Vergaberechtliche Grundlagen
und
Behandlung von Ortsansässigen im öffentlichen Beschaffungswesen
Roland Fey
Kleinandelfingen, 23. Mai 2007
Teil I:
Vergaberechtliche Grundlagen
System der kantonalen Rechtsgrundlagen
Binnenmarkt-gesetz (BGBM)
Bundesgesetz über das öffentliche
Beschaffungswesen (BoeB)
Verordnung über das öffentliche
Beschaffungswesen (VoeB)
GATT / WTO-Übereinkommen
Bilaterales Abkommen
CH - EU
Interkantonale Vereinbarung
(IVöB)
Vergabericht-linien (VRöB)
KantonaleAusführungsbestimmungen
Beitritts-gesetz
Submissions-verordnung
Government Procurement Agreement GPA (WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen)
Schwellenwerte im Staatsvertragsbereich
Lieferungen Dienstleistungen Bauarbeiten(Gesamtwert)
Kantone
Behörden und öffentliche Unternehmen in den Sektoren Wasser, Energie und Verkehr
383‘000
766‘000
383‘000
766‘000
9‘575‘000
9‘575‘000
Auftraggebende Auftragswert CHF
Gemäss dem Bilateralen Abkommen CH - EU sind auch folgendeAuftraggebende dem Staatsvertragsbereich unterstellt:
Schwellenwerte im Staatsvertragsbereich
Auftraggebende Auftragswert CHF
Lieferungen Dienst-leistungen
Bauarbeiten(Gesamtwert)
Gemeinden (analog Kantone) 383‘000
766‘000
383‘000
766‘000
9‘575‘000
9‘575‘000
Private Unternehmen mit aus-schliesslichen oder besonderenRechten in den Sektoren Wasser, Energie und Verkehr (inkl. Draht-seilbahnen und Skiliftanlagen)(analog öffentliche Sektorenbetriebe)
Schwellenwerte und Verfahrenim Nicht-Staatsvertragsbereich
Verfahrensarten
Freihändige Vergabe
Einladungsverfahren
Offenes / selektives Verfahren
Lieferungen(Auftragswert CHF)
Dienstleistungen (Auftragswert CHF)
Bauarbeiten (Auftragswert CHF)
Bauneben-gewerbe
Bauhaupt-gewerbe
unter 100‘000
unter 250‘000
ab 250‘000
unter 150‘000
unter 250‘000
ab 250‘000
unter 150‘000
unter 250‘000
ab 250‘000
unter 300‘000
unter 500‘000
ab 500‘000
Vergabekriterien (Kanton Zürich)
Eignungskriterien§ 22 SVO
Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Anbietenden.
Insbesondere in
• finanzieller
• wirtschaftlicher
• fachlicher
• organisatorischer
Hinsicht.
Bewertung der Angebote bezüglich ihrer wirtschaftlichen Günstigkeit (Preis-/Leistungsverhältnis).
Beispiele:• Preis • Nachhaltigkeit• Qualität • Kreativität• Zweckmässigkeit • Kundendienst• Termine • Lehrlings-• technischer Wert ausbildung• Ästhetik • Infrastruktur• Betriebskosten
Der niedrigste Preis ist als alleini-ges Kriterium nur bei weitgehend standardisierten Gütern zulässig.
Zuschlagskriterien§ 33 SVO
Wichtige Merkpunkte für Anbietende
Ausschreibungsunterlagen rechtzeitig verlangen
Eignungs- und Zuschlagskriterien beachten
Allenfalls Auskünfte einholen (Vergabestelle / AWA)
Angebotsformulare vollständig & wahrheitsgetreu ausfüllen und nicht verändern, Varianten separat beifügen; Unterschrift nicht vergessen
Verlangte Nachweise (z.B. betreffend Eignung) beifügen
Einreichungsort beachten
Fristen einhalten (Eingang bei Vergabestelle massgeblich!)
Bekanntmachung des Zuschlags und Beschwerdefrist beachten
Auf Ausschreibungen achten! www.simap.ch
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Ausschreibungen per Mausklick
Besuchen Sie uns im Internet
www.beschaffungswesen.zh.ch
KRITERIUM
Information für Anbietende, Verbände und Behörden
Handbuch für Vergabestellen
Inhaltsverzeichnis
1 Einstieg ins Handbuch 2 Grundlagen3 Anwendungsbereich4 Vorbereitung einer
Beschaffung5 Verfahren im Nicht-
Staatsvertragsbereich6 Verfahren im
Staatsvertragsbereich7 Rechtsschutz8 Merkblätter9 Vorlagen
10 Erläuterungen zu denRechtsgrundlagen
11 Glossar12 Sachregister
Teil II:
Behandlung von ortsansässigen Anbietenden im öffentlichen Beschaffungswesen
Zentrale Anliegen des lokalen Gewerbes (“KMU-Forderungen“)
• Behörde soll bei den Vergaben Spielraum zu Gunsten des lokalen Gewerbes nutzen
• Behörde soll nicht nur Preis als Zuschlagskriterium berücksichtigen
• Gleich lange Wettbewerbsspiesse für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
Art. 3 Abs. 1 Binnenmarktgesetz:
(Beschränkungen des freien Zugangs zum Markt)
1 Ortsfremden Anbieterinnen und Anbietern darf der freie Zugang zum Markt nicht verweigert werden. Beschränkungen sind in Form von Auflagen oder Bedingungen auszugestalten und nur zulässig, wenn sie:
a. gleichermassen auch für ortsansässige Personen gelten;b. zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen unerlässlich sind; undc. verhältnismässig sind.
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
Art. 5 Abs. 1 Binnenmarktgesetz:
(Öffentliche Beschaffungen)
1 Die öffentlichen Beschaffungen durch Kantone, Gemeinden und andere Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben richten sich nach kantonalem oder interkantonalem Recht. Diese Vorschriften und darauf gestützte Verfügungen dürfen Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz nicht in einer Weise benachteiligen, welche Artikel 3 widerspricht.
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
Generell gelten die folgenden Prinzipien:
• Gleichbehandlung und Chancengleichheit aller Anbietenden• Wirksamer Wettbewerb und wirtschaftliche Verwendung
öffentlicher Mittel
• Unzulässig bzw. problematisch sind:
- Bevorzugung ortsansässiger Anbietender („Heimatschutz“)
- Kriterium Wohnsitz oder Geschäftsniederlassung
- Distanz vom Geschäftssitz zum Einsatzort
- Sachfremde Kriterien wie volkswirtschaftliche Gründe und regional-, steuer- oder strukturpolitische Überlegungen
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
Generell gilt:
• „… Es steht nicht im Belieben der Vergabebehörden, weitere Kriterien mit sozialpolitischer Zielsetzung einzuführen, die weder auf den wirtschaftlichen Nutzen eines Angebots noch auf Merkmale der angebotenen Leistung Bezug nehmen…“
(VGr ZH: VB 2003.00268)
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
Die Rechtsprechung hat sich bisher vor allem mit den Kriterien
Ortskenntnis sowie Distanz / Anfahrtsweg (Aspekte Umwelt und
Serviceleistung) beschäftigt.
► Ortskenntnisse:
• „... Das Abstellen auf Ortskenntnisse eines Bewerbers ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung auswärtiger Anbieter ausgesprochen problematisch…“ -► Ortskenntnis ist als Kriterium nur zulässig, wenn diese von besonderem Nutzen und sachlich gerechtfertigt ist (VGr ZH: VB 2004.00305).
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
► Distanz / Anfahrtsweg:
• Unzulässig: Abstellen auf die Distanz vom Geschäftssitz zum Einsatzort (ebenso unzulässig: generelles Abstellen auf die Länge des Anfahrtswegs; VGr ZH: VB 1999.00204)
• Umweltaspekt: Die Distanz zwischen dem Bereitstellungsort eines Anbieters und dem Verwendungsort der Leistung ist grundsätzlich kein geeignetes Zuschlagskriterium. Vorbehalten bleiben von den fraglichen Transporten ausgehende erhebliche Auswirkungen auf die lokale Umweltbelastung der auftraggebenden Gemeinde (u.a. VGr ZH: VB 1998.00369).
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
• Serviceleistungen: Ausnahmsweise zulässiges Zuschlagskriterium: Geografische Nähe zum Beschaffungsobjekt (Stichworte: Kundendienst, Erreichbarkeit, häufige und regelmässige Wartung, kurzfristig erforderliche Reparaturen, z.B. elektronische Einrichtungen, Operationsgeräte, Sauerstoffeinrichtungen von Spitälern; VGr GR; vgl. betr. Serviceleistungen aus der Nähe als zulässiges Kriterium, sofern daraus ein erheblicher Vorteil erwächst: VGr ZH, VB 1998.00252)
Grundsätze: Ortsansässige Anbietende
Möglich ist hingegen:
• Im freihändigen Verfahren und im Einladungsverfahren (v.a.) lokale Anbietende einzuladen (Preisniveau ab und zu testen!)
• Aber: Bei Einladung von Anbietenden aus anderen Regionen und Kantonen gilt das Gleichbehandlungsgebot (VGr ZH: VB
2000.00391)
Schlussfolgerungen
► Das Vergabewesen ist nur beschränkt dazu geeignet, lokale KMU gezielt zu fördern. Massnahmen zu Gunsten von KMU müssen nicht indirekt, sondern durch entsprechende Vorkehren im betreffenden Sachbereich erfolgen.
► Für die KMU wichtig sind:• Hilfestellungen Kanton ZH:
- Informationsanlässe zu KMU-Themen- Broschüre „Information für Anbietende, Verbände und Behörden“ - Publikationsorgan „KRITERIUM“ und Internetseite der Kommission für öffentliches Beschaffungswesen (KöB; www.beschaffungswesen.zh.ch)
• Simap:Eröffnet Möglichkeit, sich ausserhalb der eigenen Ortschaft bzw. des eigenen Kantons für Aufträge zu bewerben und damit die Gewinnchancen zu erhöhen.
Ich danke Ihnen fürIhre Aufmerksamkeit!
RESERVEFOLIEN
Höhere Schwellenwerte seit 2004 imNicht-Staatsvertragsbereich (in CHF)
Auftragsart Bisher
Lieferungen
Dienstleistungen
Bauleistungen im Bauhauptgewerbe
Bauleistungen im Baunebengewerbe(neue Kategorie)
Bauleistungen im Baunebengewerbe
Neu
50‘000
50‘000
100‘000
100‘000
500‘000
100‘000
150‘000
300‘000
150‘000
250‘000
Gre
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Exkurs KMU: Besondere Situation der KMU
• KMU sind Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten (Definition EU)
• 99,6% aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU• 85% der KMU verfügen über lediglich 1 bis 9
Mitarbeitende (Kleinstunternehmen)• KMU leiden besonders unter der Fülle administrativer
Belastungen• Administrative Umtriebe belasten kleine Unternehmen
verhältnismässig stärker als Grossunternehmen• KMU stossen an Kapazitätsgrenzen, wenn sie neue
Märkte erschliessen wollen
Exkurs KMU:KMU-Forderungen zum Vergabeverfahren
► Anforderungen an die Beschaffungsstellen:
• Schulung und Harmonisierung (Behörden müssen ihren Spielraum kennen)
• Professionalisierung (Verbesserung der Qualität der Ausschreibungen)
► Einladung / Ausschreibung / Kriterien:
• Bei Einladung im freihändigen Verfahren und im Einladungs-verfahren sollen ortsansässige KMU berücksichtigt werden (zusätzlich: Prüfung der Erhöhung von Schwellenwerten)
• Losbildung / „feinere“ Aufteilung von Grossaufträgen• Zulassung und Nichtdiskriminierung von Bietergemeinschaften• Keine KMU-diskriminierende Kriterien
Exkurs KMU:KMU-Forderungen zum Vergabeverfahren► Fristen (Problem der Ressourcenbindung bei KMU):
• Schnellere Entscheidfindung der Behörde• Vorzeitige Absage an aussichtslose Bewerber • Einhaltung der Zahlungsfristen durch öffentliche Hand
► Zertifizierung:
• Keine unnötige oder zu hohe Ansprüche an Zertifizierung bzw. Nachweis Qualitätssicherungssystem
► Vertragsbedingungen:
• Keine zu hohen Ansprüche an finanzielle Sicherheiten (Garantien stellen besonders für KMU eine grosse Belastung dar)