Wechselwirkungen Herausgeber: ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Wechselwirkungen
Herausgeber:
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
2
Gliederung
Was ist eine Wechselwirkung?
Welche Mechanismen stehen dahinter?
Beispiele für häufig vorkommende Wechselwirkungen
3
Was ist eine Wechselwirkung?
• Eine Wechselwirkung kann dann auftreten, wenn mehrere Medikamente gleichzeitig eingenommen werden.
• Wechselwirkungen sind auch zwischen Medikamenten und Lebens-/ Nahrungsergänzungsmitteln möglich
• Die Wechselwirkung kann die (Neben-)Wirkung des Arzneimittels verstärken oder abschwächen.
4
Folgen von Interaktionen in Deutschland
Ca. 25.000 bis 48.000 Todesfälle pro Jahr durch falsch eingenommene Arzneimittel oder Arzneimittel-Kombinationen
Ca. 30 % der Einweisungen ins Krankenhaus durch unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) oder eine -wechselwirkungen
Durch konsequente Beachtung der dokumentierten Fälle von UAW könnten ca. 10.000 Todesfälle und ca. 250.000 Fälle von schweren Nebenwirkungen vermieden werden
Einsparpotenzial für Volkswirtschaft: 3 Mrd. € pro Jahr
Quelle: Gelbe Liste
5
Wer hat ein erhöhtes Risiko?
Patienten, die mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen
Ältere Menschen
Menschen mit eingeschränkter Nieren- und/oder Leberfunktion
Raucher
Alkoholiker
Bei Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel
6
Lebensalter und Arzneimittelverträglichkeit
häufig ein verminderter Blutfluss in Leber, Nieren und Magen-Darm-Trakt vorliegt
der Wasseranteil im Körper sinkt
der Fettanteil im Körper steigt
häufig mehrere Erkrankungen vorliegen, die mit Arzneimitteln behandelt werden
Das Lebensalter beeinflusst die Arzneimittelverträglichkeit, weil im Alter
7
Arzneimittel mit erhöhtem Risiko
Enger therapeutischer Bereichzum Beispiel Phenprocoumon (Blutverdünnung),
Steile Dosis-Wirkungs-Kurvezum Beispiel Digoxin (Herzmittel)
Vielseitige pharmakologische Effektezum Beispiel Psychopharmaka
Es gibt Arzneimittel, die eher zu einer Wechselwirkungen führen als andere:
Welche Mechanismen stehen hinter den Wechselwirkungen?
9
Mechanismen für Wechselwirkungen
Pharmakodynamische Wechselwirkungen
Pharmakokinetische Wechselwirkungen
Zwei Mechanismen für Wechselwirkungen
10
Pharmakodynamische Wechselwirkungen
Folgende Fragen sind dabei wichtig:
Wie, wo und warum kommt die Wirkung zustande?
Was macht der Arzneistoff mit dem Körper?
„Was macht das Arzneimittel mit dem Körper?“
Bei der Pharmakodynamik betrachtet man den Einfluss bzw. die Wirkung des Arzneimittels auf den Körper.
11
Pharmakokinetische Wechselwirkungen
„Was macht der Körper mit dem Arzneimittel?“
Bei der Pharmakokinetik befasst sich mit der Konzentration / der Verteilung des Arzneimittels im Körper.
Bei dem Weg durch den Körper werden Arzneistoffe umgebaut. Sie durchlaufen dabei verschiedene Stadien, bis sie wieder ausgeschieden werden.
Den Prozess nennt man Biotransformation.
12
LADME-Modell
Liberation (Freisetzung)
Absorption (Aufnahme)
Distribution (Verteilung)
Metabolismus (Ab- und Umbau)
Elimination (Ausscheidung)
Erklärung der pharmkokinetischen Interaktionen im LADME-Modell
13
Wechselwirkungen bei der Freisetzung
Magensaftresistente Tablette wird zusammen mit Nahrung eingenommen
Nahrungsbrei verzögert die Abgabe in den Darm, da die Tablette zu groß ist, um den Magen zu verlassen
Beeinflussung der Freisetzung der Wirksubstanz aus ihrer Darreichungsform
Beispiel: magensaftresistente Tablette
Verzögerte Wirkung
14
Wechselwirkungen bei der Absorption (I)
Antazidum erhöht pH-Wert im Magen-Darm-Trakt
Ketoconazol löst sich bei saurem pH-Wert (< 3,5) eher auf und kann dann gut resorbiert werden
Beeinflussung der Absorption durch Veränderung des pH-Wertes im Magen-Darm-Trakt
Beispiel: Ketoconazol - Antipilzmittel
Verminderte Absorption
Verminderte Wirkung
15
Wechselwirkungen bei der Absorption (II)
Mehrwertige Kationen (z.B. in Antacida, Mineralstoffpräparaten, aber auch in Milchprodukten) bilden mit Tetrazyklinen schlecht absorbierbare Komplexe
Beeinflussung der Absorption durch Komplexbildung im Magen-Darm-Trakt
Beispiel: Tetrazyklin-Antibiotika - mehrwertige Kationen (Calcium, Magnesium, Aluminium, Eisen)
Verminderte Absorption
Verminderte Wirkung
16
Wechselwirkungen bei der Verteilung
Diese Wechselwirkung wurde früher und teilweise auch noch heute häufig aufgeführt - ABER
Mittlerweile ist bekannt, dass die Bindung der Substanzen an Plasmaeiweiße bei Wechselwirkungen kaum eine Rolle spielt
Beeinflussung der Verteilung durch Konkurrenz um die Bindungsstellen der Plasmaeiweiße
17
Wechselwirkungen beim Metabolismus (I)
Johanniskraut verstärkt die Aktivität eines abbauenden Leberenzyms
Statin wird über das Leberenzym vermehrt und schneller abgebaut
Beeinflussung des Metabolismus durch Induktion abbauender Enzyme
Beispiel: Johanniskraut und Statin
Verminderte Konzentration
Verkürzte bzw. verminderte Wirkung
18
Wechselwirkungen beim Metabolismus (II)
Grapefruitsaft hemmt die Aktivität eines abbauenden Leberenzyms
Das Blutdruckmittel Felodipin wird über das Leberenzym langsamer abgebaut
Beeinflussung des Metabolismus durch Hemmung abbauender Enzyme
Beispiel: Grapefruitsaft und Felodipin (Blutdruckmittel)
Erhöhte Konzentration
Verstärkte und verlängerte Wirkung
19
Wechselwirkungen bei Ausscheidung
Interaktionen durch Änderung des pH-Wertes im Urin
Interaktionen durch Konkurrenz um Bindungsstellen an den Transportersystemen der Niere
Ausscheidung der Arzneistoffe meistens Urin.
Wechselwirkungen bei der Ausscheidung:
Wechselwirkung kommt selten vor
Selten von klinischer Relevanz
Übersicht über einige in der Apotheke häufig vorkommende Interaktionen
21
Schmerzmittel - Bluthochdruckmittel
Gleichzeitige Einnahme von Schmerzmittel und Bluthochdruckmittel: Erhöhung des mittleren arteriellen Blutdrucks um ca.
5 bis 10 mm Hg
Bei älteren Patienten stärker ausgeprägt
Bei Schmerzmittel sind Art der Anwendung (Tablette oder Gel) und Dosis für Wechselwirkungsrisiko entscheidend
Erhöhte Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall
22
Schmerzmittel
Zu den von der Wechselwirkung betroffenen Schmerzmitteln gehören z.B.: Acetylsalicylsäure
Ibuprofen
Diclofenac
Nicht betroffen sind z.B.: Paracetamol
Tramadol
23
Bluthochdruckmittel
Zu den von der Wechselwirkung betroffenen Bluthochdruckmitteln gehören z.B.:
Kaum betroffenen von der Interaktion sind z.B.:
ACE-Hemmer (z.B. Enalapril)
Beta-Blocker (z.B. Atenolol)
Angiotensin-II-Antagonisten (z.B. Irbesatan)
Diuretika (z.B. Furosemid)
Calciumantagonisten (z.B. Verapamil oder Felodipin)
24
Schmerzmittel - Bluthochdruckmittel
Mögliche Maßnahmen:
Bei gelegentlicher oder kurzfristiger Einnahme des Schmerzmittels - KEINE
Sonst:
Blutdruckmittel höher dosieren
Schmerzmittel wechseln (z.B. Paracetamol)
ABER: Änderungen bei der Medikation immer nur in Absprache mit Apotheke und/oder Arzt
25
Schilddrüsenhormon - Kationen
Das betroffene Schilddrüsenhormon ist: L-Thyroxin oder Levothyroxin
Zu den betroffenen Kationen gehören z.B.: Calcium (auch in Antazida (Mittel gegen Sodbrennen)
oder Milchprodukten)
Aluminium (in Antazida)
Eisen (in Tabletten gegen „Blutarmut“)
26
Schilddrüsenhormon - Kationen
Gleichzeitige Einnahme von Schilddrüsenhormon und Kationen: Verminderung der Wirkung des Schilddrüsenhormons
Levothyroxin
Zeichen einer Unterfunktion der Schilddrüse können auftreten (z.B. Müdigkeit, Gewichtszunahme)
27
Schilddrüsenhormon - Kationen
Mögliche Maßnahmen: Zwischen Einnahme von Schilddrüsenhormon und
Kation einen Abstand von zwei, besser vier Stunden ABER: Problem - spezielle Einnahmezeiten: Levothyroxin: 30 Minuten vor dem Frühstück
Eisenpräparate: 30 Minuten vor dem Frühstück oder zwischen den Mahlzeiten (evtl. mit Vitamin-C-haltigen Fruchtsäften oder Vitamin C)
Magenmittel: ein bis zwei Stunden nach den Mahlzeiten
28
Einnahmehinweise für Schilddrüsenhormone
Schilddrüsenhormon und Magenmittel: die Kombination ist in der Regel unproblematisch, man kann maximale Zeitabstände einhalten
Schilddrüsenhormon und Eisenpräparat: Schilddrüsenhormon 30 Minuten vor dem Frühstück einnehmen und das Eisenpräparat 30 Minuten vor oder zu dem Mittag- bzw. Abendessen einnehmen
Schilddrüsenhormon und Calciumpräparat: Schilddrüsenhormon 30 Minuten vor dem Frühstück einnehmen und das Calciumpräparat zum Mittag- und/oder Abendessen
29
Bisphosphonate - Kationen
Gleichzeitige Einnahme von Osteoporosemedikament Bisphosphonat und Kationen:
Verminderung der Wirkung des Bisphosphonats
Fortschreiten der Osteoporose Abnahme der Knochendichte erhöhtes Risiko für Knochenbrüche
30
Bisphosphonate - Kationen
Bisphosphonate, die zum Beispiel von der Interaktion betroffen sind: Alendronat
Risedronat
Störende Kationen sind enthalten in:
Calciumhaltigen Nahrungsmitteln (auch Mineralwasser)
Magenmitteln (Antazida)
Mineralstoffpräparaten
31
Einnahmehinweise für Bisphosphonate
Einnahmehinweise für Bisphosphonate:
Morgens nüchtern nach dem Aufstehen in aufrechter Haltung
Mit einem vollen (240 ml) Glas Leitungswasser
Mindestens 30 Minuten vor dem ersten Essen oder Trinken, anderen Getränken oder Medikamenten
Nach der Einnahme innerhalb der nächsten 30 Minuten nicht wieder hinlegen
32
Bisphosphonate - Kationen
Mögliche Maßnahmen: Mindestens 2 Stunden Abstand zu calciumhaltigen
Nahrungsmitteln, dazu gehört auch Mineralwasser
Gleiches gilt für Antazida und Mineralstoffpräparate
33
Ihre Fragen?