St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH Sterben mit Demenz – was müssen Ärzte beachten? Vom Trauern und Sterben bei Demenz F Fachtagung am 22.April 2015, Roncalli Haus Wiesbaden Bernd Oliver Maier, MSc Klinik für Palliativmedizin und interdisziplinäre Onkologie St Josefs-Hospital Wiesbaden
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Sterben mit Demenz was müssen Ärzte beachten? · Partizipative Entscheidungsfindung bezieht Patienten und Familie ein und ist das angestrebte Entscheidungsmodell. III. … IV. Aktuelle
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St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH
Sterben mit Demenz – was müssen Ärzte beachten? Vom Trauern und Sterben bei Demenz F Fachtagung am 22.April 2015, Roncalli Haus Wiesbaden
Bernd Oliver Maier, MSc Klinik für Palliativmedizin und interdisziplinäre Onkologie St Josefs-Hospital Wiesbaden
Gesundheitsproblem Demenz
20.07.2015 St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH 2
Jahr 2010:
Weltweit ca. 35.6 Millionen Menschen mit Demenz
WHO 2012
Gesundheitsproblem Demenz
20.07.2015 St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH 3
Prognose Jahr 2030:
Weltweit ca. 70 Millionen Menschen mit Demenz
WHO 2012
Gesundheitsproblem Demenz
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Prognose Jahr 2030:
Weltweit ca. 70 Millionen Menschen mit Demenz
WHO 2012
Was ist eigentlich das Lebensende?
… (unverbindlich) definiert durch
Pathologie (Erkrankungen)
Biologie (Alter)
Sozialer Rückzug (Bindungsverlust)
Bewusstseinseinschränkung (Zustand)
Individuelle Werte
Spiritualität / Religion
…
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Was ist Sterben?
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Wer ist Sterbender?
I. Ärztliche Pflichten bei Sterbenden Der Arzt ist verpflichtet, Sterbenden, d. h. Kranken oder Verletzten mit irreversiblem Versagen einer oder mehrerer vitaler Funktionen, bei denen der Eintritt des Todes in kurzer Zeit zu erwarten ist, so zu helfen, dass sie menschenwürdig sterben können. Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen
Sterben an Krebs Sterben an Organ-versagen Sterben Mit / An Demenz
Foto: fotolia.de
BMJ.2005 Apr 30, 330(7498): 1007-1011
Was ist Sterben?
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Wo wird gestorben?
Foto: swr.de
Dtsch Arztebl 2013;110
Was ist Sterben?
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Sterben mit Demenz? Sterben an Demenz?
… Demenz als eine Begleiterkrankung einer schneller zum
Tode führenden Erkrankung …
…Demenz als „Schrittmacher“- Erkrankung des
Sterbeprozesses…
Foto: dpa-Zentralbild
Was ist Palliativ -medizin / -versorgung?
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Palliativmedizin ist die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten, mit einer progredienten, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung zu der Zeit, in der die Erkrankung nicht mehr auf kurative Behandlung anspricht und die Beherrschung der Schmerzen, anderer Krankheitsbeschwerden, psychologischer, sozialer und spiritueller Probleme höchste Priorität besitzt. WHO
Foto: http://www.shop-apotheke.com
Palliativversorgung und Demenz
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EAPC White Paper defining optimal palliative care in older people with dementia: A delphi study and recommendations from the European Association for Palliative Care
11 Handlungsfelder: I. Angemessenheit von Palliativversorgung II. Person-zentrierte Pflege, Kommunikation und Partizipative Entscheidungsfindung III. Definition von Behandlungszielen und Vorausplanung IV. Betreuungskontinuität V. Prognostifikation und zeitgerechtes Erkennen des Sterbens VI. Vermeidung unangemessen aggressiver, belastender oder unnützer Therapien VII. Optimale Behandlung von Symptomen und Erreichen von „Comfort“ VIII. Psychosoziale und spirituelle Unterstützung IX. Familien Unterstützung und Einbeziehung X. Weiterbildung und Sensibilisierung der professionellen Behandlungsteams XI. Gesellschaftliche und ethische Aufgaben
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Palliativversorgung und Demenz
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Anwendbarkeit / Angemessenheit von Palliativversorgung bei Demenz
I. Demenz als terminale Erkrankung II. Zu allen Zeiten angemessene Ziele:
• Die Verbesserung der Lebensqualität
• Funktionserhalt • Comfort Care
III. Angebote abgestuft sowohl als Basisversorgung als auch als spezialisierte Palliativversorgung
IV. Die palliative (Grund-)Haltung betrifft alle Aspekte (Komorbidität etc.)
Foto: dpa-Zentralbild
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Palliativversorgung und Demenz
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EAPC White Paper defining optimal palliative care in older people with dementia: A delphi study and recommendations from the European Association for Palliative Care
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1. Symptome
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Foto: mz-web.de
Dtsch Arztebl 2013;110
1. Symptome
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Foto: mz-web.de
Dtsch Arztebl 2013;110
I. Ganzheitlicher Ansatz unverzichtbar (z.B. Präsentation von Schmerz als Aggression) I. Interpretation der Symptome (durch
Austausch) nötig (z.B. Unwohlsein durch Kälte oder Schmerz?)
III. Einsatz passender Instrumente für Screening und Erfolgskontrolle von Interventionen für Schmerz, Unbehagen (discomfort) und Verhalten
(z.B. Schmerzerfassung mit ZOPA)
Besonderheiten:
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20.07.2015 St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH 17 Dtsch Arztebl 2013;110
I. Ganzheitlicher Ansatz unverzichtbar (z.B. Präsentation von Schmerz als Aggression) I. Interpretation der Symptome (durch
Austausch) nötig (z.B. Unwohlsein durch Kälte oder Schmerz?)
III. Einsatz passender Instrumente für Screening und Erfolgskontrolle von Interventionen für Schmerz, Unbehagen (discomfort) und Verhalten
(z.B. Schmerzerfassung mit ZOPA, BEDS,
Doloplus-2-short)
Besonderheiten:
Dtsch Arztebl 2014; 111(41): [4]
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20.07.2015 St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH 18 Dtsch Arztebl 2013;110
I. Ganzheitlicher Ansatz unverzichtbar (z.B. Präsentation von Schmerz als Aggression) I. Interpretation der Symptome (durch Austausch) nötig (z.B. Unwohlsein durch Kälte oder Schmerz?)
III. Einsatz passender Instrumente für Screening und Erfolgskontrolle von Interventionen für Schmerz, Unbehagen (discomfort) und Verhalten
(z.B. Schmerzerfassung mit ZOPA, BEDS, Doloplus-2-short) IV. Non-pharmakologische und pharmakologische Behandlung körperlicher Symptome, herausfordernden Verhaltens oder des Discomforts nach Notwendigkeit V. Pflegerische Unterstützung speziell in Nähe zum Lebensende VI. Unterstützung durch Spezialisierte Palliativ Teams für Personal in Langzeit-
Pflege-Einrichtungen zur Optimierung Symptomkontrolle unter Wahrung der Betreuungskontinuität
(Aber: Ebenso Bedarf der Unterstützung des PCT durch Demenz-Care- Spezialisten.)
Besonderheiten der Symptomkontrolle:
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2. Person-zentrierte Pflege, Kommunikation und partizipative Entscheidungsfindung
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Besonderheiten:
I. Erkannte Probleme in der Behandlung/Begleitung eines Patienten mit Demenz sollten aus der Patientenperspektive wahrgenommen werden unter Anwendung des Prinzips der personen-zentrierten Pflege
person zentriert pflegen: V = Values people Wertschätzung
I = Individuals needs Individuelle Bedürfnisse
P = Perspective of service user Perspektive des Patienten
S = Supportive social psychology Unterstützende soziale
Psychologie
(Brooker D; person-centered care, 2008)
www.caritas-wien.at
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2. Person-zentrierte Pflege, Kommunikation und partizipative Entscheidungsfindung
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Besonderheiten:
I. Erkannte Probleme in der Behandlung/Begleitung eines Patienten mit Demenz sollten aus der Patientenperspektive wahrgenommen werden unter Anwendung des Prinzips der personen-zentrierten Pflege
II. Partizipative Entscheidungsfindung bezieht Patienten und Familie ein und ist das angestrebte Entscheidungsmodell.
www.caritas-wien.at
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Seite 21
Patientenwille
Der einwilligungsfähige Patient entscheidet selbst
Der aktuell nicht einwilligungsfähige Patient mit Patientenverfügung hat mit seiner Verfügung seinen Willen verbindlich im Voraus geäußert
Der aktuell nicht einwilligungsfähige Patient ohne bzw. ohne wirksame Patientenverfügung bedarf einer Stellvertreterentscheidung
Der aktuell nicht einwilligungsfähige Patient ohne bzw. ohne wirksame Patientenverfügung ohne Stellvertreter bedarf einer gesetzlichen Betreuung, bis zur Bestellung treffen Ärzte Entscheidungen im Sinne des Patienten (mutmaßlicher Wille)
Spezifität
Gültigkeit
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Patienten-
verantwortlichkeit
für Entscheidung
Arzt-
verantwortlichkeit
für Entscheidung
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Patienten-
verantwortlichkeit
für Entscheidung
Arzt-
verantwortlichkeit
für Entscheidung Kommunikation
2. Person-zentrierte Pflege, Kommunikation und partizipative Entscheidungsfindung
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Besonderheiten:
I. Erkannte Probleme in der Behandlung/Begleitung eines Patienten
mit Demenz sollten aus der Patientenperspektive wahrgenommen werden unter Anwendung des Prinzips der person-zentrierten Pflege.
II. Partizipative Entscheidungsfindung bezieht Patienten und Familie ein und ist das angestrebte Entscheidungsmodell.
III. … IV. Aktuelle oder vorausgegangene Äußerungen zum präferierten Ort
der Pflege sollten prinzipiell wertschätzend berücksichtigt werden, aber das „bestmögliche Behandlungsprinzip“, Sicherheit und Familienbelastung sollten Gewicht in der Diskussion des Ortes haben
V. Regelmäßige Diskussion innerhalb des multidisziplinären Teams über Patienten und Familienbelange
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Was gilt unabhängig von Demenz?
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Seite 26
Patientenperspektive
Dimensionen der Palliativversorgung beziehen sich auf alle Ebenen der
Umsetzung Euthanasie / ass. Suizid: Ca 5% in Ländern mit Legalisierung (Van der Heide et al 2007)
Unschärfe der Begrifflichkeit:
Der Begriff Therapiebegrenzung ist unpräzise,
… weil Therapie im „übergeordneten“ Sinne niemals begrenzt werden darf.
… weil Therapie „im konkreten Sinne“ bei Unwirksamkeit zwingend begrenzt (modifiziert und beendet) werden muss.
Seite 30
Zusammenfassung
• Die Dynamik der Demenzerkrankung erlaubt Vorausplanung
• Es gibt beachtenswerte Besonderheiten und beachtenswert Gewöhnliches im Sterben Demenzbetroffener
• In besonderem Maße bedarf es eines „geschützten Raumes“ der Sicherheit bietet.
• In gewöhnlichem Sinne verdient jeder Betroffene dieselbe Intensität an Aufmerksamkeit, Fürsorge und Sorgfalt in der letzten Lebensphase wie ein Nicht-Demenz-Betroffener Sterbender