Top Banner
Umweltbildung, Umwelfkommunikolion und Nochholligkeit herousgegeben von Wotter Leol Filho Bond l8 Fr'nkfurr om Morn *r'rlElF.t,lrf|,1[Grew york . oxronr . wien Wolter Leol Filho/Bernd Deloltowitz (Htsg.) Umweltmonogement on Hochschulen: N oc h ho lti g ke itspelspe ktiven PETER LANG Europälscher Verlog &1 Wlssonschofien
14

Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

Feb 08, 2023

Download

Documents

Jason Dunlop
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

Umweltbildung,Umwelfkommunikolion

und Nochholligkeitherousgegeben von Wotter Leol Filho

Bond l8

Fr'nkfurr om Morn *r'rlElF.t,lrf|,1[Grew york . oxronr . wien

Wolter Leol Filho/Bernd Deloltowitz (Htsg.)

Umweltmonogementon Hochschulen:

N oc h ho lti g ke itspelspe ktiven

PETER LANGEuropälscher Verlog &1 Wlssonschofien

Page 2: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

Bibliografische Information Der Deutschen BibllothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Lektorat und LayoutKumpernatz + Broman

Schenefeld bei Hamburgwww.kumpe rnatz-broman n.de

Gedruckt auf alterungsbeständigem,säurefreiem Paoier.

lssN 1434-3819lsBN 3-631-52956-2@ Peter Lang GmbH

Europäischer Verlag der WissenschaftenFrankfurt am Main 2005

Alle Rechte vorbehalten.Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlichgeschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des

Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlagesunzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für

Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und dieEinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in Germany 1234 67www.peterlang.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort """"7

Kapitel INachhaltigkeit: Ein Thema der Zukunft

Walter Leal Filho """"" 9

Kapitel2Vom operativen Umweltmanagement zum Leitmotiv,,nachhaltigeEntwicklung". Das Beispiel der Hochschule ZittaulGörlitz (FH)

Bernd Delakowitz, Anke Hoffmann, Markus Will .-.....'...... """"21

Kapitel3Umweltmanagement an der Universität Bremen - UmweltgerechtesHandeln

Doris Sövegiarto-Wigbers, Harald Gitch..........-. """"""""""" 37

Kapitel4Einführung und Umsetzung des Umweltmanagementsystems nach derBG-Öko-Audit-Verordnung an der TU Dresden

Edeltraud Günther, Jürgen Fröhlich, Kathrin Brömmer.""" .'"""""""""""' 51

Kapitel5Nachhaltig lehren - Methoden in der Hochschulbildung

Anja Grothe-Senf.............. """""""" 69

Kapitel6Internationalität und Interdisziplinarität - Notwendige Bedingungen für dieUmweltmanagementausbildung an Hochschulen

Matthias Kramer """"' 91

Kapitel T

Vom Umweltmanagement zum Nachhaltigkeitsprozess an Hochschulen -Der kopemikanische Ansatz

Hans-Peter ll'inkelmann """""""" 113

Page 3: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

Inhaltsverzeichnis

Kapitel8Anwendung von Umweltrnanagementsystemen an Hochschulen -Argumente, Probl eme, Lösungan

Harald Gilch, Joachim Müller, Ingo Holzkamm, Friedrich Stratmann....... l2i

Kapitel9Hochschulen auf dem Weg zur Nactrhaltigkeit: Möglichkeiten studentischerPartizipation in Umweltmanagementsystemen

Stephan Wolf Ingmar Lippert......... .................... 143

Kapitel l0Nachhaltigkeit an Hochschulen durch,,blended leaming"?

Jana Brauweiler, Andreas Knaden, Andreas Sommer ............ 163

Kapitel I ISmartLIFE: Entwicklung europäischer Ansätze im Bereich,pachhaltigesBauen" mit Hochschulbeteiligung

l(alter Leal Filho............... ............ 185

Die Herausgeber................... .............. 195

Die Autoren.

Vorwort

Bei der von der UNO eingesetzten Weltkommission für Umwelt und Enn,rick-lung im Jalge 1987, unter Leitung des ehemaligen norwegischen Ministerpräsi-denten Gro Harlem Brundtland, erlangte der Begriff ,,Nachhaltigkeit" große Be-achtung. Es war damals der Versuch, die Interessen der Industriestaaten, derLänder der Dritten Welt und der ktinftigen Generationen wenigstens begrifflichauf einen Nenner zu bringen. Doch erst durch die Umweltkonferenzen von Riode Janeiro (UNCED 1992) und in Johannesburg (2002) gewann ,,Nachhaltig-keit" im allgemeinen Sprachgebrauch an Bedeutung.

So jung das Thema ,,Nachhaltigkeit" bzw. ,,nachhaltige Entwicklung" ist, so we-nig eindeutig ist es in seiner Definition. In der Literatur sind beide Begriffe ver-schieden belegt. Allgemein wird der Begriff,,nachhaltige Entwicklung" dafürverwendet, um die Schritte zu beschreiben, die im Entgegenwirken der globalenUmwelt- und Entwicklungskrise notwendig sind. Er impliziert damit einen radi-kalen Kurswechsel in der Umweltpolitik und hat mehr als nur eine grundsätzli-che Bedeutung für alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens. In diesem Begriffkommt ein Wechsel des klassischen Leitbildes im Naturschutz zum Ausdruck.Nicht der Schutzgedanke steht im Vordergrund, sondem der Nutzungsgedanke.

Nachhaltigkeit ist heute mchr als nur einer von vielen anderen Begriffen in derUmweltschutzdiskussion. Vor einiger Zeit kamen Spitzenmanager intemationa-ler Großunternehmen zu der gemeinsamen Erkenntnis, dass die Industrie-nationen in weniger als 50 Jahren ihren Materialverbrauch, ihren Energiehungerund ihre Umweltzerstörung um rnehr als 90% veningern müssen, wenn den Be-dürfirissen einer wachsenden Weltbevölkerung im Rahmen der ökologischenMöglichkeiten gerecht begegnet werden soll. Man erkennt: Der Begriff ,,Nach-haltigkeit" besitzt ein großes Potcnzial, dessen Dynamik für den notwendigenProzess gesellschaftlicher Reformcn genutzt werden kann. Leider fehlt jedochbis heute, zwölf Jahre nach der verheißungsvollen lJN-Konferenz von Rio, einerkennbarer politischer und ökonomischer Wille, die damals formulierten Zieleumzusetzen.

Unsere Nutzungsansprüche an erneuerbare und nicht emeuerbare Ressourcensowie an die Umweltmedien Luft. Wasser und Boden müssen daher neu defi-niert werden:. Erneuerbare Ressourcen sollen so genutzt werden, dass die Entnahme nicht

größer ist als die Regeneration des Bestandes;. Nicht emeuerbare Ressourcen dürfen nur in dem Maße ausgebeutet werden,

wie Ersatz - beispielsweise durch erneuerbare Altemativen - geschaffen wird;

Themenindex197

20r

Page 4: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

ll llirr;rl.l t irlr lr. f,:rt lrrrrr Mtillcr. lrrp,rr llolzk;rrruu. I'tit'tllrt'lr strllllllilllll

lrrl()rrrilrtiorrcrr zrr rlcrr Aktivitäten im Arbeits- und Umweltschutz der HIS Iloch-:;t l rr r l l r t lix'tt tations-System GmbH unter www'his'de/Ab6ÄJmweltschutz

Alttllcr,.l lll. Gilch (2000): Umweltmanagement an einer Campusuniversität -l,rr xisbeispiel : UniversiUit Ltineburg, Ümweltnanagement in Hochschulen,('hancen und Grenzen eines umweltaudits, HIS Kurzinformation 83/2000's. 29-34.HIS Hochschul-Informations-system GmbH (tlrsg')' Hannover

(2001):ErfolgsfaktorenftireinUmweltauditanHochschulen_DerUmwelt-managementprozess an der Universität Lüneburg, Umwelünanagement an

Hochschulen, Innovation in den Hochschulen - Nachhaltige Entwicklung, Bd'

IV, Flrsg.: tr,ititl", J./Gilch, H. /Bastenhorst, K'-O' Verlag filr Akademische

Schriften, Frankfurt a.M.

Kapitel 9Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeitenstudentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

Stephan Wolf, Ingmar Lippertl

l. EinleitungDieser Beitrag setzt sich mit Möglichkeiten studentischer Partizipation in Um-weltmanagementsystemen (UMS) auseinander. Inwiefem können, wollen undmüssen Studierende an der eisenen Hochschule eine Rolle in dortisen UMSspielen?Um festzustellen, in wclchcrn Vcrhältnis Studierende, Hochschulen und IJMSstehen, beginnen unsere Übcrlcgurrgcrr rnit cinigerr Zieltlcfinitionen: Was sinddie Ziele einer Hochschulc'/ Wr:lclrc: Ziclc vcrrlolg,e:n Stutlicrcnclc als Hoch-schulmitglieder? Worauf ziclt c:irr I JMS irlr'1 Urrrl vor ullcrrr: l.asscn sich dieseZiele vereinbaren? Wo gibt cs Zicll'orrlliktc'/Bezüglich UMS gehen wir vonr l.ertbiltl rlcr ,,rurclrlurltigcn lintwicklung" aus.Daher beschreiben wir nach den T.rcltlclirrrtrorrcrr. wic: Annäherung an Nachhal-tigkeit in Organisationen gelingcn krrrrrr. l)rcscrr Arrn:iherungsprozess beschei-ben wir sodann in Bezug auf Hoclrsr:hult,rr: Wt.lclrc Rolle spielen Studierende,Lehre und Forschung; in welchem Vcrlr:illrrrs stt:lrcn sic zueinander?Auf Grundlage eines Vergleichs dcsscrr, wrs iur llochschulen an studentischerBeteiligung möglich ist und was realisitrt rvirrl. diskutieren wir einige Hinder-nisse studentischer Beteiligung. In einerrr Arrsblick entwickeln wir Vorschläge,wie mit diesen Hindemissen umgegangcn wcnlcrr könnte und in welchen Berei-chen die Entwicklung, etwa Forschung zu ( lMS, vorangetrieben werden sollte.Einleitend verweisen wir auf den Weg, arrl'tlcrrr IJMS in Hochschulen gelangtsind: IIMS (bzw. EMAS und iSO 14001 lls iibcrgeordnete Rahmen) wurdenzunächst ftir indushielle Untemehmen cntwickclt, erreichten in den 1990er Jah-ren den Dienstleistungssektor und schlicfllich auch Hochschulen. Es fiillt auf,dass der Bereich ,,UMS in der Hochschulvcrwaltung" relativ weit diskutiert undfortgeschritten ist (vgl. Viebahn 1999 und 20(X), TU Clausthal 1998 und FUI2003). Im Gegensatz dazu scheint die systerrratische Verankerung des Nachhal-tigkeitsgedankens in Lehre oder gar Forschr.rng nicht so weit entwickelt. Diesen

Wir danken Anke Schaffartzik fiir ihre konstruktive Kritik an diesem Text.

Page 5: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

t,l,l Stephan Wolf, lngmar LipPert

(icclanken werden wir zum Ende unseres Textes vertiefen. Beginnen wir zu-

nächst mit den Zieldefinitionen.

2. Zieldefinitionena) IlochschuleDie Gesellschaft erwartet von Hochschulen Fortschritt durch Wissenschaft2' Es

geht ihr dabei sowohl um die unmittelbare Anwendbarkeit der wissenschaftlichenErkenntnisse als auch um das Erarbeiten von langftistigen gesellschaftlichen Per-

spektiven. Ziel der Hochschulen ist es daher, Wissenschaft zu ,,entwickeln und

zu pflegen". Durch die Hochschulen sollen darüber hinaus konkrete Probleme

der Gesellschaft gelöst, Nachwuchswissenschalller(innen) sowie andere Fach-

kräfte ausgebildet und Dienstleistungen erbracht werden (wRK 1988, S. 36)'

Es liegt auf der Hand zu sagen, dass eirre wisscnschaftliche Hochschule3 am

besten weiß, wie sie ihre Interessen wahrnchrncn kann. Aufgrund der begrenzten

Finanzmittel der Gesellschaft legen <iic I lochschulen ihre jeweiligen Ziele ie-doch nicht ausschließlich selbst ti:st, sttnclcrn werden durch Prioritätsentschei-dungen der Politik gelenkt (ebcl., S.73). t)arnit beeinflussen sowohl die werteder Gesellschaft die Hochschulc, wic auch kreisläufig die Hochschulen die

Wertsetzungen der Gesellschaft tnitbestitnmen. Es kommt im Zuge der Wertset-

,ungrpro".rre und unter der Rahrnonbedingung der knappen Finanzen4 auch zu

Konflikten: Auf der einen Seite soll die Hochschule zweckfrei arbeiten, um un-

beeinflusst neue Erkenntnisse erarbeiten zu können. Auf der anderen Seite er-

wartet die Gesellschaft die Uereitschaft der Hochschule, ihre Erkenntnisse auch

konkret anwendbar zu machen. Wenn konkrete Anwendungsforschung durchmarktwirtschaftliche Interessen geleitet wird, kann per se aber nicht davon aus-

gegangen werden, dass die marktwirtschaftlichen Interessen notwendigerweiseauch den wissenschaftlichen Interessen entsprechen (vgl. Fechner 2002).

Wissenschaft wird hier durch Forschung, Lehre und Studium gekennzeichnet (WRK'l 988, S. 36).Was die ..wissenschaftliche Hochschule" will, wird durch die Entscheidungsorgane derIIS bestimml.Allgcmeines Ziel ist das Sparen. Daher soll Wissenschaft ökonomisiert werden. Diestiilrit <lazu, dass zusätzlich ium wissenschaftlichen Wettbewerb Hochschulen mebr undrrrclrr uuch in den nationalen und internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb mit anderen

I loe hschulcn treten. Beispiele hierfür sind das General Agreements on Trade in Services((;A I S) (Schewe 2002), Leistungsbezogene Mittelvergabe und Studiengebtihren.

Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen 145

Die Idee der Hochschule erforderl Rahmenbedingungen, in denen sie selbststäln-dig wissenschaftsbasierte Entscheidungen treffen kann, um den gesellschaftli-chen Aufgaben nachzukommen.

b) Erwartungen an und Ziele der StudierendenStudierende nehmen eine elementare Rolle in den Hochschulen und in der Ge-sellschaft ein. Zum einem ist die Reproduktion der wissenschaft nur durch denstetigen Kontak zwischen Lehrenden und Lernenden möglich. Daher ist es auchbesonders relevant, dass ,,die forschende Grundhaltung des akademischen Leh-rers verhaltensprägend auf Studierende und akademischen Nachwuchs wirk[t]"(WRK 1988, S.38). Zum anderen wenden Studierende in der Gesellschaft an.was sie aus der Hochschule mitnehmen konnten. Studierende

,,erwarten [dazu] eine gute Bildung [...] auf dem Stand der Wissenschaft,die ihnen gute Startchancen für eine berufliche Zukunft bietet. Sie erwartenzugleich, dass sie ihr Studium in angemessener Zeit abschließen können.,(HRK, 1999, S. 5;vgl. BMBF, 2003).

In der Reflektion über die Funktionen von Bildung werden sich Studierende be-wusst, dass Bildung zur sozialen Entwicklung der Gesellschaften, zur Demokra-tisierung, zur Erhöhung des wohlstands, zum Teilen von wissen und kulturellenKapital sowie zu ihrem eigenen wohlergehen und persönlichem wachstum bei-hägl (ESIB 2004, S. 2). Damit werden also Studierende nicht zum ,,produkt, derHochschule oder alleinigen Kunden ihrer Ausbildung/Bildung. Neben den stu-dierenden selbst sind es die zukünftigen Arbeitgeber, die Eltem und die Gesell-schaft, die an den gebildeten und ausgebildeten studierenden ein Interesse haben(Dahlgaard, in: HRK 1999, S. 55).5

Es gibt damit sowohl intrinsische wie auch materielle Ziele der Studierenden:Sie wollen in ihre eigene Persönlichkeit und ihre Zukunft investieren, und eswird zugleich darauf hingewiesen, dass sie unmittelbar zur veränderung der Ge-sellschaft beitragen und diese weiterentwickeln-

5 Die Zweckgerichtetheit derBildung wurde selbst von ^I1z mboldt nichtinFrage gestellt, auchwenn er zu diesem Thema oft anders verstanden wird: ,,Die Studenten sollten, indem siesich ,zweckfrei' bilden, hemach fih Tätigkeiten als preußischer Staatsbeamter, als Rich-ter, Lehrer an höheren Schulen, Ara oder Pfarrer gerüstet sein... (pasternack,2}O2,S. 116) Die,,zweckfreie" Bildung in diesen Berufen unterliegt also dem Zweck, einerfachlichen Einsclränkung vorzubeugen. Die Ausbildung ist durch einen generalistischenBlick auf die Probleme gerichtet, mit denen z.B. die Lehrer und Arzte konfrontiert sind.

l

I

.t

Page 6: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

l,l(r Stephan Wolf, Ingmar LiPPert MöglichkeitenstudentischerPartizipationinUmweltnanagementsystemen 147

Werm,,Nachhaltigkeit" als Grundlage von Handlungskonzepten verwendetwird, darf nicht vergessen werden: Auch der Bergriff ,,Nachhaltigkeit,, ist einProdukt eines diskursiven Prozesses (vgl. Dingler 2003). Diesen gilt es kritischzu analysieren, bevor eine bestimmte Deutung des Konzepts ,,Nachhaltigkeit"übernommen wird.Nach dieser Argumentation muss sich ein UMS also kritischer diskursiver pro-zesse bedienen, um die konkreten Entwicklungsziele des Betriebs festzulegen.

3. Nachhaltigkeit als Prozess in einer InstitutionIn diesem Teil entrvickeln wir einen Ansatz, wie Nachhaltigkeit in der Hoch-schule diskutiert und angestrebt werden kann. Die Betrachtung Studierender alsMultiplikatoren von wissen und werten in und außerhalb der Hochschule istdabei von zentraler Bedeutung. Im Anschluss beschreiben wir, wie ein Nachhal-tigkeitsdiskurs in der Hochschule geführt werden kann und wie sich speziellStudierende dabei einbringen können.

a) StudierendealsMultiplikatorenStudierende sind unter Gesichtspunkten der Kommunikation wesentliche Akteureinnerhalb der Hochschule. Allein durch ihre rclativ hohe Anzahl üben sie mit ihrenMeinungen erhebliche Einflüsse aul'dic lxrchschulinternen Diskussionsprozesseaus. obwohl sie meist nicht rnachtvollc lintschcidungsträger in der Hochschulesind, sind sie doch Multiplikatorcn vor.r Wissen, Meinungen und Werten. Siekommunizieren sowohl ihre eigenqr Inhaltc als auch die von anderen Hochschul-mitgliedem zu und mit anderen Ikrchschulakteuren. So wenden z.B. Studierendedas wissen und die Einstellungen aus cincm Seminar an, urn eine Hausarbeit ineinem anderen Seminar zu schreibcn. I licrbei werden wissen und Einstellungenreproduziert und gleichzeitig auch vom handelnden Subjekt beeinflusst.Vor dem Hintergrund, dass das l,cithild der Nachhaltigkeit mit Aspekten wiez.B. Umweltbewusstsein angestrebt wird, ist es auch Ziel, dass dieses Leitbildmittelfristig Einfluss auf die Inhaltc der Kommunikationsprozesse der Hoch-schule hat. Nun gilt es, dafür zu sorgcn, dass die Kommunikation der Subjekte,die sich der Nachhaltigkeit widmen, nicht ausschließlich auf sich selbst bezogenabläuft. wenn zusätzlich andere (neue) Individuen in die Kommunikation und inden Diskurs über die konkrete Ausgestaltung von Nachhaltigkeit eingebundenwerden, können wir auch davon ausgehcn, dass mittel- bis langfristig die Hoch-schule als solche auch über Nachhaltigkeit diskutiert.

c) tJMS:NachhaltigkeitNuchhaltige Entwicklung ist das eindeutig normative Ziel von umweltmanage-,nentproÄsen (Gemeinschaftsinitiative 2001, S.2). Die Schwierigkeit in der

Umsätzung der globalen und lokalen Leitidee der Nachhaltigkeit ist allerdings,dass der Begriffl,,nachhaltige Entwicklung" bislang nicht eindeutig definiert ist

und somit auch keine klaren Umsetzungsstrategien entwickelt werden können'

Die Gesetzgeber versuchen, dieses Problem u.a. durch prozedurale Regulierungen(2.B. UMS) zu lösen (vgl. Heinelt 2000).

Allerdings geht es bei der ,,rein technischen" Realisierung eines UMS darum,

Umweltauswirkungen zu kontrollieren (um die Betriebs-Umweltpolitik zu reali-

sieren). wenn dagegen uMS unter das Leitbild der Nachhaltigkeit gestellt wird'erhält das UMS eine andere Funktion: Es soll die Beteiligten dazu führen, ihren

Betieb nachhaltiger zu gestalten. Das erfordert einen Diskussionsprozess (Bitten-court et al. 2003, s. 20 f., 28) und funktioniert nicht mit bei einem Top-down-

Ansatz der Betriebsleitung.

UMS zielen darauf, nachhaltige Entwicklung konkret im Kontext des Betriebs -?ihnlich wie andere Qualitäten, die erreicht werden sollen - zu realisieren. Im

Betrieb muss also festgelegt werden, was unter dem Begriff ,,nachhaltige Ent-

wicklung" verstanden wird. Diese Festlegung kann durch hierarchische Struktu-

ren erfolgen. Im inhaltlichen und operativen Sinne der Nachhaltigkeit muss die-

se FestlegUng aber in einem Diskursprozess geschehen. Letzteres soll nun kurz

begründet werden:

Laut Agenda 216 soll Nachhaltigkeit in demokratischen Prozessen realisiert

werden. Dieser formale Anspruch definiert sogleich inhaltliche Ansprilche: freie

Meinungsäußerung, Recht auf Mitwirkung. Damit wird der Begriffder Nachhal-

tigkeit potitiscn definiert. Die Einbeziehung der Betroffenen erscheint auch not-

windig, da Anderungen des Betriebsablaufs voraussetzen, dass diese selbst

mitwirken. Insofem kann - operativ verstanden - Nachhaltigkeit nicht an den

Betroffenen vorbei realisiert werden (Antes 1998). Des Weiteren soll, wenn der

Begriff der Nachhaltigkeit auf seinen normativen Gehalt hin geprüft wird, dieser

wert bzw. die werte auch moralisch ,,richtig" definiert werden. Im sinne von

Habermas' Diskursethik (l99la, l99lb) geschieht dies ebenfalls im Diskurs"Schließlich ist es eine Frage der Bewertung, welche Methoden die ,,besten" sind,

um Nachhaltigkeit zu erreichen.

67

Z.B. Punkte 2.6, 3.2, 3.7 (d), 27 .1.Habermas definiert für solche Diskurse Regeln. Das Konzept der Diskursethik als Meta-

ethik hat aber Probleme in seiner Anwendbarkeit aufkonkrete Probleme. Trotzdem sollnach Meinung der Autoren eine diskursethische Gestaltung der Begriffs- und wertbe-stimmung von Nachhaltigkeit vorgenommen werden-

Page 7: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

l4lr Stephan Wolf, Ingmar Lippert

l)icsc Mrrltiplikation von Wissen und Einstellungen ist natilrlich nicht auf dielkre lrschulc bcgrenzt. Stattdessen finden sich die Hochschulen, und damit auchtlcr bcschricbone Diskurs, im gesellschaftlichen Kontext wieder. Studierendewr:rtlcrr zu Absolventen(iruren) und Teil der arbeitenden Bevölkerung. Schließ-liclr soll die gesamte Gesellschaft vom Diskurs über Nachhaltigkeit beeinflusstwcrdcn (vgl. Klappa 1998, S.52). Klar erscheint, dass es sich hierbei um sehrlangfiistige Prozesse handelt.

b) Ilochschulakteure und nachhaltige EntwicklungUm zu klären, wie nachhaltige Entwicklung in Hochschulen geschehen kann,betrachten wir Hochschulen als ein System, in dem verschiedene Akteursgrup-pen miteinander in Wechselwirkung treten. Als diese Gruppen definieren wirStudierende, Professor(en)innen, wissenschaftliches Personal sowie Verwal-tungsangehörige.

(1) VerwaltungDie Aufgaben einer Hochschulverwaltung unterscheiden sich prinzipiell nicht vondenen eines jeden Dienstleisters. Die Motivation, sich mit UMS zu beschäftigen,ist daher klar: Einsparung von Geldmitteln durch verringerten Ressourcen-verbrauch und verbesserten Überblick über die einzuhaltenden (Umwelt-)Vor-schriften. Dabei sei erwähnt, dass Hochschulen in ihrer Größe mit mittleren bisgroßen Unternehmen zu vergleichen sind, die Einführung eines UMS also schondeswegen sinnvoll erscheint (Viebahn 2000).

(2) Pr ofes s or (en) inne n und w is s ens c haftliche Mitar be iter (innen)

Wissenschaft und Manage ment

Forschung und Lehre (bzw. deren Akteure) sind Nutzer der von der Verwaltungbereitgestellten Ressourcen. Die Ressourcennutzung ist lediglich ein Nebenpro'dukt der grundlegenden Hochschulziele. Die Umsetzung jener kann auch zurErzeugung von Wissen über nachhaltige Entwicklung ftihren. Dies kann dannweitergegeben und entsprechende nutzbare Methoden entwickelt werden.

Beispiele für die Generierung solchen Wissens und wissenschaftlich fundierterInstrumente sind EMAS und ISO 14001 ff. selbst. Wir sprechen hier bewusstvon ,,Instrumenten", denn für Entscheidungsfindung, ob diskursiv oder top-down, schaffen diese Methoden Entscheidungsgrundlagen, nicht mehr und nichtweniger (Klappa 1998). Die erhobenen Daten mögen zwar in wissenschaftlicherWeise erhoben worden sein, doch was richtig oder falsch ist, bleibt der Interpre-tation und dem Diskurs der Entscheidungstragenden überlassen.

Möglichkeiten studentischer partizipation in umweltmanagementsystemen r4g

Die Rolle der Forschenden und Lehrenden in einem (JMSIm Bereich der Datenerhebung und Auswertung offenbart sich die besondere situ-ation von Hochschulen im vergleich zu sonstigen organisationen: Nötiges Know-how muss nicht unbedingt extern beschaflen werden, wie dies für Indus-triebetriebe oft die einzige option ist. Expert(en)innen sitzen in vielen Hochschu-len, wie wir das z.B. auch von unserer Hochschure wissen, im eigenen Haus.Die Durchftihrung der Audit-Zyklen mit eigenen akademischen Ressourcenkann als eine weiterft.ihrung des rein in der verwaltung ablaufenden prozesses(der auch rein mit externen Expert(en)innen durchftihrbar isty aufgefasst werden(eM.).Die Betrachtung der eigenen Hochschule als Forschung.-,ta t"r,rob.y"ktermöglicht, nicht nur real mittels optimierungsmaßnahmen den Ressourcenum-satz zu verringern und damit umweltauswirkungen zu reduzieren. Die Anwen-dung der eigenen Methoden kann ftrr Lernende wichtige Lernerkenntnisse be-deuten, Forschende erhalten u.u. ebenfalls interessante Erkenntnisse, die wie-derum als Grundlage ftir weitere Forschung dienen können (ebd.).Der verantwortungsvolle umgang mit den eigenen Forschungsergebnissen istauch reil des Nachhaltigkeitsprozesses. Klappa (199s) luhrt hier an, dass sichder Diskurs um die gesellschaftlichen Schritte zu nachhaltiger Entwicklung im-mer auch am stande der wissenschaft orientiert. Daher ist es auch Aufgabe derwissenschaft, die Folgen der eigenen Forschung, insbesondere der Anwendun-gen, mit zu betrachten. Freiheit von Forschung und Lehre entbindet nicht grund-sätzlich von gesamtgesellschaftlichen Zielen, zu denen z.B. nach Art. 20a GGauch der Schutz der natürlichen Lebcnsgrundlagen gehört.sEine systematische Beschäftigung mit den Folgen der eigenen Forschung undLehre unter dem Paradigma der Nachrralrigkeit ginge wiederum über die bishe-rigen Ansätze von IIMS an Hochschulen hinaus, findet aber bereits in Ansätzenstatt, etwa durch Projekk zu Technikrirrgeabschätzungen (vgl. Grunwald 2002).

(3) Studierende

wir erkennen zwei Kategorien von studentischer Beschäftigung mit Nachhaltig-keit an der Hochschule, die im Sinne von Forschung una I-et'e sowie die (hoch-schul-)politische. Im folgenden Abschnitt werden diese beiden Möglichkeitendetaill iert diskutiert.

8 In.diesem Sinne verpflichten sich auch die Unterzeichner der Copemicus-Charta, nach-haltige und umweltgerechte Entwicklung innerhalb von Hochschulen und in Zusammen-arbeit von Hochschulen mit anderen Beieichen der Gesellschaft als wesentliche s Ziel ntverfolgen (FUI 2003, S. 27 f.).

Page 8: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

I \(l Stephan Wotf, tngmar LiPPert Möglichkeiten studentischer Partizipation in umweltmanagementsystemen l5 I

Beispielhaft sind hier das Studienpro.jekt ,,Nachhaltigkeit uniDo* (universitätDortmund) und ein Lehrprojekt der universität oldenburg. Jünemarur (lggg,s. 87) beschreibt die zielsetzung des Stuclienprojekts mit ,,Konkretisierung desKonzepts der nachhaltigen Entwicklung an der eigenen Hochschule sowie dieEtablierung neuer interdisziplinärer l.,crn- und Lehrformen". In diesem projektsollte durch partizipative und koo;rcrative Konsensbildung ein Diskurs zur,,Harmonisierung ökologischer, ökonornischer und sozialer ziele erreicht wer-den". Instrumente, um diese Zielc zu crrcichcn, waren die organisation in meh-rere Einzelprojekte und einen Koordinationskreis und eine Kooperation mit demHochschuldidaktischen Zentrurr (llD'/,) dcr ljniversität, Trotz Ansiedlung amHDZ konnte selbstständig und unabhiingig gcarbeitet werden. Die Einzelprojek-te wurden durch Tutoren/Tutorirrncrr rrntcr.stLitzt, um die betreuenden Wissen-schaftler/innen zu entlasten uncl tlas l)rojckt zu nranagen.Die Einzelprojekte dauerten etw:r cin .lrrlrl rrrrd lrabcn sich zur Halbzeit mit denanderen Einzelprojekten ausgctausclrt. lrr rlicscnr ltahmen konnten so unter-schiedliche Themen bearbcitct wcltlcn wic rr.u.o Innovative Lernkonzeptc an <lcr I lrril)( ),. Projektierung einer Windknrlilrrlt1,,c irn (.lrri-[Jrnland,r Mobilittitsverhalten dcr Strrdie rerrtlcrr dcr t JrriDO oderr Indikatoren zur Beurtcilrrng dcr Nrre lrlurltigkeit für den organismus uniDo.An der universität oldcrrburg wrrrtlc lt)txr cin Lehrprojekt gestartet, um eineÖkobilanz der universität zu clslt:llcrr (l|(ihrncr u. Fischer 1999, s. l3s-142).Die Initiative zu dem Pro.ickt girrtrr v.rr Srrrclicrenden aus, die auch die weiterePlanung übemahmen. Betreut wrrrtlc rlrs l.chrrrroiekt von einem wissenschaftli-chen Mitarbeiter.Durch dieses Projekt wurde crrrctrl I't'stp,cstcllt, tlass ein interdisziplinärer Ansatzvon Vorteil für Umweltprojektc ist I)ic ltclcvanz von Interdisziplinarität wurdevon den Studierenden am meistcrr rhrlclr l<onl<rete, anwendungsorientierte Be-schäftigungen akzeptiert. Ein wcitcrcs Nchcnprodukt des Lehrprojekls war dasKennenlemen des Mikrokosmos H.chschtrlc. l)urch ,,learning by doing" konn-ten die Studierenden schnell erf-asscrr, rvic z.B. Kommunikationsprozesse tat-sächlich ablaufen. Auch wurde durch clie l,raxis erreicht, dass theoretische An-sätze zum betrieblichen umweltmanagcrnent kitisch reflektiert wurden. ImSinne des forschenden Lernens wurdc organisatorisch auch festgestellt, wiehoch der reale Arbeitsaufivand war und wie schnell mit einem Lehrprojekt andie curricularen Grenzen gestoßen wird.Böhmer und Fischer (1999) stellen heraus, dass mit solchen projekten verschie-dene Aspekte von Hochschul-Nachhaltigkeitsprozessen berührt werden. Ihr Fa-

4. Partizipationsmöglichkeiten von Studierenden

r) Wissenschaftliche Partizipation von Studierenden

Srudierende können auf vielfiiltige Arten wissenschaftlich am Diskurs zu Nach-

haltigkeit mitwirken. Sie konnen bestimmte Prozesse innerhalb oder außerhalb

der Hochschule auf ihre Nachhaltigkeit hin untersuchen. Natänlich können sie

sich auch auf einzelne Aspekle von-Nachhaltigkeit in einem Prozess konzentie-

ren. So wurde beispielsweise an unserer Hochschule ein studienprojelt anm

umweltgerechten Beschafhrngswesen durchgefiihrt. obwohl es nicht abge-

schlossen wurde, haben die b"t"itigt"n Akteure (Studierende, Lehrende, Venilal-

tungsmitarbeiter/innen) doch aufeinander gewirkt und sind ftir umweltschonen-

des Beschaffungswesen sensibilisiert worden'

organisatorisch sind vielfältige Beschäftigr[rgsformen vorsjellbT:. seminare'

voilesungen, Fallstudien, proJekte, Abschlussarbeiten. Analytisch lassen sich

vier mögliche Beschäftigungsfelder auftrennene:

o Analyse des eigenen (studentischen) Verhaltens in der Hochschule und seiner

Folgen,o Analyse der Hochschulverwaltung: direkte umweltauswirkung der verwal-

tungstätigkeit,o Analyse der Lehre: Auswirkung der Lehre auf die Lernenden (hat die Lehre

genügend Umweltbezug?),. Analyse der Forschung: Ressourcenverbrauch fiir die Forschungstätigleit so-

wie im sinne der Tecfinikfolgenabschätzung (welche umweltauswirkung hat

die Anwendung von Forschungsergebnissen?)'

In der Praxis können und sollen diese Beschäftigungsfelder verknüpft werden'

Ein gutes Beispiel hierfür sind freiwillige studienprojekte, Es sind aber auch

pflic-hWorlesunlen denkbar, in denen die Studierenden obligatorisch mit dem

Thema ,Sacrrhaltigkeit" konfrontiert werden. Auf diese beiden Lernformen

werden wir im Folgenden detailliert eingehen, da diese beiden Formen als zwei

PolederBeschäftigungmitNachhaltigkeitbetrachtenwerdenkönnen.

B e i s piel : StudienProi eheIn Studienprojekten passiert die erwähnte verknüpfung der Beschäiftigungsfelder

zum Teil. tn trolekten werden verschiedene Ziele der Bildung und Ausbildung re-

alisiertlO, zudem entstehen auch verwendbare Erkenntnisse für die Hochschule'

zur Konkretisierung folgen hier Beispiele mit umlveltbezug. Doch grundsätdich sind

rllc möglichen aspikte von Nachhaltigkeit ryrt-e11-uchbl' r-- ,-*--^- -:^L:i:ilä;;ö.Jr-'*"tä "".ür.dÄ, sotukills erübt, die Studierenden können sich

sclhst weiterentwickeln und auf die Gesellschaft Einfluss aus{tben'

9

lo

Page 9: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

I r.' Stephan Wolf, Ingmar LiPPert

Irt rqt. rlrrss tlLrs Erstellen ,,von Öko-Bilanzenan Hochschulen durch Studierende

| | rriclrt Irur kostengünstig [ist '.'], sondem ['.'] vor allem ein ideales Feld zum

plrrxisoricntierten, transdisziplinären Lemen und Lehre" bietet. Nach ihrer Ar-

;,qrrlrcntation sind Wirkunge.t auf Bewusstsein und Verhalten in erster Linie bei

rlc:n lleteiligten im Projeki zu suchen. Bei anderen sollten die wirkungen nicht

iibcrschätzt werden.

In beiden Projekten sind konkrete und verwendbare Ergebnisse erarbeitet wor-den. Gleichzeitig haben die Beteiligten gelernt, wissenschaftlich zu arbeiten und

fbrschend zu lernen. Sowohl Jünemann (1999) als auch Böhmer und Fischer( 1999) weisen darauf hin, dass Gruppen ins Leben gerufen worden sind' um die

umsetzung der copemicus-charta in der Hochschule zu konkretisieren' Damitwird klar, dass auch eine wissenschaftliche Beschäftigung mit Nachhaltigkeitpolitische Wirkungen haben kann.

B e is p iel : Obli gator i s che Vor les unge n m i t exp I iz i te m U mw e lt b ezug

Pflichtvorlesungen zu umwelt und Nachhaltigkeit, wie sie etwa an der Hoch-

schule Zittar.r/Görlitz (FH) stattfinden, zielen darauf ab, alle Studierenden mitdem Thema zu beschäftigen. Für die Studierenden fast aller Studiengänge ist an

dieser Institution der Besuch der Vorlesung ,,Ökologische Grundlagen' ver-

pflichtend (studienordnungen der Hochschule zittaul3örlitz (FH), 2004).

Drees und Pätzold (lgg7) sehen Ansätze, umweltschutz mittels Pflichtfiichernzu thematisieren, grundsätzlich kritisch. sie beziehen ihre Ausfiihrung primär

auf Berufsschulen, die sich möglicherweise wesentlich von Hochschulen unter-

scheiden. Die Kritik, die sie erheben, ist aber grundsätzlicherer Art: Ein interdis-

ziplinäres Thema, das neue Denkansätze erfbrdert, in einem klassisch disziplinär

ausgerichteten System anzubieten, widerspricht dem integrativen und partizipa-

tivÄ Anspruch der Thematik. Projektorientierung erscheint ihnen wesentlich

angemessener.

Allerdings kommen die beiden auch zu dem Schluss, dass generell nicht allzu

hohe Erwartungen an die freiwillige und integrative Beschäftigung mit dem

Thema gestellt werden dürf-en. oft stellt sich heraus, dass es ohne Zwang, d.h.

Prüfungsrelevanz, zur Beschäftigung mit bestimmten Bereichen erst gar nicht

käme. -übertragen auf Hochschulen verweisen wir auf Viebahn (1991). Er

kommt in einer empirischen Studie zu dem Schluss' dass für Studierende die

F'rage, ob eine veranstaltung verpflichtend ist oder nicht, eine bedeutende Rolle

spiJt. Ohne pflicht zum Veranstaltungsbesuch bzw. ohne Pflichtprüfung wür-den viele einer Veranstaltung fern bleiben. Dies geschieht nicht immer aus rei-

nem Desinteresse, sondern liegt auch an der grundsätzlichen Motivierbarkeitvon Individuen.

Möglichkeiten studentischer partizipation in umweltmanagementsystemen 153

Gerade bei denjenigen, die nicht ausreichend Interesse an umwelt und Nachhal-tigkeit zeigen, kann daher die verpflichtende Beschäftigung mit diesen Themenein zielführendes Instrument sein. Bei einigen wird so vielleicht erst Interesse ge-weckl, sodass auch einmal eine verwandte veranstaltung freiwillig besucht wird.Zudem wird auch eine gewisse Grundlage ge regt, bestimmte Aspekte später in an-dere (Pflicht)veranstaltungen zu integrieren. Klar ist, dass pflichtveranstaltun-gen nicht prim?ir auf die ohnehin am 'rhema Interessierten zielen, wenngleich sieauch für diese interessante Grundlagen bietcn können.Insgesamt kommen wir zu dem Schluss, class clie Beschäftigung mit Nachhaltig-keit auf freiwilliger Projektbasis den gewilnschten Zielen weit näher kommt,dass dies allerdings für viele keinc option ist, die wahrgenommen wird. Dahererscheinen uns obligatorische vorlesungen dann sinnvoll, wenn das Ziel ist, denGedanken der Nachhaltigkeit grundslitzlich vorzustellen.

b) Politische Partizipation von StudicrrndcnGrundsätzlich sehen sowohl das I krclrschrrrrahmengesetz (HRG, $ 37 und $ al)als auch die meisten Landeshochsclrulgcsctzell politische Partizipation Studie-render an Hochschulen vor (z.ll. llrandtr'burgisches Hochschulgesetz - BbgHG,$ 59 und g 62). Schepp (1990) verrwcisl aul'clie grundsätzliche gesellschaftlicheBedeutung studentischer l)artizipttion irr cler Universitatspolitik. Wie wir bereitsgezeigl haben, spielt Partizipation gcradc irn Nachhaltigkeitsdiskurs eine ent-scheidende Rolle. Daher stellsn wir cinc Rcihe von Möglichkeiten vor, wie stu-dierende sich in der eigenen Institrrtion in diesem sinne einbringen können. wirdiskutieren entsprechende praktischc llcispiele und beleuchten die dabei er-kennbaren positiven Ergebnissc w i c a rr c h Schwieri gkeiten.

(l) Studentische GruppenDie Ebene der organisation in studcntischen I'teressengruppen kann als die amwenigsten formalisierte betrachtet worclcn. Bcispiele ftir diese Gruppen sind dieumweltinitiative TUUWII2 (umwcltinitiative der TU Dresden), die studenti-sche Gruppe umweltforum (Brandenburgische Technische universität - BTUcottbus) oder der ehemalige studentische Arbeitskreis ökologie an der univer-sität Augsburg. Diesen Gruppen gemeinsam ist, dass sie sich auf vielftiltigeWeise aus studentischer Sicht mit untersohiedlichen Aspekten der ökoloeischen

Ausnahmen: In Baden-württemberg und Bayern haben studierende weit weniger Ein-flussmöglichkeiten, da de jure keine verfassten Studierendenschaften existieren.Informationen zur TUI"lwI beruhen auf persönlichen Gesprächen. siehe auch www.tuu-wi.de

1l

t2

Page 10: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

Stcphan Wolf, Ingmar Lippert

Nirr.lrlrrrltigkcit cler eigenen Hochschule auseinander setzen. Damit tragen sie aufrrrrtcrsclricdlichste Weise zur Nachhaltigkeitsdebatte bei, sei es durch direkt poli-trsrhc Aktion oder durch umweltbewusstseinsfürdernde Veranstaltungen. Sovcrrrnstaltet die TUUWI regelmäßig Wochenendseminulre und Umweltringvorle-sungen, legt ihren Schwerpunkt somit auf den Bereich der Umweltbildung. Ziel-gruppe sind dabei nicht nur Studierende, sondern explizit Personen aus allen Ge-sellschafuschichten in und außerhalb der Universität. Das Umweltforum derBTU hat sich in den letzten beiden Jahren primär mit der Einführung eines UMSan der BTU beschäftigt und setzt somit seinen Schwerpunkt in der universitärenHochschulpolitik.Vorteil der studentischen Initiativen ist, dass sie unabhängig von den Gremien derverfassten Studierendenschaft, agieren können und somit umweltpolitisch aktivsein können, ohne von Auseinandersetzungen innerhalb der Gremien der Studie-rendenschaft tangiert zu werden. Andererseits ist es fiir Mitglieder des Allgemei-nen Studierendenausschusses (ASIA) meist einfacher, in offiziellen Hochschul-gremien mit ihren Belangen wahrgenommen zu werden, da ASten i'd.R. eine festeGröße an der Hochschule sind. lm Falle des BTU-Umweltforums ist dies nochein Problem, während die TUUWI sogar kontinuierlich finanziell vom Akade-mischen Senat geftirdert wird und nach jahrelangem Engagement auch einenrespektierten Namen an der TU Dresden hat.

Die Geschichte des AK Ökologie der Universität Augsburg (FUI 2003, S. 43 ff')weist auf einen weiteren Nachteil studentischer Initiativen hin: mangelnde Kon-tinuität. Aufgrund der hohen Fluktuation Studierender schwanken die Zahlen derAktiven stark; mitunter müssen sich Gruppen - wie auch der AK Ökologie -mangels Interesses auch ganz auflösen.

(2) Gremien der Studenti.schen Selbstorganisation

Gremien der verfassten Studierendenschaften, wie ASten, Studierendenparla-mente oder Studierendenräte, bestehen eher dauerhaft. Ahnlich schwierig wiebei Initiativen gestaltet sich aber auch dort oft die kontinuierliche, in gewissemSinne nachhaltige Beschäftigung, mit den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit.Im Gegensatz zu AStA-Referaten für Finanzen oder Hochschulpolitik, die es inso gut wie allen deutschen Studierendenvertretungen gibt (eigene Intemetre-cherche), zählen wir an den 88 staatlichen Universit?iten (HRK, 2004) nach In-formationen des Bundesverbands Studentischer Ökologiearbeit (BSÖ) (FUI2003, S.49) lediglich 22 Umwelt- oder Ökologiereferate, von denen bei Er-scheinen des verlängerten Umwelt Info (FUl)-Artikels auch nicht alle besetztwaren. Für Fachhochschulen konnten wir keine Daten finden, vermuten jedoch,dass die Situation an Fachhochschulen eher noch kritischer ist (eigene Intemet-

Möglichkeitenstudentischerpartizipationinumwelhnanagementsystemen 155

recherche). Dies, in Zusammenhang mit den eher niedrigen Teilnehmer(in-nen)zahlen vonje etwa 40 personen (eigene Erfahrungen) auf-den letzten Bundes_ökologietreffenl3, kann als Indikator gesehen werden: An Hochschulen - und hierim speziellen innerhalb der Studiereridenschaften - haben die Themen ,,{Jmwelt,,und ,,Nachhaltigkeit" wie in der Gesellschaft als Ganzes nicht den nötigen Stel_lenwert erlangt. Etwas besser sieht die situation lediglich an Hochschuren mit ex_plizitem Gesamtschwerpunkt Umwelt aus, z.B. an den Universitäten Lüneburg,oldenburg oder der BTU cottbus. unseres wissens nach ftillt es auch den dort ak_tiven Referaten schwer, über die rein operationale Ebene hinaus - d.h. Einzelver-anstaltungen zu bestimmten Themen - eine kontinuierliche Nachhaltigkeitsdebat-te anzustoßen (vgl. FUI 2003). Dies liegt - ähnlich wie bei studentischen Initiati-ven - neben dem Mangel an Mitstreitern im häufigen wechsel von Referen-ten(innen), sodass angefangene Projekte oft einfach aus diesem Grunde nicht zuEnde geftihrt werden können.Dennoch zeigen Beispiele etwa der universitäten Bremen (Viebahn 2000,s. 79 ff') und Potsdam (persönliche Gespräche) oder auch aer gru cottbus,dass auch von Studiereldenvertretungen impulse in Richtung ,,nachhaltige Ent-wicklung" ausgehen können. so wurde an der universität Bremen der umwelt-ausschuss durch den ASIA initiiert; die verabschiedung von umweltleitlinien ander universität Potsdam 2004 ging ebenfails auf Aktivitaten des ASL{ zurück.Das große Problem, so haben etwa die Erfahrungen in Bremen, osnabrück undandernorts gezeigt, ist die Verstetigung dieser Ansätze.

(3) HochschulgremienGremien der akademischen Selbstverwaltung spielen aktuell eine bedeutende Rol-le in der Entscheidungsfindung an Hochschirlen.la Entsprechend muss in diesenGremien (senat, Kommissionen, Fakultäts- bzw. Fachbereichsräte etc.) das The-ma,,Nachhaltigkeit" diskutiert und entsprechende Entscheidungen getroffen wer_den' Fiir Studierendenvertreter gestaltet sich die aktive und konstruktive Mitarbeitin diesen Gremien oft schwierig: [m Vergreich mit anderen Statusgruppen sind siegewöhnlich in der Minderzahl; ihnen fehlen rangjährige GremiÄ"rruhrong unawissen über die Abläufe an der Hochschure. Dazu verfügen die studentischenVertreter oft nicht über genügenden Rückhart an und Rückkopplung mit der stu-

B undeswei te.Vemetzungstreffen der B S ö und der Umweltreferate.Allerorngs wrrd zurzeit darüber diskutiert, die demokratisch organisierten Hochschulen inRichtung marktwirtschaftlich orientierter Institutionen umzugestalten (2.8. Berg 2004).In Anlehnung an Berg gehen wir davon aus, du.s ur Gr"-i"nhochschulen die vorausset-zungen zur politischen Mitwirkung und damit umsetzung des Nachhaltigkeitsteituitasgeeigneter sind als an den diskutierten top-down gelenkten Hochschulen.'

)

l31^

Page 11: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

I 5(r StePhan Wolf, Ingmar LiPPert

trt:'rischen Basis. Die oben genannten Beispiele zeigen jedoch, dass studentische

lrritiariven in diesen Gremiä durchaus wichtige lmpulse in Richtung-nachhalti-

gcr Hochschulentwicklung setzen können' An der BTU wurden die Umweltleit-

linien ebenfalls nach studlntischer Initiative im Senat verabschiedet, aktuell ini-

tiieren Studierende über den Fakultätsrat der umweltwissenschaftlichen Fakultät

die Einrichtung einer UMS-Studienprojektgruppe'

(4) Wie kann Kontinuitcit geschaffenwerden?

Die beschriebenen Beispiele haben die wirkung studentischer _Initiative vor Au-

gengeführt.AllerdingsistnebenderFrage,inwiefemsichstudierendeüber-haupt engagieren wollen, die natürliche Fluktuation im Bereich des studenti-

schen Engagements das kritischste Element' Die Erfahrungen der TUUWI und

in ge*issiri Maße die der BTU, an der das 'fhema UMS durch den Studieren-

denrat seit Jahren verfolgt wird, zeigen zwar' dass kontinuierliche Beschäftigung

mit einem Thema ,"it"n, Studierendcr rnöglich ist' Da der Hochschul-

Nachhaltigkeitsdiskurs aber einen langcn Atcm verlangt' sind wir nach unseren

Erfahrungenunddem,waswirin|)iskussi<lnenmit.anderenHochschulenerfah-*r-n"U* il6. BÖT, persönliche Gcspräche), der folgenden Überzeugung: Die

Kooperation mit engagierten Personen aus Forschung und Lehre ist bedeutend

für die Gewährleistung von Kontinuität'

umweltausschüsse, wie sie an ljniversitäten mit LIMS als Diskussions- und Ar-

beitsgremien eingerichtet worden sind, können ebenfalls zur unterstützung kon-

tinuierlicherer Nachhaltigkei tsarbeit Studierender führen'

5. DiskussionIndiesemTextwurdedargelegt'dasseinUMSineinerHochschule-nebenderVerbesserung der physisÄeriUmweltleistung der Hochschule-- insbesondere

einen kritischen Diskurs zu nachhaltiger Entwicklung ftirdern sollte' Studierende

sind durch Wissenschaft und Hochschulpolitik einzubinden'

Drei verschiedene Ebenen des Nachhaltigkeitsprozesses stellen sich fflr uns dar:

Ebenel:VerwaltungbefasstsichmitdeneigenenUmweltauswirkungentlbene 2: Durchführung von UMS mit Hochschul-Know-how

llbcne 3: Kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Hochschule'

Möglichkeiten studentischer partizipation in umweltmanagementsystemen l5i

Beim vergleich der Ziele von Hochschule, Studierenden und Gesellschaft er-kennen wir eine Reihe von Zielübereinstimmungen bei beiden letztgenanntenEbenen von [lMS:o studierende erwarten, durch Hochschulen gut ausgebildet zu werden und zu-

dem auch Raum ftir Persönlichkeitsentwickrung zu finden. Gerade die be-schriebenen Projeküe von uniDo und uni ordenburg zeigen,wie sich dies er-reichen lässt.

o Hochschulen sollen einen Beitrag zur gesellschaftlichen weiterentwicklungleisten. Durch die Beschäftigung mit Nachhaltigkeit an der Hochschule erhal-ten die Absolventen(innen) bedeutendes wissen: Das eigene Nachhaltigkeits-bewusstsein ändert sich und kann und soll zu verhaltensänderungen führen,zudem agieren die Absolventen durch wort und rat als Multiplikatoren. DieHochschule wird ihrem akademischen Auftrag gerecht.

Während UMS der ersten Ebene schon ausfi.ihrlich wissenschaftlich dokumentiertsind, sehen wir noch viel Entwicklungspotenzial frir die beiden anderen Ebenen.Dass die erforderliche Multiplikation des Nachhaltigkeitsgedankens grundsätz-lich funktioniert, hat sich bei projekten und anderen studentischen Aktivitatengeznigl. unbestritten ist jedoch, dass die aktuellen gesellschaftlichen Anstren-gungen in sinne nachhaltiger Entwicklung noch nicht ausreichen (2.8. Energie-erzeugung oder Mobilitätsverhalten). Daher muss dieser Multiplikationsprozessnoch wesentlich gestärkt werden.Klar ist uns, dass dieser Prozess äußerst schwierig ist und sich zahlreiche pro-bleme ergeben:o Prioritätensetzung: Spielt das Thema ,,Nachhaltigkeit, eine bedeutende Rolle

in der aktuellen gesellschaftlichen Debatte? Im vergleich zu den l990er Jah-ren scheint das Thema ,,lJmwelt" und damit ökologische Nachhaltigkeit ge-genüber ,,Arbeit und wirtschaft" an Bedeutung zu verlieren (Sieferle 2002,s.6). Dies spiegelt sich auch in Hochschulen wider: Diese sollen sich heutestärker darauf konzentrieren, wettbewerbsfähige Absolventinnen auszubilden.

. studienstrukturen: Eng im Zusammenhang mit der prioritätensetzung stehtdie aktuelle Debatte um Studienstrukturen. Im Sinne eines zügigeren studi-ums enthalten insbesondere Bachelor-Studiengängen im vergleich zu Dip-lomstudiengängen weniger wahlmöglichkeiten und Elemente wie Studien-projekte (fzs 2003). Dies geführdet jedoch die Beschäftigung mit dem Thema,,Nachhaltigkeit" im Studium: Studienprojekte werden erschwert. Freiräume,um sich neben dem Fachstudium mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, werdeneingeschränkt, der nötige generalistische ,,Blick über den Tellerrand.. ist sel-tener möglich.

Page 12: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

lll( Stephan Wolf, Ingmar Lippert

r I't.rsonulrn:rrrgcl: Ein weiterer Effekt der angespannten Finanzlage der deut-

sclrcrr I lochschulen ist die Einsparung von Personal auf allen Ebenen. Die inrlcl Iiolgc steigende Arbeitsbelastung erschwert, dass sich proaktive Akteurevou seiten des akademischen wie verwaltungspersonals finden, die die nötigeI Jntcrstützung für Studierende bieten.

. Strukturkonservatismus: Krücken (2002) beschreibt dieses Phänomen, das je-der Organisation zu Eigen ist: Neue Ideen müssen sich erst einmal mühsamgehen die bestehenden Ansichten durchsetzen, um Teil der Organisationskul-tur werden. Dies ist nach Antes (1998) äußerst bedeutend, um die breite Ver-ankerung des Nachhaltigkeitsgedankens in einer Organisation zu erreichen'Ansonsten droht die Gefahr, dass alle umweltrelevanten Tätigkeiten und die

damit einhergehende Verantwortung auf Einzelpersonen wie Umwelt- oderAbfallbeauftragte abgewälzt werden. Nachhaltige Entwicklung kann somitnur dann erfolgen, wenn nicht bestimmte Individuen oder definierte Gruppen(2.B. Umweltkommissionen) für alles Verantwortung tragen, sondem über ei-nen integralen Prozess jeder Einzelne sowohl innerhalb einer Organisation als

auch in der Gesellschaft die Anforderungen an nachhaltige Entwicklung imeigenen Aktionsfeld berücksichtigt.

6. AusblickAus der Diskussion ergeben sich fi.ir uns vorschläge, wie die beschriebenenProbleme, aber auch die positiven Erfahrungen an Hochschulen, berücksichtigtwerden können, um den Prozess der nachhaltigen Hochschulentwicklung voran-zutreiben.

Studium

Entscheidend ist hier, dass trotz der Forderungen nach mehr Effizienz vonHochschulen der Charakter einer Hochschul(aus)bildung nicht verloren $eht:Freiräume zur Persönlichkeitsentwicklung müssen bestehen bleiben; die Er-kenntnis, dass Sozial- und Methodenkompetenz mehr denn je eine Rolle spielt,muss sich entsprechend in der Gestaltung von Cunicula niederschlagen.

Nachhaltigkeit - und dabei auch die kritische Auseinandersetzung mit dem Kon-zept und dessen Benutzung - soll ggf. als eigenes spezifisches Pflichtfach in das

Curriculum aufgenommen werden. Gleichzeitig soll das Thema auch in Projektenbearbeitet werden können. Für diese Lemform sind mehr Freiräume als bishernotwendig. Grundsätzlich soll Nachhaltigkeit im Sinne von,,Mainstreaming" inoblieatorischen Fächern integriert werden.

Möglichkeiten studentischer partizipation in umweltrnanagementsystemen 159

Ho c hs c hulpolitis che s Enga gementwie ftir den studiumsbereich gilt auch ftir hochschurpolitisches Engagemenr:Instrumente wie studiendauerbeschränkung dürfen nicht zu einer Gefahr fürstudentische soziale Einsatzbereitschaft werden. Der zeitliche Aufivand für poli_tische Beteiligung muss honoriert und Aktivitat unterstützt werden.Auf hochschulpolitischer Ebene erscheint uns die Schaffung von copemicus-Gruppen - analog der Projektgruppen in oldenburg und Dortmund - ein sinnvol_les Instrument. Für besonders gelungen halten wir, dass in solchen Gruppen klarwerden kann, dass es sich bei Nachhaltigkeit um einen interdisziplinäreren Ansatzhandelt, der sich zudem nicht allein auf Aspekte des umweltschutzes beschränkt,sondem ebenso soziale wie ökonomische Faktoren berücksichtist muss.

ForschungForschung soll untersuchen, was tatsächlich alres unter dem Begriff ,,Nachhal-tigkeit" verstanden wird und welche Auswirkungen diese verständnisse haben.Davon ausgehend muss die Beschäftigung mit der Frage, wie Multiplikation undMainstreaming von Nachhaltigkeit gelingen kann, erfolgen. Die probleme, diesich mit Schaffung rein formaler positionen in organisationen ergeben, wurdenerwähnt. In welcher Art zukünftig zuständige Institutionen geschaffen werdensollen und an welcher stelle auf welche weise die Integration des Nachhaltig-keitsgedankens in den Alltag erforgen soil, könrrte anhand einer empirischenStudie über Effekte bisheriger Nachhartigkcitsansätze vorgeschlagen werden.

LiteraturAntes, R. (1998): umweltrnanagc*lc.t in Hochschulen, Möglichkeiten undGrenzen des Präventiven urnweltschutzes, in: clausthalei Beitrage zumHochschulmanagement, praxisscr,

i nar umweitmanagement in Hochschulen,Technische Universität Clausthal

eu.eu! (Brandenburgisches r{ochschulgesetz), Gesetz über die Hochschulendes Landes Brandenb,rg, vom 20.5.r9199 (GVBI. v99 s.130) geändert durchGesetz vom28.6.2000 (GVBI. I/00 S. 90,91)

Be1E, c. (2004): Das Drehbuch. Badcn-würrtemberg plant die ganzheitlicheHochschulreform, in:-Bdwi/fzs (Hrsg.): Studiengeb--ühren, Elitefonzeptionen& Agenda 2010, Bdwi-Studienheft, S. S_ tZ. Marburg

Bittencourt, I.l Borner, "J./

Heiser, A. (2003): nachhartigkeit in 50 sekunden,Kommunikation für die Zukunft, nachhaltiger Filmbiick in Kooperation mitdem Rat frir Nachhaltige Entwicklung (lJrsg]. ökom Verlag, München

Page 13: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

l(rl| StePhan Wolf, lngmar LiPPert

iliiltt,' (2001 ): 8. Studierendensurvey an universitäten und Fachhochschulen,

Strrdicrrsituation und studentische orientierungen, Kurzfassung, Bundesmini-slcriutn tür Bildung und Forschung. Bonn

ltt)lrmcr, N.l Fischer, D. (1999): Ökologisch Lemen am Praxisfall Uni - Erfah-

rungen bei der Erstellung einer Öko-Bilarz für die Universität Oldenburg imItalimen eines Lehrprojektes, in: Viebahn, P. (Flrsg'): Umweltmanagement an

Hochschulen, Konzepie, Strategien, Lösungen, S' 135-140' projekt verlag'

BochumDahlgaard, J.J. (1999): Erfahrungen mit der Implementierung von TQM an

Hochschulen, in: HRK, 5.55-72Demirovic, A. (200D: Die Zerstörung wissenschaftlicher Rationalität, Konse-

quenzen der gegenwärtigen Hochschulereform, in: BdWi/ fzs (Flrsg'):

dtudiengebtihr".,,-Blit"koleptionen & Agenda 2010, Bdryi-Studienheft'S.63-66. Marburg

Dingler, J. (2003): Postmoderne und Nachhaltigkeit - eine diskurstheoretischeAialyse der sozialen Konstruktion von Nachhaltiger Entwicklung. ökom

Verlag, MünchenDrees,G./Patzold,G.(1997):tjmweltbildunginBerufsschuleundBetrieb,

Möglichkeiten - Grenzen - Perspektiven. GAFB, Frankfurt a'M'

ESIB (200a): Policy Paper on the commodifrcation of Education, online abgerufen

aIl*r | 6.5.2004 von www.esib.org/policies/commodificationEducation.pdfFechner, H, (2002): Profitable Bildung, Handel und Kommerzialisierung von

Bildung im Kontext der Internationalisierung, online abgeru{"n T l'6'2004von www.fzs-online.org/article/133/de, erschienen in Papierkrieg5T (Magazindes fzs), Oktober 2002

Förster, M. u.a. (1999): Umweltschutz an der Universität Bremen, in: Viebahn'P. (Flrsg.): Umweitmanagement an Hochschulen, Konzepte' Strategien'

Lösungen, S. 79-86. projekt verlag, Bochum

FUI Q003\: lnfodienst der Bundeskoordination studentischer Ökologiearbeit(Fltsg.), Ausgabe 3/03. Oldenburg

fzs (2003):Failing Bologna: state of Implementation of the Bologna objectives" in Germany, Students' National Refort for the Berlin summit on Higher

Education, Ergebnis der fzs-Tagung ,,Europäisierung der studiengänge" vom

l. bis 4.5.2003 in Fulda. BonnGemeinschaftsinitiative der Länder Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen'

Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und

Thüringen sowie des Bundesumweltministeriums, des umweltbundesamtesund des Umweltgutachterausschusses (2001): Der Weg zu EMAS' Wir setzen

ein Zeichen. Karlsruhe

Möglichkeiten studentischer partizipation in umweltnanagementsystemen l6l

Grunwald, A. (2002): Nachhaltigkeitsforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft,verknüpfung von konzeptioneller Arbeit, empirischer Forschung und rechno-logieentwicklung, in: GAIA, ökologische perspektiven in Natur-, Geistes- undWirtschaftswissenschaften, Vol. 1 I No. I, S. 3l-33. ökom. München

Habermas, Jürgen (l99la): Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln, 4.Aufl . (Suhrkamp-Taschenbuch wi ssenscha ft 422). suhrkamp, Frankfu rt a.M.

- (l99lb): Erläuterungen zur Diskursethik, l. Aufl. (Suhrkamp-TaschenbuchWissenschaft 975). Suhrkamp, Frankfrrt a.M.

Heinelt, H. et al. (2000): Prozedurale umweltpolitik der EU. umweltverträg-lichkeitsprüfungen und öko-Audits im Ländervergleich. Leske + Budrich,Opladen

Hochschulrahmengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.1.1999(BGBI' I s. l8), zuletzt geändert durch Artikel I des Geseties vom g.g.2002(BGBI. r S.3138)

HRK (1999): Qualität an Hochschulen, projekt eualitätssicherung, Fachtagungder Universität Kaiserslautern und der Hochschulrektorenkonfereru, Kaisers-lautem, 28.29.9.1998, Beiträge zur Hochschurpolitik lllggg, Hochschulrekto-renkonferenz. Bonn

- (2004): online abgerufen am 19.6.2004 von www.hochschulkompass.de/4dcgiiF 5,2.1,6.1,22.47 030.23.1 0 1 0

Jünemann, s. (1999): ,,Nachhaltige uniDo" - lnterdisziplinäre Studienprojektezur umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung an der universität Dortmund,in: viebahn, P. (Ilrsg.): umweltmanagemcnt an Hochschulen, Konzepte, Stra-tegien, Lösungen, 5.87-92. projekt verlag, Bochum

Klappa, s. (1998): umweltmanagernent in l{ochschuren, umweltbetriebsprü-fung als Managementinstrument, in: clausthaler Beiträge zum Hochschul-management, Praxisseminar tjmwcltrnanagement in Hochschulen, TechnischeUniversität Clausthal

Krücken, G. (2002): Hinab in den Maelström: Drei szenarien der Hochschul-entwicklung, in: Flrsg. HoF wittc'berg: die hochschule, journal ff.ir wissen-schaftundbildung 1D002, S. l6-28

Pasternack, P. (2002): wozu Hochschulen?, Die Funktion von Hochschule undHochschulpolitik als Regionalstrukturpolitik, in: Hrsg. HoF wittenberg: diehochschule, joumal für wissenschalr und bildung 2D002, S. 107_124

schepp, H.-H. (1990): Pädagogik und politik, zur problematik der Demokrati-sierung in Schule, Hochschule, politischer Bildung und Erwachsenbildung.Klinkhardt, Bad Heilbrunn

Page 14: Hochschulen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Möglichkeiten studentischer Partizipation in Umweltmanagementsystemen

l(r., Stephan Wolf, Ingmar LiPPert

,!r'lrr'rvt', t'. (2002): Deutsche Hochschulen in alle Welt' online abgerufen am

l.(,.2(X)4 von www.t'zs-online.org/articlel 93/ de, erschienen in der Jungle-

World Nr.48 vom 6-ll-2002Siefbrte, R.P. (2002): Zehn Jahre GAIA: Was ist aus dem Umweltthema

["*o.a"rrf, in: GArÄ Ökologische Pers-peltiven in Natur-' Geistes- und

ivirtschaftswissenschaften, Vol. 1t No' l, S' 6-7' ökom' Mtlnchen

Viebahn,P.(1991):PralcikendesVeranstaltungsbesuchs-'in:Berichteausdemlnstitut zur Erforsch.rnl uon Mensch-Umwelt-Beziehungen, Universität

Oldenburg, Fachbereich 5 - Psychologie' Otdenburg

- (2000): Ökobilanzierung und Umweltmanagement an Hochschulen' Konzept

*a U.r"t"ung an der Üniversitat Osnabrück' prqjelt verlag' Bochum

wiesner,l. (2001): Der autoritative Ratschlag, Eine mikropo{asc}e Analyse

prti'iAiA"n nührens einer Universität, in: hochschule ost, leipziger beiträge zu

irochschule und wissenschaft,3.l4. Quartal, 10. Jahrgang. Leipzig

tflru( (1983): Die Zukunft der Hochschulen, Überlegungen ql^"]l" zukunffs-

orientierte Hochschule, Dokumente zur Hochschuhäform 63/ 1 988. Bonn-Bad

Godesberg

Kapitel 10

Nachhaltigkeit an Hochschulen durch,,blended learning..?

Jana Brauweiler. Andreas Knaden. Andreas Sommer

EinleitungDas Verständnis von ,,Nachhaltigkeit an Hochschulen" ist entsprechend der An-forderungen der Agenda 2l sowie der copemicus-charta in verschiedener Formausgeprägt. Im Fokus dieses Beitrags stehen nicht Initiativen der Hochschulen zurEtablierung und Aufrechterhaltung eines Nachhaltigkeitsmanagements oder zurErgänzung der Aus- und weiterbildungsinhalte um Aspekte des Nachhaltigkeits-konzepts. vielmehr wird der Schwerpunkt auf den bisher noch wenig diskutiertenMedieneinsatz in der Lehre gelegt, um zu untersuchen, ob durch neue didaktischeKonzeptionen, wie das ,,blended leaming", die Wissensvermittlung den Anforde-nrngen der Nachhaltigkeit besser gerecht wird. Hierbei ist zu beachten, dass esnicht Anspruch dieses Artikels ist, den Beitrag des ,,blended leaming" zur Umset-zung einer nachhaltigen Wissensvermittlung im Sirme von Wirkungsanalysendaranstellen. Vielmehr soll diskutiert werden, ob durch den Einsatz von,$lendedleaming" Beiträge im Sinne der Regeln der Enquete-Kommission zur Umsetzungder ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimensionen der Nachhaltigkeitgeleistet werden können. Diese Ansatzpunkte werden auf Basis der Erfahrun-gen, die im Rahmen einer siebenjährigen Kooperation zum ,,blended leaming"gesammelt werden konnten, aufgezeigt.

1. Entwicklung und Dimensionen des Nachhaltigkeitsgedankens anHochschulen

Der Begriff der ,pachhaltigen EntwicklLrng" definiert sich gemäß der WorldCommission of Environment and Dcvelopment (Brundtland-Kommission) imJahre 1987 als - Entwicklung, die die ßetlii('nisse der Gegenwart befriedigt, ohnezu rßkierm, das künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedi-gen können.l Seit der Verabschiedung der,,Agenda 21"2 durch die UN-Konferenzfür Umwelt und Entwicklung GJNCED) in Rio de Janeiro im Jabre 1992 als globa-les Leitbild zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung spielt dieses Konzept

Vgl. Bericht der Weltkommission filr Umwelt und Entwicklung (1990).Vgi. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1992).

I2