Ein Beitrag zur Komplettierung der Ballaststoffanalyse: Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss resistenter Stärke in der enzymatisch-gravimetrischen Ballaststoffanalyse H. Themeier, J. Hollmann, U. Neese and M.G. Lindhauer Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
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Ein Beitrag zur Komplettierung der Ballaststoffanalyse:Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss resistenter Stärke in der enzymatisch-gravimetrischenBallaststoffanalyse
H. Themeier, J. Hollmann, U. Neese and M.G. Lindhauer
Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Gliederung
1. Resistente Stärke als Teil des Ballaststoffkomplexes
2. Resistente Stärke als analytisches Problem in enzymatischen Bestimmungsmethoden
3. Lösungsansätze zur Komplettierung der Ballaststoffanalytik - MikrowelleninduzierterDruckaufschluss
4. Ergebnisse und Diskussion
1. Der “Ballaststoffkomplex“
Resistente Stärke als Teil des Ballaststoffkomplexes
Ballaststoffe bestehen aus den Rückständen pflanzlicherZellwandbestandteile, Polysaccharide, Lignin und assoziierter Substanzen, die vom menschlichen Verdauungssystem (Magen/ Dünndarm) nicht hydrolysiert werden.
Definition von Ballaststoffen II:
Analytische Definition
Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren LFGB §64 (LMBG §35) Methode 00.0018
Unter dem Ballaststoffgehalt [...] wird der nach dem hier beschriebenen Verfahren ermittelte Anteil an organischen Bestandteilen verstanden, der von den eingesetztenEnzymen unter den Bedingungen der Analyse nichthydrolysiert wird. [...] Es handelt sich dabei vor allem um lösliche und unlösliche Nichtstärke-Polysaccharide(Cellulose, Hemicellulose, Pektinstoffe, Hydrokolloide) sowie Resistente Stärke und Lignin.
Das Phänomen Resistente Stärke
RS Typ I Physikalisch nicht zugängliche Stärke (teilvermahlte Körner und Pflanzenbestandteilen)
RS Typ II Native, granuläre Stärke mit hoher Kristallinität/Polymorphtyp B dominierend(Bananen, Erbsen, hochamylotische Maisstärke)
RS Typ III Durch Retrogradation (verkleisterter Stärke) generiertes partielles hochkristallines Netzwerk (gekochte Bohnen, Erbsen, altbackenes Brot)
RS Typ IV Thermisch oder chemisch modifizierte Stärken(z.B. Hydroxypropylstärken))
Partikelgrößen-verteilung
Kornschädigung
RS inAOAC 991.43
Amylose/Amylopektin
KristallinerStrukturtyp
Molekularmassen-verteilung
physikalischeIsolierung/Wandeffekte
Enzymatische/Hemmeffekte
Isolierungs- /Verarbeitungs-bedingungen
Einflußfaktoren für das Vorliegen Resistenter Stärke innerhalb enzymatischer Abbaureaktionen
Einfluß des Amylosegehaltes auf RS Type II (AOAC 2002.02)von Erbsenstärken
R2 = 0,9406
0
5
10
15
20
25
20 30 40 50 60 70 80Amylosegehalt [%]
Res
iste
nte
Stä
rke
[%]
SEM / Polarisationsmikroskopische Aufnahmen Erbsenstärke
Morphologische Daten: Erbsenstärke
Amylose: 30 - 34 %
Stärke-schädigung: << 1%
Polymorph- 60 - 80 % A-Type Typ: 20 - 40 % B-Type
Median Partikelgröße: 21 - 22 μm
Verkleisterungs-enthalpie: 11 - 12 J g-1
Resistente Stärke: 11,4%
Hochkristalline Bereiche granulärer Stärken oder Rekristallisations-Effekte retrogradierter Stärken sind hauptverantwortlich für RS-Phänomene
Niedrigamylotische Erbsenstärke mit erhöhtem Anteil resistenter Stärke
SEM / Polarisationsmikroskopische Aufnahmen Erbsenstärke
Morphologische Daten: Erbsenstärke
Amylose: 20.7 %
Stärke-schädigung: << 1 %
Polymorph 80 % A-Type Typ 20 % B-Type
Median Partikelgröße: 16.1 μm
Verkleisterungs-enthalpie: 13.4 J g-1
Resistente Stärke 16,4 %
2. Resistente Stärke ein analytisches Problem ?
Einfluß des Amylosegehaltes auf erfassbare RS-Anteile in der enzymatisch-gravimetrischen TDF-Analyse(AOAC 991.43) von Erbsenstärke
Folge des Phänomens “Resistente Stärke“ in analytischen Bestimmungsmethoden unter Verwendung AA/AMG
Die Sonderrolle der resistenten Stärke (RS)in der enzymatisch-gravimetrischen TDF-Analytik
In allen Probenmaterialien bei denen RS nicht als Minorkomponente vorkommt, läßt sich mit enzymatisch -gravimetrischen Bestimmungsmethoden kein exakter Ballaststoffgehalt quantifizieren, da die RS hierbeinur partiell miterfasst wird.
Eine Quantifizierung und Ausweisung der RS durch Separatbestimmungsmethoden ist zwar möglich, aber der enzymatisch-gravimetrisch ermittelte Ballaststoffgehaltläßt sich nicht inkremental korrigieren.
Vergleich ermittelter RS-Gehalte (AOAC 2002.02) mit Werten der enzymatisch-gravimetrischenTDF-Analyse (AOAC 991.43/Standard) von niedrig-amylotischen Stärken
Stärkeart Starch[%]
Protein[%]
MS[%]
Amylose[%]
RS[%]
TDF[%]
Mais 98.6 0.25 0.05 7.6 0.5 1.5
Mais 97.8 0.33 0.10 32.3 0.7 1.7
Weizen 99.6 n.d. n.d. 30.2 0.3 0.2
Weizen 95.6 (97.8) 0.39 0.18 33.7 0.2 1.0
Reis 99.5 n.d. n.d. 31.1 0.2 0.3
Erbse 94.5 (97.8) 0.22 0.05 31.8 11.2 2.7
Erbse 92.0 (97.6) 0.24 0.03 30.1 11.4 1.6
Vergleich ermittelter RS-Gehalte (AOAC 2002.02) mit Werten der enzymatisch-gravimetrischenTDF-Analyse (AOAC 991.43/Standard) von hoch-amylotischen Stärken
Stärkeart Stärke[%]
Protein[%]
MS[%]
Amylose[%]
RS[%]
TDF[%]
Erbse 95.4 0.50 0.16 62.5 18.7 12.0
Erbse 95.5 0.43 0.12 62.5 18.0 11.6
Erbse 97.4 0.67 0.25 70.6 18.4 12.8
Mais 99.0 0.73 0.13 66.5 54.4 17.2
Mais 95.4 0.75 0.09 65.8 49.1 17.5
3. Lösungsansätze
?ProbeRS + TDF
Vollständige Mitterfassungder RS innerhalb derTDF-Methode AOAC 991.43
Vollständige Eliminierung der RSInnerhalb der TDF-MethodeAOAC 991.43
Änderung der Inkubations-bedingungen entsprechendden physiologischen Be-dingungen der RS-BestimmungAOAC 2002.02
DMSO-AufschlussMcCleary, Rossiter 2004
Lösungsansätze zur Komplettierung der enzymatisch-gravimetrischen BallaststoffanalytikMethode AOAC 991.43 (985.29)
KOH-Aufschluss
Mikrowellenaufschluss ?
Stärkebereiche mit kristallinen Strukturen (Bsp. Polymorphtyp B und V)
Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss
Lassen sich enzymresistente hochkristalline Bereiche in Stärken effektiv durch Mikrowellenbestrahlung destrukturieren und somit einem vollständigen enzymatischen Abbau zugänglich machen?
DMSO-Aufschluß in der enzymatischen Stärkebstimmung(AOAC 996.11)
80
85
90
95
100
0 200 400 600
Bestrahlungszeit [s]
Stär
kege
halt
[%]
P = 600 W
Hochamylose Maisstärkeamylogel 03003
Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss in der enzymatischenStärkebestimmung (AOAC 996.119)Einfluß der Bestrahlungszeit auf die erfassbare Gesamtstärkemenge
Mais-stärke03402
Mais-stärke39
Mais-stärkeamylogel
Erbsen-stärke16
Erbsen-stärkeTRISTAR
Cellulose
Protein [%] 0,38 0,75 0,15 0,43 0,5 -
Asche [%] 0,07 0,09 0,79 0,12 0,16 -
Lipide [%] 0,14 0,50 0,50 0,49 0,21 -
Amylose [%] 26,9 65,8 ~70 62,5 62,5 -
Resistente Stärke [%]
0,6 49,1 47,0 18,0 18,7 -
GesamtstärkeAA/AMG[%]
91,8 87,2 84,5 89,5 88,1 -
GesamtstärkeDMSO/AA/AMG[%]
94,4 95,4 94,7 95,5 95,4 -
GesamtstärkeMikrowelle/AA/AMG [%]
94,6 96,4 98,5 96,3 92,3 0,1
Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss in der enzymatischenStärkebestimmung (AOAC 996.11)
Aufschlußgefäße für Mikrowellenversuche zur Modifizierung der TDF-Analyse
Bola-Hydrolysier- und Aufschlussgefäß A 240
Fluor-Kunststoff PTFE
V = 100 ml
Berstscheibe < 20 bar
Inneres Reaktionsgefäß für dieTDF-Analyse
L= 116 mm, D = 29/32
V = 70 ml
Verkleinerung des Aufschluss-Volumens. Ermöglichungmehrerer Aufschlüssehintereinander
Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss im Vergleich zum DMSO-Aufschlussin der enzymatisch-gravimetrischen TDF-Analyse (AOAC 991.43)
RS-TDFModell-Mischung10:1
TDF[%]berechnet
TDF[%]StandardAOAC 991.43
TDF[%]Mikrowelle600 Watt2x3 min
TDF[%]Mikrowelle480 Watt2x3 min
Maisstärke03402/Cellulose
9,8 10,5 10,9 10,9
Maisstärke03402/Arabinoxylan
9,6 11,9 9,8 10,0
Maisstärke03402/ß-Glucan
9,5 11,9 9,8 10,3
Maisstärke03402/Pectin
9,1 9,5 8,1 8,7
Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss in der enzymatisch-gravimetrischen TDF-Analyse (AOAC 991.43)
RS-TDFModell-Mischung10:1
TDF[%]berechnetmit RS
TDF[%]AOAC 991.43Standard
TDF[%]berechnetohne RS
TDF[%]AOAC 991.43DMSO
TDF[%]AOAC 991.43Mikrowelle1
MaisstärkeAmylogel/Cellulose
28,1 27,4 9,9 9,8 10,5
MaisstärkeAmylogel/Arabinoxylan
27,9 23,9 9,7 10,7 9,5
MaisstärkeAmylogel/ß-Glucan
27,8 25,2 9,6 10,3 9,7
MaisstärkeAmylogel/Pectin
27,4 25,3 9,2 14,8 9,3
Cellulose/Pectin
98,6 99,1 98,6 110,8 104,6
1 P = 600 Watt, t = 2x3 min
Mikrowelleninduzierter Druckaufschluss in der enzymatisch-Gravimetrischen TDF-Analyse (AOAC 991.43)
Zusammenfassung
RS Typ II läßt sich durch einen Mikrowellenaufschluss vollständig destrukturieren, kolloidal in Lösung bringen und enzymatisch abbauen
Bei Vorliegen hochamylotischer Stärken in der enzymatischenStärkebestimmung (AOAC 996.11) kann der bisher erforderliche DMSO-Aufschluss durch ein Mikrowellenaufschluss ersetzt werden
In der enzymatisch-gravimetrischen TDF-Bestimmung (AOAC 991.43) lassen sich resistente Stärkefraktionen (Typ II) ebenfalls durch einen Mikrowellenaufschluss auch bei Vorliegen traditioneller Ballaststoffkomponenten weitgehend eliminieren;Hierdurch können analytisch ermittelte TDF-Werte entsprechend physiologischen Definitionen besser angepasst werden
Ausblick
Untersuchung von TDF-Fraktionen und Resistenter Stärke inkomplexen Lebensmitteln
Einfluss von Mikrowellenbestrahlung und DMSO-Aufschluß unterBerücksichtigung von Matrixeffekten
Untersuchung zur Pektinstabilität unter Berücksichtigung von Temperatur und Druck
Untersuchungen zur Kombination der Methoden AOAC 991.43 (TDF)und AOAC 2001.03 (RS) zur kompletten Erfassung der RS unterBerücksichtigung von Matrixefekten
“Aktuelle Codex-Diskussionen“
Codex-Komitee für Ernährung und diätische Lebensmittel
1. “A source element identifying that dietary fibre is an intrinsic component of food groups“
2. “A chemical element identifying the component to bemeasured“
Vorschlag:
“Dietary fibre consists of intrinsic plant cell wallpolysaccharides“