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HOLZBAU Baubericht
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Das alte Fertighaus in Harsewinkel, Kreis Gütersloh,
hatte die Firma Zenker 1974 gebaut. Wie viele alte
Fertighäuser hatte es eine sehr kleinteilige Raumauf-
teilung, schlechte Bausubstanz und barg große Risi-
ken, was die Schadstoffbelastung betraf. In älteren
Fertighäusern können potentiell gesundheitsgefähr-
dende Stoffe wie Formaldehyd, Lindan oder Chloran-
isole stecken. Letztere sind für den typisch „muffigen“
Fertighausgeruch verantwortlich, der auch in dem
Fertighaus in Harsewinkel wahrzunehmen war.
Alles sprach für das Haus
Trotz allem sprachen das große Grundstück und die
Lage in der bekannten Wohnumgebung für das Haus.
Vor dem Einzug musste es aber grundlegend saniert
werden. Die potenziell belasteten Materialien des
Hauses sollten rückgebaut und entsorgt, die alte Bau-
substanz abgerissen und nach innen abgesperrt wer-
den.
Asbestbelastete Faserzementplatten, Glaswolle im Tragwerk und alte, morsche Spanplatten galt es zurück-
zubauen bei der Sanierung eines Fertighauses aus den 1970er Jahren in Harsewinkel. Nach dem Rückbau
baute man neue Innenwände ein und ergänzte das Haus um einen Anbau in Holzrahmenbauweise.
Kernsaniertes Fertighaus
Von Maren Laing und Stephan Thomas
Leimreste von Holzständern gefräst
Zuerst mussten die mit Asbest belasteten Faserze-
mentplatten an der Fassade entfernt werden, diese
Arbeit erledigte ein Entsorgungsfachbetrieb aus Har-
sewinkel. Sobald die Faserzementplatten entfernt
waren, riss man die alten, morschen Spanplatten ab,
die von außen auf dem Holzständerwerk verleimt wa-
ren. Als besonders zeitaufwändig erwies sich das Ab-
fräsen der Leimreste von den Holzständern.
Nachdem die Spanplatten entfernt waren, lag das alte
Holzständerwerk frei. Zwischen den Ständern fand
sich eine alte Glaswolldämmung, die Glaswolle war
an mehreren Stellen leicht zusammengesackt, daher
wurde sie entfernt und komplett durch eine neue Mi-
neralwolldämmung (WLG 035) ersetzt. Dann beplank-
te man die Außenwände komplett neu mit OSB-Plat-
ten zur Aussteifung der Konstruktion. Mit einem
Mineralwoll-WDVS wurde die Fassade anschließend
gedämmt und verputzt.
Unter den alten Fa-
serzementplatten des
Fertighauses steckten
morsche Spanplatten
Fotos: Maren Laing
Fast zwei Jahre später
ist das Haus komplett
saniert und kaum wie-
derzuerkennen
Die asbestbelasteten
Faserzementplatten
am Haus entsorgte ein
Fachbetrieb
Rechts: Die blaue
Dampfsperrfolie ver-
hindert, dass eventu-
elle Schadstoffe und
Gerüche aus dem alten
Tragwerk nach innen
ausdünsten
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Übergang vom alten
Dachgeschoss zum
neuen Anbau
Die Glaswolldämmung
im Holztragwerk wur-
de gegen einen neuen
Mineralwolldämmstoff
(WLG 035) ausgetauscht.
Darüber kamen OSB-
Platten zur Aussteifung
Links: Der Anbau in
Holzrahmenbauweise
ersetzt einen alten
Wintergarten auf der
Rückseite des Hauses
Dampfsperre gegen den „Fertighausgeruch“Von der Innenseite war das Holzständerwerk ebenfalls mit Spanplatten beplankt. Die Spanplatten waren aber noch in Ordnung und wurden daher nicht abge-rissen. Über alle Innenwände verlegte man eine Dampfsperrfolie und dichtete sie mit Klebebändern ab. Die Dampfsperre sorgt für die Luftdichtheit des Gebäudes von innen. Sie darf keine Leckagen haben, damit keine Feuchtigkeit in die Dämmung gelangt und diese schädigt. Mit einem Blower-Door-Test wur-de die Luftdichtigkeit bestätigt. Die Dampfsperre an den Innenwänden hat außerdem eine weitere wichtige Funktion: Sie sorgt dafür, dass der muffige „Fertighausgeruch“ nicht mehr in den Innenräu-men wahrnehmbar ist. Eventuelle Schadstoffe in den Wänden können durch die Dampfsperrfolie nur nach außen diffundieren. Über der Dampfsperre montierten die Bauherren in Eigenleistung Gipskartonplatten.
Tragende Holzrahmenwand im ErdgeschossDer Grundriss des Hauses änderte sich durch die Sa-nierung stark: Alle Innenwände des alten Hauses wurden entfernt, stattdessen neue Trockenbauwände eingebaut. Als tragende, mittlere Innenwand bauten Zimmerer der Zimmerei Walter Schürmann Inh. Ge-rald Dübber GbR im Erdgeschoss eine Holzrahmen-wand ein. Ebenfalls in Holzrahmenbauweise entstand ein Anbau auf der Rückseite des Hauses über zwei Geschosse. Er ersetzt den alten Wintergarten. Der Anbau in Holzrahmenbauweise ist sieben Meter breit und zum Garten ausgerichtet. Für den Anbau muss-ten zunächst tragende Stahlstützen und -träger über zwei Geschosse eingebaut werden. Die Stahlstützen bauten die Handwerker im Bereich der ehemaligen Au-ßenwand ein, so blieb der Anbau selbst stützenfrei. Im Obergeschoss liegt der Anbau rechts und links auf den Stahlstützen auf. Auf den Stahlrahmen verlegten die Zimmerer im Obergeschoss außerdem die neue Mittel-pfette des Hauptdachs. Für den Anbau selbst wurde, als Ausnahme vom geltenden Bebauungsplan, ein Flach-dach genehmigt. Das Flachdach ist mit Elastomerbitu-menbahnen abgedichtet, darüber ist eine Gefälledäm-mung verlegt. Die erste Lage auf der Dämmung ist eine Elastomer-Kaltselbstklebebahn, die zweite Lage bildet eine Elastomerbitumen-Schweißbahn. Von außen erhielt der Anbau eine Dämmung aus Mineralwolle und Holz-weichfaserplatten und darüber eine Lärchenholzscha-
lung. An einem Teil der Ostseite des Flachdachs befin-det sich eine Regenrinne. Das Wasser wird über ein Gefälle in diese Rinne geleitet, die Attika ist an dieser Stelle unterbrochen.
Neue Sparren für den DachstuhlAuch der Dachstuhl des Hauses wurde saniert. Die Sparrenabstände des alten Daches waren bis zu 1,25 m breit, zu breit für eine neue Zwischensparrendäm-mung. Die Zimmerer doppelten die Sparren um 20 cm auf und verlegten in jedem Sparrenfeld einen zusätz-lichen Sparren. So bildeten sie eine stabile Grundlage
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für die Zwischensparrendämmung aus Mineralwolle.
Über der Dämmung verlegte man eine diffusionsoffe-ne Unterspannbahn, darüber eine Lattung für die neuen Dachziegel. Von innen dichteten die Handwer-ker die Zwischensparrendämmung mit einer Dampf-sperre ab. Darüber montierten sie eine quer zu den Sparren verlaufende Lattung und verfüllten diese mit einem Mineralwoll-Klemmfilz. Diese Ebene nutzte man als Installationsebene. Darüber verlegten die Handwerker Gipskartonplatten.
Sanierung dauerte fast zwei Jahre
Einen großen Teil der Sanierung erledigten die Bau-herren selbst, dazu gehörten der Rückbau, Elektroar-beiten, der Innenausbau und Malerarbeiten. Insge-samt 162 m² Wohnfläche entstanden durch die Sanierung in dem alten Fertighaus.
Autoren
Maren Laing ist Architektin mit den Schwerpunkten Bauen
im Bestand und Denkmalpfl ege und arbeitet im Büro Spoo-
ren Architekten in Gütersloh.
Stephan Thomas ist Volontär in der Redaktion der Zeitschrif-
ten dach+holzbau und bauhandwerk in Gütersloh.
Das Fertighaus nach
der Sanierung: Rechts
der neue Anbau mit
Lärchenholzschalung
Fotos: Maren Laing
Bautafel (Auswahl)
Projekt Komplettsanierung eines Fertighauses aus den 1970er Jahren in Harsewinkel mit neuem Anbau in Holzrahmenbauweise Zeitraum 2013-2015 (21 Monate)Bauherren & Eigentümer Maren und Christian Laing, 33428 HarsewinkelPlanung Maren Laing, Spooren Architekten, 33330 Gütersloh, www.spooren-architekten.de Zimmerei Walter Schürmann Inh. Gerald Dübber GbR, 33829 Borgholzhausen, www.zimmerei-dübber.deDachdecker A. Pähler Bedachungen GmbH, 33332 Gütersloh, www.dachdecker-guetersloh.deSchadstoffsanierung Entsorgungsfachbetrieb Wer-ner System-Demontage GmbH, 33428 Harsewinkel, www.system-demontage.de
Produkte (Auswahl)
Fassadendämmung WLG 035, Sto SE & Co. KGaA, Stühlingen, www.sto.deTrockenbauwände Saint-Gobain Rigips GmbH, Gel-senkirchen, www.rigips.comZwischensparrendämmung WLG 035, Deutsche Rockwool Mineralwoll GmbH & Co. OHG, Gladbeck, www.rockwool.de Unterspannbahn „DeltaMaxx Plus“, Dörken GmbH & Co. KG, Hagen-Herdecke, www.doerken.deDachziegel „Piano“, Dachkeramik Meyer-Holsen GmbH, Hüllhorst, www.meyer-holsen.de Weitere Fotos von der Sanierung des Fertighauses in
Harsewinkel finden Sie online. Geben Sie dafür einfach den Webcode in die Suchleiste auf unserer Website ein.
Code BHW37R46L