Magnete, Spins und Resonanzen - horbiradio.de MTRA/Magnete,Spins u. Resonanzen.… · nichts anderes als ein elektrischer Strom. Ein elektrischer Strom wiederum erzeugt stets ein
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Magnete, Spins und Resonanzen
Eine Einführung in die Grundlagen der Magnetresonanztomographie
Magnete, Spins und Resonanzen
Magnete, Spins und Resonanzen
Eine Einführung in die Grundlagen der Magnetresonanztomographie
© Siemens AG 2003
All rights reserved
Siemens Medical Solutions
Magnetresonanztomographie
Erlangen
Index
Eine kleine Reise durch die MR-Physik 19
Über Spinerholung und Echos 63
Vom Signal zum Bild 99
Der große Spielraum der Kontraste 129
Die schnelle Bildgebung 159
MR-Systeme und ihre Komponenten 181
Umwelteinflüsse und biologische Wirkungen 209
MR-Highlights 1
Begleiten Sie uns in die faszinierende
Welt der modernen MR-Bildgebung!
Diese Broschüre ist vor allem jenen
Radiologen und MTAs gewidmet, welche
die Magnetresonanztomographie klinisch
anwenden, und natürlich allen Fachärzten und
Praktikern, die eine mögliche Anwendung planen.
Darüberhinaus möge diese Broschüre allen
Interessierten ein leicht verständliches
Einstiegswerk sein.
Wir wünschen Ihnen eine lehrreiche und
angenehme Lektüre.
Siemens Medical Solutions
Magnete, Spins und Resonanzen
1
0
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
MR in der Gastroenterologie
Orthopädie in der MR MR in der Neurologie Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Protonen-SpektroskopieKontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
MR-Highlights
MR-Highlights
3
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
MR ist eine nichtinvasive Bildgebungstechnik. Primärer Anwendungsbereich
ist die Darstellung der Morphologie, der Gewebestrukturen in einer Serie von
Schnittbildern durch den Körper.
Die MR-Bildgebung zeichnet sich durch
drei große Vorzüge aus:
hervorragender Weichteilkontrast mit
hoher Bildauflösung
Darstellung mehrerer Schichten und
schräge Schnittführung
keine ionisierende Strahlung
Mit modernen MR-Systemen lässt sich der
gesamte Körper schnell von Kopf bis Fuß
untersuchen. Beispielsweise ist eine
Aufnahme der vollständigen Wirbelsäule
in nur zwei Schritten möglich.
Die Vorteile der MR-Bildgebung
Möglich gemacht wird dies durch die
Besonderheiten der MAGNETOM Familie
von Siemens. Diese Geräte besitzen ein
einzigartiges Spulenkonzept, das
Integrated Panoramic Array (IPA™).
In Kombination mit der automatischen
Tischverschiebung (Integrated Panoramic
Positioning – IPP™) erlaubt das MR-
System die schnelle Darstellung großer
Volumina.
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
MR in der Gastrtoenterologie
Orthopädie in der MR MR in der Neurologie Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Protonen-SpektroskopieKontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Die MR-Bildgebung ermöglicht
Bildkontraste, die aus der Kombination
mehrerer Parameter resultieren. Das sind
die Dichte der angeregten Kernspins,
vor allem Wasserstoffprotonen,
die Relaxationszeiten für
Magnetisierungen der untersuchten
Gewebe
und diverse weitere
Kontrastmechanismen.
Die unterschiedlichen MR-Kontraste
unterstützen bei der Gewebe-
charakterisierung und erlauben so eine
präzise Befundung.
Hochauflösende MR-Bilder mit kleinem
Bildfeld (Field of View) zeigen exzellente
anatomische Details.
MR-Highlights
5
Umfassende Bildgebung des Herzens
Die MR-Bildgebung des Herzens
liefert ausgezeichnete morphologische
Darstellungen.
Die Kardiovaskuläre MR-Bildgebung (CMR) profitiert besonders von der Stärke
der Magnetresonanztomographie, Schnittbilder beliebiger Orientierung mit
hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zu erzeugen. Voraussetzung für eine
aussagekräftige Darstellung sind leistungsfähige Gradienten, hervorragende
Pulssequenzen und eine robuste, schnelle Hardware.
Darüberhinaus bietet sie vielseitige
Informationen über die Funktion des
Herzmuskels, wie Vitalität, Auswurfvolumen,
Perfusion, Wandbewegung oder
Klappenfunktion.
Umfassende Bildgebung des Herzens
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
MR in der Gastrtoenterologie
Orthopädie in der MR MR in der Neurologie Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Protonen-SpektroskopieKontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Die MR-Bildgebung bietet kontrastmittel-unterstützte Methoden
zur Darstellung der Herzkranzgefäße. Zur Visualisierung der
Koronararterien stehen kontrastmittelfreie Methoden zur Verfügung
(sog. TrueFISP- und Dark-Blood-Techniken).
MR-Highlights
7
Durch das Zusammenspiel von starken Gradienten,
schnellen MR-Systemen und Care-Bolus wird ein sehr guter
Kontrast bei optimalem Kontrastmittelverbrauch erzielt.
Kontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Die kontrastverstärkte MR-Angiographie hat große
Fortschritte gemacht.
Kontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
MR in der Gastrtoenterologie
Orthopädie in der MR MR in der Neurologie Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Protonen-Spektroskopie
Kontrastverstärkte
MR-Angiographie
unter Verwendung
starker Gradienten,
iPAT (integrated
Parallel Acquisition
Techniques) und
Arrayspulen.
Eine exzellente
Detailzeichnung der
Blutgefäße wird in
nur wenigen
Sekunden Messzeit
erreicht.
MR-Highlights
9
MR in der Gastroenterologie
Neue einzigartige Pulssequenzen von Siemens
wie 3D VIBE (Volume Interpolated Breathhold
Exam) ermöglichen sowohl die Darstellung
anatomischer Details als auch dynamische
angiographische Information.
3D VIBE mit
fecal tagging
wird extensiv in der
MR-Colonographie angewendet.
Die MR-Bildgebung hat auch Einzug in die Gastroenterologie genommen.
MR in der Gastroenterologie
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
Orthopädie in der MR MR in der Neurologie Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Protonen-SpektroskopieKontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Neue Techniken wie iPAT (integrated Parallel
Acquisition Techniques) und PACE
(Prospective Acquisition CorrEction)
beschleunigen die Untersuchung und helfen,
Bewegungsartefakte zu reduzieren.
Durch die Nachverarbeitung von
3D-Datensätzen gewinnt man Ansichten in
der virtuellen Endoskopie.
MR-Highlights
11
Orthopädie in der MR
Hochauflösende Bilder mit gutem Kontrast sind die
Grundlage für eine präzise Befundung. Hierzu kommen
einzigartige Pulstechniken zur Anwendung, wie
3D DESS (Double Echo Steady State) und MEDIC (Multi
Echo Data Image Combination).
Hochauflösende Darstellung von Gelenken und Gelenkspalten
Orthopädie in der MR
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
MR in der Gastrtoenterologie
MR in der Neurologie Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Protonen-SpektroskopieKontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Durch eine spezifische
Wasseranregung der interessierenden
Region wird das störende Fettsignal
unterdrückt.
MR-Highlights
13
MR in der Neurologie und umfassende schnelle Diagnostik
Eine revolutionäre Anwendung der
Magnetresonanztomographie ist die
funktionelle Neurobildgebung.
Die Inline-Technologie ermöglicht die
automatische Berechnung und
Überlagerung von t-Test (Z-Score)-Bildern
auf anatomischen EPI-Bildern.
ART (vollautomatische
Bewegungskorrektur) und räumliche
Filterung helfen dabei, akkurate
Ergebnisse zu erzielen.
MR in der Neurologie
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
MR in der Gastrtoenterologie
Orthopädie in der MR Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Protonen-SpektroskopieKontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Die moderne Technik ermöglicht die kompakte
Darstellung von Mosaikbildern, nützlich
beispielsweise zur OP-Planung.
MR-Highlights
15
Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Die Diffusionsbildgebung mit Single-Shot-EPI-Sequenzen bietet 16 verschiedene b-Werte mit einem
maximalen b-Wert von 10 000 s/mm
2
. Das integrierte Postprocessing (Inline) errechnet ADC-Karten
(Apparent Diffusion Coefficient) und Trace-gewichtete Bilder vollautomatisch.
Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
MR in der Gastrtoenterologie
Orthopädie in der MR MR in der Neurologie Protonen-SpektroskopieKontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
Perfusionsbildgebung mit Inline-Berechnung von Global Bolus Plot (GBP), Time-to-Peak
Map (TTP) und Percentage-of-Baseline-at-Peak (PBP). Die Inline-Berechnung macht die
neurologische Untersuchung zu einer schnellen Sache.
MR-Highlights
17
Protonen-Spektroskopie
Die MR-Spektroskopie ermöglicht die biochemische Quantifizierung
zusätzlich zur Bildgebung.
Die klinische MR-Spektroskopie ist mittlerweile
einfach geworden.
Die moderne Spektroskopietechnik verwendet neue
Pulssequenzen mit kürzeren Echozeiten. Die neue
Auswertungssoftware bietet unter anderem farbige
Metabolitenbilder und spektrale Übersichtskarten.
Protonen-Spektroskopie
Morphologie im Detail – von Kopf bis Fuß
Umfassende Bildgebung des Herzens
MR in der Gastrtoenterologie
Orthopädie in der MR MR in der Neurologie Diffusions- und Perfusionsbildgebung
Kontrastverstärkte Angiographie von Kopf bis Fuß
19
1
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Wie funktioniert eine MR-Untersuchung?
Verfolgen wir den Vorgang bei einem Patienten.
Er wird im Kernspintomographen einem starken
Magnetfeld ausgesetzt. Im Verlauf der
Untersuchung werden magnetische Reaktionen
in seinem Körper hervorgerufen, die zu einem
messbaren Signal führen.
Um diese Reaktionen zu verstehen, möchten wir
mit Ihnen eine kleine Reise durch die MR-Physik
unternehmen. Sie werden den
KERNSPIN
als den
»Verantwortlichen« für diese moderne
Bildgebungstechnik kennenlernen und das
Wesen der
MAGNETRESONANZ
(MR) verstehen.
Eine kleine Reise durch die MR-Physik
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
21
Die Atome der chemischen Elemente
bestehen bekanntlich aus einem
Atomkern und einer Elektronenhülle.
Wasserstoff ist das häufigste Element und
besitzt den einfachsten Atomkern:
Er besteht nur aus einem einzigen, positiv
geladenen,
PROTON
.
Die Magnetresonanztomographie nutzt
zur Bildgebung die
magnetischen
Eigenschaften der Wasserstoffprotonen.
Wasserstoff bietet zwei Vorteile:
1. Er ist elementarer Bestandteil von
Wasser und Fett und damit das
häufigste
Element im menschlichen Körper.
2. Er ist der für die Magnetresonanz
empfindlichste
Bestandteil im Körper.
Was macht die Wasserstoffprotonen für
die Magnetresonanztomographie
nutzbar?
Die Protonen besitzen eine
charakteristische Eigenschaft: den Spin.
Der
SPIN
ist eine rein
➔
quanten-
mechanische
Eigenschaft atomarer
Teilchen. Um uns dieser Eigenschaft zu
nähern, stellen wir uns vor, wir könnten
das Proton und seinen Spin »sehen«.
Dann können Sie sich den Spin etwa so
veranschaulichen:
als Drall einer Billardkugel,
als Rotation der Erde um ihre Achse,
als Kreiseln eines Spielzeugkreisels.
Atomkerne und Spins
Kernspintomographie und Magnetresonanz: Die Worte sagen es schon.
Wir werden uns mit dem Kernspin beschäftigen und mit seinen magnetischen
Wirkungen. Betrachten wir daher zu Beginn unserer Reise die Atomkerne im
Körper. Aller Anfang ist schwer. Lassen Sie uns die Dinge einfach angehen.
Am einfachsten ist der Wasserstoff Protonen und Billardkugeln
Atomkerne und Spins
So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Sie können sich zunächst vorstellen, ein
Proton würde wie eine Billardkugel um
seine eigene Achse wirbeln.
Das Eigentümliche am Spin eines
atomaren Teilchens ist: Er bleibt
immer
gleich
. Es variiert lediglich die Achsen-
richtung. Ein weiterer Unterschied zur
Billardkugel: Der Spin kommt
nie
zum
Stillstand, er ist dem Teilchen
eigen
.
Warum beschäftigen wir uns mit dem
Spin?
Der Spin ist die tiefere Ursache für die
Fähigkeit zur Magnetresonanz: Ein
Atomkern mit Spin ist stets
magnetisch
.
Das Eigentümliche am Spin
Unser Modell des Spins als »Rotation«
einer Kugel ist natürlich nur eine
Analogie. Sie ist nicht auf alle atomaren
Teilchen und nicht auf alle Ausprägungen
des Spins anwendbar.
Frei von jeder Analogie gilt: Der Spin ist
ein Maß für den
Quantenzustand
eines
atomaren Teilchens. Dieser lässt sich
durch komplexe Zustandsvektoren präzise
definieren. Sie müssen jedoch nicht die
Quantenmechanik studiert haben, um die
Magnetresonanztomographie zu
verstehen oder zu nutzen.
Klassische Physik oder Quantenphysik
Die MR-Bildgebung
nutzt keineswegs die
einzelnen Spins,
sondern ihr
kollektives Verhalten.
Zum Glück führt dies
zu anschaulichen
Modellen, die wir
hier verwenden
wollen. Erlauben Sie
uns daher, in dieser
Einführung
vereinfachte Modelle
heranzuziehen, ohne
die Realität allzusehr
zu »verbiegen«.
ZU
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1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
23
Wir stellten fest: Ein Atomkern mit Spin ist
stets magnetisch. Wie kann die
Protonenkugel magnetisch sein?
Obwohl der Spin die quanten-
mechanische Eigenschaft
par excellence
ist, können wir ihm ein einfaches Modell
geben. Betrachten wir hierzu einen
Stabmagneten. Er besitzt bekanntlich
einen magnetischen
Nordpol
N und einen
Südpol
S.
Nehmen wir an, das Proton verhält sich
wie ein winziger Stabmagnet. (Das ist
eine nicht ganz zutreffende Verein-
fachung, wie wir später sehen werden.)
Stabmagnet und Spinmagnet
Man kann sich vor-
stellen, dass die
➔
rotierende Ladung
des Protons den
Spinmagnetismus
erzeugt.
Nun haben wir den Kernspin mit seiner
untrennbaren magnetischen Kraft
verknüpft. Diese magnetische Kraft
nennen wir den
SPINMAGNETEN
.
Atomkerne und Spins
So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Die Sache mit der rotierenden Ladung
Die klassische Schulphysik betrachtet die
elektrische
LADUNG
des Protons als
Ursache für seine magnetische Wirkung:
Bekanntlich ist eine bewegte Ladung
nichts anderes als ein elektrischer Strom.
Ein elektrischer Strom wiederum erzeugt
stets ein zugehöriges Magnetfeld.
Insbesondere erzeugt eine rotierende
Ladung stets eine magnetische Wirkung
in Richtung der Drehachse. Diese
magnetische Kraft nennt man
MAGNETISCHES MOMENT
.
Im Unterschied zum Proton hat das
elektrisch neutrale
NEUTRON
keine
Ladung. Es besitzt dennoch einen Spin
und ist daher für die Magnetresonanz
nutzbar.
Spins wirken stets in irgendeine Richtung.
Das legt nahe, unseren Spinmagneten als
einen
➔
Vektor
zu betrachten, eine
gerichtete Größe im Raum. Die willkürlich
gewählte Richtung des Spinmagneten
verläuft vom magnetischen Südpol zum
Nordpol (dargestellt durch den blauen
Pfeil).
Natürlich ist
nicht
das Proton selbst ein
Vektor, sondern sein Spin bzw. seine
magnetische Wirkung.
Wir werden im folgenden nicht die
Protonen selbst betrachten, sondern stets
ihre gekoppelten Eigenschaften: Spin und
Magnetismus. Das ist damit gemeint,
wenn wir »Spinmagnet« sagen.
Spins haben immer eine Richtung
Eine nach außen
wirksame elektrische
Ladung ist somit
keine Voraussetzung
für den Magnetismus
eines Teilchens.
Tatsächlich kann
man in der
modernen Theorie
der Elementar-
teilchen (Quarks)
auch umgekehrt den
Magnetismus als
Ursache der
elektrischen Ladung
postulieren.
ZU
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1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
25
Das Wichtigste über Vektoren und Pfeile
Möchten Sie noch einmal rekapitulieren,
was
VEKTOREN
sind?
Viele physikalische Größen, wie
Temperatur oder Masse, sind ungerichtet.
Das heißt, sie sind durch Betrag und
Einheit ausreichend gekennzeichnet
(z.B. 21 Grad Celsius, 5 Kilogramm).
Der Spinmagnetismus ist eine gerichtete
Größe. Der Betrag des Magnetismus allein
verrät uns noch nicht seine Wirkung, wir
müssen auch seine Richtung kennen.
Es gibt eine Vielzahl physikalischer
Größen, bei denen die räumliche
Orientierung wichtig ist (z.B. Kraft oder
Geschwindigkeit). Diese Größen kann
man durch Vektoren veranschaulichen.
Ein Vektor lässt sich leicht durch einen
PFEIL
darstellen. Die Richtung des Pfeils
entspricht der Orientierung der
Vektorgröße, die Länge des Pfeils
entspricht ihrem Betrag.
Vektorgrößen lassen sich
RÄUMLICH
ADDIEREN
. Dabei muss man die Richtung
berücksichtigen. Anschaulich geht das
durch Verknüpfen der Pfeile.
Falls die Pfeile genau in die gleiche
Richtung zeigen, ergibt sich der Betrag
der Vektorsumme einfach als Summe der
Beträge (hier:
a
+
a
).
Hauptsache, die Richtung stimmt
Atomkerne und Spins
So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Vektoren gleichen Betrags, aber
entgegengesetzter Richtung,
KOMPENSIEREN
sich:
a
–
a
=
0
.
Ebenso wie addieren, kann man Vektoren
auch wieder zerlegen. Man kann
insbesondere jeden Vektor in
voneinander unabhängige
KOMPONENTEN
zerlegen. Das sind die Projektionen des
Pfeils auf vorgegebene Achsen im Raum,
auf das
KOORDINATENSYSTEM
.
In unserem Beispiel besteht der
Summenvektor
a
+
b
senkrecht aus
a
und
waagerecht aus
b
.
Bitte verwechseln Sie
nicht Vektor und
Pfeil. Ein Vektor ist
ein mathematisches
Modell für eine
physikalische
Erscheinung. Ein
Pfeil ist nur eine
visuelle Darstellung
eines Vektors.
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
27
Atomkerne mit sowohl
einer geraden Anzahl
von Protonen als auch
Neutronen besitzen
keinen resultierenden
Kernspin. Sie sind
magnetisch neutral.
Beispiele sind
Sauerstoff 16O
(8 Protonen,
8 Neutronen) oder
Kohlenstoff 12C
(6 Protonen,
6 Neutronen). Diese
Isotope sind für die
Magnetresonanztomo-
graphie nicht nutzbar.
Wir haben den Spin der Wasserstoff-
protonen betrachtet. Schauen wir uns nun
die Atomkerne anderer Elemente an.
Die KERNTEILCHEN eines Atoms sind die
Protonen und Neutronen. Sie besitzen
jeweils ihren eigenen Spin.
Atomkerne mit einer ungeraden Anzahl
von Kernteilchen besitzen einen
resultierenden Spin, den KERNSPIN.
Beispiele sind Kohlenstoff 13C, Fluor 19F,
Natrium 23Na oder Phosphor 31P. Zwei
Drittel der in der Natur vorkommenden
Isotope besitzen einen resultierenden
Kernspin und sind damit für die
Magnetresonanz nutzbar.
Welche Kerne sind für die Magnetresonanz nutzbar?
Atomkerne und Spins
So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Der Kernspin ist die tiefere Ursache für die
Fähigkeit zur Magnetresonanz: Ein
Atomkern mit Spin ist stets magnetisch.
Der Spin ist eine gerichtete Größe. Spins
addieren sich wie Vektoren räumlich.
Zwei Drittel der in der Natur vorkom-
menden Atomkerne besitzen einen
Kernspin, so auch der Wasserstoff. Sie
sind für die Magnetresonanztomographie
prinzipiell nutzbar.
Auf den Punkt gebracht
Zwei identische Teilchen können
innerhalb des Atomkerns nicht im
gleichen Zustand sein. Sie müssen ihre
Spinorientierungen antiparallel
ausrichten und kompensieren sich somit
paarweise zu Null. Ein solches
»Tanzpärchen« wird also nach außen
unsichtbar. Diese Regel der Natur nennt
man das PAULI-AUSSCHLIESSUNGS-PRINZIP.
Die »Einzeltänzer« erzeugen den
Kernspin.
Wie Sie erkennen können, entspricht der
Kernspin als resultierende Größe einzelner
Spins keiner »Rotation« des Atomkerns als
solchen. Diese Überlegung gilt streng
genommen auch für das einzelne Proton,
denn dessen Spin resultiert, wie man
heute weiß, aus seiner inneren Struktur
(Quarks und Gluonen).
Wie entsteht der Kernspin?
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1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
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Wie wir gesehen haben, können wir uns Protonen und Atomkerne, die einen
Kernspin besitzen, vereinfacht als Spinmagnete vorstellen. Was nützt uns diese
Modellvorstellung? Wir können nun erklären, wie sich diese Spinmagnete im
Magnetfeld des Kernspintomographen ausrichten und eine Magnetisierung im
Körper des Patienten erzeugen.
So entsteht die Magnetisierung
Spinensembles und Voxels
Natürlich messen wir bei der Magnet-
resonanztomographie nicht die Wirkung
jedes einzelnen Spins im Körper, sondern
stets ein ganzes Ensemble von Spins.
Ein ENSEMBLE ist die Gesamtheit aller
Protonenspins innerhalb eines
betrachteten Volumenelements, auch
VOXEL genannt. Ein solches Voxel könnte
ein kleiner Würfel von 1 mm Kantenlänge
sein.
Betrachten wir also im folgenden ein
Voxel im Körpergewebe des Patienten
genauer und schauen wir uns an, wie sich
das zugehörige Spinensemble verhält.
So entsteht die Magnetisierung
Atomkerne und Spins Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Man erhält die Wirkung des Ensembles
durch räumliche Addition der einzelnen
Spinvektoren.
Im ➔ feldfreien Raum, also ohne äußeres
Magnetfeld, sind die einzelnen Spins
völlig zufällig orientiert. In der
Gesamtwirkung kompensieren sie sich
vollständig: Ihre Spins heben sich
gegenseitig auf. Daher wirkt das
Ensemble nach außen unmagnetisch.
Das Spinensemble im feldfreien Raum
Offen gesagt: Die völlig zufällige
Orientierung der Spins gilt nur im absolut
feldfreien Raum. Tatsächlich »spüren« die
Protonen stets das Erdmagnetfeld.
Es ist zwar etwa 20 000fach schwächer als
ein MR-Magnet, dennoch ist es wirksam.
Das heißt, unser Ensemble wird schon
außerhalb des Kernspintomographen
magnetisch beeinflusst, wenn auch sehr
schwach.
Magnetresonanz ist daher auch im
Erdmagnetfeld prinzipiell möglich (z.B.
zur Entdeckung unterirdischer Ölfelder).
Zur klinischen Bildgebung allerdings sind
zehntausendfach stärkere Magnetfelder
unabdingbar. Das ist der Grund, warum
ein zu untersuchender Patient im starken
Magnetfeld des MR-Magneten gelagert
wird.
Gibt es überhaupt einen feldfreien Raum?
ZU
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1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
31
Das Spinensemble im Magnetfeld
Bringen wir den Patienten in das ➔
Magnetfeld des Kernspintomographen.
Was geschieht nun? Wir konzentrieren uns
weiterhin auf ein kleines Voxel innerhalb
seines Gewebes.
Betrachten wir die Spinorientierungen längs
der Feldlinien. Nun sehen wir, dass ein
Spinmagnet sich doch völlig anders verhält
als ein »anständiger« Stabmagnet.
Stabmagnete würden sich brav wie
Kompassnadeln parallel zum Magnetfeld
ausrichten.
Die Spinmagnete dagegen spielen
»verrückt«: Sie richten sich teils mit dem Feld
als auch gegen das Feld aus, sowohl parallel
als auch antiparallel.
So entsteht die Magnetisierung
Atomkerne und Spins Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Was Sie über ein Magnetfeld wissen sollten
Ein Magnetfeld, das überall die gleiche
Feldstärke besitzt, nennt man HOMOGEN.
Die Feldlinien eines homogenen Feldes
zeichnet man konsequenterweise als
parallele Geraden. Ein Magnetfeld, das
sich nicht ändert, nennt man STATISCH.
Jedes Magnetfeld besitzt eine
Kraftwirkung auf magnetische und
magnetisierbare Teilchen, also auch auf
Spinmagnete. Die Verteilung dieser
Kraftwirkung symbolisiert man durch
magnetische FELDLINIEN.
Die Stärke dieser Kraft an jedem Ort des
Raumes nennt man »magnetische
Induktion«. In der MR-Technik hat sich der
Begriff MAGNETISCHE FELDSTÄRKE
eingebürgert. Ihre Einheit beträgt 1 Tesla,
das ist etwa 20 000 mal so stark wie das
Magnetfeld der Erde.
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
33
Das Verhältnis der Auf- und Ab-Spins
beträgt nicht 50:50, sonst würden sich die
Spins weiterhin gegenseitig aufheben.
Statt dessen finden wir eine – wenn auch
sehr kleine – Mehrheit von ÜBERSCHUSS-
SPINS, die »aufwärts« zeigen. Spins, die
»abwärts« zeigen, sind in der Minderheit.
Die überschüssigen Spinmagnete (m)
addieren sich zu einer nach außen
wirksamen makroskopischen Wirkung –
die MAGNETISIERUNG (M) des Ensembles.
Diese Magnetisierung ist sehr schwach
(Paramagnetismus), verglichen mit dem
wohlbekannten Magnetismus des Eisens
(Ferromagnetismus).
Die Überschuss-Spins erzeugen die Magnetisierung
Nebenbei sei bemerkt: Durch das Magnetfeld
werden nicht nur die Protonen des Wasserstoffs
beeinflusst, sondern alle Atomkerne mit Spins,
ebenso die Elektronen. Wir beschränken uns hier der
Einfachheit halber auf die für die MR-Bildgebung
relevanten Wasserstoffprotonen.
Das statische Magnetfeld erzeugt im
Körpergewebe eine Vorzugsrichtung der
Spins parallel und antiparallel zu den
Feldlinien: ➔ Spin Auf und Spin Ab
sind die beiden bevorzugten
Spinorientierungen im Magnetfeld.
So entsteht die Magnetisierung
Atomkerne und Spins Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Ursache der Magnetisierung des
Ensembles ist eine Energieaufspaltung
der Spins im Magnetfeld. Den zwei
Spinorientierungen Auf und Ab
entsprechen zwei unterschiedliche
Energiezustände. Ein AUFWÄRTS-SPIN hat
eine niedrigere Energie (E–) als im
feldfreien Raum (E), ein ABWÄRTS-SPIN hat
eine höhere Energie (E+).
Vergleichen Sie diese Quantisierung mit
dem Stufenschalter bei einem Mixer. Man
kann die Geschwindigkeit nicht kontinu-
ierlich verändern, sondern nur in
Sprüngen.
Im Magnetfeld ist der niedrigere
Energiezustand bevorzugt: Es springen
mehr Spins in den Zustand niedrigerer
Energie (E–) als zur höheren Energie (E+).
Dieser Aufbau der Magnetisierung dauert
eine gewisse Zeit. Wenn er zu Ende
gekommen ist, ist ein festes Verhältnis
zwischen beiden Niveaus erreicht, das
Ensemble ist im energetischen
Gleichgewicht.
Spin auf – Spin ab
Das energetische
Gleichgewicht
zwischen beiden
Niveaus ist tat-
sächlich dynamisch:
Unter anderem
springen die Spins
paarweise von Auf
nach Ab und
umgekehrt (sie
machen »Flip-Flop«).
Das Verhältnis
zwischen Auf- und
Ab-Spins bleibt dabei
konstant – und damit
die nach außen
wirksame
Magnetisierung.
Sie werden sich vielleicht fragen: Wenn es
im Magnetfeld mehr Spins mit niedrigerer
Energie gibt, dann ist die Gesamtenergie
des Spinensembles doch gesunken?
Richtig! Die Protonen existieren nicht
alleine im leeren Raum. Sie sind von
einem Atomverband umgeben, auch
GITTER genannt. Die Protonen geben
während des Aufbaus der Magnetisierung
tatsächlich Energie an das Gitter ab. Das
Spinensemble »kühlt ab«, wie ein warmer
Löffel, den man in ein Glas kaltes Wasser
taucht.
Diese »Abkühlung« im Gitter ist die tiefere
Ursache für die Magnetisierung des
Spinensembles in einem Magnetfeld.
ZU
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1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
35
Die Zahl der Überschuss-Spins ist somit relativ klein.
Dass dennoch ein messbarer Effekt zustande
kommt, liegt an der großen Zahl von Wasserstoff-
protonen im menschlichen Körper.
Beispiel: Unser Voxel von 1 mm Kantenlänge fasst
1 Kubikmillimeter Wasser, das ist 1 Mikroliter. Dieses
Volumen enthält ungefähr 6,7 ⋅1019 Wasserstoff-
protonen. Bei 1 Tesla entstehen etwa 6 ppm
Überschuss-Spins. Das heißt: Rund 400 Billionen
kleine Spinmagnete m addieren sich zur makro-
skopischen Magnetisierung M.
Die Anzahl der Überschuss-Spins hängt von
mehreren Faktoren ab:
Sie wächst mit der Zahl der Protonen in einer
Volumeneinheit, also der PROTONENDICHTE.
Sie wächst mit der Stärke des äußeren
Magnetfeldes.
Sie sinkt mit steigender Temperatur.
Bei Körpertemperatur und einer Feldstärke von
1 Tesla (ca. 20 000 mal stärker als das Erdmagnet-
feld) gibt es unter 1 Million Protonen nur etwa
6 Überschuss-Spins, das sind 0,0006 %.
In Prozent lässt sich das nur mit vielen Nullen nach
dem Komma ausdrücken. Verhältnisse im Bereich
1 zu 1 Million nennt man auch PARTS PER MILLION
(ppm). Wir können also einfacher sagen: Bei 1 Tesla
beträgt der Anteil der Überschuss-Spins etwa 6 ppm.
Eine kleine Überschussrechnung
Protonen
Überschuss-Spins
Wir haben gesehen: Die kleine Mehrheit der
Aufwärts-Spins ist der Überschuss, der die
Magnetisierung eines Ensembles in Feldrichtung
ergibt. Wie groß ist denn die Zahl der Überschuss-
Spins?
So entsteht die Magnetisierung
Atomkerne und Spins Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Unser Modell der Auf- und Ab-Spins ist
noch unvollständig. Es erklärt die
Entstehung der Magnetisierung längs der
Feldlinien, nicht aber, wie diese Spins ein
MR-Signal erzeugen können. Daher
werden wir dieses Modell verfeinern
müssen.
Zugegebenermaßen haben wir die
Verhältnisse im Magnetfeld etwas
vereinfacht. Die einzelnen Spins sind
keineswegs – auch wenn das manchmal
geglaubt wird – streng Auf oder Ab
ausgerichtet. Aus quantenmechanischen
Gründen nehmen die Protonen eine
Überlagerung ihrer beiden Spinzustände
ein (erst bei einer Beobachtung bzw. einer
Messung springt ein Spin definitiv in den
Auf- oder Ab-Zustand).
Wenn der menschliche Körper einem
starken Magnetfeld ausgesetzt wird,
entsteht im Gewebe eine schwache
Magnetisierung in Richtung der
Feldlinien.
Ursache sind die im Gewebe wirkenden
Kernspins. Die Spins richten sich mit dem
Magnetfeld aus, allerdings ungleich
verteilt.
Die meisten Kernspins heben sich
gegenseitig auf. Die Überschuss-Spins
ergeben in ihrer Summe die nach außen
wirksame Magnetisierung.
Auf den Punkt gebracht Sehr diskret und dennoch kontinuierlich ...
Vergleichen Sie dies
mit der Gang-
schaltung eines
Autos. Obwohl Sie
beim Fahren immer
in genau einen Gang
schalten (oder die
Automatik tut das),
ändert sich die
Geschwindigkeit des
Autos kontinuierlich.
Ebenso der Spin des
Protons: Er besitzt
genau zwei diskrete
Eigenzustände Auf
und Ab, doch kann
kontinuierlich quer
dazu stehen.
ZU
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ISK
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ION
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
37
Wissen Sie noch, wie Sie mit einem
Spielzeugkreisel gespielt haben? Wenn
Sie den rotierenden Kreisel anstießen,
kippte er ein wenig zur Seite. Er fiel aber
nicht um, sondern begann zu »kegeln«.
So ist die Bewegung eines Kreisels: Seine
Drehachse beschreibt einen Kegel um die
Richtung der Schwerkraft.
Diese Art der Bewegung nennt man
PRÄZESSION.
Spinschwingungen im Magnetfeld
Sie haben gesehen, dass die Spinmagnete sich völlig anders verhalten, als
gewöhnliche Stabmagnete, die sich im Magnetfeld in genau einer Richtung
orientieren würden. Spinmagnete wären deshalb als Kompassnadeln
unzuverlässig. Doch sie haben eine Besonderheit, welche die Magnetresonanz
ermöglicht: sie schwingen.
Ein Spielzeugkreisel
Spinschwingungen im Magnetfeld
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Und so ist die Bewegung eines Spins:
Wenn ein Spin einem Magnetfeld
ausgesetzt ist, muss er ebenso wie ein
Kreisel um die Richtung des Feldes einen
Kegel ausführen. Der Spinmagnet verhält
sich wie ein magnetischer Kreisel. Das ist
die SPINPRÄZESSION.
Beachten Sie bitte, dass nicht das Proton
selbst kreiselt, sondern nur sein Spin bzw.
Spinmagnet (m). Um dies zu unter-
streichen, lassen wir die Kugel endgültig
verschwinden...
Magnetische Kreisel im Körper
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
39
Die Geschwindigkeit, mit der ein Spin um
eine äußere Feldrichtung kreiselt, seine ➔
Frequenz, ist für die Magnetresonanz von
großer Bedeutung. Sie hängt ab
vom Kerntyp und
von der Stärke des angelegten
Magnetfeldes.
Je stärker das Magnetfeld ist, um so
schneller ist das Kreiseln der Spins. In
einem Magnetfeld von 1 Tesla ist die
Kreiselfrequenz der Kernspins genau
doppelt so hoch wie in einem 0,5 Tesla-
Feld.
Diese Kreiselfrequenz der Spins nennt
man auch LARMORFREQUENZ.
Radiofrequenzen im Magnetfeld
Welche Bedeutung hat die Larmor-
frequenz für die Magnetische Resonanz?
Der Clou ist:
Ebenso wie Funk- oder Radiosignale kann
man Signale von einer Gruppe von
Spinkreiseln empfangen, wenn man
hierzu die technischen Voraussetzungen
schafft.
Zu diesem Zweck muss die Technik des
MR-Gerätes auf die Larmorfrequenz der
Spins abgestimmt sein. Ungefähr so, wie
Sie den Abstimmknopf eines Radiogerätes
drehen, um einen bestimmten Sender zu
empfangen.
Spinschwingungen im Magnetfeld
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Umdrehungen können wir auf einer
Zeitachse darstellen. So erhalten wir eine
Wellenlinie mit »Bergen« und »Tälern«.
Das ist eine SINUSKURVE. Eine Schwingung
doppelter Frequenz stellen wir durch eine
entsprechend gestauchte Sinuskurve dar.
Was ist eine FREQUENZ? Das ist sozusagen
die »Drehzahl« einer periodischen
Bewegung.
Sie kennen das von Ihrem Fahrzeug,
wenn Sie einen Blick auf den Drehzahl-
messer werfen. Der Drehzahlmesser zeigt
beispielsweise 3 000 Umdrehungen pro
Minute an. Das ist nichts anderes als eine
Frequenz.
3 000 U/min sind dasselbe wie 50 Umdre-
hungen pro Sekunde. Für Umdrehung pro
Sekunde verwendet man auch die Einheit
HERTZ (Hz), in diesem Fall beträgt die
Frequenz also 50 Hz.
Von Frequenzen, Drehzahlen und
Sinuskurven
Zwischen Berg und Tal
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
41
Die Larmorfrequenz ω wächst propor-
tional mit dem Magnetfeld B. Es gilt die
Formel:
ω = γ B
(Den konstanten Faktor γ nennt man das
»gyromagnetische Verhältnis« der
Atomkerne.)
Im Erdmagnetfeld präzedieren die Spins
relativ langsam, mit etwa 2 000 Hz
(2 kHz.)
Präzession präzise gefasst
Die Spinpräzession ist bei den hohen
Feldstärken der MR-Geräte hochfrequent.
Das bedeutet, die Spins präzedieren in der
Sekunde mit mehreren Millionen
Schwingungen.
Bei 1,0 Tesla beträgt die Larmorfrequenz
der Wasserstoffprotonen etwa 42 MHz,
bei 1,5 Tesla 63 MHz. Eine solche Schwin-
gungsfrequenz im Megahertz-Bereich
haben auch Radiowellen (UKW bzw. FM).
Da die Stärke des Magnetfeldes des Tomo-
graphen bekannt ist, kennt man auch die
Larmorfrequenz der Protonenspins. Das
MR-Gerät wird auf diese Frequenz
abgestimmt. Die verwendeten HF-Spulen
bauen sozusagen eine »Funkverbindung«
mit den Spins auf.
Spinschwingungen im Magnetfeld
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Die xy-Ebene kommt ins Spiel
Lassen Sie uns für das Folgende eine
kleine »Sprachregelung« vereinbaren:
In einem üblichen xyz-Koordinatensystem
legen wir per definitionem die Z-ACHSE in
die Richtung des Magnetfeldes.
Die Ebene quer zu den Feldlinien nennen
wir die XY-EBENE.
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
43
Im Grundzustand: Völlig außer Phase
Konzentrieren wir uns auf die Überschuss-
Spins eines Ensembles. Wir stellen sie
vereinfacht als ein kreiselndes »Sixpack«
dar. Alle Spins präzedieren mit gleicher
Frequenz um die Richtung des äußeren
Magnetfeldes – allerdings nicht im
Gleichklang, sondern völlig zufällig
orientiert.
Anders gesagt: Die Spins besitzen alle die
gleiche Frequenz, aber ihre ➔ Phasen-
lagen sind völlig beliebig. Daher heben
sich ihre Komponenten quer zum Magnet-
feld, also parallel zur xy-Ebene, statistisch
auf. Wir beobachten nur unsere konstante
Magnetisierung M längs der z-Achse.
Solange die Spins solcherart außer Phase
schwingen, geben sie kein nach außen
beobachtbares Signal ab.
Fassen wir zusammen. Das ist der GRUNDZUSTAND
der Kernspins im Magnetfeld:
1. Die Auf- und Ab-Spins sind im energetischen
Gleichgewicht, die Überschuss-Spins erzeugen die
konstante Magnetisierung.
2. Die Spins präzedieren außer Phase, ihre Wirkung
in der xy-Ebene ist Null.
Spinschwingungen im Magnetfeld
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Über Phasen, Uhrzeiger und Jetlags
Eine PHASE ist so etwas wie die Winkel-
richtung eines Uhrzeigers. Sie gibt die
zeitliche Verschiebung einer Schwingung
oder Drehung gegenüber einer anderen
an.
Wenn Ihre Uhr eine Stunde »vorgehen«
würde, hätte sie eine »Phasenverschie-
bung« von 1 Stunde gegenüber der
Ortszeit. Das können Sie korrigieren,
indem Sie Ihre Uhr richtig stellen. Der
kleine Zeiger bewegt sich dabei um 30°
zurück. Die Zeitverschiebung zwischen
San Francisco und New York von
3 Stunden ist dagegen von dauerhafter
Natur. Über große Entfernungen können
Sie diese zeitliche Phasenverschiebung
nach einem Flug als »Jetlag« spüren. Die
meisten Schwingungen wie z.B.
Radiowellen enthalten solche »Jetlags«.
Wie Sie später sehen werden, nutzt man
gezielt Frequenz- und Phasen-
verschiebungen zur Erzeugung eines
MR-Bildes aus.
Wie spät ist es?
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
45
Auf den Punkt gebracht
In einem Magnetfeld präzedieren die
Spins wie Kreisel um die Achse der
Feldrichtung.
Die Präzessionsfrequenz der Spinvektoren
hängt von der Stärke des angelegten
Magnetfeldes ab. Bei den verwendeten
Feldstärken liegt sie im hochfrequenten
Radiowellenbereich.
Im Grundzustand sind Auf- und Ab-Spins
im energetischen Gleichgewicht, die
Überschuss-Spins erzeugen die konstante
Magnetisierung längs der z-Achse. Die
Spins präzedieren außer Phase, ihre
Magnetvektoren heben sich quer zum
Feld (xy-Ebene) gegenseitig auf.
Spinschwingungen im Magnetfeld
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Wie das MR-Signal entsteht
Quantenmechanische Unbestimmtheit
Unser Vektormodell des Spins
kennzeichnet einen Spin in einem
überlagerten Zustand von Auf und Ab,
der Querzustände zulässt.
Der Querzustand eines Spins ist
unbestimmt, wenn man seine
z-Komponente kennt, und umgekehrt.
Wegen des Unbestimmtheitscharakters
der Spinzustände arbeitet die Quanten-
mechanik mit den Erwartungswerten von
Spinoperatoren. Der Erwartungswert ist
der im Mittel zu erwartende Wert über
eine lange Messreihe. Er verhält sich
glücklicherweise im Magnetfeld wie ein
präzidierender Vektor. Dies ermöglicht
unsere veranschaulichende Darstellung.
ZU
R D
ISK
USS
ION
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
47
Im Grundzustand kreiseln die Spins im Magnetfeld und halten ein energetisches
Gleichgewicht aufrecht. Dies erzeugt eine konstante Magnetisierung im Körper.
Das Wesen der Magnetresonanz besteht darin, die Magnetisierung aus ihrer
Ruhelage auszulenken, indem man gezielt das Gleichgewicht der Spins stört.
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Wie das MR-Signal entsteht
Die modernen,
zur MR-Bildgebung
verwendeten
HF-Spulen senden
einen HF-Puls als
zirkular polarisierte
Welle. Diese enthält
ein rotierendes
Magnetfeld.
Der HF-Puls
Wie bringt man die Spins aus dem Gleichgewicht,
ändert ihre Auf-Ab-Verteilung, ihre Phasenlagen,
ihre Orientierung?
Beispielsweise, indem man sie durch eine Magnet-
welle anregt. Die Welle ist kurz und hochfrequent
(HF), darum nennt man sie ➔ HF-Puls.
Wie soll man sich einen HF-Puls
vorstellen? Denken Sie beispielsweise an
eine magnetische Frisbee-Scheibe,
die plötzlich quer durch das statische
Magnetfeld fliegt.
Was macht die Frisbee-Scheibe? Sie wirkt
als rotierender Magnet, der gezielt das
homogene Magnetfeld stört.
Magnetische Frisbee-Scheiben
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
49
Wieso »stört« der HF-Puls die Spins?
Wenn er die »falsche« Frequenz hat,
überhaupt nicht.
Entscheidend ist: Um die Spins aus dem
Gleichgewicht bringen zu können, muss
der HF-Puls in ➔ Resonanz mit den Spins
sein. Das heißt, der rotierende Magnet
muss sich genauso schnell drehen wie die
magnetischen Spinkreisel.
Diese Resonanzbedingung bedeutet
physikalisch:
Die Schwingfrequenz des HF-Pulses muss
mit der Larmorfrequenz der Spins
übereinstimmen.
Die Magnetische Resonanzbedingung
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Wie das MR-Signal entsteht
Die Resonanzanregung bei MR können
wir mit der Schwingung von Stimm-
gabeln vergleichen. Eine angeschlagene
Stimmgabel beginnt zu schwingen und
erzeugt einen bestimmten Ton. Die
Tonhöhe entspricht der Schwingfrequenz
der akustischen Welle.
Eine zweite Stimmgabel wird genau dann
durch die Schallwelle in Schwingung
versetzt, wenn ihre Eigenfrequenz mit der
Frequenz der akustischen Welle, also der
Tonhöhe, übereinstimmt: Die beiden
Stimmgabeln sind in RESONANZ.
Im Einklang sein
Stimmgabeln in Resonanz
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
51
Was geschieht nun genau bei der Magnetresonanz?
Behelfen wir uns zunächst wieder mit einer
anschaulichen Analogie.
Stellen Sie sich bitte vor, »Sie sind« der rotierende
Magnet (d.h. der HF-Puls). Nun müssen Sie unbe-
dingt mit den kreiselnden Spins in Resonanz treten.
Hierzu laufen Sie um das Spinkarussell und werfen
Steine in eine rotierende »Spinwaage«. Sie haben
nur begrenzte Zeit. Wenn Sie zu schnell oder zu lang-
sam um das Spinkarussell laufen, gerät die Sache
außer Tritt. Dann können Sie immer nur nach einer
kompletten Umdrehung die Waage wieder einholen
und einen Stein hineinwerfen. Wenn Sie dagegen im
Gleichtritt mit der Spinwaage laufen, können Sie die
ganze Zeit Steine in die Waagschale füllen.
Im Gleichtakt mit dem Spinkarussell
»Steter Tropfen höhlt den Stein«: Die Spinwaage gerät
aus dem Gleichgewicht. Wir sehen die Magnetisierung
einfach umkippen.
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Wie das MR-Signal entsteht
Die Magnetisierung wird um so weiter kippen und
umklappen, je stärker die Energie des anregenden
HF-Pulses ist. Den Endwinkel der Kippung nennt
man den KIPPWINKEL oder Flipwinkel (α).
Pulse und Kippwinkel
Ein 180°-PULS klappt die
Magnetisierung in die ➔
entgegengesetzte
Richtung der z-Achse.
Ein 90°-PULS kippt
die Magnetisierung
genau in die
➔ xy-Ebene.
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
53
Wie stellt sich das Kippen der
Magnetisierung aus der Sicht der Spins
dar? Versetzen wir uns in die Lage der
Spins.
Zur Erklärung der Wirkung des
180°-Pulses erlauben wir uns ein
vereinfachtes Bild.
Angenommen, »Sie sind« einer der
Überschuss-Spins unseres »Sixpacks«.
Der HF-Puls überträgt Energie auf Sie,
und »zwar so gehörig, dass Sie einen
Handstand machen«.
180° – Der Handstand der Überschuss-Spins
ZU
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Vor dem 180°°°°-Puls
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Wie das MR-Signal entsteht
So auch die Spins: sie »flippen«, d.h. sie
springen vom Auf-Zustand in den energie-
reicheren Ab-Zustand. (Der Handstand ist
der labilere und energiereichere Zustand.)
Nach einem 180°-Puls sind alle
Überschuss-Spins vom Auf-Zustand in den
Ab-Zustand gesprungen.
Die Magnetisierung zeigt nun in die
Gegenrichtung.
Wie sich später zeigt, ist auch für das
Spinensemble dieser Zustand der labilere.
Es wird wieder in das energetische
Gleichgewicht zurückkehren.
Nach dem 180°°°°-Puls
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
55
Durch einen 90°-Puls entsteht eine
Magnetisierung in Querrichtung, in der
xy-Ebene. Hier reicht unser Bild der
flippenden Spins nicht aus. Wir müssen
etwas genauer hinschauen.
Solange der HF-Puls andauert, wirken
zwei Magnetfelder zugleich: das statische
Feld und kurzzeitig das rotierende
HF-Feld. Durch einen Trick können wir das
statische Feld verschwinden lassen:
Wir begeben uns mit den Spins auf das
Spinkarussell. Hier »spüren« die Spins
effektiv nur noch das rotierende HF-Feld
(den Frisbee-Magneten). Da es in
Resonanz mit den Spins rotiert, erscheint
seine Achse für die Spins statisch (sie zeigt
in unserem Beispiel nach vorne). Wie
reagieren die Spins auf diesen Magnet-
vektor? Natürlich, sie präzidieren um
dessen Wirkungsachse.
Die ursprüngliche Längsmagnetisierung
in z-Richtung wird so durch einen 90°-Puls
in die xy-Ebene verteilt. Heben sich die
xy-Komponenten der Spins nun wieder
wegen Phasenungleichheit auf?
90° – Phasen in Gleichklang bringen
Vor dem 90°°°°− Puls
Am Ende des 90
°°°°− Pulses
Sicher nicht, denn dann wäre am Ende eines
90
°
-Pulses die Magnetisierung
in allen Richtungen
Null
. Unser Bild demonstriert jedoch: Die xy-Kompo-
nenten der Spins zeigen nicht mehr »wild« in alle
Richtungen, sondern weitgehend in die gleiche
Richtung (in unserem Beispiel nach rechts).
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Wie das MR-Signal entsteht
Nach dem 90°°°°-Puls
Der 90
°
-Puls bringt die Phasen der Spins
also in Gleichklang. Nach dem gemein-
samen Kreiseln der Spinvektoren um die
Achse des HF-Pulses konzentrieren sie
sich in horizontaler Richtung. Es ist
ungefähr so, als hätte sich das ganze
Sixpack nach rechts »gelegt«.
Nun sind die z-Komponenten der
einzelnen Spins unbestimmt. Über das
gesamte Ensemble heben sie sich
statistisch auf. Die Längsmagnetisierung
ist Null.
Nach dem Puls spüren die Spins nur noch
das statische Magnetfeld und kreiseln
weiter um die z-Achse. Da sie phasen-
kohärent präzedieren, erzeugen sie in
Summe eine Magnetisierung in der
xy-Ebene, eine
Quermagnetisierung
, die
genauso groß ist wie die ursprüngliche
Längsmagnetisierung. Die Magneti-
sierung ist um 90
°
gekippt.
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
57
Ein HF-Puls bringt das Spinensemble aus
dem Gleichgewicht. Er muss hierzu die
Resonanzbedingung erfüllen: Die
Schwingfrequenz des HF-Pulses muss mit
der Larmorfrequenz der Spins überein-
stimmen.
Ein 90
°
-Puls kippt die Magnetisierung in
die xy-Ebene. Ein 180
°
-Puls klappt die
Magnetisierung in die entgegengesetzte
Richtung der z-Achse.
Auf den Punkt gebracht
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Wie das MR-Signal entsteht
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
59
Wir können die Magnetisierung wie einen
Vektor in zwei zueinander senkrechte
Komponenten zerlegen:
Die
LÄNGSMAGNETISIERUNG
M
z
ist der
Anteil des Vektors in Richtung der
z-Achse, also entlang des äußeren
Magnetfelds.
Die
QUERMAGNETISIERUNG
M
xy
ist die
Komponente des Vektors, die in der
xy-Ebene um das äußere Magnetfeld
rotiert. Wie schnell rotiert sie? Die
rotierende Quermagnetisierung ist die
Summe der Spinvektoren, die in gleicher
Phase in der xy-Ebene kreiseln – mit der
Larmorfrequenz. Also rotiert auch die
Quermagnetisierung mit der Larmor-
frequenz.
Wie das MR-Signal entsteht
Gestört durch einen HF-Puls kippt die Magnetisierung und erzeugt eine
Komponente in der xy-Ebene. Lassen Sie uns nun betrachten, wie die
umgeklappte Magnetisierung ein Signal erzeugen kann.
Die Magnetisierung zerlegen
Wie das MR-Signal entsteht
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Die Quermagnetisierung wirkt wie ein rotierender
Magnet. Man kann eine Spule in dieses rotierende
Magnetfeld bringen. Es erzeugt naturgemäß
in der
Spule eine
➔
elektrische Spannung
.
Der zeitliche Verlauf dieser Spannung ist das
MR-SIGNAL
. Das MR-Signal ist um so stärker, je
größer die Quermagnetisierung ist. Es fällt relativ
schnell ab.
Da die Quermagnetisierung nach dem Ende des
HF-Pulses
frei
rotiert,
dabei ein Signal
induziert
und
wieder
abfällt
,
nennt man dieses MR-Signal den
FREIEN
INDUKTIONSABFALL
, kurz
FID
(free induction decay).
Den Grund für den Signalabfall erläutern wir im
nächsten Kapitel.
Die Quermagnetisierung erzeugt das MR-Signal
1 Eine kleine Reise durch die MR-Physik
61
Aus der Elektrotechnik ist bekannt: Ein
sich in seiner Stärke oder Richtung
änderndes Magnetfeld erzeugt in einer
Spule eine elektrische Spannung. Das ist
die elektromagnetische Induktion.
Wissenswertes über die elektromagnetische Induktion
Wir nutzen die Induktion im Alltag häufig. In einem
Fahrraddynamo beispielsweise rotiert ein durch das
Rad angetriebener Magnet. Damit ändert sich
ständig die Richtung seines Magnetfelds. Diese
Magnetfeldänderung erzeugt (induziert) in der
Dynamospule eine elektrische Spannung. Es kann
ein Strom fließen, der die Fahrradlampe leuchten
lässt. Je schneller der Dynamomagnet rotiert, um so
höher ist die induzierte Spannung, und um so heller
leuchtet die Fahrradlampe.
Die Spannung wächst
Wie das MR-Signal entsteht
Atomkerne und Spins So entsteht die Magnetisierung
Spinschwingungen im Magnetfeld
Die Spins aus dem Gleichgewicht bringen
Ein HF-Puls bringt das Spinensemble
aus seinem ursprünglichen Gleich-
gewicht.
Nach dem Ende eines 90
°
-Pulses ist
die Längsmagnetisierung in die
xy-Ebene gekippt. Sie rotiert als
Quermagnetisierung mit der
Larmorfrequenz.
Die rotierende Quermagnetisierung
erzeugt das MR-Signal, das schnell
wieder ab fällt (FID).
Sie haben gesehen, wie eine zunächst
unmagnetische Probe in einem statischen
Magnetfeld magnetisiert wird. Aus
energetischen Gründen baut sich in
Richtung des äußeren Feldes eine
Magnetisierung auf.
Das energetische Gleichgewicht ist
dynamisch
: Die einzelnen Kernspins
wechseln spontan ihren Energiezustand.
Die Gesamtzahl der Überschuss-Spins
bleibt jedoch gleich und hält somit die
konstante Magnetisierung aufrecht.
Zusammenfassung
63
2
Relaxation verstehen
Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T
1
)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T
2
)Das Spinecho (T
2*) Das Gradientenecho
Nach einem 90°-Puls ist die
Längsmagnetisierung Null, sie rotiert als
Quermagnetisierung in der xy-Ebene.
Bleibt dieser Zustand bestehen? Nein.
Die Quermagnetisierung geht relativ schnell
wieder verloren, deshalb fällt das MR-Signal ab.
Wir werden sehen, dass die Längsmagneti-
sierung nach dem 90°-Puls wieder zu ihrer alten
Größe anwächst – so, »als wäre nichts
geschehen«.
Diesen Vorgang nennt man RELAXATION.
Über Spinerholung und Echos
2 Über Spinerholung und Echos
65
Man könnte glauben, wenn die
Quermagnetisierung zerfällt und die
Längsmagnetisierung sich wieder
aufbaut, dann bedeutet dies: Die
Magnetisierung, sich selbst überlassen,
kippt wieder in die z-Richtung zurück ...
Das stimmt jedoch nicht.
Die Quermagnetisierung Mxy zerfällt
schneller, als die Längsmagnetisierung Mz
sich wieder aufbaut. Beide Prozesse
verlaufen ➔ exponentiell.
Der Aufbau der Längsmagnetisierung
dauert eine gewisse Zeit (T1). Innerhalb
kürzerer Zeit ist die Quermagnetisierung
schon verschwunden (T2).
Relaxation verstehen
Nach jeder Störung durch einen HF-Puls nehmen die Spins wieder ihren
Grundzustand ein, sie »erholen« sich. Wir werden feststellen, dass wir diese
RELAXATION durch zwei voneinander unabhängige Prozesse beschreiben können,
indem wir Längsmagnetisierung und Quermagnetisierung getrennt betrachten.
Längs und Quer
Relaxation verstehen
Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Vergleichen wir dies mit einer fallenden
Kiste. Wenn man sie von einem hohen
Turm aus abwirft, fällt sie mit wachsender
Geschwindigkeit auf den Erdboden
nieder. Ursache ist die Schwerkraft der
Erde. So weit so gut.
Wenn man die Kiste von einem Flugzeug
aus abwirft, wirken zwei »Kräfte«
zugleich: 1. die Schwerkraft, 2. die
Bewegungsenergie in Flugrichtung.
Die tatsächliche Bewegung der Kiste
ist eine Überlagerung der beiden
voneinander unabhängigen
Bewegungen. Während die Kiste immer
tiefer fällt, fliegt sie kaum noch in
Flugrichtung weiter.
Eine fallende Kiste
2 Über Spinerholung und Echos
67
Viele natürliche und soziale Prozesse
haben einen mathematisch einfachen
Verlauf: sie sind EXPONENTIELL. Die
Vermehrung von Bakterien, die Abnahme
radioaktiver Strahlung, der Zinseszins, all
dies verläuft exponentiell. So auch die
Spinerholung. Grund genug, sich damit
zu beschäftigen.
Der Zinseszins ist ein Beispiel für
ungebremstes Wachstum. Angenommen,
Sie besitzen Aktien oder Fonds im Wert
von 10 000 Euro, die im Schnitt mit 10 %
verzinst sind. Dann ist Ihr Vermögen nach
10 Jahren auf etwa 26 000 Euro
gewachsen, nach 20 Jahren auf
67 000 Euro, nach 50 Jahren beträgt es
ganze 1,2 Millionen Euro.
Zinseszins und exponentielles Wachstum
Bergauf und bergab
Relaxation verstehen
Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Ein Beispiel für exponentielle Abnahme
ist eine Währungsinflation. Stellen Sie
sich vor, Sie hätten 100 000 Euro Bargeld,
und die Inflationsrate betrüge satte 10 %.
Dann wäre Ihr Geld nach 10 Jahren nur
noch etwa 34 000 Euro wert, nach
20 Jahren etwa 12 000 Euro und nach
50 Jahren ist Ihr Geld praktisch wertlos.
2 Über Spinerholung und Echos
69
Eine RELAXATION ist ein dynamischer
Prozess: Ein System kehrt aus einem
Nichtgleichgewichtszustand in sein
Gleichgewicht zurück.
Der Verlauf bremst ab, bis ein
Sättigungswert erreicht ist:
Die Relaxation ist um so stärker,
je weiter das System noch im
Nichtgleichgewicht ist. Je näher das
Gleichgewicht bzw. die Wachstumsgrenze
rückt, um so schwächer wird die Relaxation
(die Kurve flacht mit der Zeit ab).
Ungefähr so, wie ein gespanntes
Gummiband weniger stark zurückschnellt,
wenn es weniger gespannt ist.
Was ist eine Relaxation?
Wenn die Relaxation exponentiell verläuft, kann man sie
durch ihre ZEITKONSTANTE T beschreiben:
Nach der Zeit T ist die relaxierende Größe auf etwa 63 %
ihres Endwerts angewachsen. Nach 2T beträgt sie bereits
86 %, nach 3T etwa 95 % des Endwerts. Nach der Zeit 5T ist
der Prozess fast ganz abgeschlossen und der
Gleichgewichtszustand erreicht.
Gleichgewicht
Nichtgleichgewicht
Relaxation verstehen
Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Fassen wir zusammen: Während die Längsmagnetisierung
sich aufbaut, zerfällt die Quermagnetisierung.
Die Quermagnetisierung nimmt wesentlich rascher ab,
als die Längsmagnetisierung anwächst.
Bergab geht ‘s schneller als bergauf
Die T2-Konstante ist also im Normalfall
bedeutend kürzer als die T1-Konstante.
Die Zeitkonstanten heißen T1 und T2.
Längs – Bergauf – T1Quer – Bergab – T2
2 Über Spinerholung und Echos
71
Der Aufbau der Längsmagnetisierung ist ein
exponentieller Prozess. Das ist die
LÄNGSRELAXATION. Ihre Zeitkonstante nennt
man T1.
Nach Ablauf der Zeit T1 ist die
Längsmagnetisierung Mz auf etwa 63 % ihres
Endwerts angewachsen. Nach 5 mal T1 hat
sie sich vollständig aufgebaut.
Ist die Zeitkonstante T1 überall gleich? Im
gesamten Körper, für alle Gewebe? Nein, zum
Glück nicht. Die T1-Konstante hängt vom
betroffenen Gewebe ab, sie ist gewebe-
spezifisch.
Die Längsmagnetisierung baut sich auf (T1)
Nach einer gewissen Zeit erholt sich die Längsmagnetisierung wieder vollständig von der
Störung durch den HF-Puls. Das Spinensemble strebt im statischen Magnetfeld seinem
energetischen Gleichgewichtszustand zu.
Zurück in den Gleichgewichtszustand
Die Längsmagnetisierung baut sich auf (T1)
Relaxation verstehen Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Fett
weiße Substanz
graue Substanz
Liquor
T1-Konstanten unter der Lupe
Verschiedene Gewebearten zeigen unterschiedliche
Relaxationszeiten. Dies ist der Schlüssel zu dem großen
Bildkontrast, der mit MR erreicht werden kann.
Wieso geschieht dies?
Die Energie der angeregten Spins geht durch
Wechselwirkung mit dem ➔ Gitter wieder verloren.
Einfache Merkregel:
Fett hat kurzes T1,
Wasser hat langes T1.
Wie die Tabelle zeigt, ist die T1-Konstante auch
feldstärkeabhängig.
T1-Konstanten (in ms)
0,2 Tesla 1,0 Tesla 1,5 TeslaFett 240Muskel 370 730 863Weiße Substanz 388 680 783Graue Substanz 492 809 917Liquor 1400 2500 3000
2 Über Spinerholung und Echos
73
Fett
weiße Substanz
graue Substanz
Liquor
Die Protonen wechseln
ihren Spinzustand bei
Resonanz. Wodurch
springen sie nach Ende
des HF-Pulses wieder ins
Gleichgewicht zurück?
Tatsächlich »spüren« die
Protonen permanent
lokal schwankende
Magnetfelder, die durch
die Molekularbewegung
hervorgerufen werden
(»magnetisches Rau-
schen«). Diese winzigen
Magnetfeldschwankun-
gen überlagern das
äußere Magnetfeld. Den
stärksten Einfluss haben
jene magnetischen Feld-
schwankungen, die mit
dem Kreiseln (Larmor-
frequenz) der Protonen
übereinstimmen und
quer zum Hauptfeld
schwingen. Sie wirken
wie kleine HF-Pulse und
lassen die Spins
»flippen«.
Die Spin-Gitter-Relaxation
ZU
R D
ISK
USS
ION
Die Längsmagnetisierung baut sich auf (T1)
Relaxation verstehen Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Die Umgebung eines Protons besteht oft
aus größeren Molekülen (Lipide) und
Makromolekülen (Proteine).
Wasserstoffprotonen innerhalb eines
relativ gering beweglichen Fettmoleküls
ebenso wie Protonen, die an Protein
angelagert sind, spüren die lokalen
Feldschwankungen stark: Sie wechseln
schnell ihren Spinzustand. Fettgewebe
beispielsweise zeigt daher eine relativ
kurze T1-Relaxation.
In Flüssigkeiten ist die Molekular-
bewegung des Wassers bedeutend
schneller als die meisten Feld-
schwankungen. Resonanzen mit
schwingenden Magnetfeldern sind
seltener und schwächer: Die Protonen
wechseln nicht so schnell ihren
Spinzustand. Reines Wasser und die
Gehirnflüssigkeit (Liquor) zeigen daher
eine relativ lange T1-Relaxation.
Woher kommen die Feldschwankungen?
Sie entstehen durch magnetische
Dipolfelder von ungepaarten Elektronen
und anderen Kernen.
Wieso »Spin-Gitter-Relaxation«? Die
Umgebung eines Protons nennt man
»Gitter«, auch bei Flüssigkeiten, obwohl
ursprünglich die Gitterstrukturen in
Festkörpern gemeint sind. Da das
Spinensemble während der
Längsrelaxation Energie an das Gitter
abgibt, nennt man den T1-Prozess auch
SPIN-GITTER-RELAXATION. Dieser Prozess
findet nicht nur nach der Störung durch
einen HF-Puls statt, sondern bereits beim
Aufbau der Längsmagnetisierung,
nachdem der Patient in das Magnetfeld
gebracht wurde.
Wir haben gezeigt: Die T1-Konstante
hängt von der Größe der Gewebe-
moleküle, ihrer Mobilität und der Art ihrer
Umgebung ab. Sie gibt an, wie schnell ein
Spinensemble innerhalb eines bestimm-
ten Gewebes seine überschüssige
magnetische Energie an das Gitter
abgeben kann.
2 Über Spinerholung und Echos
75
Da verschiedene Gewebetypen
unterschiedliche T1-Relaxationen zeigen,
kann die MR-Bildgebung diese
Unterschiede als Bildkontrast darstellen.
Wie dies genau geschieht, erläutern wir in
einem folgenden Kapitel.
Dies ist der diagnostische Nutzen:
Pathologisches Gewebe besitzt eine
andere Wasserkonzentration als das
umgebende Gewebe und damit andere
Relaxationskonstanten. Die Relaxations-
unterschiede werden als Kontrast im
MR-Bild sichtbar.
T1
Ein Vorgeschmack auf den T1-Kontrast
Im T1-Kontrast
erscheint
Liquor dunkel
Die Längsmagnetisierung baut sich auf (T1)
Relaxation verstehen Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Nach einer Störung kehrt das
Spinensemble in sein energetisches
Gleichgewicht zurück. Die
Längsmagnetisierung baut sich in
wenigen Sekunden wieder vollständig
auf. Dieser Vorgang ist die
Längsrelaxation.
Die Längsrelaxation folgt einem
exponentiellen Wachstumsverlauf, der
durch die Zeitkonstante T1 charakterisiert
ist. T1 ist ein Maß für den Aufbau der
Längsmagnetisierung.
Die T1-Konstante ist gewebeabhängig.
Diese Eigenschaft wird für den Kontrast
im MR-Bild ausgenutzt.
Auf den Punkt gebracht
Ursache für die T1-Relaxation sind lokale
Magnetfeldschwankungen, die durch die
Molekularbewegung hervorgerufen
werden. Am stärksten wirken
Magnetfeldschwingungen im Bereich der
Larmorfrequenz. Unter ihrem Einfluss
wechseln die Protonen ihren Spinzustand.
2 Über Spinerholung und Echos
77
Direkt nach
dem HF-Puls
kreiseln die Spins
phasenkohärent,
sie verhalten sich wie
ein einziger großer
Magnet, der in der
xy-Ebene rotiert.
Wegen
unvermeidlicher
Wechselwirkungen
geht die Kohärenz
zwischen den
kreiselnden Spins
wieder verloren.
Die Spins geraten
außer Phase, die
Quermagnetisierung
nimmt ab.
Nach einem 90°-Puls entsteht eine rotierende Quermagnetisierung, die das
MR-Signal erzeugt. Dieses Signal, der Freie Induktionszerfall (FID), klingt schnell
wieder ab. Das heißt, die Quermagnetisierung geht wieder verloren.
Offensichtlich geraten die Spins wieder außer Phase.
Die Spins geraten außer Phase
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Für das Verständnis der MR-Bildgebung ist
dieser Vorgang grundlegend: Die Spins
DEPHASIEREN, d.h. die rotierende
Quermagnetisierung wird wieder in ihre
einzelnen Spinmagnete »aufgefächert«
und daher immer kleiner. Das MR-Signal
klingt exponentiell ab.
Das ist die QUERRELAXATION. Ihre
Zeitkonstante nennt man T2. Wie wir
später sehen werden, ist diese Zeit nur
ideal. Praktisch fällt der FID schneller ab.
Die Phasenkohärenz der Spins ist nach der
Zeit T2 auf ca. 37 % gesunken, nach 2 mal
T2 auf ca. 14 % und nach 5 mal T2 ist sie
fast vollständig verschwunden.
Wir können dies
mit einer Gruppe von
Wettläufern vergleichen.
Während des Starts sind
sie noch auf einer Linie.
Zum Beispiel Wettläufer ...
2 Über Spinerholung und Echos
79
Nach dem Start laufen die Wettläufer wegen ihrer
unterschiedlichen Geschwindigkeiten immer weiter
auseinander. Als Zuschauer stellen Sie fest, dass die
auf der Startlinie noch vorhandene Ordnung unter
den Läufern – sagen wir ruhig Kohärenz – während
des Rennens schnell verloren geht.
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Fett
weiße Substanz
graue Substanz
Liquor
Auch die Zeitkonstante T2 ist gewebespezifisch.
T2-Konstanten unter der Lupe
Es gilt das gleiche
wie bei der T1-Konstante:
Fett hat kurzes T2,
Wasser hat langes T2.
Die T2-Konstanten sind weitgehend unabhängig
von der Feldstärke.
T2-Konstanten (in ms)
Fett 84Muskel 47Weiße Substanz 92Graue Substanz 101Liquor 1400
2 Über Spinerholung und Echos
81
Die Relaxationsprozesse, die die Zunahme
der Längsmagnetisierung bestimmen,
führen auch zum Abfall der Quer-
magnetisierung (vergleichbar der
fallenden Kiste, die auf jeden Fall der
Schwerkraft unterworfen ist). Da die
Quermagnetisierung schneller abnimmt,
als die Längsmagnetisierung zunimmt,
muss ihrem Zerfall ein weiterer
Mechanismus zugrunde liegen (die Kiste
wird zusätzlich mit der Geschwindigkeit
des Flugzeugs abgeworfen).
Die Zusatzprozesse sind vor allem ➔ Spin-
Spin-Wechselwirkungen innerhalb des
Ensembles.
Was ist bei der Querrelaxation anders?
Obwohl die Wechselwirkung zwischen den Spins nicht
die einzige Ursache für die Querrelaxation ist, hat sich
der Begriff SPIN-SPIN-RELAXATION eingebürgert.
Wie dargestellt, sind schwankende Magnetfelder in der
Nähe der Larmorfrequenz verantwortlich dafür, dass die
Protonen ihre Spinzustände ändern. Dies ist die Ursache
für die Längsrelaxation. Sie hat auch ihre Querwirkung:
Beim Ändern eines Spinzustandes geht stets auch die
Phase verloren. Flippende Spins verlieren ihre Phasen-
kohärenz, die Spinkreisel beginnen zu dephasieren. Das
heißt, die dynamischen Prozesse der Längsrelaxation
verursachen auch die Querrelaxation.
Die Spin–Spin-Relaxation
ZU
R D
ISK
USS
ION
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Die kreiselnden Spinmagnete geraten
wegen dieser leicht unterschiedlichen
Präzessionsfrequenzen zusätzlich außer
Tritt. Wie unterschiedlich schnelle
Wettläufer, die auseinander laufen. Ihre
gemeinsame Wirkung wird schwächer
und verschwindet, noch ehe sich die
Längsmagnetisierung wieder aufgebaut
hat.
Innerhalb eines Voxels können
unterschiedliche Gewebetypen
zusammentreffen. Die Querrelaxation ist
dann das Ergebnis einer komplexen
Zusammenwirkung und lässt sich nur
noch sehr angenähert durch eine simple
Exponentialkurve beschreiben.
Darüberhinaus ändert der Wechsel eines
Spinzustandes das lokale Feld um einen
kleinen Betrag. Die z-Komponente des
Spins zeigt ja nun in die Gegenrichtung.
Benachbarte Protonen spüren dann eine
lokale Magnetfeldänderung in z-Richtung,
die etwa 1 Millitesla beträgt.
Was bedeutet dies für die Spins? Wenn das
statische Magnetfeld lokale Unterschiede
aufweist, sind auch die Kreiselfrequenzen
(Präzession) in diesem Bereich
unterschiedlich. Die Präzessions-
frequenzen der angeregten Spins streuen
aus diesem Grunde um etwa 40 kHz um
die normale Larmorfrequenz.
2 Über Spinerholung und Echos
83
Da verschiedene Gewebetypen
unterschiedliche T2-Relaxationen zeigen,
kann die MR-Bildgebung diese
Unterschiede als Bildkontrast darstellen.
Wie dies genau geschieht, erläutern wir in
einem folgenden Kapitel.
Ein Vorgeschmack auf den T2-Kontrast
Im T2-Kontrast
erscheint Liquor
hell, im
Gegensatz zum
T1-Kontrast.
T2
T1
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Das Spinecho (T2*) Das Gradientenecho
Unmittelbar nach der Anregung durch
einen HF-Puls verlassen die Kernspins den
angeregten Zustand wieder und kehren in
ihren Grundzustand zurück:
1. Es entsteht wieder das energetische
Gleichgewicht zwischen Auf- und Ab-
Spins, die Überschuss-Spins erzeugen die
Längsmagnetisierung.
2. Die Spins kreiseln wieder außer Phase,
so dass keine Quermagnetisierung
beobachtbar ist.
Auf den Punkt gebracht
Die Querrelaxation folgt einer
exponentiellen Abklingkurve, die durch
die Zeitkonstante T2 charakterisiert ist.
T2 ist ein Maß für die Dephasierung der
Kernspins.
Auch die T2-Konstante ist gewebeab-
hängig und trägt zum Kontrast im Bild bei.
2 Über Spinerholung und Echos
85
Der wahre Zerfall des FID
Die rotierende Quermagneti-
sierung erzeugt in einer Spule
das MR-Signal (FID). Eigentlich
könnten wir erwarten, dass es
mit der Konstante T2 abfällt.
Tatsächlich fällt der FID wesentlich
schneller ab, mit einer kürzeren
effektiven Zeitkonstante T2*.
Das Spinecho (T2*)
Das MR-Signal ist abgeklungen, die Quermagnetisierung scheint zerfallen.
Doch nun kommt der magische Augenblick: Wir holen das MR-Signal zurück.
Durch einen Trick erzeugen wir ein Spinecho.
Es sind vor allem lokale Feldvariationen, die durch
den Körper des Patienten verursacht werden, und
technische Inhomogenitäten des Magneten.
Diese statischen Magnetfeldunterschiede tragen
zusätzlich zur Auffächerung der Spins bei: Sie
dephasieren schneller als die T2-Relaxation.
Warum ist das so?
Das statische Magnetfeld, das die Spins
spüren, ist keineswegs überall gleich, es
ist INHOMOGEN. Im Gegensatz zu den
Prozessen, die den T2-Abfall verursachen,
haben wir es hier mit rein statischen
Magnetfeldunterschieden zu tun, die
räumlich und zeitlich konstant sind.
Das Spinecho (T2*)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Gradientenecho
Der Umkehrtrick
Wozu kümmern wir uns dann
überhaupt um die T2-Konstante?
Die Phasenkohärenz der Spins
scheint doch schon in der T2*-Zeit
unwiderruflich zerstört.
Doch das ist ein Irrtum.
Erinnern Sie sich an unsere auseinander-
laufenden Wettläufer? Wir können
sie wieder in Reihe bringen:
Nach einer bestimmten Zeitspanne
sollen alle Läufer einen Umkehrbefehl
erhalten – das heißt, sich um 180°
drehen und zurücklaufen.
2 Über Spinerholung und Echos
87
Die schnellsten Läufer sind nun die
letzten. Vorausgesetzt, sie behalten ihre
Laufgeschwindigkeit exakt bei, werden
sie nach der gleichen Zeitspanne die
langsameren Läufer genau auf der
Startlinie wieder eingeholt haben. Fast
wie in einem Film, der rückwärts gelaufen
ist.
Als Zuschauer hätten Sie möglicherweise
geglaubt, dass die auf der Startlinie noch
vorhanden gewesene Ordnung während
des Rennens völlig verloren gegangen sei.
Nun können Sie feststellen, dass die
Ordnung durch den Umkehrtrick
wiederhergestellt ist. Wir erleben ein
»Echo« des Starts.
Die Ersten werden die Letzten sein ...
Echo
Das Spinecho (T2*)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Gradientenecho
Da die statischen
Magnetfeldunterschiede räumlich und
zeitlich konstant sind, können wir ihren
Einfluss ebenfalls durch einen
Umkehrtrick rückgängig machen.
Wir machen es nicht exakt wie bei den
Läufern, denn dann müssten wir das
ganze Magnetfeld umpolen (die Spins
würden in umgekehrter Richtung
kreiseln).
Statt dessen geben wir den Umkehrbefehl
durch einen 180°-Puls! Durch den
180°-Puls werden die Spins sozusagen
wie ein »Omelett gewendet«: Die
Phasenreihenfolge der Spins wird dabei
umkehrt, die Kreiselrichtung bleibt gleich.
Spins wie ein Omelett wenden
Resultat: Die schnelleren Spinkreisel (1) liegen jetzt
hinter den langsameren (3) – und holen sie wieder
ein ...
2 Über Spinerholung und Echos
89
Spinecho
Das also ist der Effekt des 180°-Pulses:
Die auseinander-gelaufenen Spins
geraten wieder in Phase, und es entsteht
ein neues MR-Signal – das SPINECHO.
Der 180°-Puls wird nach der Laufzeit τ
hinter dem 90°-Puls geschaltet. Das
Spinecho-Signal steigt zunächst an und
erreicht nach der doppelten Laufzeit (2τ)
sein Maximum. Diesen Zeitraum nennt
man die ECHOZEIT (TE). Das Spinecho fällt
danach wieder ab.
Hier kommt das Echo
Das Spinecho (T2*)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Gradientenecho
Wenn wir mehrere 180°-Pulse
hintereinander folgen lassen,
entstehen mehrere Spinechos,
erzeugt durch eine MULTIECHO-
SEQUENZ. Die Amplitude der
Echos ist kleiner als die des FID.
Je größer die Echozeit ist,
desto kleiner wird das Echo.
Das können wir so lange wiederholen,
bis die Quermagnetisierung durch die
T2-Relaxation unwiederholbar
verloren gegangen ist.
Wichtig: Das Spinecho-Signal selbst
nimmt mit T2* ab, seine Stärke
(Amplitude, Maximum) jedoch mit T2.
Allgemein gilt:
T2* < T2 < T1
Echos hintereinander packen
Da der FID gleich nach dem 90°-Puls abfällt, lässt
sich seine Stärke schlecht messen. Daher verwendet
man bevorzugt die Echos zur Bildgebung.
2 Über Spinerholung und Echos
91
Der FID fällt mit der sehr kurzen
Zeitkonstanten T2* ab. Ursache für den
schnellen Abfall sind statische
Magnetfeldunterschiede, die räumlich
und zeitlich konstant sind. Sie lassen die
Spins rasch dephasieren.
Durch einen 180°-Puls können wir das
MR-Signal wieder zurückholen. Das ist das
Spinecho.
Durch mehrere 180°-Pulse hintereinander
erzeugen wir mehrfache Echos. Das ist so
lange möglich, wie die T2-Relaxation noch
anhält.
Es gilt:
T2* < T2 < T1
Auf den Punkt gebracht
Die Stärke des FIDs lässt sich schlecht
messen. Daher werden Echos für die
Bildgebung bevorzugt.
Das Spinecho (T2*)
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Gradientenecho
2 Über Spinerholung und Echos
93
Das Gradientenecho
Ein Echo des FIDs kann man auf mehrere Arten erzeugen.
Die MR-Bildgebungstechnik kennt zwei grundlegende Verfahren. Das Spinecho
haben wir bereits kennengelernt. Nun werden wir seinen »Bruder« betrachten:
das Gradientenecho.
Das Magnetfeld ändern
Angenommen, wir verzichten auf den
umkehrenden 180°-Puls. Dann gibt es
natürlich auch kein Spinecho. Wie
erhalten wir dennoch ein MR-Signal?
Direkt nach dem HF-Puls ändern wir das
Magnetfeld so, dass es in einer Richtung
kleiner wird, in der Gegenrichtung größer.
Diese Änderung nennt man einen ➔
Gradienten.
Die ursprüngliche Feldstärke (B0) ist nur
noch an einer Stelle erhalten, »vor« und
»nach« dieser Stelle ist die Feldstärke
kleiner bzw. größer. Wie Sie noch wissen,
ist die Kreiselfrequenz der Spins direkt
proportional zur Feldstärke: Die Spins
kreiseln nun längs der Feldänderung
verschieden schnell.
Das Gradientenecho
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*)
Ein Gradient ist eine Steigung,
vergleichbar der Steigung einer
Straße. Mathematisch
betrachtet, definiert ein
Gradient die Stärke und die
Richtung der Veränderung
einer Größe im Raum.
Auf die MR-Technik
übertragen:
Ein MAGNETISCHER
FELDGRADIENT ist eine
Änderung des Magnetfeldes in
einer bestimmten Richtung,
eine lineare Zunahme oder
Abnahme.
Was ist ein Gradient?
Steigende Felder
2 Über Spinerholung und Echos
95
Ein Echo einmal anders
Durch einen Gradienten (–) direkt
nach dem HF-Puls werden die
Kreiselfrequenzen der Spins künstlich
aufgefächert. Da sie nun verschieden
schnell kreiseln, geraten sie schneller
außer Phase, sie werden DEPHASIERT.
Der FID wird so bedeutend schneller
zerstört, als er auf natürliche Weise
abfallen würde.
Durch einen umgepolten Gradienten (+)
werden die Spins wieder in Phase
gebracht, REPHASIERT. Wir messen ein
Echo während des Wiederaufbaus des
FID. Weil man dieses Echo durch
Gradienten erzeugt, nennt man es
GRADIENTENECHO.
Gradientenecho
Das Gradientenecho
Relaxation verstehen Die Längs-magnetisierung baut sich auf (T1)
Die Quermagnetisierung zerfällt (T2)
Das Spinecho (T2*)
Die Echozeit TE muss bei einer Gradientenecho-
Sequenz wesentlich kürzer sein als bei der Spinecho-
Technik. Warum?
Bei der Gradientenecho-Technik fällt der 180°-Puls
weg. Das heißt, im Gegensatz zur Spinecho-Technik
machen wir die statischen T2*-Dephasierungs-
mechanismen nicht rückgängig. Statt dessen
zerstören wir durch Gradientenpulse schnell den FID
und bauen ihn wieder auf, alles innerhalb des
T2*-Abfalls.
Die Echozeit für ein Gradientenecho muss also in die
T2*-Zeit hineinpassen. Aus diesem Grunde ist die
Gradientenecho-Technik schneller
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