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Medikamentöse Behandlung der Störung des Sozialverhaltens – Neues aus den S-3 Leitlinien Dr. med. Alexander Häge Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters Curriculum Entwicklungspsychopharmakologie Wien, 13.09.2019
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Medikamentöse Behandlung der Störung des Sozialverhaltens ...€¦ · Medikamentöse Behandlung der Störung des Sozialverhaltens –Neues aus den S-3 Leitlinien Dr. med. Alexander

Oct 19, 2020

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Medikamentöse Behandlung der Störung des Sozialverhaltens – Neues aus den S-3 Leitlinien

Dr. med. Alexander Häge

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des

Kindes- und Jugendalters

Curriculum Entwicklungspsychopharmakologie

Wien, 13.09.2019

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Mögliche Interessenskonflikte

Alexander Häge| KJP 2

• Mitglied in Advisory Boards/Vortragshonorare/Kongressreisen

Shire/Takeda, Lilly

• Forschungsförderung/klinische Studien

EU, BMBF, Shire/Takeda, Servier, Lundbeck, Lilly, Janssen-Cilag, Otsuka

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S3 Leitlinie Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 3

- 09/2016, gültig bis 09/2021

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S3 Leitlinie Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 4

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 5

5.7.1.1. Eine Pharmakotherapie soll nicht routinemäßig zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Störung des Sozialverhaltens durchgeführt werden. Die Indikationsstellung und Behandlung soll durch einen Spezialisten für Pharmakotherapie bei Verhaltensstörungen bei Kindern und/oder Jugendlichen erfolgen. Die Schwere der Symptomatik und die Einschränkung des Funktionsniveaus des Patienten sollen bei der Indikationsstellung mitberücksichtigt werden. Eine alleinige Pharmakotherapie ohne begleitende Psychoedukation und psychosoziale/psychotherapeutische Maßnahmen ist nicht indiziert. Obligat ist die regelmäßige Überprüfung der weiterbestehenden Notwendigkeit, Wirksamkeit und Verträglichkeit der medikamentösen Therapie.

• 5.7.1.3. Gegenwärtig gibt es in Deutschland keine behördlich zugelassene Substanz zur Behandlung der Störung des Sozialverhaltens im Kindes- und Jugendalter. Die Besonderheiten einer Off-label Verordnung zur Behandlung von Symptomen einer SSV müssen berücksichtigt werden.

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens - Risperidon

Alexander Häge| KJP 6

Wenn psychosoziale/psychotherapeutische Interventionen unzureichend waren, sollte eine medikamentöse Behandlung (keine Dauerbehandlung) bei schwerwiegender Aggressivität mit Wutausbrüchen und ausgeprägter emotionaler Dysregulation erwogen werden. Die höchste Evidenz besteht hier für Risperidon.

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Alexander Häge| KJP 7

Fachinformation Risperidon

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens - Risperidon

Alexander Häge| KJP 8

5.7.1.5. Bei einer Pharmakotherapie mit Risperidon sollte dabei insbesondere die folgenden möglichen Nebenwirkungen (NW) berücksichtigt werden:

• metabolische NW (einschl. Gewichtszunahme und Diabetes mellitus)

• extrapyramidale NW (einschl. akute Dyskinesien, Akathisie, Dystonie, Parkinsonoid und malignes neuroleptisches Syndrom, möglicherweise irreversible Spätdyskinesien),

• kardiovaskuläre NW (einschl. QT-Zeit Verlängerung) sowie

• hormonelle/endokrine Nebenwirkungen (einschl. Prolaktinerhöhung).

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens - Risperidon

Alexander Häge| KJP 9

Folgende Untersuchungen sollten vor einer medikamentösen Behandlung mit Risperidon durchgeführt und dokumentiert werden:

• Messung von Körpergröße und Körpergewicht

• Messung von Puls und Blutdruck

• Blutuntersuchung mit Bestimmung von Nüchternglukose, Blutfetten und Prolaktin

• Beurteilung im Hinblick auf das Vorliegen von Bewegungsstörungen im Rahmen einer neurologischen Untersuchung

• Beurteilung von Ernährungszustand, Ernährungsweise und Grad der körperlichen Aktivität

• EKG

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Risperidon bei SSV – Evidenz (1)

Alexander Häge| KJP 10

Risperidon bei Patienten mit SSV und unterdurchschnittlichem IQ

• 4 RCTs, 1 RCT Jugendliche mit unterdurchschnittlichem IQ (36%) und durchschnittlichem IQ (64%)

• Insgesamt 398 Kinder/ Jugendliche (n= 13-119), etwa 2/3 mit komorbidem ADHS

• Behandlungsdauer 4 Wochen – 6 Monate

• Überwiegend männliche Patienten

• Sozialverhaltensprobleme und Aggressionen als Haupt-Outcome

• Alle Studien zeigten statistisch signifikante Überlegenheit von Risperidongegenüber Placebo

• Metaanalyse: Effektstärke 0,72 (95% CI 0,47 – 0,97)

Pringsheim et al., 2015

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Risperidon bei SSV – Evidenz (2)

Alexander Häge| KJP 11

Risperidon bei Patienten mit SSV und mind. durchschnittlichem IQ

• 3 RCTs, 1 RCT Jugendliche mit unterdurchschnittlichem IQ (36%) und durchschnittlichem IQ (64%)

• Insgesamt 429 Kinder/ Jugendliche (n= 25-216), etwa 2/3 mit komorbider ADHS

• Behandlungsdauer 4 Wochen – 6 Monate

• Überwiegend männliche Patienten

• Sozialverhaltensprobleme und Aggressionen als Haupt-Outcome

• Alle Studien zeigten statistisch signifikante Überlegenheit von Risperidongegenüber Placebo

• Metaanalyse: Effektstärke 0,60 (95% CI 0,31 – 0,89)

Pringsheim et al., 2015

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(Risperidon bei SSV – Nutzen-Risiko Bewertung)

Alexander Häge| KJP 12

- Konsequenzen für die weitere Entwicklung bei unzureichender Behandlung?

- Nebenwirkungsprofil der Substanz

- Langzeiteffekte / Supersensitivität (?)

- Möglichst kurze Gabe? Möglichst geringe Dosis?

- Langsam ausschleichend absetzen nach längerer Gabe

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 13

5.7.1.8. Liegt eine Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens vor, soll bei Indikation zu einer pharmakologischen Therapie eine Behandlung mit den zur Behandlung von Hyperkinetischen Störungen zugelassenen Substanzen auch zur Verringerung der Sozialverhaltensstörung, oppositionellen und/oder aggressiven Symptomatik erfolgen. Dabei können in erster Linie Stimulanzien(Methylphenidat, Amfetaminpräparate), bei Nichtansprechen auch Nicht-Stimulanzien (Atomoxetin, Guanfacin) eingesetzt werden. Bei fehlenden Kontraindikationen sind Stimulanzien den Nicht-Stimulanzien vorzuziehen.

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 14

5.7.1.9. Wenn neben der Störung des Sozialverhaltens, Symptome von Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder Hyperaktivität vorliegen, die nicht die diagnostischen Kriterien einer hyperkinetischen Störung erfüllen, kann ebenfalls ein Behandlungsversuch mit Substanzen, die zur Behandlung der Hyperkinetische Störung zur Anwendung kommen, indiziert sein.

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In D zugelassene ADHS-Medikation

Alexander Häge| KJP 15

DA = Dopamin, NA = Noradrenalin

1. Han DD et al. BMC Pharmacol 2006; 6: 6; 2. Fachinformation Elvanse®, Mai 2017; 3. Fachinformation Strattera®, Juni 2015; 4. Fachinformation Intuniv®, Juni 2017

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In D zugelassene ADHS-Medikation

Alexander Häge| KJP 16

DA = Dopamin, NA = Noradrenalin

1. Han DD et al. BMC Pharmacol 2006; 6: 6; 2. Fachinformation Elvanse®, Mai 2017; 3. Fachinformation Strattera®, Juni 2015; 4. Fachinformation Intuniv®, Juni 2017

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Wirkung von Psychostimulanzien (MPH, AMF)

Alexander Häge | KJP 17

Hodgkins P et al. Eur Child Adolesc Psychiatry 2012; 21: 477-492

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Behandlung mit Stimulanzien

Alexander Häge| KJP 18

Arnold LE. J Atten Disord 2000; 3: 200–11

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Nebenwirkungen unter Stimulanzientherapie

Alexander Häge| KJP 19

Kopfschmerzen / Bauchschmerzen / Übelkeit / Mundtrockenheit

Verringerter Appetit

Gewichtsabnahme / Verringerung Längenwachstum

Schlaflosigkeit

Verstärkung von Tics

Reizbarkeit / Aggressivität

Traurigkeit / Stimmungsschwankungen / Affektlabilität

Ängste

Blutdruck- / Pulsanstieg / Rhythmusstörungen

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Kontrolluntersuchungen nach ADHS LL (1)

Alexander Häge| KJP 20

Engmaschige Erfassung unerwünschter Wirkungen zu Beginn der medikamentösen Behandlung (z. B. wöchentlich)

Mindestens alle 6 Monate Überprüfung ob Weiterverordnung indiziert (ggf. Auslassversuch)

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Kontrolluntersuchungen nach ADHS LL (2)

Alexander Häge| KJP 21

Körpergewicht initial nach 3 und 6 Monaten, im weiteren Verlauf alle 6 Monate messen und dokumentieren (Altersperzentilen bestimmen)

Bei signifikanter Beeinträchtigung des Längenwachstums im Zusammenhang mit einer medikamentösen Behandlung mit Stimulanzien ggf. Unterbrechung (z. B. in den Schulferien)

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Kontrolluntersuchungen nach ADHS LL (3)

Alexander Häge| KJP 22

Puls- und Blutdruckkontrollen bei Anpassung der Dosierung sowie routinemäßig etwa alle 6 Monate

Bei wiederholten Ruhetachykardien, Arrhythmien und/oder erhöhtem systolischen Blutdruck – Dosisreduktion und Überweisung zum (Kinder-) Kardiologen

Bei Auftreten psychotischer Symptome (z.B. Wahn / Halluzinationen) – Absetzen des Präparates und ausführliche psychiatrische Abklärung

Bei neu auftretenden Krampfanfällen oder Exazerbation eines bekannten Krampfleidens – Absetzen des Präparates und Überweisung zum Neurologen/Neuropädiater

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Kontrolluntersuchungen nach ADHS LL (3)

Alexander Häge| KJP 23

Puls- und Blutdruckkontrollen bei Anpassung der Dosierung sowie routinemäßig etwa alle 6 Monate

Bei wiederholten Ruhetachykardien, Arrhythmien und/oder erhöhtem systolischen Blutdruck – Dosisreduktion und Überweisung zum (Kinder-) Kardiologen

Bei Auftreten psychotischer Symptome (z.B. Wahn / Halluzinationen) – Absetzen des Präparates und ausführliche psychiatrische Abklärung

Bei neu auftretenden Krampfanfällen oder Exazerbation eines bekannten Krampfleidens – Absetzen des Präparates und Überweisung zum Neurologen/Neuropädiater

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Stimulanzien bei ADHS und SSV – Evidenz (1)

Alexander Häge| KJP 24

Metaanalyse 2001: 28 RCTs

• N= 683 (n=6 bis 46) mit ADHS (75% mit komorbider SSV)

• Mittlere Behandlungsdauer 13d

• „Overt aggression“ (Aggressivität, oppositionelles Verhalten etc.) vs. „Covert aggression“ (Lügen, Stehlen, Zündeln etc.)

• Metaanalyse: Overt aggression: Effektstärke 0,84 (95% CI 0,70 – 1,02) – kein signifikanter Unterschied zwischen MPH und AMF

• Metaanalyse: Covert aggression: Effektstärke 0,54 (95% CI 0,21 -1,29) – kein signifikanter Unterscheid zwischen MPH und AMF

Connor et al., 2001

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Stimulanzien bei ADHS und SSV – Evidenz (2)

Alexander Häge| KJP 25

Metaanalyse 2015: 12 weitere RCTs

• N= 1681 (n=24 bis 327) mit ADHS mit komorbider SSV (44% CD, 93% ODD)

• Behandlungsdauer 2 – 16 Woche

• Sekundäre Outcomes: Sozialverhaltensprobleme, oppositionelles Verhalten, Aggressionen

• In allen Studien waren Stimulanzien statistisch signifikant überlegen gegenüber Placebo

• Metaanalyse:

Effektstärke 0,84 (95%CI 0,59 – 1,10) im Lehrerurteil

Effektstärke 0,55 (95% CI 0,36 – 0,73) im Elternurteil

Pringsheim et al., 2015

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In D zugelassene ADHS-Medikation

Alexander Häge| KJP 26

DA = Dopamin, NA = Noradrenalin

1. Han DD et al. BMC Pharmacol 2006; 6: 6; 2. Fachinformation Elvanse®, Mai 2017; 3. Fachinformation Strattera®, Juni 2015; 4. Fachinformation Intuniv®, Juni 2017

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Atomoxetin

Alexander Häge| KJP 27

Selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

Dosierung: i.d.R. Beginn mit 0,5mg/kg (mindestens 7d), dann Erhöhung auf 1,2 mg/kg (Unbedenklichkeit bis 1,8mg/kg)

Jugendliche über 70kg: Beginn mit 40mg (mindestens 7d), dann Erhöhung auf 80mg (Unbedenklichkeit 120 mg)

Flüssige Form verfügbar

Kontrolluntersuchungen vergleichbar mit Vorgehen bei Stimulanzien

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Guanfacin

Alexander Häge| KJP 28

Bei Kindern/Jugendlichen bei denen eine Behandlung mit Stimulanzien nicht in Frage kommt oder unverträglich ist oder sich als unwirksam erweisen hat

α2A Rezeptor-Agonist (Wirkung: präfrontaler Cortex)

Blutdrucksenkende und sedierende Wirkung geringer als bei Clonidin

Einnahme beginnend mit 1mg/d (morgens oder abends), wöchentliche Erhöhung (Maximaldosis gewichtsabhängig)

NW: Sedierung, Hypotonie, Bradykardie, Gewichtszunahme

Bei Absetzen Ausschleichen (höchstens 1mg alle 3d) (cave: Hypertonie/Tachykardie)

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Evidenz Nicht-Stimulanzien (1)

Alexander Häge| KJP 29

Atomoxetin

• 25 RCTs, n= 3928 Kindern und Jugendliche mit ADHS (44% komorbid ODD oder CD)

• Oppositionelles Verhalten als Outcome

• Behandlungsdauer 4 bis 18 Wochen

• Metaanalyse: Effektstärke 0,33 (95% CI 0,24 – 0,43)

Schwartz et al., 2014

Pringsheim et al. 2015

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Evidenz Nicht-Stimulanzien (2)

Alexander Häge| KJP 30

Guanfacin

• 2 RCTs

• N= 678 Kinder mit ADHS (SSV als Komorbidität erlaubt, aber nicht quantifiziert)

• Eine Studie GXR als add on zu MPH (9 Wochen). Eine Studie GXR Monotherapie (8 Wochen)

• Beide Studien zeigten eine statistisch signifikante Überlegenheit von GXR gegenüber Placebo für oppositionelles Verhalten

Pringsheim et al., 2015

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 31

5.7.1.10. Bei Kindern und Jugendlichen mit einer Hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens und schwerwiegendem impulsiven aggressivem Verhalten kann eine Monotherapie oder Kombinationsbehandlung mit einem atypischen Neuroleptikum, z.B. Risperidon, erwogen werden, sollte sich unter einer medikamentösen Monotherapie mit Substanzen zur Behandlung der Hyperkinetischen Symptomatik keine ausreichende Besserung der aggressiven Symptomatik ergeben haben.

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 32

• 5.7.1.12. Bei Patienten, bei denen o.g. medikamentöse Behandlungsversuche nicht wirksam waren, kann eine Behandlung mit Valproat erwogen werden. Die Anwendung von Valproat kann bei weiblichen Patienten nur unter Vorbehalt unter Berücksichtigung der aktuellen Sicherheitsbedenken (polyzystische Ovarien, Kontrazeption) empfohlen werden.

• 5.7.1.13. Als ultima ratio kann bei Patienten mit therapieresistenter Symptomatik eine Behandlung mit Lithium unter stationären Bedingungen erwogen werden. Der Einsatz ist aufgrund der geringen therapeutischen Breite limitiert.

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 33

• 5.7.1.12. Bei Patienten, bei denen o.g. medikamentöse Behandlungsversuche nicht wirksam waren, kann eine Behandlung mit Valproat erwogen werden. Die Anwendung von Valproat kann bei weiblichen Patienten nur unter Vorbehalt unter Berücksichtigung der aktuellen Sicherheitsbedenken (polyzystische Ovarien, Kontrazeption) empfohlen werden.

Evidenz zu Valproat:

2 RCTs zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit CD oder ODD

• 1.) Valproat als Augmentation zur Behandlung mit Psychostimulanzien (n=27 Kinder, Alter 6-13 Jahre), Anteil der Responder signifikant höher als unter Placebo (Blader et al., 2009)

• 2.) RCT mit cross-over Design, 20 Patienten mit CD oder ODD. Im ersten Teil respondierten 8 (von 10) Patienten unter Valproat und keiner der 10 Patienten unter Placebo; im zweiten Teil verblieben 15 Patienten, von denen unter Valproat 6 (von 7) respondierten und unter Placebo 8 (von 8) einen Rezidiv erlitten (Donovan et al., 2000)

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 34

Valproat

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S3 Leitlinien zur Störung des Sozialverhaltens

Alexander Häge| KJP 35

• 5.7.1.13. Als ultima ratio kann bei Patienten mit therapieresistenter Symptomatik eine Behandlung mit Lithium unter stationären Bedingungen erwogen werden. Der Einsatz ist aufgrund der geringen therapeutischen Breite limitiert.

Evidenz zu Lithium:

Die Systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse von Pringsheim et al. (2015) fand 4 Placebo-kontrollierte Studien zur Wirksamkeit von Lithium in der stationären Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Sozialverhaltensstörung (Rifkin et al., 1997, Malon et al., 2000, Campbell et al., 1984, Campbell et al, 1995). Die Ergebnisse der Studien waren heterogen. 3 Studien lieferten hinreichend Daten für den Einschluss in die Metaanalyse. Die Behandlung mit Lithium war insgesamt mit einer höheren Response und Remission assoziiert als Placebo (Odds Ratio 4,56 (95% CI 1,97 – 10,56; p<0.001)). Effektstärken wurden nicht berechnet.

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Medikamenten-Adhärenz

Alexander Häge| KJP 36

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Medikamenten-Adhärenz

Alexander Häge| KJP 37

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SEMA – Studie (Subjective Experience and Medication

Adherence in Adolescents with Psychiatric Disorders)

Alexander Häge| KJP 38

Arzt-Patienten Beziehung, familiäre Unterstützung und subjektive Krankheitskonzepte spielten für die Adhärenz beiJugendlichen mit psychischen Störungen eine bedeutendereRolle als Wirkung und Nebenwirkungen der Medikation.

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Medikamenten-Adhärenz

Alexander Häge| KJP 39

“Psychozeug ist nichtso mein Ding”

w, 15 Jahre“Ich finde an sich

Tabletten Scheisse”m, 15 Jahre

“Man muss sicheingestehen, dass man nicht

normal ist, und dann ums Normale Kämpfen”

m, 15 Jahre

“Ich habe eher der Ärztin die Erkrankung erklärt, zuhause lesen

wir immer so Psycho-Zeitschriften”w, 14 Jahre

Mein Gehirn istunaufgeräumt, jetztmuss Ordnung rein”

w, 16 Jahre

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit !

Alexander Häge| Zentralinstitut für Seelische Gesundheit 40

[email protected]