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CSI Centrum für soziale Investitionen & Innovationen Centre for Social Investment Erfolgsbedingungen staatlich- philanthropischer Bildungs- partnerschaften Ekkehard Thümler CSI FORSCHUNG | ABSCHLUSSBERICHT
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Projektbericht: Erfolgsbedingungen staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaften

May 01, 2023

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Oliver Rettig
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Page 1: Projektbericht: Erfolgsbedingungen staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaften

CSICentrum für soziale Investitionen & Innovationen

Centre for Social Investment

Erfolgsbedingungen staatlich-philanthropischer Bildungs- partnerschaften

Ekkehard Thümler

CSI FORSCHUNG | ABSCHLUSSBERICHT

Page 2: Projektbericht: Erfolgsbedingungen staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaften

CSI

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der fördernden Stiftung 4Vorwort 6Danksagung 8Autoren 9

1 Einleitung 111.1 Problematik staatlich-philanthropischer Partnerschaften 111.2 Fragestellung und Ziele 121.3 Zentrale Begriffe 13

1.3.1 Stiftungen und Staat 131.3.2 Partnerschaften 131.3.3 Soziale Innovation 131.3.4 Erfolg 14

1.4 Stand der Forschung 151.4.1 Partnerschaften als vielversprechende Problemlösungsinstrumente 161.4.2 Grenzen von Partnerschaften 161.4.3 Erfolgsfaktoren öffentlich-privater Partnerschaften 171.4.4 Offene Fragen 181.4.5 Projektdesign und Datengrundlage 18

1.5 Aufbau der Studie 21

2 Fallstudien (mit Matthia Nelles) 222.1 DeutschSommer 22

2.1.1 Der Programmansatz 222.1.2 Entwicklung und Status quo 232.1.3 Partner und Netzwerk 242.1.4 Zielerreichung 24

2.2 Die Chance. Stiftung für Berufspraxis in der Ostschweiz 252.2.1 Programmansatz 262.2.2 Entwicklung und Status quo 262.2.3 Partner und Netzwerk 272.2.4 Zielerreichung 27

2.3 Jacobs-Sommercamp 272.3.1 Projektansatz 282.3.2 Entwicklung und Status quo 292.3.3 Partner und Netzwerk 292.3.4 Zielerreichung 30

2.4 Netzwerke für Bildungspartner 312.4.1 Projektansatz 312.4.2 Entwicklung und Status quo 322.4.3 Partner und Netzwerk 332.4.4 Zielerreichung 33

2.5 Selbstevaluation in Schulen (SEIS) 342.5.1 Projektansatz 342.5.2 Entwicklung und Status quo 352.5.3 Partner und Netzwerk 362.5.4 Zielerreichung 36

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2.6 Selbstständige Schule 372.6.1 Projektansatz 372.6.2 Entwicklung und Status quo 382.6.3 Partner und Netzwerk 392.6.4 Zielerreichung 39

3 Die Rolle von Netzwerken 413.1 Erfolg von Partnerschaften: Wirkung in der Fläche oder Innovation in Nischen? 413.2 Innovative Nischen als Ergebnisse von Partnerschaften 423.3 Von Partnerschaften zu Innovationsnetzwerken 433.4 Effektivität von Netzwerken: Probleme und Prozessphasen 44

3.4.1 Problemtypen 443.4.2 Der Innovationsprozess 45

3.5 Netzwerktypen 463.5.1 Explorative Netzwerke 463.5.2 Entwicklungsnetzwerke 473.5.3 Leadorganisationen 493.5.4 Konsortien 50

3.6 Wandlungsfähigkeit von Innovationsnetzwerken 513.7 Fazit 52

4 Nischen als Bausteine systemischer Innovation 534.1 Wege aus der Nische 544.2 Nischen neu bewertet 554.3 Die Relevanz innovativer Nischen für den Prozess sozialer Innovation 554.4 Die Bedeutung von Netzwerken für Nischenprozesse 584.5 Strategisches Nischenmanagement in der Praxis 594.6 Fazit 61

5 Handlungsempfehlungen: Innovation durch Netzwerke 625.1 Auf Pilotprojekte und flächendeckende Verbreitung verzichten 625.2 Strategisches Nischenmanagement erproben 625.3 Vernetzte Problemlösungsgemeinschaften als Instrumente einsetzen 635.4 Innovationsnetzwerke problemorientiert gestalten 635.5 Wissen über strategisches Nischenmanagement vertiefen 64

Literatur 65

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Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Partnerorganisati-onen und gerade auch mit staatlichen Stellen gehört seit jeher zur Praxis und zum Selbstverständnis der Robert Bosch Stif-tung. Die Bedeutung, die wir solchen Partnerschaften bei-messen, hat dabei ganz praktische Gründe. Als Stiftung ist es unser Ziel, nachhaltigen sozialen Wandel zu befördern. Gerade im Bildungsbereich ist dies nur in der Zusammenarbeit mit staatlichen Partnern möglich. Zum einen, weil wir uns hier in einem Kernbereich staatlicher Kompetenz bewegen, die zu respektieren für uns eine Selbstverständlichkeit ist. Zum ande-ren, weil wir uns in beinahe allen unseren Projekten vor eine zentrale Herausforderung gestellt sehen: Wie gelingt es, von begrenzten Pilotprojekten zu breiterer Wirkung zu kommen?

Die Annahme liegt nahe, dass die Zusammenarbeit mit staatli-chen Partnern zumindest ein Teil der Antwort auf diese Frage sein muss. Wir haben uns deshalb zum Ziel gesetzt, dieses Thema systematischer zu erörtern. So förderten wir dazu zwei Workshops, die 2008 und 2009 von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung durchgeführt wurden. In diesem Rahmen wur-den die Perspektiven und die Expertise beteiligter Praktiker aus Politik, Administration und Stiftungen gesammelt und ausgewertet.

Unsere eigenen, ganz konkreten Erfahrungen in Projekten wie ‚Netzwerke für Bildungspartner‘ zeigen, wie sinnvoll und kon-struktiv, aber auch wie herausfordernd solche ‚systemischen‘ Formen der Zusammenarbeit sein können. In dem genannten Vorhaben etablierten wir gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg und der Breuninger Stiftung eine Infrastruktur zur Förderung von Initiativen, die sich die Aktivierung der Eltern von Schulkindern mit Migrationshintergrund zum Ziel gesetzt haben.

Wie bei der Bearbeitung dieser sehr komplexen, beharrlichen und grundlegenden Herausforderungen nicht anders zu erwar-ten ist, blieben bei den genannten Diskussionen und Projekter-fahrungen eine Reihe Fragen offen. Diese Feststellung war Anknüpfungspunkt für unsere Zusammenarbeit mit dem CSI und der Grund, weshalb wir uns für die Förderung des Pro-jekts ‚Staatlich-Philanthropische Bildungspartnerschaften‘ ent-schieden haben.

Ziel der Studie war insbesondere die Erarbeitung strategisch relevanten Wissens im Sinne eines praktisch anwendbaren Instrumentariums, das explizit für Entscheider sowohl in Stif-tungen als auch für ihre Partner in Politik und staatlichen Ver-waltungen relevant sein sollte.

Vorwort der fördernden Stiftung

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Die hier vorliegenden Ergebnisse sind für uns aus folgenden Gründen relevant: Sie führen zu einer Neubewertung vorwiegend projektorientierter, zeitlich begrenzter Stiftungsarbeit und lassen gerade unsere langfristigen Programme wie etwa den Deutschen Schulpreis und dessen Akademie in einem neuen Licht erschei-nen. Die Überlegungen zu ‚strategischem Nischenmanagement‘, also dem Aufbau bzw. der Vernetzung und Unterstützung einer Vielzahl von Initiativen, die ganz pragmatisch an der Entwicklung von effektiven Lösungen für die Probleme des Bildungsbereichs tätig sind, eröffnen uns alternative Handlungsoptionen und Hin-weise für die weitere Strategieentwicklung im Bildungsbereich.

Als entscheidend für die praktische Umsetzbarkeit dieser For-schungsergebnisse sehen wir dabei den Umstand an, dass über solche grundlegenden Modelle hinaus eine ganz konkrete Typo-logie verschiedener Netzwerke samt einer Analyse ihrer Stärken und Schwächen entfaltet wird. Dies ermöglicht uns künftig einen zielgerichteteren und wirklich maßgeschneiderten Einsatz dieser Instrumente und trägt so zur Professionalisierung von Stiftungs-arbeit bei.

In den vergangenen Jahren wurde im Stiftungssektor eine enga-gierte Diskussion über Bedingungen und Grenzen sozialer Wir-kung im Bildungsbereich und darüber hinaus geführt. Wir freuen uns, dass diese Anliegen von der Forschung aufgenommen wur-den und dass wir die Möglichkeit hatten, eine Studie zu fördern, die geeignet ist, die Diskussion zu beleben und voranzubringen.

Wir wünschen uns daher, dass sich die hier vorgestellten Ergeb-nisse und Ideen für Praxis und Wissenschaft als fruchtbar und für künftige Vorhaben im Feld der Bildungs- und insbesondere der Schulreform als hilfreich erweisen werden. Wir würden uns besonders freuen, wenn diese Impulse zur Entstehung neuer und effektiverer Kooperation mit anderen Stiftungen und staatlichen Akteuren führen und so dazu beitragen würden, die Erfolgsge-schichte der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Stiftungen und Staat im Bildungsbereich fortzuschreiben.

Dr. Olaf HahnLeiter des Programmbereichs Bildung, Gesellschaft und Kultur der Robert Bosch Stiftung

Stuttgart, November 2014

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Im Verhältnis von Staat und Stiftungen beobachten wir in den vergangenen Jahren eine Reihe bedeutender Veränderungen. So ist im Stiftungssektor ein Prozess der Rationalisierung und Professionalisierung im Gange, der durch Begriffe wie strate-gische Philanthropie oder soziale Investitionen gekennzeichnet ist. Dieser Vorgang ist insbesondere durch eine zunehmende Aufmerksamkeit auf soziale Wirkung, also auf die ganz kon-kreten Beiträge, die Stiftungen für die Gesellschaft leisten kön-nen, geprägt.

Gerade diejenigen Stiftungen, die sich eine Bearbeitung der zentralen Herausforderungen moderner Gesellschaften – wie etwa der Entwicklung eines leistungsfähigeren und gerechte-ren Schulsystems – zum Ziel gesetzt haben, stellen dabei fest, dass ihre finanziellen Ressourcen, so beeindruckend sie auf den ersten Blick auch sein mögen, bei weitem zu gering sind, als dass sie alleine mehr als lediglich marginale Beiträge lei-sten könnten. Es stellt sich insofern unmittelbar die Frage nach einer Zusammenarbeit mit staatlichen Partnern, die imstande sind, die genannten Beschränkungen zu überwinden.

Nachdem auf staatlicher Seite lange eine gewissen Zurück-haltung gegenüber privatem Engagement in einem zentralen Bereich hoheitlichen Handelns zu beobachten war, ist seit einiger Zeit eine zunehmende Aufgeschlossenheit für Zusam-menarbeit und Kooperation mit gemeinnützigen Partnern fest-zustellen – gerade auch in Bereichen wie der Sprachförderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund oder der Arbeit mit ‚failing schools‘, in denen der Schuh wirk-lich drückt.

Diese positiven Entwicklungen werden jedoch durch den Umstand beeinträchtigt, dass vertraute Handlungsroutinen nur bedingt für solche Arrangements geeignet sind und das bislang noch kaum gesichertes Wissen hinsichtlich der Frage vorliegt, wie in der Praxis gemeinsam erfolgreich agiert werden kann. Dieser Befund ist nicht unbedingt überraschend: Wir bewegen uns hier im Bereich sozialer Innovationen, die gerade von einem Abweichen von Routinen, dem Ausprobieren von neuen Wegen und dem produktiven Umgang mit Unsicherheit geprägt sind.

In einem Punkt besteht in den Diskussionen um adäquate gemeinsame Problemlösungsstrategien jedoch hoher Konsens: Komplexe Probleme können nur dann erfolgreich bearbeitet werden, wenn unterschiedliche Akteure ihre je eigenen Res-sourcen, Perspektiven und Kompetenzen beisteuern.

Vorwort

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So entstehen Kooperationen, Partnerschaften, hybride Organisa-tionen und Netzwerke, die in Szenarien sozialer Innovation eine wichtige Rolle spielen, wenngleich wir heute noch nicht genug darüber wissen, welche dieser Formate für die Bearbeitung wel-cher Probleme geeignet sind. Ohne einen verlässlichen Bestand systematisch erarbeiteten und erprobten Wissens bleiben strate-gische Entscheidungen in den beteiligten Organisationen jedoch auf bloß implizites Wissen oder die Intuition von Entscheidern angewiesen.

Mit unserem Projekt ‘Staatlich-Philanthropische Bildungspart-nerschaften’ schließen wir an diese Entwicklungen und Diskus-sionen in zweierlei Hinsicht an. Zum einen entwickelt die vor-liegende Studie ein alternatives Modell von Prozessen sozialer Innovation im Bildungsbereich. Es unterscheidet sich deutlich von den vorherrschenden Denkweisen, die von einem eher line-aren, rationalen und planbaren Prozess ausgehen und setzt ihnen einen Ansatz entgegen, der die experimentelle Natur von Inno-vationen betont, die über lange Zeiträume hinweg auf geschützte Orte angewiesen sind und die nur unter günstigen Umständen und Dank des politischen Handelns maßgeblicher Akteure syste-mische Wirkung entfalten können.

Zum anderen knüpft die Arbeit an Forschungsergebnisse zur Effektivität von sektorübergreifenden Netzwerken an, die bislang vorwiegend aus dem angelsächsischen Bereich vorliegen, und überträgt sie auf Prozesse sozialer Innovation im Bildungsbe-reich. So ermöglicht sie ein besseres Verständnis eines Phäno-mens, das für moderne Gesellschaften von maßgeblicher Bedeu-tung ist.

Insgesamt führt die vorliegende Studie so nicht nur zu einem besseren Verständnis der Gelingensbedingungen kollaborativer Innovationsprozesse im deutschen Bildungsbereich. Indem sie grundlegende Wirkungsmodelle und konkrete Instrumente für die Lösung sozialer Probleme anbietet, leistet sie vielmehr einen grundlegenden Beitrag zur Erforschung von Prozessen sozialer Innovation im Sinne einer Science of Improvement.

Dr. Volker Then Geschäftsführender Direktor des Centrums für soziale Investiti-onen und Innovationen der Universität Heidelberg

Heidelberg, November 2014

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Das Projekt ‚Staatlich-Philanthropische Bildungspartnerschaften‘ unter-suchte nicht nur die Beiträge unterschiedlicher Partner zu Gemein-schaftsprojekten von Stiftungen und Staat; es bedurfte auch selber der Unterstützung durch viele verschiedene Beteiligte, denen an dieser Stelle gedankt werden soll.

Ein erster, persönlicher Dank, geht an Annelie Beller und Mattia Nelles, die mir bei der Vorbereitung und Durchführung dieses Projekts unver-zichtbare Unterstützung leisteten. Für kollegialen Rat und die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit, die weit über die Projektzeit hinaus-reicht, bedanke ich mich bei Volker Then und Georg Mildenberger.

Dieses Projekt kam auf Initiative der Robert Bosch Stiftung zustande und wäre ohne ihre Förderung nicht möglich gewesen. Hierfür bedanke ich mich ebenso wie für die gute und reibungslose Zusammenarbeit bei Olaf Hahn, Michael Schulze und Christiane Kreher.

Das Vorhaben beruht auf den Vorarbeiten der Projekte ‚Strategies for Impact in Philanthropy‘ und ‚Strategies for Impact in Education‘, die durch ein Stiftungskonsortium aus Compagnia di San Paolo (Italien), Fundaçao Calouste Gulbenkian (Portugal), Koning Boudewijnstichting (Belgien), Stiftung Mercator (Deutschland) und Stiftelsen Riksbankens Jubileumsfond (Schweden) ermöglich wurden. Deshalb geht ein erneuter Dank auch an die Mitglieder dieses Konsortiums.

Den Teilnehmern des Expertengespräch in Heidelberg, Oliver Beddies, Jean-Pierre Dällenbach, Wolfgang Kunze, Rainer Michaelis und Hans-Günter Rolff danke ich für Ihre Bereitschaft, sich mit den Projektergeb-nissen in einem frühen Stadium kritisch und konstruktiv auseinander-zusetzen.

Die Teilnehmer des Bildungsforschungskolloquiums in Heidelberg gaben ebenfalls wertvolle Hinweise zur Fortentwicklung der Forschungsergeb-nisse und bekräftigten einmal mehr die interdisziplinäre Stärke der Uni-versität Heidelberg. Hierfür bedanke ich mich insbesondere bei Birgit Spinath, Heike Dietrich, Joachim Funke, Silke Hertel und Anne Sliwka.

Tobias Funk, Angelika Hüfner und Maximilian Müller-Härlin lasen freundlicherweise das Policy Paper in einem frühen Stadium und gaben wichtige Einschätzungen und Ratschläge zu Inhalt und Gestaltung.

Grundlage der Datenanalyse bildeten die Transkriptionen unserer Inter-views, für die ich mich bei den Transkribierern Katja Huth, Kubilay Karaer und Anne Kliebisch bedanke. Abschließend sei all‘ unseren Interviewpartnern für ihre Bereitschaft gedankt, uns offen und konstruktiv Auskunft über Ihre Beteiligung an den untersuchten Vorhaben zu geben. Ohne ihre Unterstützung wäre die-ses Forschungsprojekt nicht möglich gewesen.

Danksagung

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Autoren

Ekkehard ThümlerEkkehard Thümler leitet seit Mai 2008 im Centrum für soziale Investitionen und Innovationen (CSI) der Universität Heidelberg das Forschungsprogramm zur sozialen Wirkung von Stiftungs-handeln. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Erforschung des Zusammenhangs zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren und den globalen Finanzmärkten. Zuvor war er von 2002 bis 2008 als Projektleiter für Bertelsmann Stiftung, Landesstiftung Baden-Württemberg sowie Vodafone Stiftung tätig. Ekkehard Thümler hat einen Magisterabschluss in Philosophie und Jura der Universität Göttingen. Er promoviert an der Universität Heidelberg zu Problemlö-sungsstrategien europäischer Stiftungen.

Mattia NellesMattia Nelles war von 2013 bis 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am CSI tätig. Darüber hinaus arbeitet er für das Berliner Unternehmen iversity im Bereich der Digitalisierung von Hochschullehre. Zuvor absolvierte er ein Bachelorstudium der Politik- und Verwaltungswissen-schaften an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen und der University of California, Berke-ley.

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CSI Einleitung

Executive Summary

Innovationsnetzwerke, in denen Staat und Stif-tungen partnerschaftlich zusammenarbeiten, sind grundsätzlich für die Entwicklung neuer Lösungs-ansätze für die Probleme des Bildungsbereichs in Deutschland geeignet. Sie erhöhen darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit, dass die einmal entwi-ckelten Ansätze dauerhaft etabliert und stabilisiert werden. Beides gilt jedoch nur für den Fall, dass das gewählte Netzwerkformat jeweils passgenau auf das bearbeitete Problem abgestimmt ist.

Explorative Netzwerke eigenen sich für die Phase der Initiierung von Vorhaben. Sie werden einge-setzt um Stakeholder und Themen zu identifizie-ren und insgesamt ein besseres Verständnis des Problems zu gewinnen. Entwicklungsnetzwerke sind für die zeitlich begrenzte experimentelle Ent-wicklung und Implementierung neuer Vorhaben geeignet. Netzwerke, die nicht von Partnern son-dern nur von einer einzelnen Organisation gesteu-ert werden, sind eher für die dauerhafte Stabilisie-rung neuer Ansätze geeignet. Konsortien werden für die Koordinierung einer größeren Anzahl von Stakeholdern eingesetzt, deren Tätigkeit durch eine Netzwerkmanagement-Organisation koordi-niert wird. Die Bedingungen ihres effektiven Ein-satzes sind noch unklar.

Zeitlich begrenzte Formen der Zusammenar-beit resultieren hingegen nicht in der f lächende-ckenden Verbreitung von Innovationen und einer nachweisbaren, signifikanten und umfangreichen Leistungssteigerung des staatlichen Systems. Die Ergebnisse sind vielmehr als begrenzte innova-tive Nischenaktivitäten auf lokaler bzw. regionaler Ebene zu bewerten.

Staatliche und philanthropische Akteure sollten daher herkömmliche Herangehensweisen, die auf einen direkten Übergang von der Entwicklung und Erprobung neuer Ansätze zu deren f lächen-deckender Verbreitung setzen, infrage stellen.

Stattdessen sollte die Rolle von Nischen für Pro-zesse sozialer Innovation neu bewertet werden. ‚Inseln des Gelingens‘ sind häufig als vollkom-men adäquate Problemlösungen auf lokaler Ebene

anzusehen. Sie spielen darüber hinaus eine wich-tige Rolle als Zwischenschritt in umfangreiche-ren Prozessen sozialer Innovation. Um weitrei-chendere Ergebnisse zu erzielen, sollte daher der Ansatz des strategischen Nischenmanagements als ein alternatives Handlungsmodell erprobt wer-den. Es setzt auf die langfristige Etablierung und Vernetzung einer Vielzahl begrenzter Nischen als Orten dauerhaften Lernens und Experimentierens mit neuen Lösungen, die in der Absicht geschieht, Bausteine für systemischen Wandel zu entwi-ckeln.

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1. Einleitung

Einer der bedeutendsten internationalen Trends im Bereich der öffentlichen Bildungssysteme ist das zunehmende Zusammenspiel staatlicher und privater Akteure (Meyer und Rowan 2006). Ins-besondere das öffentliche Schulsystem entwickelt sich immer mehr zu einer Arena, in der alte und neue Akteure aufeinandertreffen, nicht zuletzt, um die Qualität des Systems auf neue, kollabora-tive Weise zu verbessern (Thümler et al. 2014a).

Arrangements, in denen Stiftungen und staatliche Akteure gemeinsam an der Lösung der vielfältigen Probleme des Bildungsbereichs arbeiten, sind dabei von besonderem Interesse. Einerseits werden sie oftmals als Partner beschrieben, die einander besonders gut ergänzen. Dieser Argumentations-linie folgend bringen Stiftungen die Flexibilität, Kreativität, Risikobereitschaft und Innovationsbe-reitschaft mit, die dem Staat fehlen und können deshalb innovative Modellvorhaben entwickeln. Stiftungen sind jedoch vergleichsweise kleine Akteure1 und aufgrund ihrer beschränkten Bud-gets und Mangels rechtlicher Kompetenzen überfordert, wenn es darum geht, diese Ansätze in einem relevanten Ausmaß ‚in die Fläche‘ des Schulsystems hineinzutragen (Czerwanski 2000; Hess 2005; Gerber 2006; Person et al. 2009).

Das öffentliche System hingegen wird zwar als riskanten Experimenten weniger aufgeschlossen angesehen, es stellt jedoch die Ressourcen, Tech-nologien und rechtlichen Kompetenzen zur Ver-fügung, die benötigt werden um die Verbreitung nachweislich wirksamer, innovativer Ansätze in das Regelsystem zu ermöglichen und so zugleich deren Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Auf diese Weise, so wird angenommen, kann es in arbeits-teiliger Zusammenarbeit zwischen Stiftungen und Staat gelingen, Wandel in ein wenig innovati-onsfreudiges öffentliches System hineinzutragen (Gerber 2006; Bacchetti und Ehrlich 2007; DKJS 2009; Person 2009).

1 Um die Relationen zu verdeutlichen: Es ist davon auszuge-hen, dass der gesamte Betrag, den die deutschen Stiftungen in einem Jahr in Vorhaben im Bildungsbereich investieren, vom Staat an einem Vormittag ausgegeben wird (Thümler et al. 2014a: 7).

Dabei war zunächst die Annahme verbreitet, dass eine gelungene Arbeitsteilung zwischen Stif-tungen und Staat darauf hinausläuft, dass Stif-tungen in eigener Initiative Lösungsmodelle ent-wickeln und diese sodann staatlichen Akteuren als fertig entwickelte Produkte zwecks Übernahme und Verbreitung zur Verfügung stellen – oder sogar politischen Druck auf staatliche Stellen aus-üben, um diese zu Veränderungen zu bewegen. Gemäß diesen Überlegungen hängt viel von der Fähigkeit von Stiftungen ab, mittels geeigneter Instrumente und Strategien dafür zu sorgen, dass auch kleine Budgets überproportional hohe Wir-kung entfalten können: “philanthropic giving can have a massively outsized impact – like a small rudder steering a big ship” (Hess 2005: 297).

1.1 Problematik staatlich-philanthro-pischer Partnerschaften

Die Forschung der vergangenen Jahre zeigt jedoch, dass dieses Modell aus verschiedenen Gründen recht fragwürdig ist. Zunächst einmal ist in Hinblick auf das reale Veränderungspoten-tial von Reformvorhaben im Bildungsbereich grundsätzlich erhebliche Zurückhaltung ratsam. So ist etwa der öffentliche Schulbereich ein hoch-komplexes soziales und politisches System und eines der größten Subsysteme moderner Gesell-schaften überhaupt, dem regelmäßig eine hohe Resistenz gegenüber genau der Art von Verände-rungen bescheinigt wird, die Stiftungen anstre-ben (von Friedeburg 1992; Tyack und Cuban 1995). Diese etwas ernüchternde Diagnose trifft jedoch nicht nur für die staatliche Seite zu. Inzwischen liegen verschiedene Studien vor, die die reale Wir-kung von Stiftungen im Bildungsbereich in den vergangenen Dekaden als gering einschätzen und zu dem Schluss kommen, dass deren oftmals sehr weitreichenden und systemverändernden Ambiti-onen bislang keinesfalls eingelöst werden konnten (Connell und Klem 2002; Bacchhetti und Ehrlich 2007; Lagemann und de Forest 2007). Es ist darü-ber hinaus zweifelhaft, ob es Stiftungen überhaupt gelungen ist, effektive Lösungsansätze in größerer Zahl zu entwickeln. So konnte eine internationale

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CSI Einleitung

Recherche nach nachweislich wirksamen Stif-tungsprogrammen nur wenige überzeugende Vor-haben identifizieren (Thümler et al. 2014b).

Als Ursache für diesen Befund werden dabei unter anderem inadäquate Organisationsformen, man-gelnde inhaltliche Kompetenzen (Bacchhetti und Ehrlich 2007) sowie inadäquate Handlungsstra-tegien von Stiftungen genannt (Thümler et al. 2014b). Darüber hinaus besteht möglicherweise weder auf staatlicher Seite noch unter Stiftungen ein allgemeiner „Konsens, dass es überhaupt gemeinsame Aufgaben gibt, die zu teilen wären oder auch nur geteilt werden könnten – und worin diese möglicherweise bestehen“ (DKJS 2008).

Vor diesem Hintergrund ging es im Rahmen unserer Untersuchung darum, die Annahme zu überprüfen, ob eine partnerschaftliche Zusam-menarbeit zwischen Stiftungen und Staat geeignet ist, den genannten Herausforderungen wirksam zu begegnen. Diesem Ansatz liegt das folgende Argument zugrunde: Stiftungen und staatliche Akteure müssen von vornherein gemeinsam an der Initiierung, Entwicklung und Implementie-rung von innovativen Vorhaben beteiligt sein. Nur durch solche engen Formen der Koproduktion, so die Überlegung, wird gewährleistet, dass konkrete staatliche Bedürfnisse und Erfordernisse von Stif-tungen hinreichend berücksichtigt werden, und nur so entsteht auf staatlicher Seite das nötige commitment, um innovative Lösungen als eigene zu begreifen und f lächendeckend in das System einzubauen.

1.2 Fragestellung und Ziele

Auf dieser Grundlage wurden die folgenden for-schungsleitenden Fragestellungen formuliert:

■ Sind staatlich-philanthropische Bildungspart-nerschaften ein geeignetes Instrument für die Entwicklung effektiver Instrumente zur Lösung von Problemen des Bildungsbereichs? Falls ja, unter welchen Umständen und in welchen Kon-stellationen?

■ Führt partnerschaftliche Zusammenarbeit zu f lächendeckender Verbreitung der entwickelten Instrumente? Fall ja, auf welche Weise und mit welchem Ergebnis? Falls nicht, warum nicht?

■ Für welche Problemlagen erweisen sich Part-

nerschaften als ungeeignete Instrumente? Welche Alternativen gibt es?

Die Studie beabsichtigte, praxisrelevantes Steue-rungswissen zu generieren, das explizit für alle an Bildungspartnerschaften beteiligten Parteien rele-vant sein sollte. Der vorliegende Projektbericht ist insofern als eine Navigationshilfe gedacht, die den Akteuren sowohl auf staatlicher als auch auf Stif-tungsseite – und darüber hinaus auch möglichen weiteren Beteiligten an kollaborativen Projekten – eine konkrete Orientierung für ihre strategische Planung ebenso ermöglichen soll, wie die Aus-wahl geeigneter Instrumente für die Durchfüh-rung innovativer Vorhaben.

Unsere Absicht ist dabei zunächst einmal, ein Ver-ständnis davon zu vermitteln, welche Ergebnisse mithilfe solcher Formen der Zusammenarbeit erzielt werden können, und an welche Grenzen diese stoßen. Im nächsten Schritt geht es darum, ein Repertoire relevanter Formen der Zusammen-arbeit zu identifizieren und deren Anwendungs-bereich näher zu bestimmen. Auf dieser Grund-lage wird es strategischen Planern möglich sein, begründete Entscheidungen hinsichtlich der Fra-gen zu treffen, wann und in welcher Konstellation derartige Partnerschaften geeignete Problemlö-sungsinstrumente sind bzw. wann sie nicht zum Einsatz kommen sollten und welche Alternativen ggf. möglich und sinnvoll sind.

In wissenschaftlicher Hinsicht sollen Erkennt-nisse generiert werden, die einerseits an die aktuelle internationale Forschung zu Rolle, Bei-trägen und Funktionen von Stiftungen im Bil-dungsbereich (mit besonderem Augenmerk auf partnerschaftliche Formate) anknüpfen und den wissenschaftlichen Diskurs zu diesen Themen vorantreiben können. Zum anderen soll ein Bei-trag zur Erforschung der Rolle und Effektivität von staatlich-philanthropischen Netzwerken geleistet werden, der sich auf einen Bereich (Bildung), auf Beteiligte (Stiftungen) und auf einen Zweck (sozi-ale Innovation) erstreckt, die in der vorliegenden Forschung bislang nur wenig berücksichtigt wor-den sind.

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1.3 Zentrale Begriffe

Für unser Vorhaben zentrale Begriffe wie ‚Stif-tungen‘ und ‚Staat‘, ‚Partnerschaft‘, ‚Innovation‘ und ‚Erfolg‘ sind mehrdeutig und daher erläute-rungsbedürftig. Im Folgenden soll daher näher bestimmt werden, was darunter im Rahmen die-ser Studie zu verstehen ist.

1.3.1 Stiftungen und Staat

Die von uns im Rahmen der Fallstudien unter-suchten Stiftungen bilden ein breites Spektrum philanthropischer Tätigkeit ab. Mit der Robert Bosch Stiftung, der Bertelsmann Stiftung sowie der Jacobs Foundation kommen drei der größten unternehmensverbundenen Stiftungen Deutsch-lands bzw. der Schweiz in den Blick. Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft ist ebenso wie Die Chance mit einem eigenen Stiftungsvermögen ausgestattet, die letztere ist dabei als Verbrauchs-stiftung organisiert, die ihr Vermögen im Laufe der Zeit aufzehrt. Während die drei erstgenann-ten Stiftungen international aktiv sind, beschrän-ken sich die Polytechnische Gesellschaft und Die Chance auf einen regional eingegrenzten Tätig-keitsraum. Robert Bosch Stiftung, Jacobs Founda-tion und Polytechnische Gesellschaft sind sowohl fördernd als auch operativ tätig (Jacobs mit einem Schwerpunkt auf wissenschaftlicher Förderung), die Bertelsmann Stiftung und die Chance aus-schließlich operativ.

Soweit staatliche Akteure als Partner in einem engeren Sinn (siehe unten unter 1.3.2) an den untersuchten Vorhaben beteiligt waren, handelte es sich ausschließlich um Länderministerien. In der Regel waren dies die Kultusministerien der Länder (Jacobs-Sommercamp, Selbstständige Schule, SEIS), im Fall von Netzwerke für Bil-dungspartner aber auch Justiz- bzw. Integrations-ministerium. Ist von Partnern in einem allgemei-neren Sinn die Rede, der alle diejenigen Akteure umfasst, die aktiv an einem Innovationsprozess beteiligt waren bzw. sind, kommt ein sehr breites Spektrum unterschiedlicher Organisationen auf allen Ebenen staatlichen Handelns in den Blick. Es reicht von einzelnen Schulen und Hochschulen über Bezirksregierungen bis hin zu internationa-len staatlichen Partnerorganisationen.

1.3.2 Partnerschaften

Die Zusammenarbeit von Staat und Stiftungen spielt sich stets in einem Kontinuum verschie-dener Abstufungen der Intensität ab, das von zufälligen Überschneidungen gemeinsamer Tätig-keitsfelder über reine Auftragstätigkeiten bis hin zu formalen Partnerschaften reicht (Person et al. 2009). Umgangssprachlich werden viele dieser Kooperationsformen als Partnerschaft bezeich-net. Wir sehen staatlich-philanthropische Bil-dungspartnerschaften hingegen als einen ganz speziellen Fall innerhalb eines sehr viel größe-ren Felds an, der laut Person et al. (2009) durch Übereinstimmung („alignment“) hinsichtlich der adressierten Probleme, der Projektziele, gewählter Strategien der Problemlösung, eingesetzter Res-sourcen sowie der Implementation gekennzeich-net ist. (Person et al. 2009: 14ff.) .

Wir definieren derartige Partnerschaften als dauerhafte (d.h. mehr als nur ganz kurzfristige) Formen der Zusammenarbeit zwischen staatli-chen, philanthropischen und ggf. auch weiteren Beteiligten, die auf gegenseitigem Einvernehmen beruhen und zur Beförderung eines gemeinsamen Zwecks – also hier: der Qualitätsentwicklung des Bildungssystems – durchgeführt werden. Dabei sind alle Partner gleichberechtigt in die Entschei-dungsprozesse eingebunden, investieren eigene Ressourcen und tragen gemeinsam die Risiken des Vorhabens (Weihe 2008: 435; Forrer et al. 2010: 476).

1.3.3 Soziale Innovation

Im Zentrum dieser Studie steht die Untersuchung von Prozessen sozialer Innovation. Unter diesem Begriff werden in der Literatur neue Lösungen für soziale Probleme verstanden, die sich dadurch auszeichnen, dass sie zumindest einen effektiven Beitrag zur Problemlösung leisten und sich darü-ber hinaus in mehr oder weniger großem Umfang verbreiten (Zapf 1989: 177; Howaldt und Schwarz 2010: 54). Mit dem Begriff ‚Innovation‘ verbinden sich umgangssprachlich indessen oftmals irrefüh-rende Vorstellungen von einem Prozess, der durch inspirierte Impulsgeber vorangetrieben wird, die neuartige Ideen oder Konzepte entwickeln und die Mühen der eher trivialen Umsetzung anderen

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überlassen. Dies ist hier nicht gemeint. Der Inno-vationsprozess erstreckt sich nicht lediglich auf die Erfindung, sondern ganz wesentlich auf die Implementierung und Etablierung neuer Ansätze. Es geht dabei nicht um die Entwicklung möglichst origineller neuer Ideen, sondern vielmehr darum, ganz pragmatisch und mit langem Atem Lösungs-modelle zu erarbeiten. Wichtig ist darüber hinaus, dass man sich den Prozess sozialer Innovation nicht linear und damit planbar und berechenbar vorzustellen hat. Innovationsprozesse laufen viel-mehr zyklisch ab und sind von Zufällen und Pla-nabweichungen gekennzeichnet. Das in Kapitel 3 vorgestellte Phasenmodell ist daher auch eher als „nützliche Fiktion“ (Braun-Thürmann 2005: 38) zum Zwecke der Gliederung eines tatsächlich oftmals viel komplexeren Prozesses zu begrei-fen denn als Beschreibung einer zielgerichteten Abfolge immer gleicher Schritte.

1.3.4 Erfolg

Unser Projekt beabsichtigte, den Zusammenhang von Partnerschaften und dem Erfolg bzw. Miss-erfolg einzelner Vorhaben aufzuklären. Daher ist ein klares Verständnis davon, was den Erfolg staatlich-philanthropischer Bildungspartner-schaften ausmacht, von wesentlicher Bedeutung für unser Vorhaben. Erfolg kann jedoch entlang ganz verschiedener Dimensionen konzipiert und gemessen werden. McConnell (2010) schlägt etwa eine Unterscheidung nach „Prozess“, „Politik“ und „Programm“ vor.

Die Frage nach dem Prozess bezieht sich auf den Ablauf einer Partnerschaft: Kam die Zusammen-arbeit einvernehmlich zustande oder fühlten sich Beteiligte zur Mitarbeit gedrängt? Verlief die Koo-peration reibungslos bzw. wurden Probleme oder Krisen konstruktiv gelöst oder nicht? Und ist nach Abschluss des Vorhabens das Verhältnis der Pro-jektpartner noch intakt oder sogar so tragfähig, dass eine weitere, unter Umständen noch inten-sivere und belastbarere, Zusammenarbeit möglich ist?

In politischer Hinsicht stellt sich die Frage, ob die Zusammenarbeit den Interessen der Beteiligten entsprach bzw. förderlich war. Erfolg auf dieser Ebene beinhaltet zunächst einmal die Außen-

wahrnehmung des Vorhabens als legitim und das Ausbleiben von Kritik. Darüber hinaus zählen insbesondere der Gewinn an Reputation sowie die Erschließung neuer Finanzquellen oder wichtiger Kontakte zu dieser Kategorie. Wenngleich diese beiden Dimensionen von Erfolg sicherlich von hoher Relevanz für den Erfolg innovativer Vorha-ben sind, stehen sie nicht im Mittelpunkt unserer Studie.

Wir konzentrierten uns mit unserer Untersu-chung vielmehr auf die Programmebene, d.h. die Frage, ob die Zwecke des Vorhabens realisiert werden konnten. Im Rahmen unserer Studie wäre es wünschenswert gewesen, einen einheitlichen Vergleichsmaßstab für diese Zielerreichung fest-legen zu können, – im Bildungskontext kann etwa nach dem Eintreten von Vorteilen für die Zielgruppe gefragt werden, die z.B. in gesteiger-ten Lernleistungen zum Ausdruck kommen. Die untersuchten Projekte waren jedoch allzu unterschiedlich und ließen sich deshalb nicht auf einen einheitlichen, fallübergreifenden Maß-stab für Erfolg reduzieren. Wir definierten Erfolg bzw. Misserfolg daher im Sinne der Frage, ob die Programme bzw. Projekte ihre intendierten Ziele erreichten oder verfehlten. Dieses Kriterium ist zwar nicht unproblematisch – so hatten etwa in Vorhaben wie Selbstständige Schule wichtige Projektbeteiligte unterschiedliche Auffassungen von den Zielen des Vorhabens. Gleichwohl ließ sich jedoch auf Grundlage einer Kombination unterschiedlicher Quellen wie der Analyse von Projektdokumenten und -publikationen (z.B. Kooperationsverträgen), externen und möglichst wissenschaftlichen Evaluationen sowie den Aussa-gen unserer Interviewpartner hinreichend genau bestimmen, ob die Ziele klar und im Konsens definiert waren oder nicht und ob sie sich über die Zeit hinweg veränderten oder stabil blieben. Abweichungen sind in den Fallstudien dokumen-tiert und wurden ggf. in unserer Datenanalyse berücksichtigt.

Zudem ist das Kriterium ‚Programmerfolg‘ sei-nerseits mehrdeutig und umfasst sowohl Zieler-reichung, als auch die Generierung von Vorteilen für die Zielgruppe (McConnell 2010: 46). Dies bedeutet zugleich, dass Aussagen über erfolgreich erreichte Ziele im ersteren Sinne unabhängig von der tatsächlichen Effektivität im Sinne sozialer Wirkung der untersuchten Vorhaben sein kön-

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nen. So fehlen für Vorhaben wie Selbstständige Schule oder SEIS bislang überzeugende Belege für deren Wirksamkeit im Sinne einer Steigerung von Schulqualität, während beide Vorhaben hin-sichtlich anderer Zieldimensionen wie etwa der erzielten Reichweite als besonders erfolgreich einzuschätzen sind. Das Projekt Jacobs-Sommer-camp hingegen verbindet erfolgreiche Zielerrei-chung und Effektivität miteinander.

1.4 Stand der Forschung

Die Forschung zu staatlich-philanthropischen Partnerschaften ist bislang recht begrenzt und in mehrfacher Hinsicht lückenhaft. Zunächst einmal klammert sie die Perspektive staatlicher Akteure regelmäßig fast vollständig aus. Der Fokus liegt in der Regel auf Stiftungen als maß-geblichen Akteuren, was einen in zweifacher Hinsicht problematischen Bias darstellt. Zum einen politisch, weil der Staat tendenziell als von privaten Stiftungen getriebener ‚gefesselter Riese’ porträtiert wird (z.B. Heifetz et al. 2003; Greene 2005; Hess 2005; Schöller 2006), was nicht ohne Auswirkungen auf Fragen nach der Legitimi-tät der beteiligten Akteure bleibt. Zum anderen empirisch, weil klischeehafte Vorstellungen von innovationsfreudigen und durchsetzungsfähigen Stiftungen, die auf paralysierte Bürokratien tref-fen, der Realität nicht gerecht werden: In den vom CSI im Rahmen der Forschungsprojekte Strate-gies for Impact in Philanthropy (SIP) und Strate-gies for Impact in Education (SIE) durchgeführten Studien zu wirksamen Stiftungsvorhaben in den Bereichen ‚gesellschaftliche Integration und Par-tizipation’ sowie ‚schulische und außerschulische Bildung’ wurden ebenso wie in dem hier vorge-stellten Projekt in aller Regel Partnerschaften im eigentlichen Sinne des Wortes vorgefunden, bei denen staatliche Akteure und Stiftungen bei Anbahnung, Vorbereitung und Durchführung der Vorhaben auf Augenhöhe agierten.

Des Weiteren ist es problematisch, dass insbe-sondere für Deutschland aber auch international kaum empirisch fundiertes geschweige denn theoretisch informiertes Wissen über staatlich-philanthropische Partnerschaften im Bildungsbe-reich vorliegt. Die Diskussion ist vielfach von eher anekdotischer Evidenz geprägt und wird daher

wissenschaftlichen Anforderungen an Zuverläs-sigkeit und Unparteilichkeit nicht gerecht. Erfor-derlich sind hingegen verlässliche Daten, die auf nachvollziehbare Weise erhoben werden, sowie Analysen, die nicht lediglich die herkömmlichen Annahmen der Stiftungs- und Nonprofitpraxis fortschreiben, sondern auf einer Auseinander-setzung mit der einschlägigen Literatur aus Bil-dungs- und Innovationsforschung beruhen.

Diejenigen Untersuchungen, die diese Anforde-rungen erfüllen, klammern hingegen bislang weitgehend die Frage aus, ob die Ziele der Koope-ration erreicht bzw. ob überhaupt ein gesellschaft-licher Mehrwert geschaffen wurde und welche ursächliche Rolle die Kooperation dafür spielte (Person et al. 2009; Almog-Bar und Zychlinski 2014). Der Grund dafür ist sicherlich nicht zuletzt in dem Umstand zu sehen, dass der Erfolg solcher Vorhaben angesichts einer Reihe methodischer Probleme – unklare Zielformulierungen, Mangel an verlässlichen Evaluationen sowie die Problema-tik, was jeweils unter ‚Mehrwert‘ bzw. Erfolg zu verstehen ist – oft auch nur sehr aufwändig und schwierig zu bestimmen ist.

Wenn jedoch die Charakterisierung von Stif-tungen als Motoren gesellschaftlicher Innovation und staatlichen Einrichtungen als reformbedürf-tigen Orten organisatorischer Trägheit allzu holz-schnittartig ist, und wenn öffentlich-philanth-ropische Bildungspartnerschaften nicht bereits als solche erfolgversprechend sind, ist näher zu klären, welche Ressourcen und Fähigkeiten wel-cher Partner in welcher Konstellation in Anschlag gebracht werden müssen, damit die jeweils ange-strebte Problemlösung zustande kommt. Es ist darüber hinaus zu bestimmen, welche Reichweite solche Lösungen haben können und an welche Grenzen sie stoßen.

Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden haben wir unsere Recherche auf die umfangreiche Literatur zu organisationaler bzw. sektor-übergrei-fender Zusammenarbeit im Allgemeinen (wie z.B. im Rahmen von PPPs), sowie zu Kooperationen zwischen Staat und Nonprofit-Organisationen im Besonderen, ausgeweitet. Dabei werden ganz verschiedene Akteure untersucht, deren Tätigkeit in unterschiedlichen Bereichen auf vielfältige Weise miteinander verknüpft ist – das Spektrum reicht von Infrastrukturmaßnahmen bis hin

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CSI Einleitung

zu Entwicklungshilfeprojekten. Die Intensität der Zusammenarbeit reicht dabei von zufälligen Überschneidungen gemeinsamer Tätigkeitsfelder bis hin zu genuinen Partnerschaften (Person et al. 2009).

1.4.1 Partnerschaften als vielver-sprechende Problemlösungsinstru-mente

Die untersuchte Literatur weist bemerkenswerte Parallelen zum Diskurs über die Kooperation zwi-schen Stiftungen und Staat im Bildungsbereich auf. Allen Arbeiten ist zunächst einmal gemein-sam, dass sie die hohen Erwartungen betonen, die an Partnerschaften geknüpft sind wenn es darum geht, Innovationen zu generieren, soziale Pro-bleme zu lösen bzw. öffentliche Dienstleistungen effektiver und effizienter zu gestalten (Bidault und Cummings 1994; Gazley und Brudney 2007; Almog-Bar und Zychlinski 2014). Gerade öffent-lich-private Partnerschaften werden regelmäßig als innovative Governance-Arrangements angese-hen, die sich, jedenfalls im Prinzip, besser als her-kömmliche vertraglich geregelte Vereinbarungen zwischen staatlichen Auftraggebern und privaten Auftragnehmern für die Bearbeitung komple-xer Probleme in modernen Industriegesellschaf-ten eignen in denen die verschiedenen Akteure voneinander abhängig, Ressourcen endlich und Lösungsstrategien unklar sind (Klijn und Teis-mann 2000; Lewis 2004; Bryson et al. 2006; Hodge und Greve 2007; Forrer et al. 2010).2

Grundlegende Idee ist dabei stets, dass komplexe soziale Probleme moderner Gesellschaften nicht (mehr) von einzelnen Akteuren alleine und im Rahmen hierarchischer Strukturen gelöst werden können. Gerade die Kombination unterschied-licher Stärken und Schwächen und die Öffnung von Räumen für gleichberechtigtes Nachdenken und Handeln macht die Pointe sektor-übergrei-fender Zusammenarbeit aus, die es staatlichen Akteuren ermöglicht, die besonderen Ressourcen privater Organisationen für die Lösung sozia-ler Probleme zu mobilisieren (Forrer et al. 2010). Diese Bewertung führt zuweilen sogar zu einem

2 Die Situation im deutschen Bildungsbereich ist insofern ein guter Anknüpfungspunkt für unsere Untersuchung, als sie durch eben diese Eigenschaften gekennzeichnet ist.

Verständnis von Partnerschaften als einem All-heilmittel für die Lösung gesellschaftlicher Pro-bleme, das unabhängig von den Anforderungen der ganz konkreten Problemsituation einzusetzen ist. In diesem Zusammenhang ist auch vom „buzz of partnerships“ (Ostrower 2005) die Rede.

1.4.2 Grenzen von Partnerschaften

Partnerschaften können derartig hohen Erwar-tungen jedoch keinesfalls gerecht werden. Die Literatur diagnostiziert regelmäßig eine Span-nung zwischen der hohen Bedeutung, die Part-nerschaften beigemessen wird einerseits, und der empirischen Realität solcher Formen der Zusam-menarbeit andererseits – insbesondere auch was deren konkrete Ergebnisse anbelangt. So kommen Untersuchungen der Effektivität von PPPs hin-sichtlich der Lösung sozialer Probleme zu sehr gemischten Befunden (z.B. Geddes und Benning-ton 2001 für Partnerschaften auf lokaler Ebene in Großbritannien). Gerade die Unterschiedlichkeit der beteiligten Partner wird nicht nur als Stärke, sondern auch als bedeutendes Hindernis für den Erfolg angesehen (Klijn und Teismann 2000; Bry-son et al. 2006). Weiterhin wird darauf hingewie-sen, dass mit Partnerschaften stets signifikant erhöhte Transaktionskosten einhergehen, die umso höher ausfallen, je intensiver die Zusam-menarbeit ist (Person et al. 2009: 27). Für den Bereich industrieller Allianzen haben Bidault und Cummings (1994) grundsätzliche Spannungen zwischen dem dynamischen innovativen Prozess und den vertraglich festgelegten Strukturen und Prozeduren von Partnerschaften diagnostiziert.

Es kommt hinzu, dass Effektivität nur ein rele-vanter Aspekt der Zusammenarbeit von staat-lichen und privaten Akteuren ist. Fragen nach der Rechenschaftslegung und demokratischen Teilhabemöglichkeiten in solchen Arrangements werden als weitere kritische Aspekte von Part-nerschaften genannt, weil diese eine klare Linie zwischen staatlichen und privaten Aufgaben und Zuständigkeiten – und daher auch Verantwort-lichkeiten – verwischen (Forrer et al. 2010). Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass die Konjunktur von Public-Private Partnerships des Öfteren als Produkt neo-konservativer und neo-liberaler Privatisierungsideologie kritisiert

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einstimmende Ziele verfolgen und sich dabei auf eine gemeinsame Lösungsstrategie einigen kön-nen. Denn nur unter dieser Voraussetzung kön-nen die Partner ihre unterschiedlichen Stärken optimal ausspielen und ihre Aktivitäten gut mit-einander synchronisieren (Bryson et al 2006; Pers-son et al. 2009).

Begrenzte Komplexität: Dies führt auch dazu, dass kleinere, kurzfristigere und weniger komplexe Vorhaben den Erfolg wahrscheinlicher machen, weil große Projekte mit einer Vielzahl verschie-dener Beteiligter auf unterschiedlichen Ebenen ein höheres Risiko abweichender Problem- und Zieldefinitionen mit sich bringen. Unter Umstän-den kann sich daher auch ein geringeres Budget vorteilhaft auf die Effektivität einer Partnerschaft auswirken (Almog-Bar und Zychlinski 2014).

PPPs werden hingegen als weniger gut für die langfristige Bearbeitung und Lösung sehr kom-plexer Probleme angesehen (Person et al. 2009). Die Ursache hierfür ist in dem Umstand zu sehen, dass klar definierte und eng zugeschnittene Pro-bleme potentiellen Partnern die Einschätzung erleichtern, ob gemeinsame Lösungsstrategien möglich und mit den jeweiligen organisationalen Kapazitäten und Werten vereinbar sind. Ambigu-ität und Komplexität der Problemsituation, wie etwa im Falle so umfangreicher Vorhaben wie des globalen Kampfs gegen Malaria, sind hingegen für erfolgreiche Partnerschaften hinderlich (Person et al. 2009: 24). Hinzu kommt der Umstand, dass auf die Dauer die erhöhten Transaktionskosten von Partnerschaften deren Vorteile überwiegen kön-nen.

Komplementarität: Angesichts des Aufwands, den Partnerschaften verursachen, sind sie überhaupt nur dann sinnvoll, wenn die Beteiligten Ressour-cen unterschiedlicher Art (Wissen, Geld, Kon-takte, Managementkompetenzen) mitbringen, die für die Zielerreichung jeweils notwendig sind und über die andere Partner nicht verfügen (Almog-Bar und Zychlinski 2014). Diese Ressourcen sind, anders als man zunächst annehmen könnte, nicht typischerweise bestimmten Akteuren zuzuord-nen.3 Die erforderlichen Ressourcen ebenso wie

3 So trug etwa in Netzwerke für Bildungspartner und Selbst-ständige Schule der Staat den Großteil der Kosten während die Stiftungen das Vorhaben koordinierten und teils auch die operative Arbeit leisteten. Das Jacobs-Sommercamp hingegen

wird (Linder 1999), obwohl sie an sich von bloßer Privatisierung oder dem Outsourcing staatlicher Zuständigkeiten zu unterscheiden sind (Forrer et al. 2010: 476).

Ungeachtet aller partnerschaftlichen Rhetorik wird ebenfalls eine Gefährdung der Unabhän-gigkeit von Nonprofit-Organisationen befürchtet. So gab Dahrendorf zu bedenken: „Is not the see-mingly mutual embrace of government and the voluntary sector a threat especially to the weaker partner of the love affair? Is there not an issue of independence, which is the oxygen of charity but stif led by the f lirt with political power?“ (Dahren-dorf 2001: 8).

Es ist daher davon auszugehen, dass sektor-übergreifende Partnerschaften keinesfalls als Wert an sich anzusehen sind und die mit ihnen verknüpften hohen Erwartungen sich jedenfalls nicht pauschal als gerechtfertigt erweisen. Gerade auch die Effektivität solcher Arrangements ist in hohem Maße von den Eigenschaften der jewei-ligen Problemsituation abhängig, die in der Regel nicht generalisiert werden können. Mit anderen Worten: Es gibt nicht die eine erfolgreiche Stra-tegie für erfolgreiche sektor-übergreifende Part-nerschaften; vielmehr lässt sich die Frage, ob eine Partnerschaft überhaupt sinnvoll ist oder ob Alternativen besser für die Problembearbeitung geeignet sind, und wie sie ggf. konkret ausgestal-tet werden sollten, nur in Bezug auf ein konkretes Problem beantworten (Person et al. 2009; Forrer et al. 2010).

1.4.3 Erfolgsfaktoren öffentlich-privater Partnerschaften

Allerdings lassen sich zumindest eine Reihe grundlegender Muster identifizieren, die in der Literatur weitgehend übereinstimmend als wich-tige, wenngleich auch sehr allgemeine, Erfolgsfak-toren für Partnerschaften genannt werden. Diese Erfolgsfaktoren lassen sich in der Umkehrung natürlich ebenso treffend als Faktoren für den Misserfolg von Partnerschaften formulieren.

Problemdefinition: Partnerschaften sind am ehesten dann erfolgreich, wenn die Beteiligten wirklich dieselben Probleme bearbeiten und über-

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CSI Einleitung

geeignete Partner müssen daher passgenau auf die jeweilige Problemsituation bzw. Lösungsstrategie zugeschnitten werden.

Vertrauen und Gemeinsamkeit: Als weiterer Erfolgsfaktor wird in der Literatur ein hohes Maß an Vertrauen und gegenseitigem Respekt auf unterschiedlichen Ebenen der Zusammenarbeit genannt, die beispielsweise durch die Einbindung von Beteiligten auf unterschiedlichen Ebenen, aber auch die Partizipation wichtiger Entscheider herbeigeführt werden kann. Als ein wichtiger ver-trauensbildender Aspekt und charakteristisches Merkmal von Partnerschaften wird die mehr oder weniger gleichberechtigte Einbindung der beteili-gten Partner in alle relevanten Prozesse und Ent-scheidungen gesehen (Klijn und Teismann 2000; Sandfort 2008).

1.4.4 Offene Fragen

Auf Grundlage der genannten Forschungsergeb-nisse lassen sich indes noch keine schlüssigen Antworten auf die Fragestellung unserer Studie formulieren. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit für erfolgreiche Bildungs-partnerschaften umso größer ist, je mehr die Beteiligten vertrauensvoll zusammenarbeiten und ein gemeinsames Verständnis der zu bearbeiten-den Probleme und der angestrebten Lösungen haben, je weniger komplex die gemeinsamen Vor-haben sind und je mehr die von den unterschied-lichen Beteiligten eingesetzten Ressourcen als komplementär einzuschätzen sind.

Unsere Studie fragt jedoch danach, wann partner-schaftliche Vorhaben überhaupt sinnvoll sind und wann nicht. Diese Frage ist sozusagen im Vorfeld der oben genannten Erfolgsfaktoren zu beantwor-ten, denn bevor Partner ein gemeinsames Ziel festlegen bzw. sich über die erforderlichen Res-sourcen zur Problemlösung verständigen können, muss ja zunächst die Entscheidung getroffen wer-den, ob eine Partnerschaft überhaupt sinnvoll ist, oder nicht, und wie sie konkret gestaltet sein soll. Im Folgenden wird daher näher beschrieben, wie

wurde maßgeblich von der Jacobs Foundation finanziert, vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und dem Bremer Bildungssenat koordiniert und vom Goethe-Institut als Auftrag-nehmer durchgeführt.

unser Forschungsprojekt gestaltet war, um einer Antwort auf die genannten Fragen näherzukom-men.

1.4.5 Projektdesign und Daten-grundlage

Das Projekt Staatlich-Philanthropische Bildungs-partnerschaften wurde von der Robert Bosch Stiftung gefördert und vom Centrum für soziale Investitionen und Innovationen der Universität Heidelberg von 2013 bis 2014 durchgeführt. Es untersuchte die Frage, ob und inwiefern öffent-lich-private Partnerschaften zwischen gemein-nützigen Stiftungen und staatlichen Akteuren unterschiedlicher Funktionen und hierarchischen Ebenen (z.B. aus Bildungspolitik, Bildungsadmi-nistration und Schulpraxis), geeignet sind, einen substantiellen Beitrag zur Lösung der zahlreichen und vielgestaltigen Probleme des staatlichen Schulsystems in Deutschland zu leisten. Wir gin-gen dabei von der Annahme aus, dass dieser Bei-trag nur dann zustande kommen kann, wenn es im Rahmen solcher Kooperationen gelingt, effek-tive Problemlösungsinstrumente zu entwickeln, diese Arrangements nachhaltig zu stabilisieren und über bloß lokale Pilotprojekte hinaus ‚in die Fläche‘ des Schulsystems zu verbreiten.

Das Projekt zielte daher darauf ab, die Gestalten, Funktionen und Ergebnisse partnerschaftlicher Formen der Zusammenarbeit zwischen öffent-lichen Akteuren und privaten Stiftungen syste-matisch und mit Blick auf ihre Relevanz für die Lösung der Probleme von Bildungseinrichtungen bzw. Bildungsprozessen im deutschen Schulsy-stem zu untersuchen.

Im Rahmen des Vorhabens wurden Aktivitäten im allgemeinbildenden und beruflichen Schulsystem und an dessen Schnittstellen untersucht. Damit waren insbesondere solche Vorhaben von der Untersuchung ausgeschlossen, die sich auf früh-kindliche Bildung oder den tertiären Bildungsbe-reich konzentrieren.

Wir gingen dabei in den folgenden Schritten vor: Mittels einer Aufarbeitung der vorliegenden wis-senschaftlichen Literatur wurde zunächst die theoretische Grundlage für die weitere Studie

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CSI Erfolgsbedingungen staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaftenwww.CSI.UNI-HD.de

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1

mit dem Ziel gelegt, sowohl die Fragestellung des Projekts als auch die empirische Erhebung zu präzisieren und um weitergehendes Wissen anrei-chern zu können. Die Literaturrecherche wurde um das Screening vorhandener Fallstudien aus den Vorgängerprojekten Strategies for Impact in Philanthropy und Strategies for Impact in Educa-tion hinsichtlich der neuen Fragestellung ergänzt. In beiden Vorhaben war bereits systematisch die Frage nach der sozialen Wirkung von Stiftungs-engagement (im Falle von SIE für Vorhaben in europäischen und nordamerikanischen Ländern während der Pf lichtschulzeit) untersucht worden (Thümler et al. 2014). Insofern konnte für das Bil-dungspartner-Projekt auf umfangreiches Hinter-grundwissen und Datenmaterial zurückgegriffen werden.

An diese erste Projektphase schloss sich die empi-rische Phase an. Dabei wurde den oben genann-ten Fragestellungen bei der Fallauswahl insofern Rechnung getragen, als nur solche Vorhaben aus-gewählt wurden, bei denen sich mit hinreichender Zuverlässigkeit einschätzen ließ, ob sie ihre Ziele erreicht hatten, oder nicht. Um diese anspruchs-volle Bewertung vornehmen zu können, wurden vorwiegend Fälle aus der vorhergehenden SIE-Studie ins Sample aufgenommen, ergänzt durch lediglich eine weitere neue Fallstudie (Netzwerke für Bildungspartner). Dieses Vorgehen ermög-lichte es, unsere Einschätzung auf Grundlage bereits vorliegender externer Evaluationen und projekteigener Dokumente (wie z.B. Vertragstex-ten oder Projektpublikationen), sowie eigener Forschungsergebnisse aus SIE zu treffen. Unsere

Bewertung wurde im Verlauf der Fallstudien anhand der Aussagen der Interviewpartner über-prüft und ggf. angepasst.

Wir gingen dabei davon aus, dass sich die charak-teristischen Merkmale genuiner Partnerschaf-ten im Bildungsbereich ebenso wie strategische Handlungsoptionen am besten herausarbeiten lassen, indem ein möglichst breites Spektrum ver-schiedener Fälle ins Sample aufgenommen wird, um auf diese Weise Kontraste und Spielräume deutlich zu machen. Deshalb untersuchten wir zum einen staatlich-philanthropische Partner-schaften im engeren Sinn (Selbstständige Schule, SEIS), aber auch eine trilaterale Partnerschaft zwi-schen Stiftung, Staat und Wissenschaft (Jacobs-Sommercamp) sowie ein Vorhaben, das von zwei Stiftungen und wechselnden staatlichen Partnern getragen wurde (Netzwerke für Bildungspartner). Das Programm DeutschSommer war insofern von Interesse, als es sich hierbei um die Fortführung einer ursprünglich partnerschaftlich entwickelten Innovation handelte, die selber wiederum maß-geblich von einer einzelnen Stiftung durchgeführt wird. Im Falle der Schweizer Stiftung Die Chance wurde darüber hinaus bewusst ein Kontrastfall ausgewählt. Zum einen, weil diese Stiftung Pro-bleme des Übergangs von der Schule in den Beruf bearbeitet und somit eher an der Peripherie des Schulbereichs aktiv ist. Die Chance war auch des-halb von Interesse, weil sie als einzige Organisa-tion explizit auf die Partnerschaft mit staatlichen Organisationen verzichtete.

Name Träger bzw. Partner Projektgegenstand Grund für Aufnahme in die Studie Inter-views

1 DeutschSom-

mer

Stiftung Polytechnische

Gesellschaft

Sprachförderung für

Schülerinnen und Schüler

mit Problemen in Deutsch

Fortsetzung und Fortentwicklung des

Jacobs-Sommercamps

2 (1)

2 D ie Chanc e .

St i f tung für

Berufspraxis in

der Ostschweiz

Gleichnamige Stiftung Berufliche Eingliederung

von Jugendlichen

Kontrastfall: Explizite Ablehnung part-

nerschaftlicher Zusammenarbeit mit

staatlichen Akteuren. Tätigkeit an den

Schnittstellen des Schulsystems.

1 (2)

3 Jac obs-S om-

mercamp

Bremer Bildungsbehörde,

Jacobs Foundation, Max-

Planck-Institut für Bil-

dungsforschung

Ferienlager für Schüle-

rinnen und Schüler mit

Schwächen in deutscher

Sprache

Trilaterale Partnerschaft, experimen-

teller Projektansatz, nachgewiesene

Effektivität.

3 (3)

Tabelle 1: Die untersuchten Programme - Überblick über die Fallstudien1

1 In Klammern die Anzahl der Interviews aus SIE

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CSI Einleitung

Die Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Inhalte und die Bewertung der unterschiedlichen Programme.

Zwischen September 2013 und Februar 2014 führten wir 19 semi-standardisierte Interviews mit einzelnen Programmteilnehmern, sowie ein Gruppeninterview mit drei Teilnehmern aus unterschiedlichen Organisationen. Darin ging es insbesondere um die Rolle und Bedeutung von Partnerschaften für die Durchführung und Zielerreichung der jeweiligen Vorhaben – und zwar explizit aus der Perspektive aller beteiligter Akteursgruppen. Die Interviews wurden auf Band aufgenommen und professionell transkribiert. Diese Daten wurden um öffentlich zugängliche und interne Dokumente der Projektbeteiligten ergänzt. Im Rahmen dieser Fallstudien ließen sich die für unsere Fragestellung relevanten Akteure, Prozesse und Strukturen eingehend und vertieft studieren. Auf dieser Datengrundlage war es sodann möglich, belastbare erste Antworten auf die genannten Fragen zu geben. Die Ergeb-nisse der ersten Analysestufe wurden in Rahmen einer Expertentagung im Februar 2014 mit den Erwartungen und Beurteilungen von Interview-partnern aus staatlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Stiftungen abgeglichen. Anregungen und Kritik wurden in den Analyse-rahmen eingearbeitet.

Name Träger bzw. Partner Projektgegenstand Grund für Aufnahme in die Studie

Inter-views

4 Netzwerke für

Bildungspart-

ner

Breuninger Stiftung, Justizministe-

rium, später Integrationsministerium

BaWü, Robert Bosch Stiftung

Förderung von Strukturen zur

Aktivierung der Eltern von

Migrantenkindern

‚Systemischer‘ Pro-

jektansatz, Förderung

bereits existierender

Akteure.

4

5 Selbstevalua-

tion in Schulen

(SEIS)

Bertelsmann Stiftung, Kultusministe-

rien der Länder Bayern, Niedersach-

sen, Nordrhein Westfalen und Thü-

ringen

Entwicklung und Distribution

eines Instruments zur Selbste-

valuation von Schulen

Unternehmerischer

Projektansatz, hohe

Verbreitung

5 (3)

6 Selbstständige

Schule

Bertelsmann Stiftung, Schulministe-

rium NRW

Erprobung von Schulautono-

mie in regionalen Bildungs-

landschaften

Politischer Projekt-

ansatz, hohe Verbrei-

tung

7 (7)

Es folgte eine weitere Analysephase, die eine zusätzliche Literaturrecherche und -auswertung einschlägiger Themen, insbesondere zu strate-gischem Nischenmanagement und Netzwerkef-fektivität, sowie einen erneuten Durchgang durch das empirische Material beinhaltete. Die daraus resultierenden Ergebnisse wurden ab Mai 2014 verschriftlicht und bis Juli 2014 finalisiert.

Die unterschiedlichen methodischen Zugänge und die Breite der berücksichtigten Perspektiven erlauben es ein Bild vom Gegenstand unserer Forschung zu entwerfen, in dem grundlegende Muster staatlich-philanthropischer Zusammenar-beit, ihrer Ergebnisse und Prozesse deutlich wer-den, die von strategischer und wissenschaftlicher Relevanz sind. Dabei kann unser qualitativ ange-legter Forschungsansatz jedoch weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Repräsentativität der Ergebnisse erheben. Das Projekt verfolgte viel-mehr eine explorative, hypothesengenerierende Forschungsagenda die mit der Absicht verbunden war, neue Erklärungsansätze für vertraute Phäno-mene zu entwickeln.

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1

1.5 Aufbau der Studie

Im anschließenden zweiten Teil des Berichts werden in knapper Form die Ergebnisse der Fall-studien vorgestellt. Sie geben ein Überblick über das jeweils bearbeitete Problem, den gewählten Lösungsansatz, die zeitliche Entwicklung sowie den aktuellen Stand des Vorhabens. Darüber hinaus werden die beteiligten Partner und ihre Rolle im Projekt ebenso wie die konkrete Gestal-tung ihrer Zusammenarbeit dargestellt. Abschlie-ßend wird eine Bilanz hinsichtlich der Frage gezogen, ob die Vorhaben ihre selbstformulierten Ziele erreichen konnten, oder nicht. Der dritte Teil stellt die wesentlichen Analyseergebnisse unserer Untersuchung dar. Dabei ist zunächst einmal die Feststellung zu nennen, dass statt Partnerschaf-ten Innovationsnetzwerke als die eigentlich rele-vante Analyseeinheit anzusehen sind, weil deren Gestaltung von wesentlicher Bedeutung für Erfolg oder Scheitern der untersuchten Projekte ist. Es konnten vier verschiedenen Typen von Netzwer-ken identifiziert und dieraussetzungen für ihren effektiven Einsatz näher bestimmt werden. Darü-ber hinaus wird festgestellt, dass Netzwerke, in denen staatliche Akteure, Stiftungen und ggf. auch weitere Beteiligte partnerschaftlich zusam-menarbeiten, zwar grundsätzlich für die Entwick-lung neuer Lösungsansätze für die Probleme des Bildungsbereichs in Deutschland geeignet sind und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die ein-mal entwickelten Ansätze dauerhaft in der Praxis etabliert und stabilisiert werden. Einschränkend ist jedoch festzustellen, dass zeitlich begrenzte Formen der Zusammenarbeit nicht in der f lächen-deckenden Verbreitung von Innovationen und einer nachweisbaren, signifikanten und umfang-reichen Leistungssteigerung des staatlichen Sys-tems resultieren. Die Ergebnisse sind vielmehr als innovative Nischenaktivitäten auf lokaler bzw. regionaler Ebene zu bewerten.

Im vierten Teil dieses Berichts wird sodann eine Neubewertung von nischenartig gestalteten Vor-haben vorgenommen. Derartige ‚Inseln des Gelin-gens‘ werde nicht als Sackgasse sondern teils als adäquate Lösungen lokaler Probleme, teils als notwendiger Zwischenschritt in Prozessen sozia-ler Innovation angesehen. Um weitreichenderen systemischen Wandel zu erzielen, wird den Han-delnden der Ansatz des strategischen Nischenma-nagements empfohlen. Er misst der Entwicklung, Stabilisierung und Vernetzung einer größeren Zahl innovativer Nischen wesentliche Bedeutung für das Innovationsgeschehen zu. Dieser Ansatz wird detailliert dargestellt und in seinen prak-tischen Konsequenzen deutlich gemacht.

Im abschließenden fünften Teil werden konkrete Vorschläge an staatliche und philanthropische Akteure formuliert, wie die Erkenntnisse des For-schungsvorhabens in die Praxis umgesetzt werden könnten. Darüber hinaus wird auch eine Reihe offener Fragen benannt und eine wissenschaft-liche Agenda vorgeschlagen, entlang derer sich der vorgeschlagene Ansatz teils weiter ausbauen bzw. präzisieren, und teils praktisch anwendbar machen lässt.

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Page 22: Projektbericht: Erfolgsbedingungen staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaften

CSI Fallstudien

Im folgenden Abschnitt stellen wir die Fallstudien in alphabetischer Reihenfolge und ihren wesent-lichen Ergebnissen nach dar. Auf dieser Grund-lage wird eine detailliertere Ausarbeitung der konkreten Gestalten staatlich-philanthropischer Zusammenarbeit sowie derjenigen Problemsitua-tionen möglich, für deren Bearbeitung sich Part-nerschaften als geeignet bzw. ungeeignet erwei-sen.

2.1 DeutschSommer

Das Konzept des DeutschSommer Programms basiert im Wesentlichen auf dem Ansatz des Jacobs-Sommercamps, entwickelt 2004 von der Bremer Schulbehörde, der Jacobs Foundation sowie dem Max-Planck Institut für Bildungsfor-schung. Die im Jahr 2005 gegründete Stiftung Polytechnische Gesellschaft in Frankfurt am Main griff das Modell als eines ihrer ersten Programme auf, entwickelte es weiter und bietet in Frankfurt seit 2007 jährlich ein eigenes Sommercamp unter dem Titel DeutschSommer an.

Das Programm richtet sich an Grundschüler und –schülerinnen der dritten Klasse, die Probleme mit der deutschen Sprache haben. Das Projekt zur Sprach- und Persönlichkeitsbildung verfolgt dabei vier Ziele. Erstens sollen konkret die Deutsch-kompetenzen der teilnehmenden Kinder in den Sommerferien zwischen der dritten und vierten Klasse verbessert werden. Auf diese Weise sollen sie rechtzeitig vor dem Übergang in weiterfüh-rende Schulen gefördert werden, um ihnen so die Chance einer insgesamt erfolgreicheren weiteren Schullaufbahn zu eröffnen. Zweitens soll durch Theaterspiel und Freizeitangebot das Selbstbe-wusstsein der teilnehmenden Kinder ebenso gestärkt werden wie drittens die Vertrautheit mit ihrer Heimatregion. Abschließend sollen viertens die Familien für die Bildungsbegleitung ihrer Kin-der gewonnen werden.

Zu diesem Zweck führt die Stiftung einmal im Jahr ein Sommercamp in der Region durch, in dem rund 150 Frankfurter Grundschüler für drei Wochen in Jugendherbergen ein gemeinsames Lernprogramm sowie ein von Pädagogen entwi-ckeltes Freizeitprogramm absolvieren.

Das Projekt hat ein jährliches Budget von ca. 340.000 Euro. Die Stiftung Polytechnische Gesell-schaft stellt davon insgesamt 290.000 Euro zur Verfügung. Der Rest wird von einer Allianz aus privaten Stiftungen bzw. staatlichen Stellen auf-gebracht. Insgesamt wirken an der Durchführung eines Sommercamps ca. 50 Experten, Pädagogen und weitere Unterstützer mit.

2.1.1 Der Programmansatz

Ähnlich wie im Bremer Pilotprojekt werden für die DeutschSommer Camps einmal jährlich 150 Frankfurter Grundschüler auf Grundlage von Sprachtests ausgewählt. Die Tests werden von den Lehrerinnen und Lehrern der 41 teilnehmenden Schulen durchgeführt. Die Kinder werden sodann je nach Standortgröße in drei bis vier nach Sprach-niveau differenzierte Lerngruppen aufgeteilt, die an unterschiedlichen Veranstaltungsorten außer-halb Frankfurts tagen.

Alle teilnehmenden Kinder erhalten über drei Wochen hinweg täglich zwei Stunden Deutschun-terricht und zwei Stunden Theatertraining, hinzu kommt ein von Pädagogen entwickeltes Freizeit-programm. Der Deutschunterricht konzentriert sich besonders auf Grammatik (Verbkonjugation, Satzbau, Satzstellung), Lesen und Schreiben. Dabei sind die Kinder von Montag bis Freitag in Jugendherbergen untergebracht. Das Wochenende verbringen werden sie in ihren Familien in Frank-furt.

2 FallstudienEkkehard Thümler und Mattia Nelles

22

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CSI Erfolgsbedingungen staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaftenwww.CSI.UNI-HD.de

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Kap

itel

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2014a). Das Format ähnelt dem des DeutschSom-mers und setzt zeitlich direkt vor den Halbjah-reszeugnissen und vor der Schulempfehlung der Klassenlehrer für den Übergang in die Sekundar-stufe an.

Seit 2013 an den DeutschSommer angeschlossen ist das DeutschSommer-Familienprogramm. Ziel des Programms ist es, die Eltern der Schülerinnen und Schüler für die Bildungsbegleitung ihrer Kin-der zu gewinnen und gemeinsam Bildungs- und Kulturinstitutionen in der Stadt kennenzuler-nen. Das Programm startet im DeutschSommer mit einer Elternsprechstunde. Dort haben die Eltern die Gelegenheit, sich mit den Deutsch- und Theaterlehrern aus dem Projekt über ihr Kind auszutauschen und Lernfortschritte und Förder-bedarf zu diskutieren. Angeschlossen ist eine Bildungsmesse mit ausgewählten weiterführen-den, kommunalen Angeboten wie bspw. die Volks-hochschule, das Amt für multikulturelle Angele-genheiten und eine Familienbildungsstätte. Nach dem DeutschSommer beginnen dann die Vor-Ort-Termine. Im Dezember werden die Familien zum Besuch des Familienstücks ins Theater eingela-den. Im März folgt ein Besuch der Stadtbücherei. Ein Angebot gemeinsam mit der VHS und einem Museum werden nach Auskunft der Stiftung der-zeit vorbereitet.

2014 hat der Träger die so genannte Elterngram-matik eingeführt. Dabei handelt es sich um ein zweiseitiges Papier, das die Schülerinnen und Schüler am letzten Tag jeder DeutschSommer-Woche mit nach Hause nehmen. Auf der Vorder-seite informiert ein kompakter Brief die Eltern über die Sprachaktivitäten im Deutschunterricht und erklärt einfach grammatische Zusammen-hänge. Auf der Rückseite regt eine Sprachaufgabe zur spielerischen Vertiefung des Themas in der Familie an.

Das dritte Begleitprogramm 3x Deutsch ist ein Seminar, das sich primär an die Schulen bzw. die Lehrerinnen und Lehrer der DeutschSommer-Teilnehmer richtet. In einer anderthalbtägigen Fortbildung werden sie mit den Konzepten und Methoden des DeutschSommers vertraut gemacht. Dabei werden den Teilnehmern Möglichkeiten und Beispiele aufgezeigt, Elemente des DeutschS-ommers in den Schulalltag einzubringen (Stiftung Polytechnische Gesellschaft 2014b).

Während des Lernprozesses sind die Schüle-rinnen und Schüler in Kleingruppen von zehn bis maximal 15 Teilnehmern aufgeteilt. Jede dieser Kleingruppen wird während des gesamten Camps von einem Team betreut, das aus einer Lehrkraft für Deutsch als Zweitsprache, einem Theaterpäda-gogen sowie einem Sozialpädagogen besteht. Eine Fachberatung ist für Schulung und Supervision der Betreuungsteams verantwortlich. Gemeinsam mit dem Träger evaluiert die Fachberatung darü-ber hinaus Verlauf des Projekts sowie die Lerner-gebnisse am Ende des DeutschSommers.

2.1.2 Entwicklung und Status quo

Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft, die das Projekt initiierte und seit 2007 hauptverantwort-lich durchführt, wurde 2005 von der Polytech-nischen Gesellschaft e.V. in Frankfurt ins Leben gerufen.

Nach ihrer Gründung recherchierte die Stiftung nach wirksamen Projektansätzen, die für die Frankfurter Situation geeignet erschienen. Dabei wurde sie auf das Jacobs-Sommercamp aufmerk-sam, dem die Evaluation des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung eine nachweisliche Steige-rung der Sprachkompetenzen der teilnehmenden Grundschüler bescheinigte. Der Stiftungsvor-stand fällte die Entscheidung, den Projektansatz zu übernehmen und in angepasster Form für den Frankfurter Raum dauerhaft zu etablieren.

Der DeutschSommer war eines der ersten Stif-tungsprogramme. Es wird seit 2007 durchgeführt und dabei kontinuierlich weiterentwickelt. 2014 fand das DeutschSommer Camp zum achten Mal statt. In seiner achtjährigen Existenz erreichte es 1.200 Grundschüler.

Über den DeutschSommer hinaus hat die Stif-tung im Laufe der Zeit verschiedene Zusatzmo-dule entwickelt. Für die Teilnehmer des Sommer-camps bietet sie das Programm Endspurt an. In der letzten Woche der Weihnachtsferien eröffnet es den Kindern die Möglichkeit, ihre im Sommer erworbenen Kenntnisse noch einmal aufzufri-schen, zu vertiefen und zu ergänzen – „sowohl sprachlich als auch in der Persönlichkeitsbildung der Kinder“ (Stiftung Polytechnische Gesellschaft

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Die vierte Maßnahme ist das Diesterweg-Stipen-dium, nach Angaben der Stiftung das erste Bil-dungsstipendium für Familien in Deutschland. Die Auswahl des Stipendienprogramms ist nicht auf Teilnehmer des DeutschSommers beschränkt, nach Angaben unserer Interviewpartner waren jedoch mehr als ein Drittel der Teilnehmer bis-her DeutschSommer-Alumni. Im Rahmen des Stipendiums werden Kinder mit Potential für eine höhere Schulbildung trotz förderbedürftiger Deutschkenntnisse gemeinsam mit ihren Eltern auf dem Bildungsweg von der Grundschule in die weiterführende Schule begleitet. Das Stipendium wird für zwei Jahre für die Klassen vier und fünf vergeben. Ziel des Programms ist es, „den Kin-dern eine ihren Begabungen entsprechende schu-lische Laufbahn zu ermöglichen und ihre Eltern in die Lage zu versetzen, sie dabei bestmöglich zu unterstützen“ (Stiftung Polytechnische Gesell-schaft 2014c). Das Stipendium beinhaltet Exkur-sionen in Frankfurt und Umgebung, Ferienkurse und Kindertreffs zur Deutschförderung, Eltern-treffs zu aktuellen Themen, Sprechstunden sowie eine individuelle Betreuung. Es umfasst darü-ber hinaus einen Bildungsfonds, aus dem Eltern jeweils bis zu 600 Euro pro Jahr für Bildungsan-schaffungen und Lernmaßnahmen beantragen können. Alle zwei Jahre werden rund 30 Familien in das Stipendienprogramm aufgenommen.

Diese begleitenden Maßnahmen sollen nach Angaben der Stiftung in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden, um die kurzfristig posi-tive Wirkung des DeutschSommers zu verstetigen und vor allem auch das Engagement der Eltern für den Bildungserfolg weiter zu stärken.

2.1.3 Partner und Netzwerk

Das Programm wird von einer breiten Allianz pri-vater und staatlicher Akteure getragen, koordiniert von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft als maßgeblichem ‚Kümmerer‘. Auf staatlicher Seite wirken das Landeschulamt/Staatliche Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main, das Bildungs-dezernat der Stadt Frankfurt, das Amt für multi-kulturelle Angelegenheiten sowie die Volkshoch-schule an dem Projekt mit.

Dabei trägt das Amt für multikulturelle Ange-legenheiten die Kosten für die fachliche Beglei-tung des Programms. Die Volkshochschule als kommunaler Partner übernimmt pro bono ver-waltungstechnische Aufgaben, insbesondere die gesamte Vertragsadministration sowie die Zah-lungsabwicklung mit den Honorarkräften. Das Landeschulamt/Staatliche Schulamt unterstützt den DeutschSommer bei dem Kontakt zu den Schulen und deklariert die Veranstaltung aus ver-sicherungstechnischen Gründen als schulische Veranstaltung. Das Bildungsdezernat unterstützt die Stiftung mit Räumen für Veranstaltungen im Vorfeld und nach Abschluss des Projekts bzw. bei weiteren operativen Aspekten des Projekts. Die Zusammenarbeit ist von Beginn an durch einen Kooperationsvertrag geregelt, in dem die genauen Beiträge der einzelnen Beteiligten festgehalten sind.

Hinzu kommen eine Reihe gemeinnütziger pri-vater Partner, die vorwiegend finanzielle Unter-stützung leisten. Dazu gehören die Peter Fuld Stiftung, die Stiftung Citoyen sowie das Deutsche Jugendherbergswerk – Landesverband Hessen e.V., das auch bei der Unterbringung der Schülerinnen und Schüler in Jugendherbergen unterstützt.

2.1.4 Zielerreichung

Was die Verbesserung der Sprachkenntnisse der teilnehmenden Kinder anbelangt, so ist der Erfolg des DeutschSommer-Programms ähnlich einzu-schätzen, wie derjenige des Jacobs-Sommercamps. Eine positive kurzfristige Wirkung ist gut belegt. Die Ergebnisse der Projektevaluation bestätigen insbesondere eine Stärkung der Sprachkennt-nisse und des Selbstvertrauens der Schülerinnen und Schüler. Deren Leistungen werden zu drei Zeitpunkten gemessen. Im Februar jeden Jahres werden die Sprachleistungen von den Lehrerinnen und Lehrern der teilnehmenden Schulen ermit-telt. Direkt nach der Teilnahme am Sommercamp werden die Schülerleistungen im Projekt erho-ben. In allen erhobenen Kategorien (Wortschatz, Artikel, Präpositionen, Satzbau und Verbbildung) werden dabei signifikante Leistungszuwächse gemessen (Stiftung Polytechnische Gesellschaft 2011: 37).

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Kinder und Eltern eine positive Erfahrung dar-stellt.

2.2 Die Chance. Stiftung für Berufs-praxis in der Ostschweiz

Die Chance. Stiftung für Berufspraxis in der Ostschweiz4 wurde im Jahr 1999 gegründet. Zweck der Organisation ist die Förderung von Jugendlichen im Alter von 15 bis 22 Jahren in der Ostschweiz , die aufgrund ihrer schulischen Leistungen, ihres sozialen Umfeldes oder ihres Migrationshintergrundes trotz „positiver Grund-haltung“ keinen entsprechenden Ausbildungs- und damit später nur schwer einen Arbeitsplatz finden. Die Stiftung unterstützt und berät darüber hinaus auch Jugendliche, die eine laufende Ausbil-dung abbrechen möchten oder deren Lehrverhält-nis aufgelöst wurde (Die Chance 2014).

Im Zentrum der Tätigkeit der Chance steht ein individuell nach Bedarf abgestimmtes, teils inten-sives, engmaschiges und dauerhaftes Mento-ring- und Coachingprogramm für die einzelnen Jugendlichen während der Lehrstellensuche und der ganzen Lehrzeit. Ebenso kann diese Beglei-tung auch von den Ausbildungsbetrieben in Anspruch genommen werden, um ihnen bei der Lösung von Problemen mit den Lehrlingen wäh-rend der gesamten Lehrzeit beizustehen.

Als Maßstab für ihren Erfolg hat sich Die Chance zum Ziel gesetzt, dass 80 Prozent der betreuten Jugendlichen ihre Ausbildung erfolgreich abschließen. Nach dem Abschluss der Berufs-ausbildung sollen 90 Prozent der erfolgreichen Jugendlichen einen Arbeitsplatz finden. Diese Werte entsprechen denjenigen der nicht-benach-teiligten Auszubildenden in der Schweiz (Beth-mann 2014: 80-81) und wurden in den letzten Jah-ren stets übertroffen.

Die Chance unterhält eine Geschäftsstelle in Rhei-neck mit drei Beschäftigten, hinzu kommen fünf regional tätige AusbildungsberaterInnen. Das jähr-liche Budget der Organisation betrug in den ver-gangenen Jahren je rund 1,2 Million Franken (Die

4 Die Chance ist in den Kantonen Thurgau, St. Gallen, Appen-zell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Graubünden und Glarus sowie im Fürstentum Liechtenstein tätig.

Neben der direkten Leistungsüberprüfung der Schülerinnen und Schüler befragt die Stiftung ihre Lehrerinnen und Lehrer ca. drei Monate nach dem DeutschSommer-Camp. Alle Befragten gaben 2013 an, dass sie Leistungssteigerungen von 12 bis 40 Prozent in allen Bereichen der Sprachkenntnisse beobachten konnten.

Die Begleitforschung des Max-Planck-Instituts zum Jacobs-Sommercamp zeigte aber auch, dass die positive Wirkung bereits nach wenigen Mona-ten wieder abnimmt. Hervorzuheben ist daher der Ansatz der Stiftung, das Sommercamp durch einer Reihe begleitender Maßnahmen zu f lankie-ren, wie den Auffrischerkurs Endspurt oder das Diesterweg-Stipendium. So soll durch Endspurt der Rückgang verzögert bzw. die Wirkung der Förderung verlängert werden. Eine Befragung der Grundschullehrer im Februar 2013 (d.h. im Anschluss an das Sommercamp 2012) deutet darauf hin, dass dies gelungen sein könnte: Die Lehrerinnen und Lehrer gaben an, dass sich bei 84 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Sprachkenntnisse verbessert haben. Bei 93 Pro-zent bemerkten sie eine Stärkung der Persönlich-keit.

Ob es dadurch gelingt, den Kindern eine erfolg-reichere Schullaufbahn zu ermöglichen, konnte nicht ermittelt werden. Nach dem Endspurt-Pro-gramm im Winter erfasst die Stiftung lediglich die Übergangsempfehlungen der Lehrer. Nach Angaben der Stiftung ergibt sich nach dem Pro-gramm DeutschSommer 2013/Endspurt 2014 eine Verteilung von 15 Prozent Gymnasium, 63 Prozent Realschule, 13 Prozent Hauptschule und 9 Prozent Gesamtschule. Eine Vergleichsgruppen-analyse wird jedoch nicht vorgenommen und auch die tatsächlichen Übergangszahlen sind nicht bekannt.

In Bezug auf die weiteren Ziele des Projekts, wie die Stärkung der Persönlichkeitsentwicklung sowie die bessere Kenntnis der Region Frankfurt ergeben Lehrerbefragungen regelmäßig, dass ent-sprechende Entwicklungen stattgefunden haben. So beobachteten die Lehrerinnen und Lehrer für das Programm 2013/14 bei über 90 Prozent der teilnehmenden Kinder eine positive Persönlich-keitsentwicklung. Die hohe Teilnahmequote am Camp selbst sowie am Familienprogramm deutet darüber hinaus darauf hin, dass das Vorhaben für

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Chance 2011, 2012, 2013).

2.2.1 Programmansatz

Die Gründung der Stiftung war durch die Fest-stellung motiviert, dass in den späten 1990er Jahren jährlich rund 10 Prozent der Schweizer Schulabgänger keine weitere Ausbildung absol-vierten. Gleichzeitig war es in der Schweiz nicht möglich, eine ausreichende Zahl von qualifi-zierten Bewerbern für die zur Verfügung stehen-den Ausbildungsplätze zu finden. Hinzu kommt der Umstand, dass die Beschäftigungsaussichten ungelernter Arbeitskräfte infolge der wachsenden Anforderungen des Arbeitsmarktes an die Qualifi-kation von Arbeitnehmern stetig sinken.

Nach Einschätzung der Stiftung Die Chance kön-nen die resultierenden hohen Folgekosten für die sozialen Netze des Wohlfahrtstaates sowie der Fachkräftemangel ebenso wie die dramatischen persönlichen Folgen für die betroffenen Jugend-lichen nur gemindert werden, indem geringqua-lifizierte und lernschwache Jugendliche intensiv bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, der Ausbildung selber und schließlich dem Übergang in den Beruf unterstützt werden.

Zu Beginn der Fördertätigkeit entwickelte die Stiftung einen Projektansatz, der auf zwei Säulen beruht und ihrer Arbeit bis heute zugrunde liegt. Zum einen hilft sie den teilnehmenden Jugend-lichen bei der Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz sowie im Bewerbungsprozess, begleitet sie während der gesamten Lehrzeit durch ein intensives Mentoring- und Coaching-programm und unterstützt sie bei der Suche nach einer Festanstellung.

Im Rahmen der zweiten Programmsäule unter-stützt sie die Ausbildungsbetriebe und Ausbilder, die oft nicht über die Ressourcen, Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, sich angemessen um die geförderten Lehrlinge zu kümmern. So wird die Stiftung etwa in Problemfällen am Ausbildungs-platz aktiv um mögliche Konf likte frühzeitig zu schlichten und so das Risiko größerer Probleme während der Lehre oder gar von Lehrabbrüchen zu verringern (Bethmann 2014).

2.2.2 Entwicklung und Status quo

Die Stiftung Die Chance wurde im September 1999 von Dr. Markus Rauh mit einer Einlage von drei Millionen Franken gegründet. Dank wei-terer Spenden verfügte die Stiftung im Frühjahr 2000 über ein Startkapital von knapp 4,2 Millio-nen Franken. Die Chance wurde in Form einer Verbrauchsstiftung gegründet, was es der Orga-nisation erlaubt, ihr gesamtes Vermögen für den Stiftungszweck einzusetzen. Dies bedeutet jedoch auch, dass die Stiftung aufgrund des abneh-menden Vermögens nur in dem Maße arbeitsfähig ist, wie sie zusätzlich und dauerhaft Gelder durch Spenden oder Programmgebühren erhält. Die Chance nahm ihre aktive Arbeit im Sommer 2000 mit einem Pilotprojekt für rund 30 Jugend-liche im Arbeitsfeld Logistik auf. Dabei lag der Fokus insbesondere auf der Vermittlung von Aus-bildungsplätzen. Die ersten Erfahrungen machten das Bedürfnis der Jugendlichen nach einer breite-ren Ausrichtung des Programms ebenso deutlich, wie das Erfordernis zusätzlicher Unterstützung und Förderung. Die Tätigkeit der Stiftung wurde deshalb bereits ab Sommer 2001 wesentlich erwei-tert, sowohl, was die Anzahl betreuter Jugendli-cher, als auch was die angebotenen Arbeitsfelder und den Umfang der Betreuung anbelangt (Die Chance 2014).

Die Stiftung erkannte außerdem in einer frü-hen Phase ihrer Arbeit, dass die oft hohen theo-retischen bzw. schulischen Anforderungen an Auszubildende gerade für ihre Zielgruppe ein Problem darstellen. Aus diesem Grund entwi-ckelte die Organisation in Kooperation mit Unter-nehmen neue Ausbildungsplätze für Jugendliche mit stärkeren praktischen Fähigkeiten, aber eher schwachen schulischen Leistungen. Durch das Absolvieren dieser praxisnäheren und kürzeren Ausbildungen sollten die Jugendlichen an den Betrieb und das Berufsfeld herangeführt und der Eintritt in die Berufswelt erleichtert werden. Nach erfolgreichem Abschluss dieser neu geschaffenen Ausbildungen haben die Jugendlichen dann die Möglichkeit, weitere spezifischere Weiterbil-dungen oder Ausbildungen zu absolvieren.

Nach einer Phase schnellen Wachstums waren im Jahr 2003 171 Jugendliche in insgesamt 143 Unter-

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nehmen Teil des Förderprogramms. Ende 2010 nahmen 309 Jugendliche am Förderprogramm teil, das Partnernetzwerk umfasste 184 Unterneh-men. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 298 Jugend-liche in rund 200 Unternehmen betreut. Zwischen den Jahren 2000 und 2013 betreute Die Chance insgesamt 1312 Jugendliche (Die Chance 2013).

2.2.3 Partner und Netzwerk

Die Stiftung entwickelte ihr Programm in eige-ner Regie und führt es bis heute bewusst ohne –insbesondere staatliche – Partner durch um eine möglichst hohe Autonomie und Flexibilität ihrer Tätigkeit gewährleisten zu können. Um den dauer-haften Fortbestand der Stiftung zu sichern, muss die Finanzierung indessen auf eine breitere Basis gestellt werden. Die Organisation strebt daher an, die öffentliche Hand, Firmen und auch die Eltern stärker in die Finanzierung des Programms miteinzubeziehen, wobei das Hauptaugenmerk weiterhin auf die Unterstützung durch Förderstif-tungen gelegt wird.

Andererseits zeichnet sich Die Chance dadurch aus, dass sie ein überaus umfangreiches und dichtes Netzwerk als Grundlage ihrer Tätigkeit aufgebaut hat, dem eine Vielzahl staatlicher und privater Akteure angehört. Es umfasst auf staat-licher Seite Berufs- und Lauf bahnberatungen, Oberstufen- und Berufsfachschulen, Ämter für Berufsbildung und Sozialämter, Regionale Arbeitsvermittlungen und Beratungsstellen sowie Jugendanwaltschaften. Hinzu kommen die Lehr-betriebe im Einzugsgebiet: So arbeitet die Stiftung derzeit mit rund 200 Unternehmen zusammen, die betreute Jugendliche beschäftigen. Seit der Gründung hat sich ein Unternehmensnetzwerk von insgesamt rund 850 Unternehmen gebildet.

Wie wichtig diese regionale Verankerung für die Stiftung ist, zeigte sich anlässlich einer umfang-reichen Förderung durch die Credit Suisse. Die Bank machte für ihre Unterstützung zunächst die Ausweitung des Programms auf die ganze Schweiz zur Bedingung. Dies wurde von der Stif-tung mit Hinweis auf die fehlenden Netzwerke und mangelnde Kenntnis der Verhältnisse vor Ort abgelehnt. Im Ergebnis kam es zwar zu einer För-

derung; Die Chance beschränkte das gewünschte Wachstum jedoch auf zwei benachbarte Kantone (Bethmann 2014: 70).

2.2.4 Zielerreichung

Zwischen 2002 und 2010 erzielte die Chance eine Abschlussrate von 88,3 Prozent der teilneh-menden Jugendlichen (80 Prozent war definiertes Minimalziel des Stiftungsrates). Gleichzeitig fan-den im gleichen Zeitraum 97,9 Prozent der Absol-venten eine Stelle im Anschluss an die Ausbil-dung (90 Prozent definiertes Minimalziel). 2012 betrugen die Abschlussquote 94,3 Prozent und die Beschäftigungsquote 95,2 Prozent (Die Chance 2012), 2013 erreichte die Chance eine Abschluss-quote von 86,1 Prozent und eine Beschäftigungs-quote 91,2 Prozent (Die Chance 2013). Gemes-sen an ihren eigenen Indikatoren ist die Stiftung damit über die Jahre hinweg kontinuierlich sehr erfolgreich.

2.3 Jacobs-Sommercamp

Das Jacobs-Sommercamp wurde im Jahr 2004 von der Bremer Bildungsbehörde, der Jacobs Founda-tion, sowie dem Max-Planck-Institut für Bildungs-forschung (MPI) entwickelt und implementiert. Das Projekt zielte zum einen darauf ab, ein effek-tives und praxistaugliches Instrument zur Sprach-förderung von Grundschülern mit Problemen in Deutsch zu entwickeln. Hinzu kamen genuin wis-senschaftliche Anliegen, insbesondere die Über-prüfung der Frage, ob die sprachlichen Fähigkei-ten von Kindern in Deutschland, wie auch in den USA, über die Sommerferien hinweg nachlassen. Die Jacobs Foundation hatte darüber hinaus den Anspruch, zur weiteren Verbreitung des neuentwi-ckelten Formats über Bremen hinaus beizutragen.

Das Konzept des Jacobs-Sommercamps war in Anlehnung an amerikanische Summer Camp Modelle gestaltet. Dem Vorhaben lag die Idee zugrunde, für die genannte Zielgruppe ein maß-geschneidertes und evidenzbasiertes Lern- und Freizeitprogramm zu entwickeln und in den Som-merferien durchzuführen.

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Das wissenschaftliche Projektdesign wurde vom MPI entwickelt, das gemeinsam mit dem Bremer Bildungssenat auch die operative Abwicklung betreute. Die Jacobs Foundation finanzierte das Vorhaben mit 500.000 Euro. Das Format wird unter dem Namen Sprachsommercamp in Zusam-menarbeit von der Bremer Bildungsbehörde und dem Goethe-Institut Bremen bis heute einmal jährlich durchgeführt und fand auch an anderen Standorten Nachahmer.

2.3.1 Projektansatz

Dem Jacobs-Sommercamp liegt die Überlegung zugrunde, dass Kinder mit Problemen in Deutsch von einer zusätzlichen Förderung in den Sommer-ferien (ähnlich wie sie als ‚summercamp‘ in den USA praktiziert wird) besonders profitieren wür-den – also in einem Zeitraum, in dem die Sprach-fähigkeiten möglicherweise eher stagnieren oder sogar nachlassen.

Das Vorhaben ist deshalb bemerkenswert, weil es als wissenschaftliches Experiment geplant und durchgeführt wurde. Dieses Projektdesign unter-scheidet es von allen anderen untersuchten Vorha-ben, weil zu Beginn des Vorhabens zwar die Ziele – nämlich die Verbesserung der Sprachkompe-tenzen der teilnehmenden Kinder – feststanden. Die Mittel, mit denen diese Ziele erreicht werden sollten, wurden aber bewusst variiert. Das Jacobs-Sommercamp untersuchte dabei die Effektivität von expliziten Maßnahmen zur Sprachförderung (Deutsch als Fremdsprache) im Vergleich zu impliziter Sprachförderung durch Theatertrai-ning, beides kombiniert mit Freizeitelementen. Im Sommer 2004 wurden Drittklässler aus 32 Bremer Grundschulen für das Programm ange-meldet. Aus den 251 Bewerbungen wurden zufällig 150 Schülerinnen und Schüler als Treat-mentgruppe für das Sommercamp und 83 als Kon-trollgruppe ausgewählt. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer war neun Jahre und die Gruppe bestand fast genau zur Hälfte aus Jungen und Mädchen, die insgesamt 29 verschiedene Sprachen im Elternhaus sprachen (Stanat et al 2012: 163).

Die Tei lnehmer des Sommercamps wur-den sodann in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Kinder der ersten Gruppe erhielten aus-

schließlich theaterpädagogisches Training, Die Kinder der zweiten Gruppe darüber hinaus auch Unterricht in Deutsch als Fremdsprache. Das eigentliche Sommercamp dauerte drei Wochen. In dieser Zeit durchliefen die Kinder zunächst eine zweiwöchige Übungsphase und dann eine einwöchige Intensivierungsphase. Hinzu kamen zwei Wochen vor und nach Schulbeginn, in denen ein Freizeitprogramm durchgeführt sowie eine gemeinsame Theateraufführung geprobt und auf-geführt wurde (Stanat et al. 2005: 870). Diese letz-tere Komponente war nicht expliziter Bestandteil der wissenschaftlichen Evaluation, trotzdem kam ihr nach Angaben der Begleitforschung innerhalb des Gesamtprogramms eine wichtige Bedeutung zu. Die zuständigen Pädagogen verbrachten die Tage mit den Kindern und gestalteten ein umfas-sendes Freizeitprogramm. Des Weiteren stellten Sie sicher, dass die allgemeinen Campregeln ein-gehalten wurden: „Diese Arbeit beeinf lusst in hohem Maße, wie sich die sozialen Beziehungen im Camp entwi-ckeln, wie wohl sich die Kinder fühlen und wie sehr sie sich mit dem Camp identifizieren. Von solchen Aspekten ist die Atmosphäre im Camp abhängig, die wiederum für das Gelingen des Gesamtprogramms entscheidend sein kann“ (Sta-nat 2005: 867).

Für die wissenschaftliche Evaluation wurden der Leistungstand und die psychosoziale Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu drei Zeitpunk-ten erhoben: kurz vor den Sommerferien, direkt nach den Sommerferien und ca. drei Monate nach Abschluss des Ferienprogramms (siehe Abbildung 1, nächste Seite). Die Erhebungen umfassten nicht nur die Kinder in den Treatment- und Kontroll-gruppen. Vielmehr wurden alle Kinder in den Klassen der Schülerinnen und Schüler, die sich für die Teilnahme am Jacobs-Sommercamp bewor-ben hatten, Teil der Evaluation.

Den Abschluss des Ferienprogramms bildeten drei Aufführungen im Bremer Waldau-Theater, zu denen die Eltern, die Lehrkräfte aus den teilneh-menden Schulen sowie alle an der Studie beteili-gten Personen eingeladen waren.

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2.3.2 Entwicklung und Status quo

Die Idee für ein gemeinsames Projekt zur Sprach-förderung von Grundschulkindern entstand im Jahr 2003 nach dem schlechten Abschneiden Bremens in der ersten PISA5 Studie. Der Bremer Schulsenator vereinbarte mit der Zürcher Jacobs Foundation und dem Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung die Durchführung eines entsprechenden Pilotvorhabens (Beller 2014: 48). Das Projekt verlief trotz des ungewöhnlichen wissenschaftlichen Untersuchungsdesigns nach Angaben unserer Interviewpartner reibungslos. Vor Projektbeginn hatten sich Jacobs Foundation und Bildungsbehörde auf eine Fortsetzung des Projekts in staatlicher Trägerschaft für den Fall

5 Das Programme for International Student Assessment der OECD.

geeinigt, dass sich das Pilotprojekt als erfolg-reich erweisen sollte. Nach dessen Abschluss legte das Max-Planck-Institut positive For-schungsergebnisse vor. Darauf hin wurde der Ansatz von der Bremer Bildungsbehörde über-nommen. Seit 20 05 wird das Programm jährl ich im Auftrag der Behörde durch das Goethe-Institut mit ca. 120-150 teilnehmenden Kindern durchgeführt (Pressestelle des Senats 2005; Bremer Senat für Bildung 2014).

2.3.3 P a r t n e r und Netzwerk

Das Jacobs-Sommer-camp beruhte wie ein-gangs geschildert auf einer trilateralen Part-nerschaft zwischen der Bremer Bi ldungsbe-

hörde, der Zürcher Jacobs Foundation und dem Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsfor-schung. Das MPI war für die Konzipierung des Projektdesigns verantwortlich und ließ dabei ins-besondere aktuelle Forschungserkenntnisse in das Projekt einf ließen. Zugleich wurde durch die Beteiligung des MPI die wissenschaftliche Evalua-tion des Projekts sichergestellt. Der Bremer Senat stellte den Kontakt zu den teilnehmenden Schu-len her und leistete die erforderliche Informa-tions- und Überzeugungsarbeit bei den Eltern der Schüler. Die Jacobs Foundation engagierte sich in der Konzeptionsphase und trug mit 500.000 Euro einen Großteil der Projektkosten.

Über die genannten Partner hinaus waren eine Reihe weiterer Akteure an dem Projekt beteiligt. An erster Stelle ist das Bremer Goethe-Institut zu nennen, das für die eigentliche operative Umset-zung der Projektkonzeption sowie für die Anlei-

Abbildung 1: Untersuchungsdesign für das Jacobs-Sommercamp (Quelle: Stanat et al. 2005: 864)

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tung der Trainer zuständig war: Der Unterricht wurde von Studenten des Fachs Deutsch als Zweitsprache (DaZ) geleistet, die von der Univer-sität Bremen vermittelt wurden. Hinzu kamen Theaterpädagogen die das Theaterspiel anleiteten. Prof. Heidi Rösch von der TU Berlin entwickelte das didaktische Konzept für das DaZ-Modul und begleitete und evaluierte dessen Umsetzung.

Die Koordination des Projekts teilten sich die Schulbehörde und das Max-Planck-Institut. Nach Aussagen unserer Interviewpartner war diese Tätigkeit wenig formalisiert und eher informell organisiert. Dabei war die Zusammenarbeit der Projektpartner durch ein hohes Maß an Flexibili-tät, Improvisations- und Kompromissbereitschaft sowie gegenseitigem Vertrauen geprägt.

2.3.4 Zielerreichung

Ziel des Projekts war in erster Linie die Entwick-lung und dauerhafte Implementierung eines wirk-samen Sommercamp-Modells in dessen Rahmen Kinder mit Problemen in der deutschen Sprache effektiv gefördert werden sollten. Einer unserer Interviewpartner zog folgendes Resumee: „Dieses Sommercamp hat sich für uns gelohnt, weil wir eine entsprechende Dokumentation und Beglaubigung letzten Endes bekommen haben, dass das Projekt gut war und auch tatsächlich etwas bringt. Es bringt sowohl etwas für die Sprachkompetenz, für die Grammatik, für den Wortschatz als auch für die Sozialkompetenz der Kinder“.

Dieses positive Fazit wird von den Ergebnissen der Begleitforschung bestätigt. Zunächst zeigte die erfolgreiche Durchführung und Akzeptanz bei teilnehmenden Kindern, Eltern und Lehrern, dass Ferienprogramme mit Unterricht angenom-men werden, wobei die Akzeptanz von der Qua-lität der Betreuung und der Balance zwischen Lern- und Freizeitangeboten abzuhängen scheint (Stanat et al. 2012: 169). Die Ergebnisse des ersten Posttests zeigen, dass die Mischung aus expliziter und impliziter Sprachförderung bei den Schülern in den Bereichen Grammatik und Lesen zu signi-fikanten Verbesserungen und im Bereich Wort-schatz zu positiven Entwicklungen führten. Die Ergebnisse der impliziten Förderung zeigen posi-

tive, aber im Vergleich zur Vergleichsgruppe nur geringfügige Entwicklungen. Die positiven Ergeb-nisse der expliziten Förderung im Vergleich zur impliziten Förderung und zur Vergleichsgruppe konnten auch im zweiten Posttest bestätigt wer-den, wobei hierbei die Abstände zur Testgruppe abnahmen und keine statistische Signifikanz mehr nachzuweisen war (Stanat 2005: 32-34; Beller 2014: 59).

Die Evaluationsergebnisse belegen damit, dass Ferienprogramme trotz der Kürze der Interven-tion dazu beitragen können, den Leistungsab-stand zwischen Kindern nichtdeutscher und Kindern deutscher Herkunftssprache zu verrin-gern. Der übereinstimmende Eindruck der am Ferienprogramm beteiligten Pädagoginnen und Pädagogen war außerdem, dass den Kindern die Teilnahme am Camp große Freude gemacht hat. Dies konnte durch eine Befragung der Kinder und der Eltern nach Abschluss des Ferienprogramms bestätigt werden (Stanat et al 2005: 872).

Insgesamt zeigen der positive Verlauf und die Ergebnisse des Projekts, dass es möglich ist, eine experimentell gestaltete und wissenschaftlich gut kontrollierte und dokumentierte Program-mentwicklung mit der Etablierung und Stabili-sierung eines praxisfähigen Modells zu verbin-den. Kritisch ist dabei jedoch die Kurzfristigkeit der Wirkung bzw. die unklare Auswirkung der Intervention auf die längerfristige Lernbiogra-fie der Schülerinnen und Schüler zu sehen. Seit seiner ersten Durchführung findet das Projekt zwar jährlich in Bremen statt. Da die Ergebnisse zeigen, dass die positive Wirkung der Interven-tion bereits nach kurzer Zeit abnimmt, wäre eine nachhaltigere bzw. umfangreichere Förderung der beteiligten Kinder durch zusätzliche und längerfristig angelegte Programme bzw. f lankie-rende Maßnahmen notwendig.

Seit seiner ersten erfolgreichen Durchführung und positiven Evaluierung wurde das Jacobs-Som-mercamp auch an anderen Standorten in Deutsch-land übernommen. So griff etwa die Frankfurter Stiftung Polytechnische Gesellschaft das erfolg-reiche Projekt auf und führt seit 2007 den so genannten DeutschSommer durch.

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Beraterpool: Der Beraterpool bestand aus 20 hauptamtlich tätigen Beratern in ganz Baden-Württemberg, die für lokale Initiativen als Ansprechpartner bzw. Dienstleister zur Verfü-gung standen. Ihre Aufgabe war es, bestehende lokale und regionale Netzwerke sowie den Auf-bau neuer Netzwerkstrukturen zu unterstützen, indem sie beispielsweise lokale bzw. regionale Runde Tische oder Dialogforen initiierten oder begleiteten, eigenes Wissen und Erfahrungen zur Verfügung stellten sowie Kontakte zu Kommu-nen, Behörden und anderen Ansprechpartnern vermittelten. Des Weiteren informierten sie über Best-Practice-Modelle und zeigten den Zugang zu bestehenden Fördermöglichkeiten, insbesondere im Rahmen des projekteigenen Förderprogramms auf (Runder Tisch 2009: 15f, Netzwerke für Bil-dungspartner 2014a). Der Beraterpool bestand vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. Dezember 2013.

Finanzielle Förderung von (lokalen) Maßnahmen: Die direkte finanzielle Förderung von lokalen oder regionalen Initiativen stellte die zweite Säule des Projekts dar. Gefördert wurden „Maßnahmen, die dazu beitragen konnten, Bildungspartnerschaf-ten zu begründen und nachhaltig zu verankern“ (Netzwerke für Bildungspartner 2014b). Die Kri-terien für eine finanzielle Förderung wurden in einem so genannten „Faktorenpapier“ genauer definiert (Runder Tisch 2009: 8). Voraussetzung für eine Förderung war demnach, dass die jewei-ligen Projekte auf lokaler Ebene gemeinsam von einem Netz relevanter Partner (etwa Kindergär-ten, Schulen, Elternvertreter, Vereine, Kirchenge-meinden) entwickelt, koordiniert und möglichst in Absprache mit der Kommune umgesetzt wurden.

Die maximale Fördersumme pro Maßnahme betrug 5.000 Euro und war an die Bedingung einer Kofinanzierung mindestens in Höhe des beantragten Förderbetrags geknüpft. Dieser Bei-trag musste nicht vom Projektträger oder –initia-tor erbracht werden: Erwünscht war vielmehr das Engagement lokaler bzw. regionaler „Verantwor-tungsgemeinschaften (Kommune, Verbände, Ver-eine, Unternehmen etc.)“ (Runder Tisch 2009: 16).

2.4 Netzwerke für Bildungspartner

Das Projekt Netzwerke für Bildungspartner war ein Gemeinschaftsvorhaben des Landes Baden-Württemberg (zunächst vertreten durch das Justiz- und später das Integrationsministerium des Landes), der Robert Bosch Stiftung GmbH und der Breuninger Stiftung GmbH. Überge-ordnetes Ziel des Projekts war es, die Bildungs-chancen und letztendlich den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshinter-grund in Baden-Württemberg zu verbessern.

Dies sollte auf dem Wege einer stärkeren Einbe-ziehung der Eltern in den Lern- und Entwick-lungsprozess ihrer Kinder erreicht werden. Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von Maßnahmen gefördert, welche bereits bestehende Initiativen in diesem Bereich stärken sollten. Das Vorhaben hatte den Anspruch, „eine Konzeption zu entwi-ckeln, mit der nicht nur ein Impuls gesetzt, son-dern ein auf Nachhaltigkeit zielendes, f lächende-ckend einsetzbares Programm entwickelt wird“ (Runder Tisch 2009: 6).

Die Konzeption des Vorhabens begann im Jahr 2009, die Umsetzung der Maßnahmen wurde ab 2010 vom Verein Netzwerke für Bildungspartner e.V. mit Sitz in Stuttgart gesteuert und 2013 abge-schlossen. Das Projekt hatte ein Gesamtbudget von rund 2,85 Millionen Euro.6

2.4.1 Projektansatz

Das Projekt beruhte auf dem Ansatz, bestehende Akteure und Strukturen zu stärken und zu för-dern statt neue Instrumente zu entwickeln. Dieses Anliegen sollte durch die Beratung und Vernetzung lokaler Akteure, ergänzt um die finanzielle Förderung kleinerer Projekte, erreicht werden. Das Projekt beruhte im Wesentlichen auf zwei Säulen: Dem Aufbau eines Beraterpools sowie der finanziellen Förderung lokaler Maßnah-men.

6 Die Summe von 2,85 Millionen Euro ergibt sich aus Gesamtfördermitteln für den Beraterpool sowie die Einzelmaß-nahmenförderung von 2,6 Millionen sowie weiteren 250.000€, die von der Breuninger Stiftung für die Geschäftsstelle des Vereins zur Verfügung gestellt wurden. Hinzu kamen knapp 1 Millionen Euro aus Mitteln der Co-Finanzierung der Einzel-maßnahmen.

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CSI Fallstudien

2.4.2 Entwicklung und Status quo

Der Anstoß zum Projekt Netzwerke für Bildungs-partner entstand 2008 im Rahmen der Überle-gungen zur Ausgestaltung der neuen Nachhaltig-keitsstrategie des Landes Baden-Württemberg. Auf Initiative des Integrationsbeauftragten der baden-württembergischen Landesregierung, Justizmini-ster Ulrich Goll, wurde das Vorhaben gemeinsam mit Robert Bosch Stiftung und Breuninger Stif-tung ins Leben gerufen.

Das Projekt begann am 3. Februar 2009 mit einer Konzipierungsphase im Format eines Runden Tisches. Daran nahmen zahlreiche staatliche und private Einrichtungen und Organisationen teil, die sich in Baden-Württemberg mit den Themen Bildung und Integration befassen.7 In Rahmen von insgesamt sechs ganztägigen Workshops, in denen sich Praktiker und Sachverständige mit der Ausgangslage und den Zielen des Projekts sowie möglichen Wegen zur Zielerreichung auseinan-dersetzten, wurde das Konzept des Projekts entwi-ckelt. Der gesamte Prozess basierte dabei auf dem Konsensprinzip. Im Oktober 2009 wurde während des sechsten Workshops die Endfassung der Pro-jektkonzeption einstimmig beschlossen.

Am 8. Juni 2010 gründeten die Projektinitia-toren den Verein Netzwerke für Bildungspartner e.V. Dem Verein oblag die Aufgabe der Gesamt-steuerung und Evaluation des Umsetzungspro-zesses sowie der Aufbau des Beraterpools und die Abwicklung der Förderungsmaßnahmen. Die beteiligten Partner waren im Vorstand des Vereins vertreten, die Breuninger Stiftung und das Justiz-ministerium teilten sich die Geschäftsführung.

7 Für eine Übersicht der teilnehmenden Organisationen des Runden Tisches siehe Netzwerke für Bildungspartner (2014c).

Ministerium für Integration, Robert-Bosch-Stiftung, Breuninger-Stiftung

Netzwerke für Bildungspartner e.V.

Regionale Träger des Beratungs-pools

■ Projektiniti-

ierung

■ Konzeption

durch Runde

Tische mit anderen

Akteuren

■ Politikansatz

■ Projektsteu-

erung

■ Projektkoordi-

nation und Träger-

schaft

■ Umsetzung des

Förderprogramms

■ Netzwerkarbeit

■ Aufbau und

Koordination des

Beratungspools

■ Umsetzung

des Beratungsan-

gebots

■ Netzwerk-

arbeit

Abbildung 1: Beiträge der Projektpartner (Quelle: Alicke und Stallmann 2013: 3)

Das Förderprogramm startete im August 2010. Bis Oktober 2012 wurde in sechs Förderrunden ein breites Spektrum von insgesamt 198 verschie-denen Maßnahmen finanziell unterstützt. Darun-ter fallen beispielsweise Dolmetscherpools und Elterncafés, zielgruppenspezifische Beratungsan-gebote und Patenschaftsprojekte, die Einrichtung von Elterntreffs, Theaterprojekte und vieles mehr.8

Der Beraterpool war zwischen Oktober 2010 und Dezember 2013 tätig. Die Beraterinnen und Bera-ter standen während ihrer Tätigkeit meist nicht direkt mit der Zielgruppe, den Eltern mit Migrati-onshintergrund, in Kontakt, sondern sie arbeiteten auf Multiplikatorenebene mit engagierten Einzel-personen und Fachleuten sowie bestehenden und neu gebildeten Institutionen und Netzwerken, Arbeitsgruppen und Gremien zusammen. Sie agierten dabei im Wesentlichen als Dienstleister, vermittelten Wissen und zeigten den Zugang zu bestehenden Fördermöglichkeiten, insbeson-dere zum Förderprogramm von Netzwerke für Bildungspartner e.V., auf (Alicke und Stallmann 2013: 3).

Bedingt durch den Regierungswechsel infolge der Landtagswahl 2011 kam es zu umfassenden Veränderungen im Projekt. Statt des Justizmi-nisteriums wurde nunmehr das neugeschaffene Integrationsministerium des Landes neuer Pro-jektpartner. Die Integrationsministerin Bilkay

8 Für eine Liste aller 198 geförderten Initiativen siehe Netz-werke für Bildungspartner (2014d).

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Verständnis von deren konkreten Bedarfen zu ent-wickeln.

Nach Verabschiedung des Projektkonzepts koo-perierte der Verein Netzwerke für Bildungspart-ner insbesondere mit einer Reihe von regionalen und lokalen Institutionen, um den Beraterpool im Land Baden-Württemberg aufzubauen bzw. zu eta-blieren.9

2.4.4 Zielerreichung

Ob und inwiefern das Projekt Netzwerke für Bil-dungspartner das übergeordnete Ziel, also bes-sere schulische Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, erreichte, kann auf Grundlage der vorliegenden Daten10 nicht zuverlässig beurteilt werden. Ein solcher Nachweis wäre aufgrund des ausgesprochen indi-rekten Projektansatzes, der sich als wesentliches Ergebnis ein stärkeres Engagement von deren Eltern zum Ziel gesetzt hatte, aber auch nicht zu erwarten gewesen. Es lässt sich indessen ebenfalls nicht feststellen, ob sich die Angehörigen dieser Zielgruppe infolge der Projektmaßnahmen stärker für den Bildungserfolg ihrer Kinder engagieren, z.B. durch den vermehrten Besuch von Elterna-benden. Der Grund hierfür ist in dem Umstand zu sehen, dass sich die Projektevaluation auf die Frage nach dem Gelingen der Projektumsetzung konzentrierte.

Das Zwischenfazit von 2012 spricht in der Gesamt-einschätzung des gewählten Ansatzes daher von „größeren Unsicherheiten bezüglich der Wir-kung“ (Alicke und Stallmann 2012: 55) des Pro-jekts. Hinsichtlich der operativen Umsetzung des Projektkonzepts fällt das Fazit hingegen positiv aus. In Bezug auf die Arbeit des Beraterpools wird resümiert, „dass die Projektziele – Ansatzpunkte für den Aufbau von Kompetenzen und Strukturen zu schaffen – in den meisten der untersuchten

9 Für eine Übersicht der Kooperationspartner des Berater-pools siehe Netzwerke für Bildungspartner (2014e).10 Mit der begleitenden wissenschaftliche Evaluation des Umsetzungsprozesses wurde im November 2010 das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (ISS) beauftragt. Das ISS verfasste insgesamt drei Evaluationsberichte: Den Zwischen-bericht 2011 (Alicke und Münch 2011b), den Zwischenbericht 2010-2012 (Alicke und Stallmann 2012) und den Abschlussbe-richt 2013 (Alicke und Stallmann 2013).

Öney löste daher den ehemaligen Integrations-beauftragten des Landes, Ulrich Goll, als Vor-sitzenden des Vereins ab. Des Weiteren schied der Vertreter des Justizministeriums aus der Geschäftsführung des Vereins aus, diese Posi-tion wurde jedoch nicht neu besetzt. Hinzu kam ein Wechsel in der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung, infolge dessen Ingrid Hamm Die-ter Berg als stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins ablöste (Netzwerke für Bildungspartner 2011).

Die Erfahrungen mit der Projektumsetzung wur-den von den Beratern und Trägern des Berater-pools sowie weiteren Projektpartnern im Rahmen von zwei Fachkongressen im Oktober 2011 und im September 2012 diskutiert. Der Abschlusskon-gress des Projekts fand am 16. Oktober 2013 in Stuttgart statt. Das Projekt wurde am 31.12.2013 beendet. Eine weitergehende Initiative seitens des Landes Baden-Württemberg zur Sicherung der Nachhaltigkeit des Vorhabens besteht darin, dass der Schwerpunkt ‚Elternbeteiligung‘ in die Förderrichtlinie ‚VwV-Integration‘ aufgenommen wurde, damit wurden Fortsetzungsprojekte finan-ziert.

2.4.3 Partner und Netzwerk

Die am Projekt Netzwerke für Bildungspartner Beteiligten bzw. deren Rolle variierten je Pro-jektphase. Maßgebliche Akteure waren zunächst das Justizministerium mit dem Integrationsbe-auftragten des Landes und später das 2011 neu geschaffene Integrationsministerium, die Robert Bosch Stiftung und die Breuninger Stiftung. Diese Organisationen waren über die gesamte Projektlaufzeit hinweg als Partner und Projektträ-ger maßgeblich und federführend an der Projekt-entwicklung und –umsetzung beteiligt.

Während der Konzeptionsphase im Rahmen des runden Tisches waren neben den Projektpartnern auch das Sozialministerium und das Kultusmi-nisterium, verschiedene Wohlfahrtsverbände sowie zahlreiche weiteren Initiativen beteiligt. Ziel war es dabei, ein möglichst breites Spektrum relevanter Akteure an den Tisch zu bringen um einen umfassenden Überblick über bestehende Initiativen zu gewinnen und zugleich ein gutes

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CSI Fallstudien

zehn Prozent aller deutschen Schulen jeglicher Schulform erreichen.

Die Grundlagen von SEIS wurden von 2000 bis 2004 im Rahmen des Internationalen Netzwerks Innovativer Schulen (INIS) gelegt. Dabei wurden ein Qualitätsrahmen als einheitlicher Maßstab für Schulqualität sowie ein Verfahren zur Messung der eigenen Schulqualität entlang dieses Rahmens mittels standardisierter Fragebögen und Auswer-tungsroutinen entwickelt. Im zweiten Netzwerk (2004-2008) wurde dieser Prototyp in das eigent-liche SEIS Instrument weiterentwickelt. Dafür wurden Bedienung und Auswertung maßgeblich vereinfacht um SEIS auch für eine große Teilneh-merzahl einfach handhabbar zu machen und so eine weitreichende Verbreitung des Instruments allererst zu ermöglichen.

Das Gesamtbudget des Vorhabens ist nicht eindeu-tig zu bestimmen. Einerseits, weil die beteiligten Ministerien dafür Personalanteile in nicht geson-dert ausgewiesener Höhe zur Verfügung stellten. Andererseits, weil es im Rahmen von zwei eigen-ständigen Projekten entwickelt wurde, zudem war SEIS lediglich ein Teil des Stiftungsprojekts „Bessere Qualität in allen Schulen“, das wiederum aus verschiedenen Unterprojekten bestand. Die zu quantifizierenden Kosten für den Zeitraum von 2004 bis 2008 sind fünf Vollzeitstellen sowie Mate-rialkosten in Höhe von insgesamt ca. 3,915 Millio-nen Euro (Glänzel 2014a: 89).

2.5.1 Projektansatz

Das SEIS Projekt beruhte im Wesentlichen auf den folgenden drei Annahmen. Um ihre Leis-tungen zu verbessern, müssen Schulen zunächst einmal ein gemeinsames Verständnis davon ent-wickeln, was Qualität im schulischen Kontext überhaupt bedeutet. Schulen müssen sodann die Möglichkeit haben, die Qualität ihrer Arbeit kon-tinuierlich zu beobachten und zu evaluieren um auf dieser Grundlage Maßnahmen planen und umsetzen zu können. Und schließlich sollten sie ggf. in der Lage sein, ihre Qualität (im Hinblick auf die Prozesse und Ergebnisse der Schule) mit den Werten anderer Schulen zu vergleichen (Glän-zel 2014a: 84).

Standorte erreicht wurden“ (Alicke und Stall-mann 2013:28). Demnach gelang es dem Pro-jekt, lokalen und regionalen Kompetenzzuwachs bestehender Projekte aus dem Bereich Integration und Elternbeteiligung zu ermöglichen und neue Projekte anzuregen. Es half darüber hinaus den bestehenden und neu geschaffenen Initiativen weitere Finanzierungsmöglichkeiten zu erschlie-ßen (Alicke und Stallmann 2013:28). Auch die direkte finanzielle Förderung der einzelnen Maß-nahmen wird für die Förderempfänger positiv ein-geschätzt. Zusammenfassend stellte die Evalua-tion fest, dass infolge der Projektmaßnahmen ein „deutlich positiver Effekt für den Aufbau lokaler Netzwerke und Kooperationen“ eingetreten ist (Alicke und Stallmann 2012: 43).

Insgesamt scheint das Projekt Netzwerke für Bil-dungspartner demnach einen positiven Effekt auf die organisierte Zivilgesellschaft im Bereich der Elternintegration in Baden-Württemberg gehabt zu haben. Die Frage, ob dieser indirekte Ansatz wie beabsichtigt zu einem intensiveren Engagement der Eltern von Kindern mit Migra-tionshintergrund führte, muss an dieser Stelle jedoch ebenso offen bleiben wie das Thema der Nachhaltigkeit der durchgeführten Maßnahmen. Diese wird sich erst in einigem zeitlichen Abstand zuverlässig beurteilen lassen.

2.5 Selbstevaluation in Schulen (SEIS)

Das Projekt Selbstevaluation in Schulen (SEIS)11 wurde 2004 von der Bertelsmann Stiftung ins Leben gerufen und bis zum Jahr 2008 durchge-führt. Ziel des Vorhabens war es, die Qualität von Schulen durch interne Evaluationen mittels eines standardisierten Selbstevaluationsinstruments zu verbessern. Schulen sollten befähigt werden, auf Grundlage eines geteilten Qualitätsverständnisses und der Erhebung objektiver Daten die Qualität ihrer Arbeit eigenständig zu messen und darauf aufbauend einen Prozess der Selbstref lexion und Organisationsentwicklung in Gang zu setzen. Dabei sollte das SEIS Instrument mindestens

11 SEIS war ein Unterprojekt im Rahmen des Projekts ‚Bessere Qualität in allen Schulen‘. Bei diesem Vorhaben ging es darum, über die Selbstevaluation hinaus sog. regionale Bildungsland-schaften zu entwickeln.

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werks heraus. Diese Überlegungen konkretisier-ten sich zunehmend und resultierten 2004 in der Entwicklung des grundlegenden Konzepts sowie eines Prototypen. Das Instrument bestand zunächst im Wesentlichen aus einem gemeinsam entwickelten und international wie national trag-fähigen Qualitätsverständnis von guter Schule sowie aus wissenschaftlich geprüften, zunächst noch papierbasierten, Fragebögen zur Befragung von Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, Eltern und sonstigen Mitarbeitern (Glän-zel 2014: 87).

Den Projektbeteiligten wurde indessen schnell deutlich, dass die weitreichende Verbreitung des Instruments eine umfangreiche Weiterent-wicklung und insbesondere eine Digitalisierung erfordern würde um das Instrument nutzer-freundlicher zu gestalten und dessen Akzeptanz zu erhöhen. Da für den Schritt von der Entwick-lung des Prototyps bis hin zur Serienreife erheb-liche Investitionen erforderlich waren, fragte die Bertelsmann Stiftung die Schulministerien aller sechzehn Bundesländer nach deren Interesse am neuen Evaluationsinstrument. Sie beschloss, SEIS zu digitalisieren und weiterzuentwickeln, nach-dem neun Bundesländer ihre Mitarbeit an diesem Prozess vertraglich zugesagt hatten. Dies beinhal-tete auch die Verpf lichtung, das SEIS Instrument nach Ablauf der Projektförderung der Stiftung 2008 zu übernehmen und dessen weitere Verbrei-tung und Entwicklung zu gewährleisten.

Im SEIS Projekt von 2004 bis 2008 wurde das Instrument entsprechend fortentwickelt. Dies beinhaltete insbesondere die Möglichkeit, die Fra-gebögen mit Hilfe einer internetgestützten Soft-ware auszuwerten und die Umfrageergebnisse der Schule in einem automatisierten Bericht zur Ver-fügung zu stellen.

Den Ländern kam dabei die Rolle zu, SEIS zu bewerben, die Schulen zu kontaktieren und sie bei der Einführung durch Trainings und Fort-bildungsmaßnahmen zu unterstützen. Die Ber-telsmann Stiftung war für die inhaltliche und insbesondere auch technische Weiterentwicklung von SEIS sowie für die Durchführung der Fortbil-dungen zuständig. Aufgrund der hohen Nachfrage wurden darüber hinaus von der Stiftung 60 wei-tere Trainer ausgebildet, die den Schulen bei der Implementierung des Instruments helfen konn-

Schulentwicklung auf Grundlage des SEIS-Instru-ments wurde dementsprechend als ein zyklischer Prozess in vier Phasen konzipiert: Zunächst müssen sich alle Beteiligten (Schulleitung, Leh-rerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Eltern etc.) an den Schulen darüber verständi-gen, ob sie das SEIS-Qualitätsverständnis12 als Beschreibung ‚guter Schule‘ für sich akzeptieren können. Ist dies der Fall, führt die Schule eine standardisierte Befragung aller relevanten Stake-holder durch um objektive Daten zur Schulquali-tät in sechs Bereichen zu ermitteln. Im Anschluss werden die Fragebögen ausgelesen und die Daten in die internetbasierte SEIS-Software eingespeist. Die Schule erhält auf dieser Grundlage einen automatisch generierten Evaluationsbericht. Er gibt Auskunft über Durchschnittswerte und umfasst auch einen Vergleich mit anderen SEIS-Schulen. Beruhend auf der gemeinsamen Diskus-sion und Interpretation dieses Berichts können sodann Schulentwicklungsmaßnahmen geplant und durchgeführt und deren Wirksamkeit nach einem bestimmten Zeitraum wiederum überprüft werden (SEIS 2014).

2.5.2 Entwicklung und Status quo

Ausgangspunkt des Projekts war die Mitwirkung von Reinhard Mohn, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG und Gründer der Bertelsmann Stiftung, an der Kommission ‚Zukunft der Bil-dung – Schule der Zukunft‘. Das Gremium wurde 1992 vom Ministerpräsidenten des Landes Nordr-hein-Westfalen, Johannes Rau, einberufen und legte 1995 einen Abschlussbericht vor (Bildungs-kommission NRW 1995).13

Ausgehend von diesem Hintergrund vergab die Stiftung im Jahr 1996 den Carl Bertelsmann Preis für herausragende innovative Schulsysteme im internationalen Vergleich (Bertelsmann Stiftung 2014a). Dieses Vorhaben mündete im Jahr 2000 in die Gründung des Internationalen Netzwerks Innovativer Schulen, das zu Beginn noch einen ganz offenen, explorativen Charakter hatte. Der spätere Ansatz von SEIS entwickelte sich erst im Laufe der Zeit aus den Diskussionen des Netz-

12 Siehe SEIS (2014b).13 Siehe die detailliertere Beschreibung in der Fallstudie zum Projekt Selbständige Schule.

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Grundlagen des Instruments entwickelt. Dabei handelte es sich um einen Zusammenschluss von Vertretern der Stiftung sowie von 40 Schulen aus Kanada, Neuseeland, den Niederlanden, Nor-wegen, der Schweiz und Ungarn sowie vier deut-schen Bundesländern (Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen) sowie der Bertelsmann Stiftung und Experten aus Wissen-schaft und Praxis, unterstützt von einer Unterneh-mensberatung (Glänzel 2014a: 87). Das Netzwerk wurde von der Bertelsmann Stiftung und den Schulministerien der beteiligten Länder getragen, wobei die Koordination des Vorhabens der Stif-tung oblag.

In der anschließenden Projektphase ab 2004 waren die wesentlichen Partner die Bertelsmann Stiftung sowie die Kultusministerien der Länder Bayern, Niedersachsen, Nordrhein Westfalen und Thüringen. Im Netzwerk arbeitete die Stiftung gemeinsam mit einer Reihe von Schulen an der Implementierung von SEIS. Die Netzwerkko-ordination wurde wiederum durch die Stiftung besorgt.

2.5.4 Zielerreichung

Das SEIS Projekt zielte zunächst einmal auf die Entwicklung eines verallgemeinerbaren Quali-tätsrahmens für gute Schule sowie eines funk-tionsfähigen Selbstevaluationsinstruments ab, das von mindestens zehn Prozent der Schulen in Deutschland genutzt werden sollte. Alle diese Pro-jektziele wurden erreicht und, im Falle der Zahl der Nutzer, auch übertroffen. So verwendeten im Jahr 2012 über 5200 Schulen das Instrument, viele davon bereits mehrmals. (Glänzel 2014: 93). Seit-dem dürften die Zahlen nach Auskunft unserer Interviewpartner allerdings zurückgegangen sein. Die genaue aktuelle Teilnehmerzahl konnte nicht ermittelt werden.

Übergeordnetes Ziel des SEIS Projekts war es, die Qualität schulischer Arbeit im Sinne des selbst-entwickelten Qualitätsrahmens zu verbessern. Da diese Zieldimension nicht systematisch evaluiert wurde, lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Daten nicht beurteilen, ob diese Absicht realisiert werden konnte. In einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln wurde das Projekt selber

ten.

Nachdem SEIS 2006 bereits an vielen Schulen implementiert war, wurde unter den teilneh-menden Ländern der Ruf nach weitergehenden Anpassungen des Instruments laut, insbesondere in Hinblick auf die jeweiligen Besonderheiten der Länder sowie die seit 2002 stetig zunehmende schulische Selbständigkeit. Die gewünschten Veränderungen führten zu einer grundlegenden inhaltlichen Änderung des SEIS Konzepts sowie einer kompletten Überarbeitung der Software und damit zu dem Instrument in heutiger Gestalt: Seit der Übergabe an das staatliche Konsortium im Jahr 2008 wurden keine größeren Veränderungen oder Weiterentwicklungen von SEIS mehr vorge-nommen.

2008 wurde SEIS von der Stiftung an ein Länder-konsortium namens SEIS Deutschland überge-ben. Teilnehmer waren die Länder Baden-Württ-emberg, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, sowie die Zentralstelle für das Auslands-schulwesen (ZfA) und die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens. Die daran teilnehmenden Bundesländer und die ZfA verpflichteten sich ver-traglich gegenüber der Stiftung, den dauerhaften Betrieb und den technischen Support von SEIS zu gewährleisten. Des Weiteren stellten sie für ihre Schulen Fortbildungs- und Unterstützungsange-bote sowie Informationsmaterialien bereit.

Im Jahr 2013 kündigte mit Bremen das anteilsmä-ßig kleinste Land den Vertrag, was auch zum Aus-scheiden von Baden-Württemberg, Brandenburg und Rheinland-Pfalz führte. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Geschäftsstelle aufgelöst und die Programmabwicklung an die verbleibenden Län-der übertragen. Heute wird das SEIS Instrument noch von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und der ZfA angeboten. 2014 ver-längerten die genannten Beteiligten ihre Zusam-menarbeit um ein weiteres Jahr.

2.5.3 Partner und Netzwerk

Die Projektbeteiligten in SEIS unterscheiden sich je nach Projektphase. Von 2000-2004 wurden im Internationalen Netzwerk Innovativer Schulen die

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von Teilnehmern und Stakeholdern indes als ins-gesamt „sehr positiv“ eingeschätzt (Buhren et al. 2008: 24).

2.6 Selbstständige Schule

Das Projekt Selbstständige Schule startete am 1. August 2002 als gemeinsames Vorhaben des Schulministeriums Nordrhein-Westfalen und der Bertelsmann Stiftung und endete am 31. Juli 2008. Übergeordnetes Ziel des Projekts war die „Verbesserung der Qualität schulischer Arbeit und insbesondere des Unterrichts“ (Brabeck und Lohre 2004) im Land Nordrhein-Westfalen. Dieses Anliegen sollte durch die Entwicklung und Imple-mentierung eines Modells für die qualitätsorien-tierte Selbststeuerung von Schulen in regionalen Bildungslandschaften erreicht werden.

Zwischen 2002 und 2008 waren 19 von 54 Regi-onen in NRW14 mit 278 Schulen aller Schularten als volle Projektpartner beteiligt. Von 2004 bis 2008 nahmen weitere 413 ‚Korrespondenzschu-len‘ an dem Projekt teil. Damit war Selbststän-dige Schule das größte Schulentwicklungsprojekt Deutschlands (Glänzel 2014b: 98).

Die Bertelsmann Stiftung war mit der operativen Steuerung des Projektes beauftragt. Die Projektlei-tung war in zwei Projektbüros in Gütersloh und Düsseldorf angesiedelt. Das Land NRW trug die Hauptlast der Projektkosten in Form von Freistel-lungsstunden im Umfang von einer halben Stelle pro teilnehmende Schule. Durch seinen Innova-tionsfonds finanzierte es die wissenschaftliche Begleitforschung sowie die Schulentwicklungs-fonds mit einem Betrag von jährlich 1,5 Mio. Euro. 700.000 Euro pro Jahr wurden von den Schu-lämtern für diese Fonds bereitgestellt. Die Bertels-mann Stiftung stellte pro Jahr durchschnittlich 500.000 Euro für die operative Arbeit der Projekt-leitung und die beiden Projektbüros zur Verfü-gung. (Glänzel 2014b: 104).

14 9 kreisfreie Städte, 8 Kreise und 2 „Sonderregionen“ (Glänzel 2013: 104).

2.6.1 Projektansatz

Der Projektansatz von Selbständige Schule wurde maßgeblich von den Ergebnissen der Kommis-sion ‚Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft‘ beeinf lusst. Der Kommissionsbericht entwirft eine umfangreiche Vision künftiger Schulorgani-sation entlang des Leitbilds von Schule als „Haus des Lernens“. Des Weitern wird die Empfehlung ausgesprochen, Gestaltungskraft und Selbstver-antwortung der einzelnen Schulen zu stärken und sie zugleich systematischer in ihre kommunale und regionale Umwelt einzubinden (Bildungs-kommission NRW 1995).

Das Projekt Selbständige Schule beruhte dement-sprechend auf zwei grundlegenden Projektkom-ponenten, in denen diese Überlegungen deutlich zum Ausdruck kommen: Erstens sollten Schulen befähigt werden, die Qualität ihrer Arbeit und insbesondere des Unterrichts durch eine umfas-sende qualitätsorientierte Selbststeuerung in den Bereichen Personalentwicklung, Ressourcenbe-wirtschaftung, Unterrichtsorganisation, Mitwir-kung und Partizipation sowie Qualitätsmanage-ment und Rechenschaftslegung zu entwickeln. Zweitens sollten Schulen im Rahmen regionaler Bildungslandschaften mit weiteren bildungsre-levanten Akteuren der Region vernetzt werden. Auf diese Weise, so die Annahme, würden zum einen die Bedürfnisse schulischer Umwelten besser berücksichtigt und zum anderen die frag-mentierten Akteure und Ressourcen einer Region systematisch koordiniert und so für den individu-ellen Bildungsprozess nutzbar gemacht werden.

In der Projektkonzeption kommt die Überzeu-gung zum Ausdruck, dass Schulen ihre eigenen Probleme am besten kennen und in der Regel auch eine intrinsische Motivation für deren Lösung haben. Da ihnen jedoch die nötigen Management-fähigkeiten und –kompetenzen fehlen, können sie erforderliche Schulentwicklungsmaßnahmen nicht oder nur unzureichend durchführen. Selb-ständige Schule zielte insofern nicht darauf ab, den Schulen extern entwickelte Problemlösungen anzubieten. Vielmehr wurde erwartet, dass die größere Selbstverantwortung im Zusammenspiel mit Fortbildungen im Bereich des Schulmanage-ments und der Unterrichtsentwicklung sowie einem regionalen Unterstützungssystem Schulen dazu befähigen würde, ihre Probleme künftig sel-

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CSI Fallstudien

ber zu lösen.

2.6.2 Entwicklung und Status quo

Das Projekt Selbständige Schule hat eine beson-ders lange und voraussetzungsreiche Geschichte. Sie beginnt mit der Teilnahme von Reinhard Mohn, dem Stifter und damaligen Vorstandsvor-sitzenden der Bertelsmann AG an der Bildungs-kommission des Landes NRW.

Das Gremium wurde 1992 vom Ministerpräsi-denten des Landes Nordrhein-Westfalen, Johannes Rau, einberufen. Es war aus einem breiten und diversen Kreis nationaler wie internationaler Experten aus Staat, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammengesetzt und legte im Jahr 1995 seinen Abschlussbericht vor (Bildungs-kommission NRW 1995).

Diese Überlegungen wurden maßgeblich konkre-tisiert als die Bertelsmann Stiftung im Anschluss an die Arbeit der Kommission 1996 das Thema ‚Innovative Schulsysteme im internationalen Ver-gleich‘ für ihren Carl Bertelsmann Preis wählte. Preisträger war das Durham Board of Education im kanadischen Ontario. Das Durham Board überzeugte die Jury als „unkonventionelle und lei-stungsstarke Schulbehörde“, die mit ihrer Autono-mie in Personal-, Finanz- und Schulentwicklungs-fragen besonders produktiv umging (Bertelsmann Stiftung 2014a).

Im Anschluss an die Preisverleihung vereinbar-ten das Land NRW und die Bertelsmann Stiftung Mitte der 1990er Jahre die Durchführung eines Modellprojekts namens Schule & Co. (1997-2002). Im Rahmen dieses Projekts sollte in den Testre-gionen Leverkusen und Herford und in Zusam-menarbeit mit 52 teilnehmenden Schulen die Annahme geprüft werden, dass höhere Schulauto-nomie sowie die Einbettung von Schulen in regi-onale Bildungslandschaften einen Prozess selbst-gesteuerter Schulentwicklung in Gang setzen und so zu einer Steigerung von Schulqualität beitragen (Glänzel 2014: 101; Bertelsmann Stiftung 2014b). Dabei stand bereits bei diesem Projekt die Unter-richtsentwicklung im Fokus. Insgesamt wird das Projekt in der Abschlussevaluation als sehr erfolg-reich beschrieben (Bastian und Rolff 2002). Die

Einschätzungen der Projektbeteiligten deuten jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse in Leverku-sen keineswegs als überzeugend wahrgenommen wurden, während die Umsetzung in Herford als Erfolg galt (Glänzel 2014b: 101f).

Im Juni 2000 wurde im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung als Zielsetzung verein-bart, die Leistungsfähigkeit der Schulen in NRW durch eine größere Gestaltungsfreiheit und ein höheres Maß an Selbstständigkeit und Eigenver-antwortung zu stärken. Auf dieser Grundlage verabredeten Landesregierung und Stiftung die Durchführung des Projekts Selbständige Schule. Im August 2002 wurde ein entsprechender Koope-rationsvertrag zwischen dem Land NRW und der Bertelsmann Stiftung unterzeichnet (Bertelsmann Stiftung 2001).

Um die geplanten Veränderungen in den teilneh-menden Modellregionen zu ermöglichen wurde das Schulgesetz des Landes in den Jahren 2001 und 2002 geändert. Mit Projektbeginn 2002 lagen dem Projektteam Bewerbungen aus 54 Regionen vor, von denen 19 ausgewählt wurden. Einzelschu-len konnten sich zunächst nicht am Modellvorha-ben beteiligen. Von 2004 bis 2008 wurde indessen weiteren 413 ‚Korrespondenzschulen‘ die Möglich-keit eingeräumt, am Projekt teilzunehmen um auf diese Weise von den Erfahrungen der Schulen in den Modellregionen profitieren zu können.

Die Hauptaufgabe des Projektteams bestand zum einen in der Schaffung der regionalen Unterstüt-zungs- und Beratungssysteme sowie der Einrich-tung von regionalen Bildungsbüros (Glänzel 2014: 104). Hinzu kam ein umfangreiches Trainings- und Weiterbildungsprogramm für die regionalen Steuergruppen, die Schulleiter, die schulischen Steuergruppen und für ganze Kollegien im Bereich der Unterrichtsentwicklung. Insgesamt wurden rund 10.000 Lehrer erreicht.

Durch einen Regierungswechsel im Jahr 2005 erlebte das Projekt einen Rückschlag, weil die neue Koalition aus CDU und FDP nach Ein-schätzung der Interviewpartner am Projekt der Vorgängerregierung kein Interesse mehr hatte. Das Projekt wurde aufgrund des massiven Ein-satzes der beteiligten Akteure zwar planmäßig weitergeführt, jedoch ohne ein entschiedenes politisches Bekenntnis zu einer Fortsetzung nach

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Projektende. Dies hatte zur Folge, dass viele der neugeschaffenen Strukturen und Positionen nicht dauerhaft aufrechterhalten werden konnten. Umfangreichere Veränderungen sind jedoch bis heute in einigen besonders engagierten Regionen festzustellen.

2.6.3 Partner und Netzwerk

Während der Projektlaufzeit waren eine Reihe unterschiedlicher Akteure auf ganz unterschied-lichen Ebenen an der Konzipierung, Umsetzung und Evaluierung des Projekts beteiligt. Die wich-tigsten Partner waren die Bertelsmann Stiftung und das Schulministerium NRW. Das Ministe-rium schloss 2002 weitere 237 Kooperationsver-einbarungen mit den beteiligten Schulen bzw. Kreisen, Städten und Gemeinden ab, die für die Projektdauer die Grundlage der Zusammenarbeit bildeten. Aus diesem Vorgehen resultierte ein sehr umfangreiches und diverses Netzwerk verschie-dener Beteiligter auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlichen Kompetenzen.

Die Steuerung dieses überaus ambitionierten Projekts bedurfte einer entsprechend komplexen Mehrebenenorganisation. Auf der höchsten Ebene wurde ein Projektvorstand berufen, der zu glei-chen Teilen aus Vertretern des Schulministeriums sowie der Bertelsmann Stiftung besetzt war. Der Vorstand entschied konsensorientiert über die längerfristigen inhaltlichen, konzeptionellen und methodischen Weichenstellungen.

Unterhalb des Projektvorstands war die Projektlei-tung angesiedelt. Projektleiter war ein Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung, der aus dem Schulmi-nisterium kam und für das Projekt freigestellt wurde. Dem Projektleitungsteam gehörten neben weiteren Mitarbeitern der Bertelsmann Stiftung auch jeweils zwei Lehrer sowie zwei Mitarbeiter aus Kommunalverwaltungen an.

Auf regionaler Ebene wurden für die Projektsteu-erung in jeder Modellregion regionale Steuergrup-pen eingesetzt, die sich aus jeweils zwei Vertretern der Schulträger, der Schulaufsicht und der teilneh-menden Schulen zusammensetzten. Die Steuer-gruppen sollten im Wesentlichen die Arbeit der Schulen unterstützen und waren darüber hinaus für den Aufbau regionaler Bildungslandschaften

zuständig, einschließlich der Einrichtung eines regionalen Bildungsbüros.

Auf Schulebene wurden schulische Steuergrup-pen eingerichtet, die je nach Schulgröße drei bis sieben Personen umfassten. Die Schulleiter waren „gesetzte Mitglieder“ der schulischen Steuer-gruppen. Über ihre sonstige Zusammensetzung konnten die Schulen frei entscheiden. Die Steuer-gruppe hatte die Aufgabe, den Schulentwicklungs-prozess der eigenen Schule zu koordinieren und den Entwicklungsprozess zu moderieren (Bertels-mann Stiftung 2014c).

2.6.4 Zielerreichung

Die Frage, ob und in welchem Umfang das Pro-jekt Selbständige Schule seine Ziele erreicht hat, ist vergleichsweise schwer zu beantworten. Laut Kooperationsvertrag vom 22. August 2001 (Ber-telsmann Stiftung 2001) und allen wesentlichen Projektdokumenten einschließlich der wissen-schaftlichen Begleitforschung bestand das wesent-liche Ziel des Vorhabens in der Verbesserung von Schulqualität und insbesondere der Unterrichts-qualität (Projektleitung ‚Selbstständige Schule‘ 2004, 2006; Bertelsmann Stiftung 2014d). Als wesentlicher Indikator für positive Veränderungen dieser Dimension wurden dabei Leistungssteige-rungen von Schülerinnen und Schülern angese-hen (Projektleitung ‚Selbstständige Schule‘ 2006: 6; Bertelsmann Stiftung 2014e). Laut unseren Interviewpartnern gab es faktisch auf Seiten von Ministerium und Stiftung jedoch unterschiedliche Prioritätensetzungen: Während für das Ministe-rium die Erprobung und Implementierung regi-onaler Modelle von Schulautonomie im Vorder-grund stand, stellte dies für die Stiftung nur ein Mittel zum eigentlichen Zweck der Unterricht-sentwicklung dar. Einen hohen Konsens gab es jedoch hinsichtlich der Entwicklung eines Modells regionaler Bildungslandschaften. Beide Seiten hat-ten ein großes Interesse zu zeigen, dass der Ansatz höherer Schulautonomie, eingebettet in regionale Bildungsnetzwerke funktionieren kann.

Diese Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleit-forschung durch das Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung wurden 2008 in einer umfassenden Publikation veröffentlicht (Holtappels et al. 2008). Die Evaluation deckt ein

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CSI Fallstudien

breites Spektrum unterschiedlicher Projektdimen-sionen ab und kommt dabei zu recht unterschied-lichen Ergebnissen. Während in einer Reihe orga-nisationaler Dimensionen eine positive Wirkung festgestellt wurde, konnte kein Zusammenhang zwischen einer höheren Autonomie von Schulen und der beabsichtigten Steigerung der Schülerlei-stungen nachgewiesen werden.

Die Studie wird indessen aus wissenschaftlicher Sicht aber auch von einigen Interviewpartnern als methodisch problematisch kritisiert. Hervorzu-heben ist insbesondere der Umstand, dass nicht mit Vergleichsgruppen gearbeitet wurde (Heyder 2014: 196), was Aussagen zur kausalen Wirkung des Projekts unnachvollziehbar macht. Von ver-schiedenen Interviewpartnern wurde zudem darauf hingewiesen, dass ein so grundlegendes Projekt wie Selbständige Schule womöglich über die kurze Projektphase hinaus mehr Zeit benöti-gen könnte, um seine volle Wirkung zu entfalten. Seit Projektende wurden jedoch keine weiteren Messungen bzw. Befragungen mehr vorgenom-men, um einen möglichen langfristigen Erfolg zu prüfen.

Was die Entwicklung regionaler Schul- und Bil-dungslandschaften anbelangt, so kommt die Eva-luation zu sehr positiven Ergebnissen. Die Arbeit und Ergebnisse der Regionalen Steuerungsgrup-pen wurde von einer Mehrzahl der Befragten als Erfolg eingeschätzt und eine Mehrheit wünschte sich 2008 deren Fortbestehen (Holtappels et al. 2008: 199). Die weitere Entwicklung des Ansatzes regionaler Bildungslandschaften nach Ende der Projektlaufzeit lässt diesen Projektbaustein als den eigentlichen Erfolg des Vorhabens erschei-nen. 2007 gab es in 18 der 19 Modellregionen ein Bildungsbüro (2005: 15 Bildungsbüros) und eine Mehrheit der Befragten sah Bildungsbüros als notwendiges Instrument für den Erfolg der regionalen Steuerung an. Unmittelbar nach Pro-jektende wurden in 44 von 54 Regionen in NRW Bildungsbüros geschaffen. Darüber hinaus fand das Konzept deutschlandweit Beachtung und wurde in vielfältiger Art und Weise in anderen Bundesländern kopiert, insbesondere im Rahmen des BMBF-Projekts Lernen vor Ort (Glänzel 2004b: 120). Insgesamt gibt es nach Aussagen eines Inter-viewpartners aktuell deutschlandweit ca. 300 Bil-dungsbüros, was den nachhaltigen Erfolg dieses Konzepts dokumentiert. Damit ist vermutlich der-

jenige Projektbaustein am erfolgreichsten gewe-sen, der sozusagen den kleinsten gemeinsamen Nenner der Projektpartner darstellte und zugleich politisch am wenigsten kontrovers war.

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Auf Grundlage unserer Fallstudien lässt sich nun die Frage beantworten, welche Rolle Partner-schaften für den Erfolg von sozialer Innovation im Bildungsbereich spielen. Darüber hinaus lässt sich auch die Reichweite solcher Vorhaben ge-nauer bestimmen.

3.1 Erfolg von Partnerschaften: Wir-kung in der Fläche oder Innovation in Nischen?

Partnerschaftliche Arrangements erwiesen sich als für die Entwicklung neuer, zuweilen auch nachweislich effektiver, Lösungsansätze geeig-net. Sie führen auch tatsächlich zu einer Über-nahme der gemeinsam entwickelten Lösungs-modelle durch staatliche Akteure. Das Projekt Jacobs-Sommercamp ist ein Beispiel für diesen positiven Befund. Dabei entwickelte die Bremer Schulbehörde gemeinsam mit der Zürcher Jacobs Foundation und dem Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ein effektives Sommer-schulprogramm zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Problemen in Deutsch. Das Programm wurde nach Abschluss des Projekts von der Stadt übernommen. Es existiert in Träger-schaft der Bildungsbehörde bis heute und wird in nur leicht veränderter Form vom Bremer Goethe Institut durchgeführt.

Die Nachhaltigkeit der Projektergebnisse konnte auch in den Fällen Selbstständige Schule und SEIS gesichert werden. Zugleich macht die Ana-lyse dieser beiden Projekte jedoch auch deutlich, dass die Übernahme gemeinsam entwickelter Innovationen in staatliche Trägerschaft aus unter-schiedlichen Gründen nicht notwendigerweise die hohen Erwartungen an Verbreitung und Wirk-samkeit erfüllt, die unserem Projekt als Prämissen zugrunde lagen.

Das SEIS Instrument entstand im Rahmen eines Gemeinschaftsvorhabens von Bertelsmann Stif-tung und vier Bundesländern. Es wurde im Laufe von zwei aufeinanderfolgenden Projekten von

der ersten Idee über einen Prototyp bis hin zum marktfähigen Produkt entwickelt. Anschließend wurde es von einem Konsortium aus neun staat-lichen Trägern übernommen und verbreitete sich dadurch schnell an über 5.200 von rund 43.300 allgemeinbildenden und beruf lichen Schulen in Deutschland. Dies ist – auch im internationa-len Vergleich – eine außergewöhnlich hohe Zahl (Thümler et al. 2014b). Das SEIS Programm kommt insofern von allen untersuchten Vorha-ben einem Modell am nächsten, das auf partner-schaftliche Entwicklung neuer Instrumente und die folgende Übernahme und Verbreitung durch staatliche Stellen setzt. Zugleich bedeutet dieser Befund jedoch auch, dass selbst im erfolgreichsten Fall rund 38.000 Schulen, und damit die überwie-gende Mehrheit, das Instrument nicht nutzten.

Zudem erwies sich das SEIS-Konsortium nicht als dauerhaft stabil und löste sich nach rund fünf Jahren Existenz auf.15 Unsere Interviewpartner nannten dafür unterschiedliche mögliche Gründe. Zum einen den Umstand, dass es nicht gelang, das auf Stabilität und Standardisierung hin aus-gelegte Instrument an neue Entwicklungen wie das Entstehen unterschiedlicher schulischer Qua-litätsrahmen in den einzelnen Ländern oder die Bedürfnisse von Schulen nach stärker modulari-sierten Instrumenten anzupassen und damit auch auf die Konkurrenz durch neue Anbieter reagie-ren zu können. Eine Rolle gespielt haben könnte jedoch auch „[m]angelnde Nachfrage vonseiten der Schulen und die wiederum bedingt durch einfach zu viele Reformprojekte, die dort auch gleichzeitig bewältigt werden mussten.“

Das Projekt Selbstständige Schule, ein Vorhaben von Bertelsmann Stiftung und Schulministerium NRW, ist ein weiteres Beispiel für die Problema-tik des Anspruchs f lächendeckender Verbreitung. Die Projektpartner hatte sich die Erprobung, Rea-lisierung und Verbreitung umfassender neuer schulischer Steuerungsmechanismen zum Ziel gesetzt. Sie konzentrierten sich dabei auf die erhöhte Selbstständigkeit von Schulen im Rah-

15 Das SEIS Programm wird heute von den vier verbliebenen Partnern getragen.

3 Die Rolle von Netzwerken für die Entstehung und Stabili-sierung innovativer Nischen

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CSI Die Rolle von Netzwerken für die Entstehung und Stabilisierung innovativer Nischen

men regionaler Bildungslandschaften um eine „Verbesserung der Qualität schulischer Arbeit und insbesondere des Unterrichts“ (Brabeck und Lohre 2004) im Land Nordrhein-Westfalen zu erreichen.

Wie die konkreten Ergebnisse des Vorhabens einzuschätzen sind, ist eine schwer zu beantwor-tende Frage. Ob es tatsächlich zu einer f lächende-ckenden Implementierung des neuentwickelten Systems in NRW kam, muss auf Grundlage der vorliegenden Daten und auch der Aussagen unserer Interviewpartner zumindest als strittig gelten. Während durch eine Novellierung des Schulgesetzes im Jahr 2006 zumindest formal tatsächlich allen Schulen des Landes erhöhte Selbstständigkeit gewährt wurde (Bertelsmann Stiftung 2014d) wurde das im Projekt entwickelte umfangreiche Unterstützungs- und Governance-system nicht übernommen. Insbesondere für den Anspruch, dass durch diese Veränderungen eine Verbesserung der Unterrichtsqualität, und damit auch der Schülerleistungen erreicht werden kann, fehlt bis heute der Nachweis.

Insofern sind sowohl SEIS als auch Selbständige Schule als Beispiele für die Fragwürdigkeit der Idee ‚f lächendeckender‘ Ausbreitung einzustu-fen: Zunächst einmal suggeriert der Begriff ein Ausmaß an Verbreitung, für das es in der Praxis staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaf-ten keine überzeugenden Beispiele gibt und das vermutlich nicht realistisch sein dürfte. Und selbst wenn eine hohe Verbreitung stattfindet, bedeutet dies noch nicht, dass die eigentlichen Projekt-ziele dadurch verwirklicht werden können. Denn einerseits ist Verbreitung nicht notwendigerweise mit nachweisbarer Effektivität gleichzusetzen, zum anderen werden im Prozess der Verbrei-tung oftmals nur ausgewählte einzelne Bestand-teile von ursprünglich weitaus komplexeren oder anspruchsvolleren Innovationen übernommen. Und schließlich ist aufgrund der Unterschied-lichkeit lokaler Problemlagen auch nicht davon auszugehen, dass die Einführung eines bestimm-ten Instruments für die Mehrheit aller Schulen überhaupt sinnvoll ist. Aus diesem Grund wird im Folgenden von ‚weitreichender‘ statt ‚f lächen-deckender‘ Verbreitung die Rede sein, wenn es um das Wachstum bzw. die Diffusion innovativer Ansätze geht.

3.2 Innovative Nischen als Ergebnisse von Partnerschaften

Wenn nicht lediglich die bloß quantitative bzw. formale Verbreitung als Kriterium für erfolg-reichen Transfer gewählt sondern die Frage gestellt wird, ob lebendige Innovationen entstanden, die auch tatsächlich vor Ort die gewünschte Verände-rungswirkung erzielten, muss demzufolge auf den ersten Blick eine eher ernüchternde Bilanz gezo-gen werden: Im Anschluss an eine gemeinsame Entwicklungsphase entstanden im günstigsten Fall begrenzte innovative Nischen, die den einmal entwickelten Ansatz nicht lediglich unverändert fortführten, sondern dynamisch weiterentwi-ckelten. Dies ist beispielsweise im DeutschSom-mer Programm der Fall. Es beruht auf dem Modell des Jacobs-Sommercamps und wird von der Stif-tung Polytechnische Gesellschaft in Frankfurt am Main getragen und durchgeführt. Die Stiftung war sich dabei des Umstands bewusst, dass die zunächst signifikanten Effekte des Sommercamps nach wenigen Monaten deutlich nachlassen (Sta-nat et al. 2012) – was bei einer so kurzen Inter-vention indessen auch kaum anders zu erwarten war. Deshalb wurde das Programm im Laufe der Zeit durch weitere begleitende Maßnahmen, wie etwa ein Familienstipendium, zu einem deutlich umfangreicheren Förderprogramm ausgebaut.

Die Entwicklung von regionalen Bildungsland-schaften im Kontext des Projekts Selbstständige Schule ist als weiteres Beispiel für die Bedeutung von innovativen Nischen einzuschätzen. Denn wenngleich der vom Projekt angestrebte umfas-sende Umbau des Nordrhein-Westfälischen Schul-systems nicht realisiert werden konnte, scheinen doch zumindest einige der im Rahmen von Selbst-ständige Schule entwickelten und etablierten regionalen Bildungslandschaften eine dauerhafte Stabilisierung bei gleichzeitiger kontinuierlicher Entwicklungsdynamik entwickelt zu haben (Rolff 2013).

Dieses Vorhaben ist noch aus einem weiteren Grund für unsere Studie von hohem Interesse. Denn das Konzept fand auch nach Abschluss des Projekts wachsende Aufmerksamkeit und erfuhr insbesondere durch das BMBF-Projekt Lernen vor Ort deutschlandweite Verbreitung (Glänzel 2004: 120). Insgesamt gibt es nach Aussagen eines Inter-viewpartners derzeit ca. 300 regionale Bildungs-

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büros. Dieser Umstand dokumentiert einerseits den nachhaltigen Erfolg dieses Konzepts, wenn-gleich auch in diesem Fall von ‚f lächendeckender‘ Verbreitung keine Rede sein kann. Es zeigt sich jedoch auch, dass von der ersten Erprobung regi-onaler Bildungslandschaften im Projekt Schule & Co. (1997-2002) bis zur heutigen Verbreitung zwölf Jahre vergangen sind, in denen im Rahmen von zwei großen partnerschaftlich gestalteten Projekten das Konzept immer weiter erprobt und ausgebaut wurde. Die Ermöglichung einer solchen intermediären Lern- und Entwicklungsphase erweist sich als ein entscheidender Baustein in Strategien für nachhaltige Innovationen im Bil-dungsbereich.

3.3 Von Partnerschaften zu Innovati-onsnetzwerken

Unsere Daten zeigen, wie oben erwähnt, dass Partnerschaften zwischen Stiftungen und Staat zur Entwicklung neuer Lösungsansätze für die Probleme des Schulsystems führen können, die sich zwar nicht in die Fläche ausbreiten, jedoch zumindest nischenhaft stabilisiert werden. In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, welche Rolle dabei der Umstand spielt, dass die Beteili-gten ihre Zusammenarbeit als Partnerschaft und nicht anders gestalteten.

Dass es Alternativen zu partnerschaftlicher Zusammenarbeit gibt, zeigen Beispiele wie die Schweizer Stiftung Die Chance. Stiftung für Berufspraxis in der Ostschweiz oder das Deutsch-Sommer Programm der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Die Chance entwickelte – unter ausdrücklichem Verzicht auf partnerschaftliche Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen – ein erfolgreiches Programm für den Übergang von der Schule in den Beruf. Die Polytechnische Gesellschaft übernahm das Jacobs-Sommercamp für Frankfurt und führt es dort erfolgreich fort. Beide Vorhaben erzielten nachweislich positive Ergebnisse obwohl sie nicht partnerschaftlich organisiert sind. Darüber hinaus zeigt das Bei-spiel des Jacobs-Sommercamps als eine trilaterale Partnerschaft zwischen Bremer Bildungsbehörde, Jacobs Foundation und Max-Planck Institut für Bildungsforschung, dass Partnerschaften nicht auf Stiftungen und Staat begrenzt sein müssen,

sondern auch weitere Beteiligte umfassen können.

Aus diesen Beobachtungen ziehen wir den Schluss, dass die Beschränkung des Blicks auf staatlich-philanthropische Partnerschaften für die Fähigkeit zu einer begründeten strategischen Abwägung nicht hinreichend ist. Unsere Antwort auf diese Problematik knüpft an die Beobachtung an, dass in keiner der untersuchten Partnerschaf-ten die Arbeit von den Partnern alleine geleistet wird. Erfolgreiches Problemlösen ist vielmehr stets als Resultat der Zusammenarbeit eines Netzwerks anzusehen, das sich aus einem brei-ten Spektrum privater wie staatlicher Beteiligter zusammensetzt.16

Je nachdem, welche Rolle die einzelnen Teilneh-mer spielen und wie die Beziehungen unterei-nander organisiert sind, können Innovationsnetz-werke sehr unterschiedliche Gestalt annehmen. Sie hängt maßgeblich davon ab, wie Zusammen-setzung, Governance und Koordination des Netz-werks gestaltet sind. So können Netzwerke Betei-ligte von höherer oder niedriger Diversität (hier verstanden als Angehörigkeit zu unterschied-lichen gesellschaftlichen Sektoren) umfassen. Sie können zweitens von einem maßgeblichen Akteur, einer sog. Leadorganisation, oder aber von gleichberechtigten Partnern geführt werden (Provan und Kenis 2008). Nur wenn Letzteres der Fall ist, kann von einer genuinen Partnerschaft die Rede sein. Und schließlich ist die Koordination des Netzwerks von dessen Governance zu unter-scheiden. Während sich Letztere auf die Frage bezieht, wer die Entscheidungen trifft, betrifft der Aspekt der Koordination die Vorbereitung bzw. die Umsetzung der Entscheidungen. Dies kann auf informelle Weise oder formelle Weise geschehen. Im ersten Fall kommt es zu informellen Abspra-chen zwischen den Partnern, im zweiten Fall wird ein ‚Kümmerer‘ formell benannt. Dieser Kümme-rer kann eine Geschäftsstelle oder Projektteam in einer der beteiligten Organisationen sein, oder aber eine eigens zu diesem Zweck gegründete und formal mit der Koordination betraute externe

16 Die Rolle von Vernetzung für Schulentwicklungsprozesse ist bereits mehrfach Gegenstand der wissenschaftlichen Diskus-sion geworden (z.B. OECD 2003). Häufig kommen dabei eher informelle, ‚gewachsene‘ Netzwerke in den Blick. Bei den hier untersuchten Netzwerktypen handelt es sich hingegen um ‚stra-tegische‘ Netzwerke, die als Arbeitsinstrumente für die Bear-beitung eines bestimmten Problems ins Leben gerufen werden (Sydow 1992).

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CSI Die Rolle von Netzwerken für die Entstehung und Stabilisierung innovativer Nischen

Netzwerkmanagement-Organisation (Provan und Kenis 2008).

Wir definieren Innovationsnetzwerke daher als Formen der Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure (Organisationen oder Personen) zwecks Lösung öffentlicher Probleme. Dabei sind ent-weder eine einzelne Organisation oder mehrere gleichberechtigte Partner maßgeblich für die Akti-vitäten des Netzwerks verantwortlich, treffen die Entscheidungen und/oder leisten die erforderliche Koordinationstätigkeit. Weitere Netzwerkmit-glieder unterstützen mit eigenen Ressourcen, sind jedoch nicht als gleichberechtigte Partner einge-bunden (O’Toole 1997; Provan und Kenis 2008; Provan und Lemaire 2012).

Diese unterschiedlichen Strukturmerkmale ste-hen wiederum mit bestimmten Netzwerkeigen-schaften in Zusammenhang. Grundsätzlich gilt: Je diverser das Netzwerk zusammengesetzt ist, je partnerschaftlicher die Governance gestaltet und je mehr es intern und informell koordiniert wird, desto höher ist das innovative Potential und desto niedriger ist dessen Stabilität. Umgekehrt gilt, dass Netzwerke umso stabiler und desto weniger innovativ sind, je ähnlicher sich die Beteiligten sind und je zentralisierter die Entscheidungs-findung gestaltet ist.17 Die formale Koordination durch eine auf diesen Zweck spezialisierte NMO ist als Zeichen besonders hoher Stabilität anzuse-hen. Dieser Zusammenhang zwischen Netzwerk-merkmalen und innovativer Kapazität bzw. Stabili-tät wird in Tabelle 2 dargestellt

Strukturmerk-male

Innovation Stabilität

Governance Partnerschaft Leadorganisation

Diversität Hoch Niedrig

Koordination

Modus

Ort

Informell

Intern

Formell

Extern (NMO)

17 Dieser Befund macht im Übrigen zugleich deutlich, dass Innovation und Kreativität nicht als charakteristische Merkmale von Stiftungen anzusehen sind, die diese als ihre besondere Kompetenz in Partnerschaften mit staatlichen Akteuren ein-bringen. Kreative Innovationen entstehen vielmehr durch das gleichberechtigte Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure.

3.4 Effektivität von Netzwerken: Probleme und Prozessphasen

Die Kombination unterschiedlicher Governance- und Koordinationsarrangements resultiert in unseren Fällen in vier unterschiedlich struktu-rierten Netzwerktypen. Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil Innovationsnetzwerke je nach Struktur für die Erfüllung ganz verschie-dener Aufgaben geeignet bzw. ungeeignet sind (Provan und Kenis 2008). Sie bewegen sich ent-lang eines Spektrums, das von hoch innovativen aber auch eher instabilen Netzwerken am einen Ende, bis hin zu hoch stabilen aber auch wenig innovativen Netzwerken am anderen Ende reicht. Entsprechend kommen die verschiedenen Netz-werktypen für die Bearbeitung unterschiedlicher Problemtypen in verschiedenen Phasen des Inno-vationsprozesses zum Einsatz. Um welche Pro-blemtypen bzw. Prozessphasen handelt es sich dabei?

3.4.1 Problemtypen

Die Unterscheidung verschiedener Problemtypen ist deshalb so wichtig, weil soziale Probleme ihrer Natur nach überaus unterschiedlich sind, und deshalb nicht auf Grundlage allgemeingültiger Rezepte oder standardisierter Verfahren bearbeitet werden können, wie es beispielsweise die Vertreter des Ansatzes ‚strategischer Philanthropie‘ empfeh-len (z.B. Frumkin 2006, Brest und Harvey 2008). Lösungsmethoden und –ansätze müssen viel-mehr auf die jeweils konkrete Problemsituation maßgeschneidert werden (Thümler et al. 2014b). Dabei ist jedoch nicht jedes Problem vollkommen unvergleichbar und einzigartig. In den hier unter-suchten Fällen konnten wir drei unterschiedliche Problemtypen identifizieren, die sich anhand der Frage unterscheiden lassen, in welchen Bereichen des Schulsystems sie angesiedelt sind. Dement-sprechend lassen sie sich in Probleme im ‚Zen-trum‘ des Systems, ‚Management‘ Probleme und Probleme an der ‚Peripherie‘ des Systems unter-

Tabelle 2: Netzwerkstruktur, Innovation und Stabi-lität

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scheiden.18

Zentrum des Systems: Im Zentrum des Bildungs-systems stehen Unterricht und Lernen. Interven-tionen in diesem Bereich zielen insbesondere auf besseres und erfolgreicheres Lernen ab. Dabei handelt es sich um überaus intransparente black-box Probleme, bei denen unklar und schwierig festzustellen ist, welche Interventionen effektiv sind und zu welchen Folgen sie führen. Für die Bearbeitung dieser Probleme wird daher hoch-spezialisiertes Expertenwissen benötigt. Darüber hinaus ist ein sehr experimentelles und aufwän-dig zu evaluierendes, evidenz-basiertes Vorgehen erforderlich. (Thümler et al. 2014b). Für die Bear-beitung dieser Probleme bietet sich daher, wie im Fall des Jacobs-Sommercamps, die Beteiligung wissenschaftlicher Akteure an, um spezifisch wis-senschaftliche Expertise (z.B. experimentelle Pro-jektdesigns, Techniken der Unterrichtsentwick-lung, Kenntnisse adäquater Evaluationsverfahren usw.) systematisch in den Prozess der Nischenent-wicklung einbinden zu können.

Management: Einige untersuchte Vorhaben wie etwa Selbständige Schule oder SEIS zielen darauf ab, die Managementfähigkeiten von Schu-len oder anderer Akteure des Bildungssystems zu entwickeln. Es handelt sich dabei ebenfalls um komplexe, wissensintensive Probleme, deren Bearbeitung wiederum genuine Partnerschaften erfordert. Dieser Problemtypus erscheint jedoch tendenziell weniger intransparent und weniger schwer zu evaluieren zu sein, als Interventionen in Unterricht und Lernprozesse. Er kann dabei, wie etwa im Fall von Selbständige Schule, jedoch hochpolitischer Natur sein.

Peripherie: An der Peripherie des staatlichen Bildungssystems, also dort, wo nicht mehr schu-lisches Lernen im Zentrum der Aufmerksamkeit steht sondern z.B. der Übergang von der Schule in den Beruf, werden weniger komplexe und wis-sensintensive Probleme bearbeitet, deren Erfolg leichter zu evaluieren sein kann. Die Arbeit der Stiftung Die Chance ist ein Beispiel dafür, dass in diesen Fällen reduzierter Komplexität die Arbeit in

18 Wir gehen nicht davon aus, dass diese Gliederung die ganze Vielfalt des Bildungssystems erschöpfend erfassen kann. Unsere Analyse beruht ausschließlich auf den untersuchten Fäl-len, es ist daher möglich, dass über die hier genannten Muster hinaus auch weitere Problemtypen existieren.

Partnerschaften nicht unbedingt erforderlich ist.

3.4.2 Der Innovationsprozess

Für die weitere Diskussion unserer Fragestellung spielt insbesondere der Umstand eine Rolle, dass nicht nur bearbeitete Probleme voneinander unter-schieden werden müssen. Vielmehr verändert sich auch der Charakter der Problembearbeitung im Laufe des Prozesses sozialer Innovation. Dieser lässt sich ganz schematisch nach den Phasen ‚Ini-tiierung‘, ‚Entwicklung und Implementierung‘, sowie ‚Stabilisierung und Wachstum‘ unterschei-den (z.B. Braun-Thürmann 2005; Van de Ven et al. 2008: 23-24).

Die Initiierungsperiode ist vorwiegend darauf aus-gerichtet, ein vertieftes und möglichst umfang-reiches Verständnis des adressierten Problems oder überhaupt der zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen zu gewinnen. Die Steuerung dieses Prozesses bezeichnen wir als ‚Ideenent-wicklung‘. In der Entwicklungsphase werden ein ausgewähltes Problem analysiert und Strategien bzw. konkrete Designs für dessen Bearbeitung entwickelt. Diese Konzepte werden in der Imple-mentierungsphase in die Realität umgesetzt. Die Steuerung dieses Prozesses nennen wir ‚Nischen-entwicklung‘. Dabei entstehen innovative Arrange-ments, die im Erfolgsfall auf Dauer gestellt bzw. skaliert und dabei kontinuierlich den Erfordernis-sen ihrer Umwelt angepasst werden. Wir bezeich-nen die Steuerung dieses Prozesses als ‚Nischen-management’.

Im Laufe der Problembearbeitung verändert sich der Charakter des bearbeiteten Problems. Je kom-plexer und intransparenter es ist, desto mehr geht es zu Beginn darum, Unsicherheit und Komple-xität zu reduzieren. Optimalerweise entsteht wäh-rend der ersten Schritte der Problembearbeitung (also der Phasen von Ideenfindung und Nischen-entwicklung) ein Instrument, dessen Anwen-dungsmöglichkeiten und Erfolgsbedingungen mehr oder weniger klar sind. Ist das der Fall, verändert sich die Problemsituation: Es geht nun weniger darum, Licht in die black box ungeklär-ter Zusammenhänge zwischen Handlungen und erwünschten Ergebnissen zu werfen und mehr darum, das Instrument am Leben zu erhalten und

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CSI Die Rolle von Netzwerken für die Entstehung und Stabilisierung innovativer Nischen

weiterzuentwickeln. Mit dieser Entwicklung geht dann natürlich auch eine Veränderung der Netz-werke einher, die für die Problembearbeitung ein-gesetzt werden.

3.5 Netzwerktypen

Wir hatten oben festgestellt, dass Netzwerke für die Bearbeitung unterschiedlicher Problemtypen bzw. die verschiedenen Phasen des Innovations-prozesses maßgeschneidert sein müssen. Im Fol-genden wird nun dargestellt, welche Netzwerk-typen wir in unseren Fallstudien vorfanden, und unter welchen Bedingungen diese effektiv einge-setzt werden können.

3.5.1 Explorative Netzwerke

Einige, wenngleich nicht alle Vorhaben, weisen eine vorbereitende Orientierungsphase auf, in der Informationssammlung und Konzeption im Vor-dergrund stehen. Zu diesem Zweck werden explo-rative Netzwerke eingesetzt. Sie versammeln ein breites Spektrum unterschiedlicher Stakeholder mit verschiedenen Interessen, Fachkenntnissen und Werten an einem Tisch. Auf diese Weise iden-tifizieren sie relevante Partner, gewinnen einen umfangreichen Überblick über die Problemsitua-tion und schaffen das Potenzial für die Entwick-lung kreativer Lösungsideen.

Im Rahmen dieser Studie kamen zwei derartige Netzwerke in den Blick: Zum einen die Kommis-sion ‚Zukunft der Bildung — Schule der Zukunft‘ beim Ministerpräsidenten des Landes Nordr-hein-Westfalen. Deren Ergebnisse sind in einem umfangreichen Bericht festgehalten, der für die Entwicklung der Projekte Selbstständige Schule und SEIS sehr einf lussreich wurde (Bildungskom-mission NRW 1995).

Zum anderen der ‚Runde Tisch‘ innerhalb des Projekts Netzwerke für Bildungspartner, der eine große Anzahl relevanter Stakeholder in die Ent-wicklung des Projekts einband. Während die Rau-Kommission federführend von der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen initiiert und koordiniert wurde, wurde der Runde Tisch von

den Partnern Breuninger Stiftung, dem Justiz-ministerium des Landes Baden-Württemberg und der Robert Bosch Stiftung getragen.

Die beiden Vorhaben illustrieren zunächst einmal den Umstand, dass explorative Netzwerke part-nerschaftlich organisiert sein können, aber nicht müssen: es ist in diesem Fall kein Grund ersicht-lich warum einer der beiden Varianten der Vorzug gegeben werden sollte. Die Entscheidung wird üblicherweise aus der konkreten Situation heraus getroffen werden können. Typischerweise setzen sich solche Netzwerke aus einem sehr breiten und diversen Spektrum unterschiedlicher Akteure aus verschiedenen gesellschaftlichen Sektoren, häufig auch mit internationalem Hintergrund, zusam-men. Die Koordination erfolgt dabei intern bei der federführenden Organisation bzw. einer der Partnerorganisationen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Lebensdauer solcher Netzwerke je nach adressierter Problemsituation auf ein bis wenige Jahre beschränkt ist. Die Eigenschaften explorativer Netzwerke werden überblickshaft in der Tabelle 3 dargestellt.

Governance Diversität Koordina-tion

Lebens-dauer

Partnerschaft oder

Leadorganisation

Hoch Intern

Formell

Kurz bis

Mittel

Tabelle 3: Eigenschaften von explorativen Netzwer-ken

Da explorative Netzwerke in einem sehr frühen Stadium der Problembearbeitung zum Einsatz kommen, könnte man annehmen, dass diese Instrumente einen relativ hohen Grad von Unver-bindlichkeit aufweisen und dass z.B. die Zusam-mensetzung keine entscheidende Rolle für das spätere Projekt spielt. Unsere Fälle deuten jedoch darauf hin, dass eher das Gegenteil der Fall ist: Explorative Netzwerke stellen entscheidende Wei-chen. Wenn z.B. wichtige Stakeholdergruppen nicht darin vertreten sind, kann dies dauerhafte Auswirkungen für das ganze weitere Vorhaben mit sich bringen. So bilanzierte einer der Teilneh-mer des Projekts Netzwerke für Bildungspartner: „Wir haben während des ganzen [Vorhabens] nie irgendeinem Elternteil mal in die Augen geguckt. Also auch so ein typisches Projektgeschehen, man beschäftigt sich mit irgendwas ganz wichtigem,

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aber die eigentliche Gruppe der Leute die das wirklich betrifft, die hat man nie selber als Veran-stalter im Blick oder redet mit denen mal.“

Explorative Netzwerke haben sowohl Vor- als auch Nachteile. Sie werden erfolgreich eingesetzt, wenn es darum geht, Orientierung in Situationen zu schaffen, die durch besonders hohe Unsicherheit und Ambiguität gekennzeichnet sind. Im Falle der Bildungskommission NRW etwa stand gar kein konkretes Problem auf der Agenda, sondern vielmehr der Anspruch, Ideen für ein modernes Schulsystem der Zukunft zu entwickeln. Alter-nativ können solche Netzwerke dazu eingesetzt werden, in potentiell oder tatsächlich kontroversen Handlungsfeldern Konsens zu schaffen und so Handlungsspielraum zu entwickeln. Das Format des ‚runden Tisches‘, wie er im Projekt Netzwerke für Bildungspartner eingesetzt wurde, ist eigent-lich typisch für solche hoch konf liktreichen Situ-ationen.

Weil explorative Netzwerke auf einem partizipa-tiven Prinzip beruhen, können sie einer gerade auf Stiftungsseite verbreiteten Tendenz entgegen wir-ken, die zu bearbeitenden Probleme vollkommen autonom zu setzen und Lösungen unabhängig von den Adressaten zu entwickeln. So kann von vorn-herein gewährleistet werden, dass nur solche Pro-bleme adressiert werden, die von den handelnden Akteuren auch wirklich als relevant angesehen werden.

Einer unserer Interviewpartner drückte das Erfor-dernis eines Vorgehens, dass sich an einer kon-kreten Problemsituation auf staatlicher Seite sowie dem Bedarf an praxisnahen Lösungen orientiert, mit den Worten aus: „Wir müssen uns diesen Auf-trag holen, wir können ihn nicht geben.“

Explorative Netzwerke können für die Klärung dieses Auftrags hilfreich sein. Allerdings bele-gen die Fallstudien auch, dass ein breit und par-tizipativ angelegter Ansatz weniger gut dazu geeignet ist, sehr fokussierte Lösungen auf klar zugeschnittene Probleme zu generieren. Dies ist der einschlägigen Forschung zufolge jedoch ein wichtiges Merkmal erfolgreicher Partnerschaften. Im Falle der Bildungskommission etwa wurde ein außerordentlich breiter ‚Lösungshorizont‘ entwor-fen. Dies führte nach Aussage mehrerer Beteili-gter u.a. dazu, dass ein Projekt wie Selbstständige

Schule bei weitem zu umfangreich und ambitio-niert angelegt wurde. Es dauerte in diesem Falle rund 12 Jahre (1996–2008), bis es gelang, diese Komplexität soweit zu reduzieren, dass daraus die handhabbare Innovation ‚regionale Bildungsland-schaften‘ hervorging. Im Falle des Bildungspart-ner-Projekts hingegen entstand ein nach Einschät-zung unserer Interviewpartner „sehr abstraktes Konzept“ (es wurden u.a. Berater geschult, die Initiativen berieten, die sich mit der Erwartung an die Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund richteten, dass diese positiv auf das Verhalten ihrer Kinder einwirken würden) das als „viel zu weit weg von den eigentlichen Zielgruppen“ und dessen Komplexität als „grenzwertig“ beschrieben wurde.

Fazit: Explorative Netzwerke werden in der ersten Phase des Innovationsprozesses eingesetzt um das zu bearbeitende Problem näher zu bestimmen und Lösungsideen zu entwickeln. Sie können von Partnern oder einer einzelnen Organisation getra-gen werden, benötigen jedoch einen formellen ‚Kümmerer‘. Ihre Aufgabe impliziert zugleich, dass solche Netzwerke nur von begrenzter Dauer sein können bzw. müssen. Explorative Netzwerke entwerfen eher breit angelegte, konsens-orien-tierte Lösungshorizonte, als konkrete Ansätze für klar zugeschnittene Probleme. Sie sind insofern am besten für solche Problemsituationen geeignet, die durch besonders hohe Unsicherheit und/oder politische Brisanz gekennzeichnet sind.

3.5.2 Entwicklungsnetzwerke

Ein zentrales gemeinsames Element aller von uns untersuchten Vorhaben ist eine Periode von Ent-wicklung und Implementierung. In dieser Phase geht es darum, Ressourcen zu mobilisieren, kon-krete Initiativen zu gestalten, Partner zu finden und dergleichen (Van de Ven et al. 2008: 23-24). Zu diesem Zweck werden Entwicklungsnetzwerke eingesetzt, die sich wiederum in zwei verschie-dene Typen unterteilen lassen.

Experimentelle Entwicklungsnetzwerke markieren das innovative Ende des Spektrums. Sie kombinie-ren eine geringe Anzahl sehr unterschiedlicher (hier: staatlicher, philanthropischer und wissen-schaftlicher) Akteure, die ihr Vorgehen informell

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CSI Die Rolle von Netzwerken für die Entstehung und Stabilisierung innovativer Nischen

untereinander abstimmen. Sie sind für die kurz-fristige Bearbeitung hochkomplexer, jedoch stark eingegrenzter, Probleme im Zentrum des Schul-systems geeignet. Dazu zählen insbesondere Vor-haben, die auf besseren Unterricht und/oder bes-seres Lernen abzielen. Das Jacobs-Sommercamp ist ein Beispiel für ein solches Arrangement. Die Besonderheit dieses Vorhabens bestand darin, dass das Max-Planck-Institut für Bildungsfor-schung nicht bloß als Teilnehmer an einer Steu-erungs- oder Beratergruppe eingebunden war, sondern als eigenständiger Partner. Auf diese Weise konnte die Einrichtung ihre wissenschaft-lichen Kompetenzen beim Design und der Durch-führung des Vorhabens zur Geltung bringen. Dies äußerte sich insbesondere in der Wahl eines experimentellen Projektdesigns, das verschiedene Ansätze im Rahmen einer Vergleichsgruppenstu-die gegeneinander antreten ließ. Zugleich wurden die Projektergebnisse rigoros evaluiert. Dieses Vorgehen ist auch im internationalen Vergleich als sehr ungewöhnlich einzuschätzen (Thümler et al. 2014b). Die positive Evaluation wurde auf staatlicher Seite als wichtiges Argument für die Übernahme des Vorhabens angesehen. Einer der Projektbeteiligten stellte fest: „Es ist viel besser zu sagen: ‚Wir machen das jetzt so. Es kostet uns keinen Pfennig Geld und wir kriegen Ergebnisse.‘ Und wenn Du die Ergebnisse hast und die sind wunderbar, kriegst Du jede poli-tische Entscheidung.“

Die Jacobs Foundation war dabei in erster Linie als Geldgeber sowie in der Entwicklungsphase des Vorhabens aktiv, hielt sich aber während der Implementierung im Hintergrund, was von den Beteiligten als klug und vorteilhaft und als Aus-druck eines genuinen Stiftungsbeitrags angese-hen wurde: „das war eine Positiverfahrung, das war […] eine Art von Forschungsförderung, die es sonst eben nicht in dieser Form […] gibt. […] Sowas würde man bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft [….] nicht so leicht gefördert kriegen.“

Ungewöhnlich war weiterhin, dass die Koordi-nation verteilt und auf sehr informelle Weise erfolgte. Das MPI war für die inhaltliche Gestal-tung und Umsetzung, der Bildungssenat für die organisatorische Realisierung des Vorhabens federführend. Die Beschreibung der Zusam-menarbeit vermittelt dabei den Eindruck, dass

die Abstimmung durch die verantwortlichen Personen sehr informell und auf kurzem Wege erfolgte, was vermutlich auch durch die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit bedingt war.

Dieses Vorgehen dürfte nur im Rahmen eines ver-gleichsweise kurzen Projekts möglich sein (das Sommercamp-Projekt dauerte nicht länger als ein Jahr). Zugleich ist anzunehmen, dass sich ein der-artiger Ansatz gut dafür eignet, bricolage-Prozesse zu unterstützen, in denen begrenzte Ressourcen von ‚Bastlern‘ neukombiniert werden um maß-geschneiderte Lösungen für eine lokale Problem-situation zu entwickeln. Dieser Ansatz ist für die Entstehungsphase sehr innovativer Vorhaben cha-rakteristisch (Andersen 2008).

Innovative Entwicklungsnetzwerke bewegen sich im Vergleich zu explorativen Netzwerken einen Schritt in Richtung des stabilen Endes der Netz-werkskala. Sie kombinieren bilateral staatliche und philanthropische Partner, wobei einer der Partner die Zusammenarbeit als formaler ‚Kümmerer‘ koordiniert. Solche Netzwerke sind für die mit-telfristige Bearbeitung komplexer Management-probleme geeignet, die ein nicht ganz so hohes Maß an Unsicherheit und Intransparenz aufwei-sen wie es für Vorhaben charakteristisch ist, die sich Unterrichtsentwicklung zum Ziel gesetzt haben. Im Falle von SEIS ging es etwa um die Entwicklung eines neuen Steuerungsinstruments für Schulen; Selbstständige Schule entwickelte ein innovatives Governance-System im Sinne von autonomen Schulen in regionalen Bildungs-landschaften. Beide Vorhaben wurden von einer Partnerschaft zwischen Länderministerien und Bertelsmann Stiftung getragen, die formelle Koor-dination der Vorhaben lag jeweils bei der Stiftung und beide Projekte erstreckten sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren (SEIS vier Jahre, Selbstständige Schule sechs Jahre). Innovative Partnerschaften können umfangreicher sein und z.B. deutlich mehr Schulen als Teilnehmer umfas-sen, als dies im Fall experimenteller Partnerschaf-ten der Fall ist.

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Kap

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Netz-werktyp

Gover-nance

Diversität Koordi-nation

Lebens-dauer

Experi-

mentell

Partner-

schaft

Mittel (tri-

lateral)

Intern,

informell

Kurz

Innovativ Partner-

schaft

Mittel

(bilateral)

Intern,

formell

Mittel

Tabelle 4: Eigenschaften von Entwicklungsnetzwer-ken Fazit: Entwicklungsnetzwerke eignen sich für die kurz- oder mittelfristige Entwicklung und Imple-mentierung von innovativen Problemlösungen. Sie werden von zwei oder mehr Partnern aus unter-schiedlichen gesellschaftlichen Sektoren getragen, die zugleich die Koordination des Vorhabens über-nehmen. Für die Bearbeitung von hochkomplexen Problemen im Zentrum des Schulsystems, etwa im Zusammenhang mit Unterrichtsentwicklung und Lernen, kommen experimentelle Partner-schaften zum Einsatz; für die Bearbeitung von weniger komplexen Problemen, etwa im Zusam-menhang mit dem Management von Bildungsein-richtungen, bieten sich innovative Partnerschaften an. Für langfristiges Nischenmanagement eignen sich Entwicklungsnetzwerke weniger gut.

3.5.3 Leadorganisationen

Innovationsnetzwerke, die von einer Leadorgani-sation getragen werden, spielen insbesondere in der Phase von Stabilisierung und Wachstum eine Rolle, weil sie sich aufgrund ihrer Struktur auf dem Spektrum zwischen Innovation und Stabili-tät eher in Richtung des stabilen Endes bewegen (Provan und Kenis 2008). Im Falle der Stiftung Die Chance wurde eine Leadorganisation jedoch auch erfolgreich für die Entwicklung und Imple-mentierung eines innovativen Programms einge-setzt. Das bearbeitete Problem war jedoch an der Peripherie des Schulsystems, nämlich im Bereich des Übergangs von der Schule in den Beruf, ange-siedelt, und wurde von uns daher als weniger kom-plex eingestuft.

In der Leadorganisation sind Handlungsfähig-keit und Stabilität dadurch erhöht, dass wichtige

Entscheidungen von einem maßgeblichen Akteur getroffen werden, wobei ein geringerer Abstim-mungsbedarf entsteht. Dieser Vorteil wird jedoch durch eine verringerte innovative Kapazität erkauft. Die Führungsfunktion kann von staatli-chen Stellen, Stiftungen oder anderen Nonprofit-Organisationen übernommen werden, was jeweils unterschiedliche Konstellationen der Zusammen-arbeit nach sich zieht. Im Falle des DeutschSom-mer Programms hat etwa die Stiftung Polytech-nische Gesellschaft den Grundzügen nach das Bremer Sommercamp-Modell übernommen und nach Frankfurt am Main transferiert. Sie agiert als zentraler ‚Kümmerer‘, spielt eine maßgebliche Rolle bei der Durchführung des Programms, der Einbindung von Partnern sowie Weiterentwick-lung und Ausbau der Aktivitäten und trägt auch maßgeblich die Finanzierung des Vorhabens. Dabei agiert die Stiftung jedoch keineswegs als bloßer Solist: Staatliche, halbstaatliche und private Akteure sind weitere Mitglieder des Netzwerks und leisten in dieser Funktion wichtige Teilbei-träge ohne jedoch als gleich verantwortliche Part-ner zu agieren. Einer unserer Interviewpartner beschrieb dieses Verhältnis so: „Die Stiftung […] führt […] diese Allianz an aus pri-vaten und kommunalen Partnern. Das heißt nicht, dass sie […] Ideen oder auch Impulsen […] von den anderen Partnern irgendwie verschlossen ist, ganz im Gegenteil, aber sie versteht schon auch das Pro-jekt als ihr Kind und entsprechend steckt sie da sicherlich einen anderen Schweiß rein als das die anderen tun. Insofern ist das eine gleichberech-tigte Partnerschaft? Jein.“

Der Ausbau des DeutschSommer Programms hin zu einem umfangreicheren Familienprogramm macht jedoch zugleich auch die Einschränkungen von Leadorganisationen deutlich. Zwar wurde von der Stiftung die Notwendigkeit erkannt, das Som-mercamp aufgrund seiner allzu kurzfristigen Wir-kung weiterzuentwickeln. Die hinzugekommenen Angebote wie Exkursionen in die Stadtbibliothek oder ein Familienstipendium sind jedoch als die konventionellen Instrumente operativer Stif-tungen anzusehen und somit als weniger innova-tiv einzuschätzen als das ursprüngliche Sommer-camp-Modell. Insbesondere auch die Evaluation der Effekte des Begleitprogramms bleibt hinter den hohen Maßstäben des Sommercamps zurück. Das Jacobs-Sommercamp wiederum ist als Bei-spiel für die Fortsetzung eines Programms durch

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CSI Die Rolle von Netzwerken für die Entstehung und Stabilisierung innovativer Nischen

Im Falle des Projekts Selbständige Schule wurde etwa von den Interviewpartnern die Etablierung regionaler Bildungslandschaften als wichtigstes Ergebnis des Vorhabens genannt. Solche Bil-dungslandschaften beruhen auf einer Allianz vorwiegend staatlicher Akteure unterschiedlicher Ebenen und Funktionen. Den Steuerungsgremien können jedoch auch Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, darunter auch Stiftungen, angehören. Angesichts der Größe und Komplexität dieser Arrangements werden die Akti-vitäten im Rahmen von Bildungslandschaften von sog. regionalen Bildungsbüros koordiniert.20

Der Transfer des SEIS Programms beruhte auf einer ähnlichen Governance-Struktur, hingegen ohne Beteiligung privater Partner. Es wurde an ein Konsortium übergeben, das von einer Gruppe von neun staatlichen Organisationen getragen und von einer Geschäftsstelle am Niedersächsischen Lan-desinstitut für schulische Qualitätsentwicklung koordiniert wurde. Dabei handelt es sich zwar nicht um eine eigenständige Organisation, aber doch um eine eigens zum Zweck der Koordination eingerichtete und auf Dauer ausgelegte Abteilung.

Netzwerke für Bildungspartner kommt ebenfalls dem Konsortiums-Modell nahe, stellte jedoch in mehrerlei Hinsicht eine Besonderheit dar. Zum einen, weil dieses Projekt mit einer vergleichs-weise kleinen Zahl von nur drei beteiligten Part-nern arbeitete. Zweitens, weil die Geschäftsstelle nicht klar von der Governance-Ebene getrennt sondern Teil des Trägervereins war, der zugleich den Vereinsvorstand als das oberste Führungs-gremium des Projekts umfasste. Drittens, weil operative Entscheidungen von einem Projektleiter-gremium vorbereitet wurden, dem Angehörige der Trägerorganisationen angehörten und das seiner-seits nicht Teil des Vereins war.

Diese Ambiguität in der Gestaltung des Netzwerks spiegelt möglicherweise den Umstand wider, dass in dem Projekt selber eine fundamentale Span-nung angelegt war: Hatte es sich doch zur Auf-gabe gesetzt, ein dauerhaftes Problem durch die Entwicklung einer Infrastruktur zur Förderung bereits bestehender Aktivitäten zu bearbeiten, dies

20 Ungewöhnlich ist im Fall von Selbstständige Schule der Umstand, dass im Rahmen von mehreren aufeinander fol-genden Netzwerken ein neues Instrument entwickelt wurde, das seinerseits auf einer Netzwerkstruktur basiert.

eine staatliche Leadorganisation anzusehen. Das Modell wurde nach Ende des Projekts und Aus-scheiden der Partner Jacobs Foundation und Max-Planck-Institut von der Bremer Schulbehörde übernommen. Sie ist bis heute der maßgebliche Träger des Vorhabens geblieben, während die ope-rative Umsetzung vom Bremer Goethe Institut übernommen wird. Eine Weiterentwicklung des Programms hat in dieser Konstellation jedoch nur in ganz begrenztem Umfang stattgefunden.19

Governance Diversität Koordination Lebensdauer

Unilateral Niedrig Intern, formell Lang

Tabelle 5: Eigenschaften von Leadorganisationen

Fazit: Die Leadorganisation erweist sich als wand-lungsfähiger Netzwerktyp, der insbesondere für die langfristige Stabilisierung und das Wachstum von Lösungen in innovativen Nischen nachge-wiesen werden kann. Netzwerke, die von einer Leadorganisation getragen werden, eignen sich darüber hinaus auch für die Entwicklung von Instrumenten, die weniger komplexe Probleme an der Peripherie des staatlichen Schulsystems adressieren.

3.5.4 Konsortien

In einem Konsortium werden die Entscheidungen im Unterschied zur Leadorganisation im Konsens und von einem Gremium getroffen, welches sich in unseren Fällen aus teils sehr diversen, teils sehr homogenen Partnern zusammensetzte. Die-ser Netzwerktyp wird von einer eigens für diese Aufgabe gegründeten eigenständigen Organisa-tion koordiniert. Dieses Arrangement ist zwar ver-gleichsweise aufwändig, resultiert jedoch in einer erhöhten Professionalisierung und Stabilisierung des Netzwerks.

19 Darüber hinaus hat sich in den vergangenen Jahren im Bildungsbereich eine Reihe von Nonprofit-Organisationen wie buddY e.V. oder Teach First etabliert, die Schulreform-‚Produkte‘ entwickeln, vertreiben und implementieren. Sie basieren ebenfalls auf der Tätigkeit einer Leadorganisation, wobei Stiftungen und andere private Geldgeber den laufenden Betrieb der Organisation finanzieren. Die staatliche Seite hin-gegen agiert in erster Linie als Abnehmer und ‚Kunde‘ und trägt dabei die Kosten der Aktivitäten in einzelnen Schulen.

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jedoch im Rahmen eines Vorhabens, das nur auf kurze bis mittlere Dauer angelegt war.

Konsortien stellen eine Alternative zur Leadorga-nisation dar, wenn, wie im Falle der im Rahmen von Selbständige Schule entwickelten regionalen Bildungslandschaften, das Management aus poli-tischen bzw. rechtlichen Gründen nicht von einer einzelnen Organisation übernommen werden kann. Sie werden, wie etwa im Falle von SEIS, auch dann eingesetzt, wenn es um Innovationen mit sehr hohem Verbreitungsgrad geht. Sie sind zwar insbesondere für die Stabilisierung von Inno-vationen nachweisbar, scheinen jedoch, wie im Falle von regionalen Bildungslandschaften, auch für die Entwicklung neuer Lösungen auf regio-naler Ebene genutzt zu werden.

Konsortien sind insofern ein ungewöhnlicher Netzwerktypus, als sie Elemente, die für beson-ders hohe Innovativität stehen (Partnerschaftliche Governance durch große und diverse Gruppen) mit Elementen besonders hoher Stabilität (exter-ner Koordination durch eine Netzwerkmanage-ment-Organisation) kombinieren. Zumindest theoretisch scheinen Konsortien daher imstande zu sein, ‚die beste aller Netzwerk-Welten‘ zu rea-lisieren. Auffällig ist jedoch, dass sich im Gegen-satz zu explorativen Netzwerken, Entwicklungs-netzwerken und Leadorganisationen in allen drei genannten Fällen nicht verlässlich einschätzen ließ, ob die Konsortien die ihnen zugedachten Aufgaben auch tatsächlich erfüllen. Im Falle von regionalen Bildungslandschaften war nicht einmal deutlich, um welche Aufgaben es sich dabei genau handelt.21 Daher kann die Frage nach der Effektivi-tät dieses Netzwerktypus‘ für die Lösung von Pro-blemen im Bildungsbereich hier nicht zuverlässig beantwortet werden.

Gover-nance

Diversität Koordi-nation

Lebens-dauer

Effekti-vität

Partner-

schaft

Hoch bis

Niedrig

NMO Mittel bis

Lang

Unklar

Tabelle 6: Eigenschaften von Konsortien

21 Diese Anmerkung ist jedoch keineswegs als abschließendes Urteil über die genannten Vorhaben anzusehen sondern viel-mehr als Hinweis darauf, wie voraussetzungsvoll eine solche Bewertung sein und wie lange es dauern kann, bis sie überzeu-gend möglich ist.

Fazit: Die untersuchten Konsortien wiesen ganz unterschiedliche Governance-Arrangements auf. Sie kamen für Entwicklung und Stabilisierung von Lösungsansätzen zum Einsatz und hatten eine unterschiedliche Lebensdauer. Gemeinsamer Nenner ist stets die Existenz einer dauerhaften externen Netzwerkmanagement-Organisation. Die Frage, in welchen Fällen Konsortien das Mittel der Wahl sind bzw. für welche Aufgaben sie unge-eignet sind, und wie sie im Einzelnen gestaltet werden müssen um Probleme effektiv zu lösen, bedarf noch der weiteren Erforschung.

3.6 Wandlungsfähigkeit von Innovati-onsnetzwerken

Die Analyse unserer Fälle zeigt, dass die Netz-werkstruktur sich häufig organisch über die Laufzeit mehrere Projekte hinweg entwickelt und dabei in der Regel einen Weg von höherer Inno-vation und Kreativität hin zu mehr Stabilität ein-schlägt. Ursprung des SEIS Projekts etwa war die Bildungskommission NRW, ein sehr groß und divers gestaltetes exploratives Netzwerk, das dem-entsprechend breite Handlungsempfehlungen vor-legte. Das anschließende Internationale Netzwerk Innovativer Schulen (INIS) war ähnlich explorativ strukturiert und zu Beginn noch gar nicht auf einen konkreten inhaltlichen Schwerpunkt fest-gelegt. Im Laufe der Zeit und auf Druck der Stif-tungsleitung resultierte es in der Idee und dem Prototypen des späteren SEIS Instruments. Um den Prototypen zur Marktreife zu entwickeln, wurde die Komplexität des Netzwerks durch das Ausscheiden der internationalen Partner und der Wissenschaft erneut reduziert; daraus resultierte ein innovatives Entwicklungsnetzwerk. Bei der Übergabe des fertigen SEIS Instruments fand erneut eine Strukturveränderung hin zu einem Konsortium statt. Das neu entstandene Netz-werk wurde von einer homogenen Gruppe staat-licher Partner getragen und von einer eigenen Geschäftsstelle koordiniert, die einer Netzwerk-Management-Organisation ähnlich war.

Zugleich zeigt die Analyse von SEIS jedoch auch, dass dieser Prozess nicht unumkehrbar ist. Wäh-rend es zunächst so aussah, als ob das Instrument sich nachhaltig in einer Vielzahl Schulen eta-bliert hätte, ist durch die Auflösung des Konsorti-

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CSI Die Rolle von Netzwerken für die Entstehung und Stabilisierung innovativer Nischen

gesteuert und koordiniert werden. Für die Koordi-nation eines sehr breiten Spektrums von Akteuren hingegen könnten Konsortien, in denen die Tätig-keit eines je nach Bereich mehr oder weniger brei-ten Spektrums von Akteuren von einer eigenen Geschäftsstelle koordiniert wird, das Mittel der Wahl sein. Die Eigenschaften der unterschied-lichen Netzwerktypen und die Bedingungen für ihren effektiven Einsatz sind überblickshaft in Tabelle 7 dargestellt.

ums und damit auch der Geschäftsstelle im Jahr 2013 eine neue Situation entstanden. SEIS wird heute von einem kleineren Partnerkreis getra-gen, der seine Tätigkeit informell koordiniert. Zugleich berichteten unsere Interviewpartner von geplanten Fortentwicklungen des Instruments. Dies mag durch die zu Tage getretenen Probleme von SEIS zu erklären sein, aber auch durch den Umstand, dass das verkleinerte SEIS Netzwerk zwar an Umfang verloren, dafür aber an Hand-lungsfähigkeit gewonnen hat.

3.7 Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass je nach adressiertem Problemtyp und je nach Phase des Innovationsprozesses unterschiedliche Netz-werktypen zum Einsatz kommen. Wenn es um die Auswahl bzw. die nähere Bestimmung des zu bearbeitenden Problems geht, kommen explo-rative Netzwerke zum Einsatz. Für die Neuent-wicklung von Lösungen für komplexe Probleme erwiesen sich Netzwerke als geeignet, die von Partnerschaften zwischen Stiftungen, Staat und/oder Wissenschaft getragen und eher informell koordiniert werden. Für die Stabilisierung und den Ausbau von Nischen werden Netzwerke aus staatlichen und privaten Akteuren eingesetzt, die von einer (staatlichen oder privaten) Organisation

Programm Netzwerkstruktur Problemtyp Phase Lebensdauer

DeutschSommer Leadorganisation Unterricht & Lernen Stabilisierung &

Wachstum

Dauerhaft

Die Chance. Stiftung für

Berufspraxis in der Ostschweiz

Leadorganisation Peripherie Entwicklung, Stabili-

sierung & Wachstum

Dauerhaft

Jacobs-Sommercamp Entwicklungspartnerschaft

(experimentell)

Unterricht & Lernen Entwicklung Kurz

Netzwerke für Bildungspart-

ner

Konsortium Peripherie Stabilisierung &

Wachstum

Mittel

Selbstständige Schule NRW Entwicklungspartnerschaft

(innovativ)

Management,

Unterricht & Lernen

Entwicklung, Stabili-

sierung & Wachstum

Mittel bis Lang (mit

Vorgängerprojekt)

Selbstevaluation in Schulen

(SEIS)

Entwicklungspartnerschaft

(innovativ)

Management Entwicklung Mittel bis Lang (mit

Vorgängerprojekt)

Tabelle 7: Netzwerkstruktur und -Effektivität

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Wir haben oben nachweisen können, dass Part-nerschaften zwischen Staat, Stiftungen und ggf. weiteren Akteuren sich dafür eignen, innovative Problemlösungen zu entwickeln und in Nischen dauerhaft zu stabilisieren. Es wurde zweitens eine Netzwerk-Typologie entwickelt, die es strate-gischen Entscheidern erlaubt, begründet abzuwä-gen, ob die Bearbeitung eines Bildungsproblems die Arbeit in Partnerschaften erfordert oder nicht, bzw. wie die Netzwerke gestaltet sein sollten, in die solche Partnerschaften eingebettet sind. Zugleich wurde jedoch auch festgestellt, dass unsere Fälle keine überzeugende Beispiele für die aktive Übernahme der neuentwickelten Modelle durch die staatlichen Partner mit dem Ergebnis einer ‚f lächendeckenden‘ Verbreitung darstellen.

Für diesen Befund gibt es eine Reihe unterschied-licher Gründe. Zunächst einmal den Umstand, dass Innovationen sich in einem System behaup-ten müssen, das auf ganz anderen Grundannah-men und Routinen beruht und sich derzeit auch dynamisch verändert. Neue Programme konkur-rieren darüber hinaus mit einer großen Anzahl weiterer Vorhaben und oftmals auch tagespoli-tischer Anliegen um Aufmerksamkeit und Res-sourcen. Solche Arrangements entfalten oftmals auch nicht von Beginn an ihre volle Wirkung, sondern müssen über längere Zeiträume hinweg weiterentwickelt werden, die deutlich über die übliche Projektdauer von wenigen Jahren Laufzeit hinausgehen.

Die Entwicklung von regionalen Bildungsland-schaften ist hierfür ein gutes Beispiel. Dieser Pro-zess erstreckte sich über einen Zeitraum von 22 Jahren, beginnend mit ersten Gesprächen im Rah-men der Bildungskommission NRW ab 1992 über den anschließenden Carl-Bertelsmann-Preis 1996 und die Projekte Schule & Co., Selbstständige Schule und Lernen vor Ort von 1997 bis heute. Dennoch kann die Entwicklung schon deshalb nicht als abgeschlossen betrachtet werden, weil bis heute der eigentliche Anwendungsbereich des Modells bzw. dessen Grenzen nicht hinreichend klar sind: Aus wissenschaftlicher Sicht ist bis

heute die Frage unbeantwortet, was genau regio-nale Bildungslandschaften zu leisten imstande sind, für welche Probleme sie die geeignete Ant-wort darstellen und für welche Aufgaben sie unge-eignet sind.

Innovationen dürfen daher nicht als abgeschlos-sene Produkte angesehen werden, die nach einer zeitlich begrenzten Entwicklungsphase unver-ändert übernommen und f lächenhaft verbreitet werden, und so ihre Wirkung dauerhaft und weit-f lächig entfalten. Vielmehr sind Innovationen als „dauerhafte Betaversionen“ (O’Reilly 2005) zu begreifen. Daher muss eine kontinuierliche Unterstützung und Weiterentwicklung gewährlei-stet sein, um Schwächen beheben, die volle Wirk-samkeit entwickeln und auf Veränderungen der Umwelt f lexibel reagieren zu können. Eine solche Kombination aus dauerhafter Stabilisierung und dynamischer Weiterentwicklung war in den von uns untersuchten Fällen wiederum nur in Nischen und nicht in der Fläche nachzuweisen.

Eine solche bloß nischenhafte Innovation ist indes-sen auch regelmäßig gar nicht als Problem anzu-sehen: Wenn, wie etwa im Falle von Die Chance oder DeutschSommer sowohl der geografische Anwendungsbereich als auch die Zielgruppe eines Vorhabens eng zugeschnitten sind, spricht an sich nichts gegen eine solche Begrenzung. Insbeson-dere der Umstand, dass in beiden Fällen eine dem Umfang nach überschaubare, jedoch besonders benachteiligte Zielgruppe mit außergewöhnlich hohem Förderungsbedarf in einer empfindlichen Übergangsperiode gewählt wurde, macht gerade die Pointe dieser Vorhaben aus.

Fasst man die Probleme weiter, wie es Netzwerke für Bildungspartner, Selbstständige Schule und SEIS taten, ist jedoch mit einem solch begrenzten Vorgehen wenig auszurichten. Ihnen ist tatsäch-lich nur mit Veränderungen in einem sehr viel breiteren Umfang wirksam zu begegnen. Wenn sich jedoch ein ‚f lächenhafter‘ Transfer neu ent-wickelter Lösungen im Sinne einer Verbreitung in die Mehrzahl oder doch eine systemrelevant hohe Zahl der Schulen eines Landes faktisch nicht

4 Nischen als Bausteine systemischer Innovation

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CSI Nischen als Bausteine systemischer Innovation

realisieren lässt, bleibt das eingangs genannte Dilemma bestehen: Bloß insulare Lösungen sind auf die Dauer den Größenordnungen der bearbei-teten Probleme nicht adäquat und bleiben insofern bloße Tropfen auf dem heißen Stein.

4.1 Wege aus der Nische

Um trotz begrenzter Aussagekraft unserer Fallstu-dien Auskunft darüber geben zu können, wie sich in solchen Problemfällen relevante Größenord-nungen erreichen lassen, entschieden wir uns für eine weitere Phase der Literaturanalyse. Deren Ziel war es, einschlägige Handlungsmodelle zu iden-tifizieren und auf diese Weise zumindest einen Vorschlag machen zu können, wie sich der erfor-derliche umfangreiche Transfer bewerkstelligen lassen könnte. Die Diskussion in diesem Kapitel beruht daher im Gegensatz zu den bislang vorge-stellten Ergebnissen stärker auf einer Auswertung der einschlägigen Literatur als auf der Analyse unserer Fallstudien.

Die vermutlich bekannteste Antwort auf die Pro-blematik der ‚Inseln des Gelingens‘ besteht in dem Ansatz, statt der Durchführung immer neuer Pilotprojekte die zur Verfügung stehenden Res-sourcen verstärkt für die Verbreitung bzw. das Wachstum von bereits vorhandenen best practices einzusetzen (z.B. Weber et al. 2013). Eine Variante dieses Modells besteht darin, dass Nonprofit-Orga-nisationen ein Programm stabilisieren, weiterent-wickeln und ‚skalieren‘. Organisationen wie buddY e.V. oder Teach First zeigen, dass diese Vorgehens-weise grundsätzlich funktionieren kann.

Auch wenn aufgrund der Knappheit der zur Verfü-gung stehenden Ressourcen auf diese Weise wohl nicht die Kapazitäten erreicht werden können, die für eine weitreichende Verbreitung erforderlich sind, ist der Ansatz als solcher nachvollziehbar und steht auch in Einklang mit der Beobachtung, dass innovative Modelle zunächst in Nischen sta-bilisiert und ausgebaut werden müssen. Diese Herangehensweise alleine ist jedoch vor dem Hin-tergrund der Ergebnisse dieser Studie als wenig aussichtsreich einzuschätzen. Zum Einen setzt sie voraus, dass nachweislich effektive Vorhaben existieren, die eine Skalierung allererst sinnvoll machen (Weber et al. 2013). Ein-

schlägige Beispiele für solch effektive Vorhaben sind jedoch bislang auch international nur sehr selten zu finden (Thümler et al. 2014b).22

Dies liegt, zweitens, unter anderem an dem Umstand, dass es einen deutlichen Zielkonf likt zwischen dem Umfang des Wachstums einzelner Vorhaben und deren Effektivität gibt. Generell gilt die Regel: Je kleiner und begrenzter inno-vative Vorhaben sind und je schärfer die adres-sierten Probleme zugeschnitten sind, desto eher ist die gewünschte Wirkung nachweisbar und desto höher ist die Effektstärke – und umgekehrt (Robert Slavin, persönliche Kommunikation). Dies liegt u.a. an dem Umstand, dass die Problemsitu-ationen ebenso wie die Umsetzung vor Ort variie-ren. Die Verbindung von hohem Wachstum und nachweisbarer Effektivität gelingt daher bislang nur ganz wenigen Vorhaben (siehe für ein erfolg-reiches Beispiel Schröer 2014a).

Drittens leidet der Ansatz unter dem Problem, dass er die besondere Problematik innovativen Handelns in komplexen sozialen Systemen weitge-hend ausklammert. Denn Vorhaben, die komplexe Probleme adressieren, sind kaum langfristig plan-bar. So beschrieb einer unserer Interviewpartner die Entwicklung der Projekte SEIS und Selbststän-dige Schule als einen organischen Prozess und urteilte, „dass es oftmals keine vernünftige Strategie gege-ben hat. Aber bei solchen Entwicklungsprozessen ist es ziemlich schwierig, vorauszusehen, was einem alles so begegnet.“

Dies ist gerade auch für partnerschaftliche Kon-stellationen charakteristisch, denn „[m]an kann dann nicht einfach sagen: So, das ist das Konzept, und das machen wir jetzt. […]. Das geht einfach nicht. Sondern solche Projekte haben ein gewisses Eigenleben und da muss man die Partner auch mit Entwickeln lassen. Und das ist auch das eigentlich Spannenden in einem Pro-jekt.“

Hinzu kommt der Umstand, dass im Falle genu-iner Innovationen, wie oben bereits am Beispiel regionaler Bildungslandschaften dargestellt, häu-fig über lange Zeit hinweg gar nicht klar ist, wie

22 Siehe darin auch ein kritisches Portrait von Teach for Ame-rica, der US-amerikanischen Mutterorganisation von Teach First (Schröer 2014b).

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ihre Effektivität einzuschätzen ist und worin ihr genauer Einsatzbereich besteht. Nicht zuletzt ist auch denkbar, dass verschiedene Innovationen überhaupt erst in Kombination Sinn machen und Systemwirkung entfalten. So wird einer der Vor-teile regionaler Bildungslandschaften etwa darin gesehen, dass sie eine Plattform zur Verfügung stellen, an die die Anbieter neuer Instrumente andocken können, die ansonsten gar keinen Trä-ger für ihre Angebote hätten finden können. Regi-onale Bildungslandschaften könnten insofern als die Bedingung der Möglichkeit regionaler Inno-vationsprozesse angesehen werden, insofern sie die Durchführbarkeit anderer Vorhaben allererst ermöglichen. Der Nachweis dieser Fähigkeit ist aber naturgemäß nicht einfach zu erbringen.

4.2 Nischen neu bewertet

Wir haben aus diesen Überlegungen die Schluss-folgerung gezogen, dass eine Antwort auf das Dilemma der ‚Inseln des Gelingens‘ jedenfalls nicht alleine in einer Kombination des Pilot-projekt-Ansatzes mit einer unternehmerischen Wachstumslogik liegen kann. Wir schlagen statt-dessen ein alternatives Modell sozialer Innovation vor, dass auf die Rehabilitation und Neubewer-tung von ‚Inseln des Gelingens‘ als wichtigen Orten und grundlegenden Einheiten sozialer Innovation setzt. Wir gehen, mit anderen Worten, davon aus, dass derartige Nischen, wenn sie rich-tig konzipiert werden, nicht als Sackgassen, son-dern als unverzichtbare Bestandteile der ‚Innovati-onsreise‘ (Van de Ven et al. 2008) anzusehen sind.

Dieses Vorgehen knüpft an den Umstand an, dass unsere Interviewpartner regelmäßig Skepsis gegenüber der Sinnhaftigkeit kurzfristigen Enga-gements zum Ausdruck brachten, wohingegen das Erfordernis eines Handelns in langfristiger Perspektive als wesentliche Bedingung für erfolg-reiches Handeln im Bildungsbereich hervorgeho-ben wurde: „[w]enn wir am Thema Bildungsgerechtigkeit arbeiten, dann arbeiten wir wirklich fast an einer Jahrhundertaufgabe, ja. Und mit diesem Bewusst-sein muss man da auch rangehen und sagen, ‚das war jetzt einer der vielen Steine auf dem Weg‘. Also der Projektdruck […] der ist für jede Art von Lernen […] vollkommen destruktiv.“

Zugleich wurde jedoch auch festgestellt, dass staatliche Akteure oftmals zu f lächendeckendem Handeln gezwungen sind, was wiederum für die Entwicklung von Innovationen als überaus nach-teilig angesehen wurde. Eines der wichtigsten Argumente für die Zusammenarbeit von Stif-tungen und Staat ist daher in dem Umstand zu sehen, dass solche Arrangements das Entstehen innovativer Nischenlösungen begünstigen. Einer unserer Interviewpartner sagte: „Vom Staat aus gesehen […] ist es schon interes-sant mit Stiftungen zusammenzuarbeiten, weil sie dann auch in Themengebiete hineingehen können, etwas ausprobieren können, was sie sel-ber mit ihrer Verpf lichtung zur Flächenversor-gung nicht anpacken würden und nicht anpacken könnten.“

Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Etablie-rung und Weiterentwicklung solcher Nischen in langfristiger und systemischer Absicht als wich-tige Alternative zu zeitlich wie räumlich stark begrenzten Pilotprojekten einerseits bzw. von vornherein systemweitem Handeln andererseits anzusehen.

Die Pointe des hier vertretenen Ansatzes besteht dabei in der Annahme, dass systemische Relevanz weder aus bloß pilothaften ‚Impulsen‘, noch der Etablierung einzelner Modelle, sondern vielmehr aus der Vernetzung einer größeren Zahl nischen-hafter Akteure erwächst, die ähnliche Probleme im Rahmen vorwiegend lokaler, ihrem Umfang nach zunächst begrenzter, Vorhaben bearbeiten.

4.3 Die Relevanz innovativer Nischen für den Prozess sozialer Innovation

Wir beziehen uns für die folgenden Überle-gungen auf die wissenschaftliche Literatur zum sog. strategischen Nischenmanagement. Die-ser Forschungsansatz konzentriert sich auf die Beschreibung, Modellierung und Erklärung von radikalen Prozessen sozio-technischer Innova-tion. Er geht dabei von dem Problem des Wandels dominanter technologischer ‚Regimes‘ aus. Damit ist das komplexe Gefüge aus Infrastruktur und Organisationen, Techniken und Wissen, Akteuren in unterschiedlichen Positionen und Funktionen sowie ihrer denk- und handlungsleitenden Nor-

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CSI Nischen als Bausteine systemischer Innovation

men, Praktiken, Vokabulare und Motivationen gemeint, das jedem funktionierenden technolo-gischen System zugrunde liegt und von dem Inno-vationen mehr oder weniger stark abweichen. Die komplexen Bestandteile solcher Systeme haben sich über lange Zeiträume hinweg aufeinan-der eingespielt und entwickeln daher eine hohe Beharrlichkeit gegenüber gezielten Eingriffen.

Kemp et al. (1998) illustrieren diesen Umstand mit dem Beispiel der Entwicklung des Automo-bils.23 Dieser Darstellung nach entstand während einer Phase intensiver Entwicklungsaktivitäten im Zeitraum von 1890 bis 1920 ein “dominantes Design” das u.a. aus einem Verbrennungsmotor, einem Metallrahmen und einem Steuerrad besteht und seitdem keine wesentlichen Veränderungen mehr erfahren hat (Kemp et al 1998: 178). Seit-dem ist um dieses Design herum ein komplexes System entstanden, das eine umfangreichende Infrastruktur (wie etwa Automobilfabriken und ein Tankstellennetz) ebenso umfasst, wie Anreize durch staatliche Regulierung oder Vorstellungen von Herstellern und Kunden davon, wie ein ‚rich-tiges‘ Auto auszusehen hat.

Solche Systeme entwickeln aus drei Gründen ein hohes Maß an Beharrlichkeit. Zum einen, weil die Vielfalt unterschiedlicher Komponenten sich gegenseitig stabilisiert und so zu Entwicklungs-pfaden führt, die nicht leicht zu verändern sind: “What we have is not a set of factors that act sepa-rately as a containment force, but a structure of interrelated factors that feed back upon one ano-ther, the combined inf luence of which gives rise to inertia and specific patterns in the direction of technological change.” (Kemp et al. (1998: 181)

Derartige stabile technologische Pfade und Regimes machen zweitens die Entwicklung von Alternativen selbst dann problematisch, wenn grundlegende Probleme unübersehbar sind. (Kemp et al. 1998). Neue Technologien wie z.B. Elektroautos haben es unter diesen Umständen schwer sich zu behaupten geschweige denn in grö-

23 An diesem Beispiel wird zugleich deutlich, dass organisa-tionale Trägheit und Resistenz gegenüber Veränderung kei-neswegs charakteristische Eigenschaften des Schulsystems im Besonderen oder staatlicher Organisationen im Allgemeinen sind. Im Gegenteil liegen Stabilität und Trägheit in der Natur von Systemen, die aus einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Elemente bestehen, die in einem Laufe eines langen Entwick-lungsprozesses entstanden sind.

ßerem Umfang durchzusetzen: weil der Aufbau von entsprechenden Produktionskapazitäten teuer und risikoreich ist, die technische Umwelt her-kömmliche Fahrzeuge begünstigt, sie sich gegen mächtige Interessen der Industrie behaupten müs-sen, und weil nicht klar ist, ob Elektrofahrzeuge hinreichend zuverlässig und funktionsfähig sind und welche Nachteile mit der umfangreichen Ein-führung solcher Technologien verbunden sind.

Es kommt drittens der Umstand hinzu, dass sich solche komplexen Systeme umfangreicheren ziel-gerichteten Eingriffen widersetzen, denn deren Entwicklungsprozess„strebt nicht etwa zielgerichtet und linear immer besseren Funktionalitäten entgegen, sondern kann mit dem Wachstum von Hefe verglichen wer-den, ‚with developments branching off in different directions, and cross-connections and interactions complicating the picture further‘“ (Ilten 2009: 16).

Wie kann unter Bedingungen hoher Stabilität des existierenden Regimes und hoher Unsicherheit und geringer Planbarkeit von Innovationen den-noch mit Aussicht auf langfristigen Erfolg agiert werden? Die Forschung geht davon aus, dass Innovationen sich zunächst nur in geschützten Nischen, d.h. „neuartigen, zunächst lokalen, spe-zifischen Anwendungsbereichen, die nicht den Regeln und der Grammatik des dominanten tech-nologischen Regimes entsprechen“ (Ilten 2009: 17) entwickeln können.

Die Bedeutung solcher Nischen für die Entwick-lung radikaler, d.h. stark von den vorherrschen-den Praktiken abweichenden, Innovationen wurde zunächst in der Ökonomie hervorgehoben. Nischen werden dabei als Orte angesehen, in denen die verbreiteten Anforderungen an routi-nehaftes, ‚richtiges‘ Handeln außer Kraft gesetzt sind, was das Entstehen von substantiellen Inno-vationen im Laufe der Zeit allererst ermöglicht (Levinthal 1998).

Nischen stellen einen geschützten Raum zur Ver-fügung der es ermöglicht, noch unfertige Ansätze zu stabilisieren und weiterzuentwickeln. Sie sind daher wesentlich Orte des Lernens und Experi-mentierens. Zugleich haben sie die Funktion, das valley of death von Innovationen zu überbrücken und neue Instrumente soweit zu stabilisieren und auszubauen, dass die Nischen unter gün-

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stigen Umständen aufgelöst und die neu entwi-ckelten Technologien sich innerhalb herrschender Regimes verbreiten oder diese sogar grundsätzlich transformieren können.

Bereits die Etablierung und Stabilisierung inno-vativer Nischen kann jedoch von der Bereitschaft anderer Akteure im Feld abhängen, solche Abwei-chungen von der Norm überhaupt zuzulassen. Dieser Umstand deutet auf die grundsätzlich politische Natur sozialer Innovation hin. Dies gilt natürlich umso mehr für deren Wachstum und Migration auf Regimeebene. Dafür ist zum einen eine dynamische Entwicklung der Nischen in quantitativer und qualitativer Hinsicht erfor-derlich: Im Laufe der Zeit entstehen immer neue, immer besser aufeinander abgestimmte lokale Aktivitäten, wobei einzelne Nischenvorhaben durchaus auch ein stärkeres Wachstum aufwei-sen können.24 Parallel findet eine qualitative Ent-wicklung statt. Sie kommt zum Ausdruck in bes-ser funktionierenden Technologien, vermehrtem Wissen über Anwendungsbedingungen, billigeren und zuverlässigeren Produktionsverfahren und dergleichen. Auf diese Weise akkumulieren ein-zelne Nischenaktivitäten zu einem nischenhaften Subsystem, das als Voraussetzung einer umfas-senderen Transformation des Regimes angesehen wird (Geels 2002).

Auch hoch entwickelte Nischenpraktiken migrie-ren allerdings nur unter günstigen Umweltbedin-gungen in größerem Umfang in das dominante Regime oder ersetzen es gar. Zu diesen Vorausset-zungen werden insbesondere Krisen des Regimes gezählt, die durch innere Konf likte, in erster Linie aber durch Veränderungen auf gesamtge-sellschaftlicher Ebene (der sog. „Landschaft“) ausgelöst werden (Geels 2002: 1262). Die Ener-giewende in Deutschland infolge des Reaktorun-falls in Fukushima ist ein besonders drastisches Beispiel für diese Konstellation: Während sich in der Nische des Sektors erneuerbarer Energien über Jahrzehnte hinweg eine, wie sich heute zeigt, funktionsfähige Alternative zu Kernkraft und konventionellen Energieträgern entwickelt hatte,

24 Je nach Entwicklungsstadium können Nischenakteure bloß lokale ‚Bastler‘ sein, im Laufe der Zeit aber auch eine beträcht-liche Größe erreichen. Als einschlägiges Beispiel für einen solchen Entwicklungsprozess ist etwa das US-amerikanische Programm ‚Success for All‘ zu nennen, das in bis zu 2000 Schu-len verbreitet ist und somit die Größe des Schulsystems eines kleinen Bundesstaats erreicht (Peurach 2011; Schröer 2014a).

bedurfte es einer fundamentalen Krise, um die Umstellung in Gang zu setzen. Im Bildungsbe-reich wäre als entsprechendes Beispiel der Pisa-Schock von 2001 zu nennen – nur lag zu diesem Zeitpunkt entweder keine überzeugend ausgear-beitete nischenhafte Alternative zum dominanten System vor, oder die einschlägigen Nischenak-teure waren nicht in der Lage, die Gelegenheit zu ergreifen.

Die Grafik von Geels (2002) (siehe nächste Seite) illustriert dieses Zusammenspiel von Nischen, Regimes und Landschaft. Sie macht deutlich, dass einzelne Nischenaktivitäten nur aufgrund des Ent-stehens von windows of opportunity im Sinne von Instabilität auf Landschafts- und Regimeebene in letzteres migrieren und auf diese Weise sowohl Regime als auch Landschaft verändern können.

In solchen Fällen kann es zum Aufgehen der Nischentechnologie im dominanten Regime kom-men. Die Grafik suggeriert dabei eine lineare Ent-wicklung in dem Sinne, dass einmal migrierte Nischenpraktiken stabil in das dominante Sys-tem eingebaut werden. Das Beispiel SEIS macht jedoch deutlich, dass die Übernahme eines neuen Ansatzes durch staatliche Akteure nicht notwen-digerweise mit einer solchen dauerhaften Trans-formation gleichzusetzten ist. In diesem Fall kann von einer ‚probeweisen‘ Übernahme des Instruments in das System gesprochen werden, die nach einer Übergangszeit jedoch in wichtigen Teilen wieder rückgängig gemacht wurde.25 Dieser Umstand macht deutlich, dass dauerhafter Trans-fer selbst dann kaum planbar ist, wenn er vertrag-lich zumindest mittelfristig gut abgesichert ist:„Es gab Bundesländer, die waren die Treiber, und dann [ist] durch eine von außen natürlich gar nicht mehr nachvollziehbare interne Umstrukturierung kein Ansprechpartner mehr geblieben. […] [D]a wähnten wir uns auf der sicheren Seite, und ‚aus die Maus‘.“

Nischen müssen zwar nicht notwendigerweise für immer aufrechterhalten werden. Es ist jedoch wichtig, sie nicht vorzeitig aufzulösen sondern so lange zu stabilisieren bis sichergestellt ist, dass sie sich tatsächlich fest innerhalb des Regimes

25 Die Einführung von Studiengebühren an deutschen Uni-versitäten sowie die Einführung des achtjährigen Gymnasiums sind weitere Beispiel für die Instabilität solcher Veränderungs-prozesse.

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etabliert haben. Daher spricht viel für die Empfeh-lung eines Interviewpartners, zwar auf den Trans-fer neuer Ansätze hinzuarbeiten, diesen jedoch nicht als Ausstieg zu gestalten sondern als „Rollenwechsel […] „vom Initiator zum Begleiter hin zum vielleicht noch kritischen Freund der noch eine Weile mit dabei ist. […] Man kann ja nicht Dauerlutscher in Stiftungen bearbeiten.“

4.4 Die Bedeutung von Netzwerken für Nischenprozesse

Für die Fragestellung dieser Studie ist darüber hinaus der Umstand wichtig, dass die Forschung zu strategischem Nischenmanagement insbeson-dere der Vernetzung nischenhafter Akteure hohe Bedeutung für Verlauf und Erfolg des Innovati-onsprozesses beimisst. Innerhalb der Nischen werden lokale Netzwerke als maßgebliche Träger der Innovation angesehen. Sie unterstützen den Nischenprozess indem sie Ressourcen wie Geld und Personal, Wissen und praktische Kenntnisse zur Verfügung stellen. Zugleich ermöglicht die Interaktionen zwischen den Netzwerkmitgliedern

diejenigen intensiven Lernprozesse, die für inno-vative Nischen charakteristisch sind (Schot und Geels 2008).

Auf einer globalen, d.h. projektübergreifenden Ebene, spielen Netzwerke ebenfalls eine wichtige Rolle, doch diese ist etwas anderer Natur: Wäh-rend etwa die Netzwerke innerhalb einer Nische sehr konkretes, problem-spezifisches Wissen ent-wickeln, dienen globale Netzwerke dem Austausch dieses Wissens und bringen darüber hinaus abs-traktes, allgemeingültiges Wissen hervor, das wiederum zwischen verschiedenen Nischenak-tivitäten zirkulieren kann. Des Weiteren tragen Netzwerke auf globaler Ebene zur Bewusstseins-bildung bei, indem Sie ein Verständnis einzelner Akteure als Angehörige eines gemeinsamen Felds befördern (Geels und Deuten 2005; Raven und Geels 2010).

Darüber hinaus liegt die Annahme nahe, dass Netzwerke im Rahmen des Innovationsprozesses nicht lediglich eine Lernfunktion erfüllen, son-dern dass ihnen wesentlich auch eine politische Dimension zukommt. Schot und Geels (2008) weisen etwa darauf hin, dass Netzwerkmitglieder

Abbildung 2: Dynamische Mehrebenen-Perspektive auf technologische Übergänge. Quelle: Geels (2002: 1263).

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auch die Aufgabe haben, die Nische vor externen Eingriffen schützen. Dieser bedeutsame Umstand kommt jedoch im Kontext von SNM nur am Rande zur Sprache; nach Kenntnis des Autors ist er bislang in der sozialwissenschaftlichen Litera-tur zwar festgestellt (Tichy et al. 1979) aber nicht näher ausgearbeitet worden.

4.5 Strategisches Nischenmanage-ment in der Praxis

Keines der von uns untersuchten Vorhaben ent-spricht vollständig dem oben vorgestellten Ansatz. Gleichwohl weisen die Projekte Selbstständige Schule und Netzwerke für Bildungspartner wich-tige Merkmale eines solchen Vorgehens auf. Wenngleich beide sicher nicht als genuine Bei-spiele für strategisches Nischenmanagement gel-ten können und auch nicht als solche intendiert waren, so lassen sich der Analyse dieser Vorhaben doch wichtige Hinweise entnehmen, welche alter-native Rolle Stiftungen und Staat künftig bei der Gestaltung langfristiger Prozesse sozialer Innova-tion spielen könnten.

Das Projekt Selbständige Schule ist zunächst ein-mal ein gutes Beispiel für die Bedeutung inno-vativer Nischen für die Ermöglichung von Lern-prozessen und illustriert zugleich deren zutiefst politische Dimension. Das Vorhaben zielte auf eine Transformation des Schulregimes, hier: des hierarchischen Steuerungsmodells des Schulsy-stems in Nordrhein-Westfalen ab. Im Rahmen des Projekts sollte dieses in ausgewählten Regionen probeweise außer Kraft gesetzt und durch ein alternatives Modell ersetzt werden. Dieser Versuch war hochpolitisch, wurde von wichtigen Stakehol-dern dementsprechend kritisch wahrgenommen und war deshalb vielfältigen Versuchen der exter-nen Einflussnahme und Kontrolle ausgesetzt.

Organisationale Lernprozesse sind jedoch wesent-lich auf eine stabile Umgebung angewiesen, um kausale Beziehungen zwischen reformerischem Handeln und dessen Effekten nachvollziehen zu können (Van de Ven et al. 2008: 80). Daher wurde das Projekt durch den Umstand begünstigt, dass einige Regionen mehr als andere die für erfolg-reiches Nischenmanagement erforderliche poli-tische Unterstützung mobilisieren und Eingriffe

von außen abwehren konnten. Einer unserer Inter-viewpartner benutzte für diesen Umstand das Bild einer ‚Käseglocken-Strategie‘:„Wir haben auf die Region […] eine Käseglocke drüber gepackt, die ist ja durchsichtig […]. Also wer will, der kann ja reingucken. Man kann die auch hochheben. Aber ich hebe sie nur hoch, wenn ich soll. Und dieser Schutz vor bestimmten zu frühen, präventiven Einflussnahmen hat natür-lich dann Entwicklungen ermöglicht, die sich dann auch nicht mehr zurückholen ließen. Das ist auch politisches Handeln, meines Erachtens auch Governance-orientiert.“

Auch in Selbstständige Schule waren solche Nischen in erster Linie Lernorte, jedoch war auch dieses Anliegen stets untrennbar mit politischen Erwägungen verbunden. Ein Projektbeteiligter urteilte über die Motive des Ministeriums für die Zusammenarbeit mit der Stiftung nüchtern:„Das Bildungsministerium hatte Interesse, mit diesen Pilotprojekten bestimmte Entwicklungen auszuprobieren, in einem, ich sag mal, eher geschützten Raum mit einem Partner, den man notfalls, ja, behelligen kann, oder dem man vor-werfen kann, dass er es falsch gemacht hat.“

Hinzu kam dabei der Umstand, dass es gerade die partnerschaftliche Konstellation war, die ein Ler-nen über verschiedenen Ebenen des staatlichen Systems hinweg überhaupt möglich machte: „Dazu bedurfte es eines solchen Partners, weil die Ressentiments, Vorurteile, das eingefahrene Miteinander-Umgehen, die Hierarchieebenen, die wir in den Systemen drin haben, die wären sonst überhaupt nicht zu überwinden gewesen.“

Diese Nischenstrategie kam noch in einem weite-ren Umstand zum Ausdruck. Denn als Nachfol-geprojekt zu dem Vorhaben Schule & Co., in dem die eigentliche Modellentwicklung stattgefunden hatte, ging es hier darum, den neu entwickelten Ansatz für weitere sechs Jahre nicht nur zu sta-bilisieren sondern auch umfangreich weiterzu-entwickeln. Hatten im Rahmen von Schule & Co. immerhin 52 Schulen in zwei Modellregionen teilgenommen, waren an Selbstständige Schule bereits 278 Schulen in 19 von 54 Regionen in NRW als volle Projektpartner beteiligt, von 2004 bis 2008 nahmen weitere 413 Schulen als Korrespon-denzschulen teil.

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Dabei war den Beteiligten auch in diesem Zusam-menhang der politische Charakter dieses Vor-gehens klar: Sie agierten eben nicht alleine auf Grundlage der Annahme, dass das neue Modell bei nachgewiesener Effektivität wie von selbst übernommen werden würde. Es ging vielmehr darum, durch den Aufbau einer einf lussreichen Allianz sowie die Mobilisierung von Unterstüt-zung aus den Modellregionen heraus hinrei-chenden Druck auf die Ebene der politischen Ent-scheider aufzubauen um politische Unterstützung für den weiteren Ausbau sicherzustellen.

Dieser Ansatz bewährte sich spätestens in dem Moment (wenngleich anders, als von der Projekt-leitung geplant), als maßgebliche Veränderungen auf Landschaftsebene stattfanden. 2005 kam es in Nordrhein-Westfalen zu einem Regierungs-wechsel. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung stand dem Projekt, das mit der Vorgängerregie-rung identifiziert wurde, sehr kritisch gegenüber. Laut Einschätzung unserer Interviewpartner ver-hinderte der erfolgreich mobilisierte Widerstand aus der Schulpraxis heraus womöglich die früh-zeitige faktische Einstellung des Vorhabens. Eine Weiterentwicklung über die reguläre Projektzeit war unter diesen Bedingungen jedoch nicht mehr möglich.

Das Beispiel von Netzwerke für Bildungspartner hingegen weist zunächst einmal auf den Umstand hin, dass Innovation nicht in jedem Fall eigene Entwicklung notwendig macht. Wenn ein Pro-blem von bereits existierenden Nischenakteuren bearbeitet wird, kann es eine klügere Strategie sein, diese mit maßgeschneiderten Angeboten zu fördern. In diesem Fall wäre es allerdings wün-schenswert, sich über die Effektivität der geför-derten Vorhaben im Klaren zu sein, was hier nicht der Fall war: „[U]rsprünglich ist man losgezogen, hatte den Gedanken: Es gibt vielleicht ein Ei des Kolum-bus wie man es machen muss und dann schreibt man das nieder, schickt es allen, alle machen es so und dann wird das wunderbar funktionieren […]. Das hat sich herausgestellt […] das es so nicht ist. Sondern [..] die Verhältnisse vor Ort sind extrem unterschiedlich, die Anforderungen sind sehr unterschiedlich.“

Als Reaktion auf eine fragmentierte Akteursland-schaft und die damit einhergehende Unklarheit

über funktionierende Ansätze wählte man daher einen Ansatz, der mit der Erwartung verbunden war,„dass man durch den Aufbau solcher Netzwerke, durch die Einrichtung eines Beraterpools für die Beratung dieser Netzwerke, durch das Rausgeben von Fördermitteln für diese Netzwerke und die Einrichtung einer zentralen Stelle, die den ganzen Prozess lenkt und leitet und auch auswertet zu einem funktionierenden System kommt.“

Die Projektpartner agierten deshalb von Vornhe-rein weniger auf lokaler sondern eher auf globaler Nischenebene. Die im Projekt gewählte Kombi-nation aus Vernetzung, Beratung und finanzi-eller Förderung vorhandener Akteure illustriert wichtige Instrumente im Repertoire strategischen Nischenmanagements und stellt insofern trotz der Skepsis der Projektbeteiligten einen im Grund-satz durchaus nachvollziehbaren und kohärenten Ansatz dar.

Allerdings geht diese Herangehensweise mit einer Veränderung der vertrauten Rolle gerade von Stif-tungen einher. Diese Wahrnehmung von einer konkreten operativen hin zu einer eher politisch-kommunikativen Funktion wurde von einem Interviewpartner im Projekt Selbstständige Schule so ausgedrückt: „Die Stiftungen haben überhaupt keinen legi-timierten Auftrag. So, und deswegen sage ich, Stiftungen sind nicht in erster Linie Bildungsak-teure, sondern sie könnten Akteure sein, die die Kooperation im Bildungswesen befördern, durch Moderation, durch Geld, durch know-how, durch ihre Netzwerke, durch alles Mögliche. Von mir aus auch durch ihren politischen Druck, den sie ent-falten können. Die Kooperation zu fördern […], das wäre für mich die hervorragendste Aufgabe einer Stiftung im Bildungsbereich.“

Gerade der Vergleich mit Selbstständige Schule macht jedoch auch deutlich, dass im Fall von Netz-werke für Bildungspartner der gewählte Projekt-zeitraum von rund drei Jahren vermutlich allzu kurz bemessen war um diejenigen Lern- und Wachstumsprozesse anzustoßen, die für eine genuine und nachhaltige Nischenentwicklung einerseits und die nötige Mobilisierung politischer Unterstützung andererseits erforderlich gewesen wären.

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4.6 Fazit

Wichtigstes Ergebnis staatlich-philanthropischer Bildungspartnerschaften ist die Entwicklung und Etablierung innovativer Nischen. Darunter sind geschützte Räume unterschiedlicher Größe zu verstehen, in denen neuartige Problemlösungen experimentell entwickelt, langfristig betrieben, weiterentwickelt und ausgebaut werden. Sol-che Nischen, oftmals als ‚Inseln des Gelingens‘ bezeichnet, sind weder als unzureichende Pro-blemlösungen, noch als Sackgasse sozialer Innova-tion anzusehen. Sie können vielmehr als adäquate Lösungen für solche Problemsituationen angese-hen werden, die hinsichtlich der Zielgruppe und/oder geografischen Ausdehnung eng begrenzt sind.

Doch Nischen sind auch dann nicht irrelevant, wenn es um die Veränderung komplexer Systeme geht. Sie spielen vielmehr eine unverzichtbare Rolle in umfangreicheren Prozessen sozialer Inno-vation. Denn solche Prozesse gehen nicht direkt von der Entwicklung und Implementierung neuer Instrumente zu deren f lächendeckender Verbrei-tung und Wirkung über. Neue Lösungen müssen im Anschluss an die Entwicklungsphase zunächst als innovative Nischen stabilisiert und vernetzt werden. Unter günstigen Umständen eröffnen sich im Laufe der Zeit windows of opportunity die es erlauben, dass aus diesen Nischen heraus brei-tere gesellschaftliche Veränderungen angestoßen werden.

Dieser Prozess hat nicht zuletzt auch eine poli-tische Dimension: Die Verbreitung neuer Ansätze auf Regimeebene kommt nicht alleine deshalb zustande, weil innerhalb des Systems eine Nach-frage nach effektiven neuen Problemlösungen besteht, sie bedarf vielmehr der Fürsprache und Unterstützung mächtiger Stakeholder. Die Gestal-tung eines solchen Prozesses erfordert von den handelnden Akteuren ‚strategisches Nischenma-nagement‘ – und eine gehörige Portion Glück und Geschick, denn eine Garantie für den Erfolg einer solchen Herangehensweise kann es nicht geben.

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CSI Handlungsempfehlungen: Innovation durch Netzwerke

Auf Grundlage unserer empirischen Daten sowie einer Auswertung der einschlägigen Literatur kön-nen wir folgende Handlungsempfehlungen aus-sprechen. Sie richten sich gleichermaßen an Stif-tungen wie an staatliche Akteure, die an sozialer Innovation im Bildungsbereich interessiert sind.

5.1 Auf Pilotprojekte und flächende-ckende Verbreitung verzichten

Wir empfehlen Stiftungen, die im Bildungs-bereich operieren, den Verzicht auf zeitlich begrenzte Pilotprojekte in der unbegründeten Hoffnung auf spätere systemweite Wirkung. Staat-lichen Akteuren empfehlen wir, f lächendeckendes Handeln in der Hoffnung auf innovative Problem-lösungen häufiger zugunsten dauerhafter, jedoch begrenzter Entwicklungsvorhaben zurückzustel-len.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass gar keine Pilot-projekte mehr durchgeführt werden sollten. Für die Bearbeitung von Problemen, für die es noch keine überzeugenden Lösungsmodelle gibt, kön-nen solche Formate sinnvoll sein – jedoch nur, wenn auch sichergestellt ist, dass im Fall nach-weislich erfolgreicher oder doch zumindest viel-versprechender Lösungsansätze auch eine nach-haltige Weiterentwicklung gewährleistet werden kann.

Damit ist auch nicht gemeint, dass weitreichende Veränderungen nicht zumindest als Vision für innovatives Handeln handlungsleitend sein könnten. Es bedeutet vielmehr, dass weder kurz-fristige begrenzte Pilotprojekte noch langfristige f lächendeckende Programme die entscheidenden Bausteine für Prozesse sozialer Innovation sind. Innovatives Handeln kann zwar durchaus von einer Vorstellung davon geleitet sein, wie das lei-stungsfähige, inklusive und gerechte Schulsy-stem der Zukunft aussehen sollte. Dabei sollte die Strategiediskussion jedoch um die Frage kreisen, wie es gelingen kann, effektive Lösungsmodelle zu entwickeln und deren Nachhaltigkeit im Rah-

men begrenzter innovativer Nischen dauerhaft zu gewährleisten.

5.2 Strategisches Nischenmanage-ment erproben

Stiftungen und Staat sollten deshalb strategisches Nischenmanagement als eine neuartige Form staatlich-philanthropischer Zusammenarbeit erproben. Damit wird die Initiierung, Koordina-tion und Förderung einer Vielzahl von Nischen-aktivitäten bezeichnet, sofern sie in der Absicht geschieht, Bausteine für systemischen Wandel zu entwickeln. Unsere Empfehlung läuft darauf hinaus, gemeinsam und auf offene und experi-mentelle Weise ein breiteres Spektrum effektiver neuer Instrumente zur Lösung von Bildungspro-blemen zu entwickeln und sie im Rahmen mitei-nander vernetzter innovativer Nischenaktivitäten dauerhaft zu stabilisieren und auszubauen. Dies impliziert zugleich die Empfehlung einer verän-derten Ressourcenallokation. SNM erfordert die Durchführung weniger, dafür aber besser ausge-wählter, aufwändiger begleiteter und langfristiger angelegter Vorhaben.

Konkret könnte dies bedeuten, in einem ausge-wählten Feld – etwa der Unterstützung von ‚failing schools‘ oder der Förderung von Kindern, die Pro-bleme mit der deutschen Sprache haben – gemein-sam und über einen langjährigen Zeitraum hin-weg tätig zu werden. Dabei könnte entweder ein neues Programm ins Leben gerufen werden, es könnte aber auch an bereits existierende Vor-haben angeknüpft werden. Zu nennen sind im Zusammenhang mit ‚failing schools‘ etwa School Turnaround – Berliner Schulen starten durch (durchgeführt von Berliner Bildungsbehörde und Robert Bosch Stiftung) und Ein Quadratkilome-ter Bildung in Neukölln (ein Projekt der Freu-denberg Stiftung und der Karl-Konrad-und-Ria-Groeben-Stiftung, ebenfalls in Partnerschaft mit der Berliner Bildungsbehörde). Für den Bereich der Sprachförderung wäre etwa an die zahlreichen Sommercamps zu denken, die in Folge des Jacobs-

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Sommercamps initiiert worden sind. Die Etablie-rung und Weiterentwicklung solcher Nischen erfordert eine langjährige Förderung und Vernet-zung, die insbesondere auch die Generierung von Wissen über die Effektivität dieser Programme oder einzelner Bestandteile in den Mittelpunkt stellen sollte.

Ein besonderer Mehrwert könnte daher darin bestehen, nach dem Vorbild von US-amerika-nischen Programmen wie Title 1 insbesondere die evidenzbasierte Neu- und Weiterentwicklung innovativer Vorhaben zu fördern. Zum einen, weil es bislang noch zu wenige Programme gibt, die ihre Effektivität nicht nur behaupten, sondern anhand unabhängiger Evaluationen auch überzeu-gend nachweisen können (Thümler et al. 2014b). Zum anderen, damit diese sehr langfristige Per-spektive nicht in erster Linie denjenigen Akteuren zugutekommt, die ihre Vorhaben am geschicktes-ten verkaufen können, obwohl sie keinen nach-weisbaren Mehrwert für Schülerinnen und Schü-ler bzw. Schulen schaffen.

5.3 Vernetzte Problemlösungsgemein-schaften als Instrumente einsetzen

Vernetzte Problemlösungsgemeinschaften („net-worked improvement communities“) im Sinne von Bryk et al. (2010) stellen das zentrale Instru-ment des strategischen Nischenmanagements dar. Eine solche Problemlösungsgemeinschaft ist zunächst einmal als Netzwerk-Arrangement anzusehen, das verschiedene Akteure und ihre besonderen Ressourcen umfasst und das Ziel hat, gemeinsam eine lokale Lösung für ein bestimm-tes Bildungsproblem zu finden. Dabei können die Beziehungen, die die Mitglieder einer solchen Gemeinschaft miteinander unterhalten, sehr unterschiedlich gestaltet sein. Sehr enge Bezie-hungen, z.B. in Form formaler Partnerschaften, sind ebenso möglich, wie hierarchische Auftragge-ber-Auftragnehmer Beziehungen. Am Rande des Netzwerks können Unterstützer eher informelle Kontakte zu den übrigen Mitgliedern unterhalten.

„Vernetzt“ sind die einzelnen Gemeinschaften zunächst einmal deshalb, weil sie darauf ausge-richtet sind, kontext-unabhängiges Wissen zu generieren: Es geht hier darum, von vornherein

Variation zuzulassen um Innovationen zu ent-wickeln die sich nicht nur an einem bestimmten Standort oder unter ganz spezifischen Bedin-gungen bewähren (Bryk et al. 2010). Die Vernet-zung hat zweitens zum Ziel, Sichtbarkeit und politische Handlungsfähigkeit des Netzwerks zu erhöhen und so für die nötige Durchsetzungsfä-higkeit im Falle von windows of opportunity zu sorgen, die eine weitreichendere Verbreitung mög-lich machen.

5.4 Innovationsnetzwerke problem-orientiert gestalten

Für die Entwicklung, Stabilisierung und ggf. das Wachstum bzw. die weitreichendere Verbrei-tung neuer Problemlösungsansätze sollten dabei jeweils unterschiedliche Netzwerktypen zum Einsatz kommen. Wenn es um die Auswahl bzw. die nähere Bestimmung des zu bearbeitenden Problems geht, sind explorative Netzwerke zu empfehlen. Für die Neuentwicklung von Problem-lösungsmodellen sind Netzwerke geeignet, die von Partnerschaften zwischen Stiftungen, Staat und/oder Wissenschaft getragen und eher infor-mell koordiniert werden. Für die Stabilisierung und den Ausbau von Nischen sind Netzwerke aus staatlichen und privaten Akteuren zu empfehlen, die von einer (staatlichen oder privaten) Organisa-tion gesteuert und koordiniert werden. Für strate-gisches Nischenmanagement könnten Konsortien, in denen die Tätigkeit eines je nach Bereich mehr oder weniger breiten Spektrums von Akteuren von einer eigenen Geschäftsstelle koordiniert wird, das Mittel der Wahl sein.

Die Analyse unserer Fälle zeigt jedoch, dass die Entwicklung eines Innovationsvorhabens nicht linear von einer Phase kreativen Experimentie-rens, in der entsprechend diverse Explorations- oder Entwicklungsnetzwerke erforderlich sind, hin zu einer Phase höherer Stabilität, in der eher Leadorganisationen das adäquate Instrument sind, verläuft bzw. verlaufen muss. Vielmehr ermögli-cht es die Wandlungsfähigkeit von Netzwerken, dass diese unabhängig von den genannten Pha-sen für die Bearbeitung der jeweils anstehenden Aufgaben eingesetzt werden können. So könnten etwa Leadorganisationen oder Konsortien, die umfangreichere Anpassungen oder Ergänzungen

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CSI Handlungsempfehlungen: Innovation durch Netzwerke

ihrer Lösungsmodelle vornehmen wollen, diese anspruchsvollen Entwicklungsvorhaben von experimentellen Netzwerken begrenzter Lebens-dauer bearbeiten lassen und die Ergebnisse im Anschluss in ihr eigenes Tätigkeitsrepertoire auf-nehmen.

5.5 Wis sen über s t rategi sches Nischenmanagement vertiefen

Das in dieser Studie vorgeschlagene Vorgehen zeigt neue Wege für die Gestaltung von Innova-tionsprozessen im Bildungsbereich auf. Zugleich wirft dieser Ansatz auch eine Reihe offener Fragen auf. Dies betrifft zunächst einmal den Umstand, dass bislang nicht klar ist, inwiefern sich Modelle sozio-technischer Innovation auf den Bereich sozi-aler Innovation übertragen lassen, und an welche Grenzen dieser Versuch stößt. Zwar konnte im Rahmen dieser Studie bereits nachgewiesen wer-den, dass grundlegende Parallelen zwischen bei-den Phänomenen bestehen. Dennoch ist davon auszugehen, dass es auch wichtige Unterschiede gibt. So dürfte es im Falle sozialer Innovation häufig sehr viel schwerer sein, die Effektivität neuer Vorhaben schlüssig nachzuweisen, als dies für technische Innovationen der Fall ist. Wenn jedoch Antworten auf Fragen nach der Effektivi-tät von Innovationen weniger eindeutig ausfallen, könnten politische Prozesse und die Fähigkeit der Nischenakteure, Advocacy für ihr Anliegen zu betreiben, in Fällen sozialer Innovation eine grö-ßere Rolle spielen.

Zweitens konnte im Rahmen dieser Studie die Rolle von Netzwerkstrukturen für die Phase von Wachstum und Verbreitung von Innovationen nicht hinreichend detailliert geklärt werden. Zwar wurde das Konsortium als ein Netzwerktyp vor-gestellt, der hierbei eine wichtige Rolle spielen könnte. Konsortien erwiesen sich in unseren Fall-studien jedoch als zu vielgestaltig und hinsichtlich der Ergebnisse zu wenig eindeutig, als das hier belastbare Aussagen zu den genauen Erfolgsbe-dingungen möglich wären. Daher läge es nahe, die Frage nach der Übertragbarkeit von SNM auf Pro-zesse sozialer Innovation gerade anhand der Rolle von Netzwerken vertieft zu erforschen.

Und schließlich stellt der vorgeschlagene Ansatz hohe Ansprüche an das beteiligte Personal sowohl in Stiftungen als auch in staatlichen Organisa-tionen, insbesondere, was die strategische Pla-nung sowie das konkrete Netzwerkmanagement anbelangt. Unsere Fallstudien geben zwar einige Hinweise, wie etwa die Personalauswahl entspre-chend gestaltet werden könnte. So findet sich z.B. im Projekt Selbstständige Schule die Figur des ‚Wanderers zwischen den Welten‘ in Person eines Ministeriumsbeamten, der für den Zeitraum des Projekts an die Stiftung abgeordnet war. Welche Möglichkeiten es darüber hinaus gibt und welche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Bewältigung der neuen Aufgaben erforderlich bzw. günstig sind, bedarf jedoch weiterer, vertiefter Untersuchungen.

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