Völkerrecht I
Prof. Dr. W. Heintschel v. Heinegg
© Lehrstuhl für Öffentliches Recht insb. Völkerrecht, Europarecht sowie ausländisches Verfassungsrecht, 2008
Copyright
Die vorliegende Foliensammlung ist Eigentum des Lehrstuhls für Öffentliches Recht insb. Völkerrecht, Europarecht sowie ausländisches Verfassungsrecht der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder).
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© Lehrstuhl für Öffentliches Recht insb. Völkerrecht, Europarechtsowie ausländisches Verfassungsrecht, 2008
Literaturempfehlungen
1. Stein, Torsten/von Buttlar, Christian: Völkerrecht, 11. Aufl., 2005
2. Ipsen, Knut: Völkerrecht, 5. Aufl., 2004
3. Verdross, Alfred/Simma, Bruno: Universelles Völkerrecht, 3. Aufl., 1984
4. Kimminich, Otto/Hobe, Stephan: Einführung in das Völkerrecht, 8. Aufl., 2004
5. Vitzthum, Wolfgang Graf (Hrsg.) u.a.: Völkerrecht, 4. Aufl., 2007
Gliederung
I. Völkerrechtssubjekte
II. Völkerrechtsquellen
III. Völkerrechtliche Verantwortlichkeit, Staatenverantwortlichkeit
IV. Diplomatische und konsularische Beziehungen
V. Grundrechte und Grundpflichten der Staaten
VI. Gewaltverbot
VII. Interventionsverbot
I. Völkerrechtssubjekte– Begriff, Arten –
1.Unbeschränkte (originäre/geborene Völkerrechtssubjekte): Staaten
2.Beschränkte (sonstige Völkerrechtssubjekte):
• partielle (eingegrenz- ter Aufgabenbereich)• partikulare (in Be-ziehung zu einer best. Gruppe anderer Völkerrechtssubjekte)
Völkerrechtssubjekt ist, wer Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten sein kann (Völkerrechtsfähigkeit)
Völkerrechtssubjektivität
1. Staatena. Die Drei-Elementen-Lehre (G. Jellinek)
Ein politisch und rechtlich organisierter Gebiets- und Personenverband ist dann ein Staat, wenn:
1. auf einem Staatsgebiet
2. ein Staatsvolk
3. effektiv Staatsgewalt ausübt.
a. Die Drei-Elementen-Lehre aa. Staatsgebiet
1. Staatsgebiet ist die durch die Grenzen gekennzeichnete Zusammenfassung von geographischen Räumen unter eine gemeinsame Rechtsordnung.
2. Auch der darüber befindliche Luftraum und das darunter liegende Erdreich, (theoretisch) bis zum Erdmittelpunkt.
3. Auf dem Meer: 12 Seemeilen „Kanonenschuss“ (Art. 3 SRÜ)
aa. Staatsgebiet – Änderungen (Erwerb und Verlust) –
A. Erwerb
1. Okkupation (Inbesitznahme): bzgl. staatsfreien Gebiets
2. Annexion (gewaltsame Einverleibung): Verstoß gegen Art. 2 Nr. 4 UN-Charta
3. Akkretion (natürliche Anwachsung)
4. Adjudikation (Zuweisung)
5. Präskription (Ersitzung)
B. Verlust
1. Dereliktion (einseitige Aufgabe eines Gebiets)
2. Zession (vertragliche Abtretung)
aa. Staatsgebiet – Gebietshoheit –
1. Neben der Begrenzung der Souveränität des Staates in räumlicher Hinsicht hat das Staatsgebiet auch die Funktion, dem Staat auf seinem Territorium eine unabhängige Hoheitsentfaltung zu sichern
2. Gebietshoheit: die ausschließliche Zuständigkeit eines Staates zum Erlass von Hoheitsakten auf dem von ihm beherrschten Territorium
aa. Staatsgebiet – Gebietshoheit – Beschränkungen –
2. Beschränkungskonstellationen:a) Ausnahmen (Privilegien wie z.B. Immunitäten)b) Vornahme von Hoheitsakten auf fremdem Staatsgebietc) Grenzüberschreitende Emissionend) Übertragung von Rechten
• Verwaltungszession (Bsp.: Panamakanal bis 1999)
• Verpachtung• Servituten
1. Normalerweise umfasst die territoriale Souveränität die Gebietshoheit
Die Drei-Elementen-Lehrebb. Staatsvolk
1. Staatsvolk ist ein auf Dauer angelegter Verbund von Menschen, über den der Staat die Hoheitsgewalt im Sinne der Gebietshoheit und bei Aufenthalt außerhalb des Hoheitsgebiets die Personalhoheit innehat.
2. Anknüpfungspunkt: Staatsangehörigkeit
• ius sanguinis (Abstammung)
• ius soli (Geburtsort)
3. Problemlagen:
• Doppelte Staatsangehörigkeit
• Staatenlose
a. Die Drei-Elementen-Lehrecc. Staatsgewalt
Fähigkeit:1.Sich neue Kompetenzen
zuzuweisen (sog. Kompetenz-Kompetenz)
2.sowie eine Ordnung auf dem Staatsgebiet zu organisieren (innere Souveränität)
3.Nach außen selbständig und von anderen Staaten rechtlich unabhängig im Rahmen und nach Maßgabe des Völkerrechts zu handeln (äußere Souveränität) • Taiwan – China
• Nordzypern – Türkei
• Palästina – Israel
• Bundesstaaten – Bund
cc. Staatsgewalt– Effektivitätsgrundsatz –
1.Das Element der Staatsgewalt und damit der Staat sind erst dann gegeben, wenn sich die Staatsgewalt tatsächlich (effektiv) durchgesetzt hat
2.Aus der ex-ante Perspektive eine gewisse Stabilität und Aussicht auf Dauer
3.Einschränkung durch das Prinzip der Völkerrechtsmäßigkeit
4.“Failed state“, solange kein neuer Staat auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts des betreffenden Volkes entstanden ist
• Kolumbien
• Albanien, Bosnien
• Liberia, Ruanda, Somalia
b. Kontinuität der Staaten
1. Nach der Lehre von der Kontinuität der Staaten besteht ein Staat als Völkerrechtssubjekt weiter, trotz:
a) revolutionärer Umwälzungen innerhalb eines Staates
b) territorialer Veränderungen
c) Maßnahmen während einer kriegerischen Besetzung (occupatio bellica)
2. Problematisch, ob die kriegerische Besetzung selbst zum Untergang des Staates führt
• Besetzung der baltischen Staaten durch die Sowjetunion
• Besetzung Deutschlands durch die Siegermächte
2. Internationale Organisationen – International Governmental Organizations, IGOs –
I. Zwischenstaatliche Internationale Organisation:
1. auf Dauer angelegte Vereinigung von zwei oder mehreren Staaten aufgrund einer Einigung der Gründer auf dem Gebiet des Völkerrechts
2. Mindestmaß an körperschaftlichen Strukturen
3. selbständige Wahrnehmung eigener Aufgaben
II. Der Aufgabenbereich wird grds. in der jeweiligen Satzung bzw. Im Gründungsakt beschrieben und eingegrenzt
III.Nach der “implied powers“-Lehre zusätzlich noch die Kompetenzen, die zur Erfüllung der vertraglich festgelegten Aufgaben der Organisation notwendig sind
2. Internationale Organisationen – Anerkennung –
I. Str., ob der Schaffung einer IGO durch eine Gruppe von Staaten objektive Wirkung ohne Anerkennung zukommt
„erga-omnes“-Lehre im Verhältnis zu Dritten nur durch Anerkennung
1. Voraussetzungen:• Organisation universell
angelegt• große Zahl von
Mitgliedern
2. Zielrichtung der Lehre: Verselbständigung großer, von einer Vielzahl von Staaten getragener Organisationen
1. Gegenseitigkeitsprinzip2. Generelle Unzulässigkeit
der Verträge zu Gunsten oder zu Lasten Dritter
2. Internationale Organisationen – Supranationale Organisationen –
weltweit nur Europäische Gemeinschaften
1. „Gesetzgebungskompetenz“ im übertragenen Rahmen
2. Unabhängigkeit einiger ihrer Organe
3. Eigene Gerichtsbarkeit und Finanzautonomie
4. In gewissem Umfang Mehrheitsprinzip zulässig
5. Gleiches und gleichermaßen verbindliches Recht gegenüber dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten
2. Internationale Organisationen –Non-governmental Organizations (NGOs) –
2. Internationale Organisationen – Non-governmental Organizations (NGOs) –
Non-governmental Organization:• Unabhängig, auf Dauer angelegt, organisiert • Nationale Vereinigungen, Verbände oder Einzelpersonen• International:
• nach der Satzung Personen oder Vereinigungen bzw. Verbänden verschiedener Nationalität zugänglich
• Wahrnehmung internationaler Verbandsinteressen
• Nichtgewerblich (kein internationales Unternehmen)
• Nichtstaatlich, kein völkerrechtlicher Gründungsakt
• Bsp.: Verträge mit völkerrechtlich irrelevant ?
3. Traditionelle Völkerrechtssubjekte
1. Der Heilige bzw. Apostolische Stuhl• Der römische Bischof bzw. die römische
Kurie mit dem gesamten Verwaltungsapparat• Personalisiert durch den Papst• Vatikanstadt: selbst. Völkerrechtssubjekt
2. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz• Auf Schweizer Zivilrecht beruhender Verein • Kontrolle von Kriegsgefangenen- und
Internierungslagern• Bewegung vom Roten Kreuz und vom Roten
Halbmond ist kein Völkerrechtssubjekt3. Der Malteserorden
• Humanitär – karitative Aufgaben• Kein Hoheitsgebiet, dennoch partielle
Völkerrechtsubjektivität
4. Anerkennung
1. Einseitige Erklärung eines Staates zum Bestehen oder Nichtbestehen eines völkerrechtlichen Zustandes
2. Arten : ausdrücklich oder stillschweigend3. Bedingungsfeindlich und grds. unwiderruflich4. Wirkung: ein Staat erklärt, dass er einen bestimmten
Sachverhalt als für ihn rechtsverbindlich akzeptiert5. Unterscheide: Anerkennung
• de iure • de facto
6. Anerkennung von Regierungen, Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten sowie der Tatbestände, Rechtsvorgänge und Rechtszustände
II. Völkerrechtsquellen
1. Hauptrechtsquelle:Völkerrechtliche Verträge
2. Die weiteren Quellen des Völkerrechts
II. Völkerrechtsquellen1. Völkerrechtliche Verträge
a. Begriff, Bezeichnung, Arten und Abgrenzungb. Abschluss, Inkrafttreten und Geltungsgrund
völkerrechtlicher Verträgec. Auslegung völkerrechtlicher Verträged. Der Geltungsbereich von Verträgene. Abwandlung des Vertrages durch die Vertragsparteienf. Vorbehalte zu Verträgeng. Ungültigkeit von Verträgen und Fortfall der
Vertragsbindung
1. Völkerrechtliche Verträgea. Begriff, Bezeichnung
1. Begriff:• jede• zwischen zwei oder mehreren Staaten bzw. anderen
vertragsfähigen Völkerrechtssubjekten• getroffene Vereinbarung,• die dem Völkerrecht unterliegt
2. Art. 2 I lit.a WVK: Definition des Vertrags3. Bezeichnung:
• für völkerrechtliche Verträge: Vertrag, Übereinkommen, Abkommen, Vereinbarung, Protokoll, Konvention, Deklaration, Pakt
• Staatsvertrag: völkerrechtliche Vereinbarungen, die der Ratifikation bedürfen
• Verwaltungsabkommen bedürfen keiner Ratifikation
1. Völkerrechtliche Verträgea. Arten und Abgrenzung
I. Arten:• zweiseitige (bilaterale) und mehrseitige (multilaterale)
II. Abgrenzung des völkerrechtlichen Vertrags zu anderen Erscheinungsformen:
• Verträge zwischen Staaten bzw. Internationalen Organisationen und ausländischen (juristischen) Privatpersonen
• Internationalisierte Verträge• Das „Gentlemen`s Agreement“• Politische Absichtserklärungen• Verhaltenskodizes (“codes of conduct“)• Vereinbarungen nichtstaatlicher Verbandseinheiten
(Institutionen im Bereich des Sports, nichtstaatlicher Organi-sationen, Zusammenschlüsse nationaler politischer Parteien)
b. Abschluss, Inkrafttreten und Geltungsgrund I. Vertragsabschlusskompetenz
I. Vertragsabschlusskompetenz der staatlichen Organe:1. innerstaatlich: Verfassungen oder entsprechende
Organisationsgesetze2. völkerrechtlich: WVK, Handlungsbefugnis für den Staat:
a) Art. 7 I WVK: Vollmachtsprinzipb) Art. 7 II WVK: Offenkundigkeitsprinzip (kraft
Amtes)c) Art. 8 WVK: Handeln ohne Befugnis i.S.v. Art. 7
WVK unwirksam• es sei denn, das Handeln wird nachträglich von
dem Staat bestätigt• Beim multilateralen Vertrag bleiben die
Verpflichtungen im Übrigen wirksam
b. Abschluss, Inkrafttreten und Geltungsgrund II. Abschlussverfahren
A. Das zusammengesetzte Verfahren:
B. Das einfache Verfahren:
1. Phase: Verhandlungen
2. Phase (fakultativ): Paraphierung
3. Phase: Unterzeichnung
4. Phase: Innerstaatliches
Zustimmungsverfahren5. Phase: Erklärung der Zustimmung, „durch den Vertrag
gebunden zu sein“
b. Abschluss, Inkrafttreten und Geltungsgrund III. Zustimmung durch Vertrag gebunden zu sein
1. Unterzeichnung (Art. 12 WVK)2. Austausch von Urkunden (Art. 13 WVK)
Das einfache Verfahren
3. Ratifikation („Annahme“ oder „Genehmigung“; Art. 14 WVK): „zusammengesetztes Verfahren“
4. Beitritt (Art. 15 WVK) nach Ablauf der Zeichnungsfrist, sofern Beitritt zulässig (Beitrittsklausel oder entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien)
5. Hinterlegung beim Depositar (Art. 16 WVK)
b. Abschluss, Inkrafttreten und Geltungsgrund III. Inkrafttreten und vorläufige Anwendung
1. Inkrafttreten :• Art. 24 I WVK : besondere Vertragsbestimmungen oder
zusätzliche Vereinbarung der Parteien, Bsp.: Art. 84 WVK
• Art. 24 II WVK: förmliche Zustimmung aller vertragsschließenden Parteien
2. Rechtsfolgen: endgültige Vertragsbindung eines Staates3. Vorläufige Anwendung:
• Interesse der Parteien, einen Vertrag bereits vor seinem Inkrafttreten anzuwenden
• Entsprechende Bestimmung im Vertrag (Art. 25 I lit. a WVK) oder eine Sondervereinbarung (Art. 25 I lit. b WVK)
• Art. 25 II WVK: Ende der vorläufigen Anwendung
c. Auslegung völkerrechtlicher VerträgeI. Die Auslegungsmethoden
1. Wörtliche Auslegungsmethode (“plain“ bzw. “ordinary meaning rule“):• übliche Bedeutung im allgemeinen, u.U.
fachspezifischen Sprachgebrauch2. Systematischer Zusammenhang:
• die Bedeutung eines Wortes oder einer Wortgruppe in einem Satz oder in dem Gesamttext
• “context“ neben dem operativen Text sowohl die Präambel eines Vertrags als auch seine Anlagen
3. Teleologische Auslegung: • Ziel und Zweck des Vertrages nach dem Vertragstext
selbst (objektiver Ansatz)
c. Auslegung völkerrechtlicher VerträgeII. Die Auslegung nach Art. 31 WVK (1)
1. Art. 31 I WVK: “ordinary meaning rule“2. Zusammenhang i.S.d. Art. 31 II WVK:
• der operative Text, die Präambel und etwaige Anlagen eines Vertrages
• jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Parteien anlässlich des Vertrags-abschlusses getroffen wurde
• „jede Urkunde“ i.S.d. Art. 31 II lit.b WVK
c. Auslegung völkerrechtlicher VerträgeII. Die Auslegung nach Art. 31 WVK (2)
3. Art. 31 III WVK:• lit. a: „spätere“ Übereinkunft• lit. b: „spätere Übung“ – Indiz dafür, wie die Parteien den
Vertrag einvernehmlich verstehen und als Recht anwenden• lit. c: Auffangbestimmung
4. Ziel und Zweck: aus geschriebenem Text, nicht aus anderweitig ergründetem Parteiwillen• Nicht: „Effektivitätsgrundsatz“ und Grundsatz der
“necessary implication“5. Die Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben:
• Gleichrangigkeit der Auslegungsmethoden• Treu und Glauben
c. Auslegung völkerrechtlicher VerträgeIII. Dynamische Auslegung, mehrsprachige Verträge
Problem: Auslegung der älteren Verträge
1. Dynamische Interpretation:
Die Vertragsbestimmungen sind in Übereinstimmung mit dem zur Zeit der Auslegung geltenden Völkerrecht und der ihnen entsprechenden Begriffsinhalte zu interpretieren
Bsp.: Art. 2 Nr. 4 UN-Charta: wirtschaftlicher Druck erfasst ?
2. Mehrsprachiger Vertrag:
• Verträge, deren authentische Texte in zwei oder mehr Sprachen abgefasst sind
• Art. 33 I, III WVK
c. Auslegung völkerrechtlicher VerträgeIV. Die Zuständigkeit zur Auslegung
„Authentische Auslegung“:• Auslegung, welche sich in einer gleichartigen
nachfolgenden Praxis aller Vertragsparteien oder in einer entsprechenden übereinstimmenden Erklärung widerspiegelt
• Abgrenzung zu Vertragsänderung
• Verpflichtung, die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts sowie die Rechte anderer Staaten zu achten
1. Völkerrechtliche Verträged. Der Geltungsbereich von Verträgen
1. Territorialer Geltungsbereich
2. Zeitlicher Geltungsbereich
3. Verträge und dritte Parteien
d. Der Geltungsbereich von Verträgen1. Territorialer Geltungsbereich
1. Art. 29 WVK: „hinsichtlich ihres gesamten Hoheitsgebietes“
• Territorium, über welches die jeweilige Vertragspartei „Souveränität“ ausübt
• Geltung in Kolonialgebieten
2. Änderung des Hoheitsgebiets während der Dauer des Vertrags: Grundsatz der beweglichen Staatsgrenzen
3. Staatennachfolge:
• Art. 73 WVK: WVK lässt diese Fragen unberührt
• Wiener Übereinkommen über Staatennachfolge in Verträgen
A
d. Der Geltungsbereich von Verträgen – Art. 31–38 WVK: Fusion, Separation, Dismembration –
Sezession BA
A D
DA
BC
B
Dismembration
Fusion
d. Der Geltungsbereich von Verträgen2. Zeitlicher Geltungsbereich
1. Art. 28 WVK: Keine echte Rückwirkung, es sei denn abweichende Vereinbarung der Vertragsparteien
2. Art. 18 WVK: Vorvertragliche Pflichten
• Bsp.: USA - Schaffung des internationalen Strafgerichtshofs
3. Vertragskollision:
• Art. 30 II WVK: Klausel, die das Verhältnis der Verträge zueinander klärt, Bsp.: Art. 103 UN-Charta (ausdrücklich in Art. 30 I WVK)
• Art. 30 III WVK: alle Vertragsparteien eines früheren Vertrags (beachte Art. 59 WVK) zugleich Parteien eines späteren (lex posterior derogat legi priori)
• Art. 30 IV WVK: nicht alle zugleich Parteien des späteren Vertrags – grds. Gleichrangigkeit von Verträgen
d. Der Geltungsbereich von Verträgen3. Verträge und dritte Parteien
1. Art. 34: Zustimmung des Staates (Konsensprinzip)„Pacta tertiis nec nocent nec prosunt“: Verträge begründen für Drittstaat ohne dessen Zustimmung weder Pflichten noch Rechte2. Ausnahmen vom „pacta tertiis“ – Grundsatz:
a) Verträge zugunsten Dritter: Art. 36 I S.1 WVK Zustimmung (vermutet, S.2)Entsprechend nach Art. 37 II WVK die Aufhebung oder Änderung eines solchen Rechts nur mit ZustimmungEMRK räumt Individuen Rechte ein
b) Verträge zu Lasten Dritter: Art. 35 WVK ausdrückliche Annahme der Verpflichtung gem. Art. 37 I WVK kann die Verpflichtung nur in gleicher Weise aufgehoben oder abgeändert werden• Republik Krakau (1815), Freie Stadt Danzig (1919), Triest
(1947), Zypern (1960), Ausnahmen?
1. Völkerrechtliche Verträgee. Abwandlung des Vertrages durch die Vertragsparteien
1. Art. 39 WVK völkerrechtliche Verträge können jederzeit durch Übereinkunft aller Vertragsparteien abgeändert werden
• Änderung einzelner Bestimmungen: “amendment“
• Die umfassende Änderung des gesamten Vertrages: Revision; dennoch verwendet WVK den Begriff “amendment“
2. Teil IV der WVK:
a) Vertragsänderung:
• Abwandlung des Vertrages durch alle Parteien: Art. 39 WVK
• Änderung eines multilateralen Vertrags: Art. 40 WVK
b) Modifikation (“contracting-out“, „inter se“-Abkommen): Art. 41 WVK
1. Völkerrechtliche Verträgef. Vorbehalte zu Verträgen
1. Begriff: Art. 2 I lit. d WVK (kodifiziertes Gewohnheits- recht)
2. Abgrenzung von Auslegungs- und anderen Erklärungen:
• Erklärungen von Vertragsparteien, die den Inhalt des Vertrages nicht ändern (Bsp.: Erklärungen rein politischen Inhalts)
• Rechtsverwahrungen, die verhindern sollen, dass aus dem Vertragsschluss vertraglich nicht vorgesehene Rechtsfolgen hergeleitet werden
• Interpretationserklärungen, solange das Ausmaß einer zulässigen Auslegung (Art. 31, 32 WVK) nicht überschritten ist
f. Vorbehalte zu Verträgen– Zulässigkeit des Vorbehalts –
1. Kein bilateraler Vertrag2. Spätestens gleichzeitig mit dem letzten Akt, der für den Eintritt der
Bindungswirkung erforderlich ist3. Art. 19 WVK verbietet die Anbringung des Vorbehalts, wenn:
a) der Vertrag den Vorbehalt verbietetb) nur bestimmte Vorbehalte gemacht werden dürfen, zu denen der
betreffende Vorbehalt nicht gehörtc) im Übrigen, wenn der Vorbehalt mit Ziel und Zweck des
Vertrags unvereinbar ist• Feststellung dieser sog. „Inkompatibilität“ problematisch
4. Annahme des Vorbehalts durch alle Parteien (Art. 20 II WVK)• bei Verträgen mit begrenzter Mitgliederzahl• und wenn einheitliche Anwendung eine wesentliche
Voraussetzung für den Vertragsschluss war
f. Vorbehalte zu Verträgen– Wirkungen von Vorbehalten und Widersprüchen –
I. Wirkung von Vorbehalten:1. Veränderung des Vertragsverhältnisses zwischen der den
Vorbehalt erklärenden und der ihn annehmenden Partei (Art. 20 IV WVK), Inhalt (Art. 21 I WVK)
2. Keine Wirkung für andere Vertragsparteien (Art. 21 II WVK)
II. Wirkung von Widersprüchen:1. Gem. Art. 20 IV lit.b i.V.m. Art. 21 III WVK:
Ausschluss der Vertragsbestimmungen, auf die sich der Vorbehalt bezieht
2. Art. 20 IV lit.b 2. HS WVK: zwischen dem vorbehaltserklärenden und dem widersprechenden Staat kommt keine Vertragsbindung zustande
f. Vorbehalte zu Verträgen – Wirkungen von unzulässigen Vorbehalten –
1. Art. 19 lit.b, lit.c WVK: Wortlaut – objektive Zulässigkeitsvoraussetzung
2. Unzulässiger Vorbehalt - keine Rechtswirkung?• Gutachten des IGH über die Vorbehalte zum
Genozid-Abkommen: vorrangig wird die Zulässigkeit des Vorbehalts von den Vertragsparteien beurteilt
• “objective approach“ in Art. 31 WVK3. Beurteilung:
• Auslegung gem. Art. 31 WVK• Bei Unvereinbarkeit des Vorbehalts mit dem Ziel
und Zweck des Vertrags gelten die Regeln über die Annahme des Vorbehalts und des Widerspruchs
g. Ungültigkeit von Verträgen – Ungültigkeitsgründe –
1. Verletzung innerstaatlicher Zuständigkeitsnormen• Grds. berührt innerstaatliches Recht nicht die Gültigkeit
völkerrechtlicher Verträge (vgl. Art. 27 WVK)• Art. 46 WVK: „die Verletzung offenkundig war und
eine innerstaatliche Rechtsvorschrift von grundlegender Bedeutung betraf“
2. Völkerrechtlich anerkannte Willensmängel:• Irrtum (Art. 48 WVK)• Betrug (Art. 49 WVK)• Bestechung eines Staatenvertreters (Art. 50 WVK)• Zwang gegen den Staatenvertreter (Art. 51 WVK)• Zwang gegen den Staat (Art. 52 WVK)
„Gewalt“ i.S.v. Art. 2 Nr. 4 UN-Charta
g. Ungültigkeit von Verträgen – Ungleiche Verträge –
1. Herkömmliche Definition: Verträge, die in unverhältnis-mäßiger Weise Rechte und Pflichten zwischen den Parteien aufteilen
2. Auffassung sozialistischer Staaten und Staaten der Dritten Welt:• Verträge, die eine Partei mit militärischen,
wirtschaftlichen oder politischen Mitteln der anderen Partei aufgezwungen hat
3. Kein Völkergewohnheitsrecht• Kein Gebot der Gleichheit vertraglicher Leistungen
4. Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht unter den engen Voraussetzungen der clausula rebus sic stantibus
1. Völkerrechtliche Verträgeg. Ungültigkeit von Verträgen – Verstoß gegen ius cogens
3. Verstoß gegen ius cogens (Art. 53 S.1 WVK):a) Definition (Art. 53 S.2 WVK):
• Normen, die von den Völkerrechtssubjekten in einem der anerkannten Rechtserzeugungsverfahren geschaffen worden sind
• und von denen die Völkerrechtssubjekte wegen ihrer grundlegenden Bedeutung nicht – auch nicht durch vertragliche Vereinbarung – abweichen dürfen
• die nur durch spätere Norm derselben Natur geändert werden können
b) Ius-cogens Normen nach der Staatenpraxis und Judikatur:• Aggressionsverbot• Verbot des Sklavenhandels und des Völkermordes• Gebot der Achtung elementarer Menschenrechte• Normen des humanitären Völkerrechts, die direkte Verbote an
Staaten und Einzelpersonen richten
1. Völkerrechtliche Verträgeg. Fortfall der Vertragsbindung
Fortfall der Vertragsbindung umfasst:
1. Ex-nunc wirkende Aufhebung:• Kündigung• Rücktritt• Erlöschen
2.Die vorübergehende Aussetzung seiner Wirksamkeit (Suspendierung)
3. Gründe für den Fortfall der Vertragsbindung:• Die Bestimmungen des betroffenen Vertrages• Nachfolgende Vereinbarung der Vertragsparteien• Völkergewohnheitsrechtlich anerkannte und nunmehr in den WVK
kodifizierte Regeln
Art. 26 WVK: pacta sunt servanda
g. Fortfall der Vertragsbindung – Vertragsbestimmungen, nachfolgende Vereinbarungen –
1. Vertragsbestimmungen, welche die Beendigung des Vertrages betreffen• Bestimmte Geltungsdauer• Besondere Beendigungs- oder Suspendierungsklauseln (Art. 54
lit.a, Art. 57 lit.a WVK), Bsp.: USA kündigen ABM-Vertrag2. Art. 56 WVK: Kündigungsrecht bzw. Rücktrittsrecht
• Natur des Vertrages Art. 56 I lit.b WVK3. Nachfolgende Vereinbarung der Vertragsparteien:
• Art. 54 lit.b, Art. 57 lit.b WVK: Einvernehmen der Parteien nach Konsultierung der anderen Vertragsstaaten
• Art. 58 WVK: Suspendierung eines multilateralen Vertrages, die lediglich zwischen einzelnen Vertragsparteien wirken soll
• Art. 59 WVK
g. Fortfall der Vertragsbindung – In den WVK geregelte Regeln des Völkergewohnheitsrechts (1) –
1. Vertragsverletzung:
a) Spezielle vertragliche Bestimmungen
b) Bilateraler Vertrag (Art. 60 I WVK)
c) Multilateraler Vertrag: (Art. 60 II WVK) Beendigung oder Suspendierung durch besonders betroffene Vertragspartei oder durch alle Parteien gemeinsam außer dem Verletzer
2. Nachträgliche Unmöglichkeit: (Art. 61 WVK) „objektiv“
Bsp.: Wirtschaftliche Unmöglichkeit?
g. Fortfall der Vertragsbindung – In den WVK geregelte Regeln des Völkergewohnheitsrechts (2) –
3. Grundlegende Änderung der Umstände (Art. 62 I WVK)a) Voraussetzungen:
• Änderung der Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben waren
• Grundlegende Änderung• Das Bestehen der Umstände bildete eine wesentliche
Grundlage für die Zustimmung, durch den Vertrag gebunden zu sein
• Die Änderung umgestaltet tiefgreifend das Ausmaß der noch zu erfüllenden Verpflichtungen
b) Einschränkungen: Art. 62 II WVK
II. Völkerrechtsquellen2. Die weiteren Quellen des Völkerrechts
a. Das Gewohnheitsrecht
b. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze
c. Einseitige Akte
d. Quellenübergreifende Probleme
e. Hilfsmittel zur Feststellung völkerrechtlicher Normen
2. Die weiteren Quellen des Völkerrechtsa. Das Gewohnheitsrecht
I. Art. 38 I lit. b IGH-Statut: „allgemeine, als Recht anerkannte Übung“
• Nur deklaratorische BedeutungII. Entstehung von Gewohnheitsrecht:
1. Objektives Element:Staatenpraxis bzw. internationale Praxis anderer Völkerrechtssubjekte
2. Subjektives Element:Überzeugung, zu der Übung rechtlich verpflichtet zu sein
III.Untergang des Völkergewohnheitsrechts1. Kodifizierung2. Entstehung eines entgegenstehenden
Völkergewohnheitsrechts
a. Das Gewohnheitsrecht – Die allgemeine Übung –
I. Die allgemeine Übung: Alle Verhaltensweisen der Staaten: Handlungen, Äußerungen, Unterlassen, nicht jedoch bloße Feststellung
II. Gewohnheitsrechtsbegründende Übung:1. Dauer: lässt sich nicht abstrakt und generell bestimmen2. Einheitlichkeit: repräsentative Zahl von Völkerrechtssubjekten
verhält sich konsistent in einem bestimmten Bereich3. Verbreitung:
• Umstände des Einzelfalles und Eigenart der Frage• I.d.R. Indiz: Verhalten aller derjenigen
Völkerrechtssubjekte, die sich an der Übung beteiligen können oder deren Interessen berührt sind
• Regionales Völkergewohnheitsrecht
a. Das Gewohnheitsrecht– Entstehungsarten völkergewohnheitsrechtlicher Regeln –
„Übung“ i.S.d. Art. 38 I lit. b IGH-Statut:1. Positives Tun:
• nach außen gerichtete Handlungen und Erklärungen der zur Exekutive gehörenden Staatsorgane, die zur Wahrnehmung der internationalen Beziehungen berufen sind
• Gesetze und Gerichtsentscheidungen mit völkerrechtlichem Bezug2. Untätigkeit/Unterlassen:
• Begründung eines Verbots• Nachweisbarkeit der opinio iuris• “Acquiescence“
3. Völkerrechtliche Verträge:• Vertragsfremde Völkerrechtssubjekte verhalten sich entsprechend
den vertraglichen Geboten und Verboten (vgl. Art. 38 WVK)4. Entschließungen internationaler Organisationen5. Üblichkeit i.S.d. courtoisie, Grundsätze des innerstaatlichen Rechts
a. Das Gewohnheitsrecht– Die „opinio iuris“ –
„als Recht anerkannt“ i.S.d. Art. 38 I lit.b IGH-Statut:1. Abgrenzung zur bloßen courtoisie2. Fixierte Grundposition, dass in den Rechtsbeziehungen der
Völkerrechtssubjekte bestimmte Verhaltensmuster einzuhalten sind
3. Allgemein: die Rechtsüberzeugung muss nicht bei jedem einzelnen Mitglied der internationalen Gemeinschaft festgestellt werden
a. Das Gewohnheitsrecht– Die Bindungswirkung des Völkergewohnheitsrechts –
1. grds. gegenüber jedem durch den Regelungsinhalt der völkerrechtlichen Norm betroffenen Völkerrechtssubjekt
2. Verbindlichkeit der Norm – Problem der Souveränität3. Ausnahme: sog. “persistent objector“ – ein Staat, der durch
fortlaufende Proteste zu erkennen gibt, dass er eine eventuelle Bindungswirkung dieser Norm nicht anzuerkennen bereit ist
I. Bindungswirkung:
II. Bindungswirkung ggü. neuentstandenen Staaten:1. Problem: Verbindlichkeit für die Staaten, die an der Entstehung
der Norm des Völkergewohnheitsrechts nicht beteiligt waren2. Die These von der „vorgefundenen Rechtsordnung“3. Die These vom notwendigen Konsens
2. Die weiteren Quellen des Völkerrechtsb. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze
Die allgemeinen Rechtsgrundsätze
allgemeine Grundsätze des Völkerrechts
• Art. 38 I lit.c IGH-Statut:
• anerkannte Rechtsprinzipien, die allen oder doch den meisten nationalen Rechtsordnungen gemeinsam sind, die also nicht in einem völkerrechtlichen Rechtserzeugungsverfahren entstanden sind
• grundlegende Grundsätze oder Leitprinzipien in nationalen Rechtssystemen, die auf das Völkerrecht übertragbar sind
• Regeln, die ihren Ursprung unmittelbar in den internationalen Beziehungen haben und der Rechtquelle des Völkergewohnheitsrecht zugeordnet sind
2. Die weiteren Quellen des Völkerrechtsb. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze - Funktion und Bedeutung
Allgemeine Rechtsgrundsätze sind nur anzuwenden, wenn das Vertrags- oder Gewohnheitsrecht keine einschlägigen Regeln enthält
1. Funktion:• Ergänzung bei der Anwendung einschlägiger Normen
der beiden anderen Rechtsquellen• Bindung des IGH an die normative Grundlage
2. Bedeutung:• Entscheidungen des StIGH und IGH sowie einige
Schiedssprüche• Staatenpraxis
2. Die weiteren Quellen des Völkerrechtsc. Einseitige Akte
Konkrete völkerrechtliche Rechte und Pflichten können auch infolge einer einseitigen völkerrechtlichen Handlung entstehen
1. Unselbständige einseitige Rechtsakte2. Selbständige einseitige Rechtsakte
a) Anerkennungb) Protestc) Verzichtd) Versprechen
2. Die weiteren Quellen des Völkerrechtsd. Quellenübergreifende Probleme
1. Art. 38 II IGH-Statut: „ex aequo et bono“ – Billigkeita) intra legem Milderung der Rechtshärten durch Berücksichtigung
der besonderen Umstände des Einzelfallesb) praeter legem Lückenfüllung bei fehlender oder unzureichender Regelung des Einzelfallesc) contra legem Änderung des bestehendes Rechts
2. Intertemporales Völkerrecht3. “Soft law“
2. Die weiteren Quellen des Völkerrechtse. Hilfsmittel zur Feststellung völkerrechtlicher Normen
Art. 38 I lit. d IGH-StatutI. Gerichtsentscheidungen
1. Urteile des IGH; der Gerichtshof ist an seine früheren Entscheidungen nicht gebunden
2. Dennoch kann sich die Staatenpraxis gegen die in Entscheidungen vertretenen Auffassungen des IGH nur schwer hinwegsetzen
3. Entscheidungen internationaler Schiedsgerichte4. Rechtsprechung nationaler Gerichte mit
völkerrechtlichen BezügenII. Lehrmeinungen
• Nachweis einer allgemeinen Rechtsüberzeugung• Über die Grenzen unterschiedlicher Gesellschafts-
und Rechtssysteme hinausgehend
III. Völkerrechtliche Verantwortlichkeit
Die neuen Rechtsbeziehungen zum Zwecke der Wiederherstellung der völkerrechtsgemäßen Lage zwischen zwei oder mehreren Völkerrechtssubjekten, die aus
1. einem tatsächlichen Geschehen entstehen, das
2. einem Völkerrechtssubjekt völkerrechtlich zurechenbar ist und durch das sowohl
3. eine diesem Völkerrechtssubjekt obliegende Pflicht als auch
4. das korrespondierende Recht eines anderen Völkerrechtssubjekts verletzt wird
Rechtsfolgen haben keinen Straf-/Sanktionscharakter !
III. Staatenverantwortlichkeit– Voraussetzungen –
1. Rechts-/Deliktsfähigkeit2. Deliktisches Verhalten 3. Zurechenbarkeit des Verhaltens (“attributability“)4. Keine Rechtfertigungsgründe
Der geschädigte Staat kann vom Rechtsverletzer
Beendigung delikt. Verhaltens
Naturalrestitution,evtl. Schadensersatz
Einhaltung des VR,ggf. durch Garantien
verlangen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
III. Staatenverantwortlichkeit1. Deliktsfähigkeit
a. Aktive Deliktsfähigkeit:
Fähigkeit, Völkerrecht zu brechen
Voraussetzung:- Völkerrechtsfähigkeit
- völkerrechtliche Handlungsfähigkeit (kann nie weiter reichen als die Völkerrechtsfähigkeit)
b. Passive Deliktsfähigkeit:
Fähigkeit, die VR-Verletzung selbständig geltend machen zu können
Voraussetzung:
- Völkerrechtssubjektivität
III. Staatenverantwortlichkeit2. Zurechenbarkeit des Verhaltens des Rechtsverletzers
aktives Handeln
tatsächliches Geschehen:
Unterlassen
III. Staatenverantwortlichkeit2. Zurechenbarkeit des Verhaltens des Rechtsverletzers
a) d es V erh a lten s ,K ap . II IL C -E n tw u rf
b ) d e r V eran tw ortlic h k e it K ap . IV IL C -E n tw u rf
vö lk e rrec h tlic h e Z u rech en b ark e it n ac h d em IL C -E n twu rf
III. Staatenverantwortlichkeita. Kap. II “Zurechnung eines Verhaltens zu einem Staat“
1. Verhalten von Staatsorganen (Art. 4 ILC – Entwurf)
2. Verhalten von Personen oder Stellen, die hoheitliche Befugnisse ausüben (Art. 5)
3. Verhalten von Organen, die einem Staat von einem anderen Staat zur Verfügung gestellt werden (Art. 6)
4. Handeln ultra-vires (Art. 7)
5. u.U. von einem Staat geleitetes oder kontrolliertes Verhalten Dritter (Art. 8), in Abwesenheit der Staatsgewalt (Art. 9)
6. u.U. Verhalten einer aufständischen oder sonstigen Bewegung (Art. 10), Verhalten, das ein Staat als sein eigenes anerkennt und annimmt (Art. 11)
III. Staatenverantwortlichkeitb. Kap. IV “Verantwortlichkeit eines Staates im
Zusammenhang mit der Handlung eines anderen Staates“
1. Verantwortlichkeit nur für eigenen Beitrag:
2. (Mit-) Verantwortlichkeit für Handeln des unmittelbaren Verletzers:
• Art. 17 (Leitung und Kontrolle bei der Begehung einer völkerrechtswidrigen Handlung)
• Art. 18 (Nötigung eines anderen Staates)
• Art. 16 (Beihilfe oder Unterstützung bei der Begehung einer völkerrechtswidrigen Handlung)
III. Staatenverantwortlichkeit3. Deliktisches Verhalten
Deliktisches Verhalten:
Verletzung einer Völkerrechtsnorm
völkerrechtlicher Vertrag
Völkergewohnheitsrecht
Allgemeiner Rechtsgrundsatz
III. Staatenverantwortlichkeit4. Keine Rechtfertigungsgründe
Rechtfertigungsgründe beseitigen die Verantwortlichkeit
1. Einwilligung (Art. 20 ILC-Entwurf)
2. Selbstverteidigung (Art. 21)
3. Repressalie (Art. 22)
4. Höhere Gewalt (force majeure Art. 23)
5. Notlage (Art. 24)
6. Notstand (Art. 25)
III. Staatenverantwortlichkeit5. Eigenständiges Korrektiv im Falle des Unterlassens
1. Kein Nachweis der gebührenden Sorgfalt (“due diligence“)
2. Möglichkeit des pflichtgemäßen Handelns
III. Staatenverantwortlichkeit6. Arten der Haftung
1. Deliktische Haftung
2. Erfolgshaftung
3. Besondere vertragliche deliktische Haftung
4. Völkerrechtlich begründete zivilrechtliche Haftung
5. Völkerrechtlich begründete strafrechtliche Individualhaftung
IV. Diplomatische und konsularische Beziehungen
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten
2. Spezialmissionen
3. Diplomatische Beziehungen internationaler Organisationen
4. Konsularische Beziehungen
IV. Diplomatische und konsularische Beziehungen1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten
• Art. 3 I WÜD Aufgabenkatalog der diplomatischen Mission
• Gem. Art. 3 II WÜD ist er nicht abschließend: nicht ausgeschlossen ist u.a. die Wahrnehmung konsularischer Aufgaben
Immunitäten und Vorrechte der Diplomaten:• Exterritorialitätstheorie • Repräsentationstheorie• Funktionalitätstheorie
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Ernennung des Missionschefs –
1. Vorschlag des Entsendestaats, Art. 72. Zustimmung des Empfangsstaates
(Agrément), Art. 4 I Verweigerung ohne Angabe von Gründen zulässig, Art. 4 II
3. Ernennung gemäß beamtenrechtlicher Vorschriften des Entsendestaats (vgl. 60 I GG)
4. Vertretungsbefugnis (Beglaubigung vgl. 59 I 3 GG)5. Überreichung der Beglaubigung an das zuständige
Organ des Empfangsstaates
Mitglied im diplomatischen Korps – Doyen – Nuntius
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Diplomatische Mission –
1. Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten (Art. 22 I; Art. 1 lit. i)
besondere Unterlassungs- und Schutzpflichten des Empfangsstaates hinsichtlich der Räumlichkeiten der Mission
Problem: diplomatisches Asyl2. Unverletzlichkeit der Archive und Schriftstücke der
Mission (Art. 24)3. Bewegungs- und Verkehrsfreiheiten (Art. 25 – 27)
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Vorrechte und Immunitäten der Mitglieder der Mission –
1. Die Person des Diplomaten ist unverletzlich (Art. 29)2. Befreiungen (Art. 33 – 36)3. Immunitäten (Art. 31, 32; u.U. weitergehend aus Courtoisie)
a. Funktionale Immunität: bzgl. Amtsgeschäften (zeitlich unbegrenzt, Art. 39 II 2)b. Persönliche Immunität: ( Diplomaten und die zu ihrem
Haushalt gehörenden Familienmitglieder) bzgl. nichtamtlicher Handlungen endet sie mit der Angabe der dienstlichen Tätigkeit (Art. 39 II 1 i.V.m. Art. 43)c. Verzicht auf Vorrechte und Immunität nur durch den
Entsendestaat möglich, Art. 32 I
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Immunität vor Gerichtsbarkeit –1. Strafgerichtsbarkeit:
a. absolute Immunität: - diplomatisches Personal (Art. 1 lit. d, Art. 31 I 1)- Familienangehörige des Diplomaten (i.S.v. Art. 37
I)- Verwaltungs- u. techn. Personal (Art. 1 lit. f, 37 II)
b. Einschränkung für dienstl. Tätigkeit:- dienstliches Hauspersonal (Art. 1 lit. g, 37 III)- diplomatischer Kurier
2. Zivil-, Verwaltungsgerichtsbarkeit: a. Immunität im Rahmen des Art. 31 I 2:
- Diplomaten und Familienangehörige (i.S.v. Art. 37 I)b. Einschränkung für dienstl. Tätigkeit:
- Verwaltungs- u. techn. Personal (Art. 1 lit. f, 37 II) - dienstliches Hauspersonal (Art. 1 lit. g, 37 III)- diplomatischer Kurier
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Beendigung diplomatischer Beziehungen –
Recht zur jederzeitigen, einseitigen Beendigung (z.B. als Sanktionsmaßnahme)
Keine Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Beziehungen
Abbruch stellt keine Völkerrechtsverletzung dar, vgl. Art. 45
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Abberufung von Mitgliedern –
Grundsatz: freies Ermessen des EntsendestaatsAusnahme: Erklärung der persona non grata, Art. 9 I
Rechtsfolge:
1.Pflicht desEntsendestaats
2. Recht des Empfangsstaats
• die betreffende Person abzuberufen oder ihre Tätigkeit zu beenden (Art. 9 I S. 2)
•dem Entsendestaat zu notifizieren, er lehne es ab, den Diplomaten als Mitglied der Mission anzuerkennen, Art. 9 II, 43 lit. b
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Pflichten des Diplomaten –
Achtung der Rechtsordnung, Art. 41
Nichteinmischung in innere Angelegenheiten
1. Ständige Diplomatie zwischen Staaten – Status der Mission –
Auf dem Territorium des Empfangsstaates (keine Exterritorialität)
Verpflichtung zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Mission
• Schutz der Räumlichkeiten der Mission, Art. 20 ff.
• Schutz des diplomatischen Gepäcks, Art. 27
• Schutz des Personals der Mission, Art. 29 ff.
• Erleichterung der Aufgabenerfüllung, Art. 25
IV. Diplomatische und konsularische Beziehungen2. Spezialmissionen
• Keine allg. gewohnheitsrechtliche Regelung• Regelung durch bilaterale Vereinbarungen, Funktion und
Status im Einzelfall vereinbart• Konvention über Spezialmissionen (KSM) vom 8.12.1969
UN Doc GA Res.2530 [XXIV]Art. 1-3 KSM wohl Gewohnheitsrecht
• Merkmale: Art. 1 KSM (2-fache [konstitutive] Einigung) Entsendung eines Staatenvertreters Mit spezifischen amtlichen Aufgaben betraut, Art. 3 KSMZeitlich begrenzter Einsatz
IV. Diplomatische und konsularische Beziehungen3. Diplomatische Beziehungen internationaler Organisationen
• (ständige) Missionen
• Wechsel von bilateralen zu trilateralen Übereinkommen
• Vienna Convention on the Representation of States in Their Relations with International Organizations of a universal Character von 1975 (WRIO)
• Vertretungen von Staaten bei int. Organisationen
• Vertretungen von int. Organisationen in Staaten
• Vertretungen int. Organisationen bei int. Organisationen, diplomatische Beziehungen int. Organisationen
3. Diplomatische Beziehungen internatonaler Organisationen – Errichtung u. Funktion der Mission –
• Bindeglied zwischen Staat und int. Organisation, Art. 6 WRIO
• Einrichtung der Mission nach Vorschriften der IO
• Unterrichtung des Sitzstaates, Art. 5 III WRIO
• kein Mitspracherecht des Sitzstaates wie in Art. 4 WÜD
• kein Recht des Sitzstaates zur Erklärung persona non grata
• Pflicht zur Abberufung bei privat begangenen Straftaten, Art. 77 II WRIO
3. Diplomatische Beziehungen internatonaler Organisationen – Vorrechte und Immunitäten –
• Theorie der funktionalen Notwendigkeit
• Anlehnung an die Vorrechte und Immunitäten des WÜD
• Notwehr- und Nothilferecht auch innerhalb des IO-Gebietes
3. Diplomatische Beziehungen internatonaler Organisationen – Sonderfälle –
1. Ständige Beobachtermissionen (Arafat-Visa Affäre 1988)
2. Delegation – (temporäre) ad hoc Diplomatie, Art. 42-72 WRIO
3. Vertretungen internationaler Organisationen
Durch Satzung der IO oder Sitzabkommen geregelt
4. IKRK - Sitzstaatenabkommen
IV. Diplomatische und konsularische Beziehungen4. Konsularische Beziehungen
• Ursprünglich aus der Mitte der Kaufleute gewählte Streit-schlichter im Ausland (Personalitätsprinzip) bis 19. Jh.
• Beschränkung durch ständige Diplomatie
• Konzentration auf Handels- und Wirtschaftsbeziehungen
• Seit dem 19. Jh. Bemühungen um eine Vereinheitlichung
• 24.04.1963 Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK)
4. Konsularische Beziehungen– Das WÜK –
• An die Struktur des WÜD angelehnt
• Subsidiär zu bilateralen Vereinbarungen, Art. 73
• Beeinflussung durch nationale Gesetzgebung, vgl. Art. 5 lit. f (z.B. Konsulargesetz Deutschlands vom 11.09.1974 Ergänzungs- und Lückenfüllfunktion)
4. Konsularische Beziehungen– Aufnahme konsularischer Beziehungen –
• Art. 2 Prinzip der Einvernehmlichkeit, Unabhängigkeit vom Bestehen dipl. Beziehungen
• Zustimmung bei der Errichtung und Verlegung einer Vertretung, Art. 4
• Errichtung sog. Konsularbezirke, Art. 6• Zahl der Vertretungen nach Umfang und Gewicht der
wirtschaftlichen Beziehungen• Wahrnehmung konsularischer Aufgaben auch durch eine
dipl. Mission möglich, Art. 70
4. Konsularische Beziehungen– Aufgaben des Konsuls –
Art. 5:• Wahrnehmung der Handels- und Wirtschaftsinteressen• Förderung kultureller und wissenschaftlicher Zusammenarbeit• Schutz der Angehörigen im Empfangsstaat• Informationsfunktion• Keine erschöpfende Aufzählung
Art. 17 I:• Wahrnehmung dipl. Aufgaben (keine dipl. Rechte)
V. Grundrechte und Grundpflichten der Staaten1. “Friendly-Relations“-Deklaration (GA Res. 2625 [XXV])
1. Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten 2. Gewaltverbot3. Interventionsverbot 4. Gebot friedlicher Streitbeilegung5. Kooperationsgebot6. Pflicht aller Staaten, im guten Glauben die UN-
Charta zu erfüllen 7. Prinzip der Gleichberechtigung und Selbst-
bestimmung der Völker
V. Grundrechte und Grundpflichten der Staaten2. Souveräne Gleichheit der Staaten
• formell gleiche Rechtsposition im Rahmen der meisten IGOs und bei der Ausübung von Stimm- und Beteiligungsrechten
• Ausübung der Hoheitsgewalt auf dem fremden Territorium erfordert vertragliche Zustimmung• “act of state“ Doktrin• Wirksamkeit der Hoheitsakte fremder Staaten innerhalb des eigenen Territoriums• Keine Differenzierung nach dem politischen und gesell- schaftlichen System
Gleichheit im Recht Gleichheit vor dem Recht
Art. 2 Nr. 1 UNC, 6. Grds. der Friendly-Relations-Declaration
V. Grundrechte und Grundpflichten der Staaten3. Das Gebot der friedlichen Streitbeilegung
Beilegung eines Streitfalles zwischen Staaten und/oder anderen Völkerrechtssubjekten mit friedlichen, d.h. nicht gewaltsamen
Mitteln
Streitfall
Meinungsunterschiede über rechtliche oder tatsächliche
Angelegenheiten bzw. Vertreten gegensätzlicher
Rechts- oder Interessenstandpunkte
V. Grundrechte und Grundpflichten der Staaten3. Das Gebot der friedlichen Streitbeilegung
Pflicht aus Art. 2 Nr. 3, 33 UN-Charta bzw. GewohnheitsR
Unverbindliche (diplomatische) Streitbeilegung:
• Verhandlung (negotiation)
• Gute Dienste (good offices)
• Vermittlung (mediation)
• Untersuchung (enquiry)
• Vergleich (conciliation)
Verbindliche (richterliche) Streitbeilegung:
• Internationale Schiedsgerichtsbarkeit (arbitration)
• Der Internationale Gerichtshof
VI. Gewaltverbot1. Art. 2 Nr. 4 UN-Charta
• umfassendes Gewaltverbot: jegliche Anwendung oder Androhung bewaffneter Gewalt zwischen den Mitgliedstaaten
• Charakterisierung als „Krieg“ nicht mehr erforderlich• “measures short of war“ oder “low intensity conflicts“• Ausnahmen sind eng auszulegen:
SelbstverteidigungsrechtArt. 51 UN-Charta
Kollektive ZwangsmaßnahmenArt. 42, 53 UN-Charta
1. wirksame Gewährleistung für Schutzgüter des Art. 2 Nr.42. Art. 51 ist nur ein Rechtfertigungsgrund
Argumente:
VI. Gewaltverbot2. Art. 2 Nr. 4 UN-Charta – inhaltliche Ausgestaltung (1)
1. „Gewalt“ i.S.d. Art. 2 Nr. 4 : nur bewaffnete Gewalt • Anwendung politischen und wirtschaftlichen Zwangs
wird nicht erfasst vom Gewaltverbot
VI. Gewaltverbot2. Art. 2 Nr. 4 UN-Charta – inhaltliche Ausgestaltung (2)
2. Schutzgüter des Gewaltverbots:• „Territoriale Unversehrtheit“ – das gesamte Staatsgebiet,
Luftraum, Küstenmeer, ArchipelgewässerGrundsatz der Unverletzlichkeit der Grenzen
• „Politische Unabhängigkeit“ – militärische Besetzung, bewaffneter Umsturz, Angriffe auf See- und Luftstreitkräfte außerhalb des Staatsgebiets, Gewalt gegen natürliche Ressourcen und Einrichtungen
• „jede sonst mit Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare“ Gewalt – wirtschaftliche, soziale, kulturelle und humanitäre Zusammenarbeit
VI. Gewaltverbot3. Art. 2 Nr. 4 UN-Charta – inhaltliche Ausgestaltung (3)
3. „in ihren internationalen Beziehungen“:• die Gewaltanwendung nur innerhalb der Grenzen eines
Staates wird nicht vom Gewaltverbot erfasst
• Beteiligung an innerstaatlichen Auseinandersetzungen:
„Intervention auf Einladung“ „Hilfeleistung für die Aufständischen“
4. „Androhung oder Anwendung von Gewalt“
VI. Gewaltverbot4. Selbstverteidigungsrecht – Art. 51 UN-Charta
Voraussetzung: „bewaffneter Angriff“
„Angriffshandlung“ i.S.d. Aggressionsdefinition
Kodifizierung des völkergewohnheitsrechtlichen Grundsatzes “inherent right“
RF: Selbstverteidigungsrecht
VI. Gewaltverbot5. Selbstverteidigungsrecht – Zulässigkeit
1. Selbstverteidigungsmaßnahmen schließen sich unmittelbar an den bewaffneten Angriff an
2. Ausübung erfolgt in Grenzen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit:a) Zweck: Erwiderung des bewaffneten Angriffs, kein
darüber hinausgehender Strafcharakterb) Erforderlichkeit (necessity) c) Angemessenheit (proportionality)d) Sonstige im Einzelfall das Verhältnismäßigkeitsprinzip
ausfüllenden Kriterien
VI. Gewaltverbot6. Selbstverteidigungsrecht – zeitliche Grenzen
1. Beginn
1. Gegenwärtiger Angriff
2. Unmittelbarer Angriff
3. Präventive Selbstverteidigung?
Caroline-Fall: „the necessity of self-defence is instant, overwhelming and leaving no choice of means and no moment for deliberation“
2. Ende • endgültige Beendigung des unmittelbaren Angriffs• Vornahme der erforderlichen Maßnahmen durch den
Sicherheitsrat
VI. Gewaltverbot7. Sicherheitsrat (Security Council)
• 5 ständige, 10 nichtständige Mitglieder (Art. 23 I UN-Charta)
Mitglieder:
Aufgaben und Kompetenzen:
• „Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ (Art. 24 I UN-Charta)
• Friedliche Streitbeilegung (Kap. VI UN-Charta)
• Sicherung des Friedens (Kap. VII UN-Charta)
• Vetorecht der ständigen Mitglieder (Art. 27 III UN-Charta)
• Nur in Ausnahmefällen bindende Beschlüsse (Art. 25 UN-Charta)
VI. Gewaltverbot8. Kollektive Zwangsmaßnahmen Art. 42, 53 UN-Charta
1. Voraussetzung: Feststellung einer Bedrohung oder eines Bruchs des internationalen Friedens durch den Sicherheitsrat, Art. 39 UN-Charta
2. Beschluss einer Maßnahme:a) Aufforderung zur Einhaltung vorläufiger Maßnahmen (Art.
40 UN-Charta)
b) (Unverbindliche) Empfehlungen (Art. 39 UN-Charta)
c) Anordnung nicht-militärischer Zwangsmaßnahmen (Art. 41)
d) Anordnung militärischer Zwangsmaßnahmen (Art. 42)
Keine eigenen UN-Streitkräfte, kein Sonderabkommen i.S.v. Art. 43
VI. Gewaltverbot9. “Peace-keeping “, humanitäre Hilfsaktion, “Peace-enforcement“
1. Zulässigkeit:
a) Mandat der UNO: SR oder GV (“Uniting for peace“)
b) Zustimmung aller beteiligten Parteien
2. Traditionelles „Peace-keeping“: ohne Zwangsmaßnahmen, Bildung sog. Pufferzonen; Einsatz der Waffengewalt nur zwecks Selbstverteidigung zulässig
3. “Robust peacekeeping“: mit Waffengewalt
4. „Humanitäre Hilfsaktion“: insb. “failed state“, der kein Aggressor i.S.v. Art. 39 UN-Charta ist
5. „Peace-enforcement“: Operation ohne Konsens der beteiligten Parteien (Einsatz im ehemaligen Jugoslawien 1993-1995)
VI. Gewaltverbot10. Humanitäre Intervention
Intervention zum Schutz:
Eigener/fremder Staatsangehöriger im
Ausland
Fremder Staatsangehöriger in ihrem Heimatstaat
• Verbindung zwischen dem Heimatstaat und seinen Bürgern aufgrund der Staatsangehörigkeit
• „Notstandsrecht“• chaotische Situation im
Aufenthaltsstaat
• Schutz der Menschenrechte
• Keine anderen Mittel verfügbar
• Kollektiv
• Altruistisch Kein anerkanntes GewohnheitsR!
VII. Interventionsverbot1. Begriff
2. Die ausschließliche staatliche Zuständigkeit
1. Die Einmischung eines Staates in die inneren und äußeren Angelegenheiten eines anderen Staates
3. Die Einmischung erfolgt unter Androhung oder Anwendung von Zwang
VII. Interventionsverbot2. Rechtsgrundlage
Art. 2 Nr. 1Zwischenstaatlich
wirkendes InterventionsV
Art. 2 Nr. 7Verpflichtung der
Vereinten Nationen
Argumente:
• Relativierung der souveränen Gleichheit
• Gewährleistung der Souveränität
Zwischenstaatliches Interventionsverbot gilt gewohnheitsrechtlich !
VII. Interventionsverbot3. Inhaltliche Ausgestaltung
1. Verhalten: - eines Staates, mehrerer Staaten oder IGOs- ausnahmsweise Privater (Duldung der grenzüberschrei-
tenden Wirkungen durch den Staat oder Mitwirkung)- Insbesondere sog. „subversive“ Intervention
2. Alleinige Zuständigkeit (domaine reservée):- alle Angelegenheiten, die nicht durch eine Bestimmung
des Völkerrechts geregelt sind- Traditionell: Verfassungs- und Wirtschaftsordnung
sowie politische, auswärtige, soziale und kulturelle Angelegenheiten
- entfällt bei der Feststellung einer Bedrohung der inter-nationalen Sicherheit und des Friedens durch den SR
3. Zwang: - Abgrenzung der verbotenen Intervention von der
erlaubten Einmischung
VII. Interventionsverbot4. Formen der Intervention
Ausübung militärischer Gewalt
Interventionsverbot
Gewaltverbot
1. Deckungsgleich mit dem Gewaltverbot erfaßt das Interventionsverbot die Ausübung militärischer Gewalt
2. Unterstützung von Aufständischen3. „Subversive Intervention“4. Ausübung wirtschaftlichen Zwangs (str.)
VII. Interventionsverbot5. Art. 2 Nr.1 UN-Charta – universelle Menschenrechte
• Art. 2 Nr. 1: Recht zur freien Wahl und Entwicklung des gesellschaftlichen und politischen Systems
• Massive Verletzungen der Menschenrechte innerhalb eines Staates: objektive Bedrohung des Weltfriedens?
• Intervention ohne Gewalt
• Intervention mit Gewalt