ohne festen Kern, Cellulose weitgehend abgebaut, Schrumpfung bis 70%
• Mechanische Instabilität
Folgen
• Trocknungsschwindung
• Trocknungsrisse• Zellkollaps durch hohe Oberflächenspannung des Wassers
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Photos: W. Muskalla, RGZM
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Polyethylenglykol-Volltränkung
• Seit 1939 kommerziell hergestellt
• 1957/58 erste Versuche zur Konservierung von Nassholz am Dänischen Nationalmuseum
• 1959 erste Artikel zur Konservierung von Nassholz mit PEG von Rosenqvist (Oseberg-Schiff)
• 1961 detaillierte Beschreibung der Volltränkung durch Morén und Centerwall, die bis in die 1980er Jahre als Standart-Methode angewandt wurde
• erstes Großprojekte:– 1961 Hebung der WASA
(Stockholm)
– 1962 Bergung der Wikinger-Schiffe aus dem Roskilde-Fjord
– 1962 – 1965 Bergung der Bremer Kogge
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Nassholzkonservierung im Schloss Babelsberg, MUFP, ca. 1980, Photo: D. Sommer
Zeichnung: B. Nagler
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Nachteile der PEG-Volltränkung
Durch vollständigen Austausch des Wassers:
• Konserviert schwerer als im wassergesättigten Zustand
• Wachsartige Oberfläche• Dunkelbraunes bis schwarzes
Aussehen• Holztextur kaum erkennbar
• Klebung nur eingeschränkt möglich
• häufig bereits PEG-Abbau durch überhöhte Badtemperatur (> 60 °C)
Fazit: ästhetisch oft ungenügend!
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Schlegel, FO. Wiesenau, LOS
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Polyethylenglykol als Konservierungsmittel
• Polyether des Ethylenglykol (1,2-Ethandiol), allgemeine Formel:
HO-(CH2-CH2-O)n-H
• Polymerisationsgrad n: 5 – 100000 → Molekülmassen: 200 – 5000000
• Niedermolekulares PEG:
gutes Eindringen in Zellwand und Quellwirkung
• Höhermolekulares PEG: Aufgrund der Molekülgröße kein Eindringen in Zellwand, aber mechanische Stabilisierung der Zellwand durch Anlage vom Zelllumen
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Graphik: Clariant
PEG 400 PEG 3350
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
„Zwei-Stufen-PEG-Tränkung“
• 1986 Entwicklung der „Zwei-Stufen-Tränkung“durch Hoffmann für die Bremer Kogge:
zunächst Tränkung in niedermolekularem PEG, später in höhermolekularen PEG
• heute meist Tränkung in gemischten Lösungen
1. Niedermolekulares PEG
2. Niedermolekulares PEG + höhermolekulares PEG
• Vermeidung der Volltränkung durch anschließende Gefriertrocknung
• Erhaltungszustand des Holzes entscheidend für notwendige PEG-Konzentration und damit für Tränkungsdauer
• Optimale PEG-Konzentration wünschenswert (kurze Konservierungszeit, Material- und Energiekosten)
• Bestimmung des Fortschritts der PEG-Tränkung über Bohrkernprofile (Analyse mit HPLC) möglich
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Nassholzkonservierung des BLDAM
Grafik: Hoffman, http://www.dsm.museum/MA/konserve.htm
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Berechnung der PEG-Konzentration
• Computerprogramm PEGcon von Canadian Conservation Institut und Parks Canada
• Benötigte Informationen:
– Holzart
– Rezente Dichte der Holzart als “oven dry weight divided bygreen volume“
– Aktuelle Dichte des arch. Holzes durch Gewichtsmessung unter Wasser und an Luf
– Wassergehalt des Holzes bei Fasersättigung
• Dichteangabe: Raumdichtezahl R = Darrtrockengewicht bezogen auf max. Quellvolumen) bzw. Spezifisches Gewicht Sg(Umrechnung über max. Quellmaßmöglich)
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
http://www.cci-icc.gc.ca/crc/tools-outils/Pegcon/pegcon-eng.aspx
ndichteDarrtrockeρ
esGewichtSpezifisch
g/cm³in ρ/)ρ * (0,028 100
100 *ρ Sg
0
OH
0
02
Sg
+
=
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Methodischer Ansatz
• Ersatz des Quellwassers in den „second order space“ der Zellwände durch niedermolekulares PEG 200 oder PEG 400
• Mechanische Stabilisierung der erhaltenen Zellstruktur durch Anlagerung von höhermolekularem PEG 3350 oder PEG 4000 an die Zellwände im Zellumen
• Konzentrationen der beiden PEG-Typen abhängig vom Erhaltungszustand des Holzes
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Holzes abgebauten des DichteRg
gungFasersätti bei Holz imlt WassergehaMf
400PEG ion von Konzentratc
ndsubstanzder Zellwa Dichteγ
v/v%in)Rgγ(
γ*Rg*Mfc
PEG400
H
H
HPEG400 =
Holz rezentem von DichteRgn
PEG4000 von Dichteρ
PEG4000ion von Konzentratc
w/v%in
})100
Mf*γ1Rg{-γ(
)RgRgn(*ρ*100c
PEG4000
PEG4000
HH
PEG4000PEG4000
+=
Photos: P. Jensen
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Praktische Nassholz-Konservierung am BLDAM
• Waschen mit warmen Wasser, Pinseln und Bürsten
• Maßstabgerechtes Zeichnen,
• Photographieren• Holzartenbestimmung
• Wässerung in demineralisiertem Wasser -Zeitraum > ½ Jahr
• Bestimmung der PEG-Konzentration für jedes Objekt
• Gemeinsame Tränkung von Objekten ähnlicher Konzentration (Holzartentrennung)
• Konzentrationserhöhung in 5 %-Stufen
• Max. Gesamtkonzentration 45 %, sonst Probleme bei Gefriertrocknung (Eutektische Temperatur)
• Tränkdauer pro Stufe 4 – 8 Wochen, Gesamttränkzeit 1 -2 Jahre
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Photos: M. Weichert, BLDAM
Zeichnung und Photo: M. Koutiakidi, BLDAM
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
(Vakuum-) Gefriertrocknung
Vakuumgefriertrocknung
• Bei 0,37 mbar (= -30 °C) –eutektische Temperatur
• gekühlte Kammer (-25°C) bei größeren Objekten notwendig!
• Trocknungsdauer 3 – 4 Monate• Prozesskontrolle durch
Massekontrolle im Rezipienten
Gefriertrocknung bei Normaldruck
• Bei großen Objekten• Langsamere, aber schonendere
Sublimation
• In Tieflkühl-Kammern bei -25 °C
• Beschleunigung der Sublimation durch Umluft und ggf. zusätzliche Energiezufuhr (Heizschlangen, IR-Strahlung)
• Trocknungsdauer mehrere Jahre
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
0,1
1
10
100
1000
10000
00:
00
24:
10
49:
10
73:
10
97:
10
121:
10
145:
10
169:
10
193:
10
217:
10
241:
10
265:
10
289:
10
313:
10
337:
10
361:
10
385:
10
409:
10
433:
10
457:
10
481:
10
Gesamtzeit in h
Dru
ck in h
Pa
Gew
icht
in g
Druck in mbar Gewicht in Gramm
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Fundobjekte aus Eberswalde
• Ausgrabung von zwei großen mittelalterlichen Stadtquartieren mit Besiedlung seit dem 12. / 13. Jh.
• 1995 Rummelplatz: ca. 1100 Einzelfunde
• 2000 Pavillonplatz: ca.200 Einzelfunde
• Schwellbalken und Fußböden von Häusern (komplette Hausgrundrisse), Brunnen, Abfallgruben etc.
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather
Nach der Konservierung …
• Restaurierung: Reinigen der Oberfläche – Entfernen von überschüssigen PEG an der Oberfläche
• Ästhetische Wirkung des konservierten Holzes …
• Ggf. Klebung, Ergänzung und Montage von Bruchstücken
Holzbiologie-Kolloquium – 11.6.2010
Konservierung von Nassholzfunden mit Polyethylenglykol
Holzabbau
PEG-
Volltränkung
„Zwei-Stufen-
PEG-
Tränkung“
Praktische
Umsetzung
Beispiele
Stephan
Brather