-
Lernen lernen Projektbericht
Die Förderung von Metakognition und eigenständigem Lernen bei 4-
bis 8-Jährigen
Pädagogische Hochschule der FHNW Institut Forschung und
Entwicklung (IFE)
Zentrum Schule als öffentlicher Erziehungsraum
Projektleitung, Ursula Hottinger, lic. phil.
Wissenschaftliche Mitarbeit, Iris Rüfenacht, lic. phil.
Solothurn, Oktober 2008
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 2 –
Inhalt
Dank...............................................................................................................4
Abstract
..........................................................................................................5
1 Theoretische Einbettung
.............................................................................7
1.1 Eigenständiges Lernen und metakognitive Kompetenzen:
Bildungsziel für 4- bis 8-Jährige mit hohem Potential
.............................................. 7
1.2 Lehren und Lernen in Klassen 4- bis 8-Jähriger
.................................................. 8 1.2.1
Sozialkonstruktivistisches Verständnis von Lehren und
Lernen.......................... 8 1.2.2 Forschung zu Lehren und
Lernen und in altersgemischten Klassen .................... 9 1.2.3
Forschung zu Lernen und Entwicklung 4- bis 8-Jähriger
................................. 10
1.3 Eigenständiges Lernen und Wissen zum eigenen Lernen 4- bis
8-Jähriger........... 11 1.3.1 Die Begriffe eigenständiges Lernen
und Metakognition ...................................... 11
1.3.2 Die Entwicklung metakognitiver
Kompetenzen.............................................. 14 1.3.3
Metakognition und Lernerfolg
.....................................................................
16 1.3.4 Forschung zur Förderung von eigenständigem Lernen und
Metakognition......... 16 1.3.5 Forschung in Kindergarten- und
Unterstufe ..................................................
17
2 Die Förderung von eigenständigem Lernen und Metakognition
bei 4- bis 8- Jährigen
...............................................................................18
2.1 Erprobte, geeignet scheinende didaktische
Konzepte......................................... 18 2.2
Entwicklung eines stufenspezifischen Modells
................................................... 20
2.2.1 Mehrperspektivisches Gesamtmodell
........................................................... 20
2.2.2 Drei Ebenen didaktischen
Handelns.............................................................
20
2.3 Entwicklung eines Weiterbildungsmoduls
......................................................... 22 2.3.1
Ziele der
Weiterbildung..............................................................................
22 2.3.2 Grobkonzept des
Weiterbildungsmoduls.......................................................
22
3 Darstellung des Projektverlaufs
.................................................................23
3.1 Problemstellung und interessierende
Fragestellungen........................................ 23 3.2
Forschungsverlauf
........................................................................................
24
4 Entwicklung der Erhebungsinstrumente
......................................................25
4.1
Selbsteinschätzungsbogen.............................................................................
26 4.2 Unterrichtsbeobachtung
................................................................................
26 4.3
Interview-Leitfaden.......................................................................................
27 4.4 Forschungstagebuch
.....................................................................................
27
5 Befunde in Beziehung zu den Fragestellungen
.............................................28
5.1 Selbsteinschätzung der Lehrpersonen
............................................................. 28
5.1.1 Auszählung der Nennungen innerhalb der einzelnen
Kategorien...................... 29 5.1.2 Zusammenfassung und Fazit
......................................................................
32
5.2 Unterrichtsbeobachtung
................................................................................
33 5.2.1 Auszählung der Nennungen innerhalb der einzelnen
Kategorien...................... 33 5.2.2 Zusammenfassung und Fazit
......................................................................
35
5.3
Kinder-Interviews.........................................................................................
36 5.3.1 Ziele der Interviews
..................................................................................
36 5.3.2 Zusammenfassung einiger exemplarischer
Ergebnisse................................... 36 5.3.3
Zusammenfassung und Fazit
......................................................................
39
5.4 Forschungstagebuch
.....................................................................................
40 5.4.1 Erkenntnisse aus einzelnen Tagebüchern zur Umsetzung
des
didaktischen Modells
.................................................................................
41 5.4.2 Zusammenfassung und Fazit
......................................................................
44
5.5 Didaktisches Modell und
Weiterbildungsmodul..................................................
44 5.5.1
Zielsetzungen...........................................................................................
44 5.5.2 Zusammenfassung der Erkenntnisse zum didaktischen Modell
........................ 45 5.5.3 Zusammenfassung der Erkenntnisse
zum Weiterbildungsmodul ...................... 46
6 Schlussfolgerungen und Ausblick
...............................................................46
6.1 Erhebungsinstrumente
..................................................................................
47 6.2 Didaktisches Modell und
Weiterbildungsmodul..................................................
48 6.3 Kompetenzen und Unterrichtshandeln der Lehrpersonen
................................... 49 6.4 Metakognitives Wissen
der
Kinder...................................................................
49
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 3 –
7
Literaturverzeichnis..................................................................................51
8 Verzeichnis der
Abbildungen......................................................................56
9 Verzeichnis der Tabellen
...........................................................................56
Anhang
.........................................................................................................57
A. Weitere Grafiken zum
Selbsteinschätzungsbogen.....................................................
57 B. Weitere Grafiken zur
Unterrichtsbeobachtung..........................................................
67 C. Auszüge aus den Forschungstagebüchern der
Lehrpersonen...................................... 75
Bsp. 1: Projekt Restaurant
....................................................................................
75 Bsp. 2: Schneemann
bauen...................................................................................
77 Bsp. 3: Kooperatives Lernen
.................................................................................
79 Bsp. 4: Mathekurs mit drei
Niveaus........................................................................
80 Bsp. 5: Lesestunde
..............................................................................................
81 Bsp. 6: Repertoire metakognitiver Fragestellungen
.................................................. 82 Bsp. 7:
Selbstverbalisation nach
Meichenbaum........................................................
83 Bsp. 8: Reziprokes
Training...................................................................................
84 Bsp. 9: Sozialkonstruktivistische Lehr-Lernumgebung
.............................................. 86
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 4 –
Dank
Unseren ganz herzlichen Dank sprechen wir1 all denjenigen
Personen und Institutionen aus, die
dazu beigetragen haben, dass das Projekt durchgeführt werden
konnte:
− Herrn Vittorio Emanuele Sisti, Leiter Fachbereich Integrative
Schulung, Departement BKS
AG, Projektleitung Grund- und Basisstufe, für die ideelle und
inhaltliche Unterstützung sowie für die Unterstützung durch sein
Sekretariat;
− Dem BKS AG (Frau Regina Kurattle) für die finanzielle
Unterstützung.
Unser Dank gehört insbesondere allen am Projekt beteiligten
Lehrpersonen und den
interviewten Kindern der Grund- und Basisstufenklassen im Kanton
Aargau, die mit hoher
Motivation, grossem zeitlichem Engagement, bemerkenswerter
Konzentration und viel
Durchhaltevermögen an den Weiterbildungsveranstaltungen
teilnahmen, zur Entwicklung des
didaktischen Modells beitrugen sowie erworbenes Wissen im
eigenen Unterricht umsetzten und
Unterrichtskonzepte des didaktischen Modells erprobten:
− Fuchs Heidi, Südallee 7, 5000 Aarau
− Gabathuler Barbara, Stapferstrasse 17, 5200 Brugg
− Gümoes Birgitte, Ländestrasse 13e, 5210 Windisch
− Martignetti Pierina, Poststrasse 165, 8957 Spreitenbach
− Schifferle Andres, Widumstrasse 8, 5233 Stilli
− Spuler Tanja,Feldstrasse 6, 5605 Dottikon
− Stenz Verena, Am Bogen 1, 5620 Bremgarten
− Stephan Gabrielle, Batthof 47, 5044 Schlossrued
− Studer Silvia, Sanzenberg 205, 5467 Fisibach
− Vögele Margrit, Sanzenberg 186, 5467 Fisibach
− Vogt Elisabeth, Habsburgerstrasse 70A, 5200 Brugg
1 Das Projektteam: Die Leiterin des Vorprojekts, Ursula
Hottinger, machte als Dozentin der PH FHNW in Form von Lehr- und
Weiterbildungsveranstaltungen, Vorträgen, Publikationen (HOTTINGER
2006; HOTTINGER & RÜFENACHT, 2008, in Vorb.; HOTTINGER, 2009,
in Vorb.), Artikeln, an Tagungen und als Expertin aufmerksam auf
die Relevanz des Themas und entsprechender Forschung zu den
angesprochenen Fragestellungen und entwickelte Grundlagen für diese
Vorstudie und die geplante Hauptstudie. Die Projektmitarbeiterin
Iris Rüfenacht unterrichtete während zwölf Jahren auf der
Primarstufe und ist heute in der berufspraktischen Ausbildung
(Begleitung und Beurteilung angehender Lehrpersonen) tätig. Das im
Rahmen ihrer Lizentiatsarbeit durchgeführte, sequentiell aufgebaute
Lernexperiment leistete einen Beitrag zu Erkenntnissen in der
Wissensdiagnostik und dem adaptiven Lernen (RÜFENACHT, 2003). Im
vorliegenden Text sprechen wir deshalb - wenn die Autorinnen
gemeint sind - in der ersten Person Mehrzahl.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 5 –
Abstract Bildungsexperten (WEINERT, 1998; BAUMERT, 1998) fordern
als Bildungsziele für die erste
Stufe öffentlicher Bildung metakognitive Kompetenzen2 sowie
Eigenständiges Lernen (EL). Die
Forschung geht davon aus, dass die Nutzung entsprechenden
Wissens eine wichtige Rolle
spielt für Lernleistungen und Lernerfolg (z.B. WITHEBREAD, 2005,
SCHNEIDER & BJORKLUND,
2003, ANNEVIRTA, 2006). Vier- bis Achtjährige verfügen über
metakognitive Kompetenzen,
nutzen diese jedoch in Settings unterrichtlichten Lernens kaum
spontan (z.B. WHITEBREAD,
2005). Die Forschung bezeichnet das entsprechende Förder- und
Entwicklungspotential als
hoch; es wird von manchen Autoren, aber auch seitens der Praxis
unterschätzt (z.B.
SCHNEIDER, 1996, Überblick vgl. KAIL, 1992). Aufgrund der
Lernvoraussetzungen der interes-
sierenden Altersgruppe (z.B. SODIAN, 2005, HASSELHORN, 2005) ist
zu erwarten, dass ent-
sprechende Förderung positive Effekte für die Entwicklung
metakognitiver Kompetenzen und
eigenständigen Lernens zeitigt. In Literatur und Forschung
fehlen jedoch gezielte Trainings für
und Untersuchungen bei Vier- bis Achtjährigen weitgehend (vgl.
z.B. ANNERVIRTA, 2006,
LOCKL & SCHNEIDER, 2005). Ein stufenspezifisches
didaktisches Förderkonzept sowie Studien,
welche die Förderung von Metakognition (MK) und EL im
Zusammenhang mit dem didakti-
schen und dem Lernpotential altersgemischter Klassen im
Vergleich zu Jahrgangsklassen Vier-
bis Achtjähriger untersuchen, fehlen.
In der hier berichteten Vorstudie interessierten deshalb das
eigenständige Lernen und die
metakognitiven Kompetenzen von Kindern der Altersspanne 4 bis 8
sowie die Frage, wie beide
gefördert werden können in Klassen Vier- bis Achtjähriger. Um
Grundlagen zu erarbeiten, die
die Erforschung entsprechender Erkenntnisse erlauben, wurden im
Rahmen dieser Vorstudie
ein didaktisches Modell zur Förderung von EL und MK (HOTTINGER,
2009, in Vorb.), ein ent-
sprechendes Weiterbildungsmodul sowie Erhebungsinstrumente
(Selbsteinschätzungsbogen,
Unterrichtsbeobachtungsschema, Interviewleitfaden für Vier- bis
Achtjährige, Forschungstage-
buch) entwickelt und ein erstes Mal erprobt.
Das Forschungsprojekt dauerte für die am Projekt beteiligten
Lehrpersonen und deren Klassen
von Mitte Januar bis Ende Juni 2008. In dieser Zeitspanne wurden
in sechs Grund-/Basisstu-
fenklassen, an denen insgesamt elf Lehrpersonen unterrichten,
die an der Weiterbildung zum
Thema „Förderung von EL und metakognitiver Kompetenz“
teilgenommen hatten, zu Beginn,
in der Mitte und am Ende des 2. Semesters im Schuljahr 2007/08
folgende Erhebungen durch-
geführt: Bei allen Lehrpersonen die Selbsteinschätzung zum
Wissen zur Förderung von EL und
metakognitiver Kompetenz sowie zum eigenen Unterricht
hinsichtlich der interessierenden
Konstrukte und in allen Projektklassen kriteriengestützte
Unterrichtsbeobachtungen sowie bei
24 Sechsjährigen mittels problemzentrierten Interviews das
Wissen der Kinder zum eigenen
Lernen. Die Untersuchungen führen zu folgenden Ergebnissen:
2 Metakognitive Kompetenz meint die Fähigkeit, über das Wie des
eigenen Lernens und Arbeitens zu reflektieren.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 6 –
Das Didaktische Modell erwies sich insgesamt als geeignet für
den Aufbau von Wissen und
Kompetenzen zur Förderung von EL und MK. Die Erprobungen von
Einzelkonzepten durch die
Lehrpersonen zeigten, dass das Modell als Ganzes in seinen
Vernetzungen und seiner Komple-
xität der Komplexität von Unterricht entsprechen kann. Im Rahmen
der Weiterbildung der und
aufgrund der Erhebungen wurde klar, dass die Förderung von EL
und MK in Unterrichtspraxis
möglich, jedoch anspruchsvoll ist und entsprechende
Weiterbildung und Beratung bedingen.
Das Forschungstagebuch diente der Vertiefung des in der
Weiterbildung erarbeiteten Wissens
sowie der Reflexion des eigenen Unterrichtshandelns, sowohl
individuell als auch im Rahmen
der Austauschtreffen. Die Menge der Informationen zur Umsetzung
von einzelnen Konzepten
des didaktischen Modells, die in den Forschungstagebüchern
festgehalten wurden, interpretie-
ren wir als Hinweis auf den Aufbau entsprechenden Wissens und
Kompetenzen der Lehrperso-
nen und darauf, dass das didaktische Modell und die
Weiterbildung zu Veränderungen auf der
Ebene der Gestaltung des Unterrichts und des
Handlungsrepertoires der Lehrpersonen geführt
haben. Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Vorprojekt und
mit Hinblick auf eine Publika-
tion sowie auf die beantragte Hauptstudie werden das Didaktische
Modell und das Weiterbil-
dungsmodul weiterentwickelt und optimiert.
Die Fragebogenerhebungen machten bei einigen der erfragten
Konzepte bzw. Kategorien Ver-
änderungen der Einschätzungen der Lehrpersonen sichtbar
betreffend deren Einstellungen und
der Umsetzung von EL und MK fördernden Konzepten im Unterricht.
Obwohl diese Befunde im
Rahmen dieser Vorstudie aufgrund der kleinen Stichprobe nicht
repräsentativ sind, interpre-
tieren wir diese Resultate mit der notwendigen Zurückhaltung als
Hinweis darauf, dass das
entwickelte didaktische Modell und das Weiterbildungskonzept auf
der Einstellungs- wie auf der
Handlungsebene bei den Lehrpersonen geeignet sein können, um
Veränderungen herbeizu-
führen hinsichtlich EL und MK. Auch die Unterrichtsbeobachtungen
ergaben bei einigen der
beobachteten Konstrukte geringfügige Veränderungen in die
gewünschte Richtung.
Die Kinderinterviews ermöglichten es, erste Informationen zu
erhalten darüber, was Kinder
über ihr eigenes Lernen wissen, welche Problemlöse- und
Lernstrategien sie anwendeten, wie
sie ihr eigenes Problemlöseverhalten beurteilten. Wir erfuhren
weiter, dass die Kinder
einerseits nicht gewohnt waren, über das eigene Vorgehen beim
Lösen einer Aufgabe und über
das eigene Lernen zu sprechen und dies teilweise auch nicht
konnten sowie dass sie
andererseits (noch) nicht wussten oder sich nicht bewusst waren,
wie sie im Detail
vorgegangen waren, was genau sie taten bzw. wie sie ihr Vorgehen
verbessern könnten. Mit
der geplanten Optimierung des Erhebungsinstruments und der
Durchführungsbedingungen ist
seitens des Forschungsteams die Erwartung verbunden, im Rahmen
der Hauptstudie
weitergehende Erkenntnisse zum Wissen der Kinder zum eigenen
Lernen und zu
Veränderungen desselben zu gewinnen.
Wir erwarten, dass das Forschungsdesign der beantragten
Hauptstudie, die überarbeiteten
Erhebungsinstrumente sowie die Weiterentwicklung und Optimierung
des didaktischen Modells
und des Weiterbildungsmoduls auf der Ebene des beobachteten
Unterrichts zu vertieften
Erkenntnissen des beobachtbaren Unterrichts führen werden.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 7 –
1 Theoretische Einbettung
1.1 Eigenständiges Lernen und metakognitive Kompetenzen:
Bildungsziel für 4- bis 8-Jährige mit hohem Potential
Basierend auf den Resultaten der Delphistudie zu Wissen und
Bildung (BMBF (1996-1998)
fordern Bildungsexperten (WEINERT, 1998; BAUMERT, 1998) den
Aufbau intelligenten Wissens
als allgemeines Bildungsziel für die erste Stufe
institutionalisierter öffentlicher Bildung. Als
entsprechende Schlüsselkompetenzen werden u.a. genannt:
Situative Strategien zur Wissens-
nutzung, Verstehen des eigenen Lernens sowie von EL und
metakognitiver Kompetenzen. An-
gestossen von PISA, 2000 geriet frühe Förderung in den Fokus von
Politik und Forschung.
Postuliert wurde: Gezielte Förderung vor dem Schuleintritt
erhöht die Bildungschancen von
Kindern.
Investitionen im Altersbereich 4- bis 8-Jähriger erweisen sich
als erheblich zielführender als
kompensatorische Massnahmen während oder nach der
obligatorischen Schulzeit (vgl. OECD
2006; CUNHA, 2005; LAFRANCHI, 2002). Nachfolgend (vgl. 1.3.1)
referierte Erkenntnisse
zeigen, dass bereits 4- bis 8-Jährige über metakognitive
Kompetenzen verfügen, welche je-
doch von Forschung und Praxis deutlich unterschätzt werden.
Weiter wird klar, dass EL und MK
in Klassen 4- bis 8-Jähriger kaum und selten systematisch
gefördert werden, obwohl For-
schungsbefunde bereits in dieser Altersspanne positive Effekte
entsprechender Förderung er-
warten lassen (vgl. 1.3.4, 1.3.5).
Die Förderung von EL und metakognitiven Kompetenzen ist nicht
nur als Bildungs-, sondern
auch als didaktisches Ziel bedeutsam - und damit als Potential
für die Gestaltung von Unter-
richt, der dem Anspruch verpflichtet ist, steigender
Heterogenität gerecht zu werden und
Chancengleich zu fördern (STAMM, 2007). Dies trifft insbesondere
auf Basis- und Grundstufen
zu: Hier verlangt die Entwicklungs-, Lernstands- und
Leistungsheterogenität in altersgemisch-
ten Klassen einen Unterricht, der Förderung von MK und EL als
Bildungsziel und didaktisches
Potential anstrebt (vgl. HOTTINGER, 2006). Im Zwischenbericht
zum Schulentwicklungsprojekt
EDK-Ost 4bis8 wird festgehalten, dass im Umgang mit der Lern-
und Leistungsheterogenität
sinnvolle Formen der Differenzierung zu entwickeln seien, dass
„die Didaktik für 4- bis 8jährige
Kinder in altersdurchmischten Lernsettings […] weiter
konkretisiert und optimiert werden“
(Projektkommission 4bis8, 2008, 13) muss.
EL und MK als wesentliche Bildungsziele für Vorschul- und
Unterstufe erhöhen die
Bildungschancen aller, aber insbesondere soziokulturell
unterprivilegierter Kinder. EL und MK
werden jedoch nicht systematisch gefördert und das entsprechende
didaktische Potential bleibt
ungenutzt. Ein stufenspezifisches didaktisches Modell zur
Förderung von EL und MK bei 4- bis
8-Jährigen fehlt.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 8 –
1.2 Lehren und Lernen in Klassen 4- bis 8-Jähriger
1.2.1 Sozialkonstruktivistisches Verständnis von Lehren und
Lernen
Nachfolgend skizzieren und begründen wir das
sozialkonstruktivistische Verständnis von Leh-
ren und Lernen, welches für die Studie massgebend ist:
Aus sozialkonstruktivistischer Perspektive wird Lernen
bezeichnet als konstruktiver, kumulati-
ver und zielorientierter Prozess, der in Lerngemeinschaften und
in bestimmten Kontexten ab-
läuft und metakognitiv gesteuert wird. Aktiv ist er, indem
Lernende Wissen konstruktiv aufar-
beiten und in Beziehung zu bereits vorhandenem Wissen setzen,
mit dem Ziel, Wissen zu spei-
chern und komplexe Zusammenhänge zu verstehen. Lernen wird als
kumulativ bezeichnet, da
es auf vorhandenem Wissen aufbaut und dieses nutzt.
Zielorientierung heisst, dass Lernen am
erfolgreichsten ist, wenn die Lernenden sich der Ziele des
Lernens bewusst sind (vgl. SHUELL,
1992, STEBLER et al., 1994). Dieser sozialkonstruktivistische
Lernbegriff verweist auf EL und
MK, fokussiert auf die Interaktion mit der sozialen Umwelt und
die Bedeutung sozialer Aus-
handlungsprozesse in Kooperations- und Kommunikationsbeziehungen
sowie die Bedeutung
variations- und anforderungsreicher sowie kommunikations- und
interaktivorientierter Lern-
umwelten (vgl. GLASERSFELD, 1999 sowie z.B. REICH, 2002, 1996;
SPITZER, M., 2002;
GIEST, 2001; BRANSFORD et al., 1999, 1997; Überblick: LOMPSCHER,
1999). Ein Blick in
Kognitions- (z.B. REUSSER, 1998, 1996) und Neuropsychologie
(z.B. Roth, 2003) zeigt, dass
beide von vergleichbaren Prämissen ausgehen und dieses
Lehr-Lernverständnis stützen. Auch
in der entwicklungspsychologischen und der
pädagogisch-psychologischen Literatur finden sich
sozialkonstruktivistische Positionen (z.B. PALINCSAR, 1998,
BRUNER, 1996, NELSON, 1996),
während in der Pädagogik von Kindergarten und Grundschule
VYGOTSKI (1979) als bedeuten-
der Vertreter des sozialkonstruktivistischen Paradigmas in den
letzten zwei Jahrzehnten zu-
nehmend Einfluss gewann.
Im Zusammenhang mit dem durchgeführten Projekt sind
Erkenntnisse, die auf VYGOTSKI zu-
rückgehen, bedeutsam: Zum einen versteht VIGOTSKI Sprache als
zentrales geistiges Werk-
zeug, das der Handlungssteuerung und der Regulation und
Steuerung höherer kognitiver Pro-
zesse dient. Zum andern bezeichnet er mit der 'Zone der
proximalen Entwicklung' jenen Ent-
wicklungsbereich, in dem - ausgehend von vorhandenem
individuellem Wissen und Fähigkeiten
- neue Kenntnisse und Fähigkeiten aufgebaut werden. Laut
VYGOTSKI besteht ein wesentlicher
Aspekt von Lernen darin, dass eine Zone der proximalen
Entwicklung erzeugt wird. Lernen in
dieser Zone wird aus sozialkonstruktivistischer Perspektive als
besonders nachhaltig und ent-
wicklungsfördernd beurteilt, wenn Lernende mit ihrer sozialen
Umgebung (Lehrpersonen,
Gleich- und Ungleichaltrige) interagieren (ebd, 1979; vgl. auch,
REUSSER, 1998, 1996;
BEHREND et al. 1992, BODROVA & LEONG, 1996, BROWN et al.,
1996, MILLER, 1993).
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 9 –
Die Förderung von EL und MK in der sozialen Interaktion und in
der Zone der proximalen Ent-
wicklung erfordert eine Unterrichtsgestaltung, die kooperatives
Lernen unter Gleichaltrigen
und Ungleichaltrigen ermöglicht und fördert und die
berücksichtigt, dass 4- bis 8-Jährige über
Ansätze und Potential zu EL und MK verfügen, dieses jedoch wenig
spontan nutzen können
und entsprechend gefördert werden müssen. Wir gehen davon aus,
dass ein sozialkonstrukti-
vistisches Lehr-Lernverständnis eine notwendige Basis ist zur
Förderung von EL und MK. Wei-
ter nehmen wir an, dass Lehrpersonen Gelegenheiten brauchen, um
spezifische Kompetenzen
aufzubauen.
Anknüpfend referieren wir den Aspekt der Altersheterogenität als
Erschwernis oder Potential
für die Gestaltung von Unterricht.
1.2.2 Forschung zu Lehren und Lernen und in altersgemischten
Klassen
Die bereichsspezifischen Entwicklungen 4- bis 8-Jähriger weisen
beträchtliche intra- und in-
terindividuelle Differenzen auf. Daraus resultiert innerhalb
einer Alterskohorte erhebliche He-
terogenität hinsichtlich der kognitiven, physischen,
motivationalen, emotionalen und leis-
tungsmässigen Dimension (vgl. z.B. STAMM, 2007, SODIAN, 2005,
KASTEN, 2005). Während
das Alter in Jahrgangsklassen bis zu drei Jahren streut, kann es
in Basisstufen bis zu fünf
Jahren differieren. Zum Leistungsspektrum einer Jahrgangsklasse,
das vom sonderpädago-
gisch Betreuten bis zu Hochbegabten reicht, kommen in Grund-
bzw. Basisstufenklassen die
individuellen Lernbedürfnisse des Entwicklungsspektrums der
Altersspanne von drei bzw. vier
Jahren (vgl. AVS, 2006; STAMM, 2004).
Diese Ausgangslage mag die Vermutung neuer und höherer
Anforderungen an die Lehrperso-
nen nahe legen. Mehrere Autoren beurteilen heterogene
Lerngruppen jedoch nicht als er-
schwerende Bedingung, sondern als Bereicherung für die
Gestaltung von Unterricht und für
das Lernen der Kinder (PREUSS-LAUSITZ, 1993, HINZ, 1993,
SCHADER, 2000 in HEINZEL &
PRENGEL, 2002; ROSSBACH & WELLENREUTHER, 2002; CARLE, 2002;
PRENGEL et al., 2001).
LAGING (2003) indessen resümiert Studien, die zeigen, dass
Lehrpersonen das Potential der
Alters- und Leistungsheterogenität in altersgemischten Klassen
nicht nutzen, weil:
- die didaktischen Möglichkeiten und die Lerneffekte von
lehrpersonenzentrierten
Angeboten auf der einen und die Möglichkeiten kooperativen
Lernens (Kinder lernen
miteinander) sowie die didaktischen Kompetenzen von Kindern
(Kinder lernen vonein-
ander) auf der andern Seite unterschätzt werden (z.B. HEINZEL
& PRENGEL, 2002;
DIEHM & SCHOLZ, 2003, SCHÜTZ, 1997);
- die gegenüber Jahrgangsklassen vielfältigeren Möglichkeiten
für kooperatives Lernen in
altersgemischten Klassen (Spektrum der Wahlmöglichkeiten
zwischen Lehrperson und
Kindern als Experten) wenig genutzt sind und damit Chancen für
bessere Verstehens-
prozesse, die aus den geringeren Unterschieden zwischen Denk-
und Sprachstrukturen
von Kindern und Kindern und denjenigen Erwachsener resultieren,
nicht genutzt wer-
den (LAGING, 2003);
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 10 –
- schwächere Lernende und solche ohne Vorkenntnisse besonders
auf strukturierende
und unterstützende Hilfestellungen angewiesen sind und
Lehrpersonen kooperatives
Lernen nicht nur initiieren sondern steuern müssen (inhaltliche
und prozessuale
Strukturierung der Angebote, Interventionen adaptiver
Lernbegleitung (z.B. REUSSER,
2001; FOOT et al., 1990).
Die Forschung zeigt, dass das kognitive Potential der Kinder und
entsprechende Fördermög-
lichkeiten nicht ausgeschöpft, die Fähigkeiten der Kinder
unterschätzt und Möglichkeiten ko-
operativen Lernens wenig genutzt werden. Wir erachten dies für
das Alter 4- bis 8, insbeson-
dere für Basis- und Grundstufenklassen mit ihrem breiten
Leistungs- und Entwicklungsspekt-
rum als problematisch, da Defizite in diesem Bereich zu starken
Entwicklungsverzögerungen
und Leistungsminderungen führen. Hinzu kommt, dass die Förderung
von MK und EL auch als
didaktische Investition interpretierbar ist, insbesondere in
altersheterogenen Klassen: Eigen-
ständiger Lernende geben Lehrpersonen Ressourcen frei für
adaptive Begleitung und individu-
elle Förderung.
1.2.3 Forschung zu Lernen und Entwicklung 4- bis 8-Jähriger
Im letzten Jahrzehnt wurden in der Entwicklungs-, der
Kognitions-, der pädagogischen und der
Neuropsychologie Erkenntnisse gewonnen, die bedeutsam sind für
die Gestaltung von Unter-
richt für 4- bis 8-Jährige in Bezug auf:
1. Interaktionen zwischen Lehrpersonen und Kindern sowie Kindern
und Kindern:
- Studien in sozialkonstruktivistischer Perspektive belegen,
dass die Qualität der
Interaktionen entscheidend ist für Lernprozesse. Kinder scheinen
am meisten zu profi-
tieren, wenn sie mit einer Expertenperson interagieren. In der
Interaktion mit anderen
erwerben Kinder ausser den Inhalten auch Wissen über Methoden,
sich die Inhalte anzu-
eignen, also auch Wissen zum eigenen Lernen (vgl. z.B. LIEGLE,
2002, PERLMUTTER et
al. 1989, ROGOFF, 1997, ROGOFF et al. 1993).
2. Die Fähigkeit zur Dezentrierung und Perspektivenübernahme und
zum Problemlösen:
- Kinder stützen sich zur Erklärung eines biologischen Phänomens
auf Begriffe und Erklä-
rungsmodelle aus dem Bereich ihrer mentalen Bilder und
Vorstellungen. Diese „naiven
Theorien“ (Theories of Mind) versetzen bereits 4- bis 5-Jährige
in die Lage, das Denken
eines Anderen in ihre Urteile und in ihr eigenes Denken zu
integrieren sowie zu verste-
hen, dass jemand aufgrund seiner Überzeugungen handelt und diese
verändern kann
(SODIAN, z.B. 2005, 1998).
- Neuere entwicklungspsychologische Studien deuten
magisch-animistisches Denken 4- bis
8-Jähriger weder als präkausales Denken (vgl. PIAGET 1926) noch
als Ausdruck eines
Wissensdefizits sondern als Phantasietätigkeit und damit als
Reichtum kindlichen Den-
kens, was Kinder besonderes befähigt zur Lösung von Problemen
(vgl. MÄHLER, 2005).
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 11 –
3. Der Einfluss von bereichsspezifischem und von metakognitivem
Wissen auf Gedächtnisleis-
tungen und die Reorganisation von Wissen, Vorstellungen und
intuitiven Theorien:
- Aus der Experten- und Novizenforschung wissen wir, dass für
Gedächtnisleistungen we-
der Alter noch altersstufenspezifischer Entwicklungsstand für
Leistung und Lernerfolg
ausschlaggebend sind, sondern das spezifische Vorwissen (CHI
1978).
- Neuere entwicklungspsychologische Studien zeigen, dass
domänenspezifisches begriffli-
ches Wissen im Zusammenhang mit domänenübergreifendem
metakognitivem Wissen
eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Denkens spielt. Eine
Schlüsselrolle bei der
Restruktion der intuitiven Theorien spielt das metakognitive
Verständnis des Wissenser-
werbs, des Denkens (SODIAN, 2005).
4. Den Einfluss der Effizienz des Arbeitsgedächtnisses,
insbesondere des subvokalen Rehear-
salprozesses im 6. Lebensjahr:
- Im sechsten Lebensjahr kommt es zur Automatisierung des
subvokalen Rehearsalprozes-
ses in der phonologischen Schleife und damit zum automatischen
inneren Nachsprechen.
Untersuchungen zeigten, dass bei Kindern mit IQ-Werten zwischen
65 und 85 diese Au-
tomatisierung bis zum 10. Lebensjahr nicht entwickelt ist, was
zu starken Entwicklungs-
verzögerungen führt. HASSELHORN (2005) empfiehlt als
kompensatorische Fördermass-
nahme direkte Unterweisung und das Öffentlichmachen von 'Private
Speech' und Nach-
sprechprozessen (ebd. 2005).
Die referierten Erkenntnisse zur Entwicklung und zum Lernen 4-
bis 8-Jähriger sind von Be-
deutung für die Förderung von EL und MK, weil sie
pädagogisch-didaktische Handlungs- und
Fördermöglichkeiten zeigen. Dieses Wissen wird jedoch zurzeit
weder in der Aus- und Weiter-
bildung von Lehrpersonen noch in der Unterrichtspraxis genügend
umgesetzt.
1.3 Eigenständiges Lernen und Wissen zum eigenen Lernen 4- bis
8-Jähriger
1.3.1 Die Begriffe eigenständiges Lernen und Metakognition
In der Pädagogischen Psychologie der letzten dreissig Jahre
entstand eine Fülle von Erkennt-
nissen zum Thema Kinder als eigenständig Lernende, was sich in
Studien zum Lernen lernen,
Reflexion, Selbstregulation und Metakognition sowie zu
Zusammenhängen zwischen kognitiven
und motivationalen Aspekten von MK und Verstehensprozessen
(WEINERT & KLUWE, 1987)
niederschlug. Meist basieren diese auf FLAVELLs (1979) Modell
des Metagedächtnisses. Ge-
genstand kognitionspsychologischer Studien waren Konzepte wie
Selbstaufmerksamkeit oder
Selbstkontrolle im Zusammenhang mit MK; sie mündeten in das
Modell der emotionalen Intel-
ligenz (GOLEMAN, 1995). Untersuchungen aus den
Neurowissenschaften bestätigen integrative
Modelle, welche emotionale und kognitive Aspekte der
Selbstregulierung integrieren
(BARKLEY, 1997). EL und MK betrifft somit eine Vielzahl von
Aspekten; die beiden Begriffe
sind eng vernetzt. Während des letzten Jahrzehnts entwickelte
BANDURA (1997) die sozial-
kognitive Theorie des eigenständigen Lernens. Sie besagt, Lernen
werde von mehreren inter-
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 12 –
aktiven kognitiven, metakognitiven und motivationalen
Einflussgrössen gesteuert (BUTLER&
WINNE, 1995, ZIMMERMAN, 2000).
Eigenständiges Lernen
In der Literatur finden sich die Begriffe eigenständiges und
selbstreguliertes Lernen. Sie wer-
den synonym verwendet: Je entsprechende Definitionen lassen
keine Systematik erkennen,
aufgrund derer auf relevante Unterschiede der den beiden
Begriffen zu Grunde liegenden Kon-
strukte zu schliessen wäre. Wir verwenden hier deshalb den
Begriff EL.
Vor dem Hintergrund der bis hier referierten Erkenntnisse
interessieren in Bezug auf die theo-
retische Verortung, insbesondere jedoch für die
Weiterentwicklung des didaktischen Konzepts
und des Weiterbildungsmoduls (vgl. 2.2) folgende Diskussionen
zum Konstrukt:
Eigenständig Lernende, so die These PINTRICHs (2000) und
ZIMMERMANs (2000) lernen mehr
mit weniger Aufwand und weisen höhere „academic satisfaction“
auf.
Während in etlichen Definitionen metakognitive, motivationale
und strategische Prozesse als
konstituierende Elemente eigenständigen Lernens genannt werden,
bezeichnet WEINERT
(1996a) (1) motivationale Tendenzen, (2) volitionale Haltungen,
Strategien und Regulations-
techniken, (3) metakognitive Kompetenz und (4) die Verfügbarkeit
von Lern- und Problemlö-
sestrategien als Voraussetzungen eigenständiger Lernprozesse.
Gemäss BAUMERT et al.
(1999) verdeutlicht das nachfolgend dargestellte
Drei-Schichten-Modell die beim eigenständi-
gen Lernen beteiligten Prozesse und Regulationsmechanismen des
selbstregulierten Lernens:
(1) Die Regulation des Selbst (Wahl von Zielen und Ressourcen),
(2) die Regulation der Lern-
prozesse (Verwendung metakognitiven Wissens zur Steuerung des
Lernens) und (3) die Re-
gulation des Informationsverarbeitungsmodus (Auswahl konkreter
Strategien der Informati-
onsverarbeitung) (BOEKAERTS 1999, 449 in BAUMERT et al.,
1999).
Abb. 1:Das Drei-Schichten-Modell des selbstregulierten Lernens
nach BOEKAERTS (1999, S.
449). Aus sozialkognitiver Perspektive entwickelt sich EL in der
Interaktion mit dem Lerngegenstand
und dem sozialen Umfeld. Eigenständig Lernende sind fähig, ihr
Lernen zu verstehen und zu
steuern. Sie setzen sich Ziele, kennen Strategien und wenden
diese adäquat an (SCHUNK,
1996, ZIMMERMAN, 2000). BAUMERT et al. betonen, EL sei keine
Fähigkeit, die – einmal er-
worben – in allen Situationen und bezogen auf unterschiedliche
Inhaltsbereiche zur Anwen-
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 13 –
dung komme, sondern in der aktiven Auseinandersetzung mit
konkreten Aufgaben gelernt
bzw. angewendet werde. Studien von WHITEBREAD (2005) bestätigen
diese These.
SCHUNK (1996) postuliert, dass EL über vier Stufen entwickelt
wird: Beobachtung, Nachma-
chen, Selbstkontrolle und Selbstregulation. EL vollzieht sich
somit auf einem Kontinuum zwi-
schen Selbst- und Fremdsteuerung (vgl. z.B. SIMONS, 1992,
REINMANN-ROTHMEIER &
MANDL 2001). Selbststeuerung verweist auf Lernen, bei dem
Lernende einen Teil der Verant-
wortung für ihr Lernen übernehmen und unterschiedlich stark
Unterstützung und Hilfe erfahren
(Lehrpersonen, Peers).
Aus den bisher referierten Aspekten geht hervor, dass die
Fähigkeit zu EL elaboriertes, dekla-
ratives und prozedurales Metawissen voraussetzt (vgl. z.B.
GUDJONS, 2003, BOECKAERTS,
1996, WYNN, 1996). LOCKL & SCHNEIDER (2005) betonen, ein
metakognitives Vokabular bzw.
die Kenntnis mentaler Verben (mental verbs) wie „glauben“,
„wissen“, „erinnern“, „vergessen“
stelle ein wesentliches Prärequisit dar zur Entwicklung
metakognitiver Kompetenzen. Studien
belegen, dass Kindergartenkinder entsprechende Verben teils
falsch verstehen und falsch ver-
wenden (ANNEVIERTA et al. 2007).
Metakognition
Auch dieses Konstrukt ist definitorisch unscharf (vgl.
SCHNEIDER, 1989). Ausgehend von
FLAVELL (1976) und BROWN (1984) wird unter dem MK das Nachdenken
und das eigene Wis-
sen über die eigenen kognitiven Vorgänge und das eigene Lernen
verstanden3. MK wird in der
Regel unterteilt in die Hauptkomponenten 'Wissen über die
eigenen Kognitionen' und 'Regu-
lierung der Kognitionen' (SCHRAW & MOSHMAN, 1995).
Kognitionspsychologie und Metakognitionsforschung differenzieren
zwischen deklarativem und
prozeduralem Wissen als bipolarem Konzept mit
Interaktionscharakter. BADDELEY (1986) sub-
sumiert etliche Aspekte von MK unter die exekutiven Funktionen
des Arbeitsgedächtnisses
(vgl. HASSELHORN, 2005). Dieses prozedurale Metagedächtnis wird
als eher implizit (nicht
bewusst), die Regulation kognitiver Aktivitäten betreffend
bezeichnet. Das deklarative Metage-
dächtnis bezieht sich auf das verbalisierbare Wissen (SCHNEIDER
& PRESSLEY 1997; für eine
detaillierte Übersicht vgl. KOHN, 2000). In neueren Definitionen
findet sich die begriffliche
Dreiteilung des Konzepts in (1) Wissen, (2) Regulation (Planung,
Überwachung und Evalua-
tion) und Kontrolle und (3) bewusste Steuerung eigener
Lernprozesse. So geht HASSELHORN
(1992) vor, dessen Klassifikationsschema die Wissenskomponenten
systemisches Wissen (Ge-
setzmässigkeiten und Einflussfaktoren der eigenen kognitiven
Funktionen), epistemisches Wis-
sen (Wissen über eigenes Wissen und Wissenslücken, über deren
Erwerbs- und Verwendungs-
möglichkeiten sowie Kenntnis der eigenen kognitiven Verfassung
und Lernbereitschaft) und
Regulations- bzw. Kontrollkomponenten als exekutive MK
differenziert. ANNERVITA & VAURAS,
(2001) unterscheiden deklaratives, prozedurales und
konditionales metakognitives Wissen. Mit
letzterem bezeichnen sie das Bewusstsein darüber, wann und
weshalb spezifische Strategien
notwendig sind. Die Frage, ob metakognitives Wissen explizit
sein müsse, um in Lern-
situationen handlungsrelevant zu werden, wird kontrovers
beurteilt (z.B. BUTLER & WINNE,
3 Der Begriff Metakognition steht in Abgrenzung zu psychische
Funktionen wie Denken, Gedächtnis und Problemlösen (KOHN,
2000).
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 14 –
1995, PRESSLEY et al. 1989), unter anderem mit den Begründungen,
ein Teil dieser Prozesse
würde vermutlich nicht bewusst entwickelt, sei in hohem Grad
automatisiert (mindestens bei
Erwachsenen) und es bestünde zurzeit keine verschriftlichte,
Lehrenden wie Lernenden
zugängliche Terminologie, die erlaubte, über sie zu sprechen
(vgl. SCHRAW et al. 2006).
Metakognitives sowie bereichsspezifisches Wissen sind wichtig
für Lernleistungen und Lerner-
folg. Die Begriffe EL und MK sind eng vernetzt. Beide sind
notwendig für die theoretische Ver-
ortung des in diesem Bericht referierten Forschungsprojekts.
Demgegenüber sind trennscharfe
Definitionen der Konstrukte und Subkonstrukte in diesem
Zusammenhang nicht relevant.
Rückgriffe auf die diskutierten theoretischen Konstrukte und
Subkonstrukte sind jedoch we-
sentlich für die Entwicklung der Erhebungsinstrumente, des
didaktischen Modells und des
Weiterbildungsmoduls.
Private Speech als Frühform von Metakognition
Studien zeigen, dass der von VYGOTSKI (1979, vgl. 1.2.1) als
frühe Form der Selbstregulation
und als Zwischenschritt zwischen externer Verhaltensregulation
und zunehmender Selbstre-
gulation bezeichnete, Private Speech (Überblick vgl. BERK, 1992,
MEICHENBAUM, 1979) mit
zunehmendem Alter der Kinder für Aussenstehende unverständlich
wird und immer weniger
einem sozialen Dialog entspricht. Private Speech basiert
infolgedessen auf Kommunikation mit
sich selbst und dient der Selbstregulation (vgl. dazu u.a.
DELOACHE & BROWN 1987, 1997,
FEIGENBAU, 1992, MANNING & WHITE, 1990). MANNING et al.
(1994) untersuchten den
Übergang von der externalisierten zur internalisierten Form von
Private Speech im Rahmen
dreier Studien bei Kindergartenkindern. Sie konnten vier
Entwicklungsstufen differenzieren
sowie Korrelationen zeigen zwischen den Stufen 2 bis 4 und
zunehmender Autonomie, kogniti-
ver Leistungsfähigkeit und Kreativität.
Interessant ist die Vermutung, dass nicht bewusstes Wissen
(prozedurales, Kontroll- und
Steuerwissen) emergent werden kann, wenn es explizit gemacht
wird. Die Fähigkeit, deklara-
tives metakognitives Wissen zu verbalisieren, bedingt ein
entsprechendes Vokabular. Aus den
bis hier referierten Studien leiten wir Hinweise ab für die
Entwicklung der Erhebungsinstru-
mente und des Didaktischen Modells.
Private Speeches dürften im Zusammenhang mit der Förderung von
EL und MK interessantes
didaktisches Potential bieten im Sinn von Anknüpfungspunkten an
das Wissen und das Denken
der Kinder.
1.3.2 Die Entwicklung metakognitiver Kompetenzen
Im vorangegangenen Kapitel wurde gezeigt, dass EL elaboriertes
deklaratives und prozedura-
les Metawissen voraussetzt. Studien verweisen darauf, dass sich
EL erst während der Grund-
schulzeit, dann jedoch erheblich entwickelt (vgl. SCHNEIDER,
1996; ALEXANDER et al., 1995;
BAIRD & WHITE, 1996). Zusammenfassend für Befunde aus
Kognitions- und Entwicklungspsy-
chologie stellt KOHN (2000) fest, dass über metakognitive
Kompetenzen und Prozesse, sowie
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 15 –
deren Entwicklung eine kaum noch überschaubare Fülle von
Teilerkenntnissen vorliege. Nach-
folgend referieren wir wesentliche Sachverhalte zur Entwicklung
metakognitiver Kompetenzen
in der interessierenden Altersspanne:
- Kinder lernen die Bedeutung mentaler Verben früh. In der Regel
verwenden Fünfjährige
Verben ("wissen", "vergessen", "erinnern", "raten"). Damit sind
sie fähig, die eigene Ge-
dächtnistätigkeit zu reflektieren. Dies wird als frühe
metakognitive Leistung bezeichnet.
SCHRAW (2006) zeigt, dass die metakognitiven Verben „lernen“,
„lehren“, „erklären“,
„erinnern“ von fast allen Fünfjährigen, jedoch die Verben
„glauben“, „verstehen“, „vor-
aussagen“, „verneinen“ von weniger bzw. knapp 50% der
Sechsjährigen verstanden
wurden. Des Weiteren fand er signifikante Korrelationen zwischen
dem Verständnis me-
takognitiver Verben und Theory-of-mind-Kompetenzen. Damit wurden
Studien repliziert
(KREUZER et al, 1975, MEYERS & PARIS, 1978, WEINERT &
SCHNEIDER, 1999), die be-
legen, dass sich das metakognitive Vokabular und das
Metagedächtnis während der Vor-
schul- und Grundschulzeit stark entwickeln (vgl. SCHRAW,
2006).
- Bei den meisten Fünfjährigen stabilisiert sich die Erkenntnis,
dass sich ihre eigenen Ge-
dächtnisleistungen mit zunehmendem Alter verbessern.
Demgegenüber ist das gedächt-
nisbezogene Selbstkonzept bei dieser Altersklasse meist
unrealistisch hoch
(HASSELHORN, 2005).
- Sechsjährige leiten aus ihrem Wissen zur Gedächtnisleistung
keine Strategien ab, und es
resultieren auch keine besseren Leistungen, wenn Strategien
vermittelt werden. Im
Schulalter zeigen Kinder diesbezüglich häufig Defizite: Sie
können zwar dank systemati-
scher Anleitung lernen, Strategien zu zeigen, wenden diese
jedoch spontan nicht oder
ineffizient an. Die gezielte Steuerung des Verarbeitungsaufwands
bzw. der Wechsel zwi-
schen unterschiedlichen Ordnungen bei der Bewältigung kognitiver
Aufgaben erfolgt erst
ab dem Alter von zehn bis zwölf Jahren spontan. HASSELHORN
(1995, 1996) stellt in
seiner „Strategie-Emergenz-Theorie“ heraus, dass sich die
Nutzungsmöglichkeit von
Strategien aufgrund der Zunahme metakognitiven Wissens erst im
Zeitraum von neun
bis zwölf Jahren zuverlässig herausbilde. Er geht davon aus,
dass die geringeren Ge-
dächtnisleistungen und Produktionsdefizite von Lernstrategien
jüngerer Kinder auf ein
unzureichendes Metagedächtnis schliessen lassen.
- Verlaufsprognosen des Strategie-Erwerbs werden kontrovers
diskutiert: Mehr als 99%
der verfügbaren Arbeiten zur Gedächtnisentwicklung sind
querschnittlich ausgerichtet.
Die Frage, ob Längsschnittstudien zu Entwicklungsverläufen
ähnliche Befunde ergäben,
ist ungeklärt (vgl. ORNSTEIN et al. 1988, SCHNEIDER &
BJORKLUND, 1998).
KRAJEWSKI et al. (2004) fanden in einer Longitudinalstudie zur
Entwicklung des Meta-
gedächtnisses Hinweise, die frühere Befunde stützen: Ein
gewisses Mass an aufgaben-
spezifischem metakognitivem Wissen scheint notwendig zu dessen
Emergenz.
- Das Wissen um strategisches Verhalten bei Gedächtnisaufgaben
verändert sich während
der Schulzeit deutlich. Während der ersten Grundschuljahre
steigern sich bei lebenswelt-
nahen Aufgaben die Quantität des Wissens (Erfindungsreichtum)
und die Qualität der
Bewältigungsstrategien. Zwischen Dritt- und Sechstklässlern sind
keine quantitativen,
jedoch noch qualitative Unterschiede festzustellen. Nebst dem
Wissen um Aspekte, wel-
che die eigene Person betreffen, entsteht Wissen um die Relevanz
von Aufgabenmerk-
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 16 –
malen: Aufgabenkomplexität, Einfluss von Lärm, zur Verfügung
stehende Zeit schätzt die
Mehrzahl der Sechsjährigen realistisch ein. In den
Grundschuljahren entwickelt sich dar-
über hinaus die Fähigkeit, relationalen Faktoren, wie dem Wissen
über Gruppierungs-
strategien, adäquaten Wert beizumessen oder externe Hilfen
systematisch wahrzuneh-
men (HASSELHORN, 2005¸ LOCKL & SCHNEIDER, 2003).
- ANNEVIRTA et al. (2007) belegten zu MK und Textverständnis bei
Vorschulkindern einen
moderaten linearen Zusammenhang zwischen der Entwicklung
metakognitiver Kompe-
tenzen und dem Textverständnis der Kinder. Diese Erkenntnisse
bestätigen die These
FLAVELLs (1976), metakognitives Wissen bilde die Bewusstheit und
das Verstehen kog-
nitiver Prozesse ab.
Für die hier referierte Studie bedeutsam sind das hohe
Entwicklungs- und Lernpotential 4- bis
8-Jähriger im Bereich MK sowie die Erkenntnis, dass Kinder
häufig nicht über bewusstes meta-
kognitives Wissen verfügen, nicht spontan über dieses
kommunizieren und es in der schuli-
schen Praxis nicht umsetzen können. Wir folgern daraus, dass
diese Kompetenzen im Unter-
richt spezifisch gefördert werden können und auch gefördert
werden müssen.
1.3.3 Metakognition und Lernerfolg
Die Forschung geht heute mehrheitlich davon aus, dass nebst der
Entwicklung der Informati-
onserarbeitungsgeschwindigkeit die zunehmende Nutzung von
Strategien und das im wesentli-
chen daraus abgeleitete metakognitive sowie das
bereichsspezifische Wissen wichtige Rollen
spielen für Lernleistungen und Lernerfolg (WHITEBREAD, 2005;
SCHNEIDER & LOCKL, 2003;
REINMANN-ROTHMEIER & MANDL, 2001, BJORKLUND, 2000, COWAN,
1997, SCHNEIDER &
BJORKLUND, 1998, 2003) und dass dies insbesondere in der
Altersspanne 4- bis 8 wesentlich
ist (z.B. SCHNEIDER & LOCKL, 2003).
Im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Entwicklung des
Textverständnisses (comprehen-
sion competencies) und mit Bezugnahme auf frühere Studien (z.B.
BROWN, 1997, PRESSLEY
et al. 1996) vermuten ANNEVIRTA et al. (2006), dass nebst der
Quantität metakognitiven
Wissens, dessen Qualität bzw. Elaboration wesentlich sei für
Lernleistungen sowie ein sich früh
entwickelndes Selbstkonzept als Lernende.
Metakognitives Wissen und entsprechende Kompetenzen können
positiven Einfluss haben auf
Lernerfolg und –leistung. Diese Erkenntnisse legen nahe,
entsprechender Förderung grosse
Aufmerksamkeit zu schenken.
1.3.4 Forschung zur Förderung von eigenständigem Lernen und
Metakognition
Pädagogische und pädagogisch-psychologische Studien belegen,
dass MK und EL nicht isoliert
von fachspezifischen Inhalten und entsprechendem metakognitivem
Wissen instruierbar sind
(HASSELHORN, 2005; MANDL & FRIEDRICH, 1992), sondern über
Selbsterfahrung und Refle-
xion über das eigene Lernen und die eigenen Lernprozesse
aufgebaut werden (vgl. z.B. BECK
et al. 1991, 1994, RUF & GALLIN, 1999), und dass die
Instruktion von Problemlösestrategien
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 17 –
in Vernetzung mit konkreten Lernaufgaben effektvoll sein kann
(CHANG, 1999, HUFFMAN,
1997; Übersicht zu Lernstrategien: vgl. MEYER, 2004). Direkte
Trainings von Private Speech
scheinen ebenso wenig effektiv zu sein wie die direkte Förderung
der Selbstregulation: Analog
zum eigenständigen Lernen wird Private Speech für Interventionen
offenbar nur zugänglich,
wenn er mit konkreten Lerninhalten vernetzt wird (vgl. dazu BERK
& POTTS, 1991, BERK &
LANDAU, 1993, BERK, 1994 in GISBERG, 2004).
Trainings metakognitiver Kompetenzen führen zu guten
Ergebnissen, insbesondere kombiniert
mit Strategietrainings. Untersuchungen zur Förderung
metakognitiver Komponenten im Unter-
richt mittels entsprechender didaktischer Konzepte dokumentieren
ebenfalls erfolgreiche Bei-
spiele (z.B. ANDERSON, 2002; SCHOENFELD, 1987 zum
Mathematikunterricht, PANLINSCAR &
BROWN, 1984, ANNEVIRTA et al. 2006 zu MK und Textverständnis)
ROSENSHINE & MEISTER,
1994 zum Lesen und Textverstehen). Der ständige Dialog zwischen
Lehrenden und Lernenden
bzw. Lernenden und Lernenden scheint für die Entwicklung
metakognitiver Kompetenzen be-
deutsam zu sein.
BIVENS & BERK (1990) verweisen darauf, dass Private Speech
nicht immer unmittelbare Ef-
fekte auf die Leistungen zeitigt.
Wesentlich für die Förderung von EL und MK sind die Entwicklung
einer metakognitionsorien-
tierten Lernkultur, der Aufbau eines spezifischen Vokabulars
sowie konkrete Lernaufgaben im
Rahmen von Lehr-Lernarrangements, die regelmässige Reflexionen
über das Lernen vorsehen.
1.3.5 Forschung in Kindergarten- und Unterstufe
Allgemeine kognitive und metakognitive Trainings wurden bislang
vor allem bei älteren Kin-
dern und bei Jugendlichen eingesetzt (Überblick: z.B.
BRUNSTING-MüLLER, 1997). Obgleich
sich einige Autoren und Autorinnen mit der gezielten Förderung
kognitiver und metakognitiver
Lernprozesse im Kindergarten befassten, sind Studien zur
Effizienz metakognitiver Ansätze rar
(vgl. z.B. ANNEVIRTA et al. 2006 LOCKL & SCHNEIDER, 2005;
HELM et al. 1998). Dies trifft
ebenso zu auf didaktische Konzepte und auf empirische
Untersuchungen zur Förderung von MK
und EL in Klassen 4- bis 8-Jähriger und/oder im Zusammenhang mit
Fragen zum Potential
altersgemischter Klassen. Wir vermuten einen Zusammenhang mit
der Tatsache, dass in der
Elementarpädagogik das Themenfeld Metakognition relativ neu und
in der internationalen em-
pirisch orientierten Literatur wenig präsent ist.
Ausnahmen stellen die nachfolgend skizzierten Arbeiten dar,
welche die in diesem Antrag refe-
rierten Befunde stützen:
- PRAMLING (1986) fand aufgrund ihrer
entwicklungspsychologischen Studien bei 4- bis 7-
Jährigen zu deklarativem metakognitivem Wissen, prozeduralem
metakognitivem Wissen
und metakognitiver Bewusstheit drei Entwicklungsstufen sowie,
dass Sechs- bis Sieben-
jährige mehrheitlich verstehen, dass Lernen ein kontinuierlicher
Prozess ist, zu dem sie
aktiv beitragen. Im Rahmen weiterer Untersuchungen fand PRAMLING
(1983, 1990) je-
doch, dass in Kindergärten Deutschlands und Schwedens - deren
Didaktik der Situations-
orientierung, Kindzentrierung und Spielorientierung derjenigen
schweizerischer Kinder-
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 18 –
gärten vergleichbar sei (BROSTRÖM, 1998) - das Bewusstsein der
Kinder für ihre Lern-
prozesse weitgehend fehle. Als Ursache vermutet PRAMLING,
Kindergärtnerinnen und
Lehrpersonen unterstellten die unzutreffende Annahme, Kinder
lernten vorwiegend im
handelnden Umgang mit Material (selbsttätiges Lernen)
insbesondere auch an Sachin-
halten.
- WITHEBREAD et al. (2005) zeigten, dass bereits Drei- bis
Fünfjährige fähig sind,
eigenständig zu lernen. Sie stellen fest, der Unterricht vieler
Lehrkräfte ziele eher auf die
Förderung zum eigenständigen Kind statt zum eigenständig
Lernenden, was sich in zu-
nehmender Abhängigkeit von der Lehrperson manifestiere. Die
Autoren diagnostizieren
zudem einen Mangel an spezifischen pädagogischen
Förderkonzepten.
- EL bei Grundschulkindern wird begünstigt durch Hinweise und
Diskussionen zu Lern- und
Problemlösestrategien DAVIS (2003).
- Strategietrainings können moderat bis sehr effektiv sein,
insbesondere für junge und
schwache Lernende und als Set miteinander vernetzter Strategien
sowie kombiniert mit
direkter Instruktion (HATTIE et al. 1996, ROSENSHINE et al.
1996).
Es besteht ein eklatanter Mangel an Studien und Förderkonzepten
im Bereich 4- bis 8-Jähri-
ger. Die wenigen Arbeiten zeigen empirisch, dass das Wissen zum
eigenen Lernen bereits bei
Vorschulkindern erfolgreich gefördert werden kann.
2 Die Förderung von eigenständigem Lernen und Metakognition bei
4- bis 8- Jährigen
2.1 Erprobte, geeignet scheinende didaktische Konzepte
Vor dem Hintergrund der referierten Erkenntnisse (vgl. 1) und
mit Blick auf die zu beantra-
gende Hauptstudie entwickelte die Projektleiterin im Rahmen des
hier berichteten Vorprojekts
ein didaktisches Modell zur Förderung von EL und MK in Klassen
4- bis 8-Jähriger
(HOTTINGER, 2009, in Vorb.). Basierend auf den vorgetragenen
Erkenntnissen schildern wir
nachfolgend diejenigen ausgewählten bestehenden und erprobten
didaktische Einzelkonzepte,
die geeignet erschienen, in das neu zu entwickelnde
allgemeindidaktisch orientierte und stu-
fenspezifisch fokussierte Gesamtmodell integriert und zu diesem
Zweck auf die Altersspanne
und die –heterogenität angepasst zu werden:
- Kooperatives Lernen kann zu Qualitätssteigerung führen für die
Entwicklung der Kinder
als solche, für Lernprozesse, Lernzuwachs und Lernerfolg sowie
hinsichtlich Motivation
und Selbstwert. Im Rahmen von Lehr-Lernarrangements, die
kooperatives Lernen er-
möglichen oder verlangen, lässt sich zudem das Wissen der
Lernende zum eigenen Ler-
nen sowie eigenständiges Lernen fördern. Die Interaktion
zwischen Lehrpersonen und
Lernenden sowie Gleichaltrigen und Ungleichaltrigen unterstützt
nebst Lernleistungen
und tieferem Verstehen (RAMASWAMY et al. 2001) insbesondere EL
und MK durch Ler-
nen am Modell, Erklären von Problemlösestrategien, Rückmeldungen
und Diskussionen
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 19 –
über Problemlösestrategien und durch Lernprozesse in der Zone
der proximalen Ent-
wicklung (VYGOTSKI, 1978, FELMAN et al. 1999, BELL & LINN,
2002, HOGAN, 1999).
- Die Kognitive Meisterlehre (cognitive apprenticeship) (WOOD
& MIDDLETON, 1975,
WOOD et al. 1976, WOOD, 1989, in GISBERT, 2004; COLLINS et al.,
1989) stellt ein
Konzept adaptiver Instruktion dar. Es integriert die vier Stufen
modeling, coaching,
scaffolding und fading. Als wesentliche Merkmale des Konzepts in
Bezug auf die Förde-
rung von EL und MK sind zu nennen: EL als explizites Ziel,
Fokussierung auf die Prob-
lemlösung sowie auf das Lernen als solches, Anpassung der
Kommunikation an die in-
tellektuellen Fähigkeiten der Lernenden, Lernen in der Zone der
proximalen Entwicklung,
Anknüpfen an Private Speech, autoritativer4 Interaktionsstil
sowie anspruchsvolle
Lernaufgaben (vgl. REUSSER, 2005, 1995).
- Lern- und Problemlösestrategien: Exemplarisch weisen wir auf
Konzepte wie Selbsterklä-
rung (SIEGLER, 2002) und Debriefing (LEAT & LIN, 2003) als
Reflexionstechnik zu Lern-
prozessen und -wegen (vgl. SCHRAW 2006) hin.
- Förderung metakognitiver und selbstregulatorischer Kompetenzen
(PRAMLING (1986):
Dieses für den Kindergarten entwickelte und empirisch erprobte
Konzept fokussiert das
Bewusstsein zum eigenen Lernen und die Veränderung
entsprechenden Wissens der Kin-
der über ihr eigenes Lernen sowie die Vermittlung von
Kompetenzen der Selbststeue-
rung. Des Konzept basiert auf fünf Prinzipien: Betonung zum
einen von Lerninhalten und
zum andern des Lernens als solchem, Orientierung und Anknüpfen
an der Lebenswelt
der Kinder und damit ein Verständnis von Lernen als Bestandteil
der Erfahrungswelt,
systematische Reflexion über das eigene Lernen, Bewusstmachen
von unterschiedlichen
Gedankengängen und Problemlösewegen.
- Das Prozessorientierte Lernen (SIMONS, 1992) und das
Stadienmodell (GROW, 1991) fo-
kussieren die prozessorientierte und phasenweise Förderung von
EL, ebenso wie das
reziproke Training (BROWN & PALINCSAR 1989), in dessen
Zentrum die kooperative Be-
arbeitung von Texten steht.
- Für sein Konzept der Spielbegleitung stützt sich (BRUNER,
1985) auf Untersuchungen
zur Qualität des Spielverhaltens als Vorläufer von MK (BRUNER et
al. 1981, 1985 zitiert
nach GISBERT 2003), aus welchen vier Optimierungskriterien zur
Förderung der Spiel-
qualität und von Metakognition resultieren: Spiel zu zweit,
geeignetes Spielmaterial und
ausgedehnte reichhaltige Spielsequenzen, adaptives Spielcoaching
durch einen Erwach-
senen, Lernen anhand von Spiel- bzw. Lernmodellen.
- Das Metakognitive Interview (BRUNSTING-MüLLER, 1997), das
Selbstverbalisationstrai-
ning (MEICHENBAUM nach BRUNSTING-MüLLER, 1997) sowie das
reziproke Training
(BROWN & PALINCSAR 1989) fokussieren die Ebene der konkreten
Kommunikation über
das Lernen und damit die Förderung von MK. Die Konzepte
veranschaulichen in Bezug
auf konkrete Interaktion und Kommunikation, wie Lehrpersonen
Informationen zum Wis-
4 Autoritative Interaktion ist strukturiert durch klare
Erwartungen seitens der Scaffolder, verbunden mit emotionaler Wärme
und Verantwortung. Die Forschung zeigt, dass autoritative Eltern im
Gegensatz zu autoritären oder permissiven (emotional warmen, aber
nicht-engagierten) eher Kinder haben, die kognitiv, sozial und
emotional gut angepasst sind. Darüber hinaus zeigten sich Eltern
des autoritativen Typus am effektivsten in der Unterweisung ihrer
Kinder im Sinne von Scaffolding (PRATT et al. 1988, BORNSTEIN,
1989, BORNSTEIN & TAMIS-LE-MONDA, 1989, alle in GISBERT,
2004).
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 20 –
sen über das eigene Lernen der Kinder gewinnen und es fördern
können. Die Konzepte
kombinieren lautes Denken und Modelllernen und knüpfen an
Private Speech an.
2.2 Entwicklung eines stufenspezifischen Modells
Die dargestellten didaktischen Konzepte sind zur Förderung von
EL und MK bei 4- bis 8-Jähri-
gen geeignet. Sie sind empirisch erprobt und evaluiert,
allerdings nur zu einem geringen Teil in
der Altersspanne 4- bis 8 (vgl. 2.1.). Die Mehrheit der Konzepte
ist jedoch wenig bekannt und
wird in der Unterrichtspraxis wenig und unsystematisch
eingesetzt. Hinsichtlich der hier refe-
rierten Vorstudie sowie der geplanten Hauptstudie gingen wir von
der Prämisse aus, wonach
Einzelkonzepte den Anspruch, EL und MK in situativ angepasst, in
unterschiedlichen Lernset-
tings und nachhaltig zu fördern, in altersgemischten Klassen 4-
bis 8-Jähriger nicht einzulösen
vermögen.
2.2.1 Mehrperspektivisches Gesamtmodell
Demgegenüber vermuten wir, dass ein mehrperspektivisches
Gesamtmodell, das mehrere
Ebenen didaktischen Handelns beschreibt sowie Möglichkeiten der
adaptiven und sukzessiven
Umsetzung zeigt, der referierten Komplexität eher gerecht werden
könnte. Basierend auf den
darlegten Erkenntnissen (vgl. 1) und den hier geschilderten
Prämissen wurde im Sinn eines
ersten Entwurfs das nachfolgend skizzierte allgemeindidaktische
Modell zur Förderung von EL
und MK entwickelt.
2.2.2 Drei Ebenen didaktischen Handelns
Das Modell beschreibt drei Ebenen didaktischen Handelns:
Ebene 1 weist Leitlinien und Grundsätze zur Förderung von EL und
MK aus
Sie entstammen dem „Rahmenkonzept einer Didaktik für
altersheterogene Klassen 4-bis 8-
Jähriger“, das im Zusammenhang mit dem Schulentwicklungsprojekt
der EDK Ost-4bis8 und
im Auftrag der Projektleitung verfasst wurde (HOTTINGER, 2006).
Fünf Leitlinien des Rahmen-
konzepts wurden als relevant erachtet für die Förderung von EL
und MK und ins didaktische
Modell zur Förderung von EL und MK integriert:
Heterogenitätsorientierung, Kommunikations-
orientierung, Metakognitionsorientierung, Kooperatives Lernen
sowie Balance zwischen fremd-
und selbstgesteuertem Lernen.
Ebene 2 enthält Unterrichtskonzepte zur Förderung von EL und MK,
die einzeln oder
gleichzeitig einsetzbar sind
Zentral sind das Stadienmodell nach GROW, das Prozessmodell nach
SIMONS, die Kognitive
Meisterlehre (cognitive apprenticeship) von BROWN sowie das
Konzept zur Förderung von
Metakognition nach PRAMLING. Wie für die Leitlinien (Ebene 1 des
didaktischen Tripeldeckers)
nehmen wir an, dass die Konzepte Gemeinsamkeiten aufweisen, die
sich teilweise überschnei-
den bzw. ergänzen und gleichzeitig je unterschiedliche
Akzentuierungen enthalten. Hier stellte
sich die Frage, wie weit es notwendig und sinnvoll sei, nicht
alle oder nicht alle Unterrichtskon-
zepte gleichzeitig im eigenen Unterricht einzusetzen.
Demgegenüber vermuten wir, dass die
Kognitive Meisterlehre und das Konzept der metakognitiven
Förderung von PRAMLING zentral
sind für die Förderung von EL und MK, also nicht ersatzlos
weggelassen werden können.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 21 –
Ebene 3 konkretisiert Interaktion und Kommunikation über das
Lernen
Damit beziehen sich diese Konzepte auf die Mikroebene der
konkreten Kommunikation über
das eigene Lernen und dasjenige Anderer. Die Konzepte
Metakognitives Interview nach
BRUNSTING-MüLLER, reziprokes Training nach BROWN, das
Selbstverbalisationstraining nach
MEICHENBAUM sowie die Sammlung konkreter Fragen weisen wiederum
unterschiedliche Fo-
kussierungen auf. Gemeinsam ist ihnen ein Fundus von
Konkretisierungen, anhand derer Lehr-
personen Anleitungen finden zur Umsetzung didaktischer
Intentionen wie den aktuellen Lern-
stand diagnostizieren, bei einem Problemlöseprozess adaptive
Hilfestellung geben, das Denken
und Sprechen über das eigene Lernen und Lernhandeln fördern.
Auch hier schien es sinnvoll,
den Lehrpersonen, die an der Vorstudie teilnahmen, die Erprobung
einzelner Konzepts zu
empfehlen.
3. Didaktischer Tripeldecker
Leitlinien und Grundsätze
Didaktische Konzepte
Pädagogische Interaktion
Ebene 1
Ebene 2
Ebene 3
Abb. 2: Didaktischer Tripeldecker zur Förderung von EL und MK
bei 4- bis 8-Jährigen
(HOTTINGER, 2009, in Vorb.) Das skizzierte mehrperspektivische
Gesamtmodell - der „didaktische Tripeldecker“ - nimmt be-
stehende didaktische Konzepte (vgl. 2.1) auf und passt sie,
soweit notwendig, der Stufe an.
Das Modell und das in diesem Zusammenhang entwickelte
Weiterbildungsmodul fokussieren
folgende Aspekte:
- Die Förderung von EL und MK ist didaktisch in den
Spannungsfeldern fremd- und
selbstgesteuertes Lernen und auto- und ko-konstruktives Lernen
anzusiedeln. Die Ba-
lance zwischen Fremd- und Selbststeuerung sowie individuellem
und kooperativem Ler-
nen und das Potential der Altersheterogenität bilden deshalb
einen Schwerpunkt.
- Wir schätzen das Potential altersheterogener Basis- bzw.
Grundstufenklassen als beson-
ders hoch ein. Zu diesen Vorannahmen fehlen allerdings
empirische Daten. Trotzdem hat
die Heterogenitätsorientierung einen hohen Stellenwert im Modell
und im Weiterbil-
dungsmodul.
- Metakognitives Wissen wird in der Interaktion mit dem
Lerngegenstand und dem sozia-
len Umfeld entwickelt. Es ist analog zu Private Speech für
Interventionen nur zugänglich,
wenn es mit konkreten Lerninhalten vernetzt wird. Das
didaktische Konzept thematisiert
die notwendige Vernetzung der Kommunikation über das Lernen und
Strategien und
deren Anwendung mit konkreten Lerninhalten.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 22 –
- Metakognitives Vokabular und Lernstrategien sind
Schwerpunktthemen im
Weiterbildungsmodul und im didaktischen Konzept (Lernstrategien
erst in der überar-
beiteten Fassung).
2.3 Entwicklung eines Weiterbildungsmoduls
2.3.1 Ziele der Weiterbildung
Mit der Intervention waren drei Weiterbildungs- und drei
Forschungsziele verbunden: Weiterbildungsziele:
− Die Lehrpersonen verfügen über relevantes theoretisches und
forschungsbezogenes Wis-
sen.
− Die Lehrpersonen erarbeiten sich im Rahmen der Weiterbildung
und in Zusammenarbeit
mit dem Forscherteam das „Didaktische Konzept zur Förderung von
Metakognition und ei-
genständigem Lernen“ (HOTTINGER, 2009, in Vorb.), setzen
einzelne Elemente im eigenen
Unterricht um und reflektieren ihre Erfahrungen theoriebezogen
im Rahmen der Weiterbil-
dung und ihres Forschungstagebuchs. Die Lehrpersonen dieses
Vorprojekts tragen im
Rahmen der Weiterbildung zur Entwicklung des didaktischen
Konzepts bei.
− Die Lehrpersonen entwickeln spezifische, professionelle
Kompetenzen für die Förderung
von Metakognition und eigenständigem Lernen in ihrem
Unterricht.
Forschungsziele:
− Die Forschenden entwickeln einen ersten Entwurf eines
„Didaktischen Modells zur Förde-
rung von Metakognition und eigenständigem Lernen“ (ebd.) sowie
ein Weiterbildungskon-
zept und erproben beides ein erstes Mal in der Praxis.
− Die Forschenden gewinnen Erkenntnisse zur Gestaltung von
Unterricht, der EL und MK in
Grund- bzw. Basisstufenklassen systematisch fördert.
− Die Forschenden erweitern und differenzieren ihr Wissen zur
Erhebung von Wissen zum
eigenen Lernen bei 4- bis 8-jährigen Kindern sowie über das
Wissen der untersuchten Kin-
der zum eigenen Lernen.
2.3.2 Grobkonzept des Weiterbildungsmoduls
Wie weiter unten dargestellt (vgl. 3.2), bestand die
Intervention in einem Weiterbildungsmo-
dul. Das im Rahmen dieser Vorstudie erarbeitete didaktische
Modell zur Förderung von EL und
MK in Klassen 4- bis 8-Jähriger (vgl. 2.2) wurde im Rahmen des
nachfolgend dargestellten
Weiterbildungsmoduls für dieses Modul und in Zusammenarbeit mit
den Lehrpersonen entwi-
ckelt. Die Erprobung von Elementen des didaktischen Modells im
eigenen Unterricht war integ-
rierter Bestandteil der Intervention (vgl. 2.2). Nachfolgende
Übersicht (vgl. Tabelle 1)
visualisiert das inhaltliche und strukturelle Grobkonzept des
Weiterbildungsmoduls:
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 23 –
Zeitplan SJ 08/09 Inhalt 1. Halbtag - Heterogenität in Grund-
bzw. Basisstufen
- Didaktik der inneren Differenzierung - Kooperatives Lernen in
altersheterogenen Klassen (Theoretische Hintergründe und
Forschungslage)
2. Halbtag - Metakognition und eigenständiges Lernen
(Theoretische Hintergründe und Forschungslage)
3. Halbtag - Didaktik für altersheterogene Grund- bzw.
Basisstufen: Rahmenkonzept vorstellen
- Förderung von Metakognition und eigenständigem Lernen in
Klassen 4- bis 8-Jähriger
4. Halbtag 5. Halbtag
Januar – Februar 2008
6. Halbtag
Die Projektleiterin entwickelt in Zusammenarbeit mit den
Lehrpersonen einen ersten Entwurf eines „Didaktischen Modells zur
Förderung von Metakognition und eigenständigem Lernen“. Die
Lehrpersonen erweitern und ergänzen ihre Erkenntnisse im
Selbststudium, in der Gruppe und diskutieren seine Umsetzung im
eigenen Unterricht
Umsetzung im eigenen Unterricht
7. Halbtag 8. Halbtag
Reflexion der Erfahrungen in Austauschgruppen
Umsetzung im eigenen Unterricht
9. Halbtag Individuelle Beratung der Lehrpersonen vor Ort
Umsetzung im eigenen Unterricht
März bis Juni
2008
10. Halbtag Individuelle Beratung der Lehrpersonen vor Ort
Tabelle 1: Übersicht Weiterbildungsmodul
3 Darstellung des Projektverlaufs
3.1 Problemstellung und interessierende Fragestellungen
Die Studie stützt sich auf die Prämisse, bereits junge Lernende
verfügten über metakognitive
Kompetenzen, die im Unterricht systematisch förderbar seien
(vgl. 1.3.2). Wir gehen davon
aus, dass sich metakognitionsorientierter Unterricht in
altersgemischten Klassen 4- bis 8-Jäh-
riger, der EL gezielt ermöglicht und zudem die
Altersheterogenität als Potential nutzt, auf die
Förderung der genannten Kompetenzen günstig auswirkt (vgl.
1.3.3). Noch haben wir geringe
Kenntnisse zur Förderung von EL und MK bei 4- bis 8-Jährigen
(vgl. 1.3.4, 1.3.5).
Aufgrund der referierten Forschung und den daraus gezogenen
Folgerungen (vgl. 1, 2.1) stan-
den für die Vorstudie folgende Aspekte im Vordergrund:
Die Entwicklung und Erprobung von Erhebungsinstrumenten im
Hinblick auf eine Hauptstudie:
- Selbsteinschätzungsbogen
- Leitfaden zur strukturierten Unterrichtsbeobachtung
- Interviewleitfaden zur Erhebung des Wissens zum eigenen Lernen
bei 4- bis 8-Jährigen
- Strukturiertes Forschungstagebuch
sowie die Entwicklung und Erprobung eines
- stufenspezifischen didaktischen Modells zur Förderung von EL
und MK
- Weiterbildungsmoduls zur Förderung von EL und MK.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 24 –
In zweiter Priorität interessierten Erste Erkenntnisse zu
folgenden Fragestellungen:
1.1 Zeigen sich Unterschiede zwischen der Selbsteinschätzung der
Lehrpersonen des eigenen
Wissens und der Umsetzung von Konzepten zur Förderung von MK und
EL vor und nach
der Weiterbildung?
1.2 Zeigen sich Unterschiede in der Art und Häufigkeit der
Interaktionen zur Förderung von
MK und EL im Unterricht vor und nach der Weiterbildung?
2.1 Wie können EL und MK bei 4- bis 8-Jährigen im Unterricht
gezielt gefördert werden?
2.2 Gibt es empirisch untersuchte didaktische Konzepte zur
Förderung von EL und MK in
Klassen 4- bis 8-Jähriger?
2.3 Wie könnte ein in die Praxis umsetzbares, stufenspezifisches
didaktisches Modell zur
Förderung von EL und MK in Klassen 4- bis 8-Jähriger
aussehen?
2.4 Wie wäre ein entsprechendes Weiterbildungsmodul zu
konzipieren?
3. Erweisen sich das Forschungstagebuch sowie dessen inhaltliche
Strukturierung als hilf-
reich zur Gewinnung von Erkenntnissen sowie als
Reflexionsinstrument für die Lehrper-
sonen?
4.1 Wie kann das Wissen von 4- bis 8-Jährigen zum eigenen Lernen
erhoben werden?
4.2 Welches Wissen zum eigenen Lernen haben Kinder der
Altersspanne 4 bis 8? Kennen sie
Lern- und Arbeitsstrategien? Wenn ja, welche?
4.3 Können die Kinder über ihr Wissen zum eigenen Lernen
kommunizieren?
4.4 Konnten Kinder der untersuchten Klassen ihr Wissen zum
eigenen Lernen erweitern?
5. Wurde die Alters- und Leistungsheterogenität in den
Projektbasis- bzw. grundstufenklas-
sen genutzt hinsichtlich Förderung von EL und MK?
3.2 Forschungsverlauf
Das Forschungsprojekt wurde im zweiten Semester des Schuljahrs
2007/2008 als Interventi-
onsstudie im Sinn eines Quasiexperiments durchgeführt.
Entsprechend sah das Forschungsde-
sign Erhebungen vor zu zwei bzw. drei Zeitpunkten, d.h. vor,
während (Unterrichtsbeobach-
tung) bzw. nach der Intervention.
Elf Lehrpersonen wurden mittels des unten beschriebenen
Selbsteinschätzungsbogens (vgl.
4.1) schriftlich befragt zu ihrem Wissen zur Förderung von EL
und MK sowie zu dessen Umset-
zung im eigenen Unterricht. Die erste Befragung erfolgte zu
Beginn der Vorstudie (vor der
ersten Weiterbildungsveranstaltung), die zweite nach der
Umsetzungs- und Erprobungsphase.
Alle Lehrpersonen nahmen an der Weiterbildung „Förderung von
Metakognition und eigenstän-
digem Lernen“ teil, in dessen Rahmen sie relevantes Wissen und
professionelle Kompetenzen
aufbauen sollten, zur Entwicklung des „Didaktische Modells zur
Förderung von Metakognition
und eigenständigem Lernen“ (HOTTINGER, 2009, in Vorb.) beitrugen
und einzelne Konzepte
des Modells im eigenen Unterricht erproben konnten.
Entsprechende Erfahrungen, Reflexionen
und Beobachtungen hielten die Lehrpersonen in einem
Forschungstagebuch (strukturiert mit-
tels offener Fragen) handschriftlich, teils computergestützt
vierzehntäglich fest (vgl. 4.4). In
zwei Austauschtreffen zwischen dem Forschungsteam und den am
Projekt beteiligten Lehrper-
sonen wurden Ausschnitte aus den Tagebüchern diskutiert, Fragen
beantwortet und Erfahrun-
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 25 –
gen reflektiert. Der Unterricht wurde in den sechs beteiligten
Grund- bzw. Basisstufenklassen
zu drei Zeitpunkten anhand des Unterrichtsbeobachtungsschemas
(siehe 4.2) während jeweils
eines ganzen Unterrichtsvormittags beobachtet. Anschliessend an
den zweiten Besuch erfolgte
eine individuelle Beratung der Lehrpersonen im Sinn einer
Fortführung der Weiterbildung. Je
vier Kinder aus den sechs Grund- bzw. Basisstufenklassen wurden
am Anfang und am Ende
der Vorstudie mittels des unten vorgestellten
Interview-Leitfadens (vgl. 4.3) während und
nach dem Lösen von spezifischen Aufgaben zum Wissen über ihr
eigenes Lernen befragt. Die
Interviews der ersten Erhebung wurden handschriftlich,
diejenigen der zweiten Erhebung auf
Tonträgern (Video) festgehalten und anschliessend
transkribiert.
Nachfolgende Darstellung (Tabelle 2) visualisiert das Design des
Projekts:
Jan 08 Feb 08 März 08 April 08 Mai 08 Juni 08 Kinder:
Kinderinterviews:
- Problemlöseaufgabe - Rechenaufgabe - Behaltensaufgabe
X X
X X
Unterricht: Unterrichtsbeobachtung
X
X
X
Lehrpersonen: Weiterbildungsmodul:
- Weiterbildung - Austauschgruppen - Beratung
Selbsteinschätzungsbogen Forschungstagebuch
XXX X
X
X X
X X X
X
X X X
Tabelle 2: Projektdesign
4 Entwicklung der Erhebungsinstrumente Wie dargestellt (vgl.
3.1) bestanden die Hauptziele des Vorprojekts in der Entwicklung
und
Erprobung von vier Erhebungsinstrumenten:
1. Selbsteinschätzungsbogen
2. Strukturiertes Forschungstagebuch
3. Leitfaden zur strukturierten Unterrichtsbeobachtung
4. Interviewleitfaden zur Erhebung des Wissens zum eigenen
Lernen bei 4- bis 8-Jährigen
Im Hinblick auf den Forschungsgegenstand und die
interessierenden Fragestellungen haben
wir aus forschungsmethodischen Gründen alternative
Erhebungsverfahren wie Lehrpersonen-
befragungen, Videoanalysen, Wissenstests sowie Leistungstests
ausgeschlossen. Auch auf den
Einsatz von Tiefeninterviews haben wir verzichtet, da sie keine
relevanten weiteren Erkennt-
nisse liefern und somit den zusätzlichen Aufwand nicht
rechtfertigen würden (Ressourcen).
Für die Entwicklung der Erhebungsinstrumente (Items des
Selbsteinschätzungsbogens, Kate-
gorien der Unterrichtsbeobachtungen, Fragen der Kinderinterviews
und Fragen der Forscherta-
gebücher) und des didaktischen Modells stützten wir uns auf
Operationalisierungen (Konkreti-
sierungen) der Konstrukte EL und MK. Dabei lehnten wir uns an
die Kategorisierungen
HASSELHORNs an (vgl. 1.3.1) und an weitere Untersuchungen, die
beispielsweise belegen,
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 26 –
dass metakognitive Verben wie „glauben“, „verstehen“,
„voraussagen“, „verneinen“ von weni-
ger als der Hälfte der Sechsjährigen verstanden werden (vgl.
1.3.2, 1.3.4, 1.3.5). Zudem stüt-
zen wir uns auf die referierten didaktischen Konzepte (vgl.
2.1). Um weder die Intervention,
noch die Erhebungen und deren Auswertung sowie die Überarbeitung
der Instrumente im Hin-
blick auf das geplante Hauptprojekt einzuschränken, erachten wir
diese Kategorisierungen und
Operationalisierungen als handlungsleitend, jedoch nicht als
einschränkend.
4.1 Selbsteinschätzungsbogen
Der Selbsteinschätzungsbogen ist gestuft aufgebaut. Er besteht
aus dreizehn Grobkategorien
(Kommunikationsorientierung, Metakognition als Lernziel, Balance
Selbst- und Fremdsteue-
rung, Offener Unterricht, Cognitive Apprenticeship, Private
Speeches, Systemisches Wissen,
Epistemisches Wissen, Exekutives Wissen, Perspektive 2. Ordnung,
Einstellung zum Lehr-Lern-
potential altersheterogener Klassen, didaktische Umsetzung der
Heterogenitätsorientierung
und kooperatives Lernen) und 33 Feinkategorien. Zur Formulierung
der einzelnen Fragen
dienten die Feinkategorien als Gerüst. Diese wurden den
Lehrpersonen in überschaubaren
Abschnitten präsentiert. Sie liessen die dahinter stehenden
theoretischen Konzepte nicht mehr
erkennen. Mittels einer vierstufigen Likertskala beantworteten
die Lehrpersonen Fragen zu ih-
ren Einstellungen (stimmt nicht, stimmt teilweise, stimmt
mehrheitlich, stimmt voll und ganz)
und Fragen zu den Umsetzungen in ihrem Unterricht (sehr selten,
manchmal, häufig, sehr
häufig).
Die Lehrpersonen, die mit ihren Klassen an der Studie
teilnahmen, wurden vor der ersten
Weiterbildungsveranstaltung (letztes Drittel Januar) und nach
vier Monaten (Anfang Juni) mit-
tels Selbsteinschätzungsbogen schriftlich befragt zu ihrem
Wissen zur Förderung von EL und
MK und zu dessen Umsetzung im eigenen Unterricht.
4.2 Unterrichtsbeobachtung
Als Beobachtungseinheiten des für das Projekt entwickelten
Beobachtungsschemas galten das
metakognitionsorientierte Unterrichtshandeln der Lehrpersonen
sowie die Förderung von EL im
Unterricht. Mittels dieses strukturierten Beobachtungsschemas
wurden dieselben dreizehn
Grobkategorien erfasst wie bei der Fragebogenerhebung (vgl.
4.1). Für die Unterrichtsbeo-
bachtung sind diese in 23 Feinkategorien unterteilt und als
insgesamt 95 Beobachtungsitems
ausformuliert. Die Beobachtungen werden anhand dreier
Ausprägungen (nicht beobachtbar,
selten beobachtbar, mehrmals beobachtbar) festgehalten.
Mittels dieses Beobachtungsschemas wurden die entsprechenden
Interaktionen der Lehrperso-
nen mit den Kindern und diejenigen der Kinder untereinander
während eines Unterrichtsmor-
gens (vier Lektionen mit einem Einstieg, einer themenzentrierten
Arbeitsphase und einem
Abschluss) kriterienorientiert erfasst. Die zwei Beobachterinnen
nahmen am Unterrichtsge-
schehen passiv teil (vgl. ATTESLANDER, 2008): Sie beobachteten
möglichst unauffällig aus
dem Hintergrund. Der Unterricht in den beteiligten Klassen wurde
ein erstes Mal vor der Wei-
terbildung, ein zweites Mal in der Mitte und ein letztes Mal am
Ende des Projekts beobachtet.
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 27 –
4.3 Interview-Leitfaden
Um das Wissen der Kinder über ihr eigenes Lernen zu erfassen,
entwickelte das Forscherin-
nenteam einen Interview-Leitfaden (in Anlehnung an
BRUNSTING-MÜLLER, 1997), zur Befra-
gung der Kinder während und nach dem Ausführen von Problemlöse-
bzw. Behaltensaufgaben
mittels offener Fragen.
Die Kinder kamen in der Interviewsituation frei zu Wort und es
wurden möglichst viele Infor-
mationen zu Lösungsvorgehen und -strategien, Lösungs- und
Kontrollprozessen, Unterstüt-
zungs- und Fehlerkultur, Wissen zum eigenen Lernen,
Transferleistungen sowie zu Einschät-
zungen des Ergebnisses, des Zeitbedarfs und der
Ausgabenschwierigkeit sowie der eigenen
Fähigkeiten und der Motivation ermittelt (strukturierte
Interviewsituation, vgl. ATTESLANDER,
2008). Die leichte Standardisierung (Leitfaden) ermöglicht die
Vergleichbarkeit bei einer grös-
seren Zahl von Interviews (MAYRING, 1993) und den Einsatz
unterschiedlicher Versuchsleiten-
den. Insgesamt 24 Kinder aus allen teilnehmenden Klassen wurden
am Anfang und am Ende
des Projekts anhand dieses Leitfadens befragt. Die zweite Serie
Interviews wurde auf Tonträ-
gern (Video) festgehalten. Alle Interviews wurden transkribiert
(vgl. LAMNEK, 1995 und
MAYRING, 2001).
4.4 Forschungstagebuch
Das Forschungstagebuch hat in der qualitativen Sozialforschung
als Dokumentations- und Re-
flexionsinstrument eine lange Tradition (vgl. ALTRICHTER/POSCH,
1998; ALTRICHTER et. al.,
1989; ELLIOTT, 1981; FISCHER, 1997; GLASER/STRAUSS, 1967;
JACKSON, 1968; MOSER,
1997; SCHÖN, 1983).
Das Führen des Forschungstagebuchs diente folgenden Zielen:
- Die inhaltliche Struktur des Forschungstagebuchs und die
Empfehlungen bezüglich Fre-
quenz und Länge der Einträge werden erprobt.
- Die Einträge der Lehrpersonen liefern Informationen und
Erkenntnisse zur Umsetzung
des, als Entwurf vorliegenden didaktischen Modells zur Förderung
von EL und MK in
Klassen 4- bis 8-Jähriger als Ganzes, sowie zu einzelnen
Unterrichtskonzepten.
- Die Einträge der Lehrpersonen leisten einen Beitrag dazu, das
didaktische Modell weiter
zu entwickeln und zu optimieren.
- Das Führen des Forschungstagebuchs dient den Lehrpersonen – im
Sinn forschenden
Lernens (vgl. ALTRICHTER 1998) – zur Vertiefung des in der
Weiterbildung erarbeiteten
Wissens.
- Die Einträge ins Forschertagebuch dienen der Reflexion des
eigenen Unterrichtshandelns,
je individuell sowie im Rahmen von Austauschtreffen (alle
Lehrpersonen und das
Forscherinnenteam).
Die Strukturierung des Tagebuchs bestand in offenen Fragen wie:
Welches Konzept habe ich in
dieser Woche erprobt? Wie sah die konkrete Umsetzung in meinen
Unterricht aus? Welche
Erfahrungen und Beobachtungen habe ich gemacht bei den Kindern?
(vgl. Anhang C)
-
Projektbericht Hottinger/Rüfenacht - 28 –
5 Befunde in Beziehung zu den Fragestellungen Die Vorstudie
hatte prioritär zum Ziel, Erhebungsinstrumente sowie ein
didaktisches Modell
und ein dazu gehörendes Weiterbildungsmodul zur Förderung von EL
und MK zu entwickeln
und zu erproben. Zudem sollten erste Erkenntnisse zu den
interessierenden Fragestellungen
gewonnen werden (vgl. 3.1).
Aus forschungsmethodischen Gründen konnte mit diesem Vorprojekt
nicht die Erwartung ver-
bunden sein, statistisch abgesicherte (signifikante) Befunde –
insbesondere Unterschiede zwi-
schen den Erhebungen - zeigen zu können. Zu nennen an
forschungsmethodischen Gründen
sind die kleine Stichprobe (11 Lehrpersonen, 5 Klassen), die
Tatsache, dass die Erhebungsin-
strumente im Rahmen dieses Projekts ein erstes Mal erprobt
wurden und hinsichtlich testthe-
oretischer Gütekriterien nicht evaluiert sind. Im Hinblick auf
die Hauptziele der Vorstudie und
auf die geplante Hauptstudie sowie aufgrund der zur Verfügung
stehenden Ressourcen wurden
diese Einschränkungen bewusst in Kauf genommen.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit werden
die nachfolgend dargestell-
ten Ergebnisse in Beziehung gesetzt zu den einzelnen
interessierenden Fragestellungen (vgl.
3.1). Vor dem Hintergrund der in der Einleitung zu diesem
Kapitel geschilderten Ziele und Ein-
schränkungen dieser Vorstudie betonen wir, dass es sich bei den
nachfolgend dargestellten
Erkenntnissen und Erfahrungen um erste Hinweise handelt, also
weder um statistisch abgesi-
cherte noch um generalisierbare Ergebnisse.
5.1 Selbsteinschätzung der Lehrpersonen
Nebst den Zielen Entwicklung und ersten Erprobung eines
Selbsteinschätzungsfragebogens
interessierten folgende Fragestellungen:
1.1 Zeigen sich Unterschiede zwischen der Selbsteinschätzung der
Lehrpersonen des eige-
nen Wissens und der Umsetzung von Konzepten zur Förderung von MK
und EL vor und
nach der Weiterbildung?
5. Wurde die Alters- und Leistungsheterogenität in den
Projektbasis- bzw. Grundstufenklas-
sen genutzt hinsichtlich Förderung von EL und MK?
In der Fragebogenerhebung beantworteten die Lehrpersonen Fragen
zu ihren Einstellungen
(stimmt nicht, stimmt teilweise, stimmt mehrheitlich, stimmt
voll und ganz) und Fragen zu den
Umsetzungen in ihrem Unterricht (sehr selten, manchmal, häufig,
sehr häufig), indem sie eine
der in Klammer genannten vier Antwortmöglichkeiten ankreuzten.
Dank des gestuften Aufbaus
des Fragebogens lassen sich die Ergebnisse anhand der gebildeten
Kategorien beschreiben (vgl
4.1).
Im Rahmen der Auswertung wurden die Ergebnisse zu den einzelnen
Kategorien (beispiels-
weise zur Kategorie „Wissen zum eigenen Lernen“) in zwei Gruppen
zusammengefasst:
1. Gruppe: stimmt nicht, st