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RÜGENER STEUERFACHTAGE 2016
Steuerberater-Verband e.V. Köln - Verband der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe -Von-der-Wettern-Straße 17 · 51149 Köln · Telefon 02203 993090 · Telefax 02203 993099www.stbverband-koeln.de · [email protected] Verband ist DQS-zertifiziert unter Registrier-Nr. 492697.
3.7.3 Die gesetzliche Regelung ................................................................. 110
3.7.3.1 Die Vorgaben des Gesetzgebers ..............................................110
3.7.3.2 Auswirkungen dieser Regelungen ............................................111
4. Ausgewählte ertragsteuerliche Aspekte der vorweggenommenen Erb-folge bei Kapitalgesellschaften ......................................................................115
4.1 Steuerliche Konsequenzen auf Ebene der Erben ...................................... 115
4.2 vGA-Probleme im Zusammenhang mit dem „Aufbau“ der Nachfolger ....... 117
Beachtung der insgesamt erfolgenden Begrenzung auf das Jahr des Todes und das
Folgejahr – wieder eine Berufung auf das Splittingverfahren erfolgen kann.3
1.2 Übergang von Einkunftsquellen
Nach § 1922 Abs. 1 BGB geht mit dem Tod der Person, also dem Eintreten des
Erbfalls, deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. Gemäß § 1967
BGB haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten. Damit sind sowohl die
Aktiva als auch die Passiva vom Rechtsübergang erfasst. Auch die Möglichkeit des
Ausschlagens der Erbschaft besteht gem. § 1942 BGB nur für die gesamte
Erbschaft, kann also nicht auf die Vermögenspositionen oder die Schulden begrenzt
werden. Gemäß § 45 Abs. 1 AO gehen Forderungen und Schulden aus dem
Steuerschuldverhältnis auf den Gesamtrechtsnachfolger über. Nach st. Rspr. des
BFH tritt darüber hinaus der Gesamtrechtsnachfolger materiell- und verfahrens-
rechtlich in die abgabenrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein.4
Gem. § 24 Nr. 2 EStG werden Tatbestände, die vom Erblasser verwirklicht worden
sind, dem Ergeben zugerechnet, ohne dass sich damit die Einkunftsart ändert. Der
Erbe muss diese Einkünfte entsprechend der beim Erblasser bestehenden Verhält-
nisse besteuern, auch wenn er die Voraussetzungen dieser Einkunftsart gar nicht
erfüllt. Vielmehr werden ihm die vom Erblasser verwirklichten Tatbestände wie eige-
ne zugerechnet und führen zu einer entsprechenden Besteuerung. Einkunftsartenbe-
zogene Freigrenzen und Freibeträge werden stehen dem Rechtsnachfolger einmalig
zu.
Beispiel:5
A ist einziger Kommanditist der A-GmbH & Co. KG. Mit der Komplementär-GmbH hat
er im Jahr 01 eine Pensionsvereinbarung getroffen, die im Falle seines Versterbens
3 Vgl. BFH v. 10.9.1965, VI 78/62 U, BStBl. III 1965, 590. 4 Vgl. z. B. BFH v. 26.3.1981, IV R 130/77, BStBl. II 1981, 614, v. 22.9.1993, X R 107/91, BStBl.
II 1993, 874, m. w. N., v. 17.6.1997, IX R 30/95, BStBl. II 1997, 802. 5 In Anlehnung an BFH vom 25.1.1994, VIII B 111/93, BStBl. II 1994, 455.
Besteht die Pflicht zur Rückzahlung von vom Erblasser Einkünften, die er in einem
vorangegangenen Vz bezogen hat, entstehen hier negative nachträgliche Einkünfte.
Dies gilt z. B. auch für Schadensersatzleistungen, die durch die Einkunftserzielung
des Vorgängers veranlasst waren.
Beispiel:7
Der Stpfl. A war als selbstständiger Erfinder tätig und hat sich diverse seiner Ideen
und Neuentwicklungen patentieren lassen. Etliche davon wurden gegen Gewährung
laufender Lizenzzahlungen an unterschiedliche Unternehmen überlassen. A verstirbt,
Alleinerbin wird seine Ehefrau (F). Diese muss die Lizenzeinnahmen unverändert
gem. § 18 EStG versteuern und nicht nach § 22 Nr. 1 EStG. Im Zusammenhang mit
einem Rechtsstreit über die mögliche Verletzung eines Patentes des A durch einen
Dritten entstehen bei F Aufwendungen. Diese können von ihr als Betriebsausgaben
geltend gemacht werden, sofern die allgemeinen Nachweisvoraussetzungen erfüllt
sind.
6 Vgl. BFH v. 30.3.1989, IV R 45/87, BStBl II 1989, 509 zur Witwe eines Schriftstellers. 7 In Anlehnung an BFH v. 18.10.1989, I R 126/88, BStBl II 1990, 377.
Bekanntlich hat der Große Senat mit Datum vom 17.12.20078 entschieden, dass
Verluste des Erblassers im Erbgang nicht auf den Erben übergehen. Er betont,
dass die ESt als Personensteuer die Besteuerung nach Maßgabe der individuellen
Leistungsfähigkeit erfordere. Da Erblasser und Erbe verschiedene Rechtssubjekte
seien, die jeweils gesondert zur ESt herangezogen würden, hätte nicht nur die
Ermittlung ihrer Einkünfte zu erfolgen, sondern auch deren gesonderte Verlustver-
rechnung. Bekanntlich ist dieses Urteil in der Literatur auf ein sehr gespaltenes
Echo gestoßen. Hierbei reichen die Äußerungen von Zustimmung9 bis hin zur
Ablehnung.10 Die FinVerw. hat auf diese Entscheidung mit dem BMF-Schreiben vom
24.7.2008 reagiert.11 Sie wendet – abgesehen von einer Übergangsregelung, die am
18.8.2008 ausgelaufen ist – die geänderte Rspr. an. Diese Auffassung findet sich
auch in H 10d „Verlustabzug im Erbfall“ EStH 2010 wieder. Mit der EStR-Änderungs-
richtlinie 201212 ist hierzu eine Regelung in R. 10d Abs. 9 erfolgt. Danach können bis
zum Todeszeitpunkt nicht aufgezehrte Verluste der Erbalsses im Todesjahr nur in
den Verlustausgleich des Erblassers nach § 2 Abs. 3 EStG einfließen. Eine
Berücksichtigung beim Erben scheidet hingegen aus. Etwas anderes gilt lediglich für
Ehegatten, die nach § 26 oder § 26b EStG für das Todesjahr zusammen veranlagt
werden.
Vor diesem Hintergrund stellt sich in der Praxis die Frage, durch welche Ge-
staltungsansätze die negativen Auswirkungen dieser Rechtsprechung verhindert
oder zumindest begrenzt werden kann. Dies kann naturgemäß nur im jeweiligen
Einzelfall entschieden werden. Gleichwohl werden im Folgenden einige Ansätze
aufgezeigt, die eine Verlustnutzung herbeiführen können.
8 BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608. 9 Vgl. z. B. Schulte/Knief, BB 2008, 1046, 1047, Kanzler, FR 2008, 457, 465. 10 Vgl. z. B. Birnbaum, DB 2008, 778, 779 f. 11 BMF v. 24.7.2008, IV C 4 – S 2225/07/0006, BStBl.I 2008, 809. 12 Vom 25.3.2013, BGBl. I 2013, 276.
möglichen. Damit wird es möglich, die negativen Auswirkungen der
Mindestbesteuerung des § 10d Abs. 2 EStG zu vermeiden.15
Als alternative Gestaltungsüberlegung bietet sich die Übertragung der Verlustquelle
auf eine Kapitalgesellschaft an. Infolge der Anwendbarkeit des Trennungsprinzips
bleiben die Verluste auf Ebene der Gesellschaft eingeschlossen, so dass diese nach
dem Erbgang weiterhin nutzbar sind. Der Erbgang oder die vorweggenommene Erb-
folge stellen keinen schädlichen Beteiligungserwerb oder einen vergleichbaren Vor-
gang i. S. d. § 8c KStG dar, sofern der Vorgang vollständig unentgeltlich ist.16 Die
konkrete Vorteilhaftigkeit dieser Gestaltung bedarf einer Prüfung im Einzelfall, da
hiermit anderweitige Risiken, etwa die des Verlustuntergangs infolge eines schäd-
lichen Anteilserwerbs i. S. d. § 8c KStG oder die Versagung des innerperiodischen
Verlustausgleichs mit anderen positiven Einkünften des Gesellschafters, verbunden
sind. Insoweit bedarf es einer rechtzeitigen Analyse, die insbesondere auch die
Frage umfassen muss, inwieweit nach einer solchen Umstrukturierung vorhandene
negative Gewerbeerträge noch nutzbar sind. Denkbar wäre auch die Übertragung
auf eine KG (insbesondere eine GmbH & Co. KG), bei der eine Beteiligung als
Kommanditist erfolgt. Sofern Verluste i. S. v. § 15a EStG entstehen, gehen diese
beim Erbgang nicht unter, sondern „hängen“ an der Beteiligung. Folglich gehen sie
auf den Erben über, der die Beteiligung des Erblassers übernimmt und können von
diesem auch nach dem Erbgang im Rahmen des § 15a EStG genutzt werden.17
Gerade wenn absehbar ist, dass ein Erbgang unmittelbar bevorsteht (z. B. in Folge
schwerer Krankheit) und der Erblasser die Verlustvorträge voraussichtlich nicht mehr
ausgleichen kann, sollte überlegt werden, inwieweit eine gezielte kurzfristige Ver-
lustnutzung herbeigeführt werden kann. Gegebenenfalls schließt dies auch die
Inkaufnahme einer Steuerbelastung in Folge der Mindestbesteuerung ein. Es ist im
Einzelfall zu prüfen, inwieweit auch unter Berücksichtigung dieses Effektes ein
steuerlicher Vorteil als realistisch erscheint. Hierbei ist auch zu berücksichtigen,
15 Vgl. zu diesen Kaminski, in: Korn (Hrsg.), EStG, § 10d Rz. 84.1 ff. 16 Vgl. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 8, sowie unten auf S.
wollen, wenn die vom Gesetzgeber offenbar gewollte Rechtsfolge damit unterlaufen
wird.26
Die vorstehenden Überlegungen zeigen m. E., wie zweifelhaft die vom Großen Senat
verabschiedete Rspr. ist, weil damit deutlich wird, dass auch solche Fälle zur Nicht-
abzugsfähigkeit der Verluste führen können, die bei wirtschaftlicher Betrachtung
hierunter nicht fallen sollten, sondern deren Abzugsfähigkeit geboten scheint.
Zugleich wird die Praxis zu einer Reihe von Gestaltungsansätzen gezwungen, um
die negativen Auswirkungen zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Die
Anwendung der steuerlichen Regelungen ist damit – sowohl für die Stpfl. als auch für
die FinVerw.– erheblich erschwert worden.
Gemäß § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG ist eine wahlweise Begrenzung des Verlustrück-
trages möglich.27 Da die Verluste nicht mehr im Wege der Gesamtrechtsnachfolge
auf den Erben übergehen, kann es sich anbieten, dieses Wahlrecht nachträglich
anders auszuüben, um eine möglichst umfangreiche Verlustnutzung auf der Ebene
des Erblassers zu ermöglichen und damit den verfallenden, bisher nicht genutzten
Verlustabzugsbetrag möglichst zu begrenzen. Eine solche nachträgliche ab-
weichende Wahlrechtsausübung kann m. E. nur einheitlich durch alle Erben erfolgen.
Entscheidend ist, dass diese in ihrer Gesamtheit in die Rechtsstellung des Erb-
lassers eintreten.
1.4 Gewerbesteuerliche Aspekte
1.4.1 Friktionen im Rahmen des § 35 EStG
Da Personengesellschaften für Zwecke der GewSt ein selbstständiges Steuersubjekt
sind, kommt bei ihnen § 10a GewStG unmittelbar auf der Gesellschaftsebene zur
Anwendung, während bei den beteiligten Mitunternehmern jeweils eine eigen- 26 Vgl. BFH v. 31.3.2004, X R 25/03, BFH/NV 2004, 1212, m. w. N. Bemerkenswerterweise ist
diese Entscheidung, ebenso wie die Parallelentscheidung v. 31.3.2004, X R 26/03, n. v., bis heute nicht im BStBl. veröffentlicht worden. Vgl. hierzu auch Orth, FR 2005, 515, 524, m. w. N. aus Rspr. und Schrifttum.
ständige Nutzung des § 10d EStG erfolgen kann. Hieraus können infolge der unter-
schiedlichen Periodisierung der Einkünfte erhebliche Probleme entstehen, die sich im
Rahmen der Anrechnung der GewSt auf die ESt gem. § 35 EStG noch nachhaltig
verschärfen.
Beispiel:
Die A-GmbH & Co. KG hat – neben der A-GmbH als Komplementär – drei Kom-
manditisten. Die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen gleichen
sich aus. Die Gesellschaft erzielt im Jahr 01 einen negativen Gewerbeertrag und
trägt diesen nach § 10a GewStG vor. Für Zwecke der ESt erfolgt bei den
Gesellschaftern ein Rücktrag nach 00, um die Verluste möglichst schnell verwerten
zu können. Im Jahre 02 erzielt die Gesellschaft einen positiven Gewerbeertrag und
verrechnet diesen mit den vorhandenen Vorträgen. Auf Grund der Höhe der Beträge
soll die Mindestbesteuerung des § 10a Satz 2 GewStG nicht anwendbar sein. Bei
den Gesellschaftern entstehen infolge der unterschiedlichen Behandlung im Vz. 00
keine positiven Einkünfte i. S. v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, obwohl in diesem Er-
hebungszeitraum GewSt auf Ebene der A-GmbH & Co. KG infolge der
Unzulässigkeit des Rücktrags von negativen Gewerbeerträgen entsteht. Im Vz. 02
liegen bei den Gesellschaftern positive Einkünfte i. S. v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG vor, allerdings entsteht infolge des Vortrages der negativen Gewerbeerträge
keine Belastung mit GewSt. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die GewSt des EZ 00
gar nicht auf die ESt angerechnet werden kann.
Beratungshinweis:
Diese Überlegungen und Belastungseffekte sind bei der Entscheidung, ob
ein Antrag auf Begrenzung des Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1
Sätze 4 und 5 EStG erfolgt, mit zu beachten.28
Weitere Schwierigkeiten entstehen im Rahmen des § 35 EStG, wenn mehrere
Gesellschafter an einer Personengesellschaft beteiligt sind und nur einige von ihnen
28 Die Aufhebung des Begrenzungswahlrechts war sowohl im sog. Zwölf-Punkte-Plan der Regie-
rungskoalition als auch als Konvergenzpunkt im sog. Grünbuch der deutsch-französischen Zu-sammenarbeit enthalten. Allerdings ist diese Maßnahme bisher nicht umgesetzt worden.
Vergütungen aus schuldrechtlichen Verträgen mit der Gesellschaft erzielen.
Ursächlich hierfür ist der unterschiedliche Zuweisungsschlüssel.
Beispiel:
An der A & B OHG sind die Gesellschafter A und B jeweils zu 50% beteiligt. Die Ge-
sellschaft erzielt einen Gewinn in Höhe von 100.000,- €, der bereits durch eine Ver-
gütung an den A für dessen Geschäftsführer-Tätigkeit in Höhe von 150.000,- € ver-
ringert wurde. Damit beträgt der zutreffende Gewinn 250.000,- €. Für die Ermittlung
der Einkünfte des A und B hat die Vereinbarung des Gehalts Bedeutung, weil dem A
diese Vergütung vorab zugerechnet wird und bei ihm der Besteuerung unterliegt. Der
danach verbleibende Betrag (hier die 100.000,- €) wird nach Maßgabe des zivilrecht-
lichen Gewinnverteilungsschlüssels auf die Gesellschafter verteilt. Im Ergebnis erzielt
damit der A Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der A & B OHG in Höhe von
200.000,- € und der B von 50.000,- €. Diese Regelung führt zu Problemen im Rah-
men der Anwendung des § 35 EStG. Dieser sieht vor, dass für die Zuweisung des
gewerbesteuerlichen Anrechnungsvolumens auf die Einkommensteuer auf den zivil-
rechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel abzustellen ist. Danach wird A und B – vor-
behaltlich weiterer Hinzurechnungen und Kürzungen – ein max. Anrechnungsbetrag
in Höhe von jeweils 14.995,75 €29 zugewiesen. Im Ergebnis bekommt damit der B
„zu viel“ zugewiesen und der A „zu wenig“. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die
Beträge beim Gesellschafter B überhaupt auswirken können oder ob möglicherweise
infolge der allgemeinen Grenzen für die Anrechnung nach § 35 EStG ein Teil dieser
Beträge nicht abgezogen werden kann.30 Dieser Aufteilungsschlüssel ist zwingend
und kann von den Gesellschaftern nicht anders vereinbart werden.
29 Dieser Betrag ergibt sich aus den 250.000,- € abzgl. des Freibetrags von 24.500,- € gem. § 11
Abs. 1 Nr. 1 GewStG und der Anwendung der Steuermesszahl von 3,5% auf diese Summe. Dies führt zum Gewerbesteuermessbetrag von 7.892,50 €. Hiervon ist das 3,8-fache anrechen-bar, also 29.991,50 €. Dieser Betrag ist nach Maßgabe des zivilrechtlichen Gewinnverteilungs-schlüssels (hier: jeweils 50%) auf die Gesellschafter aufzuteilen.
30 Würde der B auf seine Einkünfte einen Steuersatz von 20% anwenden, entstünde eine Steuer-belastung von 10.000,- €, mit der Folge, dass die überschießenden 4.995,75 € sich nicht bei ihm und infolge der nicht möglichen Übertragung auch nicht beim A auswirken können.
Die Probleme resultieren daraus, dass die Ermittlung der Einkünfte aus
Gewerbebetrieb auf Ebene des Gesellschafters und die Aufteilung des
„Anrechnungsguthabens“ beim Gesellschafter nach unterschiedlichen
Regelungen erfolgt. § 35 EStG stellt in Abs. 2 Satz 2 auf den allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssel ab, wobei nach dem lz. Hs. Vorabgewinne
nicht mit zu berücksichtigen sind.31 Folglich könnte eine steuerliche Opti-
mierung erfolgen, wenn die Gesellschafter, die für die Gesellschaft tätig
sind, nicht eine gesonderte Vergütung in Form einer Sondervergütung
i. S. v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Hs. EStG erhielten, sondern eine Ver-
gütung im Rahmen der daraufhin abgeänderten Gewinnverteilung erfolgte.
Insoweit müssten unterschiedlich hohe Gewinnanteile vereinbart werden
in Abhängigkeit davon, inwieweit der Mitunternehmer weitere Leistungen
(z. B. Arbeitsleistungen, Darlehen, Nutzungsüberlassungen) erbringt. Da
diese Verhältnisse sich sehr häufig ändern, müsste der Gewinnvertei-
lungsschlüssel jeweils entsprechend angepasst werden. Hiermit sind nicht
nur erhebliche Transaktionskosten verbunden, sondern es besteht auch
die Gefahr, dass die Finanzverwaltung hierin einen Gestaltungsmiss-
brauch i. S. v. § 42 AO sehen wird.
1.4.2 Unternehmens- und Unternehmeridentität
Bekanntlich setzt die Nutzung von gewerbesteuerlichen Fehlbeträgen nach § 10a
GewStG sowohl die Unternehmens- als auch die Unternehmeridentität voraus und
dies, obwohl nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbebetrieb Gegenstand der Ge-
werbesteuer ist und nicht der dahinterstehende Unternehmer. Während die Unter-
nehmensidentität eher durch eine Umstrukturierung im Zusammenhang mit dem
Erbgang gefährdet wird, stellt sich die Frage, ob ein Übergang des Unternehmens im
Wege des (ggf. vorweggenommenen) Erbgangs der Unternehmeridentität entgegen-
steht. Gem. § 2 Abs. 5 GewStG gilt der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen 31 Vgl. hierzu auch BMF v. 24.02.2009, IV C 6 – S 2296-a/08/10002, 2007/0220243, BStBl. I 2009,
Unternehmer eingestellt, wenn der Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen
Unternehmer übergeht. Der Betrieb gilt als neu gegründet, wenn er nicht mit einem
bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird (§ 2 Abs. 5 Satz 2 GewStG).
Zum Zeitpunkt des Erwerbs erlischt die Steuerpflicht des eingestellten Betriebs.
Gleichzeitig entsteht die Steuerpflicht des neu gegründeten Betriebs. Nach der Rspr.
des BFH geht bei einer Personengesellschaft ein gewerbesteuerlicher Fehlbetrag
insoweit unter, wie er auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt.32 Dies gilt
auch dann, wenn die übrigen Gesellschafter die Erben des Erblassers und
bisherigen Mitgesellschafters waren.33
Behält ein ausscheidender Gesellschafter einen Teil seines Mitunternehmeranteils –
ein sog. partieller Mitunternehmer-Wechsel –, führt dies nach der Rspr. des BFH
nicht zum Verlust der Unternehmeridentität.34 Im Rahmen einer vorweggenommenen
Erbfolge lässt sich dadurch ein bestehender Verlustvortrag retten und zwar auch
dann, wenn der ausscheidende Gesellschafter nur mit einem sehr geringen Anteil an
der Personengesellschaft beteiligt bleibt. Allerdings kann er seinen Anteil am Ver-
lustvortrag nur von dem Teil der späteren Gewerbeerträge abziehen, der nach dem
allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf ihn entfällt.35 Folglich können die
Verluste nur über einen deutlich längeren Zeitraum genutzt werden. Eine vollstän-
dige Nutzung setzt daher voraus, dass eine entsprechend rechtzeitige Übertragung
erfolgt oder die verbleibende Beteiligung so hoch gewählt wird, dass die vorhadenen
gewerbesteuerlichen Fehlbeträge noch aufgebraucht werden können.
Wird der Anteil an einer Personengesellschaft auf einen bereits bisher beteiligten Ge-
sellschafter übertragen, können die Verluste des verbleibenden Gesellschafters
unverändert genutzt werden. Es liegt insoweit kein Unternehmerwechsel vor.
32 Vgl. BFH v. 17.1.2006, VIII R 96/04, BFH/NV 2006, 885. 33 Vgl. BFH v. 4.2.1966, VI 272/63, BStBl. III 1966, 374 und v. 7.12.1993, VIII R 160/86, BStBl. II
1994, 331. 34 Vgl. BFH v. 17.1.2006, VIII R 96/04, BFH/NV 2006, 885. 35 Vgl. Herzig/Förster/Förster, DStR 1996, 1025, 1028.
Hierbei sollte sehr zeitnah gehandelt werden, um mögliche Auseinander-
setzungen hinsichtlich der Bewertung zu verhindern.
Wenn der Erwerber, sei es als Erbe oder als Vermächtnisnehmer, eine steuerlich
relevante Betätigung des Erblassers fortsetzt, werden ihm diese Einkünfte zuge-
rechnet und müssen vom ihm versteuert werden. Hierbei erfolgt die Qualifikation
nach den allgemeinen steuerlichen Regelungen. Hingegen sind Einkünfte, die nach
dem Tod des Erblassers dem Erben zufließen, die noch vom Erblasser erwirt-
schaftet wurden, als nachträgliche Einkünfte i. S. v. § 24 Nr. 2 EStG zu qualifizieren.
Damit soll eine Besteuerungslücke vermieden werden: Der Erblasser hat zwar die
Tatbestandsvoraussetzungen für steuerbare und -steuerpflichtige Einkünfte erzielt,
doch scheitert die Besteuerung zu seinen Lebenszeiten am noch nicht erfolgtem Zu-
fluss der Einkünfte. Dieser ereignet sich erst nach seinem Tod, so dass ein Zufluss
bei den Erben erfolgt. Diese erfüllten jedoch nicht die Voraussetzung für die jeweilige
Einkunftsart. Diese Besteuerungslücke soll durch § 24 Nr. 2 EStG geschlossen wer-
den, indem die Tatbestandsvoraussetzung, die beim Erblasser erfüllt waren, den Er-
ben zugerechnet werden. Folglich müssen die Einkünfte bei ihnen nach Maßgabe
der steuerlichen Regelungen behandelt werden, die auf Ebene des Erblassers erfüllt
waren.41 Sie sind daher in die Besteuerung des Erblassers mit einzubeziehen. Hier-
für kommt es nicht darauf an, ob es sich um Geld- oder Sachleistungen handelt. Dies
kann zu einer Doppelbelastung mit Einkommen- und Erbschaftsteuer führen. Diese
soll jedoch durch die Anwendung des § 35b EStG verhindert werden.42
Wenn der Erbe im Zusammenhang mit der Erfüllung letztwilliger Verfügungen oder
der Erbauseinandersetzung Verbindlichkeiten eingeht, ist zu prüfen, ob ein Veran-
lassungszusammenhang mit einer Einkunftsquelle besteht. Auf dieser Grundlage ist
zu entscheiden, ob eine steuerliche Berücksichtigung evtl. Schuldzinsen erfolgen
kann. Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn die Eingehung der Verbindlichkeit
der Anschaffung einer Einkunftsquelle bzw. einzelner Wirtschaftsgüter diente. Hierbei
kann es sich sowohl um einen Erwerb als auch um einen Spitzenausgleich handeln.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind hingegen Verbindlichkeiten zur Be- 41 Vgl. hierzu nochmals S. 6 f. und die dort genannten Beispiele. 42 Vgl. hierzu die Ausführungen auf S. 31 ff.
ist damit nicht mehr zulässig.45 Die auf eine fest bestimmte Zeit (z. B. 10 Jahre) zu
zahlenden wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung
eines Vermögensgegenstands sind nicht als dauernde Last abzuziehen, sondern
nach den steuerrechtlichen Grundsätzen über entgeltliche Rechtsgeschäfte zu be-
handeln.46 Wiederkehrende Bezüge sind gegeben, wenn sie mit einer gewissen Re-
gelmäßigkeit gezahlt werden. Der Empfänger muss unbeschränkt einkommensteu-
erpflichtig sein oder einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im EU-/EWR-
Raum haben. Im letzteren Fall wird zusätzlich verlangt, dass durch eine Bescheini-
gung der zuständigen ausl. Steuerbehörde nachgewiesen wird, dass die Versor-
gungsleistungen im Ausland besteuert werden.
Ferner wird verlangt, dass der Begünstigte zum sog. Generationen-Nachfolgever-
bund gehört. Dieser umfasst grundsätzlich nur gegenüber dem Erblasser pflichtteils-
berechtigte Personen47 oder solche, die einen ähnliche Ansprüche (Zugewinnaus-
gleich, §§ 1363 ff. BGB) hätten geltend machen können und sich stattdessen mit den
ihnen (Vermächtnisweise) ausgesetzten Versorgungsleistungen bescheiden. Nicht
zum begünstigten Kreis des Generationennachfolge-Verbunds hat die Rechtspre-
chung gerechnet
die langjährige Haushälterin des Erblassers48;
den bzw. die Lebensgefährten/-gefährtin des Erblassers49;
die Stiefkinder des Erblassers50 und
die Mitarbeiter im Betrieb des Erblassers51;
Personen, die zu einem früheren Zeitpunkt auf ihr Pflichtteilsrecht verzichtet ha-
ben52.
45 Vgl. BMF v. 11.3.2010, IV C 3 – S 2221/09/10004, Rz. 56, BStBl I 2010, 227; Heinicke, in
Schmidt, 2016, EStG, § 10 EStG Rz. 58; Schmidt/Schwind, NWB 2007, 4597 ff. 46 Vgl. BFH v. 10.4.2014, X B 250/13, BFH/NV 2014, 1045. 47 Vgl. BFH v. 26.11.2003, X R 11/01, BStBl. II 2004, 820, v. 17.12.2003, X R 31/00, BFH/NV
2004, 1083. 48 Vgl. BFH v. 14.12.1994, X R 1-2/90, BStBl. II 1996, 680. 49 Vgl. BFH v. 17.12.2003, X R 31/00, BFH/NV 2004, 1083. 50 Vgl. BFH v. 27.3.2001, X R 106/98, BFH/NV 2001, 1242. 51 Vgl. FG Hamburg v. 7.8.1995, VII 131/92, EFG 1996, 94. 52 Vgl. BFH v. 7.3.2006, X R 12/05, BFH/NV 2006, 1395.
Der oder die Erben müssen bereits wirksam gewordene Verwaltungsakte gegen
sich gelten lassen. Dies gilt auch für die Frage, inwieweit eine Rechtsbehelfsfrist be-
reits abgelaufen ist bzw. Rechtsmittel gegen einen Steuerbescheid geführt werden.
Er kann in eigenem Namen ein Rechtsbehelf oder ein Rechtsmittel einlegen. Hatte
der Erblasser gegen einen Steuerbescheid wirksam Einspruch eingelegt, wird das
Einspruchsverfahren unterbrochen. Dies gilt auch für die Klagefrist bzw. für ein be-
reits anhängiges Klageverfahren.55 Hierbei dauert die Unterbrechung an, bis die Auf-
nahme des Verfahrens durch den Rechtsnachfolger, einen Testamentsvollstrecker
oder einen Nachlasspfleger erfolgt. Wenn der Rechtsnachfolger die Aufnahme ver-
zögert, kann das Verfahren auch ohne Aufnahme fortgesetzt werden. Hierbei ist zu
beachten, dass bei einem gerichtlichen Verfahren ein Antrag des Finanzamtes erfor-
derlich ist.56 Etwas anderes gilt, wenn der Erblasser durch einen Bevollmächtigten
vertreten wurde.57 Eine vom Erblasser erteilte Bevollmächtigung wirkt dabei nach §
80 Abs. 2 AO über dessen Tod hinaus. Dies hat zur Folge, dass auch nach dem Tod
des Erblassers eine wirksame Bekanntgabe an den Bevollmächtigen erfolgen kann
und die Rechtsbehelfsfrist ohne Unterbrechung fortläuft. Hinsichtlich der Klagefrist
setzt dies jedoch voraus, dass sich die Vollmacht nicht nur auf das Verwaltungs- und
Einspruchsverfahren erstreckt. Auf Antrag des Bevollmächtigten hat die Finanzbe-
hörde bzw. das Finanzgericht eine Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.58
Die Erben bilden eine Einheit. Folglich müssten sie Einspruchs- und Klageverfahren
gemeinsam führen. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn nach §§ 2038 f. BGB
einem Miterben eine Einzelprozessführungsbefugnis eingeräumt ist.
55 Vgl. § 155 FGO i. V. m. § 239 Abs. 1 ZPO. 56 Vgl. BFH v. 2.10.1986, V R 99/78, BStBl. II 1987, 147. 57 Vgl. § 246 ZPO analog. 58 Vgl. § 246 ZPO analog i. V. m. § 155 FGO.
1.6 Berücksichtigung der Erbschaftsteuer im Rahmen der Einkom-
mensteuer (§ 35b EStG)
§ 35b EStG59 enthält eine Ermäßigung der Einkommensteuer bei einer Belastung mit
ErbSt. Hierdurch soll in den Fällen eine Erleichterung erfolgen, in denen es zu einer
Doppelbelastung60 mit ESt und ErbSt kommt. Dies ist der Fall, wenn bereits auf
Ebene des Erblassers eine Vermögensmehrung angesiedelt ist, die aber noch kein
steuerpflichtiges Einkommen ausgelöst hat.
Beispiel:
Der Erblasser ermittelt (z. B. als Freiberufler) seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG.
Er hat zu seinem Todeszeitpunkt eine Forderung gegenüber einem Dritten. Infolge
des noch nicht erfolgten Zufluss des Geldes liegt noch kein Ertrag vor. Geht die For-
derung im Erbgang über, kommt es sowohl zu einer Belastung mit ErbSt, als auch
bei der Bezahlung zu einer Erhöhung des Einkommens und damit verbunden der
entstehenden Steuerbelastung. Dieser Doppelbelastung soll § 35b EStG entgegen-
wirken.
Der Anwendungsbereich ist auf Erbfälle beschränkt. Hingegen sind Schenkungen
nicht begünstigt. Außerdem fallen hierunter nur solche Einkünfte, die im Rahmen der
Veranlagung berücksichtigt werden. Der Abgeltungsteuer unterliegende Einkünfte
werden nicht erfasst. Eine Begünstigung kann nur erfolgen, wenn der Stpfl. einen
Antrag stellt, dass diese Einkünfte im Rahmen einer Veranlagung berücksichtigt
werden. § 35b EStG erfasst nur natürliche Personen. Eine Anwendung des § 35b
EStG scheidet aus, wenn die ErbSt nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Buchst. a EStG als dau-
ernde Last abgezogen werden kann.61 Diese Regelung ist jedoch bedeutungslos, da
nach der Änderung des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Buchst. a EStG und die damit verbundene
Beschränkung des Abzugs von Versorgungsleistungen auf die Übertragung von Be-
triebsvermögen ein Abzug der „wiederkehrend“ gezahlten ErbSt als Sonderausgaben 59 Eingefügt durch Gesetz v. 24.12.2008, BStBl. I 2009, 140. 60 Hingegen wird von einer Doppelbesteuerung gesprochen, wenn eine Besteuerung durch zwei
ausscheidet. Auch im Fall des § 23 ErbStG62 ist daher eine Entlastung nach § 35b
Satz 1 und 2 EStG grundsätzlich möglich.
Die Gesetzesformulierung ist ungenau. Der ErbSt unterliegen keinen Einkünfte, son-
dern Wirtschaftsgüter. Voraussetzung ist, dass deutsche ErbSt in einem ErbSt-
Bescheid festgesetzt worden ist63. Entsprechend muss die Änderung oder Aufhe-
bung des ErbSt-Bescheids eine Änderung des ESt-Bescheids nach § 175 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 AO auslösen, in dem eine Steuerermäßigung nach § 35b EStG berück-
sichtigt wurde.
Es kommen im Wesentlichen die folgenden Fallgruppen für eine Begünstigung in
Betracht:64
Der ErbSt unterliegende stille Reserven, die vom Erben realisiert werden und bei
ihm ESt auslösen: Betroffen sind Veräußerungs- und Aufgabevorgänge, die im
Bereich der Gewinneinkünfte von den §§ 14, 16 und 18 EStG, bei Anteilen an
Kapitalgesellschaften von § 17 EStG sowie bei der Veräußerung von Privatimmo-
bilien von § 23 EStG erfasst werden. Bei der Veräußerung von Wertpapieren des
Privatvermögens nach § 20 Abs. 2 EStG kann § 35b EStG nur greifen, wenn die
Einkünfte auf Antrag in die Veranlagung einbezogen werden.
Forderungen des Erblassers, die mit ErbSt belastet auf den Erben übergehen
und bei ihm nach dem Zufluss der ESt unterliegen: Hierbei handelt es sich um
Sachverhalte, die unter § 24 Nr. 2 EStG fallen65 und der Einkünfteerzielungstat-
bestand teilweise durch den Rechtsvorgänger und z. T. durch den Rechtsnach-
folger verwirklicht wird. § 24 Nr. 2 Hs. 2 EStG sieht vor, dass die vom Rechtsvor-
gänger erfüllten Tatbestandsmerkmale dem Rechtsnachfolger zugerechnet wer-
den. Folglich muss der Erbe vom Rechtsvorgänger erwirtschaftete Erträge ver-
62 Dieser sieht vor, dass der Stpfl. bei der Besteuerung von Renten, Nutzungen und Leistungen
statt des Kapitalwerts des Anspruchs jährlich im Voraus den Jahreswert zu versteuern hat. 63 Vgl. § 35b Satz 2 EStG. 64 Vgl. Levedag, in: HHR, EStG/KStG, § 35b EStG, Rz. 17. 65 Vgl. hierzu nochmals S. 6 f.
Ermäßigungsprozentsatz 9,5% auf 45 000 € = 4 275,00 €
Festzusetzende ESt 85 725,00 €
1.7 Ertragsteuerliche Behandlung der Erbengemeinschaft und ihrer
Auseinandersetzung
Das BMF hat sich in einem Schreiben vom 14.3.200669 sehr ausführlich mit der „Er-
tragsteuerliche(n) Behandlung der Erbengemeinschaft und ihrer Auseinanderset-
zung“ beschäftigt.
1.7.1 Ausgangspunkt
Die Erbengemeinschaft wird bis zu ihrer Auseinandersetzung (§ 2042 BGB) steuer-
lich bei den Überschusseinkünften wie eine Bruchteilsgemeinschaft (§ 39 Abs. 2
Nr. 2 AO) und bei den Gewinneinkünften als Mitunternehmerschaft behandelt. Die
Einkunftserzielung durch die Erbengemeinschaft und damit die Zurechnung der lau-
fenden Einkünfte an die Miterben endet, soweit sich die Miterben hinsichtlich des
gemeinsamen Vermögens auseinandersetzen. Die steuerlichen Grundsätze zur Er-
bauseinandersetzung sind auch auf Abfindungszahlungen infolge eines gerichtlichen
Vergleichs mit angeblichen Miterben anzuwenden.70 Ein Erbprätendent mit mögli-
chem Pflichtteilsanspruch, der zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten Wirtschaftsgü-
ter aus dem Nachlass erhält, ist steuerlich wie ein Erbe zu behandeln.71
69 IV B 2 – S 2242 – 7/06, BStBl.I 2006, 253. 70 Vgl. BFH v. 14.3.1996, IV R 9/95, BStBl. II 1996, 310. 71 Vgl. BFH v. 13.2.1997, IV R 15/96, BStBl. II 1997, 535.
Durch die Aufteilung entstehen weder Anschaffungskosten noch Veräußerungserlö-
se.
Wird der Betrieb nach der Aufteilung nicht weitgeführt, so ist dies eine Betriebsauf-
gabe, die grundsätzlich nach § 16 Abs. 3 Satz 1 und § 34 EStG begünstigt ist. Dies
setzt allerdings voraus, dass eine zeitnahe und einheitliche Aufgabe erfolgt.74 Etwas
anderes gilt lediglich in den Fällen der Realteilung i. S. v. § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4
EStG oder der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG. In diesen Ausnahmefällen
ist die Fortführung der Buchwerte zwingend.
Werden Wirtschaftsgüter, die als wesentliche Betriebsgrundlagen zu qualifizieren
sind, von den Miterben insgesamt in das Privatvermögen überführt, liegt eine Be-
triebsaufgabe vor. Ein entstehender Entnahmegewinn ist allen Miterben zuzurech-
nen. Etwas anderes gilt, wenn der Gewinn nach den von den Miterben schriftlich ge-
troffenen Vereinbarungen über die Erbauseinandersetzung dem entnehmenden Mit-
erben zuzurechnen ist.
Wird im Rahmen der Teilung des Nachlasses eine Ausgleichszahlung für einen
Spitzen- oder Wertausgleich geleistet, liegt insoweit ein Anschaffungs- und Veräuße-
rungsvorgang vor. Der Veräußerungsgewinn ist laufender Gewinn, der nicht nach §§
16 und 34 EStG begünstigt ist. Er unterliegt jedoch nicht der GewSt, soweit wie er
auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer entfällt. Im Übrigen
73 Vgl. BMF v. 14.3.2006, IV B 2 – S 2242 – 7/06, BStBl. I 2006, 253,Rz. 10. 74 Hierfür gelten die allgemeinen Grundsätze zur Betriebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 EStG, vgl.
nach dem Verkehrswert des Wirtschaftsgutes.78 Wird eine einheitliche Abfindung für
mehrere Wirtschaftsgüter bezahlt, ist diese ebenfalls im Verhältnis der Verkehrswerte
aufzuteilen. Für Zwecke der Abschreibung ist zwischen einem entgeltlichen und un-
entgeltlichen Teil zu unterscheiden. Für letzteren hat eine Buchwertfortführung und
eine unveränderte Abschreibung zu erfolgen. Soweit der Miterbe das Wirtschaftsgut
entgeltlich erworben hat, sind der weiteren AfA seine Anschaffungskosten zu Grunde
zu legen. Für den entgeltlich erworbenen Teil des Wirtschaftsguts bemessen sich die
AfA
bei beweglichen Wirtschaftsgütern und bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern, die
keine Gebäude sind, nach der tatsächlichen künftigen Nutzungsdauer des Wirt-
schaftsguts im Zeitpunkt der Erbauseinandersetzung.
bei Gebäuden nach den hierfür geltenden Vorschriften (i. d. R. § 7 Abs. 4 EStG).
Liegt ein Mischnachlass vor, führt eine Teilung ohne Abfindungszahlungen nicht zur
Entstehung von Anschaffungskosten oder Veräußerungserlösen. Hierin liegt auch
keine zur Gewinnrealisierung führende Aufgabe eines Mitunternehmeranteils gemäß
§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, sofern nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in das
Privatvermögen überführt werden. Werden im Rahmen der Erbauseinandersetzung
Schulden übernommen, hängt deren künftige steuerliche Behandlung davon ab, mit
welchen Wirtschaftsgütern sie im Zusammenhang stehen und wie diese beim Erben
verwendet werden. So führt etwa die Übernahme einer Verbindlichkeit, die im Zu-
sammenhang mit Betriebsvermögen steht, zu Betriebsschulden. Werden Erbfall-
schulden (z. B. Pflichtteils- und Erbersatzansprüche) beglichen, führt dies nicht zu
Anschaffungskosten. Die hierfür entstehenden Finanzierungsaufwendungen können
weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abgezogen werden.79 Dies
gilt für die Aufwendungen zur Finanzierung von Vermächtnissen entsprechend. Ent-
geltlichkeit liegt insoweit vor, wie Abfindungszahlungen geleistet werden. Insoweit
78 Vgl. BFH v. 19.10.1991, VIII R 51/84, BStBl. II 1992, 512. 79 Vgl. BFH v. 2.3.1993, VIII R 47/90, BStBl. II 1994, 619, v. 25.11.1993, IV R 66/93, BStBl. II
1994, 623 und v. 27.7.1993, VIII R 72/90, BStBl. II 1994, 625.
eingeleitet oder im Rahmen seiner letztwilligen Verfügung angeordnet hat.88 Von ei-
ner Veräußerung soll auch auszugehen sein, wenn der Erbe die Erbschaft aus-
schlägt und hierfür eine Abfindung erhält. Etwas anderes gilt, wenn die Ausschla-
gung gegen eine Versorgungsleistung89 erfolgt oder eine Einräumung eines Nieß-
brauchs an dem infolge der Ausschlagung auf den endgültigen Erben übergehendes
Vermögen.90
2.1.4 Betriebsaufgabe
Eine Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Stpfl. aufgrund
eines Entschlusses, den Betrieb aufzugeben, die bisher in diesem Betrieb entfaltete
betriebliche Tätigkeit endgültig einstellt, alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in ei-
nem einheitlichen Vorgang, d. h. innerhalb kurzer Zeit, entweder in das Privatvermö-
gen überführt, anderen betriebsfremden Zwecken zuführt oder insgesamt einzeln an
verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Pri-
vatvermögen überführt und dadurch der Betrieb als selbstständiger Organismus des
Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört.91 Die Betriebsaufgabe ist mithin ein tatsäch-
licher Vorgang, der zwar auf einem Willensentschluss beruht, sich aber i. d. R. nicht
in diesem erschöpft, sondern der tatsächlichen Umsetzung bedarf. Als tatsächlicher
Vorgang kann sie nicht rückwirkend beseitigt werden. Nur in Ausnahmefällen genügt
zur Betriebsaufgabe eine Aufgabeerklärung wie beispielsweise bei der Betriebsver-
pachtung.92 Aus diesen Gründen führt nach h. M. weder der Tod des Betriebs-
inhabers zu einer Betriebsaufgabe93 noch sein plötzliches Verschwinden unter Hin-
terlassung der Anweisung, den Betrieb aufzulösen; auch hier führt erst die Durchfüh-
rung der Anweisung zur Betriebsaufgabe.94
88 Vgl. BFH v. 21.9.1995, IV R 1/95, BStBl. II 1995, 893. 89 Vgl. BFH v. 17.4.1996, X R 160/94, BStBl. II 1997, 32. 90 Vgl. BFH v. 4.6.1996, IX R 59/94, BStBl. II 1998, 431. 91 Ständige Rspr., vgl. z. B. BFH v. 26.4.2001, IV R 14/00, BStBl. II 2001, 798, m. w. N., BFH v.
19.2.2004, III R 1/03, BFH/NV 2004, 1231. 92 Vgl. BFH v. 19.5.2005, IV R 17/02, BStBl. II 2005, 637. 93 Vgl. BFH v. 20.1.2005, IV R 35/03, BFH/NV 2005, 1046. 94 Vgl. BFH v. 30.8.2007, IV R 5/06, BStBl. II 2008, 113.
Eine Betriebsaufgabe führt dazu, dass die bisher im Betriebsvermögen befindlichen
Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen übernommen werden. Dies löst nach § 16
Abs. 3 Satz 7 EStG die Besteuerung der Differenz zwischen dem gemeinen Wert
und dem Buchwert der Wirtschaftsgüter aus. Allerdings geht ein Firmenwert nicht mit
über, sondern unter. Werden einzelne Wirtschaftsgüter veräußert, kommt es insoweit
zu Veräußerungsgewinnen.
2.1.5 Betriebsunterbrechung, insbesondere Betriebsverpachtung
Durch eine Betriebsunterbrechung bleibt die Eigenschaft als Betriebsvermögen er-
halten, so dass eine Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven vermieden
werden kann. Dies kann entweder durch ein Ruhen oder durch ein Verpachten des
Betriebs erreicht werden. Hierbei erweist sich die Verpachtung insbesondere dann
als interessante Gestaltung, wenn ein Nachfolger für den verstorbenen Unternehmer
noch nicht die notwendige Qualifikation aufweist, um das Unternehmen fortführen zu
können. Die erzielten Pachtzinsen führen zu gewerblichen Einkünften i. S. v. § 15
Abs. 1 Nr. 1 EStG, unterliegen jedoch nicht der GewSt.95 Folglich scheidet in diesen
Fällen eine Anrechnung nach § 35 EStG aus. Die im Betriebsvermögen enthaltenen
stillen Reserven sind dann nicht aufzudecken, wenn der Stpfl. zwar selbst seine wer-
bende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen
Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs an einen
Pächter verpachtet, solange er nicht dem FA gegenüber die Aufgabe des Betriebs
erklärt96. Es steht ihm somit ein Wahlrecht zu, durch Betriebsaufgabeerklärung die
stillen Reserven aufzudecken und zu versteuern, oder aber das Betriebsvermögen
weiterzuführen und die Verpachtung als gewerbliche Tätigkeit zu behandeln.
Eine Betriebsverpachtung liegt vor, wenn der Stpfl. dem Pächter einen Betrieb insge-
samt oder jedenfalls dessen wesentliche Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlässt
95 Vgl. BFH v. 20.6.1990, I R 160/85, BStBl. II 1990, 913. 96 Ständige Rspr., vgl. grundlegend BFH v. 13.11.1963, GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124, BFH v.
26.3.1991, VIII R 73/87, BFH/NV 1992, 227, BFH v. 17.4.1997, VIII R 2/95, BStBl. II 1998, 388.
und diesen so in die Lage versetzt, den Betrieb im Wesentlichen fortzusetzen.97
Das Wahlrecht besteht, solange wie es objektiv möglich ist, dass der Verpächter (o-
der sein Gesamtrechtsnachfolger) den durch die Verpachtung „vorübergehend“ ein-
gestellten Betrieb wieder übernimmt und fortführt.98 Bei Veräußerung wesentlicher
Betriebsgrundlagen an Dritte oder den Pächter entfällt die objektive Möglichkeit einer
Wiederaufnahme des Betriebs durch den Verpächter mit der Folge einer Zwangsent-
nahme des Betriebsvermögens in das Privatvermögen.99
Die Grundsätze der Betriebsverpachtung können auch bei einer Vermietung der
wesentlichen Betriebsgrundlagen gelten. Denn wie die Verpachtung stellt auch die
Vermietung der wesentlichen Betriebsgrundlagen einen Unterfall der Betriebsunter-
brechung dar und kann zu einem ruhenden Betrieb führen.100 Dieser Fall kommt ins-
besondere in Betracht, wenn das wesentliche Betriebsvermögen aus einem einzigen
Wirtschaftsgut, vornehmlich aus einem Grundstück, besteht.101 Es ist somit nicht er-
forderlich, dass der Pächter einen dem ehemaligen Betrieb des Verpächters ver-
gleichbaren Betrieb fortführt. Nutzt der Pächter das verpachtete Betriebsgrundstück
gewerblich (oder freiberuflich), so liegt ungeachtet der Nicht-Vergleichbarkeit des
Pächterbetriebs mit dem Verpächterbetrieb eine Betriebsverpachtung vor (Betriebs-
unterbrechung im weiteren Sinn). Wird das Grundstück an einen nicht gewerblich
(oder freiberuflich) tätigen Mieter vermietet, so kann das zu einem Ruhen des Be-
triebs führen (Betriebsunterbrechung im engeren Sinn).
Liegt hingegen eine Betriebsaufgabe vor, kommt es zur Aufdeckung und Besteue-
rung der stillen Reserven.
97 Vgl. BFH v. 26.6.1975, IV R 122/71, BStBl. II 1975, 885. 98 Vgl. BFH v. 15.10.1987, IV R 66/86, BStBl. II 1988, 260, BFH v. 26.3.1991, VIII R 73/87,
BFH/NV 1992, 227, 228. 99 Vgl. BFH v. 17.4.1997, VIII R 2/95, BStBl. II 1998, 388. 100 Vgl. BFH v. 28.8.2003, IV R 20/02, BStBl. II 2004, 10, mit Hinweis auf die frühere gegenteilige
Rspr.: Betriebsaufgabe bei Verpachtung an einen branchenfremden Unternehmer, BFH v. 26.6.1975, IV R 122/71, BStBl. II 1975, 885, aufgegeben mit BFH v. 28.8.2003, IV R 20/02, BStBl. II 2004,10.
101 Vgl. BFH v. 11.10.2007, X R 39/04, BStBl. II 2008, 220.
GmbH & Co. KG besondere Bedeutung zu.105 Ein Wechsel von der
Stellung eines Komplementärs zur Rolle des Kommanditisten führt jedoch
nicht dazu, dass die bereits vorhandenen Verluste von den Verlustabzugs-
beschränkungen des § 10d EStG nicht mehr erfasst wären. Vielmehr sind
lediglich die Verluste nach dem Wechsel von den zusätzlichen Begren-
zungen des § 10d EStG befreit.106 Folglich hat der Zeiptunkt eines evtl.
Rechtsformwechsels entscheidende Bedeutung.
Wird dieser Auffassung gefolgt, besteht damit die Gestaltungsmöglichkeit, bei
Personengesellschaften eine Umwandlung in eine KG vorzunehmen, um damit
künftig nicht ausgleichsfähige Verluste zu solchen i. S. d. § 15a EStG anstelle von
personengebundenen Verlusten i. S. d. § 10d EStG werden zu lassen. Hierbei ist zu
prüfen, inwieweit der Formwechsel als solcher zu einem Untergang der Verlustvor-
träge führt.107 Der Formwechsel lässt gewerbesteuerliche Verlustvorträge unberührt,
da die Unternehmens- und Unternehmeridentität gewahrt bleibt und § 24 UmwStG
keine Spezialregelung enthält.108 Ein solcher Ansatz setzt voraus, dass die
Umwandlung rechtzeitig vorgenommen wird, weil nur künftige Verluste in den
Anwendungsbereich des § 15a EStG fallen. Hingegen ist es damit nicht möglich,
bereits auf Ebene des Mitunternehmers befindliche Verluste im Erbgang zu erhalten.
2.2.2 Auflösung der Gesellschaft
Im Gesellschaftsvertrag kann angeordnet werden, dass der Tod eines Gesellschaf-
ters oder zumindest eines Komplementärs zur Auflösung der Gesellschaft führt. In
einem solchen Fall ist zwischen dem Erbgang und der Abwicklung zu differenzieren.
Die Erben erlangen einen Anteil an der Gesellschaft, die anschließend liquidiert wird.
105 Vgl. hierzu auch Schroer/Bücker, FR 2004, 753. 106 Vgl. BFH v. 14.10.2003, VIII R 32/01, BStBl. II 2004, 359, v. 14.10.2003, VIII R 38/02, BStBl. II
2004, 115, v. 14.10.2003, VIII R 81/02, BStBl. II 2004, 118, v. 12.2.2004, IV R 70/02, BStBl. II 2004, 423, v. 12.2.2004, IV R 26/02, BFH/NV 2004, 1228 sowie aus der Literatur z. B. Bran-denberg, DB 2004, 1632, Kempermann, DStR 2004, 1515, Paus, DStZ 2004, 448.
107 Vgl. hierzu z. B. Kaminski, in: Korn, § 10d EStG, Rz. 8.2 ff. 108 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 64 (Mai 2009).
Zunächst führt der Erbgang zum Übergang des Mitunternehmeranteils. Dieser Vor-
gang ist nach § 6 Abs. 3 EStG zwingend zum Buchwert vorzunehmen. Hieran
schließt sich die eigentliche Abwicklungsphase der Gesellschaft an. Hierbei erfolgt
die Beendigung und Abwicklung der Unternehmenstätigkeit. Gemeinsam mit den
bisherigen Gesellschaftern werden den Erben die hieraus entstehenden Einkünfte
zugerechnet. Dabei sind die Einkünfte den Erben und nicht dem Erblasser zuzurech-
nen. Zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für eine Begünstigung nach §§ 16 Abs. 4
und 34 EStG vorliegen. Dies setzt eine zeitnahe Abwicklung der Gesellschaft voraus.
Danach müssen alle stillen Reserven der wesentlichen Grundlagen des Betriebs in
einem Zug aufgedeckt werden und sich im Rahmen der ertragsteuerlichen Erfassung
„zusammenballen". Das wäre nicht der Fall, wenn dem Stpfl. stille Reserven verblie-
ben, die erst in späteren Veranlagungszeiträumen aufgedeckt würden.109
Trotz dieses offen zutage tretenden Gesetzeszwecks ist die Rspr. kasuistisch. Ein
Zeitraum von sechs Monaten ist noch hinreichend kurz.110 Ob ein darüber hinausge-
hender Zeitraum noch ausreichend kurz ist, hängt von den Umständen des Einzel-
falls ab, insbesondere von der Verkehrsfähigkeit der zu veräußernden Wirtschaftsgü-
ter111; ein Zeitraum von 14 Monaten kann noch angemessen sein (Versilberung von
landwirtschaftlichem Streubesitz). Ein Zeitraum von 36 Monaten ist zu lang.112 Un-
schädlich ist es, wenn ein angemessen kurzer Zeitraum sich auf zwei Veranlagungs-
zeiträume erstreckt und die Zusammenballung der aufgedeckten stillen Reserven
dadurch bereits gemildert ist.113 Bei der Praxisaufgabe von Freiberuflern darf ein
Zeitraum von sechs Monaten regelmäßig nicht überschritten sein.114
109 Vgl. BFH v. 18.10.1999, GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123, 126. 110 Vgl. BFH v. 25.6.1970, IV 350/64, BStBl. II 1970, 719. 111 Vgl. BFH v. 16.9.1966, VI 118/65, BStBl. III 1967, 70. 112 Vgl. BFH v. 16.9.1966, VI 118/65, BStBl. III 1967, 70. 113 Vgl. BFH v. 26.5.1993, X R 101/90, BStBl. II 1993, 710. 114 Vgl. BFH v. 25.11.1993, IV R 19/92, BFH/NV 1994, 540.
mehreren Erben erfolgt die Teilung des Anteils nach Maßgabe der Erbquoten. Wer-
den an weichende Miterben Ausgleichszahlungen geleistet, bilden diese Anschaf-
fungskosten für die Wirtschaftsgüter. Da alle Erben Mitunternehmer geworden sind,
bleibt das Sonderbetriebsvermögen mit dem Betrieb verbunden, so dass eine Ent-
nahmebesteuerung nicht zu erfolgen hat. Eine Aufdeckung der stillen Reserven kann
auch unterbleiben, wenn die Erben das Unternehmen (einschließlich des Sonderbe-
triebsvermögens) an einen fremden Dritten im Wege eines Vermächtnisses übertra-
gen müssen.116
Hingegen wird bei einer qualifizierten Nachfolgeklausel nur der qualifizierte Erbe
Mitunternehmer. Es erfolgt ein unentgeltlicher Erwerb, bei dem nach § 6 Abs. 3 EStG
eine Fortführung der Buchwerte zu erfolgen hat. Dies soll dazu führen, dass auch
dann keine Anschaffungskosten vorliegen, wenn er Ausgleichszahlungen an die nicht
qualifizierten Erben leisten muss.117 Hierbei soll es sich vielmehr um eine private
Schuld des qualifizierten Erben handeln. Probleme entstehen häufig im Bereich des
Sonderbetriebsvermögens. Die Einzelrechtsnachfolge in das Gesamthandsbetriebs-
vermögen führt nicht zwingend zu einer Einzelrechtsnachfolge in das Sonderbe-
triebsvermögen. Vielmehr geht dieses auf die gesamte Erbengemeinschaft über.
Folglich kommt es für den Teil, der nicht auf den qualifizierten Erben entfällt, zu einer
Entnahme und damit zu einer Gewinnrealisation.
2.2.5 Eintrittsklauseln
Unter einer Eintrittsklausel wird eine Regelung im Gesellschaftsvertrag verstanden,
die einen, mehreren oder allen Erben das Recht gibt, in die Gesellschafterstellung
des verstorbenen Gesellschafters einzutreten, ohne dass automatisch die Beteili-
gung auf die Erben übergeht. Damit hat die benannte Person oder ggf. auch die Ge-
samtheit der Erben ein Wahlrecht, dem Verstorbenen in der Gesellschaft nachzufol-
116 Vgl. BFH v. 16.5.1995, VIII R 18/93, BStBl. II 1995, 714. 117 Vgl. BFH v. 26.3.1981, IV R 130/77, BStBl. II 1981, 614 und BMF v. 14.3.2006, IV B 2 – S
Hingegen ist die Beteiligung alleine kein Betrieb und nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung soll die Vermutung des Vorliegens eines Teilbetriebs nach § 16
Abs.1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegend nicht anwendbar sein.119 Scheidet die
Beteiligung im Rahmen des Erbganges oder der Erfüllung eines Vermächtnisses
aus, führt dies zu einer Entnahme, die mit dem Teilwert zu bewerten ist.120 Die
Besteuerung erfolgt entweder nach Maßgabe des Teileinkünfteverfahrens oder mit
der Abgeltungsteuer.
Der Erbe führt nach § 11d EStDV die ursprünglichen Anschaffungskosten des
Erblassers fort. Übernimmt der Erbe oder Vermächtnisnehmer Schulden im
Zusammenhang mit der Beteiligung, stellen diese keine (nachträglichen)
Anschaffungskosten für die Beteiligung dar. Hierbei kommt es auch nicht darauf an,
ob die Erbquote über- oder unterschritten wird. Insoweit wie im Zusammenhang mit
der Beteiligung Abfindungen gezahlt werden, liegt ein entgeltliches Geschäft vor. Der
so entstehende Veräußerungsgewinn ist entweder nach § 17 oder nach § 20 Abs. 2
EStG steuerpflichtig. Nur in den Altfällen kann eine Steuerfreiheit eintreten, wenn
keine Beteiligung i. S. v. § 17 EStG vorliegt und die Beteiligung vor dem 1.1.2009
erworben wurde.121
Denkbar ist, dass die Satzung der Kapitalgesellschaft für den Fall des Todes eines
Gesellschafters eine Einziehungsklausel enthält. Hierbei gehen zunächst die Anteile
auf die Erben über. Erst anschließend erfolgt die Einziehung. Wird hierfür eine
Entschädigung bezahlt, ist dies als Veräußerungsgvorgang zu sehen. Ein
entstehender Gewinn oder Verlust ist unter den o. g. Voraussetzungen steuerlich zu
berücksichtigen.
Beratungshinweis:
Es sollte geprüft werden, ob durch die als Veräußerung geltende
Einziehung evtl. gegen Behaltensfristen verstoßen wird. Dies gilt sowohl
119 Vgl. BFH v. 20.7.2005, X R 22/02, BStBl. II 2006, 457, m. w. N. 120 Vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG. 121 In diesen Fällen kann eine Berufung auf die Übergangsregelungen zur Abgeltungsteuer erfol-
für die Regelungen zur erbschaftsteuerlichen Begünstigung als auch für
Einbringungsgewinne nach § 22 Abs. 1 UmwStG.
2.3.2 Möglicher Untergang von Verlustvorträgen
Der Untergang von laufenden Verlusten und Verlustvorträgen gem. § 8c KStG findet
grundsätzlich auch bei einem unentgeltlichen Erwerb Anwendung.
Beratungshinweis:
Entgegen der Auffassung der Fin Verw.122 hat der BFH mit Urteil vom
30.11.2011123 entschieden, dass die vorhandenen Verlustvorträge sehr
wohl mit den positiven Einkünften des laufenden Vz. verrechnet
werden können.
Hieraus folgt, dass im Rahmen der Planung bzw. Durchführung der Unternehmens-
nachfolge diese Vorschrift besonders beachtet werden muss. In Rz. 4 des BMF-
Schreibens vom 4.7.2008124 wird der Untergang der Verluste lediglich für die Fälle
suspendiert, in denen der Erwerb seitens einer natürlichen Person durch Erbfall
einschließlich der unentgeltlichen Erbauseinandersetzung und der unentgeltlichen
vorweggenommenen Erbfolge erfolgt.125 Hingegen sind alle anderen Fälle erfasst.
Als besonders problematisch erweist sich hieran, dass nach Verwaltungsauffassung
bereits ein geringfügiges Entgelt die Anwendung der Regelung eröffnet und damit
zum Untergang von laufenden Verlusten und Verlustvorträgen führen kann.
122 Vgl. BMF-Schreiben v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, BStBl. I 2008,
736, Tz. 31. 123 I R 14/11, BFH/NV 2012, 659. Vgl. hierzu eingehend Ernst, DB 2012, 1002 ff. 124 IV C 7 – S 2745 – a/08/10001, 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736. Vgl. hierzu z. B. Sister-
mann/Brinkmann, BB 2008, 1928 ff., Lang, DStZ 2008, 549 ff., Suchanek, FR 2008, 904 ff. 125 Vgl. zur Diskussion, ob die vorweggenommene Erbfolge mit der Schenkung gleichzusetzen ist,
Der verwitwete A, 100%iger Gesellschafter der A-GmbH, verstirbt und hinterlässt
zwei Kinder, B und C. B bekommt 100% der Anteile an der A-GmbH, C eine
Immobilie. Da diese 100 T€ weniger Wert ist als das Unternehmen, gleicht B diese
Differenz aus seinem Privatvermögen aus.
Vorliegende Konstellation ist schädlich für die Verlustvorträge der A-GmbH, weil kei-
ne vollständig unentgeltliche Übertragung erfolgt.126 Gestalterisch ließe sich dieses
Problem lösen, indem noch zu Lebzeiten des A ein entsprechender Betrag aus dem
Unternehmensvermögen entnommen und dieser dann an den C geschenkt würde.
Möglicherweise könnte eine Refinanzierung über ein Darlehen des B erfolgen. Es
gäbe dann einen wirtschaftlich sehr vergleichbaren Sachverhalt, der allerdings nicht
zum Untergang der Verlustvorträge führt und zwar auch dann nicht, wenn B auf das
Darlehen nach dem Erbgang verzichtet.
Variante 1: B und C bekommen jeweils 50% der GmbH-Beteiligung. Sie müssen aber
ein Vermächtnis, das der A zu Gunsten einer dritten Person ausgesetzt hat, erfüllen.
Dies geschieht a) aus dem übrigen Vermögen des A (nicht Betriebsvermögen) oder
b) aus dem Privatvermögen von B und C.
Der Fall a) ist unproblematisch, weil die Erben kein Entgelt an einen Dritten aus
ihrem Vermögen bezahlen, sondern ihrerseits nur eine geringere Bereicherung
erfahren. Es liegt Unentgeltlichkeit vor, so dass die Verlustvorträge der A-GmbH
nicht beeinträchtigt werden. Da im Fall b) eine Gegenleistung durch B und C erbracht
wird, ist dies als schädlich anzusehen.
Variante 2: Die Anteile an der A-GmbH werden von A auf B und C im Wege der vor-
weggenommenen Erbfolge übertragen. Um die Versorgung des A zu gewährleisten,
haben sich B und C dazu verpflichtet, a) laufende Versorgungsleistungen an A zu
leisten oder b) ein Nießbrauchrecht zu Gunsten des A zu bestellen. 126 Gl. Auffassung z. B. Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., München 2016, § 17, Rn. 106,
Thonemann, DB 2008, 2156. Vor dem Hintergrund des – allerdings zu § 3c Abs. 2 EStG a. F. i. V. m. § 17 und § 3 Nr. 40 EStG – ergangenen BFH-Urteils v. 6.4.2011, IX R 61/10, BFH/NV 2011, 1575, ist nicht ausgeschlossen, dass auch für Zwecke des § 8c KStG bei symbolischen Kaufpreisen (im Urteilsfall: 1 €) nicht von einer entgeltlichen Übertragung auszugehen ist.
M. E. liegt kein entgeltlicher Erwerb vor. Sowohl wiederkehrende Versorgungs-
leistungen127 als auch die Anteilsübertragung unter Nießbrauchvorbehalt128 galten
nach bisherigem Verständnis als unentgeltlich. Dies ist auch für Zwecke des § 8c
KStG anzuerkennen. Schließlich blieben die Rechtsgrundlagen insoweit unverändert
und § 8c KStG schafft insoweit keine speziellere Regelung.
Variante 3: Die Beteiligung an der A-GmbH geht gleichmäßig auf B und C über. Im
Zusammenhang mit der letzten Kapitalerhöhung der GmbH hatte A ein Darlehen
aufgenommen, das auf B und C mit übergeht und das in der Zukunft von ihnen getilgt
und verzinst werden muss.
Auch nach bisherigem Verständnis der Finanzverwaltung129 galt ein solcher Vorgang
als unentgeltlich. M. E. ist dies auch für Zwecke des § 8c KStG so zu beurteilen.
Im Rahmen der geplanten Neufassung des Anwendungsschreibens zu § 8c KStG
bleibt diese Regelung grundsätzlich bestehen. Allerdings wird eine wichtige Ein-
schränkung vorgenommen: Danach soll diese Ausnahme nur noch dann gelten,
wenn die Erbfolge zwischen Angehörigen i. S. d. § 15 AO erfolgt.
Beratungshinweis:
Durch Art. 3 des Gesetzes zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts130 wurde der Begriff der
Angehörigen erweitert. Danach sind Verlobte und Ehepartner im Sinne
des Lebenspartnerschaftsgesetzes Ehegatten bzw. Verlobten gleichge-
stellt worden.
127 Vgl. BFH v. 5.7.1990, GrS 4-6/89, BStBl. II 1990, 847 und v. 15.7.1991, GrS 1/90, BStBl. II
1992, 78. 128 Vgl. BFH v. 14.6.2005, VIII R 14/04, BStBl. II 2006, 15. 129 Vgl. BMF-Schreiben v. 13.1.1993, IV B 3 – S 2190 – 37/92, BStBl. I 1993, 80. 130 Vom 18.7.2014, BGBl. I 2014, 1042 ff.
133 Abgedruckt in IDW-Fn. 2014, 464. 134 Vgl. zur bisherigen Diskussion z. B. Schwedhelm, GmbHR 2008, 404 ff., Schmiel, BB 2010, 151
ff., Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673 ff. jeweils m. w. N. 135 Vgl. z. B. § 593a Satz 1 BGB, § 17 Höfeordnung oder § 35 Abs. 1 BauGB. 136 Vgl. BGH v. 30.1.1991, IV ZR 299/89, BGHZ 113, 310.
halten oder nicht (funktionale Betrachtung). Wesentliche Betriebsgrundlagen eines
Unternehmens i. S. v. § 16 EStG sind aber auch Wirtschaftsgüter, die funktional ge-
sehen für den Betrieb zwar nicht erforderlich sind, in denen jedoch erhebliche stille
Reserven gebunden sind (finanzielle Betrachtung). Die Einbeziehung der finanziellen
Bedeutung der Wirtschaftsgüter für den Betrieb rechtfertigt sich aus dem Gesetzes-
zweck des § 16 EStG, die zusammengeballte Aufdeckung und Versteuerung der stil-
len Reserven zu erfassen und zu regeln.143 Insgesamt ist für § 16 EStG der Begriff
der wesentlichen Betriebsgrundlage i. S. einer kombinierten funktional-quantitativen
Betrachtungsweise zu verstehen.144
Für die Abgrenzung ist auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls unter Be-
rücksichtigung der besonderen Verhältnisse des jeweiligen Betriebs abzustellen. Die
Entscheidung, ob eine wesentliche Betriebsgrundlage vorliegt oder lediglich ein Wirt-
schaftsgut von unwesentlicher Bedeutung, beruht weitgehend auf Tatsachenfeststel-
lungen.145 Die Frage der Feststellungslast kann nicht einheitlich beantwortet werden.
Da die Interessenlage bei der Entscheidung, ob ein unter § 16 EStG fallender Vor-
gang festgestellt werden kann, durchaus unterschiedlich sein kann, kommt es auf die
jeweilige Prozesssituation an: Wer sich auf die Qualifizierung eines Wirtschaftsguts
als wesentliche Betriebsgrundlage beruft, trägt die Feststellungslast.
Nach der funktional-quantitativen Betrachtung sind wesentliche Grundlagen eines
Betriebs die Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich
sind und/oder ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besit-
zen.146 Danach gehören in erster Linie Wirtschaftsgüter dazu, die für den Betriebsab-
lauf unerlässlich und nicht jederzeit ohne Betriebsunterbrechung ersetzbar sind, so-
dass ein möglicher Erwerber des Betriebs nur mit ihrer Hilfe den Betrieb in der bishe-
143 Vgl. BFH v. 4.7.2007, X R 49/06, BStBl. II 2007, 772. 144 Vgl. BFH v. 13.2.1996, VIII R 39/92, BStBl. II 1996, 409, BFH v. 2.10.1997, IV R 84/96, BStBl. II
1998, 104, BFH v. 10.11.2005, IV R 7/05, BStBl. II 2006, 176. 145 Vgl. BFH v. 4.11.1965, IV 411/61, BStBl. III 1966, 49, BFH v. 17.4.1997, VIII R 2/95, BStBl. II
1998, 388 m. w. N. 146 Vgl. BFH v. 30.10.1974, I R 40/72, BStBl. II 1975, 232, BFH v. 12.6.1996 , XI R 56, 57/95,
BStBl. II 1996, 527, BFH/NV 1996, 334, BFH v. 17.4.1997, VIII R 2/95, BStBl. II 1998, 388.
rigen Form fortführen könnte.147 Das ist grundsätzlich nach den sachlichen Erforder-
nissen des jeweiligen Betriebs zu beurteilen.
Deshalb gehören in erster Linie die für den Betrieb unerlässlichen Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, es sei denn, sie
sind ohne Weiteres ersetzbar oder von geringem Wert.148 Für den Betrieb unerläss-
lich sind regelmäßig betrieblich genutzte Grundstücke, Produktions- oder Dienstleis-
tungseinrichtungen, aber auch immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere Nut-
zungsrechte, Gestattungen oder (rechtlich geschützte oder ungeschützte) Fähigkei-
ten und Kenntnisse oder der Geschäftswert oder Teile davon wie Kundenbeziehun-
gen, Lieferantenbeziehungen oder Vertriebsorganisationen149, im freiberuflichen Be-
reich insbesondere der Mandantenstamm.150 Maschinen gehören nicht zu den we-
sentlichen Betriebsgrundlagen, wenn sie kurzfristig wiederbeschaffbar sind, es sei
denn, die Entfernung des gesamten Maschinenparks lässt eine Produktion schlech-
terdings ausgeschlossen erscheinen.151 Finanzanlagen sind regelmäßig keine we-
sentlichen Betriebsgrundlagen.
Betrieblich genutzte Grundstücke und Gebäude sind i. d. R. wesentliche Betriebs-
grundlage152, auch wenn sie nicht besonders auf den Betrieb zugeschnitten, für ihn
hergerichtet153oder besonders gelegen sind154 und auf dem freien Markt Ersatz-
grundstücke zum Erwerb oder zur Anmietung zur Verfügung stehen155. Notwendig ist
allein, dass das Grundstück die räumliche und funktionale Grundlage für die Ge-
schäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet und es ihr ermöglicht, ihren Ge-
147 Vgl. BFH v. 24.8.1989, IV R 135/86, BStBl. II 1989, 1014, BFH v. 29.7.1992, I R 117/91, BStBl.
II 1993, 180. 148 Vgl. BFH v. 26.5.1993, X R 101/90, BStBl. II 1993, 710. 149 Vgl. BFH v. 9.10.1996, XI R 71/95, BStBl. II 1997, 236, BFH/NV 1997, 158, BFH v. 17.4.1997,
VIII R 2/95, BStBl. II 1998, 388, jeweils m. w. N. 150 Vgl. BFH v. 23.1.1997, IV R 36/95, BStBl. II 1997, 498. 151 Vgl. BFH v. 18.5.2004, X B 167/03, BFH/NV 2004, 1262 unter Hinweis auf BFH v. 13.9.1994, X
B 157/94, BFH/NV 1995, 385. 152 Vgl. BFH v. 14.2.2007, XI R 30/05, BStBl. II 2007, 524. 153 Vgl. BFH v. 23.1.1991, X R 47/87, BStBl. II 1991, 405. 154 Vgl. BFH v. 12.11.1985, VIII R 342/82, BStBl. II 1986, 299. 155 Vgl. BFH v. 14.7.1993, X R 74, 75/90, BStBl. II 1994, 15, BFH v. 31.8.1995, VIII B 21/93, BStBl.
schäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben.156 Das gilt auch für Büroetagen ohne
Rücksicht darauf, ob darin eine geschäftsleitende Tätigkeit ausgeübt wird oder nicht,
sowie für Werkstatt- und Lagerhallen.157 Eine Ausnahme gilt allenfalls, wenn das
Grundstück für den Betrieb keine oder nur geringe Bedeutung hat.158 Maßgebend
hierfür ist das Gesamtbild der tatsächlichen oder der beabsichtigten Nutzung.159
Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisch
abgeschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der – für sich betrachtet – alle Merkmale
eines Betriebs erfüllt, für sich allein lebensfähig ist und sich im Rahmen des Gesam-
tunternehmens mit seiner Betätigung von der übrigen gewerblichen Tätigkeit deutlich
abhebt.160 Lebensfähig ist ein Teil des Gesamtunternehmens, wenn mit ihm seiner
Natur nach eine eigenständige betriebliche Tätigkeit ausgeübt werden kann.161 Er
muss in seinem Bereich alle Merkmale eines Gewerbebetriebs besitzen. Maßgeblich
für diese vornehmlich im Tatsächlichen liegende Abgrenzung ist das Gesamtbild der
Verhältnisse.
Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbststän-
digkeit besitzt, ist ebenfalls nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beim Veräußerer
zu entscheiden. Für die Eigenständigkeit eines Teilbetriebs sprechen die räumliche
Trennung vom Hauptbetrieb, eine gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eige-
ne Verwaltung, selbstständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, eine un-
gleichartige betriebliche Tätigkeit und ein eigener Kundenstamm.162 Den einzelnen
156 Vgl. BFH v. 14.2.2007, XI R 30/05, BStBl. II 2007, 524, unter Hinweis auf BFH v. 13.7.2006, IV
R 25/05, BStBl. II 2006, 804, BFH/NV 2006, 2182 und BFH v. 3.6.2003, IX R 15/01, BFH/NV 2003, 1321.
157 Vgl. BFH v. 14.2.2007, XI R 30/05, BStBl. II 2007, 524, unter Verweis auf BFH v. 1.2.2006, XI R 41/04, BFH/NV 2006, 1455 bzw. BFH v. 26.5.1993, X R 78/91, BStBl. II 1993, 718.
158 Der BFH hat 20% der Gesamtbürofläche genügen lassen, vgl. BFH v. 14.2.2007, XI R 30/05, BStBl. II 2007, 524.
159 Vgl. BFH v. 17.11.1992, VIII R 36/91, BStBl. II 1993, 233. 160 Vgl. BFH v. 26.4.1979, IV R 119/76, BStBl. II 1979, 557, BFH v. 13.2.1996, VIII R 39/92, BStBl.
II 1996, 409, BFH v. 10.3.1998, VIII R 31/95, BFH/NV 1998, 1209, BFH v. 18.10.1999, GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123, ständige Rspr., vgl. BFH v. 4.7.2007, X R 49/06, BStBl. II 2007, 772.
161 Vgl. BFH v. 18.6.1998, IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735, BFH v. 19.2.2004, III R 1/03, BFH/NV 2004, 1231.
162 Vgl. BFH v. 5.6.2003, IV R 18/02, BStBl. II 2003, 838, BFH/NV 2003, 1631 unter Hinweis auf BFH v. 24.8.1989, IV R 120/88, BStBl. II 1990, 55 und BFH v. 15.3.1984, IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486.
Merkmalen kann je nach Art des Betriebs unterschiedliche Bedeutung zukommen.163
Der Teilbetrieb muss zwar als eine „eigene“ sächliche und personelle Einheit er-
scheinen, eine völlig selbstständige Organisation in den einzelnen Teilbereichen ist
jedoch für die Annahme eines Teilbetriebs nicht erforderlich. Eine enge räumliche
Verbindung und eine Überschneidung der Tätigkeitsbereiche schließen einerseits
das Vorliegen von Teilbetrieben nicht von vorneherein aus164, Filialen und Zweignie-
derlassungen sind andererseits alleine aufgrund ihrer örtlichen Abgegrenztheit nicht
bereits Teilbetriebe, weitere Merkmale müssen dazu kommen.
Eine eigene Ergebnisrechnung (eigene Kassenführung und Inventur) setzt nicht
zwingend voraus, dass sie als eigene und von den übrigen Betriebsteilen getrennte
Buchführung organisiert sein muss, es genügt, wenn innerhalb der Betriebsbuchfüh-
rung eigene Ertrags- und Aufwandskonten sowie eigene Debitorenkonten geführt
werden.165„Eigene“ wirtschaftliche Beziehungen, jedenfalls im Absatzbereich, sowie
eine gewisse wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit, insbesondere im Bereich des Wa-
reneinkaufs und der Preisgestaltung, sprechen für einen Teilbetrieb. Die rein techni-
sche oder wirtschaftliche Möglichkeit der Aufteilung eines Gesamtbetriebs in mehrere
Teilbetriebe genügt nicht; es muss bereits vor der Veräußerung ein selbstständiger
Teilorganismus bestanden haben, der vom Erwerber als selbstständiger Gewerbebe-
trieb weitergeführt werden kann.166
Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbststän-
digkeit und Lebensfähigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beim
Veräußerer aufgrund einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse im Einzelfall zu ent-
scheiden.167 Dabei kann den Abgrenzungsmerkmalen unterschiedliches Gewicht zu-
kommen, je nachdem, um welche Art von Betrieb es sich handelt, z. B. Fertigungs-,
163 Vgl. BFH v. 4.7.2007, X R 49/06, BStBl. II 2007, 772. 164 Vgl. BFH v. 23.11.1988, X R 1/86, BStBl. II 1989, 376, BFH v. 29.4.1993, IV R 88/92, BFH/NV
1994, 694. 165 Vgl. BFH v. 9.8.1989, X R 62/87, BStBl. II 1989, 973. 166 Zur Einbeziehung von in der Entstehung begriffenen [noch nicht werbend tätigen] Teilbetrieben
vgl. BFH v. 1.2.1989, VIII R 33/85, BStBl. II 1989, 458. 167 Sog. offener Typusbegriff, vgl. BFH v. 4.7.2007, X R 49/06, BStBl. II 2007, 772, BFH/NV 2007,
1985, BFH v. 5.6.2003, IV R 18/02, BStBl. II 2003, 838.
Handels- oder Dienstleistungsbetrieb.168 Die Entscheidung darüber unterliegt im We-
sentlichen der tatrichterlichen Beurteilung im konkreten Fall.169
Hält der Übergeber nichtwesentliche Betriebsgrundlagen zurück, ist dies unschäd-
lich. Rückfallklauseln, die unter bestimmten Voraussetzungen die Rückübertragung
des Einzelunternehmens vorsehen, stehen dem Übergang des Betriebs nicht entge-
gen. Sie sind steuerlich erst relevant, wenn die Bedingung für die Rücküberführung
eintritt.
Erfolgt nicht die Übergabe des Einzelunternehmens an den Nachfolgern sondern
wird dieser in das Unternehmen aufgenommen, entsteht eine Personengesellschaft.
Auch in diesem Fall sieht § 6 Abs. 3 Satz 1 2. Hs. EStG die Fortführung der Buch-
werte vor.
Beratungshinweis:170
Sollen nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Nachfolger
übertragen werden, können die Teile des Vermögens, die nicht mit über-
tragen werden sollen, zunächst nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buch-
wert auf eine speziell hierfür errichtete gewerbliche geprägte Personenge-
sellschaft übertragen werden. Anschließend werden diese Wirtschaftsgü-
ter wieder an das Einzelunternehmen zur Nutzung überlassen. Allerdings
sollten solche Gestaltungen wg. der evtl. drohenden Qualifikation als An-
wendungsfall der Gesamtplanrechtsprechung durch eine verbindliche
Auskunft der FinVerw. abgesichert werden.
168 Vgl. z. B. BFH v. 5.6.2003, IV R 18/02, BStBl. II 2003, 838. 169 Vgl. BFH v. 2.4.1997, X B 269/96, BFH/NV 1997, 481. 170 Vgl. zu diesem Ansatz BFH v. 2.8.2012, IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053 und für Personenge-
Veräußerungspreis ist der tatsächlich erzielte Erlös.171 Bei seiner Ermittlung sind
grundsätzlich alle Vorteile zu berücksichtigen, die dem Veräußerer aus Anlass der
Veräußerung zufließen.172 Der Buchwert des Betriebsvermögens aus der letzten re-
gulären Gewinnermittlungsbilanz ist auch dann anzusetzen, wenn er im Saldo (Kapi-
talkonto) negativ ist.173 Der Ertrag aus der im zeitlichen und sachlichen Zusammen-
hang mit der Betriebsveräußerung stehenden Auflösung einer Ansparrücklage erhöht
grundsätzlich den Betriebsveräußerungsgewinn und nicht den laufenden Gewinn.
Zu berücksichtigen ist das gesamte Betriebsvermögen, das der betroffenen Einheit,
also dem Betrieb oder Teilbetrieb zuzuordnen ist, ggf. einschließlich eines zugehöri-
gen Sonderbetriebsvermögens und ohne Rücksicht darauf, ob es sich um wesentli-
che oder nicht wesentliche Betriebsgrundlagen handelt. Steht ein dem Betrieb die-
nendes Wirtschaftsgut im Miteigentum des Betriebsinhabers und eines Dritten, so ist
nur der Miteigentumsanteil des Betriebsinhabers einzubeziehen. Dies gilt auch, wenn
der Betriebsinhaber Teile des Wirtschaftsguts – z. B. Räume eines im Miteigentum
stehenden Gebäudes – ausschließlich betrieblich genutzt hat. Auch eine solche
räumlich ausschließliche Nutzung beruht vollen Umfangs auf der Rechtsstellung als
Miteigentümer.174 Ein Veräußerungspreis oder Entnahmewert ist somit in solchen
Fällen nur in Höhe des Miteigentumsanteils an dem auf die Teilfläche entfallenden
Betrags anzusetzen, es sei denn, der Betriebsinhaber ist hinsichtlich des anderen
Miteigentumsanteils als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Kosten der Veräu-
ßerung oder Aufgabe sind alle Aufwendungen, die durch die Veräußerung oder die
Aufgabe veranlasst sind.175
Hat der Unternehmer seinen Gewinn bisher durch Einnahmen-Überschussrechnung
ermittelt, so muss er zum Veräußerungs- oder Aufgabestichtag zum Bestandsver-
gleich übergehen, weil Abs. 2 einen Bestandsvergleich verlangt, dem die sich nach
171 Vgl. BFH v. 31.8.2006, IV R 53/04, BStBl. II 2006, 906. 172 Vgl. BFH v. 17.12.1975, I R 29/74, BStBl. II 1976, 224, zur Behandlung übernommener, aber
wegen Rückstellungsverboten in der Bilanz nicht ausgewiesener Rückstellungen vgl. BFH v. 17.10.2007, I R 61/06, BStBl. II 2008, 555.
173 Vgl. BFH v. 27.9.2006, X B 71/06, BFH/NV 2007, 37. 174 Vgl. BFH v. 29.4.2008, VIII R 98/04, BStBl. II 2008, 749. 175 Vgl. BFH v. 25.1.2000, VIII R 55/97, BStBl. II 2000, 458, BFH v. 20.1.2005, IV R 22/03, BStBl. II
den §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ergebenden Buchwerte zugrunde zu legen sind.176 Die Ge-
winnauswirkungen, die mit dem Übergang zum Bestandsvergleich verbunden sind,
werden dem laufenden Gewinn zugerechnet.177
Der Tatbestand der Betriebsveräußerung und damit der Veräußerungsgewinn ist
verwirklicht, wenn der Betriebsveräußerer seine Leistung im Wesentlichen erbracht
hat. Es genügt dabei, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen so auf den Erwer-
ber übertragen worden sind, dass er das wirtschaftliche Eigentum daran erhalten
hat.178 Der Zeitpunkt der Veräußerung ist der maßgebende Zeitpunkt für die Bewer-
tung des Betriebsvermögens und der Veräußerungspreise. In diesem Zeitpunkt gel-
ten die nicht mitveräußerten (unwesentlichen) Wirtschaftsgüter als entnommen.179
Eine rückwirkende Betriebsübertragung ist grundsätzlich unzulässig, ausnahmsweise
aber anerkannt in Ausnahmesituationen etwa bei Klärung der Zuordnung eines Be-
triebs nach einem Erbprätendentenstreit. Für eine zeitlich kurzfristige Rückbeziehung
aus steuerlichen Vereinfachungsgründen180 kommt als Rechtsgrundlage allenfalls
eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht.
Ist die Betriebsübertragung auf den Wechsel eines Kalenderjahrs vereinbart, so
hängt es von der Auslegung des Übertragungsvertrags ab, ob der Veräußerungsakt
noch im alten oder erst im neuen Kj. vollzogen ist. Soll der neue Unternehmer den
Betrieb zum 1.1., 0.00 Uhr, übernehmen, wird dies regelmäßig bedeuten, dass der
Übertragungsakt am 31.12., 24.00 Uhr des Vorjahrs vollendet ist. Ist jedoch eine
Übertragung „mit Wirkung vom 1. Januar", oder „am 1. Januar“ vereinbart, ist der
Veräußerungsgewinn erst im neuen Jahr, nicht schon am 31.12. des Vorjahrs reali-
siert.181
176 Vgl. BFH v. 15.5.1986, IV 146/84, BFH/NV 1988, 84, BFH v. 29.1.1996, IV B 73/95, BFH/NV
1996, 548. 177 Vgl. BFH v. 19.8.1999, IV R 67/98, BStBl. II 2000, 179. 178 Vgl. BFH v. 19.7.1993, GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897, 902. 179 Vgl. BFH v. 26.3.1991, VIII R 315/84, BStBl. II 1992, 472, 476, BFH v. 17.4.1996, X R 128/94,
BFH/NV 1996, 878. 180 Vgl. R 16 Abs. 5 Satz 6 ff. EStR 2007: für max. 3 Monate. Diese Regelung ist durch die Ein-
kommensteuer-Richtlinien 2012 (vom 25.3.2013, BStBl. I 2013, 276) entfallen. 181 Vgl. BFH v. 22.9.1992, VIII R 7/90, BStBl. II 1993, 228, BFH v. 29.4.1993, IV R 107/92, BStBl. II
1993, 666, BFH v. 10.3.1998, VIII R 76/96, BStBl. II 1999, 269.
Nachträgliche Änderungen der Höhe des Veräußerungsgewinns, die dadurch eintre-
ten können, dass sich seine Komponenten – Veräußerungspreis, Veräußerungskos-
ten, u. U. auch der Buchwert – ändern, wirken auf den Zeitpunkt der Veräußerung
oder Aufgabe zurück.182 Die Veranlagung des Veräußerungsjahrs ist ggf. gem. § 175
Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Dies gilt etwa für den Fall, dass
die gestundete Kaufpreisforderung notleidend wird,183
die Forderung des ausscheidenden Gesellschafters auf Abfindung nicht realisiert
werden kann,184
Gerichtskosten für die Realisierung des Kaufpreises entstehen,185
der Erwerber die Zusage, den Verkäufer von den übernommenen Verbindlichkei-
ten freizuhalten, nicht erfüllt,186
der Veräußerer aus einer durch die Betriebsveräußerung oder -aufgabe veran-
lassten Bürgschaft in Anspruch genommen wird,187
der Kaufpreis nachträglich einvernehmlich vermindert oder erhöht wird, soweit
dies nicht nur auf ausschließlich privaten Gründen beruht, wie z. B. der schenk-
weise Erlass der Kaufpreisschuld,
sich Veräußerungskosten nachträglich ändern,
ein Kommanditist in der Insolvenz zur Wiedereinzahlung eines kapitalersetzenden
Darlehens verpflichtet wird.188
Dagegen stellen die für die Zeit nach der Betriebsveräußerung für nicht ablösbare
Betriebsschulden anfallenden Zinsen u. U. nachträgliche Betriebsausgaben dar.189
182 Vgl. BFH v. 19.7.1993, GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897 unter Aufgabe der früheren Rspr. 183 Vgl. BFH v. 19.7.1993, GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897. 184 Vgl. BFH v. 28.4.1994, IV R 53/91, BStBl. II 1995, 112. 185 Vgl. BFH v. 8.10.1997, XI R 20/97, BFH/NV 1998, 701. 186 Vgl. BFH v. 19.7.1993, GrS 1/92, BStBl. II 1993, 894. 187 Vgl. BFH v. 6.3.2008, IV R 72/05, BFH/NV 2008, 1311. 188 Vgl. FG Hamburg v. 24.3.1995, VII 51/92, EFG 1995, 750, ergangen zum Konkurs. 189 Vgl. BFH v. 21.10.1993, VIII R 315/84, BFH/NV 1994, 626, Rz. 237, vgl. auch BFH v.
19.8.1999, IV R 67/98, BStBl. II 2000, 179: Tod des Rentenberechtigten vor Ablauf der Renten-laufzeit: kein rückwirkendes Ereignis.
Werden bei einer Veräußerung des ganzen Betriebs einzelne nicht zu den wesentli-
chen Betriebsgrundlagen gehörende Wirtschaftsgüter nicht mitveräußert,190 gelten
sie als im Veräußerungszeitpunkt zum gemeinen Wert entnommen. In diesem Fall
gilt § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG (nach hier vertretener Ansicht) unmittelbar auch für die
Betriebsveräußerung. Die h. L. wendet in diesem Fall § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG ana-
log an.191 Der Entnahmewert ist als zusätzliches Quasi-Entgelt bei der Berechnung
des Veräußerungsgewinns anzusetzen, der Buchwert des Wirtschaftsguts gehört
zum Wert des Betriebsvermögens. Gleiches gilt, wenn bei der Veräußerung eines
Mitunternehmeranteils unwesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermö-
gens nicht mitveräußert werden.
Der Veräußerungspreis i. S. v. § 16 Abs. 2 EStG ist, soweit er auf die Veräußerung
von Anteilen an dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden KSt-Subjekten entfällt,
nach § 3 Nr. 40 Buchst. b) EStG anteilig steuerfrei. Er ist deshalb bei der Berech-
nung des Veräußerungsgewinns nach § 16 Abs. 2 EStG nur mit dem steuerpflichti-
gen Teil anzusetzen. Das gilt sowohl bei der Veräußerung einer gem. § 16 Abs. 1 Nr.
1 Satz 2 EStG einem Teilbetrieb gleichgestellten, das gesamte Nennkapital umfas-
senden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, als auch für 100%ige Beteiligungen
und Beteiligungen geringeren Umfangs, die in einem veräußerten Betriebs- oder
Teilbetriebsvermögen (die 100%ige Beteiligung ist in einem solchen Fall der (Teil-
)Betriebsveräußerung und kein separater Veräußerungsvorgang) enthalten sind oder
bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Betriebsvermögen einer Mitun-
ternehmerschaft. Der entsprechende Teil des Veräußerungspreises ist ggf. nach
dem Verhältnis der Verkehrswerte der Betriebsvermögensteile zu ermitteln.
Die Steuerbefreiung gilt auch für entsprechende Veräußerungsvorgänge bei einer
Betriebs-, Teilbetriebs- oder Mitunternehmeranteilsaufgabe, vorausgesetzt, die Antei-
le an dem KSt-Subjekt werden bei der Aufgabe veräußert. Bei Übernahmen in das
Privatvermögen ist § 3 Nr. 40 Buchst. b) EStG nicht anwendbar. Kommt eine Steuer-
190 Bei der Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen liegt keine Betriebsveräußerung vor,
bei ihrer Übernahme in das Privatvermögen handelt es sich um eine Betriebsaufgabe, bei ihrer Übernahme in anderes Betriebsvermögen liegt insgesamt kein Vorgang nach § 16 EStG vor, sondern laufender Gewinn.
191 Vgl. BFH v. 10.3.1999, XI R 22/98, BStBl. II 1999, 523.
befreiung nach § 3 Nr. 40 Buchst. b) EStG in Betracht, unterliegen die mit den ent-
sprechenden Teilen des Veräußerungspreises wirtschaftlich zusammenhängenden
Veräußerungskosten der Abzugsbeschränkung nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG.
Durch den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sollte über die Tarifvergünstigung des §
34 EStG hinaus insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen in be-
stimmten Grenzen eine Steuererleichterung geschaffen werden. § 16 Abs. 4 EStG ist
keine Tarifvorschrift, sondern beinhaltet eine sachliche Steuerbefreiung.192 Der Frei-
betrag kann in Anspruch genommen werden, wenn der Stpfl. das 55. Lebensjahr
vollendet hat. Maßgebender Zeitpunkt ist die Entstehung des Veräußerungs- oder
Aufgabegewinns. Bei einer Veräußerung kommt es auf die Vollendung der Veräuße-
rung an, also auf das dingliche Erfüllungsgeschäft, ggf. auf den (früheren) Übergang
des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber. Bei der Betriebsaufgabe entsteht
der Aufgabegewinn zwar sukzessive mit der Verwertung des Betriebsvermögens.
Gleichwohl genügt es, wenn der Stpfl. vor Beendigung der Betriebsaufgabe das 55.
Lebensjahr vollendet. Eine Vollendung nach Veräußerung oder Aufgabe genügt auch
dann nicht, wenn die Vollendung noch im Vz der Veräußerung bzw. Aufgabe ein-
tritt.193
Beratungshinweis:
Bei einem Veräußerer, der sich dicht an der Altergrenze befindet, sollte
eine sehr genaue zeitliche Planung erfolgen, so dass diese Erleichterung
genutzt werden kann.
Alternativ kann der Freibetrag gewährt werden, wenn der Stpfl. im sozialversiche-
rungsrechtlichen Sinn dauernd berufsunfähig ist. Die Berufsunfähigkeit muss – ent-
gegen der früheren Regelung – nicht kausal für die Betriebsveräußerung oder -
aufgabe sein. Deshalb genügt es auch in diesem Fall, wenn die Berufsunfähigkeit im
maßgebenden Zeitpunkt – Entstehung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns –
192 Vgl. BFH v. 16.12.1975, VIII R 147/71, BStBl. II 1976, 360 unter Aufgabe der früheren Rspr. 193 Vgl. BFH v. 28.11.2007, X R 12/07, BStBl. II 2008, 193, HFR 2008, 342 mit Anm. Förster, BMF
v. 20.12.2005, IV B 2 – S 2242 – 18/05, BStBl. I 2006, 7.
hoch sein, wie der Eingangssteuersatz des ESt-Tarifs, derzeit 14%. Der Mindest-
steuersatz wird damit begründet, dass außerordentliche Einkünfte mindestens eben-
so wie andere Einkünfte besteuert werden müssten. Jeder Stpfl. müsse sein den
Grundfreibetrag übersteigendes Einkommen mindestens mit dem Eingangssteuer-
satz versteuern. Damit bleibt jedoch bei einem Stpfl., der nur außerordentliche Ein-
künfte zu versteuern hat, der Grundfreibetrag unberücksichtigt. Für ihn kann im Ein-
zelfall die Fünftel-Regelung günstiger sein. In einem solchen Fall erscheint die Fi-
nanzverwaltung zu einer Günstigerprüfung verpflichtet.
Bei einer Betriebsübertragung gegen eine Rentenzahlung muss zwischen der Ver-
äußerungsrente und der privaten Versorgungsrente unterschieden werden. Eine Be-
triebsübertragung gegen eine private Versorgungsrente ist kein Veräußerungsvor-
gang, sondern ein unentgeltliches Rechtsgeschäft.200
Wird ein Betrieb unter Vereinbarung einer Veräußerungsrente gegen eine Zeitrente,
Leibrente oder dauernde Last veräußert, steht dem Veräußerer ein Wahlrecht zu
zwischen einer tarifbegünstigten Besteuerung eines Veräußerungsgewinns im Zeit-
punkt der Betriebsveräußerung nach den §§ 16, 34 EStG (Sofortbesteuerung) und
einer – nicht nach den §§ 16, 34 EStG begünstigten – Besteuerung der einzelnen
Zahlungen im jeweiligen Jahr des Zuflusses als nachträgliche Einkünfte aus Gewer-
bebetrieb nach § 24 Nr. 2 EStG (Zuflussbesteuerung).201
Das Wahlrecht hat nach der Rspr. seine Rechtsgrundlage in einer teleologischen
Reduktion des (zwingenden) Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG, dem Ver-
hältnis dieser Bestimmungen zu § 24 Nr. 2 EStG und im Grundsatz der Verhältnis-
mäßigkeit der Besteuerung. Die jüngere Rspr. verweist auf die fehlende Korrektur-
möglichkeit des Veräußerungspreises bei vorzeitigem Versterben des rentenberech-
200 Zur Unterscheidung vgl. BFH v. 20.6.2007, X R 2/06, BStBl. II 2008, 99, m. w. N.. 201 Ständige Rspr., vgl. BFH v. 20.12.1988, VIII R 110/82, BFH/NV 1989, 630, m. w. N., BFH v.
27.4.1993, VIII R 27/92, BStBl. II 1994, 3, BFH v. 29.3.2007, XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306, R 16 Abs. 11 EStR, FG Köln v. 14.8.2008, 15 K 3288/06, EFG 2008, 1788: Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft, die den Übergang des Mitunternehmeran-teils des versterbenden Mitunternehmers auf die verbleibenden Gesellschafter gegen Abfin-dungsanspruch vorsieht, wirkt wie ein Anteilsverkauf auf den Todesfall.
tigten Veräußerers mit der Folge, dass der Veräußerer bei sofortiger Versteuerung
Gewinne zu versteuern hätte, die er tatsächlich niemals erzielt hat.202
Rechtssystematisch zutreffend dürfte das Wahlrecht allerdings wohl nur als eine Bil-
ligkeitsregelung i. S. v. § 163 Abs. 1 Satz 2 AO begründbar sein. Auf dieser Grundla-
ge ist R 16 Abs. 11 EStR als Selbstbindung der Verwaltung hinsichtlich des Ermes-
sens bei der Anwendung von § 163 AO bei Veräußerungen gegen wiederkehrende
Bezüge zu verstehen. § 24 Nr. 2 EStG gibt für die nachträgliche Erfassung als lau-
fende Einkünfte m. E. keine ausreichende Rechtsgrundlage, weil diese Vorschrift
erkennbar subsidiär in dem Sinne ist, als nur solche Einkünfte nachträglich zu erfas-
sen sind, die nicht bereits früher durch die reguläre Gewinnermittlung – eine solche
ist auch § 16 Abs. 2 EStG – erfasst wurden.
Das Wahlrecht ist beschränkt auf Fälle, in denen wiederkehrende Bezüge
aufgrund ihrer langen, „nicht mehr überschaubaren“203 Laufzeit oder ihrer Art204
mit einem Wagnis behaftet sind oder
hauptsächlich im Interesse des Veräußerers vereinbart sind, um dessen Versor-
gung zu sichern.
Kein Wahlrecht besteht deshalb bei der Vereinbarung von Kaufpreisraten, auch
wenn diese über eine längere Zeit laufen, die Laufzeit aber zehn Jahren nicht über-
schreitet.205 In einem solchen Fall ist der – ggf. mit einem Zinsfuß von 5,5% abge-
zinste – Kaufpreis anzusetzen und der sich dabei ergebende Veräußerungsgewinn
nach den §§ 16, 34 EStG sofort, aber begünstigt zu versteuern. Wird der Kaufpreis
später teilweise uneinbringlich, wirkt dies auf die Höhe des Veräußerungsgewinns
des Veräußerungsjahrs zurück.
202 Vgl. BFH v. 29.3.2007, XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306, m. w. N. 203 Vgl. BFH v. 29.3.2007, XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306, m. w. N. 204 Vgl. BFH v. 29.3.2007, XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306. 205 Vgl. BFH v. 29.3.2007, XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306, FG Köln v. 14.8.2008, 15 K 3288/06,
Setzt sich der Veräußerungspreis aus wiederkehrenden Bezügen und einem festen
Entgelt zusammen, so besteht das Wahlrecht nur hinsichtlich der wiederkehrenden
Bezüge206, der Festbetrag wird bei der Ermittlung des sofort zu versteuernden Ver-
äußerungsgewinns berücksichtigt.
Wird die Sofortbesteuerung gewählt, ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns
der – versicherungsmathematisch oder nach § 13 (ggf. auch § 14) BewG zu errech-
nende – Barwert der Rente anzusetzen. Die in den später zufließenden Renten- oder
Ratenbeträgen enthaltenen Zins- oder Ertragsanteile sind nach § 22 Nr. 1 Satz 3
EStG (bei Leibrenten) als sonstige Einkünfte bzw. nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (bei
Zeitrenten und Raten) als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig. Als Er-
tragsanteile gelten auch die Erhöhungsbeträge aufgrund einer Wertsicherungsklau-
sel, weil diese den durch die Langfristigkeit eintretenden Wertverlust durch einen zu-
sätzlichen Ertrag auffangen soll, mithin also Ertrags- und nicht Kapitalcharakter
hat.207 Ob die Ertragsanteile als sonstige Einkünfte bzw. Einkünfte aus Kapital-
vermögen zu erfassen sind oder als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
hängt davon ab, ob die Kaufpreisforderung nach der Veräußerung des Betriebs Pri-
vatvermögen wird oder Betriebsvermögen bleibt.208
Bei der Zuflussbesteuerung sind die Rentenzahlungen in Zins- bzw. Ertragsanteile
einerseits und Kapitalanteile andererseits aufzuteilen. Die Zins- bzw. Ertragsanteile
sind jeweils bei Zufluss als stpfl. Einkünfte209 zu erfassen, und zwar von der ersten
Zahlungsrate an.210 Die in den laufenden Zahlungen enthaltenen Kapitalanteile sind
zunächst bis zu dessen Erschöpfung gegen den Buchwert des hingegebenen Be-
triebsvermögens zuzüglich der Veräußerungskosten zu verrechnen, darüber hinaus
gehende Zahlungen sind nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
206 Vgl. BFH v. 20.12.1988, VIII R 110/82, BFH/NV 1989, 630, R 16 Abs. 11 Satz 9 EStR. 207 Vgl. BFH v. 19.5.1992, VIII R 37/90, BFH/NV 1993, 87. 208 Bestritten, vgl. BFH v. 7.12.1993, VIII R 55/86, BFH/NV 1994, 542, für ein Fortbestehen der
Betriebsvermögenseigenschaft nach dem Grundsatz des „eingefrorenen Betriebsvermögens“ wohl BFH v. 23.2.1995, III B 134/94, BFH/NV 1995, 1060, BFH v. 19.8.1999, IV R 67/98, BStBl. II 2000, 179.
209 Vgl. §§ 15, 24 Nr. 2 EStG oder § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bzw. § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG. 210 vgl. R 16 Abs. 11 Satz 7 EStR mit Aufrechterhalten der in den früheren EStR enthaltenen Rege-
lung, vgl. BMF v. 3.8.2004, IV A 6 – S 2244 – 16/04 BStBl. I, 2004, 1187 zum Einfluss des Halb-einkünfteverfahrens.
Liegen die Teilwerte bei Erwerb des Betriebs über den Anschaffungs- oder Herstel-
lungskosten, so sind die einzelnen Wirtschaftsgüter mit den Anschaffungs- oder Her-
stellungskosten zu bewerten. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind der
vorrangige Bewertungsmaßstab bei Anschaffungsgeschäften. Sie bilden die Ober-
grenze der Bewertung. Die Teilwerte können beispielsweise über den Anschaffungs-
oder Herstellungskosten liegen, wenn günstige Ertragsaussichten den Wert des Un-
ternehmens erhöhen. Die Wirtschaftsgüter sind hingegen nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG
mit dem niedrigeren Teilwert in der Eröffnungsbilanz des Erwerbers anzusetzen,
wenn die Teilwerte unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegen. Dies
kommt beispielsweise in Betracht, wenn sich der Kauf des Betriebs als Fehlmaß-
nahme erweist, weil die Ertragsaussichten tatsächlich weit niedriger als angenom-
men sind. Die Teilwerte sind für die Eröffnungsbilanz des Erwerbers nach den glei-
chen Grundsätzen zu ermitteln wie für die Schlussbilanz des Veräußerers. Denn in
jedem Fall kommt es nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG darauf an, was ein gedach-
ter Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für die einzel-
nen Wirtschaftsgüter unter der Voraussetzung ansetzen würde, dass er den Betrieb
fortführt. Eine vom Veräußerer nicht vorgenommene Teilwertabschreibung muss da-
her beim Erwerber in dessen Eröffnungsbilanz erfolgen.
Im Fall des Erwerbs eines Unternehmens ist ein einheitlicher Kaufpreis in drei Stufen
aufzuteilen: Der Erwerber hat seine über die Buchwerte der bilanzierten aktiven (ma-
teriellen und immateriellen) Wirtschaftsgüter und der Schulden hinausgehenden
Aufwendungen zunächst auf diese Wirtschaftsgüter im Verhältnis von deren Teilwer-
ten aufzuteilen. Seine über die Buchwerte und die stillen Reserven der aktiven Wirt-
schaftsgüter hinaus etwa noch verbleibenden Aufwendungen hat er in einer zweiten
Stufe bei den bisher nicht bilanzierten abnutzbaren immateriellen Einzelwirtschafts-
gütern zu aktivieren. Einen dann immer noch verbleibenden Restbetrag hat er in ei-
ner dritten Stufe zunächst einem Geschäftswert und schließlich etwaigen nicht ab-
nutzbaren immateriellen Einzelwirtschaftsgütern zuzuordnen.213 Der BMF214 vertritt
für die Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft zu Zwischenwerten (§
22 Abs. 2 UmwStG a. F.) eine Aufteilung in zwei Stufen: Zunächst sind bei einer Auf- 213 Vgl. BFH v. 7.11.1985, IV R 7/83, BStBl. II 1986, 176. 214 Vgl. BMF v. 25.3.1998, IV B 7 – S 1978 – 21/98, BStBl.I 1998, 268, Tz. 22.08.
Für eine Veräußerung gilt das allgemeine Verständnis, so dass z. B. auch
ein Tausch eine schädliche Verfügung bildet. Hingegen ist eine unentgelt-
liche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG unproblematisch.
Wird schädlich verfügt, kommt es beim Einbringenden rückwirkend zu einer Entnah-
me, die zur Gewinnrealisierung führt. Außerdem werden geänderte Einlagewerte zu
Grunde gelegt. Bereits vorliegende Steuerbescheide sind nach § 175 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 AO zu ändern.
Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, dass der Aufgenommene als
Mitunternehmer anzusehen ist. Dies richtet sich nach den allgemeinen Kriterien. Dies
kann insbesondere dann zweifelhaft sein, wenn der Nachfolger als neu aufgenom-
mener Gesellschafter nicht an den stillen Reserven beteiligt ist. Dies ist insbesondere
problematisch, wenn im Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit vorgesehen ist, dass
der bisherige Einzelunternehmer die neuen Mitgesellschafter zum Buchwert aus der
Gesellschaft heraus kündigen kann oder wenn die Mitwirkungsmöglichkeiten sehr
stark eingeschränkt sind. Eine frei widerrufbare Schenkung wird hierbei steuerlich
nicht anerkannt.217Hingegen sind solche Klauseln zulässig, die an bestimmt Voraus-
setzungen geknüpft sind. Als mögliche Gründe können insbesondere verwendet
werden:
Vorversterben des Erwerbers,
Insolvenz des Erwerbers,
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern in das Vermögen des Erwer-
bers,
216 Vgl. BFH v. 8.12.2010, X R 35/10, BFH/NV 2011, 782. 217 Vgl. BFH v. 16.5.1989, VIII R 196/84, BStBl. II 1989, 877, v. 17.6.1998, XI R 55/97, BFH/NV
Veräußerung und/oder Belastung seitens des Erwerbers ohne Zustimmung des
Übergebers oder Einbeziehung des Unternehmens in den Zugewinnausgleich
des Erwerbers.218
Beratungshinweis:219
Bei solchen Vereinbarungen muss immer damit gerechnet werden, dass
die FinVerw. die Fremdüblichkeit der Absprachen bezweifelt. Daher sollten
Mandanten vor zu weitgehenden Regelungen und insbesondere einseiti-
gen Benachteiligungen der neuen Gesellschafter gewarnt werden. Als
wichtige Faktoren sind hierbei zu nennen:
Die Ernsthaftigkeit der geschlossenen Verträge und deren Umset-
zung. Dies setzt z. B. voraus, dass die Kinder die Gewinne aus der
Gesellschaft auch tatsächlich entnehmen können,220
Beteiligung des Kindes an Gewinn, Verlust und stillen Reserven,221
Notwendigkeit der Kapitaleinlage des Kindes als Grundlage für die
Zusammenarbeit222 und
Förderung des Unternehmens durch die Mitarbeit des Kindes.223
Auf dieser Grundlage wurde von der Rechtsprechung ein sehr komplexes System ent-
wickelt, welche Gewinnanteile zulässig sein soll. Danach soll die Gewährung eines
Gewinnanteils von max. 12% des tatsächlichen Werts der Beteiligung möglich sein,
wenn der beschenkte Gesellschafter nicht an den Verlusten beteiligt ist.224 Liegt er-
218 Vgl. zu solchen Klauseln eingehend Wachter, Schenkung von Betriebsvermögen, ErbStB 2006,
236, 259, Carlé, ErbStB 2006, 72, Wälzholz, GmbHR 2007, 1177 und 1319. 219 Vgl. BFH v. 8.12.2010, X R 35/10, BFH/NV 2011, 782. 220 Vgl. BFH v. 31.5.1989, III R 91/877, BStBl. II 1990, 10. 221 Vgl. BFH v. 29.3.1973, IV R 56/70, BStBl. II 1973, 650, v. 27.9.1973, IV R 33/71, BStBl. II 1974,
51. 222 Vgl. BFH v. 4.6.1973, IV R 26/68, BStBl. II 1973, 866. 223 Vgl. BFH v. 29.5.1972, GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5. 224 Vgl. BFH v. 19.3.1973, IV R 56/70, BStBl. II 1973, 650, BFH v. 16.12.1981, I R 167/78, BStBl. II
3.5 Vorherige Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine gewerb-
lich geprägte Personengesellschaft
3.5.1 Ausgangspunkt
Der BFH hat mit einem Urteil vom 2.8.2012229 einen für die Praxis wichtigen Fall ent-
schieden, in dem die Übertragung des aktiven Betriebs erfolgte, ohne dass die im
Sonderbetriebsvermögen befindlichen Immobilien übertragen wurden. Er hat damit
ein systematisch zu begrüßendes Urteil gefällt, das eine sinnvolle Gesetzesausle-
gung darstellt. Konkrete war über folgenden Sachverhalt zu entscheiden.
Der Stpfl. war alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co.KG sowie alleiniger Gesell-
schafter der Komplementär-GmbH. Die Gesellschaft betrieb ein Speditions- und
Transportunternehmen. Ein in seinem Privateigentum befindliches Grundstück mit
einer Tankstelle und einem Verwaltungsgebäude war an die KG vermietet. Es stellte
notwendiges Sonderbetriebsvermögen dar und war als wesentliche Betriebsgrundla-
ge für die Gesellschaft zu qualifizieren. Im Oktober 2002 schenkte er seiner Tochter
80% der KG-Anteile sowie die gesamten Anteile an der Komplementär-GmbH. Im
Dezember 2002 übertrug er die restlichen KG-Anteile auf die Tochter. Das Betriebs-
grundstück wurde am gleichen Tag auf eine weitere Immobilien-GmbH & Co. KG
übertragen, deren alleiniger Kommanditist der Steuerpflichtige war. Diese Gesell-
schaft führte den Pachtvertrag fort. Sie war nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich
geprägt. Der Steuerpflichtige ging davon aus, dass eine Bewertung mit den Buchwer-
ten erfolgen könne. Hierfür berief er sich für die Übertragung auf die Tochter auf § 6
Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alternative 2 EStG und für die Übertragung des Grund-
stücks auf § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG.
Das FA ging davon aus, dass die Übertragung des Grundstücks zum Buchwert erfol-
gen könne, weil insoweit § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG anzuwenden sei. Dies gelte
jedoch nicht für die Übertragung der Anteile. Eine Berufung auf § 6 Abs. 3 EStG
229 IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053. Auf weitere Aspekte dieses Verfahrens (Kassendifferenzen
und § 7g EStG) wird im Folgenden nicht eingegangen. Vgl. zu diesem Verfahren auch Jahn, StAM 2012, 211, sowie die Anmerkungen von Martin Bünning, BB 2012, 2814, Wendt, BFH/PR 2013, 3 ff, Bode, DB 2012, 2375 f. Kanzler, FR 2012, 1120 f. und Geck, ZEV 2012, 691f.
scheide aus, weil infolge der Ausgliederung des Grundstücks nicht der gesamte Mit-
unternehmeranteil übertragen worden sein.230 Hierzu wurde auf das BMF-Schreiben
v. 3.3.2005231 verwiesen. Folglich käme es insoweit zur Aufdeckung und Besteue-
rung der stillen Reserven.
Der 2. Senat des FG Rheinland-Pfalz ging in seinem Urteil vom 23.9.2009232 davon
aus, dass die stillen Reserven aufzudecken und zu besteuern sind. Es begründete
dies damit, dass der Begriff des Mitunternehmeranteils i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1
EStG nach ständiger Rechtsprechung nicht nur den Anteil des Gesellschafters am
Vermögen der Gesellschaft umfasse, sondern auch etwaiges Sonderbetriebsvermö-
gen.233
Hingegen ist unstreitig, dass eine Fortführung der Buchwerte möglich gewesen wäre,
wenn alle funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens
ebenfalls unentgeltlich auf den Rechtsnachfolger übertragen worden wäre. Dies wird
jedoch häufig nicht gewünscht, sei es um ein Restvermögen beim bisherigen Mitun-
ternehmer zu belassen, insbesondere um seine dauerhafte Versorgung zu gewähr-
leisten, sei es weil dieses Vermögen anderen im Wege der Schenkung oder des
Erbganges zugewendet werden soll oder weil – wie im Urteilsfall – risikobehaftetes
Vermögen separiert werden soll. Wird hingegen funktional nicht wesentliches Be-
triebsvermögen nicht mit übertragen, steht dies einer steuerlichen Neutralität des
Übertragungsvorgangs nicht entgegen. Allerdings liegt insoweit eine Entnahme des
Sonderbetriebsvermögens vor, so dass darin enthaltene stille Reserven als laufender
Gewinn zu besteuern sind.
230 Auch nach R E 13b.5 ErbStRl 2011 muss das Betriebsvermögen im Zusammenhang mit dem
Erwerb eines ganze Gewerbebetriebs, Teilbetriebs oder einer Beteiligung an einer Personen-gesellschaft auf den Erwerber übergehen. Dabei hat eine Abgrenzung nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten zu erfolgen.
231 IV B 2-S 2241-14/05, BStBl. I 2005, 458. 232 2 K 2493/08, EFG 2011, 2142 mit Anm. Esskandari/Bick, ErbStB 2011, 306 f. 233 Hierbei wird auf vgl. BFH-Entscheidungen v. 31.8.1995, VIII B 21/93, BStBl. II 1995, 890, v.
6.9.2000, IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229 sowie amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2008, Anhang 9 VIII Randziffer 5 ff. mit Beispiel verweisen.
komme. Dies war vorliegend nicht der Fall. Da das Wirtschaftsgut durch einen neuen
Rechtsträger weiterhin betrieblich genutzt werde, sei auch das von § 6 Abs. 5 Satz 1
EStG verlangte Kriterium der Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven
gewährleistet. Interessant ist, dass der BFH darauf hinweist, dass offenbleiben kön-
ne, ob die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG auch bei der Entnahme von Wirtschafts-
gütern in das Privatvermögen oder bei einer Veräußerung von Wirtschaftsgütern er-
folgen könne.
3.5.3 Anwendbarkeit der Rechtsprechung zum sog. Gesamtplan
Die FinVerw. hatte unter Hinweis auf Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 3.3.2005235
einen Gesamtplan236 angenommen. Danach soll eine im zeitlichen und sachlichen
Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils erfolgende Überfüh-
rung oder Übertragung von sog. funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen237
einen Gestaltungsmissbrauch darstellen. Folglich sei der Anteil am Gesamthands-
vermögen nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragbar. Vielmehr seien die
im Mitunternehmeranteil enthaltenen stillen Reserven als laufender Gewinn zu be-
steuern.
Dem folgt der BFH nicht. Er geht davon aus, dass sich für die in Rz. 7 und 8 im BMF-
Schreiben vom 3.3.2005238 vertretende Differenzierung zwischen funktional wesentli-
chem und funktional unwesentlichem Sonderbetriebsvermögen keine Stütze im Wort-
laut des Gesetzes gibt. Diese Unterscheidung ist damit unzulässig.
235 IV B 2-S 2241-14/05, BStBl.I 2005, 458. 236 Vgl. hierzu aus der Rechtsprechung BFH-Urteile v. 6.9.2000, IV R 18/99, in BFHE 193, 116,
BStBl. II 2001, 229, und v. 20.1.2005, IV R 14/03, BStBl. II 2005, 395 sowie aus der Literatur Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420 ff., Demuth, EStB 2012, 457 ff., Jahn, StAM 2012, 211, Offerhaus, Der „Gesamtplan“ – eine zulässige Rechtsfigur im Steuerrecht?, in: Melling-hoff/Schön/Viskorf (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Spindler zum 65. Geburtstag, Köln 2011, 677 ff., Spindler, ZNotP 2006, 442 ff., ders., DStR 2005, 1 ff., Förster, StJB 2004/2005, 227 ff.
237 Hierunter sind nach Tz. 3 des BFM-Schreibens v. 3.3.2005 (IV B 2-S 2241-14/05, BStBl. I 2005, 458) solche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zu verstehen, die für die Funktion des Betriebs von Bedeutung sind. Allerdings wird der Begriff der „Funktion des Betriebs“ nicht definiert. Hingegen soll es nicht darauf ankommen, ob „erhebliche“ stille Reserven vorhanden sind.
an der GmbH & Co. KG als Betriebsvermögen erbschaftsteuerlicher begünstigt, so-
fern die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach §§ 13a, 19a ErbStG erfüllt sind.
Unklar ist außerdem, ob die Übertragung des Grundstücks auf die neue Immobilien-
GmbH & Co. KG einen Verstoß gegen R. E 13b.5 Abs. 3 Satz 5 ErbStR 2011 dar-
stellt. Dies könnte vertreten werden, weil das zunächst zurückbehaltene Sonderbe-
triebsvermögen nicht mehr zum Betriebsvermögen derselben Personengesellschaft
gehört. Auch wenn dieser Auffassung nach dem Sinn und Zweck der Regelungen
und der Zielsetzung der Abgrenzung zwischen begünstigtem und Verwaltungsver-
mögen nicht entspricht, sollte in diesen Fällen eine verbindliche Auskunft eingeholt
werden, um den Mandanten rechtzeitig auf möglicherweise drohende Steuerbelas-
tungen oder notwendig werdende Prozesskosten hinzuweisen. Wünschenswert wä-
re, dass die FinVerw. auch für Zwecke der ErbSt den ertragsteuerlichen Grundsätzen
folgt.
Die Entscheidung führt außerdem zu einer Relativierung der sog. Gesamtplanrecht-
sprechung. Dies ist zu begrüßen, denn im Urteilsfall haben die Steuerpflichtigen
überzeugende Gründe für die Vorgehensweise (Übertragung von Anteilen aus Grün-
den der Unternehmensnachfolge, Übertragung der Restanteile nach akuten gesund-
heitlichen Problemen und Separierung des Grundstücks in einer haftungsbeschränk-
ten Gesellschaft angesichts hoher, die Existenz des Unternehmens gefährdender
Dekontaminierungskosten) vorgetragen. Daher ist die Definition des Missbrauchs
nach § 42 AO nicht erfüllt. Da die Teilschritte eine eigene Funktion haben, scheidet
konsequenterweise eine Anwendung des Gesamtplans aus.239 Der BFH hält die
Sperrfristen in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG und § 6 Abs. 4 Satz 4 EStG für ausreichend,
um denkbaren missbräuchlichen Gestaltungen zu begegnen.
Das BMF sollte vor dem Hintergrund dieser Entscheidung das BMF-Schreiben vom
3.3.2005240 anpassen. Es ist logisch nicht erklärbar, dass der Gesetzgeber einerseits
weitgehende Begünstigungen bei der ErbSt schafft und andererseits ertragsteuerli-
che Hürden seinem Willen entsprechen sollen, wenn diese nur dadurch ausgelöst 239 Vgl. BFH v. 9.11.2011, X R 60/09, BStBl. II 2012, 638. 240 IV B 2 – S 2241 – 14/05, BStBl.I 2005, 458.
werden, dass wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zur Gestaltung der Unterneh-
mensnachfolge ergriffen werden.
3.5.5 Zeitlicher Nichtanwendungserlass des BMF und Vorlagebe-
schluss des BFH
Das BMF hat auf diese Rechtsprechung inzwischen im Rahmen des Schreibens vom
12.9.2013241 reagiert. Darin wird die Frage der Anwendung der Grundsätze zum Ge-
samtplant auf die vorstehend erläuterte Sachverhaltskonstellation erörtert. Die Ver-
waltung hält zunächst grundsätzlich an ihrer bisherigen Auffassung fest, dass es sich
um einen Anwendungsfall des Gesamtplanes und deshalb des § 42 AO handele und
bestätigt damit Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 3.3.2005242. Diese Auffassung sei
ggf. auf Grund des beim BFH anhängigen Verfahren I R 80/12 anders zu beurteilen.
Dieses betreffe zwar nicht das Verhältnis zwischen § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG.
Hierbei berücksichtige die Auslegung des BFH nicht ausreichend den historischen
Willen des Gesetzgebers. Bis einschließlich VZ 1998 regelte § 7 Abs. 1 EStDV in den
Fällen der unentgeltlichen Übertragung von betrieblichen Sachgesamtheiten, wie Betrie-
ben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, die Buchwertfortführung durch den
Rechtsnachfolger. Nach der Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 3 EStG im Rahmen des
Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 solle mit dem neu eingefügten Abs. 3 in
den Fällen der unentgeltlichen Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitun-
ternehmeranteilen die bisherigen Regelungen des § 7 Abs. 1 EStDV übernommen
werden. In der Gesetzesbegründung werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
die bisherige Regelung des § 7 Abs. 1 EStDV beizubehalten und insbesondere eine
Einschränkung des bisherigen Anwendungsbereichs der Vorschrift nicht beabsichtigt
sei.243 Der im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum Unternehmenssteuerfortent-
wicklungsgesetz 2001244 neu eingefügte § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG gehe auf eine Prüf-
bitte des Bundesrates zurück. Der Bundesrat hatte um eine gesetzliche Klarstellung
241 IV C 6 – S 2241/10/10002, 2013/0837216, BStBl. I 2013, 1164. 242 IV B 2 – S 2241 – 14/05, BStBl.I 2005, 458. 243 Vgl. BT-Drucks. 14/6882, 32; BT-Drucks. 14/7344, 7. 244 Vom 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3835.
Die Gesellschaft überträgt ihren Geschäftsbetrieb im Wege eines Asset Deals auf die
B-GmbH, die sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden der A-GmbH über-
nimmt.250 Infolge einer Schuldübernahme durch die B-GmbH wird die A-GmbH von
ihrer Leistungspflicht sowohl gegenüber den Mitarbeitern als auch dem Berechtigten
aus dem Vertrag befreit.251 Die B-GmbH zahlt eine Vergütung an die A-GmbH in Hö-
he der Werte in der handelsrechtlichen Übertragungsbilanz. Fraglich ist, wie der Be-
250 Hingegen stellt sich dieses Problem nicht, wenn im Rahmen eines Share Deals die Anteile an
einer Kapitalgesellschaft übertragen werden, weil hier nicht die einzelnen Vermögensgegen-stände/Wirtschaftsgüter erworben werden, sondern Anteile an dem Rechtsträger „Kapitalgesell-schaft“.
trag zu behandeln ist, der daraus entstand, dass handelsrechtlich Verbindlichkeiten
bestanden, denen keine gleichhohen Beträge in der Steuerbilanz gegenüberstanden.
Dies gilt für die gesamte Höhe der Drohverlustrückstellung (hier: 500 Mio. €) und den
Unterschiedsbetrag in der Bewertung der Jubiläumsrückstellung (hier: 200 Mio. €).
Die A-GmbH begehrt diese Unterschiedsbeträge als sofort abzugsfähige Betriebs-
ausgaben geltend machen zu können. Damit soll die Rückstellungsbildung erfolgen
können, die bisher infolge von § 5 Abs. 4 und 4a EStG nicht möglich war. Sie be-
gründet dies damit, dass eine stille Last spätestens im Zeitpunkt der Realisierung
steuerlich zu berücksichtigen sei.252 Nur dadurch werde dem Umstand Rechnung
getragen, dass ausweislich der Gesetzesbegründung253 das Rückstellungsverbot
dazu führen solle, dass lediglich eine frühere Berücksichtigung von Aufwand ausge-
schlossen werden soll, nicht aber die Abzugsfähigkeit des Aufwands insgesamt. Die-
ses Ziel würde nur erreicht, wenn sie zum letztmöglichen Zeitpunkt, also unmittelbar
vor dem Übergang der Schuld, eine korrespondierende Gewinnminderung vorneh-
men könne, die auch den Gewinn mindere. Hingegen geht die Finanzverwaltung da-
von aus, dass die Übernahme der bisher noch nicht bilanzierten Verpflichtungen eine
zusätzliche Leistung durch den Erwerber bildet, der als weiteres Entgelt anzusehen
ist und deshalb der Kaufpreis in Höhe dieses Betrages zu erhöhen ist.
Der BFH musste sich sowohl mit der Frage beschäftigen, wie sich diese nicht er-
fassten stillen Lasten beim Veräußerer auswirken als auch bei der übernehmenden
Gesellschaft. Er führt hierzu aus, dass beim Erwerber ein für den Veräußerer beste-
hendes Passivierungsverbot nicht besteht.254 Dies bedeutet, bezogen auf das obige
Beispiel, dass in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft sowohl ein Ansatz der
Drohverlustrückstellung zu erfolgen hat als auch eine höhere Bewertung der Jubi-
läumsrückstellungen. Insoweit führen § 5 Abs. 4a EStG für die Drohverluste und § 5
Abs. 4 EStG für die Jubiläumsrückstellungen nicht zu einem einschränkenden Ansatz
oder einer Begrenzung der Höhe nach. Damit zeigt die Steuerbilanz des Erwerbers
252 Vgl. BVerfG vom 12.5.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, mit Anm. Buciek FR 2009, 873 und
BFH vom 17.10.2001, I R 61/06, BStBl. II 2009, 555 mit Anm. Prinz FR 2008, 1158. 253 Vgl. BR-Drucks. 207/97, 16. 254 Vgl. BFH vom 16.12.2099, I R 102/08, BStBl. II 2011, 566 als Revision gegen FG Düsseldorf
Der BFH begründet dies im Wesentlichen mit dem Grundsatz der erfolgsneutralen
Behandlung von Anschaffungsvorgängen. Schließlich sind die vom Erwerber über-
nommenen Verbindlichkeiten Teil des von ihm zu entrichtenden Entgelts255 und ge-
hören deshalb mit zu den Anschaffungskosten. Diese Wertansätze bilden die Grund-
lage für die weitere steuerliche Gewinnermittlung. Sie führen – z. B. bei einer Inan-
spruchnahme infolge des tatsächlichen Eintritts oder des Wegfalls der bisher nur dro-
henden Verluste – zu einer entsprechenden ertragsteuerlichen Folgebehandlung
(hier: erfolgsneutrale bzw. gewinnwirksame Auflösung).
Auf Ebene des Veräußerers (bzw. Übertragenden) stellt sich die Frage, ob die bis-
her nicht gebildeten Rückstellungen zu einer Minderung des Übertragungsgewinns
bzw. zu einem Übertragungsverlust führen. Schließlich lag eine wirtschaftliche Belas-
tung vor, die bereits in der Vergangenheit verursacht war, infolge der steuerlichen
Bilanzierungs- oder Bewertungsvorschriften sich jedoch bisher noch nicht gewinn-
mindernd ausgewirkt hatte. Der BFH hat entschieden, dass diese Beträge den Ver-
äußerungsgewinn mindern würden.256
Ein Veräußerungspreis ermittelt sich in dem obigen Fall wie folgt, wobei unterstellt
wird, dass die Übernahme einer Verpflichtung durch den Erwerber zu einem Kauf-
preisabschlag i. H. d. Werts der Verpflichtung führt.
255 Vgl. BFH vom 17.10.2007, I R 61/06, BStBl. II 2008, 555 ff., m. w. N. 256 Vgl. BFH vom 17.10.2007 I R 61/06, BStBl. II 2008, 555 für die Übernahme einer Schuld und für
den Schuldbeitritt BFH v. 26.4.2012, IV R 43/09, BFH/NV 2012, 1248 mit Anm. Geberth, BB 2012, 1660.
Im vorliegenden Fall entsteht ein steuerlicher Veräußerungsverlust i. H. v. 700 Mio.
€. Dieser ergibt sich, wenn von dem Veräußerungserlös von 1 000 Mio. € das steuer-
liche Eigenkapital i. H. v. 1 700 Mio. € abgezogen wird. Eine Modifikation dieses Ver-
lustes infolge bisher noch nicht gebildeter Rückstellungen scheidet aus. Das gleiche
Ergebnis entsteht, wenn an die Handelsbilanz angeknüpft würde und vom Verkaufs-
preis von 1 000 Mio. € das handelsrechtliche Eigenkapital (1 000 Mio. €) abgezogen
wird. Außerbilanziell ist jedoch im Rahmen der Überleitungsrechnung nach § 60 Abs.
2 EStDV eine Korrektur um die bisher steuerlich noch nicht gebildeten Rückstellun-
gen vorzunehmen, so dass sich ebenfalls ein Verlust i. H. v. 700 Mio. € ergibt.257
Die Finanzverwaltung folgt dieser Auffassung nicht. Sie hatte bereits mit BMF-
Schreiben vom 16.12.2005258 bezüglich des Schuldbeitrittes zu Pensionsverpflichtun-
gen die Auffassung vertreten, dass der Arbeitgeber zwar die Zahlungen für die Be-
freiung an den Dritten als Betriebsausgaben geltend machen konnte, zugleich habe
jedoch die Aktivierung einer Forderung in Höhe des an den Dritten gezahlten Ent-
gelts zu erfolgen. Beim Dritten habe auf Grund des Schuldbeitritts eine Passivierung
als ungewisse Verbindlichkeit zu erfolgen. Das für den Schuldbeitritt erhaltene Ent-
gelt sei als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Auch in seinem Schreiben vom
24.6.2011259 hält das BMF – trotz insoweit abweichender Rechtsprechung – an der
bisherigen Auffassung grundsätzlich fest. Allerdings soll zwischen folgenden Fällen
zu unterscheiden sein:
Bei einer Schuldübernahme (wie im Beispielsfall) solle das Passivierungsver-
bot beim Übernehmer zwar nicht bei der erstmaligen Bilanzierung anzuwenden
257 Vgl. hierzu BFH vom 17.10.2007 I R 61/06, BStBl. II 2008, 555 und bereits im ersten Rechtszug
FG Baden-Württemberg vom 2.6.2005, 6 K 247/03, EFG 2005, 1715. Vgl. zu einer eingehenden Würdigung dieser Entscheidung und der sich daraus ergebenden Konsequenzen Ley, DStR 2007, 589.
258 IV B 2 – S 2176 – 103/05, BStBl. I 2005, 1052. 259 IV C 6 – 2137/0-03, 211/0501861, BStBl. I 2011, 627.
Allgemeine Anforde-rungen am Pensions-rückstellungen (§ 6a Abs. 1 EStG)
erstmaliger Ansatz von Pensionsrückstel-lungen (§ 6a Abs. 2 EStG)
Die eigentlich konsequente Lösung dieses Problems läge in einer Aufhebung der
steuerlichen Passivierungsverbote. Die Regelungen führen dazu, dass aus rein fiska-
lischen Gründen stille Lasten entstehen. Um die Besteuerung konsequent an der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten, müsste ein Abzug als Betriebsaus-
gabe im Moment der Verursachung und nicht der Inanspruchnahme vorgesehen
werden. Daher führen alle anderen Maßnahmen dazu, dass nicht die Ursache des
Problems beseitigt, sondern an den Symptomen „laboriert“ wird.264
3.7.3 Die gesetzliche Regelung
3.7.3.1 Die Vorgaben des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber hat mit dem AIFM-StAnpG darauf reagiert, dass der BFH dem Ver-
ständnis der Finanzverwaltung nicht folgte. Dieser hatte eine Anwendung der Passi-
vierungsbeschränkung in der ersten Schlussbilanz des Übernehmers nach der
Schuldübernahme abgelehnt.265 Ziel der Regelungen ist es ausweislich der Regie-
rungsbegründung, die Rechtsprechung des BFH in haushaltsverträglicher Weise
umzusetzen und Steuerausfallrisiken sowie Gestaltungen vorzubeugen.266 In § 4f
264 Gleicher Auffassung z. B. Prinz, Ubg 2013, 70. 265 Vgl. BFH vom 14.12.2011, I R 72/10, BFH/NV 2012, 635 für übernommene Jubiläumszuwen-
dungen und Beiträge an einen Pensionssicherungsverein; vom 12.12.2012, I R 69/11, BFH/NV 2013, 840 zur Übernahme einer betrieblichen Pensionsverpflichtung nach § 613a BGB und vom 12.12.2012, I R 28/11, BFH/NV 2013, 884 zur Übernahme von Pensionsverpflichtun-gen durch Ausgliederungen.
Tritt ein zusätzlicher Schuldner hinzu, handelt es sich um einen Vertrag zu Gunsten
Dritter.268 Folglich ist in diesen Fällen die Zustimmung des Gläubigers grundsätzlich
nicht erforderlich.
Der Gesetzgeber folgt der Auffassung der Rechtsprechung, dass diese Fälle einheit-
lich zu behandeln sind. Zugleich zeigt sich, dass grundsätzlich eine Vielzahl von
Sachverhalten von diesen Regelungen erfasst wird. Gleichwohl werden für einzelne
Fälle abweichende Regelungen angeordnet.
Den Grundtatbestand bildet die Regelung des Satzes 1. Danach führt die Übertra-
gung einer Verpflichtung, die „…beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverbo-
ten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben …“, nur in Hö-
he von 1/15 zu Aufwand im laufenden Jahr. Die übrigen Beträge sind über die fol-
genden 14 Jahre zu berücksichtigen. Durch Satz 7 wird angeordnet, dass diese Be-
träge auch von einem evtl. Rechtsnachfolger geltend gemacht werden.
Erfolgt hingegen im Rahmen einer der o. g. Tatbestände die Übertragung einer Pen-
sionsverpflichtung oder unterschreiten der (übertragene) Betrieb oder die Mitunter-
nehmeranteile die Größenklassen des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a bis c
EStG269 nicht, liegt sofort abzugsfähiger Aufwand vor.
Die gesetzliche Neuregelung bewirkt, dass – abgesehen von den Fällen des Unter-
schreitens der Größenklassen des § 7g EStG270 und bei einer Übertragung von Pen-
sionsverpflichtungen sowie der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebes oder Mit-
unternehmeranteils – eine über 15 Jahre gestreckte Berücksichtigung der bisher
268 Vgl. Grottwald, in: Münchner Kommentar zum BGB, 2012, § 329 Rn. 5. 269 Danach darf ein Betrieb die folgenden Größenmerkmale am Schluss eines Wirtschaftsjahres
nicht überschreiten: a) bei Gewerbebetrieben oder der selbstständigen Arbeit dienenden Betrieben, die ihren Ge-
winn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 ermitteln, ein Betriebsvermögen von 235 000 €; b) bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft einen Wirtschaftswert oder einen Ersatzwirt-
schaftswert von 125 000 € oder c) bei Betrieben i. S. d. Buchstaben a und b, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 ermitteln, ohne
Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags einen Gewinn von 100 000 €. 270 Diese größenbezogene Unterscheidung führt zu der Frage, ob die Leistungsfähigkeit tatsächlich
von der Größenklasse abhängig ist. Dies ist insbesondere bei einem geringen Unter- oder Überschreiten der Grenzen sehr zweifelhaft.
nicht passivierten Positionen erfolgt. Dies überrascht, denn wären die grundlegenden
Überlegungen des BFH zur Berücksichtigung dieser Beträge falsch, wäre eine voll-
ständige Versagung eines vorzeitigen Betriebsausgabenabzugs sachgerecht gewe-
sen. Davon geht offenbar auch der Gesetzgeber aus, weshalb er einen Abzug
grundsätzlich ermöglicht. Es wird sich – gerade vor dem Hintergrund der Anforderun-
gen an eine Folgerichtigkeit – noch zeigen müssen, ob diese Vorgehensweise Be-
stand haben kann.
Die folgende Abbildung fasst diese Struktur in der Form eines Prüfungsschemas zu-
sammen.
Durch die gesetzliche Neuregelung wird angeordnet, dass die Passivierungsverbote
im Rahmen der Übernahme der Verpflichtung271 nicht anzuwenden sind. Allerdings
sollen – wie schon nach der o. g. Verwaltungsauffassung vorgesehen272 – in der ers-
ten laufenden Steuerbilanz, die am Ende des Wj. der Übernahme zu erstellen ist, die
allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze gelten. Damit kommt es zu einem Wegfall des 271 Der Begriff der Verpflichtung ist weder handels- noch steuerrechtlich definiert. Vgl. zu einer
Analyse Prinz, Drohendes Aus für die steuerwirksame Hebung stiller Lasten, Ubg 2013, 60. Hierunter sind – in Einschränkung des Wortlauts – nur Außenverpflichtungen zu verstehen und keine Innenverpflichtungen, weil für diese keine steuerlich keine Passivposten anzusetzen sind.
Passivpostens. Das hat zur Konsequenz, dass der Anschaffungsvorgang im Ergeb-
nis nicht mehr ergebnisneutral ist.273 Vielmehr erfolgt hieraus eine Erhöhung des Ge-
winns. Das Gesetz gibt dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht, eine gewinnmindernde
Rücklage in Höhe von 14/15 des Auflösungsbetrages zu bilden. Diese muss in den
folgenden Wirtschaftsjahren jeweils „mindestens“ zu 1/15-tel gewinnerhöhend auf-
gelöst werden, sofern die stille Last nicht früher realisiert wird. In diesem Zeitpunkt ist
der Restbetrag ergebniserhöhend aufzulösen. Hieraus folgt, dass der wirtschaftliche
Nachteil infolge dieser Regelung umso größer ist, je später sich diese stillen Lasten
realisieren. Würde dies etwa bereits im Jahr der Übernahme geschehen, müsste in-
soweit eine vollständige gewinnwirksame Auflösung erfolgen. Damit entsteht kein
Unterschied zu den Konsequenzen, wie sie sich aus der oben dargestellten Recht-
sprechung des BFH erheben hätte. Allerdings dürften diese Fälle vergleichsweise
selten sein, weil regelmäßig eine deutlich spätere Belastung erfolgt.274
Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass dieser Auflösungsbetrag eine Untergrenze
bildet („mindestens“). Folglich ist es auch möglich, einen höheren Betrag aufzulösen.
Dies kann z. B. sinnvoll sein, um eine Anwendung der Regelungen über die Mindest-
besteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG275 zu vermeiden, indem ein Verlustausgleich
herbeigeführt wird.
Eine Sonderregelung wird für Pensionsrückstellungen getroffen: Danach hat eine
identische Bewertung wie in der Bilanz des Übertragenden zu erfolgen. Folglich
scheidet eine Neubewertung aus. Die bisher beim Übertragenden infolge des § 6a
EStG entstehenden stillen Lasten setzen sich auf Ebene des Übernehmenden fort
und führen erst dann zu Betriebsausgaben, wenn die Pensionszahlungen geleistet
werden.
Nutzt der Steuerpflichtige die Möglichkeit der Rücklagenbildung, so muss diese –
unabhängig von sonstigen zeitlichen Vorgaben – aufgelöst werden, wenn die zu-
273 Dies gilt bei Betrachtung des gesamten Vz. der Übernahme, während der Vorgang als solcher
ergebnisneutral erfolgen kann. 274 Dies gilt insbesondere für den Bereich der Drohverlust- und Jubiläumsrückstellungen. 275 Vgl. zu diesen z. B. Kaminski, in: Korn (Hrsg.), EStG, § 10d Rz. 84.1-84.25 (Juni 2011).
Auch die Übertragung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Erfüllung eines
Vermächtnisses bleibt insoweit ohne ertragsteuerliche Konsequenzen.
Besonderheiten gelten jedoch, wenn die Anteile an der Kapitalgesellschaft beim
Erblasser zu einem Betriebsvermögen gehörten. Es ist zu prüfen, inwieweit diese
Verstrickung auch nach dem Erbgang bzw. der Erfüllung eines Vermächtnisses noch
besteht. Zu beachten ist, dass eine Übertragung zum Buchwert nach § 6 Abs. 3
EStG nur für einen ganzen Betrieb in Frage kommt. Daher erfolgt eine Begünstigung
nur, wenn die Beteiligung im Rahmen eines einheitlichen Betriebs übertragen wird.
Hingegen ist die Beteiligung alleine kein Betrieb und nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung soll die Vermutung des Vorliegens eines Teilbetriebs nach § 16
Abs.1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegend nicht anwendbar sein.277 Scheidet die
Beteiligung im Rahmen des Erbganges oder der Erfüllung eines Vermächtnisses
aus, führt dies zu einer Entnahme, die mit dem Teilwert zu bewerten ist. Die
Besteuerung erfolgt entweder nach Maßgabe des Teileinkünfteverfahrens oder mit
der Abgeltungsteuer.
Der Erbe führt nach § 11d EStDV die ursprünglichen Anschaffungskosten des
Erblassers fort. Übernimmt der Erbe oder Vermächtnisnehmer Schulden im
Zusammenhang mit der Beteiligung, stellen diese keine (nachträglichen)
Anschaffungskosten für die Beteiligung dar. Hierbei kommt es auch nicht darauf an,
ob die Erbquote über- oder unterschritten wird. Insoweit wie im Zusammenhang mit
der Beteiligung Abfindungen gezahlt werden, liegt ein entgeltliches Geschäft vor. Der
so entstehenden Veräußerungsgewinn ist entweder nach § 17 oder nach § 20 Abs. 2
EStG steuerpflichtig. Nur in den Altfällen kann eine Steuerfreiheit eintreten, wenn
keine Beteiligung i. S. v. § 17 EStG vorliegt und die Beteiligung vor dem 1.1.2009
erworben wurde.278
Denkbar ist, dass die Satzung der Kapitalgesellschaft für den Fall des Todes eines
Gesellschafters eine Einziehungsklausel enthält. Hierbei gehen zunächst die Anteile
277 Vgl. BFH v. 20.7.2005, X R 22/02, BStBl. II 2006, 457, m. w. N. 278 In diesen Fällen kann eine Berufung auf die Übergangsregelungen zur Abgeltungsteuer erfol-
von (Mit-) Erben oder des Schenkers und bisherigen Gesellschafter-
Geschäftsführers entstehen.
4.2.1 Ausgangspunkt
Arbeitsverträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden
Gesellschafter bzw. den ihm nahestehenden Personen280 sind schon fast traditionell
Gegenstand einer besonders intensiven Prüfung durch die FinVerw. Hierzu haben
sich allgemeine Grundsätze herausgebildet, die prinzipiell auch im vorliegenden Fall
zu beachten sind. Im Zusammenhang mit der (geplanten) Unternehmensnachfolge
entsteht jedoch eine Reihe von Besonderheiten, auf die im Folgenden eingegangen
wird.
Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist zunächst grundsätzlich, dass die
Anstellung nicht im Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist der Fall, wenn die
Gesellschaft diesen Geschäftsführer nicht benötigt, weil schon ein anderer
Geschäftsführer vorhanden ist und das Unternehmen so einfach strukturiert ist, dass
zwei Geschäftsführer nicht erforderlich sind. Alle Leistungen an diesen
Gesellschaftsführer sind dann schon dem Grunde nach im Gesellschaftsverhältnis
veranlasst und daher als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren.281 Dies gilt
auch für die Einrichtung von „Beratungsgremien“ – unabhängig von deren konkreten
Bezeichnung im Einzelfall – wenn diese nicht der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft
dienen, sondern ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis liegt.
Beratungshinweis:
280 Nahestehend in diesem Sinne sind alle Personen, deren Begünstigung durch die Gesellschaft
im Interesse des Gesellschafters liegt. Es genügt jede Beziehung zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten, die den Schluss nahe legt, der Gesellschafter habe die Leistung der Gesell-schaft an den Dritten beeinflusst. Diese Beziehung kann familienrechtlicher, gesellschaftsrecht-licher, schuldrechtlicher oder tatsächlicher Art sein, vgl. BFH v. 18.12.1996, I R 139/94, BStBl. 1997 II, 301.
281 Vgl. FG Saarland v. 14.2.1995, 1 K 113/94, EFG 1995, 538.
Der BFH hat mit Urteil vom 20.1.2013282 – entgegen der Auffassung der
FinVerw.283 – entschieden, dass es neben einer vGA keine freigebigen
Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an den die beherrschenden
Gesellschafter geben kann, vgl. hierzu eingehend auf S. 117ff. dieser
Ausarbeitung.
4.2.2 Ausbildungsarbeitsverhältnis zwischen Kapitalgesellschaft
und Kind
Teilweise wird mit den Kindern des beherrschenden Gesellschafters ein
Ausbildungsarbeitsverhältnis vereinbart. Dabei erhalten die Kinder eine Vergütung
dafür, dass sie sich so ausbilden (lassen), dass sie später in der Lage sind, das
Unternehmen weiterzuführen. Fraglich ist, ob eine solche Regelung dem Grunde
nach fremdüblich ist. Die steuerliche Anerkennung setzt zunächst voraus, dass ein
zivilrechtlich wirksames Arbeitsverhältnis abgeschlossen wurde. Fehlt es hieran,
entfällt der Grund für eine Gehaltszahlung an das Kind, mit der Folge, dass ein
Betriebsausgabenabzug vollständig zu versagen ist.
Beratungshinweis:
Es sollte insbesondere auf die Nachweisbarkeit der tatsächlichen
Durchführung geachtet werden. Dies setzt voraus, dass jede der
Vertragsparteien ihre jeweiligen Verpflichtungen erfüllt. Dies sollte durch
äußere Umstände nachgewiesen werden können. Hierzu kann z. B. auch
der Besuch einer Berufsschule gehören, wenn dies in einem
entsprechenden Ausbildungsverhältnis üblich ist.
Ferner muss das Ausbildungsarbeitsverhältnis fremdüblich sein. Nach einer
Entscheidung des FG Köln284 ist hierfür Voraussetzung, dass einem internen oder
282 II R 6/12, BFH/NV 2013, 846. 283 Vgl. gleichlautende Erlasse der Länder v. 14.3.2012, BStBl I 2012, 331. 284 Urt. v. 18.5.1999, 13 K 9456/98, GmbH-StB 1999, 215.
externen Betriebsvergleich genügt wird und den zwischen fremden Dritten üblichen
Bedingungen entsprochen wird. Übernimmt eine GmbH im Rahmen eines
Ausbildungsvertrages auch die Kosten für ein Fachhochschulstudium des Sohnes
eines Gesellschafters, ist dies eine verdeckte Gewinnausschüttung, wenn andere
Bewerbungen für eine entsprechende duale Ausbildung nicht eingeholt wurden,
wenn die Tätigkeit des Auszubildenden im Betrieb weder kontrolliert noch
nachweisbar zeitlich festgehalten wird oder wenn für die praktische betriebliche
Ausbildung eine zumindest gleichwertig ausgebildete Person nicht zur Verfügung
steht.285Außerdem ist zu beachten, dass ein berufsbegleitendes Studium zu einer
Minderung der Gehaltsbezüge führen kann.286 Es ist nicht die Pflicht einer
Kapitalgesellschaft, (künftige) Gesellschafter und Geschäftsführer auf diese
Aufgaben vorzubereiten. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Sicherung der
Unternehmensnachfolge287, weil diese grundsätzlich auch durch
Fremdgeschäftsführer gewährleistet werden kann. Hingegen sind marktübliche
Ausbildungsverhältnisse auch steuerlich anzuerkennen.
Dabei wird ein Abzug entsprechender Beträge als Betriebsausgaben i. d. R. nur dann
erfolgen können, wenn es ein vergleichbares Angebot auch für Personen gibt, die
nicht nahestehende Personen von Gesellschaftern sind. Außerdem wird genau zu
prüfen sein, ob ein fremder Dritter als Arbeitnehmer sich in einer vergleichbaren
Situation zu einer Gegenleistung (z. B. den Verzicht auf eine Kündigung innerhalb
einer bestimmten Frist) verpflichtet hätte.
Beratungshinweis:
Hat eine Kapitalgesellshaft mehrere beherrschende Gesellschafter und
werden mit deren Kindern oder denen von ihnen nahestehenden
Personen entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen, können diese
nicht zur Führung des Fremdvergleichs gentutz werden. Es fehlt an der
Unabhängigkeit.
285 Vgl. FG Köln v. 11.5.2000, 13 K 765/00, EFG 2000, 811. 286 Vgl. FG Saarland v. 4.11.1994, 1 K 253/93, EFG 1995, 173. 287 Vgl. BFH v. 13.7.1994, I R 43/94, BFH/NV 1995, 548, FG Saarland v. 4.11.1994, 1 K 253/93,
EFG 1995, 173, FG Köln v. 23.1.1995, 13 K 7639/94, EFG 1995, 541, FG Baden-Württemberg v. 7.9.1995, 3 K 223/9, EFG 1996, 194.
Aus der allgemeinen Rspr. des BFH291 ergibt sich der Beweis des erstens Anscheins
einer vGA, wenn Tatiemeversprechen einer GmbH gegenüber mehreren
Gesellschafter-Geschäftsführern insgesamt mehr als 50% des Jahresüberschusses
übersteigen. Zugleich hat der BFH in einem aktuellen Beschluss292 betont, dass die
Bestimmungen einer angemessenen Gesamtausstattung von Gesellschafter-
Geschäftsführern keinen festen Regeln unterliegen. Vielmehr sei der angemessene
Betrag zu schätzen, wobei zu beachten sei, dass es regelmäßig eine Bandbreite von
als angemessen anzusehenden Beträgen gibt. Diese Schätzung obliege im gerichtli-
chen Verfahren in erster Linie den Finanzgerichten.
Beratungshinweis:
Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, alle Argumente und Umstände, die
für eine Angemessenheit im konkreten Einzelfall sprechen, bereits aus-
führlich im Rahmen eines evtl. FG-Verfahrens vorzutragen, um dem Um-
stand Rechnung zu tragen, dass das FG die alleinige Tatsacheninstanz
ist.
Der BFH293 führt aus, dass bei der Bestellung mehrerer Gesellschafter-Ge-
schäftsführer zwar nicht automatisch davon ausgegangen werden könne, dass nur
einer von ihnen ein Geschäftsführergehalt „verdient“ und alle anderen nur wie
leitende Angestellte entlohnt werden dürften. Es sei aber ebenfalls geklärt, dass die
als (höchstens) angemessen anzusehende Gesamtausstattung sich regelmäßig auf
die Gesamtgeschäftsführung bezieht und dass deshalb bei einem Einsatz mehrerer
Gesellschafter-Geschäftsführer ein aus einer Gehaltsstrukturuntersuchung
abgeleiteter Vergleichswert nicht stets mit der Zahl der Geschäftsführer multipliziert
werden darf.294 So kann es bei der Feststellung der Angemessenheit der
Gesamtausstattung sachgerecht sein, einen für die Gesamtgeschäftsführung
ermittelten Wert im Ausgangspunkt durch die Zahl der Geschäftsführer zu dividieren.
291 Vgl. BFH v. 5.10.1994, I R 50/94, BStBl. II 1995, 549. 292 Vgl. BFH v. 9.2.2011, I B 111/10, BFH/NV 2011, 1396. 293 Vgl. BFH v. 9.2.2011, I B 111/10, BFH/NV 2011, 1396. 294 Vgl. BFH v. 4.6.2003, I R 38/02, BStBl. II 2004, 139.
Das gilt namentlich dann, wenn die Gesellschaft in oder nahe der Verlustzone
operiert. Ein so gefundener Wert dürfe allerdings nicht pauschal als
Fremdvergleichswert angesetzt werden: Nach Gosch295 ist es in Einzelfällen sogar
denkbar, dass diese Beträge beträchtlich überschritten werden. So ist stets
ergänzend zu prüfen, ob der Wert im konkreten Fall im Hinblick auf besondere
Aufgabenteilung/Spezialisierungen oder Qualifikationen der Geschäftsführer
korrigiert werden muss.
Das FG Berlin-Brandenburg296 hatte im ersten Rechtszug die Wertermittlung für
angemessen gehalten. In seinem Beschluss vom 9.2.2011297 verwarf der BFH
jedoch diese Entscheidung. Es müsse berücksichtigt werden, dass zusätzliche
Geschäftsführer hinzugekommen seien und der GmbH nach Abzug aller
Vergütungen kaum noch ein Gewinn verblieb.
Beratungshinweis:
Es ist grundlegend zu unterscheiden, zwischen der Frage, ob eine
Gesellschaft mehrere Geschäftsführer hat und der Höhe, der jeweils ihnen
zu gewährenden Vergütung. Die erste Frage ist – auch vor dem Leitbild
des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters – einer Korrektur
nicht zugänglich.298 Hiervon zu unterscheiden, ist die Frage der
Angemessenheit sehr wohl einer steuerlichen Überrprüfung zugänglich.
Für diese Angemessenheitsprüfung ist auf den inneren Betriesbsvergleich
abzustellen, die sich auf die Aufwendungen für die Gesamtgeschäftsführung bezieht.
Als besondere Faktoren ist für den einzelnen Geschäftsführer auf die folgenden
Faktoren abzustimmen:
die Aufgabenstellung in dem jeweiligen Unternehmen,
295 KStG, 3. Aufl., München 2015, § 8 Rz. 814. 296 V. 16.1.2008, 12 K 8312/04 B, EFG 2008, 717. 297 I B 111/10, BFH/NV 2011, 1396. 298 Vgl. FG Brandenburg v. 2.7.2003, 2 k 870/01, EFG 2003, 1336. Diese Frage war dann im hier-
gegen gerichteten Revisionsverfahren nicht mehr streitig, zustimmend auch Gosch, in: Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz. 812.
Gerade bei kleineren Unternehmen kann die Bestellung von mehreren
Geschäftsführern dazu führen, dass die ausgeübten Tätigkeiten nicht solchen
entsprechen, die typischerweise ein Geschäftsführer ausübt, sondern üblicherweise
Nicht-Geschäftsführern übertragen werden. Entgegen der Auffassung der
FinVerw.299 kann schon wegen der unterschiedlichen, zivilrechtlich zwingenden
Haftungssituation nicht auf das Vergleichsgehalt entsprechender Angestellter
abgestellt werden.
Beratungshinweis:
Die objektive Beweislast für das Vorliegen einer vGA obliegt auch hier der
Finanzverwaltung.300 Dies setzt jedoch voraus, dass der betriebliche
Charakter der als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen – u.U.
unbeschadet einer gesellschaftsrechtlichen (Mit-) Veranlassung – nicht in
Frage gestellt wird.
4.2.4 Beiratstätigkeit
Gelegentlich wird im Rahmen der Unternehmensnachfolge ein Beirat für das
Unternehmen installiert. Dieser bekommt dann – vergleichbar einem Aufsichtsrat –
die Aufgabe, die zukünftige Geschäftsführung zu überwachen und zu beraten. Dies
soll es ermöglichen, sowohl dem bisherigen Geschäftsführer als auch ggf. nicht an
der Geschäftsführung beteiligten Erben Einfluss auf das Unternehmen zu erhalten.
Zugleich kann der bisherige Geschäftsführer in dieser Funktion repräsentative
299 Vgl. BMF v. 14.10.2002, IV A 2-S 2742-62/02, BStBl. I 2002, 972, Rz. 16. 300 Vgl. BFH v. 16.3.1967, I 261/63, BStBl. III 1967, 626; v. 20.3.1974, I R 197/72, BStBl. II 1974,
430; v. 15.10.1997, I R 42/97, BStBl. II 1999, 316 und v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl. II 2004, 171.
Schon seit langem ist streitig, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung – und damit in
entsprechender Anwendung dieser Grundsätze eine verdeckte Einlage – nicht nur zu
unstreitigen ertragsteuerlichen Konsequenzen führt302, sondern auch zu einer Belas-
tung mit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Ursache für diese Diskussion bildet die
Rechtsprechung des II. Senats des BFH. Dieser303 hatte entschieden, dass regelmä-
ßig keine der Schenkungsteuer unterliegende freigiebige Zuwendung des Gesell-
schafters an eine diesem nahestehende Person vorliege, wenn eine Kapitalgesell-
schaft auf Veranlassung dieses Gesellschafters eine überhöhte Vergütung an die
nahestehende Person zahlt. Im Rahmen eines „obiter dictums” merkte er aller-
dings an, dass im Verhältnis der GmbH zu der nahestehenden Person eine freigie-
bige Zuwendung gegeben sein könne.304
Diese Entscheidung führte nicht nur zu einer breiten Diskussion im Schrifttum305. Die
FinVerw. folgte in Gleichlautende Erlasse der Länder vom 14.03.2012306 dieser Auf-
fassung nahm in einer Vielzahl von Fällen eine doppelte Belastung mit Ertrag- und
Erbschaftsteuer vor. Die hieraus entstehenden steuerlichen Konsequenzen werden
seitdem sehr kritisch diskutiert. Der BFH hatte in den Entscheidungen vom
30.01.2013307 und vom 05.11.2014308 jeweils den Vorrang des Ertragsteuerrechts
betont und damit das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung verneint. Diese Aussa-
gen wurden von der Finanzverwaltung offenbar als erneutes obiter dictum angese-
hen.
302 Vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. 303 BFH vom 07.11.2007, II R 28/06, BStBl. II 2008, 258. 304 Vor diesem Hintergrund überrascht, dass der Gesetzgeber von einer „ständigen Recht-
sprechung des BFH“ ausgeht. Vgl. Stellungnahme des Bundesrats vom 17.06.2011 zum Ent-wurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, BR-Drucks. 253/11. Zustimmung der Bundesregierung in BT-Drucks. 17/6263 vom 22.06.2011, Anlage 5.
305 Vgl. z. B. Crezelius, ZEV 2008, 268 ff. oder Hartmann, GmbH-StB 2008, 203 ff. 306 BStBl. I 2012, 331. 307 II R 6/12, BFH/NV 2013, 846. 308 3 K 103/13 Erb, EFG 2014, 301 und II R 44/13, BStBl. II 2015, 249.
Verluste einer Kapitalgesellschaft können sich bekanntlich nicht direkt beim
Gesellschafter auswirken. Vielmehr sind sie auf Ebene der Kapitalgesellschaft isoliert
und können dort im Rahmen des Verlustabzugs genutzt werden. Die Trennung
zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene wird durch § 8c KStG
durchbrochen, indem der Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft zum Untergang
der Verlustvorträge führen kann. Der Gesetzgeber begründet dies wie folgt: „Die
Neuregelung des § 8c über den Verlustabzug nach § 10d EStG bei einer
Körperschaft vereinfacht die Rechtsanwendung“317. Das BMF hat zu diesen
Regelungen mit Schreiben vom 4. Juli 2008318 Stellung genommen und diese eher
zu Lasten der Steuerpflichtigen ausgelegt.319
4.3.1 Der Grundtatbestand
Die Regelung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie über einen sehr weiten
Grundtatbestand verfügt, der dann durch Ausnahmen eingeschränkt wird – eine
Technik der Gesetzgebung, die auch in anderen Bereichen zu Problemen führt.320
Bekanntlich sieht § 8c KStG vor, dass es zum anteiligen Untergang der
Verlustvorträge und der laufenden Verluste kommt, wenn mehr als 25% und bis zu
50% der Anteile an einer Körperschaft auf einen Erwerber, diesem nahe stehende
Personen oder eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen
übergehen. Beträgt die Quote der entsprechend erworbenen Anteile mehr als 50%,
gehen die laufenden Verluste und die Verlustvorträge vollständig unter. Die Vorschrift
317 BT-Drucks. 16/4841 vom 27.3.2007, 75. 318 BMF-Schreiben vom 4.7.2008, IV C 7-S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736. 319 Vgl. hierzu u. a. Dörr, NWB F. 4, 5339, Lang, DStZ 2008, 549, Suchanek, FR 2008, 904, van
Lishaut, FR 2008, 789, Kaminski, Stbg 2008,196 sowie aus Sicht der Verwaltung Dötsch/Pung, DB 2008, 1703.
320 Beispielhaft sei auf die Regelungen zur Zinsschranke und deren Rückausnahmen in § 4h Abs. 2 EStG ggf. i. V. m. § 8a KStG verwiesen.
gilt sowohl für mittelbare wie auch für unmittelbare Anteilsübertragungen und hat
einen Betrachtungszeitraum von fünf Jahren.321
Gem. § 10a Satz 10 GewStG ist diese Regelung auch für gewerbesteuerliche
Fehlbeträge zu beachten. Dies gilt auch, wenn eine Körperschaft unmittelbar oder
mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an einer
Personengesellschaft beteiligt ist. Folglich kann die Veräußerung einer
Kapitalgesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer Personengesellschaft
beteiligt ist, dazu führen, dass deren negativen Gewerbeerträge ganz oder teilweise
nicht mehr nutzbar sind. Hieraus folgt, dass bei einer Prüfung der möglichen
Schädlichkeit eines Anteilsverkaufs auch auf allen nachgelagerten Stufen zu prüfen
ist, ob sich hieraus negative Konsequenzen ergeben und zwar auch dann, wenn
weder die verkaufte Gesellschaft über Verluste oder Verlustvorträge verfügt noch die
Gesellschaften, die Fehlbeträge aufweisen, Körperschaftsteuersubjekte sind.
Infolge des Trennungsprinzips zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Gesell-
schaftern wirken sich Verluste, die bei der Gesellschaft entstehen, nicht bei deren
Anteilseignern aus. Diese können auch nicht in Form einer „negativen Dividende“
ausgeschüttet werden. In der Regel haben Verluste der Kapitalgesellschaft für die
Anteilseigner keine Auswirkungen. Etwas anderes gilt lediglich für den Fall, dass die
Verluste zu einem Sinken des Werts der Anteile an der Gesellschaft führen. Sofern
sich diese in einem Betriebsvermögen befinden, ist zu prüfen, ob eine Teilwertab-
schreibung auf die Anteile vorgenommen werden kann. Allerdings sind hierfür von
der Rechtsprechung hohe Anforderungen aufgestellt worden, so dass eine solche
Abschreibung nur in Ausnahmefällen erfolgen kann.322 Sofern die Beteiligung von
einer inländischen Kapitalgesellschaft gehalten wird, ist ergänzend § 8b Abs. 3 KStG
zu beachten, der die ergebnismindernde Geltendmachung solcher Teilwertabschrei-
bungen untersagt. Befindet sich die Beteiligung im Betriebsvermögen einer Perso-
nengesellschaft, kann sich einen Teilwertabschreibung nur in Höhe von 60% auf das
Ergebnis auswirken, weil § 3c Abs. 2 EStG für unter das Teileinkünfteverfahren fal- 321 Vgl. zu dieser Fünf-Jahres-Frist Altrichter-Herzberg, GmbHR 2010, 799 ff. 322 Vgl. u. a. BFH vom 26. 9. 2007, I R 58/06, BStBl. II 2009, 294 und FG Saarland vom 7. 12.
2010, 1 K 1414/07. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg, vgl. BFH vom 8.2.2012, IV B 13/11, BFH/NV 2012, 963.
umstritten.326 Das Sächsische FG hat mit Urteil vom 16.3.2011327 die Normen in der
Ausgestaltung des Jahres 2008 für als noch mit dem Grundgesetz vereinbar
angesehen. Gegen dieses Urteil ist zwischenzeitlich beim BFH unter dem Az. I R
31/11 Revision anhängig. Dieses Verfahren ist derzeit ausgesetzt. Hingegen sieht
das FG Hamburg die Regelung als verfassungswidrig an, weil ein Verstoß gegen Art.
3 Abs. 1 GG angenommen wird.328 Als problematisch wird hier das Zusammentreffen
von Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG und § 8c KStG angesehen. Dieses
Verfahren ist unter dem Az. 2 BvL 6/11 beim BVerfG anhängig. Der BFH hat in
einem ADV-Verfahren einem Steuerpflichtigen AdV gewährt.329 In diesem Fall
erfolgte ein Aufeinandertreffen von Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG und
der Regelung des § 8c KStG erfolgte.330
In den Fällen der vorweggenommenen Erbfolge bzw. der Vermögensübertragung
kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen der Konzernklausel
in aller Regel nicht erfüllt sind.331 Daher wird auf deren Erläuterung – auch vor dem
Hintergrund des Entwurfs des BMF-Schreibens vom 15.4.2014 – verzichtet.332 Dies
gilt auch für die sehr umstrittenen Ausführungen zur Organschaft333, insbesondere
hinsichtlich der Verrechnung von laufenden positiven Einkünften der
Organgesellschaft mit Verlusten und Verlustvorträgen des Organträgers bei einem
unterjährigen Verkauf.
Beratungshinweis:
326 Vgl. zur bisherigen Diskussion z. B. Schwedhelm, GmbHR 2008, 404 ff., Schmiel, BB 2010, 151
ff., Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673 ff. jeweils m. w. N. 327 2 K 1869/10, EFG 2011, 1457. 328 Vorlagebeschluss vom 4.4.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460. Vgl. zu einer eingehenden Analy-
se z. B. Kessler/Hinz, DB 2011, 1771 ff., Hey, BB 2007, 1303ff., 1306 f., Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673 ff.
329 Vgl. BFH vom 26.8.2010, I B 49/10, BFH/NV 2010, 2356. 330 Vgl. hierzu nunmehr auch das BMF-Schreiben vom 19.10.2011, IV C 2 – S 2741/10/10002
2010/1012683, BStBl. I 2011, 974 ff. 331 Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn eine Umstrukturierung im Vorfeld der Unter-
nehmensnachfolge vorgenommen wird. 332 Vgl. hierzu z. B. Adrian/Weiler, BB 2014, 1306 ff., Neumann, GmbHR 2014, 676 ff., Sucha-
Für die Praxis ist wichtig zu beachten, dass auch ein mittelbarer
Gesellschafterwechsel die negativen Folgen des § 8c KStG auslösen
kann. Deshalb ist eine sorgfältige Analyse der Konsequenzen auf Ebene
jeder Gesellschaft erforderlich.
Beispiel:
Die natürliche Person A ist zu 100% an der M-GmbH beteiligt, die sämtliche Anteile
an der T-GmbH hält, die ihrerseits alleiniger Gesellschafter der E-GmbH ist. E verfügt
als einzige Gesellschaft über laufende Verluste und Verlustvorträge. Veräußert A die
Anteile an der M-GmbH über eine der kritischen Beteiligungsquoten hinaus, hat dies
den Untergang der Verlustvorträge bei der E-GmbH zur Folge, auch wenn deren
Anteile sich unverändert im alleinigen Eigentum der T-GmbH befinden. Ggf. ist zu
prüfen, ob eine Berufung auf die Ausnahmetatbestände des § 8c KStG erfolgen
kann.
Liegen keine Beteiligungsquoten i. H. v. 100% vor, soll eine „Durchrechnung“ der
Beteiligung erfolgen.334 Dies kann dazu führen, dass die kritischen Beteiligungswerte
auf einer unteren Konzernebene nicht mehr überschritten werden. Streitig ist
insbesondere auch, ob eine unmittelbare mit einer mittelbaren Beteiligung
zusammenzurechnen ist. Die Vorgaben des Erlass-Entwurfs sind hierzu im
Wesentlichen unbrauchbar, weil in Rz. 12 lediglich ausgeführt wird, dass bei einem
mittelbaren Beteiligungserwerb die „durchgerechnete Beteiligungsquote oder
Stimmrechtsquote“ maßgeblich ist. Hierbei muss davon ausgegangen werden, dass
die Beteiligungsketten sehr lang sein können und auch durch ausländische
Gesellschaften nicht unterbrochen werden.335
Beispiel:
334 Vgl. hierzu BMF-Schreiben v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, BStBl. I
2008, 736, Tz. 12 und Tz. 12 des Entwurfs vom 15.4.2014, IV C 2 – S 2745-a/09/10002 :004. 335 Vgl. z. B. Roser, in: Gosch (Hrsg.), KStG, 3. Aufl., München 2015, § 8c Rz. 62.
des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes geschaffen wurden.340 Die Ausnahme-
tatbestände führen dazu, dass die laufenden Verluste und die Verlustvorträge infolge
des Gesellschafterwechsels erhalten bleiben. Hingegen bleiben alle anderen
Begrenzungen des Verlustausgleichs oder -abzugs (insbesondere die
Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG oder die Spezialregelungen zur
Nutzung von Auslandsverlusten gem. § 2a EStG bzw. auf Grundlage der sog.
Symmetriethese341) hiervon unberührt. Diese sind ergänzend zu prüfen. Ebenso ist
denkbar, dass für einige Erwerbe eine Berufung auf die Ausnahmeregelungen
erfolgen kann, bei anderen deren Tatbestandsvoraussetzungen jedoch nicht erfüllt
sind, und damit die laufenden Verluste und Verlustvorträge nicht mehr genutzt
werden können.
Da § 8c KStG nicht nur Verlustvorträge sondern auch laufende Verlust erfasst,
entstehen praktische Anwendungsprobleme, wenn eine schädliche Veräußerung
nicht zum Bilanzstichtag, sondern unterjährig stattfindet. Hieraus folgt, dass die
Ausnahmeregelungen in diesen Fällen u. U. einen pro-forma-Abschluss erforderlich
machen.342 Dieser ist u. U. nicht nur von der veräußerten Gesellschaft zu erstellen,
sondern auch von ihr nachgelagerten Gesellschaften. M. E. handelt es sich hierbei
um eine ausschließlich steuerlich relevante Größe, so dass eine Prüfungspflicht nach
§§ 316 ff. HGB nicht gegeben ist und eine solche Prüfung von einem Betriebsprüfer
nicht verlangt werden kann.
Eine der wesentlichen Neuerungen des Entwurfs bildet die Reaktion des BMF auf
das BFH-Urteil vom 30.11.2011343. In diesem hatte der BFH Tz. 31 Satz 2 des BMF-
340 Vgl. § 14 Abs. 3 FMStFG, der die Anwendung des § 8c KStG beim Erwerb von Stabilisierungs-
elementen durch den Fonds oder deren Rückübertragung suspendiert. Vgl. hierzu Korn, DStR 2008, 2248, Eilers/Bühring, DStR 2009, 137 ff., 140, sowie zu diesen Maßnahmen insgesamt Spindler, DStR 2008, 2268.
341 Vgl. hierzu eingehend vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung BFH vom 9.6.2010, I R 100/09 und I R 107/09, BFH/NV 2010, 1742 bzw. 1744 sowie EuGH vom 15.5.2008, Rs. Lidl Belgium, C-414/06, Slg. 2008, I-03601 bzgl. der Symmetriethese sowie der Finalität ausländi-scher Betriebsstättenverluste, BFH vom 26.8.2010, I B 49/10, BFH/NV 2010, 2356 bzgl. der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 10d EStG und BFH vom 12.1.2011, I R 35/10, BStBl. II 2011, 494 bzgl. § 2a EStG.
342 Vgl. Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71 ff., 75. 343 I R 14/11, BStBl. II 2012, 360.
Zeitpunkt der schädlichen Anteilsübertragung zu. Er stellt hierbei u. a. auf die
Zielsetzung des Gesetzgebers ab, zwischen den Verlusten vor und nach dem
Gesellschafterwechsel zu differenzieren. Hiermit sei eine „eindeutige zeitliche
Zäsur (Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs) angeordnet“345.
In Reaktion auf diese Entscheidung sind die Regelungen in Rz. 31 ff. ergänzt und
angepasst worden. Allerdings folgt die FinVerw. nicht umfassend den Vorgaben des
BFH, sowie den ihnen offenbar zu Grunde liegenden Wertungen.
Beratungshinweis:
Die Regelungen sind sehr umstritten.346 Es ist davon auszugehen, dass
sie früher oder später einer gerichtlichen Überprüfung durch den BFH
unterworfen werden. Daher sollten Rechtsmittel gegen Steuerbescheide
geprüft werden, in denen diese Vorgaben angewendet werden.
Die Finanzverwaltung errichtet hierbei zwei neue Grenzen für die Verrechnung der
laufenden Einkünfte mit den vorhandenen Verlustvorträgen:
Einerseits soll eine Saldierung zwischen Verlustvorträgen und laufenden
positiven Einkünften nach Tz. 31 f. des Entwurfs nur möglich sein, wenn für das
gesamte Wirtschaftsjahr ein positives Ergebnis entstehe. Hingegen scheide
diese Möglichkeit aus, wenn bis zum Zeitpunkt der Veräußerung ein Gewinn,
infolge von Ereignissen danach jedoch insgesamt ein Verlust entsteht. Dies
soll auch zu einer Begrenzung der Höhe nach führen, indem der
Jahresgewinn die Obergrenze für den Verlustabzug bildet.
Beispiel:347
Es werden am 1.7.2014 100% der Anteile an der V-GmbH übertragen, die über
Verlustvorträge zum 31.12.2013 i. H. v. 600.000,- € verfügt. Die Gesellschaft
erwirtschaftet folgende Ergebnisse:
345 BFH v. 30.11.2011, I R 14/11, BStBl. II 2012, 360, Rz. 13, Herv. des Verf. 346 Vgl. zu einer Rechtfertigung aus Sicht der FinVerw. Neumann, GmbHR 2014, 673, 674. 347 In Anlehnung an Neumann, GmbHR 2014, 673, 675.
erfolgen. Diese absolute Obergrenze ist zu beachten. Gegeben sind alternativ
die folgenden Daten:
Fall a) Fall b)
Gewinn bis zum schädlichen
Beteiligungserwerb 3,0 Mio. € 1,0 Mio. €
Verlustverrechnung 2,8 Mio. €350 1,0 Mio. €
Gewinn zum Übertragungszeitpunkt 0,2 Mio. € 0,0 Mio. €
§ 8c KStG ist anzuwenden auf 8,2 Mio. € 10,0 Mio. €
Verbleibender Verlustabzug im
laufenden Jahr nach Anwendung des
§ 8c KStG
0,0 Mio. € 1,8 Mio. €
Verbleibender Verlustvortrag nach §
8c KStG 4,92 Mio. € 4,2 Mio. €351
Im Fall a) führt die Mindestbesteuerung bereits dazu, dass zum Zeitpunkt der
Anteilsübertragung keine vollständige Nutzung der Verlustvorträge erfolgen
kann. Vielmehr ist der übersteigende Betrag zu versteuern. Dieser erhöht sich
um weitere positive Einkünfte, die nach dem Übertragungszeitpunkt entstehen.
Zugleich gehen 40% der nach dem Verlustabzug verbleibenden Verlustvorträge
unter.
Im Fall b) sind die positiven Einkünfte bis zum Zeitpunkt der schädlichen An-
teilsübertragung nicht so hoch, dass der im Rahmen der Mindestbesteuerung
maximal mögliche Verlustabzug erreicht wird. Folglich kann der übersteigende
Teil im laufenden Jahr berücksichtigt werden. Gleichwohl kommt es zu einem
teilweisen Untergang der Verlustvorträge nach § 8c KStG.
Beratungshinweis:
350 Dies ist der Höchstbetrag, der infolge der Mindestbesteuerung berücksichtigt werden kann. 351 Hierbei ist unterstellt, dass nach dem Beteiligungsverkauf so hohe positive Einkünfte erzielt
worden sind, dass der zusätzliche Verlustabzug i. H. v. 1,8 Mio. € tatsächlich erfolgt. Andern-falls ergäbe sich ein höherer Verlustvortrag.
Zählerwerbe, also solche die die 25%- oder die 50%-Grenze nicht überschreiten,
nicht zu einer Anwendung der Stille-Reserven-Klausel.
Bespiel:
Die natürliche Person P erwirbt 15% der Anteile an der V-GmbH, die über laufende
Verluste und Verlustvorträge verfügt, vom bisherigen Alleingesellschafter A. Die
Gesellschaft enthält infolge in der Vergangenheit selbst entwickelter immaterieller
Wirtschaftsgüter hohe stille Reserven in ihrem Betriebsvermögen, die vom P im
Rahmen des Kaufpreises marktgerecht vergütet werden. Gleichwohl kommt es nicht
zur Anwendung der Stille-Reserven-Klausel, da die Tatbestandsvoraussetzungen
des § 8c KStG nicht erfüllt sind.
Zu Schwierigkeiten kommt es bei mehrstufigen Strukturen infolge der Formulierung
in der Regierungsbegründung. Dort wird u. a. ausgeführt: „Sind die stillen Reserven
mehrstufig zu ermitteln, darf die Summe der in den untergeordneten Unternehmen
ermittelten stillen Reserven die im Kaufpreis bzw. im Unternehmenswert der
erworbenen Gesellschaft enthaltenen stillen Reserven nicht übersteigen.“358. Hieraus
können erhebliche Probleme entstehen, wenn bei einem mehrstufigen
Beteiligungserwerb auf unterschiedlichen Ebenen stille Reserven vorhanden sind.
Entscheidend hierfür ist, dass einerseits die Stille-Reserven-Klausel auch beim
mittelbaren Beteiligungserwerb gilt359, sie andererseits hierfür aber keine konkreten
Regelungen trifft.
Die wohl h. M. geht davon aus, dass auf die stillen Reserven bei der mittelbar
erworbenen Beteiligung abzustellen ist, ohne dass hierbei eine Obergrenze zu
beachten sei.360 Folglich wäre auf jeder Gesellschaft isoliert zu ermitteln, wie hoch
die stillen Reserven sind. Hierfür müsste zur Bestimmung des gemeinen Werts der
mittelbar erworbenen Beteiligung ein Teil des Gesamtkaufpreises der unmittelbar
erworbenen Anteile der mittelbaren Beteiligung zugeordnet werden. 358 BT-Drucks. 17/15, 19. 359 So auch die Begründung zum Regierungsentwurf, vgl. BT-Drucks. 17/15, 19. 360 Vgl. z. B. Dötsch, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8c Rz. 76j (Stand: Dezember 2010), Sis-
Die Finanzverwaltung hat sich zu dieser Frage bisher nicht geäußert. Allerdings
entspricht das isolierte Abstellen auf die einzelne Gesellschaft ohne Geltung einer
Höchstgrenze dem Gesetzeszweck361 und macht ansonsten erforderliche
Gestaltungen unnötig.
Beispiele:
Die H-AG hält als reine Holdinggesellschaft eine 100%ige Beteiligung an der T-
GmbH, die ihrerseits eine 100%ige Beteiligung an der E-GmbH hält. E ist eine aktive
Gesellschaft mit Verlust- und Zinsvorträgen. Verkauft werden 100% der Anteile an
der H-AG. Sollte dem Wortlaut der Regierungsbegründung gefolgt werden, wären
infolge der Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne die auf Ebene der H-AG
nutzbaren Verluste Null, weil eine vollumfängliche Kürzung erfolgen müsste. Wäre
der Anwendungsbereich der stillen Reserven-Klausel auf diese Gesellschaft
beschränkt, gingen die Verluste auf Ebene der E-GmbH unter. Dieses Ergebnis steht
im offensichtlichen Widerspruch zum Zweck der Regelung.
Aus Sicht der Gestaltungsberatung würde es sich anbieten, dass ein Erwerber zu-
nächst die Anteile an der E-GmbH erwirbt.362 Dieser Vorgang würde dazu führen,
dass die Verlustvorträge in Höhe der stillen Reserven erhalten blieben. Anschließend
würde dann der Erwerb der H-AG zu einem entsprechend geringeren Preis erfolgen.
Allerdings ist diese Vorgehensweise komplizierter und setzt den Erwerber möglich-
erweise dem Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs aus.363
Variante: Bestehen bei allen drei Gesellschaften Verlust- und Zinsvorträge, würden
sie mangels steuerpflichtiger stiller Reserven auf Ebene der H-AG und der T-GmbH
untergehen, wenn letztere ebenfalls ausschließlich die Beteiligung an der E-GmbH
als Betriebsvermögen aufweist. Hingegen gehen nach hier vertretener Auffassung
die Verlust- und Zinsvorträge bei der E-GmbH in Höhe der stillen Reserven nicht
361 Gl. Auffassung z. B. Rödder/von Freeden, Ubg 2010, 551, 553. 362 So auch Rödder/von Freeden, Ubg 2010, 551, 554. 363 Vgl. zur Gesamtplanrechtsprechung des BFH Offerhaus, Der „Gesamtplan“ – eine zulässige
Rechtsfigur im Steuerrecht?, in: Mellinghoff/Schön/Viskorf(Hrsg.), Steuerrecht im Rechtsstaat: Festschrift für Wolfgang Spindler zum 65. Geburtstag, Köln 2011, 677 ff.
Fällen zu bestimmen ist. Denkbar wäre, den (fiktiven) Preis bei einer Veräußerung im
Inland oder im Ausland anzusetzen. Beide Werte können erheblich voneinander
abweichen. Bisher gibt es keine Festlegung durch die Finanzverwaltung zur
Wertbestimmung.369
Der zweite wichtige Anwendungsfall bildet das Vorliegen einer Betriebsstätte nach
Maßgabe der Art. 5 OECD-MA nachgebildeten Definitionen im jeweiligen Doppelbe-
steuerungsabkommen. Auch diese führen grundsätzlich zur Freistellung der
Betriebsstätteneinkünfte im Inland.370 Allerdings darf nicht übersehen werden, dass
in rund dreiviertel der deutschen DBA diese Freistellung von einer Aktivitätsklausel371
abhängig gemacht wird und mit § 20 Abs. 2 AStG und § 50d EStG umfangreiche
Regelungen geschaffen wurden, die die Freistellung versagen. Die deutsche
Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen vom 17.4.2012 sieht vor,
entsprechende Regelungen künftig in den jeweiligen deutschen Abkommen zu
vereinbaren.
Vielmehr erfolgt in diesen Fällen eine Besteuerung der ausländischen Einkünfte im
Inland im Rahmen des Welteinkommensprinzips unter Anrechnung der im Ausland
erhobenen Steuern. Fraglich ist, wie in diesen Fällen zu verfahren ist. Nach dem
reinen Wortlaut der Norm würde bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der
jeweiligen Rückfallklausel eine Kürzung im Rahmen der Stillen Reserven-Klausel des
§ 8c KStG ausscheiden. Wenn bedacht wird, dass diese Voraussetzungen jährlich
neu zu prüfen sind, ist es möglich, die Tatbestände für eine Freistellung gezielt nicht
zu erfüllen, führt dies zu zumindest zweifelhaften Ergebnissen.372 Dies gilt speziell für
die sog. schädlichen Mitwirkungen im Rahmen der abkommensrechtlichen
Aktivitätsklauseln. Vorbehaltlich des Vorliegens einer missbräuchlichen Gestaltung
369 H 94 ErbStH 2003 sah vor, dass „grundsätzlich“ der Wert am Belegenheitsort entscheidend
sein sollte. Der derzeit vorliegende Entwurf der ErbStR äußert sich hierzu nicht. 370 Vgl. zur deutschen Abkommenspraxis Strunk/Kaminski, in: Strunk/Kaminski/Köhler (Hrsg.),
AStG/DBA, Art. 7 Rz. 2 (Stand: September 2010) sowie in der gleichen Kommentierung Schmidt/Blöchle, Art. 23 A/B Rz. 114 ff. (Stand: April 2010).
371 Vgl. zu einer Übersicht der derzeit bestehenden Aktivitätsklauseln in den deutschen DBA OFD Münster vom 28.7.2008, S 1301 – 18 – St 45-32, juris, sowie zu einer Bewertung aus dem Schrifttum z. B. Kaminski, in: FS Korth, Stuttgart 2016, 147 ff.
372 Vgl. zum parallelen Problem bei Anwendung der Zinsschranke Kaminski, IStR 2011, 783 ff.
Hiermit ist aus ertragsteuerlicher Sicht die Frage verbunden, ob dieser „Pool“ dazu
führt, dass von einem einheitlichen Gesellschafter376 oder zumindest von naheste-
henden Personen377 oder von Personen mit gleichgerichteten wirtschaftlichen Inte-
ressen378 auszugehen ist. Da an eine solche Qualifikation häufig für den Steuerpflich-
tigen nachteilige Besteuerungskonsequenzen anknüpfen (z. B. Qualifikation als vGA
oder Untergang von Verlustvorträgen), kommt dieser Frage große praktische Bedeu-
tung zu. Dieses Problem gewinnt dadurch an zusätzlicher Bedeutung, weil die jewei-
ligen Anknüpfungspunkte für das Vorliegen der jeweiligen Beziehung unterschiedlich
definiert werden.
Bisher ist wenig diskutiert worden, ob der Abschluss einer Poolvereinbarung dazu
führt, dass die Beteiligten als Einheit und deshalb beim Überschreiten der 50%-
Grenze als beherrschender Gesellschafter anzusehen sind. Dies hätte zur Folge,
dass an schuldrechtliche Verträge zwischen Gesellschaft und Gesellschafter stren-
gere Anforderungen zu stellen sind. Die Finanzverwaltung hat sich hierzu bisher
nicht geäußert.
M. E. ist dies von der jeweiligen Ausgestaltung des Poolvertrags und der Höhe der
Beteiligung des Gesellschafters abhängig. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen
werden, dass die Stellung als Poolpartner dazu führt, dass die Rolle eines beherr-
schenden Gesellschafters eingenommen wird.
Ein Gesellschafter hat eine beherrschende Stellung, wenn er auf Grund seiner Ge-
sellschafterposition den Abschluss eines Geschäftes erzwingen kann. Maßgebend ist
somit, ob der Gesellschafter auf Grund der aus seiner Gesellschafterposition fließen-
den Stimmrechte den entscheidenden Beschluss (dem die Geschäftsführung dann
folgt) durchsetzen kann.379 Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Gesellschafter
ein umfassender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht, sondern nur darauf, ob ein
376 So stellt sich etwa die Frage, ob die Stellung eines beherrschenden Gesellschafters durch die
Gesamtheit der zum Pool gehörenden Gesellschafter vermittelt wird. 377 Etwa i. S. d. Grundsätze zur vGA oder nach § 1 Abs. 2 AStG. 378 Etwa i. S. d. § 8c KStG. 379 Vgl. BFH v. 8.1.1969, I R 99/66, BStBl. II 1969I, 347, v. 1.2.1989, I R 73/85, BStBl. II 1989, 522.
solcher Einfluss auf den sachlich begrenzten Bereich besteht, der zur Entscheidung
steht und aus dem die mögliche verdeckte Gewinnausschüttung fließt.380 Über das
Vorliegen einer Beherrschung ist auf Grundlage der Stimmrechte, die die Beteili-
gung dem Gesellschafter gewährt, sowie der Mehrheitserfordernisse nach der Sat-
zung zu entscheiden.381Regelmäßig genügt für eine Beherrschung eine Beteiligung
von mehr als 50%382, während 50% es zwar ermöglichen, eine Entscheidung zu ver-
hindern, aber keine Mehrheit vermitteln. Maßgebend ist aber nicht die Fähigkeit, Be-
schlüsse zu verhindern (Sperrminorität), sondern die Fähigkeit, Beschlüsse durchzu-
setzen.383
Eine Zusammenrechnung von Stimmrechten aus den Anteilen verschiedener Ge-
sellschafter erfolgt, wenn diese Gesellschafter mit gleichgerichteten Interessen zu-
sammenwirken, um eine ihren Interessen entsprechende einheitliche Willensbildung
herbeizuführen.384 Das ist regelmäßig der Fall, wenn mehreren Gesellschaftern
gleichartige Vorteile zeitgleich gewährt werden und jeder der begünstigten Gesell-
schafter den ihm zukommenden Vermögensvorteil nur dadurch erlangen könnte,
dass der andere begünstigte Gesellschafter dem zustimmte.385 Dabei brauchen die
Vorteile für jeden Gesellschafter nicht vollständig identisch oder gleichwertig zu
sein.386 Entscheidend ist, dass jeder der Gesellschafter durch die Gesamtheit der
fraglichen Maßnahmen besser gestellt ist als ohne sie. Gleichgerichtete Interessen
mit der Folge der Zusammenrechnung der Stimmrechte für alle betroffenen Gesell-
schafter liegen auch vor, wenn ein Gesellschafter für sich allein schon beherrschen-
der Gesellschafter ist, trotzdem aber mit den anderen Gesellschaftern zusammen-
wirkt und ihnen vergleichbare Vorteile wie sich selbst zugesteht, um dem Vorwurf der
treuwidrigen Ausnutzung seiner beherrschenden Gesellschafterstellung zum Nachteil
der Mitgesellschafter zu entgehen.387
380 Vgl. BFH v. 21.7.1976, I R 223/74, BStBl. II 1976, 734. 381 Vgl. BFH v. 3.11.1976, I R 98/75, BStBl. II 1977 , 172. 382 Vgl. BFH v. 3.11.1976, I R 98/75, BStBl. II 1977, 172. 383 A. A. Hess. FG v. 12.8.1981, Xb 40/76, EFG 1982, 203. 384 Vgl. BFH v. 21.7.1976, I R 223/74, BStBl. II 1976, 734. 385 Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 7.5.2008, 12 K 8065/06 B, EFG 2008, 1408. 386 Vgl. BFH v. 11.12.1985, I R 223/82, BFH/NV 1986, 637, v. 25.5.1988, I R 107/84, BFH/NV
1989, 195, v. 10.3.1992, I R 51/92, BStBl. II 1993, 635. 387 Vgl. BFH v. 21.7.1976, I R 223/74, BStBl. II 1976, 734.
Dagegen liegen keine gleichgerichteten Interessen vor (mit der Folge, dass die
Beteiligungen nicht zusammenzurechnen sind), wenn ein Gesellschafter durch seine
Zustimmung zu der fraglichen Maßnahme der Gesellschaft zugunsten des anderen
Gesellschafters eine Benachteiligung in Kauf nimmt, die nicht anderweitig ausgegli-
chen wird. Ebenfalls keine gleichgerichteten Interessen liegen vor, wenn die Begüns-
tigung nur einem Gesellschafter zukommt.388Keine Zusammenrechnung kann erfol-
gen, wenn der Anteil des Gesellschafters, der durch die verdeckte Gewinnaus-
schüttung begünstigt sein soll, ein Zwerganteil ist.389 Dann fehlt es an einer dem
Gesellschafter selbst zuzurechnenden ausreichenden Basis für eine beherrschende
Stellung, die durch die Zusammenrechnung mit den Anteilen anderer Gesellschafter
nicht ersetzt werden kann. Einen Zwerganteil wird wohl bis 5% anzunehmen sein.390
Der BFH hat einen Anteil von 11,4%391 und von 10%392 nicht als Zwerganteil angese-
hen. Dem Inhaber eines Anteils, der kein Zwerganteil ist, kann jedoch durch Zusam-
menrechnung mit einem Zwerganteil eine beherrschende Stellung verschafft werden.
Bekanntlich gehen nach § 8c KStG die Verlustvorträge einer Körperschaft anteilig
bzw. ganz unter, wenn eine Person innerhalb von fünf Jahren mehr als 25% bzw.
50% der Anteile erwirbt. Hierbei wird auch ein Erwerb durch eine dem Erwerber na-
hestehende Person diesem zugerechnet und ein „vergleichbarer Sachverhalt“ miter-
fasst.393 Dies hätte zur Folge, dass möglicherweise bereits der Abschluss des
Poolvertrages zum Untergang der Verlustvorträge führt. Ferner wäre zu prüfen, ob
die kritischen Beteiligungsgrenzen für den Pool insgesamt überschritten werden,
auch wenn der Erwerb durch das einzelne Mitglied diese Grenzen nicht über-
schreitet. Sollte dies der Fall sein, würden rechtlich eindeutig – wenn auch verfas-
sungsrechtlich möglicherweise nicht unproblematisch – auch die gewer-
besteuerlichen Verlustvorträge sowie die Zins- und EBITDA-Vorträge für Zwecke der
388 Vgl. BFH v. 15.3.2000, I R 40/99, BStBl. II 2000, 504. 389 Vgl. BFH v. 29.7.1970, I R 24/69, BStBl. II 1970, 761, im Urteilsfall 1,13%. 390 Vgl. Frotscher, in: Frotscher, KStG, Anhang zu § 8 KStG, Rz. 138 (2/2002). 391 Vgl. BFH v. 28.4.1982, I R 51/76, BStBl. II 1982, 612. 392 Vgl. BFH v. 11.12.1985, I R 164/82, BStBl. II 1986, 469. 393 Vgl. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG.
Zinsschranke mit untergehen.394 Diese Positionen werden im Folgenden als Ab-
zugsbeträge bezeichnet. Damit haben diese Überlegungen nicht nur in Fällen Be-
deutung, in denen die Kapitalgesellschaft Verlustvorträge bzw. laufende Verluste
aufweist.
Die Frage, ob der Abschluss einer Poolvereinbarung dazu führt, dass die Poolpartner
als nahestehende Personen anzusehen sind, ist bisher wenig diskutiert. § 8c KStG
definiert den Begriff des „Nahe Stehens” nicht. In Tz. 25 des BMF-Schreibens vom
4.7.2008395 wird hierzu auf die zu verdeckten Gewinnausschüttungen ergangenen
Grundsätze in H 36 KStH 2006 abgestellt. Zur Begründung des „Nahe Stehens”
reicht jede rechtliche oder tatsächliche Beziehung zu einer anderen Person aus.
Nach H 36 KStH begründet jedwede Beziehung gesellschaftsrechtlicher, familien-
rechtlicher, schuldrechtlicher oder rein tatsächlicher Art ein „Nahe Stehen”. Fraglich
ist, ob dieser Verweis zutreffend ist oder ob infolge des Charakters von § 8c KStG
eher auf die – insoweit engere – Definition in § 1 Abs. 2 AStG396 abzustellen ist, auch
wenn das Gesetz hierauf nicht verweist.
Ergänzend stellt § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG auf eine Gruppe von Erwerbern mit
gleichgerichteten Interessen ab. Der Begriff der gleichgerichteten Interessen ist schil-
lernd, nicht zuletzt deshalb, weil er weder im § 8c KStG noch an anderer Stelle steu-
ergesetzlich definiert ist. Die Finanzverwaltung führt hierzu in Tz. 27 des BMF-
Schreibens vom 4.7.2008397 aus:
„Von einer Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen ist regelmä-ßig auszugehen, wenn eine Abstimmung zwischen den Erwerbern stattge-funden hat, wobei kein Vertrag vorliegen muss. Die Verfolgung eines ge-meinsamen Zwecks i. d. S. § 705 BGB reicht zur Begründung gleichge-richteter Interessen aus, ist aber nicht Voraussetzung. Die gleichgerichte-ten Interessen müssen sich nicht auf den Erhalt des Verlustvortrags der Körperschaft richten. Gleichgerichtete Interessen liegen z. B. vor, wenn mehrere Erwerber einer Körperschaft zur einheitlichen Willensbildung
394 Vgl. § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG und § 10a Satz 10 GewStG. 395 IV C 7-S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736. 396 Vgl. zu einer eingehenden Erläuterung Kaminski, in: Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1
AStG Rz. 318 ff. (Oktober 2011). 397 IV C 7-S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736.
zusammenwirken. Indiz gleichgerichteter Interessen ist auch die gemein-same Beherrschung der Körperschaft; vgl. H 36 KStH 2006(„Beherrschender Gesellschafter – gleichgerichtete Interessen“).“ (Hervorhebungen des Verfassers).
Es ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung beim Abschluss eines Poolvertrages
von gleichgerichteten Interessen ausgeht. Es ist m. E. fraglich, ob dies zutreffend ist.
Aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 8c KStG ergibt sich, dass nur solche
Fälle erfasst sein können, bei denen gleichgerichtete Interessen im Zusammenhang
mit der Anteilsübertragung bestehen. Dies ist jedoch beim Pool nicht der Fall.
Außerdem ist fraglich, ob die Begründung eines Pools als „vergleichbarer Sach-
verhalt“ i. S. v. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG anzusehen ist. Grundlage hierfür bildet die
Tz. 7 im BMF-Schreiben vom 4.7.2008398, die folgenden Wortlaut hat:
„Vergleichbare Sachverhalte können insbesondere sein:
Auch die Kombination verschiedener Sachverhalte kann insgesamt zu ei-nem schädlichen Beteiligungserwerb führen (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2003 – BStBl. II 2004, 468).“ (Hervorhebung des Verfassers).
Dies würde bedeuten, dass ein Poolvertrag dazu führt, dass die genannten Abzugs-
beträge – anteilig oder vollständig – untergehen, wenn die entsprechenden Quo-
ten überschritten werden. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen ein Pool-
partner alleine eine Beteiligung von mehr als 25% besitzt und sich an dem Pool nur
beteiligt, um dem anderen Poolpartner das Überschreiten der 25%-Grenze zu er-
möglichen. Hierbei ist zu beachten, dass es sich nach dem Wortlaut um eine Mög-
lichkeit („… können …“) für einen vergleichbaren Sachverhalt handelt. Folglich ist der
Untergang der Abzugsbeträge nicht zwingend. Aus der Praxis wird jedoch berichtet,
dass zumindest einige Finanzämter diese Regelung in dem Sinne anwenden, dass
398 IV C 7-S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, BStBl.I 2008, 736.
sie eine künftige Nutzung der Abzugsbeträge versagen.399 Die ganz h. M. im Schrift-
tum vertritt – zu Recht – eine abweichende Auffassung und geht davon aus, dass
der Abschluss eines Poolvertrages nicht als „vergleichbarer Sachverhalt“ zu qualifi-
zieren ist.400 Dies wird u. a. mit dem Wortlaut des Gesetzes, der Zielsetzung des Ge-
setzgebers, den andernfalls entstehenden praktischen Problemen, verfassungs-
rechtlichen Überlegungen, dem Sinn und Zweck der Regelungen, der unterschiedli-
chen Ausrichtung von ErbStG und KStG sowie dem verschiedenartigen Zielset-
zungen des Poolkonzepts und des § 8c KStG begründet. Rechtsprechung liegt hier-
zu bisher nicht vor.
Beratungshinweis:
Da der Wortlaut des Erlasses unklar ist („… können insbesondere …“),
sollte beim Vorliegen entsprechender vom Untergang gefährdeter Beträge
ein Antrag auf verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO gestellt werden.
Ferner müssen Mandanten auf das bestehende Risiko hingewiesen wer-
den. Dies empfiehlt sich auch in den Fällen, in denen die vom Untergang
bedrohten Beträge derzeit nicht vorliegen. Nicht auszuschließen ist, dass
sie später entstehen und dann Verfügungen innerhalb des Pools zu steu-
erlichen Nachteilen führen. Dies kann auch die Frage nach der Verantwor-
tung des steuerlichen Beraters auslösen.
Sollte der Poolvertrag als Außengesellschaft ausgestaltet werden, bei der die Pool-
partner ihre Anteile auf die Gesellschaft übertragen, erfüllt dies den Grundtatbestand
des § 8c KStG. Folglich gehen unter den dort genannten Voraussetzungen entspre-
chende Abzugsbeträge schon bei Errichtung des Pools unter.401
Beratungshinweis:
Aus Risiko- und Haftungsgründen sollten Mandanten auf die insoweit nicht
auszuschließende Qualifikation hingewiesen werden. Ferner sollten die
399 Vgl. z. B. Elicker/Zillmer, BB 2009, 2620 ff. oder Felten, DStR 2010, 1261 ff. 400 Vgl. z. B. Viskorf/Michel, DB 2007, 2564, Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 810, Honert/Obser, BB
strengeren Regelungen beachtet werden, wie sie für Vereinbarungen zwi-
schen der Gesellschaft und einem beherrschenden Gesellschafter ver-
langt werden.402
Es kann sich u. U. für den Steuerpflichtigen auch als vorteilhaft erweisen, wenn die
Anteile des Pools zusammengefasst werden. Dies kann etwa dazu führen, dass ei-
nem Gesellschafter die Möglichkeit eröffnet wird, sich auf die Ausnahmeregelung des
§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG berufen zu können, um so den Regelungen der Abgeltungs-
teuer und dem hiermit verbundenen Verbot des Abzugs von Werbungskosten403 zu
entgehen.
4.5 Aktuelle Entwicklungen bei der Anerkennung von schuldrechtli-
chen Verträgen
Im Rahmen von Nachfolgeplanungen besteht häufig ein Teil der Regelungen darin,
schuldrechtliche Verträge zwischen den künftigen Erben und der (Alt-)Gesellschaft
oder den bisherigen Gesellschaftern und dem Unternehmen zu schließen. Dies kann
z. B. erforderlich sein, um dem Unternehmen zusätzliches Kapital zur Verfügung zu
stellen oder den Gesellschaftern eine zusätzliche Einkunftsquelle zu vermitteln. Dies
gilt speziell, wenn der bisher alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer um weitere Ge-
sellschafts-Geschäftsführer ergänzt wird, und deshalb die Notwendigkeit entsteht,
eine Verringerung der Vergütung vorzunehmen, um eine Qualifikation als vGA zu
vermeiden.404
Vor diesem Hintergrund ist besonders auf das BMF-Schreiben vom 23.12.2010405
zu verweisen. Dieses ist zwar speziell zur steuerlichen Anerkennung von Darlehens-
verträgen ergangen, doch bilden die darin enthaltenen Regelungen verallgemeiner-
402 Vgl. zu deren Abgrenzung z. B. Kaminski/Strunk, Einfluss von Steuern auf unternehmerische
Entscheidungen, 2. Aufl., Wiesbaden 2012, 62 ff. 403 Vgl. § 20 Abs. 9 EStG. 404 Vgl. hierzu nochmals die Ausführungen unter a) auf S. 61 ff. 405 IV C 6 – S 2144/07/10004, BStBl. I 2011, 37.
bare Grundsätze. Es ist davon auszugehen, dass die FinVerw. deren Beachtung
auch bei anderen schuldrechtlichen Verträgen verlangen wird.
Eine Anerkennung dem Grunde nach setzt eine zivilrechtliche Wirksamkeit und
tatsächliche Durchführung entsprechend der Vereinbarung voraus. Hierbei ist –
sofern Minderjährige beteiligt sind – insbesondere zu prüfen, ob die Bestellung eines
Vormundes oder eines Ergänzungspflegers für das Kind erforderlich ist. Diese Frage
ist sehr sorgfältig zu prüfen, weil die FinVerw. sehr formalistisch vorgeht, und Fehler
in diesem Bereich häufig dazu führen, dass die Vereinbarung als Ganzes in Frage
gestellt wird. Allerdings wird auch in dem BMF-Schreiben darauf hingewiesen, dass
die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse nicht alleine und ausnahmslos
dazu führt, dass Vertragsverhältnisse steuerrechtlich nicht anzuerkennen seien. Al-
lerdings sei die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Darlehensvertrages ein besonderes
Indiz gegen den vertraglichen Bindungswillen der Vertragsbeteiligten, das zur Versa-
gung der steuerrechtlichen Anerkennung führen kann. Diese Auffassung steht in
Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.406
Die Rechtsprechung verlangt die Bestellung eines Ergänzungspflegers und/oder
eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die steuerliche Anerkennung
immer dann, wenn sie auch für die zivilrechtliche Wirksamkeit Voraussetzung sind.407
Die folgende Übersicht fasst die wesentlichen Anwendungsfälle zusammen:
Bestellung eines Ergänzungspflegers
Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung
Vornahme von Rechtsgeschäften mit sich selbst im Namen des Ver-tretenen (§ 181 BGB)
Vertretung des Kindes durch Vater und Mutter, soweit nach § 1795 BGB (s. u.) ein Vormund von der Vertretung ausgeschlossen ist (§
Genehmigungspflicht für die Ver-tretung des Kindes durch die El-tern, bei denen ein Vormund nach § 1821 oder § 1822 Nr. 1, 3, 4, 8 bis 11 BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf (§ 1643 BGB)
406 Vgl. BFH v. 22.2.2007, IX R 45/06, BStBl.II2011, 20 und v. 12.5.2009, IX R 46/08, BStBl. II
2011, 24. 407 St. Rspr. vgl. z. B. BFH v. 21.10.1989, IX R 216/84, BStBl. II 1992, 506 (zum Nießbrauch) und
v. 23.6.1976, I R 140/75, BStBl. II 1977, 78 (zur Schenkung mit Darlehensauflage).
Ausschluss der Vertretung in den in § 1795 BGB genannten Fällen (ins-besondere bei Rechtsgeschäften zwischen dem Mündel einerseits und dem Ehegatten bzw. Verwand-ten gerader Linie des Vormunds andererseits und bei besonders ge-sicherten Forderungen des Mündels gegenüber dem Vormund)
in den Fällen der Ergänzungspflegs-chaft nach Maßgabe des § 1909 BGB
Vornahme von Grundstücks-geschäften i. S. d. § 1821 BGB durch den Vormund
Vornahme eines im § 1822 BGB genannten Rechtsgeschäfts durch den Vormund
Außerdem ist darauf zu achten, dass eine Trennung der Vermögens- und Ein-
kunftssphären der vertragsschließenden Angehörigen erfolgt. Hierbei ist insbeson-
dere darauf hinzuwirken, dass die Zahlungen nicht den Charakter von Unterhaltsleis-
tungen oder Entschädigungen für den Verzicht auf bestimmte erbrechtliche Ansprü-
che darstellen. Ferner dürfen diese Zahlungen nicht den Charakter von Schen-
kungen haben, weil sonst die Gefahr besteht, dass die FinVerw. neben der vGA
auch eine Schenkung des Gesellschafters an seinen Angehörigen vornimmt.408
Außerdem müssen die Verträge zwischen Angehörigen dem Fremdvergleich genü-
gen. Hierfür benennt die FinVerw. als Vergleichsmaßstab die Vertragsgestaltungen
zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten. Vor diesem Hintergrund sind die
folgenden wesentlichen Vertragsinhalte vorzusehen:
Vereinbarung über Laufzeit,
Art und Zeit der Rückzahlung,
Entrichtung der Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten und
ausreichende Besicherung. Hierfür werden bankübliche Sicherheiten verlangt,
also insbesondere eine dingliche Absicherung durch Hypothek oder Grund-
schuld. Bei anderen Sicherheiten (wie Bankbürgschaften, Sicherungsübereig-
nung von Wirtschaftsgütern, Forderungsabtretungen sowie Schuldmitübernah- 408 Vgl. hierzu eingehend auf S. 121ff.
In folgenden Fällen besteht eine vom Steuerpflichtigen widerlegbare Vermutung der
Abhängigkeit:
Vereinbarungsdarlehen nach § 607 Abs. 2 BGB411,
Darlehenskündigung nur mit Zustimmung des Schenkers und
Zulässigkeit von Entnahmen durch den Beschenkten zu Lasten des Darlehens-
kontos nur mit Zustimmung des Schenkers.
Beratungshinweis:
Es sollte sehr genau auf die im BMF-Schreiben vom 23.12.2010412 ge-
nannten Kriterien geachtet werden. Schließlich lösen die als widerlegbar
bezeichneten Fälle praktisch eine Umkehr der Beweislast aus. Hiermit
ist der Nachteil verbunden, dass erst im Rahmen einer zukünftigen Be-
triebsprüfung entschieden wird, ob die eigene Argumentation zur Widerle-
gung dieser Vermutung ihr Ziel erreicht. Da dies etliche Jahre nach Ver-
wirklichung des Sachverhalts geschieht, ist hiermit für den Steuerpflichti-
gen ein nicht unerhebliches Planungs- und Zinsrisiko verbunden.
In Rz. 14 des Schreibens werden die Anforderungen für eine Widerlegung der Ver-
mutung benannt. Danach muss die Schenkung und das Darlehen sachlich und zeit-
lich unabhängig voneinander vereinbart worden sein. Außerdem muss die Schen-
kung zivilrechtlich wirksam sein. Ferner muss der Schenkende „endgültig, tatsächlich
und rechtlich entreichert und der Empfänger entsprechend bereichert sein“. Hinge-
411 Hierbei handelt es sich um Darlehen, bei dem nicht eine bestimmte Geldsumme zur Auszah-
lung kommt, sondern bei der eine bereits bestehende Geldschuld, z. B. aus Kauf, Miete oder einer anderen schuldrechtlichen Vereinbarung, in eine Darlehensschuld umgewandelt wird. Durch die Schuldrechtsreform wurde die Regelung in § 607 Abs. 2 BGB gestrichen. Ein Verein-barungsdarlehen ist jedoch aufgrund der Privatautonomie weiterhin möglich.
412 IV C 6-S 2144/07/10004, 2010/0862046, BStBl. I 2011, 37.
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