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Eigengruppenprojektionsmodell:
Empirische Belege und kritische
Beleuchtung
Alexander MüllerMatrikelNr.: 3265725Studiengang: Lehramt Gymnasium Mathematik / EnglischEMail: [email protected]dresden.de
Empirische Belege..............................................................................................................................6Hauptaussagen des IPM...............................................................................................................6Duale Identifikation .....................................................................................................................7Rolle der Inklusion........................................................................................................................7
Diskussion..................................................................................................................................9Repräsentation der übergeordneten Kategorie.......................................................................10
Diskussion.........................................................................................................................................12Vergleich CIIM und IPM............................................................................................................13Kritik des IPM..............................................................................................................................14
Intergruppenbegegnung.........................................................................................................16Beispiel Computernutzer: Linux- vs. Windowsnutzer......................................................16Weitere Beispiele....................................................................................................................19
Einer der Gründe für diesen Sonderfall ist sicherlich, dass der Computer für Linuxnutzer viel
mehr als nur ein Mittel zum Zweck ist, oft repräsentiert er auch eine gewisse Ideologie und
Lebenseinstellung: Linuxsysteme und die dazugehörigen Anwendungen sind meist freie, offene
Software, dass heißt jeder kann ohne Einschränkung den Quelltext einsehen, ändern und
weitergeben.
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Da diese Software meist in einer Gemeinschaft von Freiwilligen entwickelt wird, sind die
Projekte von Natur aus offen für Neuzugänge, egal aus welchem Hintergrund. Dies verhindert
direkt die Entwicklung einer negativen Attitüde gegenüber einer bestimmten Gruppe von
Computernutzern, da Freiwillige nicht „gezwungen“ werden können―die einzigen
überzeugenden Argumente somit die positive Attitüde und die Wertschätzung der Arbeit. In dem
sehr einflussreichen Aufsatz „The cathedral and the bazaar“ (1999) von Eric S. Raymond wird im
Kapittel „The Social Context of Open-Source Software“ sogar behauptet, dass Linux selbst das
erste Projekt gewesen sei, welches wissentlich und erfolgreich die gesamte Welt als Talentepool
nutzte. Dahinter steht der Grundgedanke von Open Source, dass ein gemeinsames Projekt nur
dann erfolgreich sein kann, wenn auch eine große Anzahl von Nutzern darin nach Fehlern sucht
und so dabei hilft, die Software ständig zu verbessern.
Außerdem wird bei den meisten Projekten hoher Wert auf das Prinzip der Barrierefreiheit
gelegt, welches es regelrecht verbietet, eine Fremdgruppe von der Nutzung auszuschließen, so
dass nach Möglichkeit plattformunabhängige Anwendungen entwickelt werden. Ein brillantes
Beispiel ist der Internetbrowser Mozilla Firefox, ein Open-Source-Projekt, das mittlerweile auch
unter Windowsnutzern sehr beliebt ist. Die erste Version ist zwar 2002 von Dave Hyatt und
Blake Ross entwickelt worden, damals beide bei Netscape Communications angestellt, aber ohne
die Mitarbeit und Unterstützung der Gemeinde der Linuxnutzer wäre das Projekt heute nicht da,
wo es ist.
Einen Hinweis darauf, dass es auch in dieser Domäne Belege für das
Eigengruppenprojektionsmodell gibt, könnte das Auftauchen der Kategorie „Geek“ (engl.:
umgangssprachlich für Computerbesessene/r) sein, mit der sich eine große Zahl der Linuxnutzer
wohl eher identifiziert als mit der Kategorie „Computernutzer“. Diese neue Kategorie definiert
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sich vor allem durch Technikliebe und Spaß am herumprobieren, sie kann Benutzer aller
Betriebssysteme beinhalten, aber als prototypisch gilt sicher der Linuxnutzer.
Weitere Beispiele
Ein weiterer Spezialfall sind Intergruppenbeziehungen, bei denen es einen großen
Unterschied in der Mitgliederzahl der zu vergleichenden Gruppen gibt. Gemeint sind Systeme
mit Minderheiten oder Außenseitern, die sicherlich einen Sonderfall darstellen: Man kann hier
der größeren Gruppe gar nicht absprechen, dass sie für die übergeordnete Kategorie prototypisch
ist, und natürlich wird deswegen auch eine Projektion des Eigengruppenprototyps auf die
übergeordnete Kategorie stattfinden―das Interessante ist nur, dass damit nicht
notwendigerweise eine Abwertung der Minderheit einhergeht. Es handelt sich viel mehr um eine
Ignoranz der Existenz und um einen Ausschluss der Minderheit aus der übergeordneten
Kategorie. Mit dieser Form der Diskriminierung geht auch, wie bereits im Abschnitt „Rolle der
Inklusion“ besprochen, ein Ausschluss von Rechten, Privilegien und Ressourcen einher. Als
Beispiel sei hier das Volk der Sorben genannt, die zwar in Deutschland offiziell als Minderheit
anerkannt sind aber trotzdem von einer Vielzahl deutscher nicht ernst genommen werden.
Ich möchte außerdem noch auf die Kategorie „Studenten“ eingehen, da ich durch meine
Fächerkombination Mathematik und Englisch Einblick in zwei grundverschiedene Fachbereiche
habe. Ich denke, dass die übergeordnete Kategorie „Student“ gar nicht so sehr von den studierten
Fächern abhängt, sondern viel mehr mit der Einstellung zum Studium und seinen Implikationen
zusammenhängt.
Einige Gründe für die unterschiedliche Bewertung anderer Studentengruppen lassen sich mit
Eigengruppenprojektion erklären, zum Beispiel: Der unterschiedliche Arbeitsaufwand
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verschiedener Studiengänge wird immer wieder als Grund für eine Abwertung herangezogen,
vor allem in der Variante, in der ein Studium nicht als „vollwertig“ gilt, wenn die Anzahl der
Prüfungen am Ende des Semesters unter der Anzahl der eigenen Prüfungen liegt (Neid spielt
dabei sicherlich auch eine Rolle). Des Weiteren werden oft unterschiedliche Jobchancen und
damit verbundene Bildungsansichten angeführt; Studenten der Geisteswissenschaften werden oft
beschuldigt, „ihre Zeit zu vertrödeln“ und dass ihre Ausbildung Geld koste, welches sie der
Gesellschaft nie „zurückzahlen“. Auf der anderen Seite werden Studenten der
Ingenieurswissenschaften oft beschuldigt, mit „Scheuklappen“ zu studieren und nur auf den
späteren Gewinn aus zu sein, ohne die gesellschaftliche Tragweite einschätzen zu können.
Andererseits kann die Einstellung zu einer Studentengruppe zusätzlich von anderen Faktoren
beeinflusst werden. Eine negative Einstellung gegenüber einer studentischen Fremdgruppe kann
etwa aus einer persönlichen Abneigung gegenüber dem Fachbereich herrühren, die auf deren
Studenten übertragen wird.
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Schluss
Obwohl das Eigengruppenprojektionsmodell sehr neu ist und noch relativ wenige Studien
dazu existieren, kann man sagen, dass es theoretisch fundiert und in der Praxis sehr gut
anwendbar ist. Es ist von hoher Bedeutung für Intergruppenbeziehungen, da es Bedingungen
aufzeigt, unter denen Fremdgruppenunterschiede positiv bewertet werden und es ermöglicht so
die gezielte Förderung von Intergruppentoleranz.
Es wäre sicherlich interessant, das Modell noch in einigen weitere Forschungsansätzen zu
betrachten, etwa ob eine Eigengruppenprojektionen auch bei fiktiven übergeordneten Kategorien
oder fiktiven Fremdgruppen auftritt, oder ob die Größe der betrachteten Gruppen einen Einfluss
auf den Prozess hat.
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Selbständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die Seminararbeit selbständig verfasst habe und keine anderen
als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen der Arbeit, die wörtlich
oder sinngemäß aus Veröffentlichungen oder aus anderweitigen fremden Äußerungen
entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Ferner erkläre ich, dass die Arbeit noch
nicht in einem anderen Studiengang als Prüfungsleistung verwendet wurde.
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