Jens Wiegand ISRAEL PALASTINA - download.e-bookshelf.de€¦ · Hebron – Al-Khalil 205 Nördliche Westbank 217 Abu Dis 217 Ramallah 218 Umgebung von Ramallah 227 Nablus 231 Samaria

Jens Wiegand

ISRAEL PALASTINA

Kultur, Geschichte und Gegenwart

1. Auflage 2017

Trescher VerlagReinhardtstr. 910117 Berlinwww.trescher-verlag.de

ISBN 978-3-89794-737-5

Herausgegeben von Bernd Schwenkros und Detlev von Oppeln

Reihenentwurf und Gesamtgestaltung: Bernd Chill

Lektorat: Sabine FachStadtpläne und Karten: Johann Maria Just, Martin Kapp, Bernd Chill

Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheber-rechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für den Aushang, Vervielfältigun-gen, Übersetzungen, Nachahmungen, Mikrover-filmung und die Einspeicherung und Verarbei-tung in elektronischen Systemen.Alle Angaben in diesem Reiseführer wurden sorgfältig recherchiert und überprüft. Dennoch können Entwicklungen vor Ort dazu führen, dass einzelne Informationen nicht mehr aktuell sind. Gerne nehmen wir dazu Ihre Hinweise und Anregungen entgegen. Bitte schreiben Sie an [email protected].

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Titelbild: Tempelberg in Jerusalem (→ S. 104)

LÄNDER UND LEUTE

JERUSALEM

DIE WESTBANK

ZENTRALISRAEL UND DIE SÜDLICHE MITTELMEERKÜSTE

NEGEV UND ROTES MEER

TOTES MEER UND JORDANTAL

GALILÄA

DIE NÖRDLICHE MITTELMEERKÜSTE

TEL AVIV UND UMGEBUNG

REISETIPPS VON A BIS Z

SPRACHFÜHRER

ANHANG

Auf dem Rothschild Boulevard in Tel Aviv

55Inhalt

Vorwort 13Reisehöhepunkte 14Das Wichtigste in Kürze 16Sicherheit 20

LÄNDER UND LEUTE 23

Naturräume 24Küstenstreifen 24Mittelgebirge 26Jordangraben 27Negev-Wüste 29Golanhöhen und Hermon 29Das Klima 30

Geschichte Israels und Palästinas 33Frühgeschichte 33Biblische Zeiten 33Antike 38Mittelalter 41Neuzeit 4520. Jahrhundert 47Die Situation heute 69

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft 70Das politische System Israels 70Israel und Palästina im Überblick 73Die israelische Gesellschaft 74Die arabischen Israelis 76Die Drusen 78Die Beduinen 79Die israelische Wirtschaft 83Die palästinensische Wirtschaft 86

Kulturleben 88Literatur 88Bildende Künste 89Musik 91Film 93Das Sprachengewirr 94

Essen wie Gott im Orient 96Speisen 97Getränke 99

Kom6 Inhalt6

Kleines Speisenglossar 101

JERUSALEM 105

Zwischen Himmel und Hölle 106Orientierung 108Die Geschichte Jerusalems 109

Die Altstadt 121Jaffator 121Stadtmauern 123Zitadelle und Davidsturm 124Christliches Viertel 125Muslimisches Viertel 129Klagemauer 131Tempelberg 134Jüdisches Viertel 137Armenisches Viertel 139Zionstor und Zionsberg 141

Ostjerusalem 145Nördlich der Stadtmauer 145Ölberg 145

Westjerusalem 153Östliche Jaffa Road 156Westliche Jaffa Road 160Südlich der Jaffa Street 161King David Street 163Regierungsviertel Givat Ram 165Herzlberg 168Jerusalem-Informationen 171

DIE WESTBANK 181

Durch besetztes Territorium 182Reisen in der Westbank 183Geschichte und Gegenwart

der Westbank 186

Südliche Westbank 190Bethlehem 190Bethlehem-Informationen 200Theodosiuskloster und Mar Saba 203

Kom 7Inhalt 7

Herodium 204Hebron – Al-Khalil 205

Nördliche Westbank 217Abu Dis 217Ramallah 218Umgebung von Ramallah 227Nablus 231Samaria – Sebastia 241Qalqiliya 241Jenin 247Umgebung von Jenin 253

ZENTRALISRAEL UND DIE SÜDLICHE MITTELMEERKÜSTE 255

Von Jerusalem nach Westen 256Abu Gosh 257Tal von Latrun 258Tal von Elah 261Gush Etzion 262Nationaler Archäologiepark

Bet Guvrin 264Lod und Ramla 264

Entlang der Südküste 271Ashdod 271Nizzan 273Ashqelon 274Yad Mordechai 277Sderot und Umgebung 281

NEGEV UND ROTES MEER 285

Die Wüste Negev 286Rahat 286Be’er Sheva 289Nationaler Archäologiepark

Tel Arad 293Arad 294Dimona 295Weltkulturerbe

Mamshit-Nationalpark 297

Kom8 Inhalt8

Makhtesh HaGadol 300Westlich des Highway 40 300Mitzpe Ramon 305Makhtesh Ramon 308Der südliche Negev 309

Das Rote Meer 313Eilat 315Grenzübertritt nach Ägypten 320

Ausflug nach Jordanien 321Petra 321

TOTES MEER UND JORDANTAL 325

Durch das Aravatal zum Toten Meer 326Baraq Canyon 327Dead Sea Works 327Sodom 327En Boqeq 332Weltkulturerbe Festung 332Masada 332En Gedi 339Enot Tsukim Nature Reserve 341Qumran 342

Jericho und das untere Jordantal 345Mosesgrab – Nabi Musa 345Jericho 345Durch das Jordantal nach Galiläa 353

GALILÄA 355

Durch das Jordantal nach Norden 356Bet She’an 357Umgebung von Bet She‘an 358Festung Belvoir 360Gesher 360

Der See Genezareth 362Degania Alef 363Yardenit 366

Kom 9Inhalt 9

Tiberias 366Von Tiberias nach Kapernaum 370

Das Hulatal 372Safed – Zefat 372Rosh Pinna 378Weltkulturerbe Tel Hazor 379Hula Nature Reserve 379Galiläischer Pfannenstiel 380

Obergaliläa 386Jish 386Mount Meron 386Museum des Deutschsprachigen

Judentums Tefen 387Burgen und Höhlen 388

Niedergaliläa 390Nördlich von Nazareth 390Nazareth 391Mount Tabor 400Kafar Kama 400Weltkulturerbe Beit She’arim 401Waldheim – Allonei Abba 402Weltkulturerbe Tel Megiddo 403

Die Golanhöhen 405Östlich des Sees Genezareth 410Qatsrin 414Auf dem Highway 98

nach Norden 415Majdal Shams 418Mount Hermon 420Burg Nimrod 420

DIE NÖRDLICHEMITTELMEERKÜSTE 423

Von Herzliya nach Norden 424Herzliya 424Netanya 428Nationaler Archäologiepark

Caesarea 430Caesarea-Stadt 432Jisr Az-Zarqa 433

Kom10 Inhalt10

Zikhron Ya’aqov und Umgebung 434Das Karmelgebirge 437Weltkulturerbe Nahal Mearot

Nature Reserve 438Atlit 438En Hod 441

Haifa 443Geschichte 443Haifa heute 446Weltkulturerbe Bahai Gardens 447Die Deutsche Kolonie 450Sehenswürdigkeiten 451Museen 453

Weltkulturerbe Akko 458Geschichte 458Sehenswürdigkeiten 460Von Akko zur libanesischen

Grenze 465

TEL AVIV UND JAFFA 469

Die bunte weiße Stadt 470Orientierung 475Rabin Square 475Azrieli Observatory 476Sarona 477Dizengoff Street 477Rothschild Boulevard 478Museen im Stadtzentrum 479Museen nördlich des Zentrums 482Florentin 484Strände 484Shopping 486Sport 488Tel-Aviv-Informationen 489

Jaffa – Yafo 495Geschichte 495Sehenswürdigkeiten 497

Kom 11Inhalt 11

REISETIPPS VON A BIS Z 501

SPRACHFÜHRER 531

ANHANG

Glossar 536Leseempfehlungen 537Filmtipps 538Sach- und Personenregister 539Ortsregister 540Kartenregister 545Bildnachweis 546

EXTRAS

Sicherheit 20Sollte man Israel

nicht boykottieren? 32Koscher und halal 102Eine Fahrt mit der Jerusalem

Light Rail 151Me’a She’arim 159Die Ultraorthodoxen 176Sperranlage, Grenzbarriere,

Mauer der Schande 198Religiöse Überlebensstrategien:

Die Samaritaner 240Der ewige Zankapfel: 244Jüdische Siedlungen

im Westjordanland 244Adolf Eichmann und die Banalität

des Bösen 269Der Gazastreifen 279Das israelische Atomprogramm 299Baden im Toten Meer 331Das Tote Meer im Sterben 336Die einstige Utopie

als Auslaufmodell: der Kibbuz 364Zwei Kriege auf dem Golan 408Die Bahai 448

Am Damaskus-Tor in Jerusalem

13Vorwort

Vorwort

Kaum eine andere Region der Welt bietet auf derart begrenztem Territorium eine vergleichbare landschaftliche und kulturelle Vielfalt wie Israel und Palästina. Am Schnittpunkt dreier Kontinente und am Übergang der westlichen Welt zum Ori-ent gelegen, gehört die Region zu den aufregendsten Reisezielen des Globus. Seit Jahrhunderten treffen hier die drei großen monotheistischen Religionen zusam-men und ebenso oft aufeinander. Doch die permanente Medienpräsenz mit ihrer Fixierung auf Krieg und Katastrophe entwirft ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Der Konfliktherd von globaler Bedeutung erweist sich als relativ sicherer und nur punktuell schwierig zu bereisender Landstrich, der aber ein ungeheures Spektrum erlebenswerter Orte zu bieten hat.

Zehntausend Jahre Menschheitsgeschichte mit allen Höhen und Tiefen wollen entdeckt werden. Jericho rühmt sich als ältester dauerhaft bewohnter Ort der Welt, denn hier nahm der Übergang zur Sesshaftigkeit seinen Ausgang. Nur zwanzig Kilometer westlich wird Jerusalem von Christen wie Juden als ihre heiligste Stadt verehrt, im Islam folgt sie nach Mekka und Medina an dritter Stelle. Hunderttau-sende pilgern alljährlich zu Klagemauer, Tempelberg und den Geburtsstätten des Christentums. In krassem Gegensatz präsentiert sich Tel Aviv modern, liberal und weltoffen. Trotz des hohen Stellenwertes in der neutestamentlichen Darstel-lung und des stetigen Andrangs von Pilgern ist Nazareth zutiefst muslimisch ge-prägt. Es gilt als Hauptstadt der arabischen Minderheit Israels, die immerhin ein Fünftel der Bewohner umfasst. Zwischen diesen Polen offenbart sich das geradezu chaotisch-bunte Muster einer Gesellschaft zwischen unterschiedlichsten Traditi-onen und der Speerspitze der Modernität. Aus allen Himmelrichtungen strömten und strömen Zuwanderer ins Land, wo sie ihre kulturellen Eigenheiten bewahren. Der ethnische Flickenteppich vermischt Juden aus Osteuropa, dem Nahen Osten, Afrika, Nord- und Südamerika mit arabischer Kultur und Minderheiten wie Drusen, Tscherkessen, Samaritanern oder der kaum bekannten Religion der Bahai.

Demgegenüber steht die vergleichsweise einheitliche Bevölkerung in der seit 1967 von Israel besetzten Westbank. Die absolute Mehrheit der Palästinenser hängt dem Islam an, die christliche Minderheit ist im Alltag kaum zu entdecken. Über-wiegend an den Rändern des Westjordanlands drohen die umstrittenen jüdischen Siedlungen mit endgültiger Annektierung des Palästinensergebiets.

Die landschaftliche Vielfalt steht der kulturellen kaum nach: Auf der Fläche des Bundeslandes Hessen trennt kaum eine halbe Tagesreise die milden Gestade des Mittelmeers, die lebensfeindliche Wüste des Negev und des Toten Meeres, die schroffen Mittelgebirge Judäas und die saftigen Wiesen Galiläas vom Wintersport-gebiet des Hermon-Massivs.

Doch neben kultureller und landschaftlicher Mannigfaltigkeit ist auch der Palästinakonflikt nahezu auf Schritt und Tritt präsent. Schwer bewaffnete Soldaten, Zäune und Minenfelder, hermetische Grenzen und Sicherheitskontrollen gehören zum Alltag. Dieser Führer will die Augen nicht vor der Realität verschließen, son-dern helfen, sie zu erfahren und besser zu verstehen. Eine Reise durch Israel und Palästina wird ohne Zweifel bleibende Eindrücke hinterlassen und bei jedem Be-sucher zu einer differenzierteren Sicht der Welt beitragen.

14 Reisehöhepunkte

Reisehöhepunkte

Jerusalem ▾Die Entdeckung der zahllosen historischen und religiösen Stätten zwischen Altstadt, Tempelberg, Klagemauer und Grabeskirche und erfordert mehrere Tage. (→ S. 104)

Tel Aviv ▾Zwischen Strand, Bauhausarchitektur und Wolkenkratzern liegt die lebensfrohe ›Wei-ße Stadt‹ Kalifornien gefühlt näher als dem Nahen Osten. (→ S. 470)

Das Tote Meer ▸Ein Bad am niedrigsten Punkt der Erd-oberfläche inmitten karger Wüstenland-schaft bedeutet eine einmalige Erfahrung. (→ S. 326)

Das Mittelmeer ▴In mildem mediterranem Klima laden lange Sandstrände zu Badespaß und Entspannung ein. (→ S. 422)

Die Wüste Negev ▸Außerhalb des Hochsommers sind die ext-remen Landschaften ein Paradies für Wan-derer und Naturfreunde. Dazu gesellt sich nachts der spektakulär klare Sternenhim-mel. (→ S. 286)

Das WestjordanlandAuf der anderen Seite der Mauer erwarten den Besucher die Welt arabischer Kultur und Gastfreundschaft und aufschlussreiche Einblicke in das Leben in einem besetzten Land. (→ S. 180)

15Reisehöhepunkte

Die GolanhöhenHoch über dem See Genezareth kontrastie-ren Wasserfälle und kaum berührte Natur mit der fast allgegenwärtigen kriegerischen Vergangenheit und Gegenwart. (→ S. 405)

Nationalparks und Weltkulturerbe ▴Dutzende von Naturschutzgebieten und archäologischen Ausgrabungsstätten wie Masada, Megiddo oder Caesarea warten auf Entdeckung. (→ S. 332, 403, 430)

AkkoDie verwinkelte Altstadt des einst bedeu-tenden Mittelmeerhafens ist eine noch nicht vom Massentourismus überrollte Per-le. (→ S. 458)

KreuzritterfestungenAn vielen exponierten Stellen lassen sich die an nostalgische Gemälde von Caspar David Friedrich erinnernden Ruinen der europäischen Kreuzfahrer erkunden. (→ S. 360, 389, 420)

Das Rote Meer ▴Eine tropisch anmutende Unterwasserwelt lädt bei ganzjährig warmem bis heißem Klima zum Schnorcheln und Tauchen ein. (→ S. 313)

Ein Ausflug nach PetraVon Eilat aus lässt sich ein Abstecher über die jordanische Grenze zu einem der ›Sie-ben neuen Weltwunder‹ der Menschheit an einem einzigen Tag bewerkstelligen. (→ S. 321)

Nazareth ▾Eines der wichtigsten Ziele christlicher Pil-ger ist zugleich Hauptstadt des ›arabischen‹ Israel. Das quirlige Konglomerat ist in je-dem Fall einen Besuch wert. (→ S. 391)

16 Das Wichtigste in Kürze

Hinweise zur BenutzungNach dem Versuch, ein umfassendes Ge-samtbild des so ungemein vielfältigen Land-strichs zu entwerfen, folgt der eigentliche Reiseteil mit detaillierten Informationen für die tägliche Reisepraxis. Leider schafft es kein Reiseführer der Welt, immer aktuell zu bleiben. Schon bevor das Buch im Ladenregal steht, sind einige Informatio-nen wieder überholt, Öffnungszeiten ha-ben sich geändert, ein Museum oder jene Website wurden geschlossen. So erfordert individuelles Reisen immer einen Schuss Improvisationsvermögen.Ein gewisses Maß an Phantasie verlangt allein schon die Interpretation von Orts-namen. Zwar sind die Straßen in Israel fast überall auch in englischer Sprache beschil-dert, doch kann die Umschrift aus dem He-bräischen und Arabischen durchaus unter-schiedliche Ergebnisse liefern. Die Namen auf den Straßenschildern stimmen mit den Angaben von Google Maps oder einer ge-druckten Landkarte oft nicht überein. Viel-fach schreiben sich Nationalparks in ihren Broschüren anders als auf den Verkehrszei-chen und mitunter ist sogar die Beschilde-rung uneinheitlich. Wegweiser führen so-wohl nach Herzliya wie nach Hertsliya oder Herzliyya und niemand scheint zu wissen,

ob der Ort am Toten Meer nun En oder Ein Gedi heißt.Auch bei statistischen Angaben können verschiedene Quellen widersprüchliche Ergebnisse liefern. Die Einwohnerzahlen der Städte des Westjordanlands beruhen auf den Schätzungen der Palästinensischen Autonomiebehörde, die der israelischen Seite auf den Zahlen des staatlichen Sta-tistikbüros. In einer derart politisierten Region können selbst solche Daten zum Politikum werden. Noch komplexer gestaltet sich die Frage nach der historischen Wahrheit. Geschichts-schreibung beinhaltet in Israel und Paläs-tina immer eine politische Komponente. Zu allen Ereignissen und Prozessen gibt es mindestens zwei widersprechende Darstel-lungen und Interpretationen. Geschichte und selbst Archäologie werden zur Recht-fertigung von Interessen und Ansprüchen missbraucht. Der Autor kann darum nur versuchen, unter Einsatz des gesunden Menschenverstandes die gegensätzlichen Schilderungen abzuwägen und ein neutra-les Bild zu zeichnen.Zeitangaben tragen die Bezeichnung ›vor und nach Christus‹, auch wenn dies schein-bar eine der im ›Heiligen Land‹ vertretenen Religionen bevorzugt. Aber zum einen ist das in der Geschichtsschreibung so üblich, zum anderen bezieht sich auch die alterna-tive Bezeichnung ›vor bzw. nach unserer Zeitrechnung‹ auf das vermeintliche Ge-burtsdatum Christi.Die Liste erlebenswerter Orte hätte noch bedeutend länger ausfallen können, wohl oder übel musste eine subjektive Auswahl getroffen werden. Darum sei ausdrück-lich dazu aufgerufen, ausgetretene Pfade zu verlassen und Neuland zu entdecken.Manche Internetadressen sind zu lang und kompliziert, um sie vollständig zu zitieren. In solchen Fällen, wie etwa bei der offiziel-len Website der Nationalparks, wird nur die Startseite angegeben, von der man dann zur betreffenden Seite navigieren muss.

Die gute Beschilderung erleichtert die Orientierung in Israel

Das Wichtigste in Kürze

17Das Wichtigste in Kürze

An- und EinreiseDer Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv wird von acht Fluggesellschaften von ebenso vielen Airports im deutschen Sprachraum direkt angesteuert. Normalerweise bewe-gen sich die Flugtarife zwischen 300 und 400 Euro, mitunter lässt sich aber auch ein Schnäppchen entdecken. In wenig mehr als vier Flugstunden ist man am Ziel.Deutsche, österreichische und Schweizer Staatsbürger benötigen kein Visum, es ge-nügt ein nach Ende des Aufenthalts noch sechs Monate gültiger Reisepass. Die isra-elischen Behörden stempeln die Pässe nicht mehr, sondern geben Einreisekarten aus, die bis zur Ausreise gut aufbewahrt werden müssen. Somit bedeutet ein Besuch in Israel keine Quelle von Problemen bei späteren Reisen in arabische Länder mehr. Ein Aus-flug nach Jordanien dokumentiert allerdings indirekt einen Israelaufenthalt. (→ S. 321)

Klima und ReisezeitGrundsätzlich lässt sich die Region das ganze Jahr über bereisen. Wie im gesam-ten Mittelmeerraum bilden die Übergangs-jahreszeiten die angenehmste Reisezeit mit milden Temperaturen und abgesehen von Ostern geringem Besucherandrang. Im Hochsommer steigen Temperaturen und Sonneneinstrahlung an die Grenzen des Erträglichen. Die Winter präsentieren sich in den Höhenlagen wie etwa in Jerusalem oft kalt, regnerisch und unangenehm, auch Schneefall liegt punktuell im Bereich des Möglichen. An der Mittelmeerküste und in der Wüste halten sich die Tagestempe-raturen weiter auf annehmbarem Niveau, sinken am Abend aber deutlich ab. Der größte Nachteil des Winters sind die kur-zen Tageslichtzeiten.

FortbewegungMit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man in Israel und Palästina preiswert auch die abgelegensten Ortschaften. Allerdings muss man bei der Reiseplanung immer im Auge behalten, dass am Sabbat in Israel fast alle Räder stillstehen. Das wichtigste

öffentliche Verkehrsmittel ist der Bus. Das Eisenbahnnetz bedient nur die bevölke-rungsreichsten Regionen. Israel lässt sich hervorragend mit dem Miet-wagen erkunden. Ausleihe und Rückgabe ist am Sabbat und anderen Feiertagen meist nicht möglich. Straßenzustand und Verkehrsregeln entsprechen europäischen Gepflogenheiten. Den Fahrstil könnte man als südeuropäisch beschreiben, nicht we-nige betrachten Verkehrsvorschriften eher als Vorschlag denn als Gebot. Im Westjordanland gestaltet sich die Fort-bewegung mit Bussen etwas schwieriger und vor allem zeitaufwendiger. Zur Über-windung größerer Distanzen muss man vielfach umsteigen und Fahrpläne sind oft inexistent. Außerhalb der Städte herrscht nur wenig Verkehr, dafür fällt die Orientie-rung schwerer. Allerdings wird man seine Reise höchstwahrscheinlich splitten müssen und jeweils einen Wagen in Israel und ei-nen anderen im Westjordanland mieten.

UnterkunftIn größeren Städten, an den Küsten und in touristisch bedeutenden Regionen findet sich das gesamte Spektrum an Unterkünf-ten, von preiswerten Hostels zu luxuriösen Hotels. In weniger frequentierten Regionen reduziert sich das Angebot, doch glückli-

Der großzügige Transitbereich im Ben Gurion Airport

18 Das Wichtigste in Kürze

cherweise sind die Entfernungen gering. Es empfiehlt sich, zumindest am Vortag zu überdenken, wo man die folgende Nacht verbringen möchte.

Essen und TrinkenDas Angebot an guten Restaurants, Cafés und Imbissmöglichkeiten ist sehr groß. Kon-krete Empfehlungen sind problematisch, auch weil dies gegenüber den Nichtgenann-ten ungerecht wäre. Eine positive Nennung kommt für manche einem Lotteriegewinn gleich, mit desaströsen Auswirkungen für die übrigen. Der Zustrom von Touristen verändert zudem in vielen Fällen die Unter-nehmensstrategie und viele setzen gezielt auf ausländisches Publikum und verlieren ihre Authenitizität. Wir beschränken uns deswegen in diesem Buch auf allgemeine Hinweise und einige ausgewählte Adressen.

Geld und PreisniveauIsrael ist kein wirklich preisgünstiges Reise-land; das allgemeine Preisniveau ist dem in Deutschland durchaus ähnlich. Dennoch gibt es Möglichkeiten, das Budget im Rah-men zu halten. Im Westjordanland sind Unterkunft und Verpflegung etwa um ein Viertel preiswerter.Geldautomaten finden sich in jeder kleine-ren Stadt, im Westjordanland dagegen nur in den wichtigsten Städten. Zum Abheben benötigt man eine Kreditkarte von Visa, Mastercard oder Amex. Euro werden von allen Banken, Wechselstuben und größe-ren Hotels akzeptiert. Wechselkurs: Für einen Euro bekam man im Sommer 2017 etwa 3,8 Israelische Neue Schekel (ILS, ₪).

GesundheitZusätzliche Impfungen und Prophylaxen sind nicht notwendig, die Region ist mala-riafrei. Leitungswasser ist im Prinzip über-all gefahrlos trinkbar, kann aber punktuell salzig oder chlorig schmecken. Mineralwas-ser ist überall verfügbar. In Israel ist eine Gesundheitsversorgung auf europäischem Niveau gewährleistet, die Kosten sollte ei-

ne zusätzliche Reisekrankenversicherung decken. Auch in diesem Bereich ist die Situation im Westjordanland schwieriger, bei Krankheitssymptomen kehrt man bes-ser auf israelisches Territorium zurück.

Sicherheit→ S. 20

VerständigungIn Israel kommt man mit Schulenglisch pro-blemlos zu Rande, fast jeder beherrscht zumindest ein Niveau, das den Austausch von Basisinformationen erlaubt. Die meis-ten Straßen sind neben Hebräisch und Arabisch auch auf Englisch ausgeschildert. Etwas schwieriger wird es im Westjordan-land, doch auch dort findet man immer jemanden, mit dem man sich auf Englisch austauschen kann. Insgesamt stellt die Ver-ständigung bei minimalen Englischkennt-nissen nirgends ein echtes Problem dar.

Telefon und InternetDie Roaminggebühren der europäischen Mobilfunkanbieter sind in der Region nach wie vor unverschämt hoch. Unter Aus-nutzung des umfangreichen kostenlosen WLAN-Angebots von Hotels, öffentlichen Institutionen, Restaurants und Kneipen lässt sich diese Kostenfalle umschiffen, um den Kontakt in die Heimat zu halten oder punk-tuell vor Ort Informationen einzuholen.Vorwahl: Tel. +972 in Israel und Tel. +970 im Westjordanland, Überschneidungen sind möglichPolizei: 100Krankenwagen: 101Feuerwehr: 102Außerdem kann die allgemeine Notrufnum-mer 112 benutzt werden.Die israelischen Notrufnummern für Kre-ditkartenangelegenheiten sind:American Express: Tel. +97299510084Mastercard: 8009418873Visa: 8009411605

Reisetipps von A bis Z → S. 501

19Entfernungen im Überblick

Entfernungen

Kom2020SI

CHER

HEI

TSicherheit

Sicherheit

Vor der Reise in ein Krisengebiet wird fast jeder von Bedenken um die persönliche Sicherheit geplagt, denn die Medien erwecken den Eindruck ständiger Gewalt. Vor Ort wird sich dieser Eindruck erheblich relativieren. Nicht nur statistisch ist die Gefahr, Opfer eines Verkehrsunfalls zu werden, bedeutend größer als die eines At-tentats oder politisch motivierter Auseinandersetzungen. Wer die Augen offen und seine Instinkte wach hält, wird Risikosituationen problemlos zu vermeiden wissen.

Natürlich besteht jederzeit die Möglichkeit einer Eskalation des politischen Kon-flikts zwischen Israelis und Palästinensern. Allerdings nehmen sie nicht den Cha-rakter eines Flächenbrands an, sondern konzentrieren sich an ganz bestimmten heißen Punkten. Vor dem Besuch eines solchen Hotspots, wie beispielsweise der Stadt Hebron im Westjordanland, sollte man sich über die aktuelle Situation in-formieren. Man beachte die Berichterstattung der israelischen Medien in engli-scher Sprache, konsultiere die Reisehinweise der Websites der Auswärtigen Ämter Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und spreche mit den Einheimischen, zum Beispiel an der Hotelrezeption. Fast überall sind Taxifahrer die besten Ken-

Israelische Polizisten in der Via Dolorosa

Kom 2121SICH

ERHEIT

Sicherheit

ner der eigenen Stadt und wissen über aktuelle Entwicklungen bestens Bescheid.Besondere Vorsicht ist bei großen Menschenansammlungen geboten, insbeson-

dere im Umfeld von Demonstrationen. Auch an den israelischen Kontrollpunkten an der Grenze zum Westjordanland sollte man sicherheitshalber seine Umgebung unter Kontrolle haben. In der jüngeren Vergangenheit waren sie immer wieder Schauplätze von Attentatsversuchen, die sich zwar niemals direkt gegen Touris-ten, sondern gegen die Sicherheitskräfte richteten und meist nur mit Messern ausgetragen wurden. Doch fast immer fallen in einer solchen Situation Schüsse.

Im Westjordanland sollte man sich außerhalb der Ortschaften nur mit größter Vorsicht und am besten in Begleitung eines Einheimischen bewegen. Die Grenzge-biete zwischen jüdischen und palästinensischen Siedlungen sind trotz der schein-baren Idylle von Olivenhainen die gefährlichsten Zonen der Region.

Besondere Vorsicht ist in allen Grenzregionen geboten. Zwar kann man sich im Grenzsaum nach Ägypten, Syrien und dem Libanon frei bewegen, doch wenn man bedenkt, wer auf der gegenüberliegenden Seite sein Unwesen treibt, kann ein An-fall von Schüttelfrost folgen. Den südlichen Libanon dominiert die islamistische, vom Iran unterstütze Hisbollah. In der jüngsten Vergangenheit hatten Übergriffe eher Seltenheitswert, doch diese Situation kann sich in jedem Moment verändern. Die syrische Zone jenseits des Grenzzauns der Golanhöhen war in den letzten Jah-ren Schauplatz eines Mehrfrontenkrieges zwischen regulären syrischen Truppen, der Al-Qaida nahestehenden Al-Nusra-Front und den Anhängern des apokalypti-schen Islamischen Staates. Mitunter lassen sich die Kämpfe vom Golan aus der Entfernung beobachten. Übergriffe oder Querschläger sind niemals auszuschlie-ßen. Auch die inzwischen hermetisch abgeriegelte Grenze zum ägyptischen Sinai war in der Vergangenheit mehrfach Schauplatz von Übergriffen. Große Teile der Halbinsel werden von islamistischen Guerillas kontrolliert. Einzig die Grenze nach Jordanien blieb in der jüngeren Vergangenheit ruhig.

Während die politische Situation zwingt, die Augen offen zu halten, ist Alltags-kriminalität weit weniger verbreitet als in Europa. Das beweist allein schon die ungeheure Zahl von Trampern, die auf den Landstraßen unterwegs sind. Wer sich aus Mangel an Umsicht nicht als leichtes Opfer anbietet, wird in Israel und Paläs-tina nicht bestohlen oder beraubt werden.

Reisen in den GazastreifenObwohl nicht einmal halb so groß wie die Hansestadt Hamburg, ist der schmale Küstenabschnitt um die Stadt Gaza weltberühmt. Manchmal als größtes Gefäng-nis der Welt bezeichnet, ist das von der islamistischen Hamas kontrollierte Terri-torium für normale Reisende eine absolute ›No-go-Area‹. Die Einreise mag noch möglich sein, doch für eine Ausreise benötigt man die schriftliche Erlaubnis der Hamas. Ob eine Rückkehr nach Israel gestattet wird, entscheiden dann die Si-cherheitskräfte nach stunden- oder tagelanger Befragung. Im Gazastreifen selbst besteht die akute Gefahr einer Entführung, schließlich kann eine westliche Geisel als Faustpfand Gold wert sein.

Vor einem Besuch der Grenzregion sollte man sich bezüglich der aktuellen Ge-fahrensituation kundig machen. In ruhigen Perioden stellt eine Reise kein akutes Risiko dar, in heißen Phasen bewahrt man vorsichtshalber Abstand.

Mittelalterliche Landkarten stellten Jerusalem häufig als den Nabel der Welt dar. Natürlich entsprang diese Sichtweise christlichen Glaubenswvorstellungen. Doch im Verlauf der vergangenen Jahrtausende spielte die Levante tatsächlich dauerhaft eine zentrale Rolle in der Weltgeschichte. Hier vollzog die Menschheit den Übergang zur Sesshaftigkeit, was dem Auszug aus dem biblischen Paradies gleichkam. Am Schnittpunkt Asiens, Europas und Afrikas gelegen, war die Region zum spirituellen Zentrum der monotheistischen Weltreligionen prädestiniert.

LÄNDER UND LEUTE

In Tiberias am See Genezareth

24 Naturräume

Naturräume

In kaum einem anderen Landstrich der Welt findet sich auf so winzigem Gebiet eine vergleichbare Vielfalt gegensätzlicher Naturräume, allein schon diese Di-versität macht die Region zu einem Reiseziel ersten Ranges. Führt man sich die zwergenhaften Dimensionen des Territoriums vor Augen, wirkt seine weltpoliti-sche Bedeutung geradezu grotesk: Der Staat Israel selbst ist kleiner als das deut-sche Bundesland Hessen. Die besetzten Gebiete der Westbank und Ostjerusalems sowie der Gazastreifens bedecken zusammen etwa die Fläche der Mecklenburgi-schen Seenplatte; das besetzte syrische Terrain der Golanhöhen ist kaum größer als die Stadt Berlin, allerdings mit gerade mal 50 000 Einwohnern.

Das unverhältnismäßige globalpolitische Gewicht resultiert schon aus der geographischen Lage am Schnittpunkt dreier Kontinente. Afrika, Asien und Eu-ropa treffen nicht nur räumlich, sondern auch kulturell aufeinander. Kein Zufall also, dass ausgerechnet in dieser Region die drei großen monotheistischen Re-ligionen ihren Ursprung nehmen mussten. In der Gegenwart ist es natürlich die Lage am Rande der erdölreichsten und politisch instabilsten Region der Erde, die die geopolitische Bedeutung multipliziert. Umgeben von Ländern höchsten Konfliktpotenzials wie Libanon, Syrien, Jordanien und Ägypten trennen Israel von den Grenzen Saudi-Arabiens ganze 16 Kilometer, vom Irak 320 und vom Iran knapp 1000.

KüstenstreifenIsraels Westgrenze markiert die 273 Kilometer lange Mittelmeerküste. Sie ist Teil der etwa 750 Kilometer langen Levante, des Ostrandes des Mittelmeers, der sich vom ägyptischen Sinai bis in die Türkei erstreckt. Der Name leitet sich vom lateinischen ›levare‹ ab, und bedeutet soviel wie ›Küste der aufgehenden Sonne‹. Abgesehen von der libanesischen Grenzregion, der Bucht von Haifa und dem bis ans Meer vorstoßenden Karmelgebirge gestaltet sich die Küste flach und relativ

Surferin am Strand von Tel Aviv

25Länder und Leute

Küstenstreifen

Naturräume

26 Naturräume

geradlinig. An vielen Stellen ist sie von einem schmalen und niedrigen Dünen-gürtel gesäumt. Die einzigen gut geschützten natürlichen Häfen der gesamten Mittelmeerküste Israels sind Akko und Haifa an der gleichnamigen Bucht.

Dahinter breitet sich die im Norden nur fünf, auf der Höhe des Gazastreifens bis zu 40 Kilometer breite Küstenebene aus. Dank des milden Mittelmeerklimas ist sie ausgesprochen fruchtbar und wird intensiv agrarisch genutzt. Nach Süden nehmen die Niederschläge rasch ab und die Ebene verwandelt sich in eine Steppe. Da die Felder bewässert werden, nimmt man diese Veränderung aber kaum noch wahr, die Landschaft erscheint während der Wachstumsperiode fast genauso grün wie der Norden. Die zentrale Küstenebene um Tel Aviv ist stark urbanisiert und bildet den Bevölkerungsschwerpunkt des Landes.

MittelgebirgeÖstlich der Küstenebene schließt sich ein Mittelgebirgsgürtel an, der sich in ökologisch unterschiedliche Zonen gliedert. An den Libanon grenzt das stark bewaldete Obergaliläa, durchzogen von tief eingeschnittenen Flusstälern. Nur wenige Gipfel ragen über 700 Meter Höhe hinaus, der wuchtige Meron überragt mit 1208 Metern die gesamte Region. Er ist der höchste Berg des eigentlichen israelischen Staatsgebiets, wird aber von den Gebirgsregionen der besetzten Golanhöhen deutlich in den Schatten gestellt. Obergaliläa ist nur dünn und mit vergleichsweise kleinen Ortschaften besiedelt.

Die Gebirgshöhen Niedergaliläas sind bedeutend geringer, der prominente Berg Tabor erreicht gerade noch 575 Meter über dem Meeresspiegel. Die Ge-birgsrücken trennen breite Ebenen, die dank reichlicher Niederschläge ausge-nommen fruchtbar sind. Das Jesreeltal, das sich vom Fuß des Karmel-Berges bis zum Jordantal zieht, genießt den Ruf der Kornkammer Israels.

Blick vom Mount Tabor in den Jordangraben

27Länder und Leute

Mittelgebirge

Das Karmelgebirge (Mount Carmel) ist das einzige, das das Mittelmeer er-reicht. In südöstlicher Richtung zieht es sich bis an die Grenze des Westjord-anlands und geht fließend in die Hochländer von Samaria über. Sie liegen fast vollständig in der palästinensischen Westbank, erreichen stellenweise Höhen um die 800 Meter und sind durch viele schmale fruchtbare Täler zergliedert. An den terrassierten Hängen werden traditionell Oliven angebaut sowie Scha-fe und Ziegen gehalten. Die Talböden werden für Getreide- und Gartenkulturen genutzt. Natürlicherweise bieten Niederschläge und reichlich vorhandene Quel-len ausreichend Wasser für die Pflanzungen, doch wegen der Vereinnahmung vieler Quellen durch jüdische Siedler leiden palästinensische Dörfer unter Res-sourcenmangel. Den Osthang des Hochlands erreichen bedeutend weniger Nie-derschläge, landwirtschaftliche Nutzung ist nur noch begrenzt möglich und die Besiedlung dementsprechend dünn.

Der Übergang von Samaria nach Judäa etwa auf der Höhe von Jerusalem ist fließend und nicht eindeutig in der Landschaft markiert. Die begriffliche Un-terscheidung der beiden Mittelgebirge hat eher historische denn geographische Gründe. Tendenziell ist das Judäische Mittelgebirge etwas niedriger und die Leeseite so trocken, dass praktisch kein Feldbau möglich ist. Man spricht daher auch von der Judäischen Wüste. Traditionell wird sie von Beduinen bewohnt, doch Israel hat große Teile zum militärischen Sperrgebiet erklärt und die Bewe-gungsfreiheit der Teilnomaden außerordentlich eingeschränkt. Viele Beduinen-siedlungen werden schlicht als illegal erklärt und unterliegen ständig der Gefahr zwangsweiser Räumung. Das Ziel ist offensichtlich, alle in die Sesshaftigkeit zu drücken und in Städte umzusiedeln.

JordangrabenIm Rücken der Hügelländer zieht sich der Jordangraben fast exakt in Nord-Süd-Richtung von der libanesischen Grenze bis an den Golf von Aqaba, wo er sich unter Wasser als Seitenarm des Roten Meeres fortsetzt. Der Grabenbruch ist

Am Toten Meer

28 Naturräume

Resultat der Bewegung tektonischer Platten. Die Arabische Platte, die grob von der Arabischen Halbinsel bis in die südöstliche Türkei reicht, entfernt sich von der Afrikanischen Platte und bewegt sich langsam nach Nordosten, wo sie auf die Eurasische Platte trifft. Der Zusammenstoß faltet im Iran das Zagros- und das Elbursgebirge auf.

Diese Driftbewegung produziert die tiefste Senke der gesamten Erdoberflä-che: Das Ufer des Toten Meeres liegt 418 Meter unter Normalnull. Diese extrem lebensfeindliche Umgebung mit mörderischen Sommertemperaturen und bizar-ren Landschaftsformen stellt einen der wichtigsten touristischen Anziehungs-punkte des Nahen Ostens dar. Gespeist wird das Tote Meer vom Jordan, der in mehreren Quellen hoch oben im Gebirge des Antilibanon entspringt. Der Fluss markierte bis zum Sechstagekrieg 1967 der Grenze zu Syrien und bis heute die zu Jordanien. Zunächst fließt er durch das Hulatal in den biblischen See Gene-zareth, dessen Oberfläche bereits mehr als 200 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Die Nulllinie findet sich knapp zehn Kilometer nördlich. Am südlichen Seeufer fließt der Jordan wieder ab, um sich durch das eigentliche Jordantal in Dutzenden von Mäandern zum Toten Meer zu schlängeln.

Trotz der extremen Temperaturen wird diese Zone intensiv landwirtschaft-lich genutzt, vor allem für Obstkulturen. Dafür werden große Mengen Wasser abgezapft, so dass der Jordan nur noch ein Schatten seiner selbst ist. So sinkt auch der Spiegel des Toten Meeres konstant weiter ab, was sich in der Landschaft problemlos beobachten lässt. Der gleichzeitig fallende Grundwasserspiegel führt zum Einbruch von hunderten von Senkkratern im Uferbereich, so dass weite Ab-schnitte wegen Einsturzgefahr gesperrt sind.

Aussichtspunkt am Makhtesh Ramon

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Negev-Wüste

Negev-WüsteSüdlich des Toten Meeres setzt sich der Grabenbruch als extrem heißes Wüstental bis nach Eilat am Golf von Aqaba fort. Westlich des als Aravatal bezeichneten Grabenabschnitts erhebt sich die staubtrockene Wüste des Negev, die je nach-dem, wo man ihre Grenze definiert, fast die Hälfte des israelischen Territoriums einnimmt. Jenseits der ägyptischen Grenze wird sie Wüste des Sinai genannt, eine natürliche Unterscheidung existiert nicht. Die größtenteils schnurgerade Grenzlinie wurde offensichtlich von den Briten während der Kolonialzeit mit dem Lineal gezogen – so wie in vielen anderen europäischen Kolonialgebieten.

Das Bild der Wüste entspricht überall auf der Welt nur selten den romanti-schen Fotografien aus Geo und National Geographic mit perfekt geformten, unge-mein ästhetischen Dünenfeldern, wo jede menschliche Spur in Minutenschnelle vom Wind bereinigt und die Jungfräulichkeit wieder hergestellt wird. Im Negev kann davon keine Rede sein. Abgesehen von unbeeindruckenden, kaum ein paar Meter hohen Sandfeldern an der ägyptischen Grenze östlich des Gazastreifens ist der Negev eine Steinwüste, geprägt von kargen Ebenen, Geröllfeldern und ein-geschnittenen Tälern. Auch in der Sahara belegen Dünen weniger als 15 Prozent der Oberfläche. Nichtsdestotrotz ist die Vielfalt der Geländeformen des Negev überraschend und stellenweise hinreißend schön. Höhepunkte sind zweifellos die fälschlicherweise als Krater bezeichneten Makhtesh, ausgedehnte Canyon-landschaften, die von nahezu senkrechten Wänden eingerahmt werden. Weltweit existieren nur fünf dieser ungewöhnlichen Erosionsformen, drei davon im israe-lischen Negev, die anderen beiden jenseits der Grenze auf ägyptischem Territo-rium. Der Makhtesh Ramon ist als größter zugleich der zugänglichste, denn der Highway 40 führt mitten durch das wilde Tal.

An der Südspitze Israels wartet Eilat, ein zugegebenermaßen wenig ästheti-sches Seebad am Roten Meer. Doch die klimatischen Vorzüge lassen sich nicht von der Hand weisen, hier erscheint der Monat Januar als mediterraner Früh-ling, schließlich liegt Eilat in der gleichen Breitenzone wie die Kanaren oder die indische Hauptstadt Neu-Delhi. Die winterlichen Tagestemperaturen bewegen sich üblicherweise oberhalb der 20-Grad-Marke. Doch es ist nicht nur das ganz-jährig mögliche Badevergnügen, sondern besonders auch die tropische Fauna unterhalb der Meeresoberfläche, die einen Besuch erlebenswert macht. Der is-raelische Küstenstreifen am Roten Meer ist allerdings nur 15 Kilometer lang.

Golanhöhen und HermonUm die landschaftliche Vielfalt zu vervollständigen, fehlt noch eine Rückkehr in den hohen Norden, auch wenn der im geographischen Kontext immer noch deutlich südlicher als die untersten Spitzen Spaniens oder Siziliens angesiedelt ist. Die Golanhöhen eroberte Israel im Sechstagekrieg 1967 von Syrien. Auch sechs Jahre später, im Jom-Kippur-Krieg, war die vulkanische Hochebene Schau-platz erbitterter Panzerschlachten und wurde nahezu komplett entvölkert. Die im Alter leicht fortgeschrittenen Leser werden sich an den furchterregenden Namen des ökonomisch weitgehend wertlosen aber strategisch ungemein wich-

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tigen Gebiets in Verbindung mit dem Bild des augenklappentragenden israeli-schen Außenministers Moshe Dayan lebenslang erinnern. Seit der Flucht oder Vertreibung der arabischen Bevölkerung vom Golan hat sich ein Netz kleiner jüdischer Siedlungen ausgebildet. Die Vielzahl von Quellen und Wasserläufen und die frischeren Sommertemperaturen machen den Tourismus zu einer wich-tigen Einkommensquelle.

Geologisch eigentlich nicht zum Golan gehörend schließt sich im äußersten Norden noch das Massiv des Hermon (Mount Hermon) an. Er ist der südlichste Ausläufer des Antilibanon-Gebirges, das die Grenze zwischen Syrien und dem Libanon markiert. Nur ein kleiner Teil des Hermon fällt in israelisch besetztes Gebiet, der 2814 Meter hohe Gipfel liegt etliche Kilometer weiter nördlich. Im-merhin erreicht der politisch zum Golan gehörende Teil die 2000-Meter-Marke und erlaubte den Betrieb des einzigen für Israelis auf dem Landweg zugängli-chen Wintersportgebiets.

Das KlimaDie Vielfalt der Naturräume lässt schon erahnen, dass auch das Klima regional stark variiert. Dabei trifft die in Mitteleuropa verbreitete Vorstellung vom ewi-gen Sonnenschein am Mittelmeer keineswegs auf alle Jahreszeiten und Regionen zu. Auf dem Territorium Israels und Palästinas treffen der Gürtel der Wüsten des nördlichen Wendekreises und das Mittelmeer auch klimatisch aufeinander. Die-se Einflüsse werden durch die Topographie kleinräumig modifiziert. Im Groben lässt sich das Gebiet in drei Zonen gliedern. In der Küstenebene dominiert das klassische Mittelmeerklima mit langen heißen Sommern und milden Wintern.

Hulatal und Mount Hermon