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JUNI 2004 Aufwärmen bei Kieser Training Was versteht man unter Aufwärmen? In der Sportwissenschaft wird Aufwär- men als eine «Tätigkeit zur Herstellung einer optimalen psycho-physischen Ver- fassung vor sportlichem Training oder Wettkampf» verstanden (KIRSCH und KAYSER, 1992). Aufwärmübungen bewirken vor allem: eine Verbesserung der körperlichen Leistungsbereitschaft durch die Erhöhung der Muskelkontraktions- geschwindigkeit und -durchblutung sowie durch den Anstieg der Körper- temperatur auf 38,5°C, eine Verbesserung der koordinativen Leistungsbereitschaft durch die Zunahme der Nervenleitungs- geschwindigkeit und eine Optimierung der psychischen Leistungsbereitschaft. Neben der Steigerung der Leistungsbe- reitschaft dienen diese Aufwärmeffekte auch dem Schutz vor Verletzungen. Der Aufwärmeffekt kann entweder durch aktive Übungen wie Laufen, Locke- rungs- oder Dehnungsübungen erreicht werden oder passiv durch Massagen, Duschen etc. Ein Aufwärmen des gesamten Bewe- gungsapparates ist sinnvoll, wenn mehre- re Muskeln und Muskelgruppen gleich- zeitig einer sehr hohen Beanspruchung ausgesetzt sind. 90% des Kieser Trainings ist Aufwärmen Im Gegensatz zum Sport wird bei Kieser Training die Muskulatur einzeln trainiert. Es ist nicht sinnvoll, Muskeln aufzuwär- men, die erst 20 Minuten später trainiert werden. Daher erfolgt die Vorbereitung bei Kieser Training gesondert für jeden einzelnen Muskel bzw. jede Muskel- gruppe. Dieser separate Aufwärmeffekt voll- zieht sich in allen Maschinen innerhalb der Übungsdauer von 60 – 90 Sekunden und macht ca. 90 % der Trainingszeit aus. Während der ersten 55 – 80 Sekunden wird der Muskel «angewärmt» und so auf die Anstrengung der letzten Sekunden, die den Kraftwachstumsreiz auslösen, vorbereitet. Denn erst in dieser letzten Phase werden die für den Kraftaufbau relevanten Muskelfasern rekrutiert. Durch das spezifische Aufwärmen bei Kieser Training erreichen wir zweierlei: Erstens hat das Nervensystem genügend Die Hausnachrichten von Kieser Training Editorial: 2 Jahre FAKT – Mit Innovation in die Zukunft! 2 Aktuelles: Wissenschaftliche Unter- suchung der Universität Köln in Kooperation mit Kieser Training 3 Themen der Zeit: Krafttraining von den Anfängen bis ins Mittelalter 4 Persönlichkeiten: Von Kindesbeinen an 6 Dialog: Kraftvoll über die Distanz 7 Kolumne: Forschung in einem wirtschaftlichen Unternehmen 8 Reflex 03 Zeit, möglichst viele Fasern zu mobili- sieren; zweitens erhält der Muskel die ideale «Betriebstemperatur», die bei ca. 38,5°C liegt. Dies sind ideale Trainings- voraussetzungen. Durch die langsame und kontrollierte Bewegungsausführung besteht kein hö- heres Verletzungsrisiko als bei der Aus- übung von Alltagstätigkeiten. Literatur: KIRSCH, A. & KAYSER, D. (1992). Aufwärmen. In P. RÖTHIG (Ltg.); H. BECKER; K. CARL; D. KAYSER & R. PROHL, R. (Hrsg.), Sportwissenschaftliches Lexikon (6. Aufl., S. 51). Schorndorf: Hofmann. TEXT: FORSCHUNGSABTEILUNG KIESER TRAINING (FAKT) Kieser Training sieht sich manchmal mit der Frage konfrontiert, warum vor dem Training keine Aufwärmübungen durchgeführt würden. Dies ist ein Beispiel, wie Stereotypen unreflektiert übernommen und unabhängig vom Nutzen nachgebetet werden. Aufwärmen ist ein wichtiger Faktor unserer Trainingsmethodik. Tatsächlich dienen 90% der Trainingsdauer an jeder einzelnen Maschine der Vorbereitung der Muskulatur auf die Anstrengung der letzten Trainingssekunden.
8

JUNI 2004 Reflex · H. BECKER; K. CARL; D. KAYSER & R. PROHL, R. (Hrsg.), Sportwissenschaftliches Lexikon (6. Aufl., S. 51). Schorndorf: Hofmann. TEXT: FORSCHUNGSABTEILUNG KIESER

Oct 23, 2019

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JUNI 2004

Aufwärmen bei Kieser Training

Was versteht man unter Aufwärmen?In der Sportwissenschaft wird Aufwär-men als eine «Tätigkeit zur Herstellungeiner optimalen psycho-physischen Ver-fassung vor sportlichem Training oderWettkampf» verstanden (KIRSCH undKAYSER, 1992).

Aufwärmübungen bewirken vor allem:■ eine Verbesserung der körperlichen

Leistungsbereitschaft durch die Erhöhung der Muskelkontraktions-geschwindigkeit und -durchblutung sowie durch den Anstieg der Körper-temperatur auf 38,5°C,

■ eine Verbesserung der koordinativen Leistungsbereitschaft durch die Zunahme der Nervenleitungs-geschwindigkeit und

■ eine Optimierung der psychischen Leistungsbereitschaft.

Neben der Steigerung der Leistungsbe-reitschaft dienen diese Aufwärmeffekteauch dem Schutz vor Verletzungen.

Der Aufwärmeffekt kann entwederdurch aktive Übungen wie Laufen, Locke-rungs- oder Dehnungsübungen erreichtwerden oder passiv durch Massagen,Duschen etc.

Ein Aufwärmen des gesamten Bewe-gungsapparates ist sinnvoll, wenn mehre-re Muskeln und Muskelgruppen gleich-zeitig einer sehr hohen Beanspruchungausgesetzt sind.

90% des Kieser Trainings ist AufwärmenIm Gegensatz zum Sport wird bei KieserTraining die Muskulatur einzeln trainiert.Es ist nicht sinnvoll, Muskeln aufzuwär-men, die erst 20 Minuten später trainiertwerden. Daher erfolgt die Vorbereitungbei Kieser Training gesondert für jedeneinzelnen Muskel bzw. jede Muskel-gruppe.

Dieser separate Aufwärmeffekt voll-zieht sich in allen Maschinen innerhalbder Übungsdauer von 60 – 90 Sekundenund macht ca. 90 % der Trainingszeit aus.

Während der ersten 55 – 80 Sekundenwird der Muskel «angewärmt» und so aufdie Anstrengung der letzten Sekunden,die den Kraftwachstumsreiz auslösen,vorbereitet. Denn erst in dieser letztenPhase werden die für den Kraftaufbaurelevanten Muskelfasern rekrutiert.Durch das spezifische Aufwärmen beiKieser Training erreichen wir zweierlei:Erstens hat das Nervensystem genügend

Die Hausnachrichten von Kieser Training

Editorial: 2 Jahre FAKT – Mit Innovation in die Zukunft! 2

Aktuelles: Wissenschaftliche Unter-suchung der Universität Köln inKooperation mit Kieser Training 3

Themen der Zeit: Krafttrainingvon den Anfängen bis insMittelalter 4

Persönlichkeiten: VonKindesbeinen an 6

Dialog: Kraftvoll über die Distanz 7

Kolumne: Forschung in einemwirtschaftlichen Unternehmen 8

Reflex 03

Zeit, möglichst viele Fasern zu mobili-sieren; zweitens erhält der Muskel dieideale «Betriebstemperatur», die bei ca.38,5°C liegt. Dies sind ideale Trainings-voraussetzungen.

Durch die langsame und kontrollierteBewegungsausführung besteht kein hö-heres Verletzungsrisiko als bei der Aus-übung von Alltagstätigkeiten.

Literatur:KIRSCH, A. & KAYSER, D. (1992). Aufwärmen. In P. RÖTHIG (Ltg.); H. BECKER; K. CARL; D. KAYSER & R. PROHL, R. (Hrsg.), Sportwissenschaftliches Lexikon (6. Aufl., S. 51). Schorndorf: Hofmann.

TEXT: FORSCHUNGSABTEILUNG KIESER TRAINING (FAKT)

Kieser Training sieht sich manchmal mit der Frage konfrontiert, warum

vor dem Training keine Aufwärmübungen durchgeführt würden. Dies ist

ein Beispiel, wie Stereotypen unreflektiert übernommen und unabhängig

vom Nutzen nachgebetet werden. Aufwärmen ist ein wichtiger Faktor

unserer Trainingsmethodik. Tatsächlich dienen 90% der Trainingsdauer

an jeder einzelnen Maschine der Vorbereitung der Muskulatur auf die

Anstrengung der letzten Trainingssekunden.

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2 / EDITORIAL

2 Jahre FAKT – Mit Innovation in die Zukunft!

Liebe Leserin

Lieber Leser

Auch kluge Menschen können sich irren. Führende Wissenschaftler erklärten in den

60er Jahren: «Kraft lässt sich nur bis zu einem bestimmten Alter trainieren» und

«Der altersbedingte Kraftverlust ist genetisch determiniert».

Das war vor mehr als 40 Jahren. Heute wissen wir, welch fundamentaler Fehleinschät-

zung die Wissenschaft damals erlag. Jeder menschliche Körper reagiert auf über-

schwellige Reize mit Anpassungsvorgängen. Dieser Mechanismus ist dem älteren

Körper ebenso eigen wie dem jüngeren. Durch ein gezieltes und entsprechend dosiertes

Krafttraining können Sie auch im fortgeschrittenen Alter ein hohes Kraftniveau erzie-

len, wodurch sich die Aufgaben des alltäglichen Lebens wie z. B. das Treppen steigen,

das Tragen von Gegenständen und vieles mehr leichter verrichten lassen. Ebenso können

Sie durch ein langfristig angelegtes Training genetisch bedingte Alterungsprozesse

wesentlich verzögern.

Dieses Beispiel zeigt, dass es auch in der Sportwissenschaft noch unendlich viel zu

entdecken, zu prüfen und – in der praktischen Konsequenz – zu verbessern gibt. Kieser

Training hat diesen Sachverhalt erkannt und vor zwei Jahren eine eigene Forschungs-

abteilung (FAKT) gegründet.

Um Ihnen als unseren Kunden mit Kieser Training einen möglichst hohen Nutzen

bieten zu können, steht unsere Forschung vor allem im Zeichen der konsequenten

Kundenorientierung. Deshalb versuchen wir unser Angebot und unsere Entwicklungen

aus Ihrer Perspektive zu betrachten und in Ihren Anforderungen zu denken.

Über die aktuellen Entwicklungen und Ergebnisse der Forschung zu Kieser Training

wird Sie der Reflex in regelmäßigen Abständen informieren. Wir freuen uns auch

über Ihre Kritik, Anregungen und Verbesserungsvorschläge.

Dr. Sven Goebel

Leiter der Forschungsabteilung Kieser Training (FAKT)

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AKTUELLES / 3

Wissenschaftliche Untersuchung der Universität zu Köln in Kooperation mitKieser Training

Der Anbieter soll nicht nur über diebesten Trainingsmaschinen verfügen,sondern ein Programm zusammenstellen,dass Ihren Bedürfnissen, Fähigkeiten undProblemen gerecht wird. Er soll aufklä-ren und motivieren, Schwierigkeiten er-kennen und beheben. Kurzum: Er sollalles dazu beitragen, dass Sie im Trainingerfolgreich sind.

Doch sind Anbieterverhalten undKonzept nicht alleinige Erfolgsfaktoren.Jeder Trainingserfolg ist das Ergebniseines Zusammenspiels zwischen demAnbieter und Konzept auf der einen unddem Kunden auf der anderen Seite. Diegewünschten Ergebnisse werden nurdann erzielt, wenn auch Sie, der Kunde,aktiv einen Beitrag leisten. Dazu gehört

beispielsweise das konsequente Trainingunter Beachtung der Trainingsprinzi-pien.

Bislang gibt es keine Untersuchung,die umfassend erforscht, wie Anbieter-und Kundenverhalten zusammenwirkenund gemeinsam zum Leistungserfolg bei-tragen. Mit diesem Thema befasst sichderzeit ein breit angelegtes Forschungs-projekt der Universität zu Köln. KieserTraining hat sich als Kooperations-partner für diese unabhängige Studiezur Verfügung gestellt.

In mehreren zufällig ausgewähltenKieser Training-Betrieben führen wireine schriftliche Befragung durch. Eswird untersucht, welche BeweggründeSie zum Training veranlassen, wie Sie

Thomas und Karl-Rainer Lindner, Franchisenehmer des neuen Kieser Training-Betriebes in Ratingen

schaftlichen Forschung. Sie helfen auchKieser Training, sich weiterzuentwickelnund sich besser auf Sie, den Kunden, ein-zustellen.

Für Ihre Teilnahmebereitschaft be-danke ich mich im Voraus!

Dr. Marion Büttgen Leitung der StudieUniversität zu Köln

trainieren, welche Einstellungen, Über-zeugungen und Probleme Sie haben undwie Sie die Informationen zum Trainingaufnehmen und umsetzen.

Um den Fragebogen auszufüllen, bit-ten wir Sie um ca. 20 Minuten Ihrer Zeit.Idealerweise füllen Sie den Bogen vorOrt in Ihrem Kieser Training-Betriebaus. Der bearbeitete Fragebogen wird ineinem verschlossenen Umschlag an dieUniversität zu Köln weitergeleitet. DieAuswertung erfolgt vollkommen anony-misiert.

Um aussagekräftige Ergebnisse zuerzielen, ist es sehr wichtig, dass alleKunden der beteiligten Betriebe an derUntersuchung teilnehmen. Sie leistendamit nicht nur einen Beitrag zur wissen-

Ratingen, 4. Juni 2004«Im Skiurlaub fuhren mir meine Freundeplötzlich frei von Konditionsproblemendavon. Sie trainierten bei Kieser. Zurückaus den Bergen, absolvierte ich auf derStelle ein Einführungstraining», erzähltder Unternehmer Karl-Rainer Lindner.«Das war vor einem Jahr. Seitdem trai-niere ich regelmäßig. Meine zeitweiligenRückenbeschwerden bin ich los, ebensomeine Konditionsrückstände.»

Jetzt eröffnet er gemeinsam mit sei-nem Sohn Thomas einen eigenen KieserTraining-Betrieb. «Als ich das erste Malin einen Kieser Training-Betrieb kam,

TEXT: DR. MARION BÜTTGEN

war alles anders. Ich empfand die Atmos-phäre als angenehm, der Raum war hell,ruhig und sauber, die Menschen warenauf ihr Training konzentriert und dasganze Drumherum, das ich aus Fitness-Studios kannte, schien hier keine Bedeu-tung zu haben. Im Vordergrund stand dasTraining. Das hat mich überzeugt», soThomas Lindner zum Konzept.

Zur Eröffnungsveranstaltung am Freitag (4. Juni, 18:00 Uhr) sind alleInteressenten herzlich eingeladen.

«Habe Mut, Dich Deiner Kraft zu be-dienen» – so der Titel des Vortrags, in demDr. Sven Goebel (Leiter der Forschungs-

abteilung von Kieser Training) ab 18:30Uhr über den Nutzen eines Kräftigungs-trainings informiert.

Im Anschluss erläutert Dr. med.Jörg Harmsen die Kräftigungstherapie.Er ist praktizierender Orthopäde undtrainiert selbst seit Jahren bei KieserTraining.

Kieser Training RatingenCalor-Emag-Straße 3D-40878 [email protected]

TEXT: DIE KIESER TRAINING-REDAKTION

Was erwarten Sie, wenn Sie sich für ein Trainingskonzept entschieden

haben? Sicherlich die bestmögliche Unterstützung, um Ihre persönlichen

Trainingsziele zu erreichen.

Page 4: JUNI 2004 Reflex · H. BECKER; K. CARL; D. KAYSER & R. PROHL, R. (Hrsg.), Sportwissenschaftliches Lexikon (6. Aufl., S. 51). Schorndorf: Hofmann. TEXT: FORSCHUNGSABTEILUNG KIESER

Wo liegen die Ursprünge des Krafttrai-nings? Wer nach den historischen Spurendes Krafttrainings sucht, kommt nichtumhin, sich auch mit der Geschichte derKörperkultur und des Sports auseinan-der zu setzen.

Es erweist sich als schwierig, Kraft-training, Leibesertüchtigung oder ähnli-che Begriffe sauber voneinander abzu-grenzen. Zwar führte die Menschheitschon früh Übungen zur Steigerung derKraft aus, jedoch waren diese nichtSelbstzweck. Betrachtet man die Ge-schichte des Krafttrainings, zeigt sich,dass die Motivation und die Ziele, diedamit verfolgt wurden, stark vom herr-schenden Zeitgeist beeinflusst waren. Jenach Epoche waren es eher politische,soziologische, philosophische, sportlicheoder medizinische Gründe, die die Men-schen dazu veranlassten, ihren Körper zutrainieren. Krafttraining diente beispiels-

Krafttraining von den Anfängen bis ins Mittelalter

4 / THEMEN DER ZEIT

weise der Kriegsvorbereitung, dem Spek-takel (römische Gladiatorenkämpfe),war und ist Sportart (Bodybuilding), fandin Therapie und Rehabilitation Eingangoder gehörte als fester Bestandteil zuideologischen Vorstellungen (dt. Turnbe-wegung «frisch-fromm-fröhlich-frei»).

Die Anfänge Erste Quellen, die von kräftigendenÜbungen berichten, sind auf 3600 – 3500 v. Chr. datiert: Der chinesische KaiserYu-Kang-Chi trainierte täglich mit Han-teln, sowohl aus gesundheitlichen alsauch aus ästhetischen Gründen und ver-anlasste auch seine Untergebenen seinemBeispiel zu folgen.

Während der Chou Dynastie (1122 –249 v. Chr.) bildete Gewichtheben einenTeil des Aufnahmetests für die chinesi-sche Armee. Selbst Konfuzius, einer derbekanntesten Philosophen Chinas (551 –479 v. Chr.), trainierte seinen Körper.

In Indien fand man Bogen und Keu-len, die vermutlich für einen systemati-schen Muskelaufbau genutzt wurden.Die Härte der Bogen und die Größe der Keulen variierte. Man nimmt an, dassder Anstrengungsgrad der Übung so dem Trainingszustand angepasst werdenkonnte.

Grabmalereien aus Ägypten, die um3400 v. Chr. entstanden sind, zeigen Sze-nen, die stark an das heutige Bodybuil-ding erinnern. Interessant ist, dass so-wohl Männer als auch Frauen dargstelltsind. Es scheint, dass die Ägypter dasKrafttraining nicht als ausschließlichmännliche Domäne verstanden.

Von den Griechen zu den Römern Im westlichen Kulturkreis waren die alten Griechen maßgeblich an der Ent-wicklung der Körperkultur beteiligt. Be-reits um 2000 v. Chr. verfügten sie überein breites Wissen rund um die Trainings-lehre und natürlich auch über die ent-sprechende Infrastruktur. Beispielsweise

besaßen sie eindrückliche Übungs- undWettkampfanlagen, die Gymnasien ge-nannt wurden.

Primär diente die körperliche Er-tüchtigung dazu, die Kriegstauglichkeitder der Soldaten zu steigern. Denn mehr als die Qualität oder Art der Waffenentschied die körperliche Fitness derTruppen über Sieg oder Niederlage imKampf.

Krafttraining gehörte auch zur Vor-bereitung auf die Panhellenischen Spie-le, den gesamtgriechischen sportlichenund kulturellen Festspielen der Antikezu Ehren der Götter. Die Teilnehmertrainierten u. a. mit Steinscheiben undSteinhanteln. Sie schulterten auch stei-nerne, jochähnliche Gewichte und führ-ten mit dieser Zusatzlast Kniebeugen aus.

Die Olympischen Spiele, einer derberühmtesten Anlässe aus der Serie derPanhellenischen Spiele, trugen die Grie-chen in Olympia, einem der wichtigstenKultorte des Gottes Zeus aus. Jeweilszehn Monate vor Beginn der Feierlich-keiten errichteten sie ein Trainingslager,welches die Athleten spätestens 30 Tagevor den Wettkämpfen bezogen habenmussten.

Neben verschiedenen Lauf- und Wurf-disziplinen und Pferderennen wurdenRing- und Faustkämpfe ausgetragen.Ver-schiedene bildliche Darstellungen zei-gen, dass die ausschließlich männlichenAthleten nackt zu den Spielen antraten.Frauen waren sowohl von der Teilnah-me wie auch vom Zuschauen ausge-schlossen. Die Sieger der OlympischenSpiele wurden hoch verehrt und genos-sen – neben dem Ruhm – steuerlicheVergünstigungen oder sogar Steuerfrei-heit.

Einen frühen Hinweis auf ein pro-gressives Krafttraining liefert die Legen-de von Milon von Kroton (550 v. Chr.).Mit Hilfe eines Stierkalbs, welches dergriechische Jüngling täglich in die Luftstemmte, gewann dieser an Kraft – in

Griechischer Jüngling beim Krafttraining mit Steinen, Innenbild einer Schale, um 500 v. Chr.

Krafttraining ist keine Erfindung unserer Zeit. Körperliche Ertüchtigung

war seit jeher ein Thema, welches die Menschen beschäftigte. Der

folgende Artikel beleuchtet einen kleinen Abschnitt auf der Zeitachse

der Geschichte des Krafttrainings.

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THEMEN DER ZEIT / 5

gleichem Ausmaß wie das Kalb an Ge-wicht. 16 Jahre lang war Milon – so dieLegende – olympischer Sieger im Ring-kampf.

Auch bei den Römern diente dasKrafttraining anfangs in erster Linie derWehrtauglichkeit der Soldaten. Mit der Zeit wandelte sich die militärischorientierte Leibeserziehung jedoch mehrund mehr zum Spektakel. Gladiatoren-,Sklaven- und Tierkämpfe sollten dasVolk bei Laune halten.

Die körperliche Betätigung fandebenfalls Eingang in die römische Bäder-kultur: So unterzog man sich einigen Lei-besübungen bevor man sich dem Badezuwandte.

Dunkle Zeiten Mit dem Niedergang der hellenistisch-römischen Kultur versiegen auch dieQuellen, welche über Krafttraining be-richten. Das Mittelalter mit seiner zumeistreligiös begründeten körperfeindlichenEinstellung ließ die Errungenschaftenund das Wissen der Trainingslehre vor-hergegangener Kulturen in Vergessenheitgeraten.

Die wenigen Hinweise, die auf einKrafttraining deuten, stammen aus demfrühen Mittelalter und zeigen eine aufKriegszwecke ausgerichtete Anwendung.Von britischen Pfeilbogenschützen (700 n.Chr.) ist beispielsweise überliefert, dass

sie Kraftübungen ausführten, um dieSchuss- und Einschlagskraft Ihrer Pfeilezu erhöhen. Mit verschieden starken undgroßen Bogen betrieben sie eine Formvon progressivem Krafttraining (vgl.«Die Anfänge»).

Erst im hohen und späten Mittelalterzeigten sich wieder lustbetontere Aus-prägungen von Bewegung: Während dieritterlich-adelige Oberschicht sich mitKampfspielen und Jagd die Zeit vertrieb,wandte sich die bäuerliche Unterschichtbei den wenigen Gelegenheiten, die sichboten, einfachen Spiel-, Tanz- und Wett-kampfformen zu. Bei letzteren standhauptsächlich die Zurschaustellung derrohen Kraft im Mittelpunkt. Für dasKleiderringen (Gegner fassen sich ge-genseitig an den Ärmeln) oder das Stein-stoßen beispielsweise, sollen sich die dieBauern mit zerlassener Butter «gedopt»haben. Im Gegensatz zu den antikenAthleten fehlte jedoch eine gezielte Vorbereitung auf die Wettkämpfe, z. B.mittels Krafttraining. Der Alltag war hartgenug und die Spiele hatten eher eine ArtAusgleichsfunktion. Das Streben nachkörperlicher und sportlicher Perfektionstand nicht im Vordergrund.

Wie es weitergeht in der Geschichterund um das Krafttraining können Sie ineiner der nächsten Ausgaben von Reflexlesen.

Das Kolosseum in Rom wurde um 80 n. Chr. fertiggestellt. Über dem elliptischen Grundriss erhoben sich 4 Stockwerke. Bis zu 70'000Zuschauer konnten von den Sitzreihen aus den Gladiatoren- undTierkämpfen beiwohnen. Unter der Arena befanden sich Käfige fürdie wilden Tiere, Galerien, Lager-, Umkleide- und Kellerräume.

TEXT: LUCILE STEINER, EIDG. DIPL. TURN-UND SPORTLEHRERIN I I , ETH ZÜRICH

Die abgebildeten Fausthanteln dienten in der Antike sowohl der Körperkräftigung als auch der Schwungentwicklung beim Weitsprung.

Steinhantel aus dem Südasiatischen Raum,um 100 n. Chr. Offenbar waren die Geräteüber Generationen in Gebrauch; die Besitzergravierten ihren Namen jeweils ein, bevor sie die Hantel weitergaben.

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Nach Jost Thomas Tod im Jahr 2000 über-nahm seine Tochter Dr. med. SandraThoma die Geschäftsführung der JostThoma Holding AG mit derzeit zwanzigBetrieben. Die Ärztin beschäftigt sichintensiv mit dem Thema «Krafttrainingund Ausdauersport».

Frau Dr. Thoma, Sie waren im Kran-kenhaus in der Chirurgie, InnerenMedizin und Rehabilitation tätig. Fürdie Geschäftsführung der Jost ThomaHolding AG haben Sie sich vorerstvon der Medizin verabschiedet. FielIhnen das schwer?

Die Zeit im Krankenhaus war sehr lehr-reich und spannend, ich möchte sie nichtmissen. Gleichzeitig war mir schon zuBeginn des Studiums klar, dass es nebender klassischen Mediziner-Karriere auchandere interessante Optionen gibt. DerEinstieg ins Familienunternehmen er-folgte auf eigenen Wunsch, wenn auchdurch den Tod meines Vaters früher alsgeplant. Ein Produkt zur Verbesserungund Erhaltung der Lebensqualität anbie-ten zu können, ist eine tolle Möglichkeit.

Sie kennen Kieser Training vonKindesbeinen an. Was warbesonders an den frühen Jahren?

Als mein Vater mir das erste Mal vonTraining an Maschinen erzählte, war ichca. 8 Jahre alt. Ich stellte mir industrielleMaschinen mit Förderband vor, auf dieman sich legen muss, um dann durch dieMaschine gelassen zu werden…

Das auffälligste war damals wie heuteder immense Maschinenpark. Allerdingskamen nur vereinzelt Frauen und kaumältere Leute. Krafttraining war etwas fürMuskelpakete/Bodybuilder und Spinner.Entsprechend wurde ich in der Schuleangeschaut, wenn gefragt wurde, wasdenn mein Vater beruflich mache.

Den größten Unterschied zu damalserfahre ich vor allem über die Wahr-nehmung von außen: Der Nutzen desKrafttrainings lässt sich heute wissen-schaftlich belegen und ist nicht mehrwegzudiskutieren. Kieser Training wirdheute nicht mehr mit Bodybuilding inVerbindung gebracht.

Welchen Stellenwert hat KieserTraining in Ihrem Leben?

Einen sehr hohen. Ich trainiere, seitdemich 13 bin. Ein bis zweimal pro Woche,egal wo ich bin. Ich kann mich erinnern,dass damals extra abgeklärt werden mus-ste, ob ich nicht zu jung sei. Inzwischenist mir unwohl, wenn ich nicht regelmä-ßig trainiere. Krafttraining ermöglichtmir den physischen Ausgleich zu meinem«viel sitzenden Alltag» und erlaubt mireine gefahrlose Ausübung meiner sport-lichen Aktivitäten. Zudem kann ich mitKrafttraining mental abschalten. Danachbin ich sehr entspannt.

Sie beschäftigen sich intensiv demThema «Ausdauersport undKrafttraining». Welche Bedeutunghat ein Krafttraining Ihrer Ansichtnach im Ausdauersport?

Um beispielsweise langfristig ohne be-schleunigte Abnutzungserscheinungenjoggen zu können, ist ein regelmäßigesKrafttraining zum Schutz der Gelenkeein «Muss». Zusätzlich macht eine trai-nierte Muskulatur leistungsfähiger, damehr Kraft pro Kilogramm Körperge-wicht zur Verfügung steht. Die Rehabili-tationszeiten sind bei trainierten Patien-ten nachweislich kürzer. Aus meinerSicht wird der Stellenwert des Kraft-trainings im Ausdauersport in Zukunftweiter steigen.

Wie lassen sich Krafttraining undAusdauer als die zwei zentralenSäulen unserer Leistungsfähigkeitmiteinander verbinden?

Ein- bis zweimal Krafttraining pro Wo-che und zwei- bis dreimal Ausdauer proWoche möglichst an unterschiedlichenTagen. Wichtig ist dabei nicht die Trai-ningsmenge, sondern das regelmäßigeTraining. Neue Studien belegen, dass rie-sige Trainingseinheiten nicht automa-tisch eine bessere Leistungsfähigkeit ga-rantieren, im Gegenteil. Qualität undRegelmäßigkeit gehen vor Quantität.

Kraft- vor Ausdauertraining oderumgekehrt? Und mit welchem zeitlichen Abstand soll beides trainiert werden?

Es empfiehlt sich, Kraft- und Ausdauernicht am selben Tag zu trainieren. EinLauftraining vor dem Krafttraining er-müdet die Oberschenkelmuskulatur, sodass während des Krafttrainings dieoptimale Spannungshöhe nicht mehrerreicht werden kann. Damit ist auch derTrainingsreiz nicht maximal, die Trai-ningseffizienz also reduziert. Umgekehrtist die Beinmuskulatur nach einem in-tensiven Krafttraining ermüdet, so dassbei einem anschließenden intensivenLauftraining eine erhöhte Stolper- undVerletzungsgefahr bestünde.

Kieser Training-Schweiz beteiligtesich im März 2004 zum zweiten Mal an den «Training Days». Diesewerden im Vorfeld des «IronmanSwitzerland» veranstaltet, der größten Triathlon-Veranstaltung der Schweiz.

Ziel ist es, ambitionierten Sportlern denNutzen eines Krafttrainings zu erklären.Im Laufsport sind zu schwache Rücken-muskeln geradezu legendär. Gleichzeitigwollen wir ihnen aufzeigen, dass sie mitstärkerer Muskulatur auch leistungsfähi-ger werden.

Sie führen auch Diskussionsrundenmit den Teilnehmern derVeranstaltung. Begegnen IhnenVorbehalte?

Einer der Hauptpunkte ist der Glaube,dass das die meisten Sportarten bereitsein ausgeglichenes Muskeltraining be-inhalten. Das Training an der B1 (Knie-strecker/Quadriceps) zeigt dann eindrück-lich, dass bis kurz vor der Streckung sehrviel Gewicht gestemmt wird, dasselbeGewicht jedoch nicht in die Horizontalegebracht werden kann, weil genau diesePhase beim Laufen nicht trainiert wird.

Oft wird auch mangelnde Zeit ins Feldgeführt. Gerade Triathleten haben ja einenormes Trainingspensum. Da ist KieserTraining mit 30 Minuten natürlich einidealer Partner!

Jost Thoma war der erste Franchisenehmer der Schweiz, der 1981 in

Zürich-Oerlikon einen Betrieb eröffnete. 1988 schloss Werner Kieser

einen Masterfranchisevertrag mit ihm, um sich auf die Expansion nach

Deutschland konzentrieren zu können.

Von Kindesbeinen an

INTERVIEW: DIE KIESER TRAINING-REDAKTION

6 / PERSÖNLICHKEITEN

Dr. med. Sandra Thoma

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DIALOG / 7

Warum ist es notwendig,neben dem Lauftrainingzusätzlich ein Kraft-training durchzuführen?

Ein intensives Lauftraining kann – ohneein ergänzendes Krafttraining – zu einereinseitigen Anpassung der Muskulatur,d. h. zu muskulären Dysbalancen führen.Diese muskulären Ungleichgewichteverursachen häufig Beschwerden, z. B.Rückenschmerzen. Während die lei-stungsbestimmende Muskulatur, insbe-sondere die Beine, immer kräftigerwerden, bleibt die übrige Muskulaturweitgehend unberücksichtigt. Daher istein ergänzendes und ausgewogenesKrafttraining empfehlenswert. Einekräftige Beinmuskulatur stabilisiert undentlastet die Gelenke und eine gut aus-gebildete Rückenmuskulatur schützt

und entlastet die Wirbelsäule. Zudemsteigert ein Training über den gesamtenBewegungsradius die Beweglichkeit.Dies vergrößert beispielsweise beimHüftstrecker die Schrittlänge. Je kräfti-ger Sie sind, desto schneller erfolgt auchdas Abstoßen nach dem Auftritt. So sindSie auf dem besten Weg zu Ihrer persön-lichen Bestzeit.

Wie sollte in derVorbereitungsphase trainiert werden?

Wichtig ist, dass Sie rechtzeitig vor einemWettkampf mit dem Training beginnen.Denn es braucht Zeit, bis sich Muskelnund Sehnen an die Belastung gewöhnthaben und der Körper die Mehrkraftkoordinieren und richtig einsetzen kann.

Um den Bewegungsapparat für einenMarathon zu rüsten, rechnet man etwamit einem Jahr Vorbereitungszeit. ZweiKrafttrainingseinheiten pro Woche bildeneinen guten Standard.

Beim Training selbst sollten Sie dieLeistungsmuskulatur und deren Gegen-spieler trainieren: die Muskeln der Streck-gruppe (vierköpfiger Oberschenkelstrek-ker, Wadenmuskulatur, Gesäßmuskula-tur) und die Muskeln der Beugergruppe(hintere Oberschenkel- und Schienbein-muskulatur, Hüftlendenmuskel). Zuden weiteren wichtigen Muskelgruppengehören – obwohl nicht direkt leistungs-bestimmend – die Abduktoren und Ad-duktoren, die leider oft vernachlässigtwerden.

Ihr Trainingsplan sollte zudem unbe-dingt die Muskeln berücksichtigen, dienicht unmittelbar durchs Laufen trai-niert werden, deshalb aber nicht wenigernotwendig sind, z. B. die Haltemuskula-

Kraftvoll über die Distanz

tur. Grundsätzlich ist ein Training anzu-streben, dass den ganzen Bewegungs-apparat einschließt.

Selbstverständlich müssen in IhremTrainingsplan Ihre allgemeine körperli-che und gesundheitliche Konstitution,Ihr Alter, der Trainingsumfang und an-dere Faktoren berücksichtigt werden.

Wann sollte man voreinem Marathon aufhören, zu trainieren?

Um ausgeruht in den Wettkampf zugehen, heißt es kurz vor dem Marathon«Kräfte tanken». In vielen Marathon-plänen wird aus diesem Grund in denletzten zwei Wochen das Laufpensumheruntergeschraubt, damit sich der Kör-per erholen kann. Ebenso wenig sinnvollist ein hartes Krafttraining kurz vor demWettkampf. Halten Sie Ihr Trainings-gewicht zwei bis drei Wochen vor demMarathon konstant und reduzieren Siedie Frequenz und Intensität Ihrer Trai-ningseinheiten.Trainieren Sie nicht mehrbis zur lokalen Erschöpfung.

In der letzten Woche vor dem Wett-kampf empfehle ich, das Krafttrainingganz einzustellen. Sollte Sie der Trai-ningseifer dennoch packen, so sollte nurnoch ein leichtes Krafttraining für denOberkörper bzw. Rumpf durchgeführtwerden. Da die Muskulatur mindestens48 Stunden zur Erholung braucht, solltenSie das Krafttraining jedoch spätestenszwei bis drei Tage vor dem Wettkampfeinstellen. So können Sie ausgeruht anden Start gehen.

TEXT: DIPL. SPORTWISS. NILS NEUMANN

Dipl. Sportwissenschaftler Nils Neumann, Geschäftsleiter Kieser Training-Hilden

Ob Hamburg, Boston oder New York: Marathon ist längst zum Volkssport mit

wachsender Anhängerschaft geworden. In diesen Wochen erreichen uns viele Fragen

zur Wettkampfvorbereitung. Diplom-Sportwissenschaftler und Geschäftsleiter von

Kieser Training-Hilden, Nils Neumann, erzählt von seinen Erfahrung und gibt Tipps.

Er ist selbst begeisterter Marathonläufer.

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8 / KOLUMNE

Forschung in einem wirtschaftlichen Unternehmen

«Hindern dich die Umstände an der Entfaltung deiner Tätigkeit?

Dann wirke auf die Änderung der Umstände hin und du hast darin

deine Tätigkeit.» (Ludwig Hohl)

ImpressumHerausgeberKieser Training AGSystemzentraleKanzleistrasse 126CH-8026 Zürich

Vertretungsberechtigter GeschäftsführerWerner Kieser

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te» Sitzhaltung ist beispielsweise nichtgleichbedeutend mit einer höheren Band-scheibenbelastung. Damit erwies sich dergut gemeinte Rat als hinfällig, es sei vor-teilhaft so zu sitzen, als habe man einenBesen verschluckt. Sich lümmeln schadetoffenbar nicht.

Meine damalige Schlussfolgerung:Wenn derart einfache Sachverhalte beider Überprüfung mit neuen Technolo-gien korrigiert werden müssen, wie siehtes dann mit anderen, komplexeren«Wahrheiten» aus? Welchen Einfluss haben muskuläre Ungleichgewichte aufdie Entstehung von Gelenkschmerzen?Welche Trainingsformen sind produkti-ver als andere? Welcher Trainingsum-fang, welche Trainingsintensität sindrichtig? Meine «Liste offener Fragen»wurde und wird mit jedem Tag länger.

Wer aber glaubt, bei der etabliertenWissenschaft einfach Antworten abrufenzu können, täuscht sich. Wie bei vielenWissensgebieten, dominieren auch inder Trainingswissenschaft die «weißenFlecken». Das ist kein Makel, sondernder Normalfall, denn jede gefundeneAntwort evoziert neue Fragen.

Durch unsere langjährige Spezialisie-rung auf die Lösung von Kräftigungspro-blemen verfügen wir über einen großenErfahrungsschatz und einen praxisbe-zogenen Wissensvorsprung. Wir suchenAntworten auf Fragen, die noch nie-mand gestellt hat. Was bleibt da anderesübrig, als eigenständig zu forschen unddie Zusammenarbeit mit anderen For-schern und Forschungsinstituten zu su-chen?

Der einzige Zweck der Forschung ineinem wirtschaftlichen Unternehmen istes, den Nutzen für die Kunden zu maxi-mieren.

Die Studienergebnisse wurden veröffentlicht in: Claes, L. E.; Wilke, H.-J.; Neef, P., Caimi, M. & Hoogland, T. (1999). New in vivo measurements of pressures in the intervertebral disc in daily life. Spine 24(8), 755-762.

Vor zwei Jahren gründete Kieser Trai-ning eine interne Forschungsabteilung inKöln, die FAKT. Der Wunsch nach einerunternehmenseigenen Forschung ent-stand jedoch schon viel früher. 1996hatten wir eine Studie finanziert, dieKlarheit darüber schaffen sollte, welchenBelastungen unsere Bandscheiben imAlltag ausgesetzt sind. Zwar gab es «verbindliche» Daten, auf die sich Ortho-päden, Krankengymnasten und Rücken-schulen beriefen und entsprechende Emp-fehlungen herausgaben. Doch stammtendiese aus Zeiten, in denen es noch keingenaues Bandscheibendruck-Messver-fahren gab.

Bei der Studie gelang es, mittels einerdirekt in die Bandscheibe eingesetztenSonde, den Druck zu messen, den ver-schiedene Tätigkeiten auf die Bandschei-be ausüben. Gemessen wurde der Druckbeim Gehen und Stehen, beim Sitzen,beim Heben eines Bierkastens, beimZähneputzen, Schlafen etc.

Das Resultat bestätigte die bestehen-den Daten nur teilweise. Es zeigten sichauch deutliche Abweichungen von bis-lang gängigen Annahmen. Eine «schlech-

TEXT: WERNER KIESER

Werner Kieser