Westfalens Kraftwerke – bedeutende Stromproduzenten im „Energieland NRW“ 200 Geographische Kommission für Westfalen Nordrhein-Westfalen ist das Energie- land Nummer eins in Deutschland. In keinem anderen Bundesland wird mehr Energie gewonnen, umgewandelt und verbraucht. Die hiesigen Kraftwerke produzieren nahezu ein Drittel des bun- desweit erzeugten Stroms. Wichtigster Brennstoff dabei war und ist die Kohle. Energiemix in NRW und Deutschland Abb. 1a zeigt, dass hinsichtlich der Stromerzeugung in NRW die Braun- und Steinkohle mit zusammen rund 84 % die dominierenden Primärener gieträger sind. Der intensive Einsatz dieser Res- sourcen resultiert aus den natürlichen Vorkommen im Land, die seit Jahrzehn- ten für die Verstromung eingesetzt wer- den, wobei die Braunkohle ausschließ- lich im Rheinland und die Steinkohle vornehmlich in Westfalen abgebaut wird. Im Vergleich mit dem gesamtdeut- schen Energiemix (Abb. 1b) ist auffällig, dass das Übergewicht der Kohlen zugunsten der Kernenergie abnimmt. In NRW hingegen werden aufgrund der tra- ditionellen Kohleverstromung keine Atomkraftwerke betrieben. Energie made in Westfalen Fast 180 Mrd. Kilowattstunden (kWh) Strom wurden 2004 in ganz NRW erzeugt. Der Anteil der westfälischen Kraftwerke beläuft sich dabei schät- zungsweise auf 45 % (80 Mrd. kWh). Schwerpunkt der Stromproduktion in Westfalen ist das Ruhrgebiet (Abb. 3), wo die geförderte Steinkohle an Ort und Stelle umgewandelt werden kann. Hier steht u. a. mit dem Kraftwerk „Schol- ven“ in Gelsenkirchen eines der leis- tungsgrößten Steinkohlekraftwerke Eu- ropas, das mit einer Leistung von über 2 000 Megawatt (MW) allein etwa drei Prozent des deutschen Strombedarfs deckt. Außerhalb des Ruhrgebiets befinden sich weitere leistungsstarke Kohlekraft- werke im nördlichen Münsterland (Ibbenbüren, Abb. 4) und Ostwestfalen (Petershagen, Porta Westfalica). Wäh- rend man in Ibbenbüren auf lokale Koh- levorkommen zurückgreifen kann (s. Beitrag von W. GESSNER-KRONE), sind die Kraftwerke „Heyden“ und „Weser“ auf Zulieferungen angewiesen. Abgesehen von der Steinkohle gibt es vermehrt Anlagen, die Erdgas als Energieträger nutzen (Abb. 3). Im Rah- men der Stromversorgung werden sie hauptsächlich zur Abdeckung von Spit - zenlast -Zeiten eingesetzt, während die Steinkohlekraftwerke vornehmlich für die Mittellast konzipiert sind. Moderne, mit Kraft-Wärme-Kopplung betriebene Gas- wie auch Steinkohlekraftwerke (z. B. in Bochum, Münster und Bergka- men) speisen darüber hinaus ihre Rest- wärme zum Heizen in öffentliche Fern- wärmenetze ein und besitzen somit einen höheren W irkungsgrad . Daneben gibt es auch Anlagen, die unabhängig vom Brennstoff ausschließlich der Fern- wärmeversorgung dienen (u. a. in Dort- mund und Gelsenkirchen-Buer). Import und Export Die nordrhein-westfälische Elektrizi- tätsversorgung endet nicht etwa an der Landesgrenze, sondern ist Teil eines Verbundsystems, in dem der Strom auch über nationale Grenzen hinweg ausge- tauscht wird. Hierbei ist NRW aufgrund der Gesamtleistung seiner Kraftwerke in erster Linie eine Exportregion, aus der Strom in andere Bundesländer sowie ins benachbarte Ausland (Benelux-Län- der) geliefert wird. Was die Bilanz der Primärenergie- träger anbelangt, so ergeben sich inner- halb von NRW deutliche Unterschiede: Während die Braunkohle aus dem Rhei- nischen Revier in den vergangenen Jahrzehnten ihre Position als Brennstoff für die Stromerzeugung festigen konnte, verliert die heimische Steinkohle immer Abbn. 1a u. 1b: Brutto-Stromerzeugung in NRW und Deutschland nach Energieträgern 2004 in % (Quelle: LDS NRW 2006, S. 13) Abb. 2: Stromgigant – das Kraftwerk Scholven in Gelsenkirchen (Foto: E.ON Kraftwerke GmbH) Nordrhein-Westfalen Deutschland Steinkohle 38,5 % Steinkohle 24,2 % Braun- kohle 45,6 % Mineral- öle 1,8 % Gase 12,3 % Sonstige *1,8 % Braunkohle 27,2 % Mineralöle 1,7 % Gase 12,4 % Kernenergie 28,7 % Sonstige *5,8 % *darunter erneuerbare Energieträger ohne Einspeisung von privaten Betreibern in das öffentliche Netz 1a 1b Gebiet und Identität Naturraum Bevölkerung Siedlung Wirtschaft und Verkehr Bildung und Kultur Gesellschaft und Politik
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Westfalens Kraftwerke – bedeutende … · steht u. a. mit dem Kraftwerk „Schol-ven“ in Gelsenkirchen eines der leis-tungsgrößten Steinkohlekraftwerke Eu-ropas, das mit einer
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Nordrhein-Westfalen ist das Energie-land Nummer eins in Deutschland. Inkeinem anderen Bundesland wird mehrEnergie gewonnen, umgewandelt undverbraucht. Die hiesigen Kraftwerkeproduzieren nahezu ein Drittel des bun-desweit erzeugten Stroms. WichtigsterBrennstoff dabei war und ist die Kohle.
Energiemix in NRW und DeutschlandAbb. 1a zeigt, dass hinsichtlich derStromerzeugung in NRW die Braun- undSteinkohle mit zusammen rund 84 % diedominierenden Primärenergieträgersind. Der intensive Einsatz dieser Res-sourcen resultiert aus den natürlichenVorkommen im Land, die seit Jahrzehn-ten für die Verstromung eingesetzt wer-den, wobei die Braunkohle ausschließ-lich im Rheinland und die Steinkohlevornehmlich in Westfalen abgebautwird. Im Vergleich mit dem gesamtdeut-schen Energiemix (Abb. 1b) ist auffällig,dass das Übergewicht der Kohlenzugunsten der Kernenergie abnimmt. InNRW hingegen werden aufgrund der tra-ditionellen Kohleverstromung keineAtomkraftwerke betrieben.
Energie made in WestfalenFast 180 Mrd. Kilowattstunden (kWh)Strom wurden 2004 in ganz NRWerzeugt. Der Anteil der westfälischenKraftwerke beläuft sich dabei schät-zungsweise auf 45 % (80 Mrd. kWh).Schwerpunkt der Stromproduktion in
Westfalen ist das Ruhrgebiet (Abb. 3),wo die geförderte Steinkohle an Ort undStelle umgewandelt werden kann. Hiersteht u. a. mit dem Kraftwerk „Schol-ven“ in Gelsenkirchen eines der leis-tungsgrößten Steinkohlekraftwerke Eu-ropas, das mit einer Leistung von über2 000 Megawatt (MW) allein etwa dreiProzent des deutschen Strombedarfsdeckt.
Außerhalb des Ruhrgebiets befindensich weitere leistungsstarke Kohlekraft-werke im nördlichen Münsterland(Ibbenbüren, Abb. 4) und Ostwestfalen(Petershagen, Porta Westfalica). Wäh-rend man in Ibbenbüren auf lokale Koh-levorkommen zurückgreifen kann (s.Beitrag von W. GESSNER-KRONE), sinddie Kraftwerke „Heyden“ und „Weser“auf Zulieferungen angewiesen.
Abgesehen von der Steinkohle gibtes vermehrt Anlagen, die Erdgas alsEnergieträger nutzen (Abb. 3). Im Rah-men der Stromversorgung werden siehauptsächlich zur Abdeckung von Spit-zenlast-Zeiten eingesetzt, während dieSteinkohlekraftwerke vornehmlich fürdie Mittellast konzipiert sind. Moderne,mit Kraft-Wärme-Kopplung betriebeneGas- wie auch Steinkohlekraftwerke(z. B. in Bochum, Münster und Bergka-men) speisen darüber hinaus ihre Rest-wärme zum Heizen in öffentliche Fern-wärmenetze ein und besitzen somiteinen höheren Wirkungsgrad. Danebengibt es auch Anlagen, die unabhängigvom Brennstoff ausschließlich der Fern-wärmeversorgung dienen (u. a. in Dort-mund und Gelsenkirchen-Buer).
Import und ExportDie nordrhein-westfälische Elektrizi-tätsversorgung endet nicht etwa an derLandesgrenze, sondern ist Teil einesVerbundsystems, in dem der Strom auchüber nationale Grenzen hinweg ausge-tauscht wird. Hierbei ist NRW aufgrundder Gesamtleistung seiner Kraftwerkein erster Linie eine Exportregion, ausder Strom in andere Bundesländer sowieins benachbarte Ausland (Benelux-Län-der) geliefert wird.
Was die Bilanz der Primärenergie-träger anbelangt, so ergeben sich inner-halb von NRW deutliche Unterschiede:Während die Braunkohle aus dem Rhei-nischen Revier in den vergangenenJahrzehnten ihre Position als Brennstofffür die Stromerzeugung festigen konnte,verliert die heimische Steinkohle immer
Abbn. 1a u. 1b: Brutto-Stromerzeugung in NRW und Deutschlandnach Energieträgern 2004 in % (Quelle: LDS NRW 2006, S. 13)
Abb. 2: Stromgigant – das Kraftwerk Scholven in Gelsenkirchen(Foto: E.ON Kraftwerke GmbH)
Nordrhein-Westfalen Deutschland
Steinkohle38,5 %
Steinkohle24,2 %
Braun-kohle 45,6 %
Mineral-öle 1,8 %
Gase 12,3 %Sonstige
*1,8 %
Braunkohle27,2 %Mineralöle 1,7 %
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Kernenergie28,7 %
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*darunter erneuerbare Energieträger ohne Einspeisung von privaten Betreibern in das öffentliche Netz
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mehr an Bedeutung. Aufgrund der sin-kenden staatlichen Subventionen ist sieauf dem Weltmarkt nicht mehr konkur-renzfähig. Die Kraftwerksbetreiber setz-ten daher auch hierzulande verstärkt aufdie wesentlich billigere Importkohle ausdem Ausland (v. a. Polen, Südafrika),deren Anteil sich mittlerweile auf über
50 % beläuft.Bezüglich des Energieträgers Erdgas
lässt sich festhalten, dass die Stromwirt-schaft hierbei angesichts der geringenVorkommen in Deutschland fast aus-schließlich auf Einfuhren (v. a. ausRussland, Norwegen und den Nieder-landen) angewiesen ist.
AusblickWas den Einsatz der Primärenergieträ-ger bei der Stromerzeugung anbelangt,so ist aufgrund der aktuellen energiepo-litischen Situation zu vermuten, dass dergegenwärtige Trend in Westfalen auchweiterhin anhalten wird. Soll heißen –eine fortschreitende Reduzierung derheimischen Steinkohle zugunsten vonImportkohle. Ferner ist zu erwarten,dass generell die Steinkohle mehr Kon-kurrenz durch das zwar ebenfallskostenintensive, aber umweltschonen-dere Erdgas erhält. Dessen Anteil an dergesamtdeutschen Stromgewinnung hatsich in den vergangenen zehn Jahrenbereits verdoppelt.
Diese Entwicklung führt zwangsläu-fig zu einer verstärkten Importabhän-gigkeit der Stromwirtschaft. Hinzukommt, dass viele Kraftwerke in West-falen wie im gesamten Bundesgebietaus den 1960er und 1970er Jahren stam-men und gegen Ende ihrer wirtschaftli-chen Laufzeit technologisch überholtsind.
Daher ist es von großem politischenwie wirtschaftlichen Interesse, denbestehenden Kraftwerkspark zu moder-nisieren bzw. zu erneuern, auch um des-sen Energieeffizienz zu erhöhen. Hier-für liegen in Westfalen bereits die erstenPläne auf dem Tisch. So hat z. B. derStromriese E.ON den Neubau einesGroßkraftwerks am Standort Dattelnbeschlossen, das 2011 ans Netz gehensoll. Im Gegenzug werden die dortigenalten Anlagen sowie weitere E.ON-Kraftwerke im Ruhrgebiet, die ihr Lauf-zeitende erreicht haben, stillgelegt.
Aber auch einige lokale und regio-nale Energieversorger in Westfalen stre-ben angesichts steigender Energiepreiseund des oligopolen Strommarktes inDeutschland nach mehr Unabhängigkeitund versorgen ihre Haushalte inzwi-schen mit Strom und Wärme aus eige-nen, effizient arbeitenden kleinen bismittelgroßen Anlagen (z. B. Blockheiz-kraftwerke, Gas- und Dampfturbinen-kraftwerke). Ob diese dezentrale Ver-sorgungsstruktur zu einer echten Alter-native gegenüber den Großkraftwerkenavancieren wird, bleibt abzuwarten.
MARKUS WIENEKE
Abb. 3: Bedeutende Kraftwerke in Westfalen (Stand: 2006)(Quellen: Internetauftritte der Kraftwerksbetreiber, www.kraftwerke-online.de)
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SteinkohleGasWasserÖl
Energieträger
30 kmLeistung in MW
100 – 249
750 – 950
250 – 499500 – 749
1 281
2 056
1 Herne2 Bochum
Fernwärme und Strom(Symbol für überwie-gende Erzeugung imVordergrund)
Erzeugte EnergieFernwärmeStrom
Entwurf: M. WIENEKE,Quelle: www.kraftwerke-online.de