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Teoretický vzorec pojmu kvalita v žurnalistike
Theoretisches Modell des Begriffes Qualität im Journalismus
Bratislava, 29. April 2008, 13-15 Uhr
Vinzenz Wyss
Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM
der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
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Ziel
• Sie verfügen über ein klares Konzept, wie journalistische Qualität theoretisch hergeleitet werden kann.
• Sie unterscheiden dabei pragmatisch-utilitaristische Konzepte von demokratie- und journalismustheoretischen Konzepten
• Die können den Weg nachvollziehen, wie das Konzept der Qualität im Journalismus von der gesellschaftlichen Funktion des Journalismus deduktiv abzuleiten ist.
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Praktische Herausforderung…
• Die journalistische Arbeit ist nur über Sinnstrukturen nur steuerbar, wenn Redaktionsmitglieder über ein Konzept journalistischer Qualität verfügen.
• Regulierungsbehörden erwarten vor dem Hintergrund von Media Governance zunehmend, dass Medienorganisationen ihre Qualitätsziele offen legen.
• Z.B. für den öffentlichen Rundfunk (SRG) in der Schweiz gilt:
• „Die SRG definiert inhaltliche und formale Qualitätsstandards. Sie veröffentlicht diese Standards, führt regelmässige interne Qualitätskontrollen durch und informiert die Öffentlichkeit über deren Ergebnisse.“
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Qualitätsmaßstäbe im Journalismus als abhängige Variable
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Ganzheitlicher Qualitätsbegriff
Qualität der Prozesse
Qualität der Produkte
Qualität der Arbeitsbedingungen
Qualität der Aussenbeziehungen
Gegenstandsbereiche
Qualität der Prozesse
Qualität der Produkte
Qualität der Arbeitsbedingungen
Qualität der Aussenbeziehungen
Gegenstandsbereiche
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Multiperspektivität der Qualitätsbeurteilung
•Welche Anspruchsträger?
Publikum
Mitarbeiter
Werbewirtschaft
PR-Stellen
Interessen-
vertreter
Behörden
Experten
•Welches Bezugssystem?
»Realität«
Gesellschaft
Interessengruppen
Betroffene
Publikum
Unternehmen
Medium
•Welche Ebene?
Mediensystem
Journalismus
Medienunternehmen
Redaktion
Redakteur
Arbeitsprozess
Gesamtprodukt
red. Beitrag
•Welche Normen?
Auftrag
Berufsnormen
Leitbild
Redaktionskonzept
Ethik-Kodices
Redaktionsstatuten
Richtlinien
•Welche Qualitätsmerkmale?
•Richtigkeit, Vielfalt, Unabhängigkeit, Objektivität, Fairness, Akzeptanz, Originalität, Transparenz, Authentizität, Relevanz, Aktualität, Verständlichkeit, Exklusivität
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Allgemeiner Definitionsversuch
»Qualität ist die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte oder vorausgesetzte Erwartungen und Anforderungen zu erfüllen« (International Standards Organization ISO)
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Vier verschiedene Wege der Herleitung von Qualität im Journalismus
• Pragmatisch-utilitaristische Perspektive
– Praktiker fragen
– Recht konsultieren
• Linguistisch-semiotische Perspektive
– aus Zeichentheorie ableiten
• Demokratietheoretische Perspektive
– Vor dem Hintergrund der Demokratie definieren
• Gesellschaftstheoretische Herleitung +++
– gesellschaftliche Anforderungen an den Journalismus als Soziales System
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Pragmatisch-utilitaristisch
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Relevanz der Qualitätskriterien bei der Beurteilung
journalistischer Produkte (in %) (Wyss 2002)
Qualitätskriterium N = 45
sehr relevant
(1)
mäßig relevant (2)
wenig relevant (3)
Mittelwert
Richtigkeit 84 16 0 1.16
Verständlichkeit 67 31 2 1.36
Aktualität 60 38 2 1.42
Relevanz 60 33 7 1.47
Vermittlung 49 38 13 1.64
Vielfalt 36 42 22 1.87
Objektivität 36 33 31 1.96
Trennungsnorm 29 29 42 2.13
Akzeptanz 24 24 51 2.27 Frage: »An welchen Qualitätskriterien orientieren Sie sich bei Ihrer täglichen Arbeit, wenn Sie redaktionelle Beiträge hinsichtlich ihrer Qualität beurteilen?«
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Medienrecht
(Meier/Bonfadelli 1994)
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Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen
und Journalisten
• Pflichten der Journalistinnen und Journalisten:
– Wahrheitspflicht (Ziff. 1)
– Unabhängigkeit und Ansehen des Berufes wahren (Ziff. 2)
– Objektivitäts- und Transparenzgebot (Ziff. 3)
– Verbot unlauterer Recherchemethoden und des Plagiats (Ziff. 4)
– Berichtigungspflicht (Ziff. 5)
– Wahrung des Berufsgeheimnisses und des Zeugnisverweigerungsrechts (Ziff. 6)
– Respektierung der Privatsphäre und Unterlassen anonymer und sachlich nicht gerechtfertigter Anschuldigungen (Ziff. 7)
– Respektierung der Menschenwürde und des Diskriminierungsverbotes (Ziff. 8)
– Keine Vorteilnahme, die die Unabhängigkeit einschränken könnte (Ziff. 9)
– Journalistische Unabhängigkeit gegenüber Inserenten (Ziff. 10)
– Grundsätzliches Verbot der Entgegennahme journalistischer Weisungen (Ziff. 11)
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Publikums-Konzeptionen
• Das Publikum als aktiv handelnde Individuen, die als Konsumenten Medienangebote nach eigenen Bedürfnissen nutzen
• Das Publikum als Stakeholder
• Das Publikum als Identifikation suchende, spezifische Gruppe im Sinne einer Fan-Kultur
• Das Publikum als Zielgruppe und ökonomischer Wert für die werbetreibende Wirtschaft („coin of exchange“)
• Das Publikum als aktiver, sozialer Akteur, der von den Medien unterstützt wird, sich in der Gesellschaft zu beteiligen und einzubringen
(Quellen: Kiefer 2001; Siegert 1998; Karmasin 1998 Bonfadelli/Meier 1996; Webster/Pahlen 1994)
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Linguistisch-semiotisch
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redaktionellerBeitrag
Inhalt- Aktualität- Objektivität- Richtigkeit- Relevanz- Vielfalt
Redaktion- red. Konzept- Anspruch- Intention- Produktions- bedingungen
Gestaltung- Dramaturgie- Präsentation
Rezipienten- Erwartung- Interessen- Zuwendung
Journ. Zugriff- Personalisierung- Aktualisierung- Dramatisierung
Beitragsumfeld- Plazierung- Mix
Gestaltungsprozess
Semiotisches Zeichenprozessmodell (Saxer/Kull 1981)
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Demokratietheoretisch
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Media Performance
(McQuail 1992)
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Gesellschaftstheoretisch
gesellschaftliche Anforderungen an den Journalismus als Soziales System
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Von was sprechen wir?Theoretischer Annäherungsversuch
Religion
Politik
Wissenschaft
etc.
KulturJournalismus
Public Relations
Demonstration
Film
Forschungs- bericht
Verkündigung
ÖffentlichkeitUrteil
Wirtschaft Recht
Public Relations
PR.
Jour.
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Funktion des Journalismus
Selbstbeobachtung und Synchronisation der Gesellschaft
Journalismus beobachtet zur Ausübung seiner gesellschaftlichen Funktion
gleichzeitig mehrere Systeme und deren Irritationen zwischen einander.
Er löst mit dieser Leistung für die Gesellschaft ein zentrales Problem:
Der Journalismus knüpft die anderen dynamisch auseinander driftenden
Teilsysteme zeitlich und sozial aneinander.
Der Journalismus übernimmt für die anderen Systeme die Aufgabe
Synchronisation und die Beobachtung der jeweils anderen Systeme, womit diese
allein überfordert wären.
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Code: (Aktuelle) Mehrsystemrelevanz
• Journalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er Bezüge von einem gesellschaftlichen System zu einem anderen herstellt.
• Er bearbeitet und thematisiert eher solche Themen, die über den Bereich und Ort hinaus, in dem sie passieren, Bedeutung erlangen können.
• Journalisten berichten deshalb, weil ein Thema gleichzeitig in mehr als einem und in (möglichst) vielen gesellschaftlichen Teilsystemen als relevant erscheint und aktuell Resonanz (Anschlusskommunikation) erzeugt.
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Journalistische Qualität als abhängige Variable von der Funktion des Journalismus
• Distanz, Unabgängigkeit
• Faktentreue, Richtigkeit
• Perspektivenvielfalt
• Mehrsystemrelevanz
• Aktualität
• Transparenz, Reflexivität
• Vermittlung: Narrativität
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Auf journalistisches Handeln bezogene Dimensionen
Unabhängigkeit Die Unabhängigkeit ist letztlich für die Glaubwürdigkeit des Journalismus verantwortlich. Medienunternehmen und Redaktionen sollen jegliche Versuche, die Redaktion zu beeinflussen, abwehren und bezahlte Inhalte (Werbung) klar von redaktioneller Berichterstattung trennen.
Richtigkeit Faktentreue
Fairness Qualität des Rechercheprozesses (z.B. Prinzip des „audiatur et altera pars“)
Aktualität Neuigkeit, Gegenwartsbezug des Themas, Schnelligkeit
Relevanz Themenauswahl nach Wichtigkeit/Bedeutsamkeit; Orientierung an professionellen Selektionskriterien (keine beliebige Auswahl)
Originalität Eigenrecherche, Exklusivität, Themenfindung, intellektueller Anspruch (hier ist nicht „originell“ im Sinne von „komisch“, „humorig“ gemeint, sondern „original“ im Sinne von „einzigartig“, „schöpferisch“)
Interaktivität Dialogfähigkeit einer Redaktion; auf „Augenhöhe des Publikums“; Mitwirkungsmöglichkeiten des Publikums an Themenfindung und Medieninhalten
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Auf das Produkt bezogene Dimensionen
Vielfalt von der Vielfalt des redaktionellen Gesamtangebots (Themenspektrum) bis zur Vielfalt in einem einzelnen Beitrag (verschiedene Perspektivenund Quellen)
Unparteilichkeit Ausgewogenheit (als Gegenteil von Einseitigkeit); Unvoreingenommenheit und Distanz zum Berichterstattungsgegenstand; Trennung von Nachricht und Kommentar
Verständlichkeit sachgerechte Sprache, anschaulicher und prägnanter Stil, klarer Aufbau; weiter gefasst auch: funktionale Mediengestaltung (z.B. im Online-Journalismus: Usability)
Sinnlichkeit Spannungsbogen, Dramaturgie eines Beitrags, einer Sendung oder eines Heftes; Zusammenspiel von Text und Bild, von Sprecher, O-Ton und Atmo
Attraktivität Herstellung von Aufmerksamkeit; zielgruppengerechte Ansprache des Publikums; passende Genrewahl; packende Titel, Teaser, Trailer etc.
Nutzwert Anwendbarkeit im Alltag des Publikums – als Orientierung, Rat und Entscheidungshilfe
Transparenz Quellenangaben und Quellenkritik; Offenlegen der Berichterstattungsbedingungen; Eingeständnis von Fehlern (z.B. in einer „Correction Corner“)
Narrativität Unter Rückgriff auf META-Narrationen Sinn steuern
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Wissen-schaftliches Wissen:
Code A
Politisches Wissen
Code B
Wirtschaft-liches Wissen
Code C
Ethisches Wissen
Code D
Narratives Wissen
Problem der Verkettung
Pro
ble
m d
er L
egiti
mat
ion
Journalismus als Narrator
Narrativität als zentraler journalistischer Kommunikationsmodus