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Nur was sich ändert, bleibt! Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der Zeit 1869 - 2002 Christian Pech Wien 2002
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Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Nov 29, 2021

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Page 1: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Nur was sich ändert, bleibt!

Die österreichische Parlamentsbibliothek

im Wandel der Zeit

1869 - 2002

Christian Pech Wien 2002

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Impressum:

Medieninhaber (Verleger): Parlamentsdirektion, Dr. Karl Renner-Ring 3,

1017 Wien, www.parlament.gv.at

Lektorat/Redaktion Parlamentsbibliothek: Dr. Elisabeth Dietrich-Schulz

www.parlament.gv.at:3000 (Parlamentsbibliothek)

Lektorat/Redaktion Abt. Information und Publikation: Mag. Barbara Blümel

Hersteller: Parlamentsdirektion – Hausdruckerei,

Druckerei Edelbacher (Titelblatt)

Titelblattgestaltung: Mag. Bernhard Kollmann, www.kollmanndesign.at

ISBN 3-901991-05-0

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Geleitwort Nicht immer muss ein runder Geburtstag Anlass für die Herausgabe einer Festschrift

sein. Schon länger hatte die jetzige Direktorin der Bibliothek, Dr. Elisabeth Dietrich-

Schulz, die Idee, sich eingehender mit der Geschichte der österreichischen Parlaments-

bibliothek zu befassen. Aus diesem Grund wurden viele Dokumente zusammengetragen.

Christian Pech, Student der Politikwissenschaft, war ursprünglich angetreten, diese

Sammlung im Zuge seines Praktikums zu sichten und zu ordnen. Diese Arbeit weckte

nicht nur seine Neugierde, sondern wurde zur Zeitreise vom 19. bis zum 21. Jahrhun-

dert. Am 11. Mai 2002 feierte die Parlamentsbibliothek ihren 133. Geburtstag – und erstmals liegt nun eine Gesamtdarstellung ihrer Geschichte von 1869 bis 2002 vor.

Die wechselvolle Geschichte der Bibliothek und ihrer Bibliothekare und Bibliothekarinnen

macht dieses Buch zu einer spannenden Lektüre. Nicht nur weil genau auf die bibliothe-

karische Entwicklung eingegangen wird, sondern auch weil polit ische und historische

Zusammenhänge vermittelt werden. Seien es die ausführlichen biographischen Skizzen

zu Siegfried Lipiner und Karl Renner oder die Kapitel „Personalhoheit und Amtseid“

sowie „Mediengesetz“. Besonders deutlich wird die stete Fortentwicklung der Bibliothek

hin zu einer Informationsplattform, die Wissen in vielfältiger Weise speichert und abruf-

bar macht.

Diese Darstellung ist ein wichtiger Baustein der Geschichte der österreichischen Parla-

mentsverwaltung. Ich hoffe, dass sie hilft, das Verständnis für die Aufgaben einer Parla-mentbibliothek zu vertiefen und wünsche der Publikation in diesem Sinn eine möglichst

weite Verbreitung.

Wien, im September 2002

Dr. Heinz Fischer

Präsident des Nationalrates

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Inhalt

VORWORT 7

I. EINLEITUNG 9

II. VON DER BÜCHERSAMMLUNG DES STAATSRATES ZUR BIBLIOTHEK DER VOLKSVERTRETUNG 13

1. Die Bibliothek des Staatsrates unter Franz J. Koch (1869 - 1870) 13 2. Die Reichsratsbibliothek unter der Leitung von

Dr. Johann Vincenz Goehlert (1870 – 1876) 16 3. Der provisorische Leiter der Bibliothek

Johann Freiherr von Päumann (1876 – 1881) 20 4. Jahre der Kontinuität unter der Leitung von

Dr. Siegfried Lipiner (1881 – 1911) 23 5. Die Zeit um den Ersten Weltkrieg unter

Dr. Johann Ladislaus Merklas (1912 – 1924) 52 6. Die Zwischenkriegszeit unter Dr. Ernst Lemm (1925 – 1933) 58 7. Die Parlamentsbibliothek unter der Leitung von

Dr. Richard Fuchs (1933 - 1942) 59 8. Die Rettung der Bibliothek durch Dr. Hilda Rothe (1942 – 1945) 62 9. Der Wiederaufbau der Bibliothek unter der Leitung von

Dr. Gustav Blenk (1946 - 1957) 64 10. Die Bibliothekserweiterung unter Dr. Michael Stickler (1958 – 1974) 67 11. Geschichtsforschung unter Dr. Theodor Stöhr (1975 – 1991) 71 12. Der Einstieg in das Computerzeitalter unter der Leitung von

Dr. Elisabeth Dietrich-Schulz (seit 1992) 77

III. FOTOANHANG 85

IV. ZAHLEN, DATEN, FAKTEN 133

1. Buchbestand und Entlehnungen 133 2. Zeittafel der Direktoren 135 3. Publikationen der Leiter der Parlamentsbibliothek 136

V. GLOSSAR 142

VI. WEITERFÜHRENDES LITERATURVERZEICHNIS 144

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Vorwort

Nicht nur architektonisch ist die österreichische Parlamentsbibliothek ein Juwel - sie be-

findet sich in dem nach Plänen von Theophil Hansen errichteten Parlaments-Prachtbau

an der Wiener Ringstraße - sondern auch und vor allem eine Schatzkammer an Büchern

und anderen Medien für alle an der parlamentarischen Arbeit Interessierten.

Das Forschen in der Parlamentsbibliothek für die vorliegende Studie stellte für mich ein

großes Vergnügen dar, nicht zuletzt aufgrund der freundlichen Aufnahme durch das ge-

samte Bibliotheksteam.

Besonderer Dank gebührt der Direktorin der Parlamentsbibliothek, Dr. Elisabeth Dietrich-

Schulz, ohne deren Idee und aufopferungsvollen Einsatz diese Arbeit undenkbar gewe-

sen wäre. Durch ihre permanente Hilfe wurden mir viele Türen geöffnet, die mir sonst verschlossen geblieben wären. Für Ihre große Unterstützung beim Erscheinen dieses

Buches danke ich auch Mag. Barbara Blümel, die zahlreiche Ideen eingebracht hat.

Bei allen, die meine Arbeit während der Entstehungsphase oft mehrmals gelesen und

mir so wichtige Anregungen und Hinweise gegeben haben, möchte ich mich herzlich

bedanken, namentlich bei DDDr. Hellmut Lösch, Dr. Karl Megner, Dr. Sieglinde Osiebe,

Christine Prayer, Dr. Anton Schulz, Markus Stöger, Dr. Theodor Stöhr, Friederike Ullrich.

Erich Klenk gebührt für die Unterstützung bei den Fotoaufnahmen ebenfalls Anerken-

nung.

Mein Dank gilt auch meinen Eltern, die mir meinen Aufenthalt in Wien erst ermöglicht

haben, und nicht zuletzt meinem Bruder Oliver und meiner Freundin Alexandra für

Motivation und Unterstützung.

Möhrendorf bei Nürnberg, im September 2002 Christian Pech

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I. Einleitung „Wissen ist Macht“, schrieb Ende des sechzehnten Jahrhunderts der englische Philo-

soph und Politiker Francis Bacon. Er formulierte damit in einer kurzen Formel einen auch

heute noch beachtenswerten Gedanken. Gerade im modernen Parlamentarismus darf

sich die Legitimation der Herrschenden nicht mehr auf das Erbe einer hohen Geburt gründen1. In Zeiten der Informationsvielfalt kann man ebenfalls nicht davon ausgehen,

dass alle Parlamentarier2 für jeden Bereich Experten sind. Eine Schnittstelle zwischen

Wissen und Macht verkörpert in modernen Volksvertretungen daher die Parlamentsbib-

liothek, die den Parlamentariern eine umfassende Sammlung von Büchern und Periodika

aus verschiedenen Jahrhunderten bietet.

Eine Bibliothek im Haus der Volksvertretung stellt eine Abkehr von der Wissenschaft im

Elfenbeinturm dar. Dieses abstrakte Verständnis von Wissenschaft herrschte lange Zeit

vor. „Als Mathematiker im 12. Jahrhundert vorschlugen, ihre geometrischen Kenntnisse

beim Dombau in Siena einzubringen, wurde ihre Idee als völlig absurd abgelehnt.“3 Der

praktische Wert der Wissenschaft wurde erst später erkannt, wird aber heute umso in-

tensiver genutzt. Die Zugangsmöglichkeit zu Wissen hat sich gerade durch die neuen

Medien wie Internet, aber auch durch die traditionellen und immer noch unabdingbaren

Wissensquellen wie öffentliche Bibliotheken in den letzten Jahrhunderten entscheidend gewandelt. Wissen war lange Zeit nur einer bestimmten, elitären Clique vorbehalten:

„Noch im 15. Jahrhundert hatte der Mainzer Bischof Berthold von Henneberg

den Buchdruck nur in Griechisch und Latein zugelassen, damit Laien – gar

‚weiblichen Geschlechts’ – gelehrte Schriften nicht lesen und daraus törichte

Gedanken ableiten können.“4

Nun hat sich heute das Verständnis der Wissenschaft dahingehend verändert, dass sie

dem Nutzen der Menschheit gereichen soll, oder wie Bertolt Brecht seinen Galilei sagen

ließ: „Ich halte dafür, dass das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühselig-

keit der menschlichen Existenz zu erleichtern“.5

Heute ist es die Aufgabe von Bibliotheken, das vorhandene Wissen, das einem immer

größer werdenden Wachstum unterliegt, den Menschen zugänglich zu machen, um da-

1 Die Labour Regierung Tony Blairs in Großbritannien schränkte im Jahre 1999 die erbliche Mitglied-

schaft (hereditary peerage) im britischen Oberhaus (House of Lords) des Parlaments ein. So exis-tiert weltweit lediglich noch ein Land, in dem die erbliche Mitgliedschaft das Hauptelement des Ober-hauses darstellt: Lesotho. Weiterführend: Russell, Meg: Reforming the House of Lords. Lessons from Overseas, Oxford, New York 2000, S. 30 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 60.776).

2 Im folgenden wird die männliche Form als für beide Geschlechter geltend ve rwendet. 3 http://www.archive.hoechst.com/txt_d/ls_forum/wissen/artikel_3.html vom 15.7.2001. 4 Ebd. 5 Brecht, Bertolt: Das Leben des Galilei, in: Ders.: Gesammelte Werke 3, S. 1340 (Signatur der Parla-

mentsbibliothek: 52.399).

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durch dessen effiziente Nutzung zu ermöglichen. Im Gegensatz zu anderen Bibliotheken

kommen auf Parlamentsbibliotheken durch den speziellen Benutzerkreis besondere

Aufgaben zu.

„Politiker fragen nicht in erster Linie nach Schriften, die ihnen nach Verfasser

und Titel bekannt sind, sondern suchen Material zu bestimmten Themen, Ar-

gumente und Belege, die ihnen Aufschlüsse zur Lösung ihrer Probleme ge-

ben können.“6 Daher benötigt eine Parlamentsbibliothek ein zentrales

Katalogsystem, dessen „Grundgedanke ist, [...] alles Material zu einem

Thema an einer Stelle zusam menzuführen, gleichgültig, ob eine Information

als Buch, Zeitschriftenaufsatz, Mikrofilm, Landkarte oder Tonband angeboten

wird.“7

Selbstverständlich sollten dieser Aufzählung aus heutiger Sicht auch die CD-ROMs so-

wie Inhalte aus dem Internet hinzugefügt werden. Um die Parlamentarier, deren vornehmliche Aufgabe es ist, die Geschicke des Staates

durch Gesetzgebung8 zu lenken, mit dem nötigen Wissen zu versorgen, arbeiten Parla-

mentsbibliotheken und wissenschaftliche Dienste an der Bereitstellung des nötigen In-

formationsmaterials. Da sich gerade die Politik mit allen Teilen des täglichen Lebens be-

schäftigt, ist es in Parlamentsbibliotheken nötig, ein möglichst breites Spektrum an Bü-

chern und anderen Informationsquellen zu bieten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass

die größte Wissenssammlung der Welt eine Parlamentsbibliothek, nämlich die Library of

Congress9 in Washington, D.C., ist. Gegen ein solches Vorbild ist der Bestand der

österreichischen Parlamentsbibliothek bescheiden, doch gilt sie heute mit rund 300.000

Büchern als die größte österreichische Bibliothek für politische Literatur. Interessant ist,

dass die Privatbibliothek George Washingtons den Grundstock der Library of Congress10

6 Matthes, Heinz: Die Dokumentations- und Informationseinrichtungen der Wissenschaftlichen Dienste

des Deutschen Bundestages, in: Dietz, Wolfgang/Kirchner, Hildebert/Wernicke, Kurt Georg (Hrsg.): Bibliotheksarbeit für Parlamente und Behörden. Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Arbeits-gemeinschaft der Parlaments- und Behördenbibliotheken, München, New York, London, Paris 1980, S. 78 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 45.956).

7 Ebd. 8 Die Gesetzgebungsfunktion ist nur eine Aufgabe des Parlaments. Die weiteren Aufgaben sind die

Mitregierungsfunktion, die Kontrollfunktion sowie die Tribünenfunktion. Nach: Fischer, Heinz: Das Parlament, in: Dachs, Herbert/Gerlich, Peter et al. (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems Ös-terreichs. Die Zweite Republik, 3. Auflage, Wien 1997, S. 224 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 51.367,3.A). Weiterführend, insbesondere zu den aktuellen Änderungen, die der EU-Beitritt Öster-reichs mit sich brachte beispielsweise: Schefbeck, Günther: Verhandlungs ökonomie - EU-Mitwir-kungsrecht – Ausschußöffentlichkeit. Zur Reform der Nationalratsgeschäftsordnung, in: Wiener Zeitung – Beilage Parlament, Nr. 31 (Oktober)/1996, S. 8-11 und Schefbeck, Günther: Parlament und EU. Eine Zwischenbilanz, in: Wiener Zeitung, 16.12.1998 (über Internetseite www.wienerzeitung.at abgerufen).

9 Sie besitzt heute mehr als 112 Millionen Bücher und Dokumente, die Regalbretter von 857 Kilome-tern Länge füllen. Nach: http://www.archive.hoechst.com/txt_d/ls_forum/wissen/artikel_3.html vom 15.7.2001. Zusätzlich erfüllt die Library of Congress die Aufgaben einer Nationalbibliothek. Der Be-stand der Österreichischen Nationalbibliothek wird derzeit mit mehr als 6 Millionen Objekten ange-geben.

10 Die Library of Congress wurde 1800 mit einem Anfangsbestand von 6.487 Büchern gegründet, in-dem der Congress die Privatsammlung Washingtons aufkaufte. Weiterführend: Dietrich-Schulz,

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darstellt; die österreichische Parlamentsbibliothek durfte sozusagen als „Geburtsge-

schenk“ die ehemalige Bibliothek des Staatsrates übernehmen.

Im Folgenden wird auf die Entwicklung der österreichischen Parlamentsbibliothek, die

sich mit dem Motto „Nur was sich ändert, bleibt!“ beschreiben ließe, von den Anfängen

im Jahre 1869 bis 2002 eingegangen. In den entsprechenden Kapiteln werden die Per-

sönlichkeiten, die in der Bibliothek ihr Wirkungsgebiet fanden, dargestellt. So arbeiteten

der Schriftsteller Dr. Siegfried Lipiner als Leiter, sowie der spätere Bundespräsident Dr.

Karl Renner als Bibliotheksadjunkt (= wissenschaftliche Hilfskraft) in der Parlamentsbib-

liothek. Für den einen stellte die Parlamentsbibliothek den Anfang und das Ende seiner

beruflichen Laufbahn dar, während sie für den anderen erste wichtige Einblicke in den

parlamentarischen Ablauf bot.

Die Parlamentsbibliothek umfasst heute, neben den schon erwähnten 300.000 Büchern und insgesamt 519 laufenden Zeitungen und Zeitschriften, auch 300 Loseblattsammlun-

gen und zahlreiche Datenbankanschlüsse11. Insgesamt wurden im Jahre 2001 23.915

Werke ausgeliehen oder im Lesesaal benutzt12. Auch auf eine rege Nutzung des Inter-

net- und Intranetangebots13 der Bibliothek kann geschlossen werden: ein Webcounter14

zeigte 7.226 Zugriffe auf das Internetangebot im Jahr 2001 an, was etwa 20 virtuellen

Benutzern pro Tag entspricht.

Nicht nur die Benutzung der Bibliothek, sondern auch das Image und die Anforderungen

an den Bibliothekar haben sich im Laufe der Jahre gewandelt. Während Bibliothekare

von heute für Neuerungen aufgeschlossen sein müssen, um mit den neuesten Informati-

onstechnologien Schritt zu halten, damit die Attraktivität ihrer Bibliothek gewahrt bleibt,

herrschte zu Zeiten der k.u.k. Monarchie15 ein gänzlich anderes Bild dieser Berufsgruppe

vor:

„Bibliothekare (und Archivare) wurden sozial und bürokratieintern als bessere Magazineure, ‚eine Art Küster’, als Verwahrer dessen, was nach dem Skartie-

ren übrig blieb (‚alte Registratur’), als skurille [sic!], graue Mäuse angesehen,

Elisabeth: „The nation’s library“. Bericht über einen Studienaufenthalt an der Library of Congress, 20. – 23. Mai 1997, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare (Hrsg.), Nr. 50 (1997) 3/4, Wien 1997, S. 122 – 126 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-275).

11 Im Jahre 2000 waren es 112 Datenbankanschlüsse, darunter CD-ROMs, Internet etc. 12 Nur Mitarbeiter des Parlaments oder der parlamentarischen Klubs dürfen Ausleihen vornehmen, der

breiten Öffentlichkeit steht die Bibliotheksbenutzung im Lesesaal offen. 13 Das Intranetangebot der Bibliothek steht lediglich den Angehörigen des Parlaments zur Verfügung

und bietet seinen Nutzern weitere Informationsmöglichkeiten und Kataloge an. 14 Zählwerk, für Zugriffe auf Internetseiten. 15 Mit k.u.k. werden Behörden und Einrichtungen der österreichisch-ungarischen Monarchie nach dem

Ausgleich 1867 bezeichnet, die beiden Reichshälften gemeinsam waren. Diejenigen, die lediglich der cisleithanischen, das heißt österreichischen Reichshälfte zugeordnet waren, werden mit k.k. ab-gegrenzt.

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die das Tageslicht scheuen und in alten Schartecken bzw. Akten lesen

(Spitzweg-Image).“16

Doch dieses Bild stellt lediglich ein Vorurteil dar, die Realität hingegen zeigt Anderes:

Philosophen und Politiker wie Siegfried Lipiner oder Karl Renner bewiesen durch ihr

Werk und ihr Handeln stets Weltoffenheit; Bibliothekare wie Hilda Rothe besonderen

Einfallsreichtum und Mut in den Jahren der Gefahr 1938 bis 1945.

16 Megner, Karl: Beamte. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte des k.k. Beamtentums, Wien

1985, S. 71 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-2.466/21).

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II. Von der Büchersammlung des Staatsrates

zur Bibliothek der Volksvertretung

1. Die Bibliothek des Staatsrates unter Franz J. Koch (1869 - 1870)

Das von Kaiser Franz Joseph I. am 26. Februar 1861 erlassene „Februar- Patent“17 sah

in seinem „Grundgesetz über die Reichsvertretung“ die Gründung eines Parlaments vor,

das den Namen Reichsrat tragen sollte und aus zwei Kammern, Herrenhaus und Abge-

ordnetenhaus, bestand. Der Reichsrat existierte bis zum Ende der Monarchie 1918, trat

allerdings nie in seiner vollen Besetzung zusammen, da sich eine Koordination der

Abgeordneten über das große Staatsgebiet als zu schwer herausstellte. Beendeten die

Abgeordneten des einen Kronlandes den Boykott des Reichsrates, gehörten wieder

andere Kronländer bereits nicht mehr dem Reich an.18

In der ersten Session, die von 1861 bis 1865 andauerte, verfügte der Reichsrat über

keinerlei eigenständige Informationsmöglichkeiten. Erst während der zweiten Session

richtete der Präsident des Abgeordnetenhauses, Dr. Moritz von Kaiserfeld, ein Hand-

schreiben an den Ministerpräsidenten, Fürst Carl Wilhelm Auersperg, in dem er betonte, dass „der Abgang einer Bibliothek, welche den Mitgliedern des Reichsrathes zu jeder

Zeit zugänglich ist, [...] von denselben wiederholt tief gefühlt“19 worden ist. Zu diesem

Zwecke bat Kaiserfeld um Übergabe der Bibliothek des aufgelösten Staatsrates 20 an

den Reichsrat. Er stellte diese Bitte, da

„die Aufgabe, welche dem Staatsrathe durch das Statut vom 26. Feber 1861

R.G.B. [RGBl.] No 22 gestellt war, lässt mich annehmen, dass die Werke,

welche den Bestand der Bibliothek bilden, diese nunmehr zu einer Bibliothek

des Reichsrathes vollkommen geeignet machen“21.

Allerdings sollte die Bibliothek vorerst22 in den Räumen des ehemaligen Staatsrates

belassen werden, da in dem provisorischen Gebäude für das Abgeordnetenhaus, der

sogenannten „Bretterbude“ am Schottentor, nicht ausreichend Platz und Beamte für eine

17 Das Februar-Patent wiederum verstand sich als eine Ausführung des Oktober-Diploms. Beide

Dokumente befinden sich bis heute im Bestand der Parlamentsbibliothek (Signaturen der Parlamentsbibliothek: VI-216, VI-217).

18 Vgl. dazu allgemein: Parlamentsdirektion (Hrsg.): Das österreichische Parlament. The Austrian Parliament, Wien 2000, S. 24-25 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 51.714,NA).

19 Präsidium des Hauses der Abgeordneten, Nr. 3167-1868/A.H., IV. Session, 15. Juni 1868 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“).

20 Der Staatsrat wurde durch Gesetz vom 12. Juni 1868 durch Kaiser Franz Joseph aufgehoben. Die Veröffentlichung des Gesetzes erfolgte im Reichsgesetzblatt (RGBl.) Nr. 24 vom 16. Juni 1868.

21 Präsidium des Hauses der Abgeordneten, Nr. 3167-1868/A.H., a.a.O.

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Bibliothek vorhanden waren. So blieb die Bibliothek in den Räumen Bankgasse 10, dem Ministerratspräsidium, und auch der Bibliothekar Franz J. Koch verrichtete seinen Dienst

dort bis zu seinem Tod im Jahr 1868 oder 1869. Als Mitbewerber um die Übernahme der

Bibliothek galt das Reichsgericht. So verwunderte es, dass „die Bibliothek des Staats-

rathes nicht an das nach der Auflösung des letzteren geschaffene Reichsgericht, son-

dern an den Reichsrath übergegangen“23 war. Seinen letzten Bericht zur Übergabe der

Bibliothek schrieb Koch im „letzten Viertel des Jahres 1868“24:

„‚Der ehrfurchtsvoll Gefertigte erlaubet sich einer hohen mündlichen Auffor-

derung Euer Excellenz gehorchend über den Stand der staats räthlichen Bib-

liothek einen umfassenden Bericht ergebenst zu erstatten und in demselben

erstens über den Ursprung und Vermehrung gegenwärtigen Zustand dersel-

ben dann über die Maßnahmen, welche zur Beseitigung der bisherigen Miss-

stände derselben zweckdienlich erscheinen dürften zu sprechen’. Diese Be-

stände, aus verschiedenen Quellen stammend, waren in acht Kästen25 aus hartem Holze und neun Kästen aus weichem Holze so untergebracht, ‚dass

sie kaum mehr ihren Inhalt zu fassen vermögen’.“26

Auch innerhalb dieser Schränke, die auf mehreren Stockwerken aufgestellt waren, und

die offenbar nur mühsam zu erreichen waren, herrschte nur ungefähre alphabetische

Ordnung27 und die Bände waren aus Platzmangel in mehreren Reihen hintereinander

aufgestellt. Als Ordnung diente ein Katalog, der sowohl eine Gliederung nach Autoren,

als auch eine Aufteilung nach Materien beinhaltete. Allerdings bot der Katalog keine

wirklich exakte Bestandsaufnahme, da selbst der Bibliothekar den genauen Bücherbe-

stand nicht wusste und von einer „muthmäßlichen Höhe von 6.000 Bänden“28 sprach.

Bereits in diesem Bestand gab es eine große Anzahl an Gesetzessammlungen sowie

wichtige Werke aus den gesam melten Bereichen. So war die Philosophie mit „Metaphy-

sische Anfangsgründe der Rechtslehre“ von Immanuel Kant vertreten29, im Bereich der Ökonomie lag u.a. das zweibändige Werk von Adam Smith „Über die Quellen des Volks-

22 Mit Fertigstellung des neuen Parlamentsgebäudes an der Ringstraße sollte die Bibliothek auch

räumlich mit dem Abgeordnetenhaus zusammengeführt werden. 23 Hugelmann, Karl: Die Centralisation der Amtsbibliotheken in Wien, in: Österreichische Zeitschrift für

Verwaltung, 20. Jg. Nr. 34, Wien 25.08.1887 + Nr. 35 1.09.1887, S. 140 (Signatur der Parlaments-bibliothek: I-142).

24 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, in: Mayrhöfer, Josef/Ritzer, Walter (Hrsg.): Festschrift Josef Stummvoll: Dem Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek zum 65. Geburtstag, 19. August 1967, dargebracht von seinen Freunden und Mitarbeitern, Wien 1970, S. 429 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 39.806).

25 Kasten ist das österreichische Wort für Schrank. Nach: Wintersberger, Astrid/Artmann, H.C.: Österreichisch – Deutsches Wörterbuch, Salzburg, Wien 1995 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 55.734).

26 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 429. 27 Ebd. 28 Ebd. 29 Diese Ausgabe befindet sich heute nicht mehr im Bestand der Bibliothek, dafür wurde eine neue

Ausgabe dieses Werks angeschafft (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-6.856/360).

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wohlstandes“30 vor, und auf dem Gebiet des Völkerrechtes war das von Grotius auf latei-nisch verfasste, fünfbändige Werk „De jure belli ac pacis cum commentariis cocceji“31 im

übergegangenen Bestand vorzufinden. Zusätzlich zu den staatswissenschaftlichen

Bereichen „waren Neben- und Hilfswissenschaften (Enzyklopädien, Lexika, Geschichte,

Topographien, Landkarten, Schematismen) vertreten“32. An Zeitungen waren immerhin

die Allgemeine Zeitung (Augsburg), die französische Zeitung „Revue des deux mondes“,

sowie die „Wiener Zeitung“ seit dem Jahr 1809 vertreten33. Nach Meinung des Bibliothe-

kars Koch waren „alle inländischen juristischen und staatswissenschaftlichen Zeitschrif-

ten vertreten, die aus ländischen Fachzeitschriften allerdings fehlten“34.

Das Budget der Bibliothek machte dem Bibliothekar allerdings Sorgen, da von den

500fl.35 pro Jahr bereits 150fl. auf Abonnements und 160fl. auf Buchbindearbeiten

entfielen. Für den Ankauf neuer Werke blieben dem Bibliothekar lediglich 190fl. übrig.

Ein mittleres Sachbuch kostete zu dieser Zeit etwa 1,5fl. Damit war dem Bibliothekar

jährlich die Anschaffung von durchschnittlich nur etwa 120 Büchern möglich. Die unwegsamen Räumlichkeiten, sicherlich aber die finanziellen Sorgen ließen Koch

zum Abschluss seines Berichtes Bemerkungen machen, dass ihm

„die fernere Führung der Bibliotheksagenden beschwerlich zu werden be-

ginnt. Die Ungemächlichkeiten eines vorgerückten kränkelnden Alters, das

Schwinden eines durch Undank und Kränkung gebeugten geistigen Lebens

[...] gemahnt ihn weit mehr an Ruhe und Erholung und zwinget ihn dieselbe

selbst mit empfindlichen Einbußen seines Einkommens zu suchen“36.

Das weitere Schicksal des Bibliotheksleiters Koch kann aufgrund der unvollständigen

Aktenlage nicht nachvollzogen werden, doch ist in einem Schreiben des Präsidenten

des Abgeordnetenhauses, Dr. Moritz Edler von Kaiserfeld, an den Ministerpräsidenten37

Taaffe vom 29. März 1870 erwähnt, „dass die Bibliothek wegen Sessionsschlusses und

30 Smith, Adam: Über die Quellen des Volkswohlstandes, Stuttgart 1861, (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 2.690). 31 Grotius, Hugo: De jure belli ac pacis cum commentariis cocceji, 5 Bände, Lausanne 1751 (Signatur

der Parlamentsbibliothek: 1.539). 32 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 429. 33 Noch heute befindet sich die Wiener Zeitung seit dem Jahre 1809 lückenlos im Bestand der Parla-

mentsbibliothek (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-99). 34 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 429. 35 Die Abkürzung fl. steht für Gulden. 1 Gulden entsprach zu jener Zeit 100 Kreuzern. Zum Vergleich:

Eine „Rundsemmel“ kostete rund 15 Kreuzer. Für die Miete einer mittleren Wohnung mussten etwa 360fl. aufgebracht werden. Nach: Pribram, Alfred Francis: Materialien zur Geschichte der Preise und Löhne in Österreich, Band 1, Wien 1938, S. 433 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 21.157) und: Sandgruber, Roman: Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittel-alter bis zur Gegenwart, Wien 1995, S. 268 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 54.579/10).

36 Zit. nach: Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 430. 37 Graf Eduard von Taaffe folgte nach dem Rücktritt Carl Wilhelm (auch: Carlos) Auerspergs im

Herbst 1868 als Ministerpräsident nach, trat aber bereit im Januar 1870 wieder zurück. Allerdings wurde er bereits im April wieder Innenminister. Später, im August 1879, wurde Taaffe erneut Mi-nisterpräsident.

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wegen des Todes des Bibliotheksverwalters Koch noch nicht übernommen werden konnte“38.

Das endgültige Geburtsdatum der Parlamentsbibliothek wird einhellig auf den 11. Mai

1869 angesetzt, dem Tag des kaiserlichen Handschreibens 39, mit dem die Bibliothek

des Staatsrates dem Reichsrate zur Benützung überlassen wurde. Eine Eigentums-

übertragung war laut Ministerpräsident Taaffe nicht möglich, da „der Mangel der eigenen

Kompetenz zur Gutfindung über das Eigentum bezüglich dieser Bibliothek“ 40 ihm diese

Entscheidung unmöglich machte.

2. Die Reichsratsbibliothek unter der Leitung von

Dr. Johann Vincenz Goehlert (1870 – 1876)

Zur Person Nach dem Tod des Staatsratsbibliothekars Koch übernahm schließlich Dr.

Johann Vincenz Goehlert die Leitung der Reichsratsbibliothek. Sein Jah-

resgehalt belief sich auf 1200fl. und zusätzlich 300fl. Quartiergeld. Die

Ausgaben eines alleinstehenden Beamten betrugen zu jener Zeit nach ei-

ner Modellrechnung etwa 980fl. pro Jahr41.

Dienst-

instruktion Der vormalige Beamte im k.k. Statistischen Büro und Konzipist im

Staatsministerium des Inneren kümmerte sich insbesondere um die Aus-

arbeitung einer Bibliotheks-Dienstinstruktion. Der Titel dieser Dienstin-

struktion lautete „Vorschrift für den Dienst in der Reichsrathsbibliothek“ .

Die Arbeit daran fand in den Jahren 1870 bis 1871 statt. Zur Erweiterung des Bibliotheksbestandes bat Goehlert, „dass ihm die

Überwachung des Austausches der Druckschriften übertragen“42 werde.

Zwar wurde der Bibliothek im Voranschlag für das Jahr 1870 ein Budget

von 1500fl. gewährt, doch war nach der neuen Dienstinstruktion der Bib-

liothekar keineswegs frei im Umgang mit diesem Budget:

„Zur Anschaffung von Büchern, Druckschriften und Kartenwer-

ken durch Ankauf oder durch Tausch bedarf der Bibliothekar

den schriftlichen Auftrag oder im Falle eines diesbezüglichen

Antrages des Bibliothekars die schriftliche Genehmigung des

38 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 430. 39 Die Festlegung des Geburtstages der Bibliothek nahm Stickler vor, spätere Autoren schlossen sich

dieser Datierung an. 40 K.k. Ministerpräsident, Nr. 914 M.P., IV. Session, 25. December 1868 (in: Archivschachtel 1k

„Bibliothek“). 41 Einen guten Überblick über die Kosten zu jener Zeit bietet: Megner, Karl: a.a.O., S. 94ff. 42 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 430.

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Präsidiums eines der beiden Häuser des Reichsrathes, und es werden die Mitglieder dieser Häuser ersucht werden, diesfalls

ihre Wünsche in Betreff der Nachschaffungen dem bezügli-

chen Präsidium bekannt zu geben.

Dem Bibliothekar ist übrigens die Nachschaffung der Fortset-

zung bereits begonnener Sammelwerke, sowie der Ankauf

bibliothekarischer Hilfswerke, wie: Wörterbücher, Cataloge u.

dgl. – letzterer Hilfswerke jedoch nur innerhalb der Gränzen

[sic!] einer Jahressumme von 100fl. – ohne vorläufige

Genehmigung gestattet.“43

Ebenfalls sah die Dienstinstruktion vor, dass während der Amtsstunden

„auch die unmittelbare Benützung der Bücher durch Einsicht in dieselben

in dem Bibliothekslokale stattfinden“44 kann. Die unmittelbare Benützung

und Entlehnung von Werken waren „auch dem Reichsgerichte, den Mi-nisterien und öffentlichen Behörden und Staatsanstalten, sowie dem Nie-

derösterreichischen Landtage gestattet“45. Bemerkenswert ist, dass der

Zugang zur Bibliothek allen Gewalten gleich war, von einer Gewaltentei-

lung hinsichtlich der Verwaltungsapparate also nicht gesprochen werden

konnte, wäre es doch sonst naheliegend, getrennte Büchersammlungen

zu errichten. Die Exekutive hatte zwar mit der 1850 eröffneten Administra-

tiven Bibliothek eine eigene Organisationseinheit46, doch gerade das

Reichsgericht hatte zur Benutzung nur die Bibliothek des Reichsrates.

Katalog Der erste Katalog der Reichsratsbibliothek wurde im Jahr 1871 in Druck

gegeben. Seither wurden unter der Leitung Goehlerts jährlich exakt die

Neuerwerbungen in Supplementheften aufgenommen; damit konnte die

jährliche Bestandserhöhung47 ausgewiesen werden. Goehlerts Nachfolger brachte lediglich alle zwei Jahre einen neuen Supplementband48 heraus.

43 So §4 der „Vorschrift für den Dienst in der Reichsrathsbibliothek“, Nr. 568 A.H. Die gesamte Vor-

schrift ist auch veröffentlichet in: Lösch, Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Ver-gangenheit und Gegenwart, in: Hahn, Gerhard/Kirchner, Hildebert (Hrsg.): Parlament und Bibliothek. Internationale Festschrift für Wolfgang Dietz zum 65. Geburtstag, München, London, New York, Oxford, Paris 1986, S. 94 ff. (Signatur der Parlamentsbibliothek: 48.774).

44 §12 der „Vorschrift für den Dienst in der Reichsrathsbibliothek“, a.a.O. 45 §13 der „Vorschrift für den Dienst in der Reichsrathsbibliothek“, a.a.O. 46 Nach: Ternyak, Heidemarie: Die Administrative Bibliothek und österreichische Rechtsdokumen-

tation im Bundeskanzleramt. Ein Überblick über ihre Entwicklung und Aktivitäten seit 1849, Wien 1989, S. 9 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 53.869).

47 Im Jahre 1872 wurden 553 Bücher der Bibliothek einverleibt, darunter allerdings die etwa 400 Werke, die aus dem Nachlass des „Centralarchivs für Statistik und Gesetzgebung“ bestanden. Im Jahre 1873 wuchs der Bücherbestand um 511 Werke.

48 So existiert der Supplementband VI, als „Verzeichnis jener Werke, welche der Reichsraths - Biblio-thek im Jahre 1875 und 1876 einverleibt worden sind“, Katalog der Reichsraths – Bibliothek, VI. Supplement – Heft, Wien 1877 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 18.984/6). Ein solcher Supple-mentband erschien auch als Band VII für die Jahre 1877 bis 1878.

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Der gedruckte Katalog war allerdings nur „sehr laienhaft angelegt“49. Signaturen waren im Katalog keine vorhanden, da zu diesem Zeitpunkt

den Büchern noch keine Signaturen zugeordnet waren. Der Katalog war

eine Mischung aus Autorenverzeichnis und Schlagwortkatalog. Die

Beschlagwortung der Bücher muss sich als sehr unbefriedigend bezeich-

nen lassen. Stickler bemerkte hiezu:

„Anonyme Werke und Sachtitel stehen meist unter einem ge-

eignet erscheinenden Stichwort. Zum Beispiel steht unter ‚Ös-

terreich’ ‚Die Unterrichtsfrage vor dem Reichs rathe etc. Wien

1862’, ‚Die Juden in Österreich. Leipzig 1842’, ‚Documenta

imperii Austriaci etc. Viennae, 1856’. Der Titel ‘Bischöfliche

Versammlung zu Wien im Jahre 1849. Wien 1850’ ist unter

‚Bischöfliche’ eingeordnet. Unter ‚Parlamentarisches’ sind die

stenographischen Berichte des Herrenhauses, des Abgeord-netenhauses, die stenographischen Berichte ausländischer

Parlamente oder Monographien über Parlamente aufgenom-

men. Es ist keine Seitenzahl oder Größe, wohl aber die Zahl

der Bände angegeben.“50

Weiters wurde unter Goehlert 1872 ein gedruckter, nach Schlagworten

sortierter Realkatalog herausgegeben, welcher, in einem Band verfasst,

Leerseiten umfasste, sodass weitere Ergänzungen jederzeit möglich wa-

ren, die bis Ende 1874 auch durchgeführt wurden. Der Katalog spiegelte

auch einen Standortkatalog wider, „da die Werke und Bände nach

Schlagworten alphabetisch in Kästen gereiht waren“51.

Die von Goehlert angestrebte Ordnung der Bibliothek ist ihm allerdings

nicht gelungen, da sein Nachfolger Johann Freiherr von Päumann in ei-nem Übernahmebericht 1876 bemängelte, „daß der vorhandene unbib-

liothekarisch eingelegte Zettelkatalog mit der Aufstellung des Bücherbe-

standes nicht nur nicht übereinstimme, sondern auch unvollständig sei"52.

Außerdem bemerkte er, dass er „keine Kontrolle der Entlehnungen auf-

zuweisen vermag"53. Die genauen Vorschriften54 seiner eigens

49 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 430. 50 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 431. 51 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 432. 52 Päumann, Johann Freiherr von, Protokoll aufgenommen über die zum 31. Oktober erfolgte Über-

gabe, resp. Übernahme der Bibliothek des Reichsrates, Wien 4. November 1876 (in: Archiv-schachtel 1k „Bibliothek“).

53 Ebd. 54 U.a. §5 der „Vorschrift für den Dienst in der Reichsrathsbibliothek“: „Der Bibliothekar hat die von

den Präsidien der beiden Häuser des Reichsrathes, sowie auch die von einzelnen Reichs-rathsmitgliedern verlangten Bücher gegen Empfangsbestätigung jederzeit ohne Anstand auszufol-gen“.

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ausgearbeiteten Dienstinstruktion hat Goehlert demnach selbst nicht ge-nau befolgt.

Bestände Der Bestand der Bibliothek wird im Jahr 1870 auf etwa 8.000 bis 10.000

Bücher55 beziffert. Durch den begonnenen Gesetzestausch mit anderen

Ländern war es den Parlamentariern nun möglich, sich über Gesetzge-

bungsprozesse im Ausland zu informieren, um von dort Beispiele und

Rückschlüsse auf die heimische Politik zu ziehen. Die ausländischen Ge-

setzessammlungen wurden zu diesem Zwecke mit einem deutschen

Sachregister versehen.

Seinem Interesse an Statistik entsprechend56 hat Goehlert sich um die

Buchbestände des aufgelösten „Zentralarchivs für Gesetzgebung und

Statistik“ der Professoren Lorenz von Stein und Hugo Brachelli bemüht, so

dass der Präsident des Abgeordnetenhauses, Ritter von Hopfen, in der

Sitzung vom 14. Mai 1872 mitteilen konnte: „Die Herren Gründer des Centralarchives für Gesetzgebung

und Statistik, die k.k. Professoren Dr. Lorenz Ritter v. Stein

und Dr. Hugo Brachelli, haben nach Mittheilung des Reichs-

raths-Bibliothekars bei Auflösung dieses Ar chives ihre wert-

volle Büchersammlung, bestehend aus 400 Bänden, der Bib-

liothek des Reichsrathes unentgeltlich überlassen. Ich werde

den genannten Herren für ihr uneigennütziges Geschenk den

Dank aussprechen und bin überzeugt, dass das hohe Haus

damit einverstanden ist.“57

Zum

Schluss In einem Schreiben vom 20. Dezember 1875 teilte Goehlert dem Präsi-dium des Abgeordnetenhauses mit,

„dass ich infolge meines andauernden Augenleidens genötigt

bin, von dem mir so lieb gewordenen Posten eines Bibliothe-

kars des Reichsrathes zu scheiden und gleichzeitig um die

Versetzung in den bleibenden Ruhestand“58

anzusuchen. Dem Ansuchen um Pensionierung wurde von Seiten des In-

nenministeriums schnell nachgekommen; sie erfolgte schließlich im Jahr

1876. Mit ihr ging eine Beförderung einher, so dass er mit „Titel und Cha-

rakter eines Regierungsrates“ entlassen wurde. Nach seiner Pensionie-

55 Nach: Lösch, Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart,

a.a.O., S. 97. 56 Beispielsweise ist im Supplementheft zum Jahr 1872 der Zuwachs der statistischen Werke mit 42

Büchern der größte Posten. 57 Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichi-

schen Reichsrathes, IX. Session, 98. Sitzung, Wien 1881, S. 3409. 58 Nr. 4080 Abg.H. per 21. Dezember 1875 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“).

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rung ging Goehlert weiterhin seinen statistischen Interessen nach, indem er statistische Überlegungen zur Dynastie der Kapetinger59 und zur Bibel60

veröffentlichte61.

3. Der provisorische Leiter der Bibliothek

Johann Freiherr von Päumann (1876 – 1881)

Zur Person Da nach der Pensionierung Goehlerts kein geeigneter Leiter der Bibliothek

zu finden war, entschied man sich, den Sektionsrat Johann Freiherr von

Päumann aus dem Ruhestand zurückzuberufen, um ihn provisorisch mit

der Leitung der Bibliothek zu beauftragen. Hiezu wurde ihm zusätzlich zu

seiner Pension eine Zulage von 800fl. gewährt.

Räumlich-

keiten Die Räumlichkeiten der Bibliothek waren 1874 aus dem Ministerratspräsi-

dium, Bankgasse 10, in ein anderes Gebäude verlegt worden. Der Präsi-

dent des Abgeordnetenhauses, Dr. Rechbauer, teilte hiezu in der Sitzung

am 24. Oktober 1874 mit:

„Ich ersuche ferner zur Kenntniß zu nehmen, dass die Reichs-rathsbibliothek sich derzeit auf dem Schillerplatz im ehemaligen

Hotel ‚Britannia’ befindet und als Amtsstunden die Stunden

festgesetzt sind: An Wochentagen von 9 bis 2 Uhr, an Sonn-

und Feiertagen von 10 bis 12 Uhr Vormittags.“62

Katalog Wie bereits erwähnt, war Päumann mit den Leistungen und der Ordnung

Goehlerts keineswegs zufrieden. Er erstellte zu Beginn seines Amtsan-

tritts ein Verzeichnis, in dem 72 Bücher, die „bei der Anvision der Reichs-

rathsbibliothek nicht vorgefunden wurden“63, aufgeführt waren. Er betonte

in seinem Übernahmeprotokoll ebenfalls, er wolle nur die Verantwortung

für diejenigen Bücher übernehmen, die zum Zeitpunkt der Anvision vorzu-

finden waren.

59 Goehlert, Vinc.: La dynastie Capetienne, in: Ann. du [sic!] Demogr. Internat., Paris 1876, S. 145 –

155 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 62.629). 60 Goehlert, Vinc.: Considerazioni statistiche sui dati biblici, Trieste 1887 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 62.630). 61 Das Werk über die Kapetinger ist auf Französisch erschienen. Da es keine Angaben über einen

Übersetzer gibt, scheint Goehlert des Französischen mächtig gewesen zu sein. Bei dem italieni-schen Werk handelt es sich um eine Übersetzung.

62 Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichi-schen Reichsrathes, VIII. Session, Bd.3, Wien 1874, S. 2422.

63 Päumann, Johann Freiherr von, Verzeichniß, Nr. ii, 899, Wien 1. März 1877 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“) (Unterstreichung im Original).

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Die Supplementhefte64, die unter der Leitung Päumanns herausgegeben wurden, entbehrten der allgemeinen Stichworte und beschränkten sich

vornehmlich auf eine Gliederung nach Autoren. „So war Päumann der

erste, der den Büchern Signaturen gab, einen Standortkatalog anlegte

und die weitgehende Systematik der Aufstellung aufließ.“65 Durch die

neue Vergabe der Signaturen, die bis heute fortgeführt werden, läuft die

Durchnummerierung in dieser Zeit nicht nach Eintreffen der Bücher, son-

dern nach der damaligen Aufstellung, also in grober thematischer Ord-

nung. Die Bücher waren in „16 Gruppen folgender Stoffgebiete, alphabe-

tisch geordnet, untergebracht: Advokaten, Armenpflege, Baurecht bis

Gemeinwesen.“66 Seit 1877 erfolgt die Aufstellung der Werke nach dem

Zeitpunkt der Aufnahme in die Bibliothek. Die Aufnahme der Signaturen

nahm einige Zeit in Anspruch. So schreibt Päumann in seinem Rechen-

schaftsbericht im März 1877, der „Gefertigte hofft, in einigen Monaten da-mit zum Abschluß zu kommen“67.

Zusätzlich sammelte er Broschüren, „die bis jetzt ihren Platz mitten unter

den Büchern hatten“68, in Pappschachteln.

In seinen Beilagen zum Rechenschaftsbericht 1877 legte er Muster für

einen Zettelkatalog bei, der in alphabetischer Reihenfolge gegliedert sein

sollte. Wahrscheinlich wurden die Zettel jenes Kataloges später durch

eine Neuordnung nach systematischen Kriterien für den von Karl Renner

ausgearbeiteten Katalog wieder verwendet. Allerdings wurden gleichzei-

tig, wie aus dem genannten Rechenschaftsbericht zu erkennen war, vier

verschiedene Kataloge geführt:

1. Alphabetischer Nominalkatalog auf Zetteln

2. Gedruckter alphabetischer Realkatalog in Buchform 3. Gedruckter Realkatalog in Buchform

4. Zusatzregister für alle Arten von Erwerbungen

Personal Aufgrund dieses Verwaltungsaufwandes ist es nicht weiter verwunderlich,

dass im Jahr 1880 der Präsident des Abgeordnetenhauses, Graf

Coronini, verkündete:

„Von Seite des Vorstandes der Reichsrathsbibliothek ist ein

Bericht an das Präsidium des hohen Hauses gelangt, in wel-

chem der Antrag auf Creirung der Stelle eines Amanuensis69

gestellt wird. Es ist dies eine innere Angelegenheit des hohen

64 Laut Supplementheft VI beläuft sich der Zuwachs in den Jahren 1875 – 1876 auf 164 Bücher. 65 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 433. 66 Ebd. 67 Päumann, Johann Freiherr von, Rechenschaftsbericht, Nr. 6228 A.H., VIII Session, 8. März 1877

(in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 68 Ebd. 69 Ein Amanuensis war eine Hilfskraft im Beamtenstatus.

Page 22: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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Hauses; ich glaube daher, dass dieselbe jedenfalls an den Budgetausschuss zu leiten ist, der darüber eventuell zu

berathen und Bericht zu erstatten hat. Wenn kein Widerspruch

erhoben wird, nehme ich an, dass das hohe Haus mit diesem

Vorgange einverstanden ist.“70

Doch sollte es noch einige Zeit dauern, bis ein weiterer Beamter in der

Reichsrathsbibliothek seinen Dienst tun durfte. Erst mit der Überstellung

des späteren Leiters der Bibliothek, Merklas, von einer Bibliothekshilfskraft

zum Amanuensis im Jahr 1895 wurde dieser Bitte nachgekommen. Doch

gab es bereits Bibliotheksdiener, die dem Bibliothekar zur Seite gestellt

waren71.

Zum Schluss Wegen Krankheit beantragte Päumann 1881 Urlaub und wurde später

deshalb von der Leitung der Bibliothek mit einem Ruhegehalt von insge-

samt 2400fl. enthoben. In einer Übergangsphase versah „Kanzleirat Kupka recht und schlecht die Obliegenheiten des Bibliothekars“72.

Unter dem Pseudonym Hans Max veröffentlichte Johann Freiherr von

Päumann von etwa 1860 bis 1890 zahlreiche Lustspiele, Schwänke und

komische Operetten. Auffällig ist, dass nicht nur die Liebe für die Literatur,

sondern offenbar auch ein Interesse für polnische Literaten Päumann mit

seinem Nachfolger verband. Päumann gab ein Lustspiel Józef

Korzeniowskis 73 in deutscher Übersetzung heraus, sein Nachfolger in der

Bibliotheksleitung, Siegfried Lipiner, übersetzte mehrere Werke von Adam

Mickiewicz74 ins Deutsche.

Bilanz Der Vergleich der beiden Leiter der Bibliothek der ersten elf Jahre ergibt,

dass sich Goehlert stark für die Erweiterung des Buchbestandes ein-

setzte, insbesondere auf dem Gebiet der Statistik, darüber allerdings die eigentliche Verwaltung der Bibliothek übersah. Sein Nachfolger Päumann

erwarb sich weniger Verdienste auf dem Gebiet der Akquisition75 neuer

Bücher oder der Übernahme alter Buchbestände, dafür ordnete und ver-

waltete er den Buchbestand neu und effizienter.

70 Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichi-

schen Reichsrathes, IX. Session, 98. Sitzung, Wien 1881, S. 3409. 71 Im erwähnten Rechenschaftsbericht von 1877 spricht Päumann von dem Bibliotheksdiener Josef

Pöck, der „am 19. Oktober 1876 seinen Dienst antrat“. 72 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 434. 73 Päumann, Johann Freiherr von (Max, Hans pseud.): Zuvor die Mama! Lustspiel in 1 Aufzug. Frei

nach dem Polnischen des Józef Korzeniowski, Wien 1861. 74 Lipiner, Siegfried: Poetische Werke von Adam Mickiewicz, Leipzig 1882. 75 Zwar wies Päumann jährliche Zuwächse aus, doch wird allgemein von einem Buchbestand 1875

von etwa 13.000 gesprochen (so: Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 433), zum Ende der Amtszeit Päumanns scheint der Buchbestand laut Nachfolger Lipiner 12.645 gewesen zu sein. (Lipiner, Siegfried, Rechenschaftsbericht 1883, Nr. 1 1883, IX. Session: Gesamtbestand: 13.861, Zuwachs: 1.216)

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4. Jahre der Kontinuität unter der Leitung von

Dr. Siegfried Lipiner (1881 – 1911)

Der bisher am längsten aktive Leiter der Bibliothek war der am 1. Oktober

1881 eingestellte Schriftsteller und Philosoph, Siegfried Lipiner.

Biographische

Skizze Der Dichter und Philosoph, Siegfried Lipiner, dem die Bibliothek des

Reichsrates große Fortschritte und eine Fülle an Ideen verdankt, wurde

am 24. Oktober 1856 als Sohn jüdischer Eltern in Jaroslau, Galizien, ge-

boren. Später, im Jahr 1862, zog die Familie ins west-galizische Tarnow

um, „das eine größere jüdische Gemeinde hatte als Jaroslau“76. Wenige

Jahre später, im Jahr 1871, besuchte Siegfried Lipiner bereits das Leo-

poldstädter Gymnasium in Wien. Ob er mit seiner Familie oder allein nach

Wien kam, ist nicht eindeutig geklärt77. Als sicher gilt, dass Lipiner keine

herausragenden Beziehungen zu seinen Eltern gehabt zu haben scheint,

denn weder durch ihn, noch durch seine Freunde wurde viel darüber be-

richtet. Da er in armen Verhältnissen aufgewachsen ist, musste er seinen Lebensunterhalt noch während seiner Gymnasialzeit „durch Stundenge-

ben“78 verdienen.

Bereits während seiner Schulzeit ist Lipiner als „ein sehr frühreifer und

begabter Schüler“79 aufgefallen. So schuf er in seinen letzten Jahren am

Gymnasium bereits seine ersten Dichtungen, „das Epos ‚Echo’, die histo-

rische Tragödie ‚Arnold von Brescia’ und Teile der epischen Dichtung ‚Der

entfesselte Prometheus’“80.

In seinem 19. Lebensjahr erhielt Lipiner sein Reifezeugnis mit Auszeich-

nung, obwohl er seine Prüfungen aufgrund einer Eingabe durch den Leh-

rer ein Jahr früher als gewöhnlich ablegen durfte81, und begann sogleich

das Studium an der Universität Wien. Insbesondere erstreckten sich seine

Studien „auf das philosophische, das literar-historische und naturwissen-

76 Kann, Robert: Siegfried Lipiner (1856 – 1911) als Vertreter einer Polnisch-Deutschösterreichischen

Kulturellen Synthese, aus: Zeszty naukowe uniwersytetu jagiellonskiego. 582, Warschau 1980, S. 101 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 46.213).

77 Robert Kann schreibt, dass die Familie in Wien zu finden ist, während Hartmut von Hartungen keine genauen Anhaltspunkte dafür finden kann.

78 Hartungen, Hartmut von: Der Dichter Siegfried Lipiner (1856 – 1911). Dissertation, München 1932, S. 1 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 56.477).

79 Ebd. 80 Ebd. 81 Nach: Bach, J.: Siegfried Lipiner, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 10 vom 12.1.1912 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 63.491).

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schaftliche Gebiet.“82 Im zweiten Studienjahr studierte er zusätzlich Philosophie an der Universität Leipzig und verbrachte auch kurze Zeit an

der Universität Straßburg.

Neben dem Studium bewegte er sich in einem Kreis, dem illustre Persön-

lichkeiten angehörten, unter denen er seine Freunde wie Gustav Mahler,

Engelbert Pernerstorfer und Victor Adler83 fand. In diesen Kreisen wurden

vor allem Werke von Nietzsche und Paul de Lagarde gelesen. Als Be-

wunderer Nietzsches trat Lipiner bald mit ihm in Briefkontakt84. Anfänglich

war Nietzsche von dem jungen Lipiner und vor allem von seinen Werken

begeistert, doch bald wird Lipiner Nietzsche in seinen „Briefen allzu zu-

dringlich“85 und verliert dadurch den Kontakt zu Nietzsche wieder. In ei-

nem Brief schrieb Nietzsche über ihn:

„Von Lipiner ein Brief, lang, bedeutend für ihn sprechend, aber

von unglaublicher Impertinenz gegen mich. Den ‚Verehrer’ und seinen Kreis bin ich nun los, - ich athme dabei auf. Mir liegt

sein Werden sehr am Herzen, ich verwechsle ihn nicht mit sei-

nen jüdischen Eigenschaften, für die er nicht kann“86.

Robert A. Kann sieht in Lipiners Wesen allerdings weniger eine Zudring-

lichkeit, denn mit dieser ließe sich nicht bereits in so jungen Jahren ein

Kreis junger Männer um sich sammeln, er führt es eher auf eine „Unfähig-

keit oder Unwilligkeit“87 Lipiners zurück, „auf die Empfindlichkeit großer

Männer einzugehen“.

Denn nicht nur mit Nietzsche, sondern auch mit Richard Wagner hatte

Lipiner Kontakt. Noch während seiner Studienzeit wurde Lipiner von

Richard Wagner nach Bayreuth eingeladen, wo er der Uraufführung des

Parsifal beiwohnen durfte und in der Villa Wagners „längere Zeit als gerne festgehaltener Gast verweilte“88. Allerdings entstand zwischen Wagner

und Lipiner keine intensive Beziehung, nicht zuletzt wegen ihrer konträren

Einstellung gegenüber der Philosophie Schopenhauers.

Eine dauerhafte Freundschaft verband Siegfried Lipiner mit Gustav

Mahler. Dieser bezeichnet Lipiner als den

82 Hartungen, Hartmut von: A.a.O., S. 2. 83 Ausführliche Schilderungen deren Treffen in: Meysels, Lucian O.: Victor Adler, Wien 1997, S. 30ff. 84 Auf den Briefkontakt Lipiners mit Nietzsche wird ausführlich eingegangen in: McGrath, William J.:

Mahler und der Wiener „Nietzsche-Verein“, in: Golomb, Jacob (Hrsg.): Nietzsche und die jüdische Kultur, Wien 1998, S. 210 – 224 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 58.832).

85 Die Presse: Im Schatten des Übermenschen. Nietzsches Briefwechsel mit einem Wiener, Wien 20. August 1950.

86 Nietzsche, Friedrich: zit. nach: Hartungen, Hartmut von, a.a.O., S. 13. 87 Kann, Robert A.: A.a.O., S. 102. 88 Pernerstorfer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, in: Zeitschrift des Österreichischen Vereins für Bibliothekswesen, Jg. 3 (ganze Reihe: Jg. 16), Heft 2, Juni 1912, S. 122 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-275).

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„teuerste[n] Freund fürs Leben, bei dem er ‚Rat in allen mögli-chen Phasen des Daseins’ und ‚Beruhigung all’ seiner Zweifel

sucht und findet’“89.

Lipiner stellte in Mahlers geistigem Leben eine Schlüsselfigur dar. „Nicht

nur die Weltanschauung Mahlers ist von Lipiner entscheidend mitgeprägt

worden, sondern auch das Schaffen Mahlers steht teilweise unter Lipiners

starkem Einfluss. Das gilt insbesondere für die Zweite, die Dritte und die

Zehnte Symphonie.“90 Mahlers Zweite Symphonie war beispielsweise

angeregt durch Lipiners Übersetzung der Verse „Todtenfeier“ des polni-

schen Dichters Adam Mickiewicz.91 Zum 50. Geburtstag Mahlers widmete

Lipiner ihm eines seiner eigenen Gedichte.92 Allerdings wurde die Freund-

schaft zwischen Mahler und Lipiner getrübt, als Mahler seine spätere Gat-

tin Alma kennen lernte, da Lipiner und Mahlers Gattin eine „Feindschaft“93

hegten. Alma Mahler, geborene Schindler, bezeichnete Lipiner als „Böse-wicht“ und ausgesprochenen Feind. Dies gipfelte darin, dass in den acht

Jahren nach Mahlers Vermählung der Name Lipiners weder in Mahlers

Briefen noch in Almas Tagebüchern aufschien.94 Lipiner schien von sei-

nen Freunden Unterwerfung95 verlangt zu haben, was mit der ebenfalls

starken Persönlichkeit von Mahlers Gattin nicht zu vereinbaren war. Laut

Ingemar Söderberg, dem Enkel Lipiners, entstand der Streit zwischen

Alma Mahler und Siegfried Lipiner auch aufgrund verschiedener Ansich-

ten über den Maler Guido Reni, der von Lipiner verehrt, von Alma Mahler

jedoch abgelehnt wurde.

Das Jahr 1881, in welchem Lipiner in den Dienst der Reichsratsbibliothek

trat, stellte auch in seinem geistigen Schaffen einen Wendepunkt dar. „Die

christlich-religiöse Idee als Grundproblem seiner Weltanschauung tritt von nun an immer klarer hervor.“96 Als Zeichen hiefür vollendete er 1898 das

Werk „Adam“97, das als Vorspiel einer geplanten Christus-Trilogie ange-

legt war. Das Christus-Werk warf er allerdings „ins Feuer“, weil er „ein

stark kritischer Geist“ war, der „seine Leistungen zerfaserte“, was nach

Hainisch „das Unglück seines Lebens“ war98. Lipiner selbst sah diese

89 Hartungen, Hartmut von: A.a.O., S. 3. 90 Floros, Constantin: Gustav Mahler. I. Die geistige Welt Gustav Mahlers in systematischer Darstel-

lung, Wiesbaden 1977, S. 72. 91 Nach: Floros, Constantin: A.a.O., S. 82. 92 Laut Ingemar Söderberg, dem Enkel Siegfried Lipiners. 93 Nach: Floros, Constantin: A.a.O., S. 80. 94 Nach: Ebd. 95 Nach: Pernerstorfer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, a.a.O., S. 124. 96 Floros, Constantin: A.a.O., S. 75. 97 Lipiner, Siegfried: Adam. Ein Vorspiel, Stuttgart 1913 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 35.870). 98 Nach: Hainisch, Michael: 75 Jahre aus bewegter Zeit. Lebenserinnerungen eines österreichischen

Staatsmannes, Wien 1978, S. 130 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-1.501/64).

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Eigenschaft allerdings nicht, denn sein Freund, der Abgeordnete Engelbert Pernerstorfer schilderte:

„Er konnte es mir nie vergessen, dass ich ihm einmal sagte, er

sei durchaus ein kritischer Kopf. Nach Jahren, nachdem ich

diesen Ausspruch getan, kam er immer wieder auf ihn zurück

um mir zu beweisen, dass ich Unrecht habe.“99

1891 trat Lipiner zum Protestantismus100 über und kam so seiner neuen

Überzeugung und seinem geistigen Wandel hin zum christlich-zentrierten

Weltbild nach. Pernerstorfer stellte fest, dass Lipiner „ein überzeugter

Christ“101 war, allerdings nicht im kirchlichen Sinne.

„In den Dingen der Kunst, der Philosophie und der christlichen

Theologie war er ein bewundernswerter Gelehrter. Aber nicht

bloß ein solcher, der um die Dinge wusste. Er erhob sich über

sie durch selbstständiges Denken. Wer ihn oft stundenlang über einen solchen Gegenstand hat reden hören, der konnte

nicht leicht entscheiden, was größer an ihm sei: Die Summe

des fruchtbaren Wissens oder die Fülle eigener Gedanken.“102

Lipiner starb am 30. Dezember 1911 nach einem langen Leiden an Zun-

genkrebs 103. In einem Nachruf stand über den, der einst großen literari-

schen Ruhm genoss:

„Ein Unbekannter starb. Der Regierungsrat und Bibliotheksdi-

rektor war nicht jener Siegfried Lipiner, der vor einigen dreißig

Jahren am Geisteshimmel erschien und leuchtend seine Bahn

zog. Erst als dieser Feuergeist in das Dunkel eines Amtes ver-

schwand, ward er der, von dem eine karge Todesanzeige

sprach. Doch nicht ganz der, und ganz vermochte er dieser nicht zu sein. Wär’ er es ganz gewesen, man hätte ihn feier-

licher bestattet.“104

Allerdings wurde 50 Jahre nach dem Tod des Reichsratsbibliothekars und

Schriftstellers eine Straße im 23. Wiener Gemeindebezirk nach ihm be-

nannt105.

99 Pernerstorfer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, a.a.O, S. 124. 100 Lipiner weigerte sich, den katholischen Glauben als Christentum anzuerkennen. Nach: Pernerstor-

fer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, a.a.O, S. 124. 101 Pernerstorfer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, a.a.O, S. 124. 102 Pernerstorfer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, a.a.O, S. 123. 103 Nach Auskunft Ingemar Söderbergs. 104 Bach, J.: A.a.O. 105 Autengruber, Peter: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung. Herkunft. Frühere

Bezeichnungen, Wien 2001, S. 147 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 57.306,4.A).

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27

Der Bibliotheks-

leiter Auf Empfehlung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, der zugleich

Führer des Polenklubs106 war, Dr. Franciszek Smolka, bekam der 24

Jahre junge, aus Galizien stammende Lipiner die Chance, als Leiter der

Parlamentsbibliothek in die österreichische Beamtenlaufbahn einzutreten.

Dies war nicht nur wegen seines jugendlichen Alters erstaunlich, auch als

Sohn jüdischer Eltern war es oft schwierig, im katholischen Kaiserstaat

Fuß zu fassen. Hinzu kommt, dass er erst kurz zuvor sein Studium „auf-

grund einer sehr beachtlichen Dissertation über ‚Homunculus, eine Studie

über Faust und die Philosophie Goethes’ abgeschlossen“107 hatte.

Trotz dieser schwierigen Umstände schaffte es Lipiner „mit voller Zustim-

mung des Präsidenten des Herrenhauses, Graf Ferdinand

Trautmannsdorff-Weinsberg, zum Direktor der Bibliothek ernannt“108 zu werden. Hiezu heißt es in einem Brief von Smolka an den Ministerpräsi-

denten Taaffe:

„Der Herr Ministerpräsident [...] hat an mich das Ersuchen ge-

richtet [...] eine für diese Stelle [...] geeignete Persönlichkeit

namhaft zu machen.

Als solche glaube ich nun den Schriftsteller Siegfried Lipiner in

Wien benennen zu sollen, da derselbe alle Eigenschaften be-

sitzt, die ihn für diesen Posten vollkommen befähigen. Lipiner

ist nicht nur ein vorzüglicher wissenschaftlich gebildeter und

geistvoller, sondern auch mit der Literatur aller Kulturepochen

vertrauter Mann, der sich in seinem Privatleben des besten

Leumunds erfreut.“109 Wichtig ist, dass Lipiners

„Ernennung, die auf Betreiben eines freiheitlich gesinnten

Staatsmannes in einer nicht mehr liberalen Ära der österreichi-

schen Innenpolitik erfolgte, in keiner Weise auf von ihm ange-

botene oder verlangte Zugeständnisse zurückzuführen

ist“110.111

106 Der 1867 gegründete Polenklub war der Zusammenschluss der polnischen Mitglieder im

Abgeordnetenhaus des Reichrates. Weiterführend: Kucharski, Wladyslav S.: Polacy w austriackim parlamenicie. W 130. rocznice kola polskiego/Die Polen im österreichischen Parlament. Zum 130. Jahrestag des Polenklubs, Lublin, Wien 1997 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 57.903), sowie: Meldung der Parlamentskorrespondenz vom 27.05.2002 (Nr. 552) (www.parlament.gv.at).

107 Kann, Robert A.: A.a.O., S. 103. 108 Ebd. 109 Zit. Nach: Ebd. 110 Ebd. 111 Als Beweis führt Kann an, dass Lipiner erst nach zehn Jahren zum Protestantismus, nicht zum

Katholizismus übergetreten ist.

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Für Lipiner war der Posten des Bibliotheksleiters insbesondere wichtig, da er sich in einer finanziellen Krisensituation befand und daher unbedingt

zum Broterwerb gezwungen war. Die Stelle des Bibliothekars bot ihm so-

wohl das benötigte Einkommen, als auch, so war es zumindest in seinem

Freundeskreis geplant, die Möglichkeit, dem Schöngeistigen nachzuge-

hen, „doch nimmt Lipiner selbst sein Amt sehr gewissenhaft und widmet

sich ihm ganz“112.

„So dankt es in weitem Umfange ihm die Wiener Reichsrats-

bibliothek, der er 30 Jahre vorstand, dass sie von Sachver-

ständigen als eine der best eingerichteten der Welt bezeichnet

wurde.“113

In dem Nekrolog zu Lipiner schreibt sein Freund, Mandatar des Abgeord-

netenhauses und Bücherliebhaber114, Engelbert Pernerstorfer:

„Er fühlte das Bedürfnis, nicht nur ein totes Verwaltungsorgan zu sein, sondern er suchte sich zum lebendigen Beherrscher

des sachlichen Inhaltes der Büchermassen zu machen. Seine

Universalität machte er der Sache der Bibliothek dienstbar und

er hielt es für seine Pflicht, allen denen, die die Bibliothek be-

nützen wollten, ein sicherer Führer zu sein. Und so wenig kon-

genial ihm vielleicht gewisse Wissenszweige waren: man

konnte bei ihm nicht bloß erfahren, wo etwas Wissenswertes

über einen juristischen Gegenstand zu finden sei, er wusste in

der Regel selbst ziemlich viel, oft mehr von dem Gegenstande,

als der fragende Sachverständige selbst.“115

Auf der anderen Seite existieren auch Stimmen, die von dem idealtypi-

schen Bild eines Bibliothekars, das bisher aufgezeigt wurde, abweichen. So erinnerte sich der ehemalige Bundespräsident116 Michael Hainisch:

„Er hatte, zum Bibliothekar des Reichsrates ernannt, die Bib-

liothek neu geordnet und eingerichtet, worauf er sich dann aber

allerdings nur wenig um seinen Beruf kümmerte. Er ging viele

112 Hartungen, Helmut von: A.a.O., S. 8. 113 Natrop, Paul: Vorwort, in: Lipiner, Siegfried: Adam. Ein Vorspiel, Stuttgart 1913, S. 5 f. (Signatur

der Parlamentsbibliothek: 35.870). 114 Von Pernerstorfer ist folgender Ausspruch überliefert:

„Ich muß meine Bücher um mich haben. Sie bilden meine Dienerschaft und meinen Hofstaat. Sie sind meine Freunde, mit denen ich plaudere, sie sind meine mir so unentbehrlich notwendigen Gegner, mit denen ich streiten will, sie sind mein Harem und mein Lustgarten.“

Zit. nach: Wolensky, Madeleine: Pernerstorfers Harem und Viktor Adlers liebster Besitz oder zwei sozialistische Bibliophile, ihre Bücher und die Arbeiterkammerbibliothek. Schriftenreihe der Sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek unter der Leitung von Josef Vass, Wien 1994, S. 5 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-5.649/1).

115 Pernerstorfer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, a.a.O., S. 123.

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Monate auf Urlaub und empfing den ganzen Tag Besuche, wo-bei unter den Besuchern das weibliche Geschlecht sehr stark

vertreten war.“117

Mit der Einstellung Lipiners wurde ihm eine Entlohnung in Höhe von

1500fl. pro Jahr gewährt, die gleiche Summe, die schon der erste Reichs-

ratsbibliothekar, Johann Vincenz Goehlert, bekam. Allerdings scheint er

mit dem Gehalt nicht zurecht gekommen zu sein, denn schon im Jahr

1885 findet sich eine Eintragung in seinem Personalakt, die auf ein „Dar-

lehen des I. allgem. Beamten-Vereines (1200fl. nebst Zinsen etc.)“118 ver-

weist, das mit seinen Bezügen verrechnet werden soll. Dieses Darlehen

wurde ein Jahr später wieder gelöscht.

Nach seiner Promotion im Jahr 1894 wurde Lipiner im Dienstrang beför-

dert und mit dem Titel eines Regierungsrates ausgezeichnet. Hinzu kam eine Einkommenserhöhung auf 2200fl. pro Jahr.

Budget Die Bedeutung der Parlamentsbibliothek stieg aufgrund der „neuen

Weltoffenheit“, was sich nach dem Umzug in das neue Gebäude auch in

den finanziellen Zuwendungen niederschlug.

Zu diesem allgemeinen europäischen Trend, der die Bedeutung von Wis-

sen in Form von Bibliotheken forcierte, bemerkte Karl Hugelmann119:

„Wohl fehlt es bis zur Stunde an einem organisatorischen Ein-

greifen der Gesetzgebung und Verwaltung in großem Style,

welcher während der letzten Decennien in den Maßnahmen

anderer Staaten, so namentlich Preußens, Frankreichs, Italiens

und Englands, auf diesem Gebiete wahrzunehmen war120, die

Bibliotheken sind aber doch mehr als früher der Gegenstand der Fürsorge der Regierung und des Parlaments geworden

und, was wir besonders in Anschlag bringen, das öffentliche

116 Michael Hainisch war von 1920 bis 1928 österreichischer Bundespräsident. Als Gründer von

Volksbüchereien scheint ihm das Bibliothekarswesen ein Anliegen gewesen zu sein. 117 Hainisch, Michael: A.a.O., S. 130. 118 Verzeichnis der Akten betreffend Dr. Siegfried Lipiner, Verweis auf Nr. 80 Pr, IX. Session, 1885 (in:

Archivschachtel 1i „Stenographischer Dienst; Personalia“). 119 Karl Hugelmann war Jurist und Historiker und befasste sich unter anderem ausgiebig mit der Ent-

wicklung der Amtsbibliotheken. 120 Für Preußen kommt insbesondere in Betracht der Erlaß des Unterrichtsministeriums vom 15.

December 1893 betreffend die Aufnahmebedingungen und das Prüfungsstatut für den wissen-schaftlichen Bibliotheksdienst; für Frankreich der Erlaß des Unterrichtsministeriums vom 28. Juni 1886, welcher das kön. Decret vom 22. Februar 1839 betreffend die Einführung von "Comités d'inspection et d'achats" an den öffentlichen Bibliotheken in Erinnerung bringt und erläutert, das Ci-culär des Unterrichtsministeriums vom 20. November 1887, welches ein neues Reglement für die Universitätsbibliotheken erläßt; und das Decret des Unterrichtsministeriums vom 20. December 1893 über die Zulassungsbedingungen für den Bibliotheksdienst; für Italien das Regolamento vom 28. October 1885; für England der Public Libraries Act vom 27. Juni 1892.

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Interesse hat sich diesem Zweige des öffentlichen Lebens viel mehr als früher zugewendet.“121

Es gelang Lipiner, dass bereits im Staatsvoranschlag für das Jahr 1886

2000fl.122 für die Bibliothek vorgesehen waren, im Gegensatz zu den

1500fl., die bisher bewilligt waren. In den Jahren 1887 bis 1895 betrugen

die Zuwendungen gar 3500fl./Jahr. Offenbar hat es Lipiner verstanden,

innerhalb des Reichrates auf die finanziellen Notwendigkeiten der Biblio-

thek aufmerksam zu machen. Anders sind diese plötzlichen Erhöhungen

der Mittel durch das Abgeordnetenhaus nicht zu erklären. Lipiner konnte

begreiflich machen, dass für eine erfolgreiche Volksvertretung eine gut

funktionierende Bibliothek unabdingbar ist. Hiezu waren ihm Verweise auf

die besser dotierte Bibliothek des Deutschen Reichstages, aber auch auf

das rasante Wachstum der ungarischen Reichtagsbibliothek, die im Jahr

1902 bereits 50.375 Bücher123 umfasste124, hilfreich. Über die deutsche Parlamentsbibliothek schrieb er:

„Die Bibliothek des Deutschen Reichstages genießt einer [sic!]

jährlichen Dotation von 30.000 Mark, = 18.000, sage: Acht-

zehntausend Gulden ÖW. – Ich kann also, was sie im Laufe ei-

nes Jahres aufhäuft, erst binnen 12 Jahren angeschafft ha-

ben.“125

Und bei der Anforderung eines Amanuensis schreibt er über

„...die Bibliothek des ungarischen Reichstags [...], wo dem Bib-

liothekar ein Unterbibliothekar mit dem Gehalte von 1700fl.

beigegeben ist“126.

Die bereits erwähnten Dotationserhöhungen wurden dem Bibliothekar al-

lerdings nicht aus freien Stücken gewährt, sondern mussten von ihm ein-gefordert werden:

„Soll nun aber die Bibliothek ihrem Zwecke auch nur einigerma-

ßen würdig entsprechen, so dürfte es wohl bei der bisher ausge-

worfenen geringfügigen Summe nicht verbleiben dürfen. Auf den

121 Hugelmann, Karl: Die Entwicklung des österreichischen Bibliothekswesens im letzten Jahrzehnte

mit besonderer Rücksicht auf die Amtsbibliotheken, in: Österreichische Zeitschrift für Verwaltung, 29. Jg. Nr. 48, Wien 26.11.1896, S. 283 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-142) (Fußnoten im Original). Ein entsprechendes Zeugnis hiefür ist die am 8. Dezember 1895 erfolgte Gründung eines "Österr. Vereines für Bibliothekswesen“.

122 Die Buchbindekosten sowie der Aufwand für Blaubücher wurden von der Kanzlei getragen, so dass die gesamten 2000fl. für Neuerwerbungen zur Verfügung standen.

123 Karoly, Jonas/Katalin, Veredy: Az Orszaggyülesi Könyvtar Törtenete. 1870 – 1995, Budapest 1995, S. 488 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 55.805).

124 Zum Vergleich: Die österreichische Parlamentsbibliothek hatte trotz der Anstrengungen Lipiners im Jahre 1900 erst etwa 45.000 Bücher.

125 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses, Nr. 3499 AH vom 1. April 1885 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“).

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ersten Blick scheint ja diese Büchersammlung wohl eine reine Fachbibliothek zu sein, und man könnte meinen, mit der An-

schaffung der Gesetzessammlungen auswärtiger Staaten und

der wichtigsten Werke aus den politischen Disziplinen sei es

gethan. Selbst wenn das so wäre, könnte die jetzige Dotation

und selbst eine bedeutend höhere nicht genügen.“127

Dieser einleitenden Passage lässt Lipiner mehrere Seiten folgen, in denen

er die Notwendigkeit der Dotationserhöhung weiter ausführt, um mit der

Bitte um 5000fl. statt der bisherigen 1500fl. zu schließen. Allerdings wur-

den ihm zu diesem Zeitpunkt lediglich die schon erwähnten 2000fl. ge-

währt.

Personal Auf sein Betreiben hin wurde die schon von seinem Vorgänger 1880

beantragte Dienststelle eines weiteren Beamten in der Bibliothek endlich

im Jahr 1895 bewilligt. Gleich ein Jahr später wurde eine weitere Stelle geschaffen. Auf dem Gebiet des Personals galt die Parlamentsbibliothek

ohnehin schon als eine der privilegierten Bibliotheken, denn Hugelmann

stellte fest,

„dass unter allen Bibliotheken der diesseitigen Centralbehör-

den eine eigene Bibliothekarstelle (in der VIII. Rangsclasse)

nur bei den Bibliotheken des Ministeriums des Innern, der Fi-

nanzen und des Unterrichtes und bei der Reichsrathsbibliothek

systemisirt [sic!] ist. Desgleichen verschwindet der sachliche

Bibliotheksaufwand gemeiniglich im allgemeinen Amtspau-

schale128“.129

Lipiner erzielte beim Personal große Fortschritte. So wurde 1893 Dr.

Ladislaus Merklas als Hilfskraft eingestellt. Zur Anforderung von Merklas beschreibt Lipiner die schwierigen Umstände in der Reichsratsbibliothek:

„Es sei dem gehorsamst Gefertigten gestattet, hier einen Punkt

ganz besonders zu erwähnen: Die Benützung der Reichs-

rathsbibliothek erfolgt – man darf sagen: in der Regel – nicht,

wie die anderer Bibliotheken, die eine bibliographisch praezise

Bezeichnung des Gewünschten fordern, worauf das betref-

fende Werk mit Leichtigkeit gefunden und ausgefolgt wird:

vielmehr wird das Verlangen oft in ganz unbestimmter, ja un-

126 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses zur Anforderung von Merklas

vom 12. Januar 1893 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 127 Lipiner: Siegfried, Brief vom 1. April 1885, Nr. 3499 AH (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 128 Im Staatsvoranschlag für 1887 sind besondere Erfordernisposten dieser Art nur eingestellt bei der

Reichsrathsbibliothek (3500 fl. als "Bibliotheksauslagen"). 129 Hugelmann, Karl: Die Centralisation der Amtsbibliotheken in Wien, a.a.O., S. 143 (Fußnote im

Original).

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zutreffender Weise angegeben, in anderen, überaus zahlrei-chen Fällen aber überhaupt nur Auskunft über einen manchmal

ganz minutiösen Gegenstand, ohne Angabe des Fundortes,

oder im allgemeinen Material über eine Frage oder eine Reihe

von Fragen – auch dies häufig ohne bestimmte Bezeichnung

der Richtung, der zeitlichen Begrenzung u.s.w. – gewünscht.

Es braucht nicht darauf hingewiesen zu werden, wie zeitrau-

bend sich die Befriedigung solcher Wünsche vielfach gestal-

tet.“130

Ladislaus Merklas wurde bereits drei Jahre später, 1896, zum Am anuen-

sis und 1901 zum Bibliotheksadjunkt befördert. Er war der erste akademi-

sche Beamte, der neben dem Bibliotheksleiter Dienst in der Reichsrats-

bibliothek versehen durfte. 1895 folgte der spätere Bundespräsident, Karl

Renner, der ab 1. Januar 1896 seine Festanstellung131 in der Bibliothek bekam.

Die Dienstzeit

Karl Renners In seinen Lebenserinnerungen erzählt Karl Renner selbst aus führlich die

Geschichte seiner Einstellung in der Reichsratsbibliothek. So sei ihm an

einem sonnigen Novembertag die Nachricht zugetragen worden, der De-

kan der juristischen Fakultät, an der er zu diesem Zeitpunkt noch stu-

dierte, Prof. Philippovich132, sei schon längere Zeit auf der Suche nach

ihm gewesen. Durch diesen wurde ihm bei einer Vorsprache mitgeteilt:

„Der Direktor der Reichsratsbibliothek, Lipiner, habe sich an ihn

gewendet; er suche einen jungen Mann, der im staatswissen-

schaftlichen Seminar gearbeitet, außer nationalökonomischen auch eingehende staatsrechtliche Kenntnisse erworben und

politisches Interesse habe, vor allem aber ein flinker Arbeiter

sei; Lipiner beabsichtige den Buchbestand der Bibliothek neu

aufzunehmen und einen Materienkatalog in Druck herstellen zu

lassen. [...] Die Arbeit würde einige Monate in Anspruch neh-

men; erweise sich meine Eignung, so könnte ich wohl dauernd

als Beamter der Bibliothek angestellt werden. Karriere ließe

sich in dem Beruf nicht machen, aber er würde mir wissen-

schaftliche Arbeit ermöglichen, falls ich Lust und Eignung be-

130 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses zur Anforderung Merklas’. vom

12. Januar 1893 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 131 Vom 1. bis 31. Dezember 1895 wurde Renner zur Probe eingestellt. Vgl. Renner, Karl: An der

Wende zweier Zeiten. Lebenserinnerungen, Wien 1946 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 23.383).

132 Univ. -Prof. Eugen Philippovich von Philippsberg: 1858 - 1917, Nationalökonom, der dem sozialdemokratischen Gedankengut nahe stand.

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säße, die akademische Laufbahn einzuschlagen. Selbstver-ständlich sei, dass ich auf jede aktive politische Parteitätigkeit

verzichte, da ich dort allen Parteien in gleicher Weise zu dienen

habe. Ich beschloß, mich auf jeden Fall sofort vorzustellen und

erhielt von Philippovich ein Einführungsschreiben an Lipiner.“133

Der Verzicht auf die Parteitätigkeit fiel ihm jedoch so schwer, dass er den

Vorstellungstermin wegen langen Überlegens um eine Stunde verpasste.

Trotz der Verspätung entschloss er sich, in der Reichsratsbibliothek vor-

zusprechen:

„Als ich in die kühlen, schweigenden Räume der Bibliothek

eintrat, empfing mich ein langer, hagerer, ernster Beamter, Dr.

Ladislaus Merklas, und teilte mir mit, der Chef sei noch da und

verhandle noch mit einem Bewerber. Schon im nächsten Au-

genblick kam Lipiner mit einem stattlichen, in dunklen Respekt-anzug gekleideten Herrn, Dr. Karl Neißer, in den Saal und ver-

abschiedete ihn freundlich. Ich machte mich bemerkbar, grüßte

und gab das Schreiben Philippovichs ab. ‚Jetzt kommen Sie?

Die Sache ist soeben so gut wie entschieden worden.’ Lipiner

musterte mich eine geraume Weile und meinte dann: ‚Im mer-

hin, kommen Sie weiter!’ Ich blieb bei ihm bis drei Uhr, gab auf

seine zahlreichen, blitzartig aufgeworfenen Fragen aus allen

Gebieten der Staatswissenschaften Antwort, musste ihm auch

meine Lebensumstände schildern und eine Handschriftprobe

ablegen, und zwar in doppelter Richtung, auf Schnell- und

Schönschrift hin. Endlich erklärte er mir: ‚Der Neißer hat bereits

eine Zusage; aber Sie passen mir besser; er ist Philosoph, Sie sind Jurist; Sie sind jünger und weitaus rascher. Ich kann Sie,

wie die Dinge jetzt liegen, nur engagieren, wenn es mir vorher

gelingt, für Dr. Neißer, der von verschiedenen Seiten bestens

empfohlen ist, im Hause eine andere Stelle zu finden.“134

Dr. Karl Neißer wurde schließlich im Parlamentsarchiv angestellt, so dass

Renner bald darauf die Stelle in der Bibliothek bekam. Renner

„wurde angeboten, ohne Vertrag mit einem Diurnum von vorläu-

fig 80 Kronen (vierzig Gulden) monatlich, als wissenschaftlicher

Hilfsarbeiter [...] an der Drucklegung des Materienkatalogs mit-

zuarbeiten; tägliche Dienstzeit von 9 bis 12 und von 2 bis 5 Uhr,

Dienstantritt am 1. Dezember 1895. Wenn ich mich bewähre und

den Doktor juris nachgetragen, bestünde Aussicht, dass ich in

133 Renner, Karl: An der Wende zweier Zeiten, a.a.O., S. 290. 134 Renner, Karl: An der Wende zweier Zeiten, a.a.O., S. 293.

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den Status der Bibliotheksbeamten in der zehnten Rangklasse, somit in den ordentlichen Staatsdienst, übernommen werde. Ich

nahm an.“135

Nachdem Karl Renner sein Rigorosum hinter sich gebracht hatte, wurde

er 1897 zum Amanuensis in der zehnten Rangklasse erhoben. Für sein

1896 abgelegtes Rigorosum erhielt Renner postum finanzielle Aushilfen

aus der Staatskasse in Höhe von je 50fl.136 Im Frühjahr 1896 heiratete

Renner auch seine Verlobte Luise137. Er hatte allerdings Schwierigkeiten

bei der Verbeamtung bekommen, da er ohne Trauschein bereits mit sei-

ner zukünftigen Gattin zusam mengelebt hatte. Lipiner machte allerdings

„eine leidenschaftliche Eingabe [...], worin er umgekehrt bewies,

es sei von mir ein Akt echter Sittlichkeit gewesen, die bei Stu-

denten üblichen Abwege der Prostitution zu vermeiden, in der

festen und auch eingehaltenen Absicht, das Mädchen seiner Wahl auch zu ehelichen, ein dauerndes Verhältnis einzugehen,

es zeige nicht Leichtsinn, sondern den hohen Ernst meiner Le-

bensauffassung, dass ich durch eigene Arbeit die Meinen so

lange erhalten habe, bis eben die Eheschließung möglich ge-

worden.“138

Der Beamtenlaufbahn Renners standen nun keine Hindernisse mehr im

Weg, so dass er kontinuierlich bis zu seiner Beurlaubung 1907 aufstieg139,

in der er dem Präsidium des Abgeordnetenhauses mitteilte:

„Infolge meiner Wahl zum Reichsratsabgeordneten bin ich so-

wohl während der Tagung als auch außerhalb dieser Zeit durch

die aus dem Mandat erwachsenden Aufgaben in dem Maße in

Anspruch genommen, dass ich meinen Dienst in der Bibliothek nicht versehen kann. Da während der immer kürzer werdenden

Zeit der Vertagung bei bestem Willen eine ersprießliche, zu-

sammenhängende Tätigkeit in der Bibliothek - und nur mit einer

solchen wäre der Verwaltung gedient - faktisch auf die Dauer

ausgeschlossen erscheint, stelle ich die Bitte, meine dauernde

135 Renner, Karl: An der Wende zweier Zeiten, a.a.O., S. 294. 136 Laut Personalakt Renner: 1898 Aushilfen von je 50fl. zur Bestreitung des 2. und 3. juristischen

Rigorosums. 137 Nach: Ziegler, Senta: Österreichs First Ladies. Von Luise Renner bis Margot Klestil-Löffler, Wien

1999, S. 16 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 59.412). 138 Renner, Karl: An der Wende zweier Zeiten, a.a.O., S. 297. 139 Vom Amanuensis wurde Renner 1901 zum provisorischen Bibliotheksadjunkt befördert und ein

Jahr später zum definitiven Bibliotheksadjunkt. Nach seiner Beurlaubung 1907 wurde er im Jahre 1909 noch zum Bibliotheksdirektor II. Klasse befördert.

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Beurlaubung für die laufende Wahlperiode veranlassen zu wollen.“140

Diesen Brief schrieb Renner allerdings erst etwa ein halbes Jahr nach

seiner Angelobung als Abgeordneter141. Offenbar versuchte er anfänglich

die Stelle in der Bibliothek mit seiner Tätigkeit als Abgeordneter zu verein-

baren. 1909 wurde der Beamte Karl Renner zum „Bibliotheksdirektor II.

Classe“ ernannt, zeitgleich mit der Ernennung des Direktors der Reich-

ratsbibliothek Siegfried Lipiner zum „Bibliotheksdirektor I. Classe“.

Wegen seiner politischen Karriere sollte Renner allerdings nie wieder in

den Bibliotheksdienst zurückkehren. Der Bibliothek blieb Renner aber

weiterhin treu, obwohl er offenbar die als Bibliothekar gemachten Erfah-

rungen vergaß und selbst ein säumig zurückgebender Benutzer wurde. In

jährlichen Mahnungen wegen nicht zurückgegebener Bücher wurde

Renner im Jahr 1918 wegen vier Büchern, die seit 1914 entlehnt waren, und wegen zwei Büchern, die er seit 1913 noch nicht zurückgegeben

hatte, gemahnt. Dies war allerdings kein „Phänomen Renner“, denn der

Präsident des Abgeordnetenhauses, Freiherr von Chlumecky, rief die Ab-

geordneten bereits 1895 auf:

„Ich muß angesichts mancher Vorkommnisse die geehrten Her-

ren sehr dringend bitten, sich bezüglich der Entlehnung und

insbesondere der Rückstellung der Bücher genau an die Bib-

liotheksordnung zu halten. Von Seite des Präsidiums wird

diesfalls der größte Nachdruck darauf gelegt werden, dass

diese Bestimmungen eingehalten und nicht, wie es vielfach

vorkommt, Bücher, welche von vielen Herren Abgeordneten

gewünscht werden, in der Hand einzelner Abgeordneter oft jah-relang zurückbehalten werden. Ich werde also meinerseits al-

len dem Präsidium zustehenden Einfluß in der Richtung aus-

üben, dass die Bibliotheksordnung genau eingehalten

werde.“142

In der Bibliothek wurde das Ausscheiden Renners als sehr schmerzlich

empfunden. Bei der Anforderung von Ernst von Frisch als Ersatz für

Renner bemerkte Lipiner:

„...muss doch gerade bei diesem Anlasse dem Schein gewehrt

werden, als ob dieser formelle Ersatz für Dr. Renner auch ei-

nen materiellen bedeuten sollte. Von einem solchen wird –

140 Renner, Karl, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses, Nr. 134 AH PR vom 3. Februar

1908 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 141 Renner wurde am 17. Juni 1907 in der ersten Sitzung der Session angelobt. 142 Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichi-

schen Reichsrathes, XI. Session, 422. Sitzung, 25. Oktober 1895.

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nicht was die individuellen Qualitäten, sondern was die rein-fachliche Tüchtigkeit des Dr. Renners betrifft – erst dann die

Rede sein können, wenn neben Dr. v. Frisch eine rechts- und

staatswissenschaftlich gebildete Hilfskraft in den Dienst der

Bibliothek gestellt wird.“143

Im Jahr 1948, zwei Jahre vor seinem Tod, wurde Renner wegen seiner

Bibliothekstätigkeit vom Verein österreichischer Bibliotheken zum Ehren-

mitglied ernannt. So stand in den „Mitteilungen der Vereinigung Österrei-

chischer Bibliothekare“ nach seinem Tod am 31. Dezember 1950 in der

Januar-Ausgabe:

„Der Ehrenprotektor unserer Vereinigung, Bundespräsident Dr.

jur. Dr. h.c. Karl Renner ist am 31.Dezember 1950 gestorben.

Die österreichischen Bibliothekare betrauern nicht nur mit allen

Österreichern den Tod des erfahrenen und väterlichen Staats-lenkers und edlen Menschen, sie verlieren in dem Verewigten,

dessen Andenken sie treu bewahren werden, auch einen ehe-

maligen Fachkollegen, der trotz der vielfältigen Aufgaben sei-

nes hohen Amtes, stets werktätiges Verständnis für die Nöte

des Bibliothekswesens bewies.“144

Personal Neben den genannten Beamten verrichteten mehrere Bibliotheksdiener in

dieser Zeit ihren Dienst. Vor allem zur Ausarbeitung des Materienkatalogs

wurden temporär zahlreiche Aushilfsstellen besetzt. Die Dienerposten in

der Reichsratsbibliothek erfreuten sich größter Beliebtheit. Auf ausge-

schriebene Posten gab es zahlreiche Bewerber. So ist in einem Akt aus

dem Jahr 1896 vermerkt: „Zunächst sind von den 69 Bewerbern acht, als ungarische

Staatsbürger oder wegen Mangels eines Certificates145, als

nicht anspruchsberechtigt von vornherein auszuscheiden“146.

Es liegt ebenfalls ein Verzeichnis über die Bewerber eines 1893 in der

Wiener Zeitung ausgeschriebenen Dienerpostens vor. Darin werden de-

tailliert die Bewerber mit ihren Empfehlungsschreiben, beruflichem Wer-

143 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses, zur definitiven Anstellung Dr.

v. Frischs vom 3. Februar 1908 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 144 Mitteilungen Österreichischer Bibliothekare, Jg.4, Wien Jänner 1951, S.1 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: I-275). 145 Die sogenannten Zertfikatisten wurden aufgrund langjähriger Militärdienstzeit je nach Dienststelle

bevorzugt in den öffentlichen Dienst aufgenommen. „Unteroffiziere, welche mindestens zwölf Jahre, davon wenigstens acht Jahre als Unteroffiziere, im Heer, in der Marine oder in der Landwehr ‚gut conduisirt’ gedient hatten, waren zur Besetzung der ‚Dienerschafts- und Aufsichtsposten“ bei den staatlichen Behörden und Anstalten ausschließlich heranzuziehen“. Nach: Megner, Karl: Beamte, a.a.O., S. 229.

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degang und persönlichen Eindrücken tabellarisch gegenübergestellt. Ein-gestellt wurde Johann Redl, der bereits Bibliotheksdiener im k.k. Ministe-

rium des Inneren war, und dessen ehemaliger Vorgesetzter ihm beschei-

nigte, dass er ihn nur ungern verlieren würde. Offenbar war die Reichs-

ratsbibliothek angesehener oder höher dotiert als die Bibliothek des Mi-

nisteriums des Inneren147.

Interessant ist, dass sich unter den abgelehnten Bewerbern der

Reichsratsbibliothek auch solche finden, die später internationale Karriere

machen sollten. So bewarben sich 1908 unter anderem der spätere

tschechoslowakische Präsident, Dr. Edvard Beneš148, und der spätere

Professor für politische Ökonomie, Dr. Alfred Amonn, für einen Biblio-

theksposten, der allerdings mit dem „schon drei Jahre im Archiv des Ab-

geordnetenhauses beschäftigte[n] Dr. jur. Ernst Lemm“149 besetzt wurde.

An dem oben erwähnten Concours von 1893 war ein Bewerber beteiligt, der allerdings erst bei der Besetzung der nächsten freien Stelle im Jahr

1896 in den Reichsratsbibliotheksdienst aufgenommen werden sollte.

Diesen Mann, Josef Ritter von Troll150, ereilte in der Reichsratsbibliothek

nach zehnjährigem Dienst sein Schicksal. Der Bericht eines Arztes der

Wiener Freiwilligen Rettungs-Gesellschaft sagte folgendes aus:

„Heute 12.08 N.M. wurden wir telefonisch nach dem Abgeord-

netenhause gerufen und fanden dort im Vorzimmer der Biblio-

thek den 50 jähr. Diener der Bibliothek Josef Ritter von Troll,

VII Siebensterngasse 41 wohnhaft mit einer Einschussöffnung

an der l. Schläfe als Leiche vor.

Von Troll hatte sich kurz zuvor dortselbst in selbstmörderischer

Absicht (Motiv: Krankheit) aus einem 9mm kalibrigen Revolver eine Kugel in den Kopf gejagt.

Die Leiche verblieb darselbst unter Obhut des k.k. J.W. In-

spector Roling, der die Effecten: 1 Geldbörse mit 7.28K, 2 Ab-

schiedsbriefe, 1 Brieftasche, 1 Legitimation, 1 Waffenpass, 1

146 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses, zur dringenden Anstellung

von Joseph Ritter von Troll vom 2. Mai 1896 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 147 Zu Zeiten der Monarchie war die Administrative Bibliothek dem Innenministerium unterstellt. Spä-

ter, in der Ersten und Zweiten Republik, war und ist die Administrative Bibliothek dem Bundes-kanzleramt eingegliedert.

148 Edvard Beneš war von 1935 bis 1938 und von 1945 bis 1948 Präsident der Tschechoslowakei. Er war in diesem Amt Nachfolger von Masaryk, der knapp zehn Jahre als Mandatar dem österreichi-schen Reichsrat angehörte.

149 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 436. 150 Ein Kuriosum stellt dar, dass ein Adeliger sich um eine Dienerstelle bewarb, da dieses seinen

kompletten sozialen Abstieg bedeutete. Durch einen Dienerposten verlor ein Adeliger seine soziale Reputation.

Page 38: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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Revolver, 1 Cigarrentasche, 1 silb. Uhr mit Kette, 1 Zwicker und 2 Schlüssel übernahm“151

Offenbar hatte Troll zusätzlich finanzielle Probleme, da ein Brief Renners

an das Präsidium feststellte, Troll habe einen Gehaltsvorschuss von

300K. erhalten, von dem er erst eine Rate getilgt hatte. Daher bat er das

Präsidium die nötigen Schritte einzuleiten, um schnell an das ausste-

hende Geld zu kommen, „da die Hinterlassenschaft geringfügig, wenn

nicht passiv ist“152.

151 Wiener Freiwillige Rettungs -Gesellschaft, Meldezettel, Wien 3. August 1906, 1 Uhr 55 min. (in:

Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 152 Renner, Karl, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses vom 8. August 1906 (in: Archiv-

schachtel 1k „Bibliothek“).

Page 39: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

39

Karl Renner – biographische Skizze Renner prägte die Parlamentsbiblio-

thek sowohl als erster dort tätiger Ju-

rist als auch durch seine Innovationen

bei der Einführung eines neuen Ka-

talogsystems, des systematischen

Kataloges.

Vom armen Bauernbub153 schaffte es

Renner zum österreichischen Bun-

despräsidenten und zu einer prägen-den politischen Figur der Ersten und

Zweiten Republik. Renner wurde am

14. Dezember 1870 in Unter-Tanno-

witz (Mähren) geboren. Er

„war von seiner Herkunft aus ar-

men ländlichen Verhältnissen im

gemischtsprachigen Gebiet Süd-

mährens geprägt“154.

Durch die Verhältnisse, in denen er

aufgewachsen ist, wurde er früh zu

sozialem Denken angeregt, was ihn

seine politische Heimat in der Sozial-

demokratie finden ließ. Durch die Gemischtsprachigkeit des Gebietes,

in dem er aufwuchs, wurde er für na-

tionale und ethnische Fragen sensibi-

lisiert. Auf diese Themen beziehen

sich auch Renners frühe Veröffent-

lichungen155.

153 Pelinka, Anton: Karl Renner, in: Dachs,

Herbert/Gerlich, Peter(Hrsg.): Die Politi-ker, Wien 1995, S. 491 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 55.227).

154 Nach: Pelinka, Anton: A.a.O., S. 485. 155 So beispielsweise: Synopticus [Renner,

Karl]: Staat und Nation. Zur österreichi-schen Nationalitätenfrage, Wien 1899 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 10.094) oder: Springer, Rudolf [Renner, Karl]: Der Kampf der österreichischen

Sein Studium der Rechtswissen-

schaften an der Universität Wien

dauerte von 1890 bis 1896. Er

schloss es 1896 mit Dr. jur. ab. Be-

reits während seines Studiums be-

gann er seinen Dienst in der Reichs-

ratsbibliothek am 1. Dezember 1895.

In den Beamtenstatus wurde er aller-

dings erst nach leidenschaftlicher

Intervention durch den Direktor der Parlamentsbibliothek, Siegfried

Lipiner, nach erfolgreichem Rigoro-

sum und nach der Hochzeit mit Luise

Stoisits übernommen. Während sei-

ner Tätigkeit als Beamter der Reichs-

ratsbibliothek war ihm „jede aktive po-

litische Parteitätigkeit“156 untersagt.

Das war der Grund, weshalb seine

Veröffentlichungen in dieser Zeit unter

Pseudonymen erfolgten157.

Gleich bei der ersten allgemeinen und

gleichen Wahl158 im Jahr 1907 zog Renner für die Sozialdemokraten als

Abgeordneter des niederösterreichi-

schen Wahlkreises Neunkirchen in

den Reichsrat ein. Dem Parlament

gehörte er ununterbrochen bis 1933,

Nationen um den Staat, Leipzig 1902 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 10.678).

156 Renner, Karl: An der Wende zweier Zeiten, a.a.O., S. 290.

157 Die Pseudonyme waren unter anderem Rudolf Springer oder Synopticus.

158 Das Wahlrecht war allerdings nur ein allgemeines, gleiches, direktes Männer-wahlrecht. Das allgemeine Wahlrecht auch für Frauen wurde in Österreich erstmals im Jahre 1919 angewandt.

Page 40: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

40

also 26 Jahre lang, an. Björn Engholm, der ehemalige Schleswig-

Holsteinische Ministerpräsident und

SPD-Vorsitzende bezeichnete ihn als

„Rechtstheoretiker, Soziologen“ sowie

als „Parlaments- wie Regierungs- und

Verwaltungsfachmann“159.

Nach dem Ende des Ersten Welt-

kriegs wurde er, der gemäßigte Sozi-

aldemokrat, zum ersten Regierungs-

chef der Republik Österreich160. Er

war der geeignete Mann der Mitte, mit

dem sich auch das bürgerliche Lager,

wegen seiner gemäßigten, nicht re-volutionären Position, einverstanden

erklären konnte. Für die Sozialdemo-

kraten war er ein Sprungbrett zur

Macht, die noch in den Jahren zuvor

in weiter Ferne schien. So war er

auch auf Seiten der Sozialdemokratie

die geeignete Persönlichkeit, die

allerdings dem „rechten“ Flügel zuge-

ordnet wurde.

Renner war der Präsident der öster-

reichischen Delegation bei den Frie-

densverhandlungen in St. Germain, wo er das Anschlussverbot an das

Deutsche Reich akzeptieren musste.

Das brachte ihm innenpolitisch große

Schwierigkeiten ein, denn die

Deutschnationalen verließen aus

diesem Grund die Regierung, aber

auch sein „Staatssekretär des Äuße-

ren trat unter Protest von seinem Amt

159 Engholm, Björn: Vorwort, in: Nasko

Siegfried/Reichl, Johannes: Karl Renner. Zwischen Anschluß und Europa, Wien 2000 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 61.466).

160 Zu diesem Zeitpunkt hieß die Republik noch Deutschösterreich.

zurück“ 161. Als Konsequenz daraus übernahm Renner selbst das Außen-

ressort.

In seiner Rolle als Staatskanzler wur-

den ihm große integrative Leistungen

abverlangt. Zu Beginn hatte er eine

Allparteienregierung zu leiten, an-

schließend führte er immerhin noch

eine Große Koalition, bis sich die

Wähler 1920 für eine bürgerliche Re-

gierung entschieden.

In den Jahren 1930 bis 1933 war er

Präsident des Nationalrates. Sein

Rücktritt als Präsident des National-rates in der Sitzung am 4. März 1933

löste den Rücktritt des gesamten Prä-

sidiums und damit das Ende des

Parlamentarismus in der Ersten Re-

publik aus. Nachdem die Geschäfts-

ordnung des Nationalrates für diesen

Fall keine Regelung vorsah und es

am übereinstimmenden Willen, we-

nigstens im Parlament, fehlte, diese

Krise gemeinsam zu überwinden,

nutzte die Regierung Dollfuß die

Gelegenheit, ab diesem Zeitpunkt mit-tels Notverordnungsrecht der Verfas-

sung und Kriegswirtschaftlichem

Ermächtigungsgesetz aus 1917 zu re-

gieren.162

Ein sehr umstrittenes Kapitel seines

Lebens und seiner politischen Lauf-

bahn umfasst die Ereignisse des

Jahres 1938. Renner gab am 3. April

1938 ein Interview im Neuen Wiener

161 Pelinka, Anton: A.a.O., S. 486. 162 Vgl. Czerny, Wilhelm F.: Der Schicksals-

tag 4. März 1933: Zum Ende des Parla-mentarismus in der Ersten Republik. In: Wilhelm F. Czerny, Parlament und Par-teien, Wien 1994, S. 147–164 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 54.290).

Page 41: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

41

Tagblatt, „in dem er sich dezidiert für den Anschluss an Deutschland aus-

spricht“163. Über die Beweggründe

Renners, dieses zu tun, existieren

vier Thesen, die von S. Nasko und J.

Reichl in ihrer Renner-Biographie

ausgeführt werden164. So wird bei-

spielsweise angeführt, dass Renner

durch ein öffentliches Bekenntnis zum

Anschluss die Möglichkeit gesehen

hatte, Parteifreunden eine Entlassung

aus der Haft zu ermöglichen. Die

zweite These unterstellt Renner, den

Anschluss aus Überzeugung favori-siert zu haben. Der Selbstschutz

Renners sowie die Verhinderung von

Opfern stellen die dritte und vierte

These dar.

Wegen seines integrativen Talentes

wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg

mit der Leitung der Provisorischen

Staatsregierung beauftragt. Bereits

1945 nahm er Kontakt zu Stalin auf.

Ein Brief an den „ ‚sehr geehrten Ge-

nossen’ Stalin“165 brachte ihm beson-

dere Kritik ein. Doch zumindest ist darauf zu verweisen, dass Österreich

nach dem Zweiten Weltkrieg eine

Möglichkeit gefunden hatte, sich von

der Besatzung der vier Siegermächte

zu befreien, ohne zu einem sowjeti-

schen Satellitenstaat zu werden. Dies

ist sicherlich auch den guten Bezie-

hungen zwischen der österreichi-

163 Nasko Siegfried/Reichl, Johannes:

A.a.O., S. 55. An dieser Stelle findet sich auch das Interview expressis verbis ab-gedruckt.

164 Nasko Siegfried/Reichl, Johannes: A.a.O., S. 55ff. Eine andere Position nimmt Pelinka ein, in: Pelinka, Anton: A.a.O.

schen Staatsregierung und der sowjetischen Staats führung zu ver-

danken. Allerdings konnte Renner die

endgültige Befreiung Österreichs

durch den Staatsvertrag von 1955

nicht mehr erleben, denn er starb am

31. Dezember 1950. Seine Rundfunk-

rede zum Jahreswechsel war bereits

aufgenommen worden und wurde

gespielt, als er bereits tot, sein Tod

aber noch nicht öffentlich bekannt

gemacht worden war166.

„Karl Renner war zeitlebens kein

Anti-Staatsideologe; an die Stelle physischer Gewalt zur Einhaltung

oder Veränderung von Gesell-

schaftsordnung setzte er die Kraft

des Rechtes und die Macht der

Idee – mit diesem Ziel, den Staat

umzuformen und ihn der breiten

Bevölkerung dienstbar zu machen.

[...]

Aus dieser Philosophie heraus

suchte er das Arrangement mit

dem faschistischen Ständestaat,

eine Entscheidung, die bis heute – zu Recht – ebenso für Dispute

sorgt wie sein trotz sichtbarer Dis-

tanz zum Nationalsozialismus ge-

troffenes Votum zum Anschluss.

Dass er sich als Gründer und

Staatskanzler der Zweiten Repu-

blik sowohl um das Vertrauen Sta-

lins wie das der Westmächte be-

mühte, entsprach dieser seiner

politisch-philosophischen Grund-

haltung.“167

165 Zit. Nach: Pelinka, Anton: A.a.O., S. 493. 166 Nach: Pelinka, Anton: A.a.O., S. 490. 167 Engholm, Björn: A.a.O., S. 13.

Page 42: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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Renner „war der Baumeister der Ersten und stand an der Wiege der

Zweiten Republik, er kam aus der

Weite der Donaumonarchie und

wurde zu einem großen Staats-

mann im kleingewordenen Öster-

reich“168.

168 Goldinger, Walter: Renner Karl, in:

Österreichische Akademie der Wissen-schaften (Hrsg.): Österreichisches Bio-graphisches Lexikon 1815 – 1950, IX. Band, Wien 1988, S. 81.

Page 43: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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Katalog Der erste Katalog unter der Leitung Lipiners wurde nach dem Umzug in das neu eröffnete Parlamentsgebäude am Ring 1884 in Druck gegeben

und veröffentlicht. Dieser Katalog war das Resultat einer 1883 begonne-

nen „Neuordnung und Neukatalogisierung der Bibliothek“ 169 Dieser um-

fasste nun 20 Themenbereiche, die wiederum untergliedert waren. Im An-

hang befindet sich ein alphabetisch geordnetes Sachregister. Ein Autoren-

register fehlte, wurde aber auf Verlangen der Bibliotheksbenutzer im

zweiten Supplementband im Jahr 1887 nachgeliefert. Im Jahr 1884 wurde

der Bibliotheksbestand mit 18.619 Werken beziffert. Insgesamt wurde der

Bibliothekskatalog durch drei Supplementbände in den Jahren 1885, 1887

und 1890170 ergänzt. Allerdings war dieser Katalog noch kein vollständi-

ger, denn Lipiner selbst schrieb hiezu, dass

„der 1884 veröffentlichte [Katalog] längst veraltet und die Beu-

gung der zahlreichen Nachträge naturgemäß zeitraubender und mit Mühe verbunden, daher dem eine rasche Orientirung

[sic!] Wünschenden sehr unliebsam ist.“171

Im Jahr 1887 reichte Lipiner eine Manuskriptprobe an das Präsidium des

Abgeordnetenhauses ein, womit er einer Aufforderung des Präsidiums

nachkam. Sicherlich stellte dieses Sach- und Autorenregister die Grund-

lage für das Autorenverzeichnis im Supplementband 1887 dar, doch

scheint dieses handgeschriebene Register ebenfalls zur Benutzung in der

Bibliothek vorgesehen gewesen zu sein. Die Manuskriptprobe stellt eine

zweifarbige Aufstellung dar. Die Sachgruppen in roter Schrift waren in

derselben alphabetischen Ordnung wie die mit schwarzer Tinte geschrie-

benen Autoren eingereiht. Im gedruckten Katalog hingegen waren zwei

verschiedene Register benötigt worden. Lipiner hebt in seinem Anschrei-ben zur Manuskriptprobe die Zweckmäßigkeit hervor, die sich ergibt, wenn

sich sowohl das Sachregister, als auch das Autorenregister „in demselben

Verzeichnisse“172 befinden. Daher ist anzunehmen, dass dieses ge-

mischte Sach- und Autorenregister, obwohl es nicht gedruckt wurde, Ver-

wendung in der Bibliothek fand.

In gemeinsamer Arbeit der drei Bibliothekare, Lipiner, Renner und

Merklas, wurden neue Kataloge entwickelt. Den Trend zu einer immer

besseren Erschließung der Buchbestände beschreibt Hugelmann:

„Der Gedanke, daß nur eine solche Katalogisirung [sic!] sich

auf der Höhe der Bibliotheksaufgaben bewegt, welche die

169 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 434. 170 Ende 1887 umfasste der Buchbestand 23.397 und Ende 1890 25.529 Werke. 171 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses zur Anforderung von Merklas

vom 12. Januar 1893 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“).

Page 44: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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Kenntnis der Bücherbestände der ganzen Welt vermittelt, dass, um es kurz zu sagen, nur die Drucklegung der Bibliothekska-

taloge den todten Büchermassen die Eigenschaft mit voller

Kraft wirkender Bildungsmittel verleihen kann, bricht sich, wenn

nicht alle Zeichen trügen, immer mehr und mehr Bahn.“173

„Ab dem Ende des Jahrhunderts begannen sich im deutschen

Sprachraum langsam die ‚Preußischen Instruktionen’ durchzu-

setzen, relativ exakte Anleitungen für die Nominalkatalogisie-

rung“.174

Die Katalogisierung nach den Preußischen Instruktionen erfolgte sowohl

in dem Bandkatalog, der bis 1975175 geführt wurde, als auch in dem

Zettelkatalog, der bis 1995 fortgeführt wurde176; heute aber in Form der

gescannten und mittlerweile auch OCR-gelesenen Zettel als EDV-Katalog

1869-1994 im Intranet der Parlamentsdirektion Verwendung findet. So wurde im Jahr 1896 der 480 Seiten starke Nominalkatalog in Druck

gegeben, der diesen Preußischen Instruktionen folgte. Dieser Katalog

umfasst, ähnlich der Manuskriptprobe von 1887, sowohl Autoren, als auch

Sachtitel in einer Liste, alphabetisch geordnet. Diesem Katalog war für

Nachträge zu einer Druckseite jeweils eine Leerseite beigeheftet, damit

Ergänzungen möglich waren, die den Katalog aktuell halten sollten. Bis

zum Jahr 1975 wurde in einem Exemplar dieses Bandkataloges auch tat-

sächlich nachgetragen. Dieser Katalog existierte sowohl als einbändige

Ausgabe, als auch als ein in zwei gleiche Bände aufgeteiltes Werk (A-L,

M-Z).

Gleichzeitig begann man ebenfalls im Jahr 1896 mit der Erstellung eines

systematischen Zettelkataloges, indem man die aus dem Realkatalog ausgeschnittenen Buchangaben auf die Zettel aufklebte. Gleiche Kartei-

karten waren schon in einem Muster, das Päumann an das Präsidium des

Abgeordnetenhauses sandte, zu finden. Ob die Zettel von Päumann für

172 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses, Nr. 1395 Abg.H., vom 16.

September 1887 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“) (Unterstreichung im Original). 173 Hugelmann, Karl: "Die Entwicklung des österreichischen Bibliothekswesens im letzten Jahrzehnte

mit besonderer Rücksicht auf die Amtsbibliotheken“, a.a.O. 174 Megner, Karl: Karl Renner. Notizen zu seinem Tätigkeitsbereich in der Parlamentsbibliothek

(Bibliothek des Reichsrates) in: Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Renner Karl. Notizen zu seinem Tätigkeitsbereich in der Parlamentsbibliothek (Bibliothek des Reichsrates). 1895 – 1907, Ungedruckte Zusammenstellung, Wien 1993 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 53.324).

175 Nach Durchsicht des Katalogs stellte sich heraus, dass die letzten aufgenommenen Bücher im Jahr 1975 erschienen sind.

176 Vgl.: [Dietrich-Schulz, Elisabeth:] Austria, in: Tanfield, Jennifer (Hrsg.): Parliamentary Library, Re-search and Information Services of Western Europe, Brussels, Strasbourg 2000, S. 23ff (Signatur der Parlamentsbibliothek: 63.013).

Page 45: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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den 1896 begonnenen Zettelkatalog wiederverwendet wurden, ist nicht endgültig zu klären.

In dem Zettelkatalog, der bis heute existiert und allgemein „Renner-Kata-

log“ genannt wird, finden sich viele von Renner handschriftlich verfasste

Einträge. Am besten ist der Einfluss Renners auf den Wissensgebieten zu

beobachten, die seiner sozialdemokratischen Gesinnung besonders nahe

waren: besitzlose Klassen, soziale Frage, Sozialismus, Kommunismus,

soziale Bestrebungen auf dem Boden der heutigen Gesellschaftsordnung.

Die Einteilung dieses systematischen Katalogs erfolgte in 667 Sachge-

biete, die später um ein 668. Sachgebiet „Biographien“ ergänzt wurde.

Detailliert werden in dieser Wissenssystematik Themengebiete in Unter-

gebieten erschlossen. Zusätzlich existiert ein umfangreiches alphabeti-

sches Register der Suchbegriffe, das auf die jeweilige Stelle in der Syste-

matik verweist. „Das pragmatische, für die Bibliothek des Reichsrates maßge-

schneiderte System war für die Zeit um 1900 hervorragend ge-

eignet, das Material in adäquater Form wissenschaftssystema-

tisch gruppieren zu können. [...] Aus Gründen, die noch nicht

geklärt sind, wurde der Katalog, den sich rasch ändernden Be-

dürfnissen der Zeit entsprechend, weiter verfeinert und erwei-

tert. Leider, ist zu sagen, nicht nach einem überlegten Plan,

sondern eher spontan, den Ad-hoc-Bedürfnissen entspre-

chend. Daher besteht Renners Werk heute nicht mehr aus ei-

nem Guß, sondern wurde teilweise zum Flickwerk, an dem

viele Generationen von Bibliothekaren gearbeitet haben.“177

Lange Zeit wurde dieser Zettelkatalog weiter benutzt und bis zur Einfüh-rung der EDV nachgetragen. Noch im Jahr 1960 wurden „die alten 398

Blechkästchen [...] um 331 vermehrt, sodass der ganze Katalog jetzt auf

729 Kästchen verteilt u[nd] für Neuzugänge für etliche Jahre Platz ge-

schaffen ist.“178 Noch heute wird zur Erschließung sehr alter Buchbe-

stände dieser systematische Zettelkatalog zu Rate gezogen.

Bestände In der Zeit um die Jahrhundertwende galt Wien als ein Mekka der Schrift-

steller. Es ist anzunehmen, dass Bücher als Symbol des Wissens in die-

ser Zeit immer mehr an Bedeutung gewannen. Die Reichratsbibliothek

bestand damals aus etwa 45.000 Büchern. Doch war die Bibliophilie noch

längst nicht in alle Bereiche und Gesellschaftsgruppen eingedrungen.

Auch in der Volksvertretung

177 Megner, Karl: Karl Renner. Notizen zu seinem Tätigkeitsbereich in der Parlamentsbibliothek

(Bibliothek des Reichsrates), a.a.O. 178 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, Wien 1958 (unveröffent-

licht) (Signatur der Parlamentsbibliothek: 63.004).

Page 46: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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„beschränkte sich die parlamentarische Tätigkeit nicht mehr auf quasifeudale Repräsentationsaufgaben, die auch bei Bil-

dungsferne, ja sogar latenter oder offen zur Schau getragener

Bildungsfeindlichkeit bewältigt werden konnten.“179

So spielte sich im Abgeordnetenhaus des Reichrates, wo Bildung als

Grundlage der Macht vorhanden sein sollte, folgende Szene ab: Der Ab-

geordnete Verkauf führte aus:

„Lesen Sie ein sehr interessantes Buch von Professor

Rauchberg. (Abgeordneter Bielohlawek: Schon wieder ein

Buch – das [sic!] habe ich schon gefressen! – Lebhafte Heiter-

keit – Ironischer Beifall und Händeklatschen. – Abgeordneter

Bielohlawek: Erzählen Sie uns einmal was Sie selbst wissen! –

Lebhaftes, anhaltendes Gelächter und Unruhe. – Abgeordneter

Bielohlawek: Diese dummen Theorien werde ich lesen! Ich bin ein praktischer Mann!) Schauen Sie Herr Collega... (Abgeord-

neter Bielohlawek: Lesen kann ja jeder! Aber Sie können nur

lesen, sonst gar nichts! Erzählen Sie einmal was Sie selbst

wissen, nicht immer was Sie gelesen haben! – Lebhafte Rufe:

Ruhe! – Rufe bei den Socialdemokraten: Austoben lassen!)

Schauen Sie, Herr College Bielohlawek, ich kann wahrhaftig

nicht dafür, dass Sie eine solche Scheu vor Büchern haben.

(Lebhafte Heiterkeit bei den Parteigenossen.) Ich nehme an,

dass die Mehrzahl der verehrten Collegen keine solche Scheu

vor Büchern hat. Ich habe auch keine Scheu vor Büchern, im

Gegentheile, ich sage in aller Bescheidenheit, dass ich schon

sehr viel Bücher gelesen habe und noch viele lesen werde, weil ich etwas lernen will. Ich halte mich nicht für vollkommen und

habe das Bedürfnis, etwas zu lernen; auch habe ich mich noch

nicht zu jener Höhe emporgeschwungen, zu glauben, dass ich

nichts von anderen zu lernen brauche. (Abgeordneter

Bielohlawek: Damit ist nichts gesagt! Schauen Sie sich’s in der

Praxis an! Die Bücher schreibt ein Jud vom anderen ab! – Ab-

geordneter Berner180: Das ist das enfant terrible der christsocia-

len Partei!)“181

179 Lösch, Hellmut: Die österreichische Volksvertretung und ihre Bibliothek, in: Biblos, Jg. 28, 3, Wien

1979, S. 203 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 45.532). 180 Der Abgeordnete Ernst Berner war selbst Schriftsteller. 181 Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichi-

schen Reichsrathes, XIV. Session, 20. Sitzung, 6. Mai 1898.

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Die von Teilen der Abgeordneten an den Tag gelegten Einstellungen zei-gen sie nicht nur bildungsfeindlich, sondern auch antisemitisch182. Gerade

der Antisemitismus war in ganz Europa zur Jahrhundertwende ein Prob-

lem.

Lipiner musste einerseits mit knappen finanziellen Mitteln haushalten,

wollte aber andererseits die Wünsche vieler bildungshungriger Abgeord-

neter erfüllen, die die nötigen Werke für ihre parlamentarische und politi-

sche Weiterbildung verlangten.

Eine andere Schwierigkeit für die Bibliotheksleiter dieser Zeit stellt die

Mehrsprachigkeit im Reichsrat dar. Die Abgeordneten durften in den Sit-

zungen ihre Reden in ihren jeweiligen Heimatsprachen halten. Allerdings

wurde bei der Verwendung einer anderen Sprache als Deutsch im Proto-

koll lediglich vermerkt, dass der Abgeordnete in einer anderen Sprache

sprach; der Text der Rede wurde allerdings nicht abgedruckt.183 Wollte ein Abgeordneter die Aufnahme seiner Wortmeldung in seiner Landessprache

in das Sitzungsprotokoll, hatte er selbst eine Übersetzung seiner Rede be-

reitzustellen. Auch Beilagen wurden teilweise mit, teilweise ohne Überset-

zungen abgedruckt.

Die immer noch gering dotierte Reichsratsbibliothek stand vor dem Prob-

lem, neben deutschen Büchern zusätzlich auch für Abgeordnete aus an-

deren Reichsteilen Literatur in deren Landessprache erwerben zu müs-

sen. Dies konnte aber nur sporadisch geschehen. Allerdings wurde durch

das k.k. Ministerium des Inneren im Jahr 1909 entschieden,

„von nun an zwei Exemplare der deutschen Ausgabe und je ein

weiteres Exemplar aller anderssprachigen Ausgaben des

Reichsgesetzblattes, ferner die seit 1. Jänner 1870 erschiene-nen Stücke des Reichsgesetzblattes in böhmischer, italieni-

scher, kroatischer, rumänischer und slovenischer Ausgabe zur

Verfügung zu stellen.“184

So war es der Bibliothek wenigstens gelungen, eine sichere Quelle zur

Bestandsvermehrung in den verschiedenen Sprachen zu gewinnen.

182 Eine sehr schöne Aufzeichnung einer Parlamentsdebatte, in der auch der Antisemitismus jener

Zeit sehr deutlich wird, sowie der Abgeordnete Bielohlawek (hier fälschlicherweise als Vielohlawek bezeichnet) seine unermüdlichen Störungen fortführte, machte der damalige Besucher einer Sit-zung des Abgeordnetenhauses Mark Twain: Twain, Mark: Stirring times in Austria, in ders.: The Man That Corrupted Hadleyburgh and Other Stories, London 1925, S. 296 – 336 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 56.599).

183 So findet sich beispielsweise in dem Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichischen Reichsrathes, XI. Session, 306. Sitzung, 16. Oktober 1894 lediglich: „Abgeordneter König (spricht in böhmischer Sprache.)“.

184 K.k. Minister des Inneren, Brief, Nr. 430 AH vom 11. Juni 1909 (in: Archivschachtel 1k „Biblio-thek“).

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Bauge- schichte Zwei Jahre nach Beginn der Amtszeit Lipiners übersiedelte die Bibliothek

in das 1883/84 fertiggestellte neue Parlamentsgebäude an der Ring-

straße. Die in diesen Jahren prachtvoll ausgestattete Ringstraße wird in

Wien oft als Zeichen des Liberalismus und der Weltoffenheit der Stadt

zum Ende des 19. Jahrhunderts gesehen. Diese propagierte Weltoffenheit

und Aufgeschlossenheit spiegelt sich symbolisch gerade in dem Umzug

des Reichrates an die Ringstraße wider. Der Präsident des Abgeordne-

tenhauses lobte in der ersten Sitzung im neuen Gebäude die Pracht des-

selben und fügte an:

„Hohes Haus! Wollen wir diese meine letzten Betrachtungen

als gute Vorbedeutung gelten lassen, dass ebenso, wie die

physische, die materielle Arbeit, welche zur Herstellung des

Gebäudes verwendet wurde, ihren glänzenden Abschluß be-reits gefunden hat, nunmehr die geistige Arbeit, die wir in die-

sen Räumen zu verrichten haben, ebenso eine gute, nützliche

und wohltätig wirkende sein werde (Beifall), dass es uns

beschieden sein möge, im einträchtigen harmonischen Zu-

sammenwirken die, den Interessen des Volkes und Reiches

entsprechende Fortbildung, den festen und unerschütterlichen

Ausbau der Verfassung hier zur Vollendung zu bringen und

überhaupt Einrichtungen und Zustände zu schaffen zum Wohle

des Volkes, zum Heile des Reiches und folgerichtig auch zum

Ruhme und Glanze unseres erlauchten Kaiserhauses.“185

Das neue Parlamentsgebäude an der Ringstraße wurde nach Plänen des

Dänen Theophil Hansen erbaut, der bereits vorher unter anderem als Ar-chitekt der Akademie der Wissenschaften in Athen aufgefallen war. Zeit-

gleich mit den Arbeiten in Wien wurde durch ihn die Nationalbibliothek in

Athen geplant.186

Der Bibliothek wurde als Standort das heutige Mittelmagazin zugewiesen.

Symbolisch befand sich der Bibliothekssaal in der mittleren Achse des

Parlamentsgebäudes und stand somit zugleich den Mitgliedern des Her-

renhauses und den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses zur Verfügung,

die sich das Parlamentsgebäude symmetrisch aufteilten.

185 Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichi-

schen Reichsrathes, IX. Session, 315. Sitzung, 4. Dezember 1883. 186 Nach: Wagner-Rieger, Renate/Reissberger, Mara: Theophil von Hansen, Wiesbaden 1980, S. 207

(Signatur der Parlamentsbibliothek: I-2.159/8,4). Ganz, Jürg: Theophil Hansens „Hellenische“ Bau-ten in Athen und Wien, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, 26 (1972) 1/2, Wien 1972, S. 72 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 58.017).

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„Der heutige Lesesaal war das Zimmer des Liechtensteinklubs, der späte-ren christlichsozialen Partei.“187 Die Amtsstunden wurden mit dem Umzug

in das neue Haus bis 8 Uhr abends verlängert.

Wegen des stetig wachsenden Bücherbestandes wurden 1888 weitere

Regale beantragt. Diese Regale wurden entlang der Pfeiler im heutigen

Mittelmagazin aufgestellt und bildeten somit Nischen, in denen die

Schreibtische der Angestellten der Bibliothek aufgestellt waren. Dort

konnten sie ihren Dienst verrichten. Da knappe Staatskassen kein Phä-

nomen der heutigen Zeit sind, sondern schon immer beherrschend waren,

wurde verfügt, Regale aus Weichholz zu errichten, die in Eichenoptik be-

malt wurden. Zusätzlich wurde festgelegt, die Bemalung der Stellagen nur

an sichtbaren Stellen vorzunehmen. Diese Buchregale sind bis heute in

der Bibliothek in Verwendung. Doch sind in den Nischen heute weitere

Stahlregale eingezogen, und ein Zwischenboden macht den Raum bis knapp unter die Decke nutzbar188. Die Arbeitsbedingungen scheinen da-

mals eher schlecht gewesen zu sein, da Lipiner von „nicht viel Raum bie-

tenden und durch Lichtmangel großenteils fast unbrauchbar gemachten

freien Wandflächen, vornehmlich im rückwärtigen Theile des Saales“189

spricht. Aus erneuter Raumnot bat Lipiner 1888 in einem Schreiben an

den Präsidenten des Abgeordnetenhauses um die Überlassung weiterer

Räumlichkeiten. Hier plante er bereits die Erweiterung der Bibliothek um

den heutigen Lesesaal:

„Da der Bücherbestand der Reichsrathsbibliothek, namentlich

seit der Erhöhung der Dotation, sehr bemerkenswert ange-

wachsen ist und mit jedem Jahre stark zunimmt, ist die seit

Langem wünschenswerthe Erweiterung der Bibliotheks-Räum-lichkeiten nunmehr zur dringenden Notwendigkeit geworden.

Die von mir getroffenen Maßnahmen behufs möglichster

Raumnützung vermögen ebensowenig wesentliche Abhilfe zu

schaffen, wie es eine etwaige Ausscheidung jener Bücher

vermöchte, von denen mit einiger Wahrscheinlichkeit ange-

nommen werden kann, dass sie wenig oder gar nicht mehr be-

nützt werden dürften.“190

Die gewünschte Erweiterung wurde ihm jedoch zu diesem Zeitpunkt noch

nicht bewilligt. Erst im Jahr 1896 wurde seinem Wunsch stattgegeben,

und der heutige Lesesaal wurde der Bibliothek einverleibt. Der Saal, der

187 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 434. 188 Der Einzug einer Stahldecke und der Stahlregale erfolgte in den 1950er Jahren. 189 Lipiner, Siegfried, Brief vom 5. Juli 1888, X. Session Nr. 1996 Abg.H (in: Archivschachtel 1k

„Bibliothek“). 190 Ebd.

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heute fünf Fenster umfasst, muss in zwei Räume aufgeteilt gewesen sein. Neben einem Raum für einen Parlamentsklub muss zusätzlich das Büro

des Beamten Kupka untergebracht gewesen sein. Die Erweiterung sollte

wegen der knappen Finanzlage sukzessive über drei Jahre hinweg erfol-

gen. Doch Lipiner stellte in einem Brief an die Kanzlei des Abgeordneten-

hauses fest, dass die

„successive Ausführung der Erweiterungsarbeiten in der Bib-

liothek des Reichsrathes einen argen Übelstand mit sich bringt.

Da nämlich die neuen Bücherregale zwischen die alten einge-

schoben werden und die vorläufig in Folge Platzmangels auf

dem Boden umherliegenden Werke jeweilig in die fertigge-

stellten Schränke eingereiht werden müssen, sowohl um die

Bücher nicht Jahre lang liegen zu lassen, als auch um für die

weiteren Adaptirungs- und Installirungsarbeiten [sic!] freien Raum zu schaffen, so ergibt sich die sehr unangenehme

Nothwendigkeit, große Büchermengen immer wieder aus den

alten Kästen in die gerade gelieferten neuen zu übertragen,

dadurch die Bibliothek jedes Mal für viele Wochen unbenützbar

zu machen und die Nummern durch wiederholte provisorische

Aufstellung stets zu verschieben, wodurch Verwirrungen ent-

stehen, die auch über die eigentlichen Arbeitsperioden hinaus

das Auffinden der Bücher und somit die Benützung der Biblio-

thek außerordentlich zu erschweren und zum Theile unmöglich

zu machen geeignet sind. Dass überdieß die stets wiederkeh-

renden Umstellungen viel Zeit und Kraft erheischen, die für an-

dere Zwecke weit besser verwendet würden, bedarf kaum einer Versicherung. [...] In Erwägung dieses Umstandes und auch im

Hinblick darauf, dass es sich schon an und für sich empfiehlt,

die lärmenden und störenden Tischler- Schlosser und Installa-

teursarbeiten möglichst bald zum Abschluss zu bringen und in

der Bibliothek eine definitive Ordnung herzustellen, erlaube ich

mir nun das Ersuchen, gefälligst veranlassen zu wollen, dass

alle diese Arbeiten möglichst bald in Angriff genommen wer-

den: ein Modus, durch welchen der Bibliothek große Vortheile -

auch hinsichtlich der gleichmäßigen Durchführung aller neu

herzustellenden Regale, Galerien u.s.w. – dem Staatsschatze

aber gar keine Mehrkosten erwachsen würden, da sich die

betreffenden Gewerbetreibenden, wie mir seitens der Ge-

bäude-Inspektion mitgetheilt wird, bereit erklärt haben, alles

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ohne Unterbrechung fertig zu stellen, gegen successive Be-zahlung in jährlichen, dem Budget entsprechenden Raten.“191

Der heutige Lesesaal wurde offenbar zuerst als Magazin genutzt, weil in

dem Raum – die Stellagen an den Wänden wurden extra aufgeführt – Bü-

cherstellagen mit einer Gesamtlänge von etwa 38 Metern aufgestellt wur-

den192. Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt wurde die Galerie im heutigen

Lesesaal errichtet, um bequem an die obenstehenden Buchbestände zu

gelangen. Aufgrund der vorliegenden Rechnungen, die für den heutigen

Lesesaal ausgestellt worden sind, und der Tatsache, dass es der einzige

Raum ist, der eine Galerie besessen haben kann, müssen die freistehen-

den Regale in diesem Raum aufgestellt worden sein. Daher ist anzuneh-

men, dass der heutige Lesesaal teilweise als Magazin, teilweise als Lese-

raum fungierte. So ist auch die Mitteilung des Präsidenten des Abgeord-

netenhauses zu erklären, der am 25. Oktober 1895 im Abgeordnetenhaus bekannt gab:

„Es ist heute den geehrten Herren die neue Bibliotheksord-

nung, welche vom Präsidium genehmigt wurde, mitgetheilt

worden. Den Herren wird vielleicht bekannt sein, dass eine we-

sentliche Verbesserung in der Möglichkeit der Benützung der

Bibliothek dadurch herbeigeführt wurde, dass ein großer Raum

als Lesezimmer adaptiert wurde, in welchem es den Herren

Abgeordneten möglich ist, von den Büchern in der Bibliothek

hier im Hause in einem ruhigen Raum Gebrauch zu ma-

chen.“193

Für die These, dass der heutige Lesesaal als Magazin mitbenutzt wurde,

spricht auch eine Eintragung in einem Revisionstagebuch, die der spätere Leiter der Bibliothek, Dr. Michael Stickler, vornahm:

„Unterdessen wurden auch die Kästen im LS [Lesesaal] ausge-

räumt und fortgeschafft, so dass sämtliche Tische aufgestellt

werden konnten.“194

Bilanz Die Amtszeit Lipiners war mit 30 Jahren die längste eines Bibliothekslei-

ters in der Geschichte dieser wissenschaftlichen Institution. Die Dotation

der Bibliothek – und die des Bibliotheksleiters – wurden gleichermaßen

erhöht, genauso wie der Bücherbestand. Zudem konnte er den Perso-

191 Lipiner, Siegfried, Brief vom 10. April 1896, XI. Session Nr. 474 KD (in: Archivschachtel 1k „Biblio-

thek“). 192 Die Rechnung spricht von Stellagen mit einer Höhe von 420 cm. Davon wurden 10 mit einer Breite

von 290 cm, 2 mit 295cm Breite und 2 mit 195cm Breite angeschafft. Dies bedeutete einen Regal-platz von 162,96m². Hinzu kamen noch 119,07m² an den Wänden. Da der Abstand der Zwischen-böden nicht bekannt ist, kann eine bibliotheksübliche Angabe in Laufmetern nicht erfolgen.

193 Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichi-schen Reichsrathes, XI. Session, 422. Sitzung, 25. Oktober 1895.

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nalstand entscheidend vergrößern. Gemeinsam mit seinen beiden wis-senschaftlichen Bibliothekaren, Johann Ladislaus Merklas und Karl

Renner, hat Siegfried Lipiner Meilensteine mit der Anlage des Systematik-

Katalogs und dem räumlichen Zugewinn des damaligen und heutigen Le-

sesaals gesetzt. Diese kontinuierliche Aufwärtsentwicklung macht seine

Amtszeit zu einer bedeutenden Phase in der Geschichte der Parlaments-

bibliothek. Sicherlich ist viel davon auf das persönliche Verdienst Lipiners

zurückzuführen, doch kam ihm der internationale Trend zu Hilfe, der nicht

nur die Bedeutung der Volksvertretungen, sondern auch die praktische

Bedeutung von Wissen im täglichen Leben stärker betonte.

5. Die Zeit um den Ersten Weltkrieg unter

Dr. Johann Ladislaus Merklas (1912 – 1924)

Zur Person Nach dem Tod Lipiners 1911 wurde Dr. phil. Johann Ladislaus Merklas

zum Leiter der Reichsratsbibliothek ernannt. Er wurde im Jahr 1851 in

Prag geboren und studierte an der Universität Wien „Philosophie und ins-

besondere Geschichte“195. Merklas war der erste Leiter der Bibliothek, der bereits vor seiner Bestellung bibliothekarische Erfahrungen in der Reichs-

ratsbibliothek sammeln konnte. 1893 wurde er als Hilfskraft in den Biblio-

theksdienst aufgenommen. 1896 wurde er als erster Beamter neben dem

Leiter befördert. Bis zum Jahr 1912 wurde er kontinuierlich in der Rang-

klasse und im Titel befördert196. Merklas brachte also genügend Wissen

und Erfahrung in die Position des Leiters mit. Sowohl das Katalogisieren

als auch das Personal und die räumlichen wie finanziellen Sorgen der Bib-

liothek waren dem neuen Leiter der Bibliothek bereits bei seiner Bestel-

lung vertraut.

Allerdings beginnt mit der Zeit des Ersten Weltkrieges eine Periode, die

aufgrund der spärlichen Aktenlage nur sehr schwer erschlossen werden

kann. Im Parlamentsarchiv fehlen Personalakten aus dieser Periode

gänzlich, da sie während der nationalsozialistischen Herrschaft in Öster-reich entfernt wurden und seither unauffindbar sind.

„Das Haupthindernis für eine wissenschaftliche Erforschung

stellt jedoch unzweifelhaft der Brand des Justizpalastes in

194 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O. 195 Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsidium des Abgeordnetenhauses zur Anforderung Merklas’. vom

12. Januar 1893 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“). 196 1893 Hilfskraft, 1896 Amanuensis, 1901 Bibliotheks-Adjunkt., 1911 Bibliotheks-Direktor II.KI.

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Wien am 15. Juli 1927 dar: Das größte österreichische Be-hördenarchiv, das damalige Staatsarchiv des Innern und

der Justiz, war in diesem Gebäude untergebracht und

wurde zu einem großen Teil durch Feuer und Wasser ver-

nichtet.“197

Eine Arbeit an Quellen konnte so für die besagte Periode bedauerlicher-

weise nicht vorgenommen werden.

Räumlich-

keiten In den Jahren 1912 bis 1913 setzte sich Merklas für eine Erweiterung der

Bibliotheksräume ein. Zu diesem Zwecke sollte eine an die Bibliothek an-

grenzende Dienerwohnung nach Ausscheiden des Dieners in den Ruhe-

stand nicht weiter vergeben, sondern der Bibliothek zur Benutzung über-

lassen werden. Hierbei handelte es sich offenbar um die Räumlichkeiten,

die hinter dem heutigen Büro der Bibliotheksleiterin liegen. In einem Schreiben Merklas’ wird zwischen dem Bibliothekssaal und ei-

nem Lesezimmer unterschieden:

„Die Reichsratsbibliothek leidet arg unter dem Mangel einer

genügenden Beleuchtung. Im Lesezimmer wie auch im großen

Bibliothekssaal liegen die auf der Galerie untergebrachten Be-

stände abends fast ganz im Dunkeln, da die elektrischen Lam-

pen tief herabhängen. Dadurch wird das Ausheben von Bü-

chern auf den Galerien in den Abendstunden sehr erschwert.

Um diesen Übelstand zu beseitigen, stellt die Bibliotheks-

verwaltung ganz ergebenst das Ersuchen, die Kanzleidirektion

wolle veranlassen, dass die notwendige gleichmäßige Erhel-

lung der Bibliotheksräume durch zweckdienliche Anbringung neuer Beleuchtungskörper durchgeführt werde.“198

Personal Während des Ersten Weltkrieges wurde im Parlamentsgebäude zeitweise

ein Spital eingerichtet. Die Parlamentsbibliothek wurde von Dr. Ernst

Lemm, der 1925 Leiter der Bibliothek wurde, vorübergehend zu einer

Spitalsbibliothek umfunktioniert. Was in dieser Zeit mit Merklas, dem Lei-

ter der Bibliothek, und den anderen Angestellten geschah, ist quellenmä-

ßig nicht nachvollziehbar. Zumindest ist festzustellen, dass sie nicht vom

Wehrdienst befreit waren, so dass eine Einberufung zum Kriegsdienst

wahrscheinlich war. Über zwei Mitarbeiter der Parlamentsbibliothek sind

Akten zu finden, die den Bibliotheksbeamten, Dr. Ernst Ritter von Frisch,

197 Czerny, Wilhelm F.: Die Entwicklung der österreichischen Parlamentsadministration, in: Wilhelm F.

Czerny, Parlament und Parteien, Wien 1994, S. 165 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 54.290). 198 Merklas, J. Ladislaus: Brief an die Kanzleidirektion des Abgeordnetenhauses, Nr. 1556 vom 22.

März 1912 (in: Archivschachtel 1k „Bibliothek“).

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und den Bibliotheksmanipulanten, Rudolf Mahr199, als landsturmpflichtig einstuften.

Zahlreiche Parlamentsangestellte wurden vom Kriegsdienst befreit, da sie

im Falle einer Einberufung des Parlaments 200 als unabkömmlich eingestuft

wurden. Auf diesen Listen waren allerdings keine Bibliotheksangestellten

vermerkt.

Als Ende 1916 das Spital aus dem Parlamentsgebäude auszog, wurde

Lemm in den Monaten Februar bis Mai 1917 vom Dienst in „der Reichs-

ratsbibliothek enthoben, da er die Bibliothek des neu gegründeten Amtes

für Volksernährung einzurichten hatte.“201

Über die Frage, warum gerade Lemm diese führende Position während

des Ersten Weltkrieges innehatte, kann nur spekuliert werden. Merklas

scheint gesundheitliche Probleme gehabt zu haben, da bereits 1908 in ei-

nem Brief von Lipiner auf herausragende Dienste von Frischs während der langen Krankheit von Merklas hingewiesen wurde. Vielleicht wurde

Merklas krankheitsbedingt erneut während der Zeit des Ersten Weltkrie-

ges ersetzt, diesmal durch Lemm.

Im Jahr 1917 verstarb der Bibliotheksdiener, Dionysius Wokaun, im Alter

von 78 Jahren. Da in seinem Personalakt eine Anweisung aufzufinden ist,

in der seine „Monatsentlohnung“ wegen seines Todes eingestellt werden

sollte, kann man davon ausgehen, dass er bis in dieses hohe Alter in der

Parlamentsbibliothek tätig war. Vielleicht wurde seine Arbeitskraft wegen

der personellen Ausfälle, die durch den Krieg entstanden waren, in der

Bibliothek benötigt, so dass er aus dem Ruhestand geholt, beziehungs-

weise nicht in den Ruhestand versetzt wurde.

Im Jahr 1920 wurde die Bibliothekarin Dr. Hilda Rothe als Staatsbiblio-thekspraktikantin in den Bibliotheksdienst übernommen. Frau Dr. Rothe

sollte später die Bibliothek während der NS-Besatzung vor dem Nieder-

gang durch eine eventuelle Verlagerung der Bestände nach Berlin retten.

199 Da Mahr am 12. Januar 1916 starb, kann davon ausgegangen werden, dass er im Kriegsdienst

starb. 200 Durch permanente Obstruktionen der einzelnen ethnischen Gruppen, die gleichzusetzen waren mit

den Parlamentsfraktionen, erfolgte quasi eine „strukturelle Selbstausschaltung“ des Parlaments. Dadurch konnte Ministerpräsident Graf Stürgkh im März 1914 die Session schließen, um ohne Parlament weiterzuregieren. Erst im Mai 1917 wurde durch Kaiser Karl der Reichsrat wieder einbe-rufen. Nach: Schefbeck, Günther: Das Österreichische Parlament, Wien 1996, S. 11 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 56.080).

201 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O., S. 436.

Page 55: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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Personalhoheit und Amtseid Die Personalhoheit für die Bibliothek lag

lange Zeit nicht in den Händen der

Volksvertretung sondern der jeweils für

die Parlamentsverwaltung zuständigen

Ministerien (meist Innen- oder Justizmi-

nisterium). Personalentscheidungen

wurden zwar oft durch Interventionen

von Parlamentariern beeinflusst, aber

durch Ministerien getroffen, wie Briefe

der Bibliotheksdirektoren zur Personal-

anforderung beweisen202.

„Dass wissenschaftliche Dienste in der Parlamentsadministration zu-

nächst nicht sehr angesehen waren,

beweist ein Akt des Finanzministeri-

ums vom 14. Juli 1907, in welchem

‚Rücksichtlich der vom k.k. Ministe-

rium pro 1908 in Aussicht genom-

menen Einrichtung des … Archivdi-

rektors im Abgeordnetenhaus Josef

Kupka … auf das ho. Visum …’ ver-

wiesen wird; in diesem Visum heißt

es bezüglich ‚der Einrichtung des mit

dem Titel und Charakter eines Re-

gierungsrates bekleideten Archivdi-rektors im Abgeordnetenhaus Josef

Kupka ad personam in der VI. Rang-

klasse, worüber eine abgesonderte

Verhandlung im Zuge ist…’. Sodann

202 Z.B.: Lipiner, Siegfried, Brief an das Präsi-

dium des Abgeordnetenhauses zur Anforde-rung Merklas’. vom 12. Januar 1893 (in: Ar-chivschachtel 1k „Bibliothek“). Das Präsi-dium leitete die Anfragen an das zuständige Ministerium weiter. Meist war dies der In-nenminister, der in den Antwortschreiben Stellung nahm.

aber auch wörtlich: ‚In der zuliegen-

den Note des Präsidiums des Abge-

ordnetenhauses des Reichrates wird

hervorgehoben, dass der derzeitige

Stand der Beamten des Abgeord-

netenhauses trotz der durch die

Wahlreform bewirkten bedeutenden

Vermehrung der Mitgliederzahl des

Abgeordnetenhauses ausreichen

wird. Das Finanzministerium beehrt

sich daher, das…gestellte Ersuchen,

von der d.o. in Aussicht genom me-nen Systematisierung einer Beam-

tenstelle der X. Rangklasse bei der

Reichsratsbibliothek Abstand zu

nehmen, zu wiederholen.’“203

Als Begründung für die lange Zuteilung

der Personalhoheit gerade der Biblio-

thek, aber auch der Gebäudeverwaltung

zu den Ministerien, wurde gerne ange-

führt, dass sich durch das Erfordernis

einer speziellen Ausbildung in diesen

Abteilungen eine Disposition im Krank-

heitsfalle durch ein Ministerium als zent-rale Stelle effizienter durchführen lasse.

Erst nach Beendigung der Monarchie

konnten effektive Maßnahmen durch-

geführt werden, um die personelle Auto-

nomie des Parlaments zu installieren.

Der Kanzleidirektor der Provisorischen

Nationalversammlung, Josef Kupka, ver-

fasste „eine ausführliche Denkschrift

betreffend der ‚Übernahme des Beam-

ten- und Dienstpersonals der Kanzlei

203 Czerny, Wilhelm F.: Parlament und Par-

teien, Wien 1994, S. 177 (Signatur der Par-lamentsbibliothek: 54.290). Dr. Wilhelm F. Czerny war von 1973 – 1989 Parlamentsdi-rektor.

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des Abgeordnetenhauses’ und jenes für die gemeinsamen Angelegenheiten bei-

der Häuser des Reichsrates in den

Dienst der Provisorischen Nationalver-

sammlung.“204

Die Bediensteten der Parlamentsbiblio-

thek wurden allerdings erst 1971 der

Parlamentsadministration unterstellt, da

sie sich bis zu diesem Zeitpunkt „im

Konkretualstatus aller Bundesbibliothe-

ken unter der obersten Leitung des

Bundesministeriums für Unterricht“205

befanden. Unter dem Konkretualstatus

versteht man den „gemeinsame[n] Per-sonalstand der wissenschaftliche[n]

Bibliotheken“206. Ziel ist die bereits oben

erwähnte „zentrale Dienstzuteilung an

andere Dienststellen ohne den Dienst-

charakter einer Versetzung“207.

Während der Monarchie musste jeder

Parlamentsangestellte, egal ob Beamter

oder Diener, vor Dienstantritt einen

Amtseid ablegen. Ein nach 1867 übli-

cher Text war208:

„Sie werden einen Eid zu Gott dem Allmächtigen schwören und bei Ihrer

Ehre und Treue geloben, S e i n e r

M a j e s t ä t dem Allerdurchlauch-

tigsten Fürsten und Herren F r a n z

J o s e p h d e m E r s t e n, von Gottes

204 Czerny, Wilhelm F.: Parlament und Par-

teien, a.a.O., S. 180. 205 Czerny, Wilhelm F.: Parlament und Par-

teien, a.a.O., S. 182. 206 Mayerhöfer, Josef/Rennhofer, Friedrich:

Studie über Zustand, Probleme und zukünf-tige Entwicklung der wissenschaftlichen Bib-liotheken Österreichs. Forschungsauftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, Wien 1974 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 41.658).

207 Ebd. 208 Es gab auch andere Formulierungen.

Gnaden Kaiser von Oesterreich, Kö-nig von Böhmen u.s.w. und Apos -

to l i schen Kön ige von Ungarn

und nach Allerhöchstdenselben den

aus dessen Stamme und Geblüte

nachfolgenden Erben treu und

gehorsam zu sein und die Staats-

grundgesetze unverbrüchlich zu be-

obachten.

Nachdem Sie von dem Herren k.k.

Minister des Innern zum [...] ernannt

worden sind, werden Sie ferners

schwören, die mit diesem Amte ver-

bundenen Pflichten eifrigst zu erfül-len, insbesondere die Ihnen zuge-

wiesenen Geschäfte mit aller Recht-

lichkeit und Sorgfalt nach Ihrem

besten Wissen und Gewissen zu

verrichten, dabei stets nicht nur das

Beste des Dienstes S e i n e r M a -

j e s t ä t und des Staates vor Augen

zu haben, sondern auch Nachteil

und Gefahr nach Kräften abzuwen-

den, den Gesetzen, sowie den ihnen

zukommenden Aufträgen Ihrer Vor-

gesetzten willigen Gehorsam zu leisten und das Dienstgeheimnis treu

zu bewahren.

Auch werden Sie schwören, dass

Sie einer ausländischen, politische

Zwecke verfolgenden Gesellschaft

weder gegenwärtig angehören, noch

einer solchen Gesellschaft in Zukunft

angehören werden.

Was mir soeben vorgelesen worden

und ich in Allem wohl und deutlich

verstanden habe, demselben soll

Page 57: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

57

und will ich getreu nachkommen s o w a h r m i r G o t t h e l f e!“209

Auch heute müssen alle Parlaments-

bediensteten eine „Pflichtenangelobung“

ablegen, die allerdings gleichzeitig mit

einer Erklärung zum Datenschutz ver-

knüpft wird. Die heutige Formel lautet:

„PFLICHTENANGELOBUNG

Ich gelobe,

die Gesetze der Republik Österreich

unverbrüchlich zu beobachten,

mich mit ganzer Kraft dem Dienste zu widmen,

meine Dienstobliegenheiten gewis-

senhaft, unparteiisch und uneigen-

nützig zu erfüllen,

jederzeit auf die Wahrung der öffent-

lichen Interessen bedacht zu sein,

die dienstlichen Anordnungen mei-

ner Vorgesetzten zu befolgen,

das Dienstgeheimnis treu zu wahren

und

bei meinem Verhalten in und außer

Dienst mich meiner Stellung ange-messen zu betragen.

209 Aus der Vereidigung von Dr. Ernst Ritter

von Frisch vom 11. Juli 1908 (Hervorhebun-gen im Original)(in: Archivschachtel 1k „Bib-liothek“).

DATENSCHUTZ

Ich habe zur Kenntnis genommen,

dass die mir in Ausübung meines

Dienstes anvertrauten oder zugäng-

lichen Daten nur in Erfüllung der mir übertragenen Aufgaben zu verwen-

den und stets vertraulich zu behan-

deln sind sowie nicht unbefugt be-

schafft oder geoffenbart werden

dürfen.“210

210 Zitiert nach dem offiziellen Formblatt der

Parlamentsdirektion, Stand 2002.

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6. Die Zwischenkriegszeit unter Dr. Ernst Lemm (1925 – 1933)

Neues

Umfeld Nach dem Ende der Monarchie und der Ausrufung der Republik am 12. November 1918 wurde die Parlamentsbibliothek mehrere Male umbe-

nannt, analog zu den sich entwickelnden Organen der Volksvertretung.

Erstmals war das Parlament nicht mehr von dem Wohlwollen des Monar-

chen abhängig und konnte sich selbstbewusst als Ausdruck des neuen

Souveräns, des Volkes, sehen. Die Reichsratsbibliothek hieß so zunächst

Bibliothek der Provisorischen Nationalversammlung, anschließend Biblio-

thek der Konstituierenden Nationalversammlung der Republik Deutsch-

Österreich und wurde schließlich zur Bibliothek des Nationalrates. Auffällig

hierbei ist, dass der Bundesrat, obwohl er in der Bundesverfassung von

1920 konstituiert wurde, in die Bezeichnung nicht aufgenommen wurde,

obzwar seine Mitglieder selbstverständlich auch durch die Bibliothek be-

dient wurden. Stickler behauptet, dass formaljuristisch gesehen die Bib-

liothek nur noch den Nationalrat zu bedienen hatte, nicht aber den Bun-desrat.211

Durch den gesellschaftlichen und politischen Wandel212 konnten sich brei-

tere Bevölkerungsschichten an der Macht beteiligen. Daher war es von

besonderer Bedeutung für die Bibliothek, sich in ihren Dienstleistungen,

insbesondere in ihrem Bücherangebot zu wandeln, um den geänderten

Anforderungen der „neuen“ Mandatare gerecht zu werden.

Katalog Im Jahr 1931 begann man in der Bibliothek mit der Erstellung eines

alphabetischen Zettelkataloges durch das Umschreiben des Bandkatalogs

auf Zettel213 im internationalen Karteikartenformat214. Außerdem wurde in

dieser Zeit der Tausch von Parlamentsschriften, der nach dem Krieg wie-

der aktiviert wurde, weiter forciert.

Zum Schluss Aus welchem Grund Dr. Lemm im Jahr 1933 seine Position als Leiter der

Bibliothek aufgab oder verlor, kann anhand der vorliegenden Akten nicht

geklärt werden. Vielleicht waren es persönliche Gründe, die ihn zu einem

Ausscheiden aus dem Bibliotheksdienst bewegten, vielleicht waren es po-

211 Nach: Stickler, Michael: Gustav Blenk 65 Jahre, in: Biblos, Jg. 6, 1, Wien 1957 (Signatur der Parla-

mentsbibliothek: 30.913). 212 Am 16.2.1919 fanden in Österreich erstmals gleiche, freie, direkte, unmittelbare, geheime und

persönliche Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht statt. 213 Dieser Zettelkatalog ist in gescannter und OCR-lesbarer Form als EDV-Katalog 1869 – 1994 das

wichtigste Instrument der Erschließung der Buchbestände vor 1995. 214 Das internationale Zettelformat ist 7,5 x12,5 cm.

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litische Kräfte, die nach der Machtergreifung der Austrofaschisten auf ihn einwirkten und ihn seines Postens enthoben.

7. Die Parlamentsbibliothek unter der Leitung von

Dr. Richard Fuchs (1933 - 1942)

Zur Person Nachfolger von Dr. Ernst Lemm wurde im Jahr 1933 Dr. Richard Fuchs. Er

gehörte der Parlamentsbibliothek bereits seit 1919 als wissenschaftlicher

Bibliothekar an. Vom 30. November 1933 an leitete er die Bibliothek provi-

sorisch, seit dem 20. Februar 1935 war er definitiv mit der Leitung beauf-

tragt. In einem Brief an den Bundespräsidenten Dr. Adolf Schärf bat die

Witwe des am 5. Mai 1953 verstorbenen Richard Fuchs, Marion Fuchs,

um die nachträgliche Anerkennung des Titels Hofrat „aufgrund seiner

Dienstleistungen im Parlament von 1919 bis 1942“215

Bei dem neuen Bibliotheksleiter handelte es sich um ein hochdekoriertes

Mitglied der Gesellschaft. Er besaß laut österreichischem Amtskalender216

mehrere Kriegsmedaillen, Verdienstmedaillen sowie Auszeichnungen von

Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz oder dem Malteser Hilfsdienst. Fuchs wurde am 12. Juli 1890 „einer alten österreichischen Beamten- und

Offiziersfamilie entstammend“217 in Wien geboren, promovierte an der Uni-

versität Wien zum Dr. phil. über „Montecuccoli in den Jahren 1660 –

1664“218 und legte seine rechtshistorische Staatsprüfung am 7. Juli 1919

ab. Er trat mit 1. Oktober 1919 in den öffentlichen Dienst ein. Zuerst er-

folgte eine Einstellung als Staatsbibliothekspraktikant in der Parlaments-

bibliothek; diese Anstellung bekam er nach eigenen Angaben „durch den

damaligen Präsidenten Seitz“219. Am 20. Februar 1935 wurde er durch

Bundeskanzler Kurt Schuschnigg zum Leiter der Bibliothek des „Hauses

der Bundesgesetzgebung“220 bestellt, der er bereits vorher, seit 30.

215 Marion Fuchs an Adolf Schärf, Klagenfurt 17.6.1958, in: Allgemeines Verwaltungsarchiv, Wien,

Unterrichtsministerium Faszikel 704, Personalakt Dr. Richard Fuchs, Studienbibliothek Klagenfurt. 216 Verlag der österreichischen Staatsdruckerei (Hrsg.): Amtskalender 1938, Wien 1938 (Signatur der

Parlamentsbibliothek I-48a/1938). 217 Richard Fuchs an die Sonderkommission I. Instanz beim Bundesministerium für Unterricht. Wien I

zur Rechtfertigung seiner Rolle als NSdAP-Mitglied während des 3. Reichs, in: Allgemeines Ver-waltungsarchiv, Wien, Unterrichtsministerium Faszikel 704, Personalakt Dr. Richard Fuchs, Stu-dienbibliothek Klagenfurt.

218 So der Titel seiner Dissertation an der Universität Wien aus dem Jahre 1917. 219 Richard Fuchs an die Sonderkommission I., a.a.O. 220 Das Parlament existierte seit der Verfassung von 1934 nur noch in stark eingeschränkter Form.

Zwar gab es Gremien, deren einzige Legitimation es war, von der Regierung ernannt worden zu sein. Aus heutiger Sicht kann de facto zu diesem Zeitpunkt von einem Parlament nicht mehr ge-sprochen werden.

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November 1933 als provisorischer Leiter diente. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und der damit verbundenen Dom i-

nanz der NSdAP waren ihm keine größeren Beförderungen in Wien mehr

vergönnt. Ab 1938 wurde die Übergabe der Parlamentsbibliothek an die

Administrative Bibliothek vorbereitet. Teil dieser Vorbereitungen war der

Beginn der inhaltlichen Erschließung der Bestände durch einen Schlag-

wortkatalog221 im Jahr 1939. Hilda Rothe wurde mit dieser Aufgabe be-

traut. Die rechtliche Vereinigung der Administrativen Bibliothek und der

Parlamentsbibliothek erfolgte zum 1. Mai 1942. Richard Fuchs hatte sich

um die Leitung der Administrativen Bibliothek beworben. Seiner Bewer-

bung wurde allerdings nicht stattgegeben, da ihm „der dienstjüngere Dr.

Oberhummer vorgezogen wurde, der damals schon Pg. [Parteigenosse]

war.“222 Mit 1. Mai 1942 wurde Richard Fuchs mit der Leitung der Studien-

bibliothek Klagenfurt betraut, die er bis zu seinem Tod am 5. Mai 1953, durch plötzliche Gehirnblutung nach einer Dienstbesprechung, innehatte.

Zu seiner späteren Mitgliedschaft in der NSdAP schrieb Fuchs an die zu-

ständige Sonderkommission im Bundeskanzleramt:

„Während meiner Hochschuhlstudien [sic!] war ich bei keiner

Verbindung aktiv, sondern gehörte nur einem Fachverein, dem

Akad. Verein d. Historiker der Univ. Wien an. Ich war von An-

beginn Mitglied der V.F. [Vaterländische Front] und wurde zum

Leiter der Dienststelle ‚Parlament’ bestellt, welchen Posten ich

von 1933 – 1936 bekleidete, um später von Dr. Bernsteiner ab-

gelöst zu werden. Im März 1938 zählte ich zu den vielen Par-

lamentsbeamten, die übernommen wurden.

Da alle, oder fast alle, Kollegen in den verschiedensten Biblio-theken bereits der Partei angehörten, da ich überdies mit mei-

ner Versetzung zu rechnen hatte, die, wie es hieß, nach einer

Begutachtung durch die Partei erfolgt, meldete ich mich im

Oktober 1940 zu derselben. Es gelang mir, jede Mitarbeit in der

Ortsgruppe Brillantengrund, trotz Einschüchterungsversuchen

durch den Leiter, abzuwehren. Das scheint der Grund gewesen

zu sein, warum meine rosa Anwärterkarte mit der Nummer

9,021.705 erst am 4.IX.1943 ausgestellt wurde. Die Zustellung

in Klagenfurt geschah am 3.XI.1944. So kam es, dass die We-

nigsten von meiner Parteiangehörigkeit wussten, weil ich hier

mit keinem Pg. [Parteigenossen] verkehrte, an keinem Appell

221 Zettelkatalog im internationalen Karteikartenformat 7,5 x 12,5 cm 222 Richard Fuchs an die Sonderkommission I., a.a.O.

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61

teilnahm und das Abzeichen nur trug, wenn ich einen dienst-lichen Weg hatte.“223

Gerade seine eben zitierte Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front von

Beginn an zeigt Fuchs als eine Person, die von ständestaatlichen Prinzi-

pien überzeugt ist und sich gegen die Parteien wendet224, die ja eine zent-

rale Rolle im Parlamentarismus spielen. Umso erstaunlicher ist es aus

heutiger Sicht, dass ein solcher Mann die Bibliothek des Parlaments

schon kurz vor dessen Ausschaltung provisorisch leitete.

Einzige Überlieferung über Fuchs im Dienste der Parlamentsbibliothek ist

ein Satz von Adolf Schärf, den er laut Fuchs’ Gattin in einem Brief vom 19.

August 1947 an ihren Mann richtete: „Natürlich erinnere ich mich an Sie

und an Ihre ausserordentlichen Dienstleistungen in der Parlamentsbiblio-

thek“ 225.

Über seine bibliothekarischen Fähigkeiten gibt eine Beurteilung über seine Tätigkeit in der Studienbibliothek Klagenfurt Auskunft:

„Staatsbibliothekar Dr. R. Fuchs ist sehr gewissenhaft und

kenntnisreich und hat es trotz grosser personeller und räumli-

cher Schwierigkeiten verstanden, die ihm unterstellte Bibl., die

durch d. Einziehung v. Bediensteten zum Kriegsdienst u. über-

eilte Bergungsmaßnahmen zur Zeit der Luftgefahr gelitten hat,

wieder zweckmäßig aufzustellen, ihre moderne Katalogisierung

fortzusetzen u. ihre Schätze durch Belebung des Ausleih- und

Leseverkehrs zu einer gesteigerten Auswertung zu bringen.“226

223 Richard Fuchs an die Sonderkommission I., a.a.O. 224 Dollfuß bekannte in seiner Rede am 11.9.1933: „Die Zugehörigkeit zur VF ist ein Bekenntnis des

Willens zur Mitwirkung am Aufbau unserer Heimat auf christlicher und ständischer Grundlage, ist ein Willensbekenntnis zur Überwindung des Parteienstaates.“ Zit. nach: Tálos, Emmerich/ Manoschek, Walter: Politische Struktur des Austrofaschismus (1934-1938), in: Tálos, Emmerich/ Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): „Austrofaschismus“. Beiträge über Politik, Ökonomie und Kultur 1934 – 1938, 4. Auflage, Wien 1988, S. 98 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-4.389/18,4.A).

225 Marion Fuchs an Adolf Schärf, Klagenfurt 17.6.1958, in: Allgemeines Verwaltungsarchiv, Wien, Unterrichtsministerium Faszikel 704, Personalakt Dr. Richard Fuchs, Studienbibliothek Klagenfurt.

226 Beurteilungsblatt über Dr. Richard Fuchs, in: Allgemeines Verwaltungsarchiv, Wien, Unterrichtsmi-nisterium Faszikel 704, Personalakt Dr. Richard Fuchs, Studienbibliothek Klagenfurt.

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62

8. Die Rettung der Bibliothek durch Dr. Hilda Rothe (1942 – 1945)

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und der damit verbundenen endgültigen Auflösung des Parlaments wurde die Bibliothek zwar zum 1. Mai 1942 mit

der Administrativen Bibliothek rechtlich vereinigt, ihre Büchersammlung sollte jedoch de

facto aufgelöst werden. Die damalige Staatsbibliothekarin Dr. Hilda Rothe resümierte:

„Schon meldeten sich verschiedenste Interessenten für jene unersetzlichen

historischen Schriftstücke an, die, wie etwa das Oktoberdiplom oder das

Februarpatent, außer in der Parlamentsbibliothek nur mehr in unseren ersten

Archiven vorhanden sind. Auch für ganze Gebiete der großen Sammlungen

lagen die entsprechenden Anfragen vor.“227

Der deutsche Ministerialrat Dr. Rudolf Kummer, der Reichsreferent für das wis sen-

schaftliche Bibliothekswesen war, stellte als Resultat einer Dienstreise nach Wien am

16. Mai 1944 über die ehemalige Parlamentsbibliothek fest, sie enthalte „zahlreiche

Doppelstücke […], die für den Aufbau zerstörter deutscher [sic!] wis senschaftlicher Bib-liotheken Verwendung finden sollen“228

Da nun kein Parlament mehr existierte, wurde das Parlamentsgebäude „zum Gauhaus

herabgewürdigt“229. In Buchbeständen jener Zeit wurden Stempel mit dem Signum

„Bibliothek Parlamentsgebäude“ eingestempelt. Auffälligerweise sind nationalsozialisti-

sche Werke im Bestand, die den Stempel „Parlamentsbibliothek“ tragen. Falls diese

Stempelung nicht nachträglich, sondern während der Zeit des Nationalsozialismus vor-

genommen worden ist, könnte dies eventuell als ein verhaltener Akt der Emanzipation

gegenüber dem Regime gewertet werden.

Frau Dr. Rothe wurde ab 1. Mai 1942 der Administrativen Bibliothek zugeteilt. Trotzdem

gelang es ihr, täglich einige Stunden Dienst in der „Bibliothek im Parlamentsgebäude“ zu

versehen, um Katalogisierungsarbeiten vorzunehmen.230 Der Name der vereinigten

Bibliothek wurde in Berlin gegeben und sollte nach längeren Streitigkeiten schließlich

„Verwaltungsbibliothek in Wien“ lauten. In die organisatorische Planung oder gar in die Namensgebung für die Bibliotheken in Wien waren österreichische Gesprächspartner

nicht involviert.231 Die Administration der ehemaligen Parlamentsbibliothek wurde der

Verwaltung des Gaues Wien unterstellt.

227 Wiener Zeitung: Parlamentsbibliothek zweimal in Gefahr, Wien 25. November 1956 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 30.581). 228 Zit. nach: Hahn, Gerhard: Die Reichstagsbibliothek zu Berlin – ein Spiegel deutscher Geschichte,

Bonn 1997, S. 621 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 57.749). 229 Nach: Lösch, Hellmut: Die österreichische Volksvertretung und ihre Bibliothek, a.a.O., S. 204. 230 Blenk, Gustav zit. nach: Wiener Samstag: Der „Herr Hofrat“ ist Rapid-Anhänger, Jahrgang 6/1957,

Nr. 42, Wien 1957 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 31.355). 231 Weitergehend: Hahn, Gerhard: A.a.O., S. 620f.

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63

Durch mehrere Vorsprachen und „diplomatisches Verhalten“232 rettete Frau Dr. Rothe die Bibliothek davor, aufgelöst zu werden. Ihr gelang es, durch Verhandlungen den

Termin der Auflösung der Bibliothek in Wien bis zum Kriegsende zu verzögern, was

schlußendlich gleichbedeutend mit der Erhaltung der wertvollen Büchersammlung war.

Zeitzeugen sprechen in ihrem Fall von erfolgreichem passiven Widerstand233.

Während der nationalsozialistischen Zeit sind nach Angaben von Gustav Blenk zwar

einige Bücher aus den Beständen der Parlamentsbibliothek verschwunden234, doch hat

sich der Bestand laut Statistik vermehrt235. Offenbar gab es außerdem Bücher aus

ehemalig jüdischem Besitz, die der Bibliothek einverleibt werden sollten. Es wurden in

der Nachkriegsphase

„viele Bücherkisten, die während des zweiten Weltkrieges in den Kellerräu-

men verstaubt waren, geöffnet und durchgesehen. Oft konnte man an Ei-

gentumsvermerken, Exlibris und Stempelabdrucken den Besitzer dieser eru-

ieren und sein Eigentum an ihn zurückstellen. Unter anderem wurde auch ein kostbarer handgemalter Wandteller aufgefunden. Viele Erkundigungen waren

notwendig, um den ehemaligen Besitzer auszuforschen. Aber große Freude

des Übernehmenden, des Vorstandes der israelitischen Kultusgemeinde236,

ließ jede Mühe vergessen.“237

Diese Überlieferungen, die von zwei ehemaligen Bibliothekarinnen der Parlamentsbib-

liothek stammen, beweisen, dass jüdisches Eigentum, das durch die Nationalsozialisten

entwendet wurde, nach Möglichkeit wieder an die ursprünglichen Besitzer oder deren

Erben zurückgestellt wurde.238

Die zweite Rettung der Bibliothek gelang Frau Dr. Rothe am Ende des Zweiten Welt-

krieges, als russische Soldaten Wien besetzten. Aus ihrem Personalakt geht diesbezüg-

lich folgendes hervor:

„Besondere Verdienste hat sie sich in den Umbruchtagen des Jahres 1945 erworben. Ganz allein auf sich gestellt, war es ihr dank ihres unerschrocke-

nen Eintretens möglich, viele von russischen Soldaten versuchte Übergriffe

abzuwehren. So konnte sie die Parlamentsbibliothek vor unersetzlichen Ver-

lusten bewahren.“

232 Lösch, Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, a.a.O.,

S. 103. 233 So die Auskunft des ehemaligen Direktors der Parlamentsbibliothek Dr. Stöhr. 234 Nach den Angaben Blenks waren es einige Hunderte. Nach: Blenk, Gustav zit. nach: Wiener

Samstag: Der „Herr Hofrat“ ist Rapid-Anhänger, a.a.O. 235 Im Statistischen Jahrbuch der Stadt Wien ist für 1939 ein Bestand von 90.258 Bänden angegeben,

während 1946 114.682 Bände ausgewiesen sind. 236 Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde war von 1952 bis 1963 Dr. Emil Maurer. 237 Ulbing, Erika/ Hodanek, Hilde: Ein Tag und viele in der Parlamentsbibliothek, in: Der öffentlich

Bedienstete, Nr. 1, Jänner 1958 (Signatur der Parlamentsbibliothek: F-754). 238 Über die Rückübereignung des Wandtellers ist laut telefonischer Auskunft der israelitischen

Kultusgemeinde vom 20. Februar 2002 im Auftrag von Mag. Hölbling kein Archivmaterial vorhan-den.

Page 64: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

64

Der spätere Leiter der Bibliothek, Dr. Gustav Blenk, schilderte den Sachverhalt folgen-dermaßen:

„Ja, und wissen S’ auch, dass Frau Doktor Rothe die ganze Bibliothek, die

von 1942 bis Kriegsende mit dem Bundeskanzleramt vereinigt war – 1945

ganz allein gegen die Russen gehalten hat? Man kann sich kaum vorstellen,

was das damals geheißen hat, nicht wahr?“239

9. Der Wiederaufbau der Bibliothek unter der Leitung von

Dr. Gustav Blenk (1946 - 1957)

Zur Person Zum ersten Leiter der Bibliothek nach dem Krieg wurde Dr. Gustav Blenk

bestellt, der im Mai 1946 seinen Dienst antrat. Blenk begann seine biblio-

thekarische Ausbildung in der Österreichischen Nationalbibliothek im Jahr

1926. Bis zu seiner Zwangspensionierung während der NS-Zeit war er an

verschiedenen Bibliotheken tätig. Blenk war nicht nur begeisterter Wis-

senschafter und Historiker, was ein im Nachlass aufgefundenes fünfbän-

diges Manuskript über die Geschichte Österreichs beweist, sondern auch

mit Leib und Seele Gewerkschafter. Bereits während der Ersten Republik schrieb er regelmäßig Artikel für verschiedene Gewerkschaftsblätter. Auch

in der Nachkriegszeit nahm er seine gewerkschaftliche Tätigkeit wieder

auf und wurde nebenberuflich Pressereferent. Allerdings ist es schwer

vorstellbar, diese Masse an Artikeln, Nachrufen und Biographien, die in

seinem Nachlass überliefert wurden240, in einer nebenberuflichen Tätigkeit

zu erstellen.

Besonders hervorzuheben ist, dass während der Amtszeit Blenks eine

große Anzahl an Zeitungsartikeln über die Bibliothek des Nationalrates er-

schien. Die guten Pressekontakte, die Blenk in seiner Funktion als ge-

werkschaftlicher Pressesprecher hatte, nutzte er für eine ambitionierte

Öffentlichkeitsarbeit der Bibliothek. Blenk war auch noch während seiner

Zeit als Bibliotheksdirektor verantwortlicher Redakteur für die Zeitung „Der

öffentlich Bedienstete“ der Gewerkschaft der öffentlichen Bediensteten241. Von dem Verbot der politischen Aktivität, wie es noch zu Zeiten Renners

bestand, ist unter Blenk nichts mehr zu beobachten.

239 Blenk, Gustav zit. nach: Wiener Samstag: Der „Herr Hofrat“ ist Rapid-Anhänger, a.a.O. 240 Sein Nachlass, eine Sammlung aus Artikeln, Nachrufen und Biographien befindet sich in der Parla-

mentsbibliothek, konnte allerdings aus personellen Gründen noch nicht im Detail aufgearbeitet wer-den.

241 Heute: Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes (GÖD).

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65

Personal Dr. Hilda Rothe wurde wieder in der Parlamentsbibliothek eingestellt, wo sie bis zu ihrer vorzeitigen, krankheitsbedingten Pensionierung im Jahr

1956 blieb. Trotz ihrer Verdienste und ihres akademischen Studiums blieb

sie in der Verwendungsgruppe B242 eingestuft. Aufgeschlossener gegen-

über Frauen in Führungspositionen scheint die Administrative Bibliothek

des Bundeskanzleramtes gewesen zu sein, denn bereits 1957 wurde Dr.

Maria Matt, mit der Leitung der Bibliothek im Bundeskanzleramt betraut243.

Bestände Blenk versuchte, die Parlamentsbibliothek von einer reinen Fachbibliothek

zu einer Allgemeinbibliothek zu wandeln. In den Nachkriegsjahren wurden

daher große Mengen an belletristischen Büchern angeschafft. Bereits

nach etwa zehn Jahren umfasste der Bibliotheksbestand etwa 10.000

belletristische Schriften neben den etwa 130.000 Fachbüchern. Als Be-

gründung gab Blenk an:

„Ein bissel Belletristik muss natürlich auch da sein. Denn die Abgeordneten interessieren sich für alles, sie sind sehr fleißig

und schlagen überall nach.“244

Nicht nur Belletristik, sondern auch „Standardwerke, die für den Betrieb

einer wissenschaftlichen Bibliothek unentbehrlich sind und deren Ankauf

bisher vernachlässigt worden war, wurden nun laufend angeschafft.“245

Ebenso wurden „wertvolle ausländische Werke erworben und hiermit die

kriegsbedingten Lücken zumindest teilweise wieder geschlossen“246. Auch

der Bestand an Zeitungen und Zeitschriften wurde unter Blenk kontinuier-

lich erhöht247. Dies führte dazu, dass man im Jahr 1956 begann,

Dokumentationen aus Zeitungen und Zeitschriften zu erstellen248. Diese

Dokumentationstätigkeit erfolgte von 1956 bis 1975 im Rahmen der Bib-

liothek, 1975 wurde die Auswertung von Zeitungsartikeln und Zeitschriften aus der Bibliothek ausgegliedert und die Abteilung „Literaturdokumenta-

tion“ geschaffen249. Ebenfalls ein Novum in der Bibliothek war der Beginn

einer Plakat- und Flugschriftensammlung, die allerdings aufgrund der

knappen personellen Ressourcen ein Torso blieb und 1993 an die Flug-

blätter-, Plakate- und Exlibris-Sammlung der Österreichischen National-

242 Die Verwendungsgruppe B gilt für Maturanten. 243 Vgl.: Ternyak, Heidemarie: Die Administrative Bibliothek und Österreichische Rechtdokumentation

im Bundeskanzleramt, a.a.O., S. 58f. sowie Lösch, Hellmut: Die Administrative Bibliothek im Bun-deskanzleramt, in: Der öffentlich Bedienstete, Nr. 3, Wien März 1964, S. 12f.

244 Zit. nach: Wiener Samstag: Der „Herr Hofrat“ ist Rapid-Anhänger, a.a.O. 245 Stickler, Michael: Gustav Blenk 65 Jahre, a.a.O. 246 Lösch, Hellmut: Die österreichische Volksvertretung und ihre Bibliothek, a.a.O., S. 204. 247 Der Bestand an Zeitschriften in den Jahren direkt nach dem Krieg wurde offenbar sehr großzügig

gemessen. Realistisch scheint der Stand von 1950 mit 186 vollständigen Zeitschriftenreihen. 248 Nach: Lösch Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart,

a.a.O., S. 103. 249 Ebd. S. 57.

Page 66: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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bibliothek abgegeben wurde250. Die Tauschpartner für Parlamentsschriften werden im Jahr 1956 mit 16 ausländischen Parlamenten beziffert251.

Wieder-

aufbau Was die bauliche Entwicklung der Parlamentsbibliothek betrifft, gab es

unter der Leitung Blenks mehrere markante Entwic klungspunkte. „Wegen

der schweren Kriegsschäden konnte die Wiederaufnahme des vollen

Dienstbetriebes und ein weiterer Ausbau erst ab 1946 erfolgen“.252 Im

Jahr 1946 wurde sogar von einer Erweiterung der Bibliothek gesprochen.

Die Renovierung des Parlamentsgebäudes nach den Bombentreffern im

Zweiten Weltkrieg dauerte zehn Jahre. Es ist denkbar, dass der Bibliothek

Räumlichkeiten früherer Klubs zugestanden wurden, da zum Ende der

Ersten Republik fünf Parteien im Parlament existierten253, während zu Be-

ginn der Zweiten Republik 1945 lediglich drei und 1946 vier Parteien im

Parlament vertreten waren254. Die erste wirkliche Erweiterung der Bibliothek in der Nachkriegszeit er-

folgte ab Anfang 1958. In den Nischen, die zwischen den Holzregalen im

heutigen Mittelmagazin existierten, und in denen früher die Beamten ihre

Büros hatten, wurden Stahlregale aufgestellt, um so die Platznot weitest-

gehend zu beseitigen. Mit seiner Prophezeiung, dass „wir dann [damit] für

die nächsten hundert Jahre wieder Ruhe“255 haben, sollte sich Blenk aller-

dings irren.

Blenk blieb lediglich die Planung der umfangreichen Umbaumaßnahmen,

denn er wurde zum 31. Dezember 1957 pensioniert und konnte so die tat-

sächlichen Umbauten nicht mehr persönlich leiten. Nach seiner Pensionie-

rung frönte er weiter seiner journalistischen Leidenschaft.

250 Heute sind die Plakate zu den Nationalratswahlen der Ersten Republik wieder in der Bibliothek

durch eine CD-ROM einsehbar. Kulturmanufaktur: Kampf der Symbole: Plakate zu den National-ratswahlen. 1. Republik Österreich (Signatur der Parlamentsbibliothek: 62.863, CD).

251 Nach: Wiener Zeitung: Die erste politische Bücherei Österreichs. Die Bibliothek des Nationalrates, Wien 4. März 1956 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 30.031).

252 Fiedler, Rudolf: Das Bibliothekswesen Österreichs vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, in: Dressler, Fridolin/Liebers, Gerhard (Hrsg.): Elemente des Buch- und Bibliothekswesens. Band 7. Die Bibliotheken Österreichs in Vergangenheit und Gegenwart, Wiesbaden 1980 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-4.440/7).

253 1930: 5 Parteien im Parlament, nach: Tálos, Emmerich/Dachs, Herbert et al. (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems Österreichs. Erste Republik 1918 – 1933, Wien 1995, S. 149 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 55.185).

254 Nach: Dachs, Herbert/Gerlich, Peter et al. (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems Österreichs. Die Zweite Republik, a.a.O., S. 224.

255 Zit. nach: Wiener Samstag: Der „Herr Hofrat“ ist Rapid-Anhänger, a.a.O.

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10. Die Bibliothekserweiterung unter Dr. Michael Stickler

(1958 – 1974)

Zur Person Dr. Michael Stickler, der nach der Pensionierung von Dr. Hilda Rothe

seinen Dienst in der Bibliothek des Nationalrates begann, wurde bereits

Anfang des Jahres 1958 als Nachfolger von Dr. Gustav Blenk zum Leiter

der Bibliothek berufen. Sein Amtsantritt als Leiter kam gerade in einer wichtigen Erweiterungsphase der Bibliothek. Es wurden ihm daher sofort

große Leistungen abverlangt.

Dr. Michael Stickler256 veröffentlichte mehrere Schriften zu bibliothekari-

schen Themen, so unter anderem über die Geschichte der Volksbücherei-

bewegung257, über die Nationalbibliothek258 und später auch über die

Parlamentsbibliothek259.

Organisations-

änderung und

Personal Als neuer Bibliothekar wurde Dr. Hellmut Lösch260 Mitte Februar 1958 in

die Bibliothek des Nationalrates aufgenommen. Er verfasste später selbst

wichtige Studien über die Entwicklung der Parlamentsbibliothek261.

Dem Tätigkeitsbereich der Bibliothek wurde im Jahr 1961 auch das Archiv zugeordnet. Das belegt eine Aufzeichnung Sticklers: „Über Anordnung

des Parlamentsdirektors Dr. Rosiczky übernimmt die Bibliothek das Ar-

chiv. Fr. Dr. Helbok wird die Ordnung des Archivs einstweilen übertra-

gen.“262

Später wird Stickler wegen der zusätzlichen Belastung einen neuen Pos-

ten263 für die Bibliothek beantragen, und Ende März 1963264 auch bewilligt

bekommen.

Zu jener Zeit drehte sich das Personal-Karusell unter den großen Wiener

Bibliotheken, was folgende Aufzeichnung vom Juni 1962 bestätigt:

256 Interessant ist, dass der Bruder von Dr. Michael Stickler, Dr. Alfons Stickler, ebenfalls Bibliothekar

war und im Rang eines Kardinal-Erzbischofs Präfekt der Vatikanischen Bibliothek war. 257 Stickler, Michael: Die österreichische Volksbüchereibewegung. Kurze Geschichte und gegenwärti-

ger Stand, in: Biblos, Jg 3, 1954 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 32.079). 258 Stickler, Michael: Die österreichische Nationalbibliothek, in: Der öffentliche Bedienstete, Septem-

ber/Oktober Nr. 9/10, Wien 1957 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 31.128). 259 Stickler, Michael: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, a.a.O. 260 Dr. Lösch war bei Eintritt in die Bibliothek Dr. phil. nach einem Studium der Anglistik und Psycholo-

gie. Im Jahre 1963 schloss er ein Studium der Rechtswissenschaft mit dem Titel Dr. iur. ab. Einen weiteren Doktortitel erwarb er nach dem Romanistikstudium.

261 Lösch Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, a.a.O., Lösch, Hellmut: Die österreichische Volksvertretung und ihre Bibliothek, a.a.O.

262 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O. 263 B-Posten. 264 Der Posten wurde eigentlich bereits früher bewilligt, doch wegen eines bevorstehenden Wahlter-

mins musste eine Bestätigung des vorläufigen Budgets durch die neue Parlamentsmehrheit abge-wartet werden.

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„Am 1. IV. kam Dr. Lösch (UB) [Universitätsbibliothek] von der Bibl[iothek] weg u[nd] wurde vom Parlament übernommen265. An

seine Stelle kam Dr. Th. Stöhr vom Abschreibeteam der ÖNB

[Österreichische Nationalbibliothek]. Vorübergehend war für die

zur ÖNB versetzte Frau Ulbing (B) Frl. Stark (b) von der ÖNB

zugeteilt. Sie musste, weil keine Stelle in der Bibl[iothek] d[es]

NR. [Nationalrates] frei war, an die Univ[ersitäts] B[ibliothek]-

Wien.“266

Räumlich-

keiten Die Bestückung des Magazins mit Stahlstellagen wurde noch von Dr.

Blenk in die Wege geleitet. Die Kosten betrugen etwa 130.000 ATS und

waren offenbar nur schwer aufzubringen. Stickler schrieb später: „HR Dr.

Blenk hatte sich mehr als ein Jahr bemüht, die Geldmittel dafür freizube-

kommen.“267 Die drei Büroräume hinter dem heutigen Zimmer der Biblio-theksleiterin waren offenbar zu jener Zeit noch ein großer und ein kleiner

Raum. Der große Raum war lediglich durch Holzstellagen getrennt, in de-

ren Nischen die Bibliotheksangestellten ihre Arbeitsplätze hatten. Denn

Stickler bemerkte am 30. September: „Die Räume hinter dem Chefzimmer

haben Heizungskörper, neue Beleuchtung, sind ausgemalt u[nd] die Tren-

nungswände samt den festen Holzregalen sind wieder aufgestellt.268

Ferner wurde während des Umbaus in einem neu errichteten Kellerraum,

der mit einem Aufzug zugänglich gemacht werden sollte, ein Dubletten-

archiv eingerichtet.269 Um welchen Keller, und vor allem um welchen Auf-

zug es sich handeln sollte, kann nicht geklärt werden. In einem Bauplan

des Parlamentsgebäudes um 1960 ist nämlich in den Räumlichkeiten der

Bibliothek kein Aufzug verzeichnet. Der Gang, der entlang der Bibliotheksräumlichkeiten liegt, wurde soweit

möglich mit Wertheim-Stellagen ausgestattet, um ebenfalls als Magazin

benutzt werden zu können.270 Offenbar wurde dieser Gang bereits vorher,

vielleicht seit 1946, als Bücherspeicher verwendet.271 So wurden zu jener

265 DDDr. Lösch teilte hiezu mit: Ende März 1962 wurde Dr. Lösch von der Parlamentsdirektion (im

engeren Sinn) übernommen und beendete hiermit seine (unmittelbare) Tätigkeit in der Parlaments-bibliothek (Feb. 1958 bis März 1962).

266 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O. 267 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O. 268 Ebd. 269 „Das Magazin f[ür] die Doubletten, Belletristik u[nd] Zeitschriften ist fertig bis auf kleinere Arbeiten

wie Einbau des Aufzuges u[nd] Bodenbelag.“ In: Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O.

270 Aufzeichnung Sticklers vom 24. April 1961, in: Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O.

271 „Entfernung der Holzstellagen im Bibliotheksgang und Aufstellung von zwei Etagen Wertheim Stahlregale[n] (Periodika, Platzgewinnung)“ aus: Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O., Eintrag vom 30. Oktober 1968.

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Zeit sowohl im Mittelmagazin als auch im Gangmagazin Zwischendecken eingezogen und Stahlregale aufgestellt, um die hohen Räumlichkeiten für

den täglichen Gebrauch besser zugänglich zu machen.

Bestände Durch die Errichtung der Stellagen war eine Neuaufstellung der Buch-

bestände nötig, um den Nummerus Currens272 nicht zu unterbrechen. Die

Gelegenheit wurde zu einer vollständigen Revision der Bestände genutzt.

Stickler resümiert:

„An jedem Arbeitstag wird in der Zeit von 10 – 13 h, falls an die-

sem Tag keine Haussitzung stattfindet, daran gearbeitet. Es ste-

hen 2 Rein[igungs-] Frauen des Parlaments zum Ab wischen der

Bücher u. Reinigen der Stellagen zur Verfügung. Aus dem bib-

liothekseigenem [sic!] Personal sind 1 Aufseher (R. Salak) u[nd]

3 Bibliothekare (Dr. Helbok, Hodanek, Ulbing)273 je eine Stunde

für die Arbeit zur Verfügung. An Hand des Standortkatalogs wird das tatsächliche Vorhandensein des Buches überprüft. Der 2.

Arbeitsgang ist die Überprüfung der Aufnahme in den Katalogen.

Zusätzlich wird damit eine genaue Bücherzählung durchgeführt.

Die normale Bibl.-Arbeit wie Lesesaaldienst, Erwerbung, Be-

schreibung, Zeitschriften etc. muss ungestört weiterlaufen.“274

Als Arbeitstempo stellt Stickler fest, dass an einem Tag „ca. 4 – 500 Bü-

cher neu aufgestellt werden können“275, was eine Dauer der Revision von

etwa 300 bis 350 Tagen ergab. Auch in den Aufzeichnungen zu dieser

Revision werden wieder NS-Bestände erwähnt:

„Die NS-Bestände, die bis jetzt zusammen in einen großen

Raum des 2. Stockes verlagert waren, werden nun wieder an ih-

rem normalen Standort aufgestellt.“276 Die genaue Zählung des Bestandes ergab exakt 156.393 Bände277.

Katalog Durch die Revision 1958 wurden auch einige Veränderungen im Katalog

vorgenommen. So vermerkt Stickler am 17. März 1960:

„Durch Generationen hindurch wurde der Schlagwortkat[alog]

geführt u[nd] verschiedenes, das zu grobe Verstöße aufwies,

musste während des Anlegens umgeschrieben u[nd] neu geord-

net werden.“278

272 Die fortlaufende Vergabe der Signaturen wird als Nummerus Currens bezeichnet. 273 Rudolf Salak, Dr. Claudia Helbok, Hilde Hodanek, Erika Ulbing. 274 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O. 275 Ebd. 276 Ebd. 277 „Bestand (1. Zählung beendet 1959) 156.393 Bde“, aus: Stickler, Michael: Handschriftliche

Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O., Eintrag vom Wien 30. Oktober 1968. 278 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O.

Page 70: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

70

Bilanz Stickler war nach seinen ersten zehn Jahren Dienstzeit vom Parla-mentsvizedirektor Dr. Neumaier aufgefordert worden, einen Tätigkeitsbe-

richt abzuliefern. Dieser stellt tabellarisch eine gute Übersicht der Tätig-

keiten und Innovationen dar und soll daher an dieser Stelle zitiert werden:

„Nach Fertigstellung des Hauptmagazins (Stahlregale) im April

58 Revision der Bestände und genaue Zählung

Dazu genaue Kontrolle des Autorenkataloges

Bau- u. Einrichtung des Katalogzimmers (Alter Luftschacht)

Wertheimschränke für Schlagwort- und Dokumentationskatalog

Neue Schränke für den systematischen Katalog

Entfernung der Holzstellagen im Bibliotheksgang und Aufstellung

von zwei Etagen Wertheim Stahlregale (Periodika, Platzgewin-

nung)

Lesesaal neue Beleuchtungskörper von der Decke u. bei jedem Tisch

Im Zeitschriftenzimmer Aufstellung neuer Ladenregale aus Stahl

Unterteilung der einst als Wohnzimmer dienenden Räume hinter

dem Chefzimmer zu drei Arbeitsräumen. Neue Beleuchtung u.

Heizkörper.

Herstellung eines Schlagwortregisters

Einführung des Laufzettels für Neuerwerbungen

Nach Fertigstellung der Bauarbeiten u. der Magazine Neuauf-

stellung im Lesesaal, den Arbeitsräumen u. des Periodikamaga-

zins am Gang. Ebenso Doubletten- und Zeitungsmagazin.

Mitbetreuung des Archivs (Dr. Helbok)

Signieren mit Signiermaschine Verstärkung der Dokumentation f. alle einschlägigen Zeitschrif-

ten

Einführung d. genauen täglichen Statistik u. Meldung der aus-

führlichen Jahresstatistik nach dem vom BmfU verlangten Form-

blatt

Aufnahme von Briefverkehr, Fühlungnahme u. Zusammenarbeit

mit der Sektion Parlamentsbibliotheken d. IFLA (Internat.

Federation of Library Association)

Einführung der Planatolbindungen zur Verbilligung der Buchbin-

derarbeiten u. verstärkte Bindung f. die Bibliothek

Page 71: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

71

Bestand (1. Zählung beendet 1959) 156.393 Bde Bestand (30. September 1968) 181.836 Bde“279.

Dr. Michael Stickler versah seine Aufgaben in der Parlamentsbibliothek

bis zu seiner Pensionierung am 31. Dezember 1974. Er verstarb am 23.

Dezember 1981.

11. Geschichtsforschung unter Dr. Theodor Stöhr (1975 – 1991)

Zur Person Dr. Theodor Stöhr wurde mit Januar 1975 als Nachfolger von Dr. Michael

Stickler bestellt. Stöhr arbeitete bereits seit 13 Jahren in der Parlaments-

bibliothek, denn in einer Au fzeichnung aus dem Jahr 1962 berichtete

Stickler: „Am 26. Oktober konnte Dr. Stöhr melden, dass der systemati-

sche Katalog fertig eingelegt ist“.280 Der Dienstantritt von Dr. Stöhr in der

Parlamentsbibliothek erfolgte am 2. April 1962. Dr. Stöhr hatte sich sehr intensiv mit der historischen Aufarbeitung der in

der Bibliothek vorhandenen Literatur beschäftigt. So gab er unter anderem

ein Werk heraus, in dem er die ältesten Bücher der Parlamentsbibliothek

beschrieb281. Weiters arbeitete er das Schrifttum zum österreichischen

Parlamentarismus 282 bibliographisch auf und beschäftigte sich mit den

Nationalratsabgeordneten seit 1918283.

Organisations-

änderung Gleich zu Beginn der Amtszeit von Dr. Theodor Stöhr als Leiter der Parla-

mentsbibliothek wurde eine Neueinteilung der Dienstbereiche vorgenom-

men. „Im Zuge einer Reform der Geschäftseinteilung der Parlamentsdi-

rektion“284 zum 1. Mai 1975, war es, angelehnt an das Vorbild des Deut-

schen Bundestages, ein besonderes Anliegen des Parlamentsdirektors

Dr. Wilhelm F. Czerny, den parlamentarisch-wissenschaftlichen Dienst zu schaffen. Dieser Dienst war nun offiziell ein gemeinsamer Dienst für den

279 Stickler, Michael: [Tätigkeiten innerhalb der ersten 10 Dienstjahre], a.a.O. Die zitierte IFLA steht für

International Federation of Library Associations and Institutions. 280 Stickler, Michael: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, a.a.O. 281 Stöhr, Theodor: Die ältesten Druckwerke und die Handschriften der Parlamentsbibliothek, in:

Biblos, Jg 28, 3, Wien 1979, S. 206 ff. (Signatur der Parlamentsbibliothek: 45.533). 282 Böck, Brigitte/Stöhr, Theodor: Schrifttum zum österreichischen Parlamentarismus 1848 – 1980:

aus den Beständen der Parlamentsbibliothek, Wien 1980 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 53.480).

283 Parlamentsdirektion (Hrsg) [Stickler, Michael/Stöhr, Theodor]: Parteifreie Abgeordnete, in: Die Abgeordneten zum österreichischen Nationalrat 1918 – 1975 und die Mitglieder des österreichi-schen Bundesrates 1920 – 1975, Wien 1981 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 46.733).

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Nationalrat und den Bundesrat285 und gliederte sich in die Bereiche „Information und Publikation“, „Bibliothek“, „Archiv“, „Literaturdokumenta-

tion“, „Dokumentation der parlamentarischen Materialien und Statistik so-

wie Erfassung spezieller Daten aus den Protokollen und dem Bundesge-

setzblatt“.286

Die neuen Aufgaben der österreichischen Parlamentsbibliothek beschreibt

der Österreichische Amtskalender wie folgt: „Planung; Erwerb; Katalogi-

sierung; Dublettenbearbeitung; Tauschverkehr; Aus kunftsverkehr; Leser-

betreuung; Entlehnung einschließlich Fernleihe“287.

Im Zuge dieser Umstrukturierung der Parlamentsdirektion wurde die hän-

dische Dokumentation von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln nicht mehr

in der Bibliothek vorgenommen, sondern der neu geschaffenen Abteilung

„Literaturdokumentation“ übertragen, die sich personell aus ehemaligen

Mitarbeitern der Bibliothek zusammensetzte. So erfolgte die Schaffung ei-ner neuen Abteilung zwar „ohne eigentliche Personalvermehrung“288, aber

mit deutlicher personeller Schwächung der Bibliothek.

Räumlich-

keiten Trotz der Umbaumaßnahmen unter Stickler scheint die Bibliothek nicht auf

dem neuesten Stand gewesen zu sein. „Die Presse“ berichtete:

„Völlig veraltet - und daher auch kaum frequentiert - ist nach

Ansicht der Mandatare die Bibliothek. Hier könnte noch ein

k.u.k. Parlamentsbeamter289 überleben, ohne dass man ihn bis

dato bemerkt hätte.“290

Auf der anderen Seite belegt eine Widmung eines zufriedenen Nutzers,

dass die Bibliothek zur vollsten Zufriedenheit ihrer Benutzer arbeitete:

284 Lösch, Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, a.a.O.,

S. 103. 285 Interessant ist, dass in der Nachkriegszeit die offizielle Bezeichnung der Parlamentsbibliothek

„Bibliothek des Nationalrates“ war, was zumindest nach dem Wortlaut eine Benutzung des Bundes-rates nicht implizierte, de facto war eine solche aber natürlich trotzdem vorgesehen.

286 Nach: Lösch Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, a.a.O., S. 103. Interessant ist, dass im Deutschen Bundestag Anfang der 70er Jahre bereits eine „Gruppe Datenverarbeitung“ als Teil des Wissenschaftlichen Dienstes aufgebaut wurde. Vgl. Matt-hes, Heinz: A.a.O., S. 82.

287 Verlag der österreichischen Staatsdruckerei (Hrsg.): Amtskalender 1975/76, Wien 1975, S. 11 (Signatur der Parlamentsbibliothek I-48/1975).

288 Nach: Lösch Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, a.a.O., S. 104.

289 Natürlich ging es dem Journalisten um das mit k.u.k. verbundene Bild, doch müsste es richtig hei-ßen k.k. Parlamentsbeamter, da seit dem Aus gleich 1867 beide Reichshälften ihre eigene Volksvertretung besaßen, existierte kein gemeinsamer Parlamentsbeamter.

290 Die Presse: Das hohe Haus wird zur Baustelle. Zum alljährlichen Sommerputz gesellt sich heuer ein Ausbauprogramm, Wien 19./20. Juli 1975.

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73

„Wäre die Gesetzgebung im Parlament so geführt wie die Par-lamentsbibliothek – es wäre Österreich unvorstellbar schöner!

Ein beglückter Bibliotheksbenutzer Herbert Haller“291.

Seit Beginn der 1970er Jahre wurden auch Kellerräume zu Büchermaga-

zinen ausgebaut. Um die Kellermagazine an der Wendeltreppe auch für

größere Bücherbestände zugänglich zu machen, wurde im Jahr 1982 ein

Lastenaufzug eingerichtet. Das bis heute größte Kellermagazin, ausges-

tattet mit Kompaktregalen, wurde 1979/80 fertiggestellt, allerdings nicht

besiedelt. Diese Stellflächen waren ursprünglich als „Ausweichquartier“ für

jene Bücher gedacht, die beim Bau eines Tiefspeichers unter dem Park-

platz Reichsratstraße 2 von ihrem Standplatz zu verlagern gewesen wä-

ren. Trotz der Erstellung von Einreichplänen für dieses Projekt durch das

Architektenteam Stein – Gschlacht konnte dieses Bauvorhaben bis heute

nicht realisiert werden, weshalb das lange freigehaltene Kellermagazin seit 1992 benutzt wird.

Katalog Unter der Leitung Stöhrs wurde seit Beginn der 1990er Jahre die regelmä-

ßige Herausgabe eines Zuwachsverzeichnisses wiederaufgenommen.

Diese Neuerwerbungslisten werden an alle Abgeordneten des National-

rates, an die Mitglieder des Bundesrates, an die österreichischen Mi tglie-

der des Europäischen Parlaments sowie die Mitarbeiter der Parlamentsdi-

rektion und der Parlamentsklubs versendet. Dieses Zuwachsverzeichnis

erscheint sechs Mal jährlich und beinhaltet eine Übersicht über besonders

interessante Neuanschaffungen.292

Bestände „Aufgrund des Bibliotheksberichtes 1984 betrug der

Bestand der Parlamentsbibliothek am 31. Dezember 1984

237.096 Bände sowie mehr als 900 Periodika. Im Berichts-jahr wurden insgesamt 1.179.219 ATS293 für die Bestands-

vermehrung und –pflege ausgegeben“294.

Über die Aufnahme von Büchern in die Bibliothek wurde in den achtziger

Jahren noch in Beschaffungssitzungen der A-Bediensteten der Bibliothek

entschieden, heute wird diese Aufgabe durch die Leiterin der Bibliothek

wahrgenommen.295

Noch während der Leitung Sticklers erschien ein Zeitungsartikel, der sehr

reißerisch auf die belletristischen Werke in der Parlamentsbibliothek hin-

291 Haller, Herbert: Hans Kelsen – Schöpfer der Verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfung? Wien

1977 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-3973/1,4). 292 Die Auflage liegt bei 400 Stück. Mittlerweile kann die Neuerwerbungsliste auch im Internet

eingesehen werden und wird auch als E-Mail verschickt. 293 1€ = 13,7603 ATS 294 Lösch, Hellmut: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, a.a.O.,

S. 104.

Page 74: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

74

wies. Unter dem Titel „Schmutz und Schund im Hohen Haus“296 wird von Kriminalromanen und Aufklärungsbüchern gesprochen, die unter dem

Tisch verliehen worden sein sollen. Allerdings zeigt der besagte Artikel et-

liche Schwachstellen in der Recherche. Tatsache ist, dass eine Auswahl

belletristischer Werke in einer Stellage im Lesesaal ausgestellt war, der

gesamte Bestand an Belletristik war durch einen separaten Katalog er-

schlossen. Dr. Stöhr waren die belletristischen Werke ein besonderes An-

liegen.

Innovation

Mikrofiches Bereits 1984 wurde aus konservatorischen Gründen mit der Mikr overfi-

chung der österreichischen Parlamentsschriften begonnen, die im Jahr

1990 abgeschlossen werden konnte.297 So sind nun die stenographischen

Protokolle der „Sitzungen des Hauses der Abgeordneten und des Herren-

hauses des Reichsrates 1861 – 1918, über die Sitzungen der Provisori-schen und Konstituierenden Nationalversammlung sowie über die Sitzun-

gen des Nationalrates und des Bundesrates der Republik Österreich 1920

– 1934“298 zusätzlich zur Papierausgabe auch auf Mikrofiches vorhanden

und mittels eines Reader-Printers299 einseh- und ausdruckbar.300

Jubiläum Am 18. Mai 1990 fand unter der gemeinsamen Leitung von Dr. Stöhr und

seiner Stellvertreterin und späteren Nachfolgerin Dr. Dietrich-Schulz eine

Festveranstaltung im Lesesaal der Parlamentsbibliothek statt. Zu dieser

Festveranstaltung zum 121. Jahrestag der Gründung der Bibliothek wurde

feierlich die Signatur 50.000 an die von Alois Mock und Herbert Scham-

beck herausgegebene Festschrift für Rudolf Kirchschläger „Verantwortung

in unserer Zeit“301 vergeben.

„Zu der Feierstunde im Lesesaal der Parlamentsbibliothek wa-ren prominente Persönlichkeiten des politischen Lebens, an

der Spitze Altbundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger, wei-

295 Laut Dr. Stöhr wurden die Beschaffungssitzungen zum Teil zu Diskussionen mit Abgeordneten

genutzt, in denen gegenseitige Wünsche geäußert wurden. 296 Die Wochenpresse: Schmutz und Schund im hohen Haus, Nr. 20, 17. Mai 1972. 297 Vgl.: Dietrich-Schulz, Elisabeth: Neues aus der Parlamentsbibliothek: Mikrofiche-Ausgaben der

stenographischen Protokolle des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses des Reichsrates im Handel, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare. Nr. 43, 1, Wien 1990, S. 92ff.

298 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, Der Weg von einer traditionellen Bibliothek zu einem EDV-unterstützten Informationszentrum, in: Dugall, Berndt (Hrsg.): ABI-Technik 16 Nr. 2, Wiesbaden 1996, S. 139 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-4.599).

299 Mittels des Reader-Printers können Microfiches eingesehen und bei Bedarf zugleich auch ausge-druckt werden.

300 Die Mikrofiche-Ausgaben der österreichischen stenographischen Protokolle 1861 – 1934 werden zudem vertrieben und erzielen so Erlöse für das Parlament.

Page 75: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

75

ters aus bedeutenden wissenschaftlichen Bibliotheken und der Vereinigung österreichischer Bibliothekare, Vertreter von Ver-

lagen und des Buchhandels sowie Journalisten erschienen“302.

Festredner waren der Präsident des Nationalrates, Rudolf Pöder, die Ge-

neraldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek und Präsidentin der

Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Dr.

Magda Strebl, und der Leiter der Parlamentsbibliothek, Dr. Theodor Stöhr.

Einer der Höhepunkte der Festveranstaltung war die Lesung aus Karl

Renners Autobiographie „An der Wende zweier Zeiten“ durch Dr.

Elisabeth Dietrich-Schulz.

301 Mock, Alois/Schambeck, Herbert (Hrsg.): Verantwortung in unserer Zeit. Festschrift für Rudolf

Kirchschläger, Wien 1990 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 50.000). 302 Dietrich-Schulz, Elisabeth: Zu Karl Renner: „An der Wende zweier Zeiten“ und einer Festveranstal-

tung in der Parlamentsbibliothek, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarin-nen & Bibliothekare. Nr. 43, 4, Wien 1990, S. 57f (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-275).

Page 76: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

76

Mediengesetz

Eine große Neuerung für die Bibliothek

brachte die Novelle des Mediengesetzes

vom 12. Juni 1981303. Damit wurde die

Parlamentsbibliothek analog zur Admi-

nistrativen Bibliothek des Bundeskanz-

leramtes in die Liste der Bibliotheken

aufgenommen, die Freiexemplare der in Österreich verlegten oder gedruckten

Bücher beziehen dürfen. Eine Forderung

aus den 50er Jahren wurde damit erfüllt.

Im §43 Mediengesetz ist vorgeschrie-

ben, dass jedes „Druckwerk, das im

Inland verlegt wird oder erscheint“, der

Parlamentsbibliothek angeboten werden

und auf Verlangen abgeliefert werden

muss. Dies bedeutet natürlich für die

Bibliothek eine enorme Ersparnis bei

den Anschaffungskosten. Ein Nachteil

ist allerdings, dass dieses Verfahren den

Verwaltungsaufwand stark steigen ließ. Es dauerte einige Zeit, bis sich die Bib-

liothek und ihre Mitarbeiter an die neuen

Herausforderungen der gewachsenen

Bücherflut und an den erhöhten admi-

nistrativen Aufwand gewöhnten. Seit

1992 ist mit einigen Verlagen, insbeson-

dere denen, die die Hauptsammelge-

biete der Bibliothek abdecken, verein-

bart, dass sie automatisch alle Neuer-

scheinungen zusenden oder mittels

Boten zustellen. Falls doch einige Titel

nicht benötigt werden, werden die ent-sprechenden Bücher zurückgesendet

oder bei der nächsten Lieferung retour-

303 BGBl. Nr. 314/1981

niert. Die restlichen Verlage senden

Angebotslisten an die Bibliothek.

Mit der im Jahr 2000304 wurde dem

Computerzeitalter Rechnung getragen

und nun müssen auch „neue Medien“

angeboten werden. Dies geschieht al-

lerdings sehr selten, da sich der Firmen-

sitz der Herausgeber von elektronischen

Publikationen oftmals nicht in Österreich

befindet.

Durch das Mediengesetz wurde dem

besonderen Status der Parlaments bib-

liothek sowie der Administrativen Bib-

liothek im Bundeskanzleramt Rechnung

getragen Diese beiden Behördenbiblio-

theken gelten als wissenschaftliche

Bibliotheken, die nicht nur „über die

Funktionen einer reinen ‚Hilfsstelle’ der

jeweiligen Organisationseinheit“305 verfü-

gen.

304 BGBl. I Nr. 75/2000 305 Öhlinger, Theo: Einige Rechtsfragen einer

Bibliotheksreform, Wien 1988, S. 189 (Sig-natur der Parlamentsbibliothek: 49.834).

Page 77: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

77

12. Der Einstieg in das Computerzeitalter unter der Leitung von

Dr. Elisabeth Dietrich-Schulz (seit 1992)

Die vergangenen zehn Jahre der Parlamentsbibliothek waren durch zahl-

reiche Innovationen gekennzeichnet. Einerseits wurden zwei Etappen der

schon seit den 1980er Jahren geplanten und geforderten Erweiterung der Räumlichkeiten umgesetzt, andererseits konnte der Bibliotheksbetrieb den

wachsenden Anforderungen des Informationszeitalters angepasst werden.

Durch den Siegeszug der Informationstechnologie stellt der informations-

technologische Fortschritt für die Existenz einer Bibliothek eine conditio

sine qua non dar. Den Benutzern eröffnen sich zahlreiche neue Zu-

gangsmöglichkeiten zur Literatur, was aber wiederum einen steigenden

Personalbedarf bedingt, denn nur formal und inhaltlich erschlossene Be-

stände können dem Benutzer helfen. Der Nutzen liegt auf der Hand: Nie

gab es derart lückenlose und aktuelle Kataloge, die dank des Internets

durch ihre Omnipräsenz bestechen. Jeder kann heute, zu jeder Tages-

zeit306 und aus allen Teilen der Welt, in den Beständen der Parlamentsbib-

liothek recherchieren. Zur Person Die heutige Direktorin der Parlamentsbibliothek begann ihren Dienst in der

Bibliothek als stellvertretende Leiterin während der Amtszeit Dr. Stöhrs im

Jahr 1989. Zuvor hatte sie elf Jahre die stellvertretende Leitung der Bib-

liothek im Bundesministerium für Landesverteidigung inne, wo sie ein-

schlägige Erfahrungen in der Bibliothekarsarbeit sammeln konnte. Nach

der Pensionierung Dr. Stöhrs wurde Dr. Elisabeth Dietrich-Schulz am 1.

Januar 1992 die erste Frau an der Spitze der Parlamentsbibliothek. Hieran

lässt sich der Wandel der Zeit erkennen, denn noch etwa 40 Jahre zuvor

galt es als undenkbar, eine Frau in eine so wichtige Position zu befördern.

Nach dem Krieg etwa wurde die seit 1920 in der Bibliothek tätige Dr. Hilda

Rothe trotz ausreichender Qualifikation und aufopferungsvoller Tätigkeit

für die Parlamentsbibliothek nicht mit der Bibliotheksleitung betraut, son-

dern es wurde ein neuer Leiter „von außen“ eingestellt. Mit Februar 1992 wurde der neuen Bibliotheksdirektorin Dr. Karl Megner als Stellvertreter

zur Seite gestellt.

Bestände Unter Dr. Dietrich-Schulz ist eine Konzentration auf die Kernaufgaben der

Parlamentsbibliothek zu beobachten, nämlich auf die Bereitstellung der

notwendigen Materialien für den parlamentarischen Ablauf. Im Jahr 2001

306 Um eine moderne Diktion zu verwenden: 24h/7. Oder anders ausgedrückt: Die Bibliothek steht via

Internet 365 Tage im Jahr 24 Stunden pro Tag zur Verfügung.

Page 78: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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steht die Bibliothek mit etwa 1550 Verlagen in Kontakt, darunter befinden sich selbstverständlich auch viele Kleinstverlage und Eigenverlage. Die

Budgetersparnis wird heute mit etwa 50 Prozent angegeben, dafür muss

allerdings der gestiegene Verwaltungs- und Personalaufwand gegenge-

rechnet werden.

Die Plakate- und Flugschriftensammlung wurde im Jahr 1993 an die

umfangreiche Flugblätter-, Plakate- und Exlibris-Sammlung der Österrei-

chischen Nationalbibliothek übergeben. Die in der Bibliothek separat auf-

gestellten und katalogisierten Werke der Weltliteratur und Klassiker wur-

den nach 1992 in den allgemeinen Bibliothekskatalog integriert, während

die übrigen belletristischen Werke in einer gemeinsamen Aktion mit der

Personalvertretung an die Bediensteten des Hauses und karitative Orga-

nisationen abgegeben wurden.

EDV in der Bibliothek: Datenbanken und Katalog

Im Jahr 1991 wurde der erste Computer in der Parlamentsbibliothek auf-

gestellt, der als stand-alone Lösung vorwiegend der Nutzung von CD-

ROM Datenbanken diente. Weitere sieben PCs wurden zum Jahreswec h-

sel 1992/1993 angeschafft, die schließlich auch vernetzt wurden.

Gerade die CD-ROM bedeutete für die Bibliothek eine enorme Innovation,

denn sie machte verschiedenartige Datenbanken einfach und schnell zu-

gänglich; noch dazu war sie besonders Platz sparend. Die ersten CD-

ROM-gestützten Datenbanken waren unter anderem die EU-Rechtsda-

tenbank Celex, die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie

das für den Bibliotheksbetrieb unentbehrliche Verzeichnis lieferbarer Bü-

cher307, um nur die wichtigs ten zu nennen308. Zur Planung und Koordination des informationstechnischen Fortschritts

konstituierte sich

„im Frühjahr 1993 [...] die Arbeitsgruppe ‚Automatisierung der

Parlamentsbibliothek’ unter dem Vorsitz des Leiters des parla-

mentarisch-wissenschaftlichen Dienstes, Mag. Herbert

Weber.“309

Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe wurde unter Beiziehung eines Konsul-

enten, des Direktors der Universitätsbibliothek der Technischen Universi-

tät Graz, Dr. Karl Stock, angestrebt, das zukünftige EDV-System der Bib-

307 In der Fachwelt als VLB zitiert. 308 Eine ausführlich Darlegung zu diesem Thema und den verwendeten CD-ROMs liefert: Dietrich-

Schulz, Elisabeth: Der Siegeszug der CD-ROM. Ein Beitrag über den Einsatz von CD-ROM-Daten-banken in der Parlamentsbibliothek, in: Parlamentsdirektion (Hrsg.): Parlinkom-Press: Aktuelle In-formationen für Parlinkom-Anwender, Juni/Juli 1994, S. 7f (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-5.680).

309 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S. 134.

Page 79: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

79

liothek in das bereits bestehende parlamentsinterne System „parlinkom“ zu integrieren310. Aus diesem Grund und um die Nutzung der Bibliotheks-

EDV zu allen Zeiten des oft bis in die Nacht oder die frühen Morgenstun-

den dauernden Parlamentsbetriebes zu garantieren, war es notwendig,

sich für eine UNIX-kompatible Lösung zu entscheiden. Nach umfassenden

Marktstudien und einer Ausschreibung erhielt die Firma DABIS-Österreich

mit ihrem System BIS -C 1994 den Zuschlag. Eine entscheidende Verbes-

serung durch dieses neue UNIX-System ergab sich durch die Multitas-

king-Fähigkeit311 von UNIX. So können die Mitarbeiter der Bibliothek nun

gleichzeitig mehrere Programme auf einem Rechner benutzen, „etwa im

Publikumsdienst zugleich den OPAC 312 und die Entlehnung“313. Der Erfolg

des Einstieges in die elektronische Datenverarbeitung war schnell mess-

bar. So „konnte die durchschnittliche Buchdurchlaufzeit von sechs Wo-

chen vor Einführung von BIS-C auf derzeit rund drei Wochen314 reduziert werden. Erforderlichenfalls steht der anspruchsvollen Klientel die ge-

wünschte Literatur, soweit vom Buchhandel prompt lieferbar, innerhalb

weniger Stunden von der Bibliothek fertig bearbeitet zur Verfügung.“315

Im Frühjahr 2002 wurde das Bibliothekssystem, das sich gut bewährt hat,

auf eine Windows-Plattform gestellt. Auch die Möglichkeiten des Internets

werden immer stärker durch die Parlamentsbibliothek genutzt. Als äuße-

res Anzeichen für die fortschreitende Öffnung gegenüber neuen Techno-

logien kann auch die Aufnahme des @-Zeichens in den Schriftzug

„P@rlamentsbibliothek“ genannt werden.

Seit Juni 2000 können die Buchbestände ab 1995 sowie die rückwirkend

erfassten älteren Titel sowohl im Intra- als auch im Internet in Form eines Web-OPACs eingesehen werden. Auch die Neuerwerbungslisten, die alle

zwei Monate erscheinen, können bereits seit 1996 via Internet von allen

Benutzern abgerufen werden. Seit Einführung des BIS-C-Systems werden

neu erworbene Bücher sofort in das EDV-System aufgenommen. Nach

und nach erfolgt aber auch die Aufnahme früherer Bestände in die elekt-

ronische Bibliotheksdatenbank. Im parlamentsinternen Intranet ist es seit

Anfang 2001 möglich, dass der Benutzer zusätzlich zu den bisher EDV-er-

fassten Beständen die gescannten Karteikarten des Zettelkataloges der

310 Nach: Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S.

134. 311 Mit Multitasking, zu deutsch Mehrprozessbetrieb, bezeichnet man die Fähigkeit eines Betriebssys-

tems, mehrere Anwendungen gleichzeitig auszuführen. 312 Online Public Access Catalogue. 313 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S. 135. 314 Tatsächlich werden heute durch die innovative Informationstechnologie sowie durch das Engage-

ment der Mitarbeiter meist sogar lediglich zwei Wochen Buchdurchlaufzeit erzielt.

Page 80: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

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Bestände von 1869 bis 1994 als Bilddateien einsehen kann. Eine ganz neue Errungenschaft ist, dass die gescannten Karten auch mit einer Text-

erkennungssoftware OCR316 gelesen wurden, so dass seit Sommer 2001

auch eine elektronische Volltextsuche im gesamten Katalog möglich ist.

Es ist geplant, dieses Service mit ausreichend komfortabler Benutzerfüh-

rung auch dem Internetpublikum zugänglich zu machen.

Ein weiteres, derzeit laufendes Projekt ist die intensivere Vernetzung des

Bibliotheksangebotes mit dem allgemeinen Internetangebot des Parla-

ments. So werden die Autoren, die zugleich Abgeordnete im österreichi-

schen Parlament sind oder waren, mit einer gesonderten Kennung verse-

hen, um sie rascher aus dem Gesamtbestand herausfiltern zu können. Als

nächster Schritt werden im Internetangebot des Parlaments die Lebens-

läufe der Abgeordneten mit Links 317 ergänzt, um sofort zu den Publikatio-

nen der entsprechenden Abgeordneten zu gelangen. Vice versa können aus den Buchkatalogen Verknüpfungen zu den Lebensläufen der Abge-

ordneten führen.

Den Benutzern stehen seit 2001 neben vier PCs im Lesesaal zusätzlich 4

PCs im EDV-Raum zur Recherche in zahlreichen CD-ROM-Datenbanken

zur Verfügung. Via Intranet können die Benutzer auch ein CD-ROM-Netz

anwählen, das u.a. Datenbanken biographischen und geographischen In-

halts sowie Zitatensammlungen enthält, und weiter ausgebaut werden

soll.

Renovierung und

Erweiterung Allerdings gab es in den letzten zehn Jahren nicht nur auf informati-

onstechnologischem Gebiet enorme Fortschritte der Parlamentsbibliothek,

sondern es haben sich auch in den Räumlichkeiten einige Veränderungen ergeben.

Mehr als 120 Jahre nach der Gründung der Parlamentsbibliothek und 110

Jahre nach dem Einzug in das neue Parlamentsgebäude wurde der histo-

rische Lesesaal einer großen Renovierung unterzogen. Während des

Umbaus musste die Bibliothek für externe Benutzer geschlossen werden.

Für die primären Benutzergruppen318, welche auch weiterhin mit der erfor-

derlichen Literatur bedient werden mussten, wurde der Betrieb jedoch auf-

315 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S. 136. 316 OCR steht für Optical Character Recognition und meint die Erkennung von Buchstaben, die als

Bilder in ein EDV-System eingegeben werden und die anschließende Umwandlung in einen verar-beitbaren Text.

317 Zu deutsch: Verknüpfungen. 318 Der primäre Benutzerkreis setzt sich aus den Abgeordneten zum Nationalrat, den Mitgliedern des

Bundesrates, den österreichischen Mitgliedern den Europäischen Parlaments, den Bediensteten der Parlamentsdirektion sowie den Mitarbeitern der parlamentarischen Klubs und den parlamentari-schen Mitarbeitern gemäß § 1 Parlamentsmitarbeitergesetz 1992 zusammen.

Page 81: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

81

rechterhalten. Die Bücher wurden in Containern in den Innenhöfen des Parlaments zwischengelagert, der Zeitschriftensaal in einem breiten Par-

lamentsgang provisorisch eingerichtet. Gerade bei diesen Umbau- und

Umzugstätigkeiten wurden den Bibliotheksmitarbeitern große Belastungen

auferlegt. „Insgesamt wurden 1993 bis 1994 90.000 Bände ‚bewegt’ “319.

Bei der Restaurierung des Lesesaals mussten sowohl Auflagen des

Denkmalschutzes als auch innovative Anforderungen berücksichtigt wer-

den. So wurden in die Decke Brandmelder eingesetzt, dabei durfte aller-

dings die mit prächtigen Motiven verzierte Gipsdecke in Holzoptik nicht

nachhaltig beschädigt werden. Bei dieser Gelegenheit wurde gleichzeitig

die Decke gereinigt und mit dekorativen Leuchtern versehen, so dass ihre

Attraktivität erneut gesteigert werden konnte.

Auch die originalen Benutzertische und Stühle wurden restauriert, um

weitere Jahrzehnte den Lesern dienen zu können. Von den ursprüngli-chen Benutzerlampen hatte lediglich eine die Wirren der Zeit überlebt. Die

neuen wurden dieser nachempfunden, so dass heute der Lesesaal wieder

einen Eindruck der Pracht alter Zeiten gibt.

Der Lesesaal wurde für weitere Magazine mit zwei Geschossen unterkel-

lert. Zugänglich sind diese Räume durch einen eigens dafür installierten

Aufzug. Beide Magazine wurden mit modernen Rollregalen ausgestattet

und bieten so eine optimale Raumnutzung. 40.000 Bücher können dort

untergebracht werden. In den Monaten Mai und Juni 1994 konnten in die-

sen Räumlichkeiten bereits Bücher eingestellt werden, während „an der

Inneneinrichtung des Hauptlesesaales noch intensiv gearbeitet wurde“320.

Die Zeitschriftenabteilung, die im Jahre 2002 519 laufende Zeitungen und

Zeitschriften betreut, wurde in ein dem historischen Parlamentsgebäude gegenüberliegendes Haus ausgelagert. Das neu hinzugekaufte Gebäude

Reichsratstraße 1 ist vom historischen Parlamentsgebäude aus durch ei-

nen unterirdischen Gang direkt zugänglich321. Hier wurden in hellen

Räumlichkeiten praktische Buchenholzregale aufgestellt, um dem Benut-

zer alle Periodika übersichtlich darzubieten. Fertiggestellt wurde die neue

Zeitschriftenabteilung im Jahr 1994. In jenem Raum, in dem die Zeit-

schriften zuvor untergebracht waren, konnte 1995 ein „EDV- und Mikrofor-

men-Leseraum“322 eingerichtet werden.

Allerdings bemängelte der Rechnungshof bei einer Überprüfung der Par-

lamentsdirektion auf ihre Effizienz bereits a priori, dass eine räumliche

319 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S. 137. 320 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S. 139. 321 Vgl. Anwander, Bernd: Unterirdisches Wien. Ein Führer in den Untergrund Wiens. Die Katakom-

ben, der Dritte Mann und vieles mehr, Wien 1993, S. 206 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 54.089).

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82

Teilung der Bibliothek und der Zeitschriftenabteilung „unzweckmäßig und personalaufwendig“323 sei. Trotzdem wurde diese Trennung durchgeführt,

da laut Parlamentsdirektion „die Schaffung eines modernen Zeitungs- und

Zeitschriftenbereiches im Zentralgebäude [...] mit dem dringenden Raum-

bedürfnis der parlamentarischen Klubs“324 kollidiere.

Zwar haben die Umbauten, die zum Jahr 1995 abgeschlossen wurden, die

Raumnot gelindert, doch kann noch lange nicht von einer zukunftssi-

chernden Lösung gesprochen werden. Von den Containern, die zur Zwi-

schenlagerung der Bücher während des Umbaues genutzt wurden, ist

heute noch immer einer in Verwendung, in dem selten benützte Buchbe-

stände untergebracht sind. Wegen der räumlichen Knappheit konnten

diese Bücher noch nicht wieder zweckmäßig in den Bestand der Biblio-

thek eingegliedert werden. Es bleibt abzuwarten, ob Pläne zur Errichtung

eines Tiefspeichers, die bereits Ende der 1980er Jahre in einem fortge-schrittenen Stadium waren, in die Tat umgesetzt werden können. Aber die

Geschichte der Parlamentsbibliothek hat gezeigt, dass solch zukunftswei-

sende Pläne immer einer sehr langen Vorlaufzeit bedürfen, bis sie endlich

realisiert werden.

Öffentlichkeits-

arbeit Die Beendigung aller Umbaumaßnahmen wurde mit einem Festakt am 23.

Januar 1995 gefeiert. Hiezu konnte „Nationalratspräsident Dr. Heinz

Fischer [...] das gesamte Präsidium des National- und des Bundesrates

sowie mehr als 300 hochrangige Festgäste begrüßen.“325 Im Herbst des

gleichen Jahres präsentierte sich die neue österreichische Parlamentsbib-

liothek gemeinsam mit anderen österreichischen Bibliotheken dann auch

bei der Frankfurter Buchmesse. Der Österreich-Schwerpunkt dieser wich-tigsten Leistungsschau der Branche war Anlass zur Erarbeitung von Wer-

beträgern wie eines Plakates und eines Videos 326.

Blick in

die Zukunft Es ist zu erwarten, dass sich in zukünftigen Jahren die Tätigkeit eines

Bibliothekars weiter verändern wird. Niemand hätte noch vor zwanzig Jah-

ren einen derartigen Umschwung von traditionellen Informationsquellen

hin zu neuen Informationstechnologien vorausgesagt. Zwar ist nicht anzu-

nehmen, dass sich in absehbarer Zeit eine papierlose Bibliothek durchset-

322 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S. 137. 323 Rechnungshof: Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Jahr 1993, Wien

1995, S. 10. 324 Rechnungshof: A.a.O., S. 11. 325 Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, a.a.O., S. 140. 326 Die österreichische Parlamentsbibliothek [Bildtonträger] : aufgenommen anlässlich der Frankfurter

Buchmesse 1995 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 57.167).

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83

zen wird, doch werden die technischen Anforderungen an eine Bibliothek weiter steigen. Noch scheint es, als ob sich e-books, books-on-demand327

oder dergleichen eher nicht breit durchsetzen werden, doch dürfen Bib-

liotheken nicht zögern, mit technischen Entwicklungen Schritt zu halten,

vor allem um eine weitergehende Erschließung ihres Informationsbestan-

des voranzutreiben. So scheint es beispielsweise sinnvoll, zur besseren

Zugänglichkeit gerade von Beiträgen in Sammelbänden, das Scannen von

Abstracts oder Inhaltsverzeichnissen in Zukunft anzustreben.

Beobachtbar ist auch, dass sich die Bibliothek längst nicht mehr nur als

Schatzkammer wertvoller Bücher und verwandter Medien versteht, son-

dern als Informationszentrum. So wird häufig aus aktuellen Anlässen eine

Überprüfung und Aufbereitung der vorhandenen Buchbestände durchge-

führt. Anlässlich der Ereignisse des 11. Septembers 2001, dem Terroran-

schlag auf das World-Trade-Center in New York, wurde die Vollständigkeit der Buchbestände auf dem Gebiet Terrorismus überprüft: Ältere Bestände

wurden in den neuen Katalog übertragen und aktuelle Werke angeschafft.

Ebenso werden beispielsweise zu den Themen Menschenrechte, Wahl-

recht oder Gentechnologie sowie bei Jubiläen von Mandataren die ent-

sprechenden Bestände überprüft.

Aus diesem Grund ist es für die Bibliothekare der Parlamentsbibliothek

besonders wichtig, am Puls des politischen Geschehens zu bleiben, um

sich rechtzeitig auf die Wünsche der Benutzer einzustellen. Bereits zu Be-

ginn des Agenda-Setting, also wenn ein Thema in Gesellschaft und Me-

dien aufkommt, muss von der Parlamentsbibliothek vorausblickend the-

matisch passende und alle politischen Standpunkte abdeckende Literatur

bestellt werden, um die Parlamentarier und deren Mitarbeiter mit den nöti-gen Materialien für die kommenden Debatten zu versorgen. Information

über das Weltgeschehen ist eine Voraussetzung, wenn man ambitioniert

seinen Dienst in einer gesellschaftswissenschaftlich ausgerichteten Biblio-

thek, wie der Parlamentsbibliothek, verrichten will.

„Die Arbeitsweise moderner Parlamente bringt es ja mit sich,

dass von der Parlamentsadministration nicht nur reine Verwal-

tungstätigkeit, sondern mehr und mehr auch die Bereitstellung

wissenschaftlich fundierter Entscheidungshilfen erwartet

wird.“328

327 e-books sind elektronisch, das heißt via PC einsehbare Bücher. Diese können beispielsweise nach

Stichworten durchsucht werden und benötigen keinen Stellraum, da sie nur virtuell auf einem Da-tenspeicher vorhanden sind. Books-on-demand sind Bücher, die als Datei vorhanden sind, die aber bei Bestellung gedruckt und in herkömmlicher Buchform ausgeliefert werden.

328 Czerny, Wilhelm F.: Parlament und Parteien, a.a.O., S. 190.

Page 84: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

84

Dank der Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie ist die österreichische Parlamentsbibliothek nicht nur eine wissenschaftliche

Spezialbibliothek für die Volksvertreter, sondern dokumentiert auch deren

Arbeit auf eine ganz besondere Weise. Der Leser kann nicht nur die

Reden der Mandatare in den stenographischen Protokollen nachlesen

und ihre parlamentarische Arbeit in den diversen Ausschüssen anhand

der parlamentarischen Materialien nachvollziehen, sondern auch ihre

Publikationstätigkeit erleben. Bis zum Sommer 2002 sind über 3.300 Titel

aus dem Bestand der Parlamentsbibliothek als Veröffentlichungen von

Mitgliedern der Legislative erfasst und im EDV-Katalog mit einer

Zusatzkennung versehen worden. Dieses bibliotheksinterne Projekt

erscheint besonders wichtig, da in Österreich die

Parlamentarismusforschung nicht institutionalisiert ist.

Ziel der modernen österreichischen Parlamentsbibliothek ist ein komplett EDV-erfasster Buchbestand mit Zugriffsmöglichkeiten in vielen verschie-

denen Sprachen. Schließlich beheimatete das österreichische Parla-

mentsgebäude mit seinem Abgeordnetenhaus des Reichsrates über Jahr-

zehnte ein europäisches Parlament.329

Die Aufgaben von Bibliothekaren haben sich heute derart erweitert, dass

es nicht mehr genügt, sich in seiner Disziplin sehr gut auszukennen, es ist

heute unerlässlich, sich mit den neuesten Technologien zu befassen, aber

auch internationale Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Gerade die in-

ternationalen Verbindungen sind für den Informationsaustausch von im-

menser Bedeutung, da sie eine arbeitsteilige Entwicklung innovativer

Ideen begünstigen. So entsteht derzeit im Rahmen des Europäischen

Zentrums für Parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation330 (EZPWD) eine virtuelle Plattform der EDV-Kataloge der Parlamentsbib-

liotheken der Europäischen Union und des Europarates, nicht zuletzt eine

Initiative Österreichs.

Es gilt heute mehr denn je:

Nur was sich ändert, bleibt!

329 Die 17 ehemals im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder waren: Tirol, Galizien, Dalma-

tien, Bukowina, Steiermark, Österreichisch-Schlesien, Istrien Salzburg, Niederösterreich, Triest, Vorarlberg, Kärnten, Mähren, Görz-Gradiska, Oberösterreich, Böhmen sowie Krain.

330 Das EZPWD wurde 1977 in Wien gegründet. Langjähriger Motor war der Deutsche Klaus Pöhle. Das Zentrum wird zwar faktisch beim Europäischen Parlament (früher in Luxemburg, jetzt in Brüs-sel) geführt, steht jedoch unter der Patronanz der Konferenz der europäischen Parlamentspräsi-denten. Außerdem wurde der Parlamentarischen Versammlung des Europarates eine gleichbe-rechtigte Stellung in der Leitung dieser Forschungsstelle eingeräumt.

Page 85: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

85

Fotoanhang

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Abbildung 1: Ringstraßenansicht des Parlamentsgebäudes, Wien

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Abbildung 2: Das Oktoberdiplom vom 20. Oktober 1860 ist neben dem Februarpatent

eines der wertvollsten Objekte der Parlamentsbibliothek

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Abbildung 3: Das Februarpatent vom 26. Februar 1861 ist neben dem Oktoberdiplom eines der wertvollsten Objekte der Parlamentsbibliothek

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Abbildung 4: Siegfried Lipiner

Abbildung 5: Siegfried Lipiner

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Abbildung 6: Karl Renner (mit Gattin Luise) in der Uniform eines

Zivilstaatsbeamten zur Zeit seiner Tätigkeit in der Reichsratsbibliothek

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Abbildung 7: Der Eingang der Bibliothek zu Zeiten Lipiners und Renners ist heute Teil des Mittelmagazins

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Abbildung 8: Der Eingangsbereich der Bibliothek seit 1995

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Abbildung 9: Der Lesesaal um 1900

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Abbildung 10: Der Lesesaal in den 1960er bis 1990er Jahren

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Abbildung 11: Der Lesesaal vor den Umbaumaßnahmen 1993 – 1995

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Abbildung 12: Der Lesesaal seit 1995

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Abbildung 13: Der Lesesaal seit 1995

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Page 111: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Abbildung 14: Die parlamentarischen Protokolle

auf der Galerie des Lesesaals

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Page 113: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Abbildung 15: Die Decke des Lesesaals (Gipsdecke in Holzoptik)

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Abbildung 16: Der "Renner-Katalog",

ein systematischer Katalog in Kapselform

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Abbildung 17: Der EDV-Raum als Nebenraum zum Lesesaal seit 1995

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Page 119: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Abbildung 18: Die Galerie mit EU-Beständen und dem Portrait Karl Renners von K. Hajek

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Page 121: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Abbildung 19: Das heutige Mittelmagazin war der erste Bibliotheksraum

im neuen Parlamentsgebäude 1883/84

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Abbildung 20: Das Magazin auf dem eingezogenen

Zwischenboden (Mittelmagazin)

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Abbildung 21: Ein modern ausgestattetes Kellermagazin

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Page 127: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Abbildung 22: Der Zeitschriftensaal im Gebäude Reichsratsstraße 1 (1994 – 2002)

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Page 129: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Abbildung 23: Der Festakt anlässlich der Beendigung des Umbaues am 23. Jänner 1995,

am Pult: Dr. Elisabeth Dietrich-Schulz

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Page 131: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

Abbildung 24: IFLA-Treffen, Sektion Parlamentsbibliotheken, Ottawa, August 2001

Page 132: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

132

Page 133: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

133

IV. Zahlen, Daten, Fakten

1. Buchbestand und Entlehnungen

Bände Entlehnungen Zeitschriften

Lesesaal nach auswärts Entlehner Bände Entlehner Bände

1869 6.000

1870 8.000 bis 10.000

1881 13.000

1884 18.619

1887 23.397

1890 25.529 1900 45.000

1929 79.507

1930 80.786

1931 82.000

1932 83.720

1933 84.389 160

1934 85.176 214

1935 85.659 850 491 200

1936 86.000 115

1937 87.500 332 450

1938 89.365 315 1939 90.258

1940 102.813

1941 102.813

1946 114.682 350 2.400 100 900 1.050

1947 115.437 1.150 5.200 250 1.100 1.050

1948 116.818 950 4.700 185 840 1.158

1949 123.918 1.000 5.000 3.000 8.000 1.200

1950 119.234 1.552 7.255 5.961 186

1951 126.065 4.500 1.200 220

1952 127.523 1.728 6.954 4.912 225 1953 125.419 3.476 5.565 8.741 282

1954 123.082 1.703 8.681 3.798 379

1955 124.434 1.696 6.743 3.472 380

1956 152.446 1.555 7.702 5.865 485

1957 154.519 1.769 10.763 7.791 585

1958 156.393 3.120 13.339 3.052 13.130 753

1959 158.338 3.271 14.899 2.671 9.237 858

Page 134: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

134

1960 160.949 2.986 23.184 2.925 9.070 900 1961 163.608 2.901 16.265 2.263 8.369 903

1962 166.334 3.353 14.826 1.519 1.572 935

1963 168.780 2.795 13.929 1.581 5.234 687

1964 171.523 2.750 14.908 1.719 6.812 710

1965 174.269 2.365 13.231 1.345 5.917 728

1966 177.256 2.019 11.487 1.410 4.928 716

1967 180.278 1.744 8.548 1.259 3.873 733

1968 182.917 2.779 11.265 1.685 5.260 745

1969 186.090 1.928 8.235 1.420 4.417 780

1970 189.642 2.115 7.514 1.390 4.394 798 1971 193.326 2.813 7.154 1.465 4.334 732

1972 196.726 2.763 7.418 1.331 3.883 765

1973 200.773 1.570 5.757 1.193 3.265 772

1974 204.094 1.818 6.410 1.268 3.415 794

1975 208.312 2.470 4.466 937 2.191 797

1976 213.124 1.302 3.979 1.044 2.143 825

1977 217.016 1.438 5.041 983 2.150 843

1978 219.690 1.522 5.125 1.069 2.268 815

1979 222.904 1.379 1.022 836

1980 225.936 1.416 4.970 1.045 2.069 841

1981 228.410 1.402 5.080 794 1.442 850 1982 230.771 1.290 5.100 948 1.744 908 1983 233.886 1.571 6.062 1.024 2.066 919 1984 237.096 1.454 5.876 854 1.562 917 1985 240.040 1.626 1.626 776 1.436 926 1986 243.248 1.563 5.099 722 1.242 932 1987 245.139 1.728 5.595 850 1.505 944 1988 247.700 1.030 9.008 928 1989 251.174 10.044 948

1990 252.822 5.935 956

1991 255.312 13.689 883 1992 258.134 14.672 879

1993 263.384 10.117 584

1994 266.978 7.253 599

1995 271.980 23.985 599

1996 276.474 24.801 599

1997 280.972 22.627 594

1998 284.491 32.362 596

1999 289.035 30.203 531

2000 293.711 26.595 531 Internet-zugriffe

2001 297.716 23.915 510 7.226

Page 135: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

135

Buchbestand in der österreichischen Parlamentsbibliothek

0

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

300.000

350.000

1869

1900

1931

1934

1937

1940

1943

1946

1949

1952

1955

1958

1961

1964

1967

1970

1973

1976

1979

1982

1985

1988

1991

1994

1997

2000

2. Zeittafel der Direktoren

Koch, Franz J. 1869 - 1870

Goehlert, Johann Vincenz Dr. 1870 - 1876

Päumann, Johann Freiherr von 1876 - 1881

Lipiner, Siegfried Dr. 1881 - 1911

Merklas, Johann Ladislaus Dr. 1912 - 1924

Lemm, Ernst Dr. 1925 - 1933

Fuchs, Richard Dr. 1933 - 1942

Blenk, Gustav Dr. 1946 - 1957

Stickler, Michael Dr. 1958 - 1974 Stöhr, Theodor Dr. 1975 - 1991

Dietrich-Schulz, Elisabeth Dr. seit 1992

Quelle: Österreichische Parlamentsbibliothek

Page 136: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

136

3. Publikationen der Leiter der Parlamentsbibliothek331

Goehlert, Johann Vincenz

Goehlert, [Johann] Vincenz: Die Ergebnisse der in Österreich im vorigen Jahrhundert

ausgeführten Volkszählungen im Vergleiche mit jenen der neuern Zeit, Wien

1854 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 17.078).

Ders.: Die Karaiten und Mennoniten in Galizien, Wien 1862 (Signatur der Parlaments-

bibliothek: 2.357).

Ders.: Lipowaner in der Bukowina, Wien 1863.

Ders.: Die Religionssekten in Österreich, Wien 1864 (Signatur der Parlaments bibliothek:

2.698).

Ders.: Gabriel Salamancaneus Grafen zu Artenberg, Gesandschafts-Berichte über seine

Sendung nach England 1527, Wien 1869. Ders.: Über keltische Ortsnamen zu …. Österreich, Wien 1869.

Ders.: Statistische Betrachtungen über die Ehen, Wien 1870 (Signatur der Parlaments-

bibliothek: 17.672).

Ders.: La dynastie Capetienne, in: Ann. du Demogr. Internat., Paris 1876,

S. 145-155 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 62.629).

Ders.: Keltische Arbeiterbezeichnungen, Wien 1878.

Ders.: Statistische Betrachtungen über biblische Daten, Berlin 1886.

Ders.: Considerazioni statistiche sui dati biblici, Trieste 1887 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 62.630).

Päumann, Johann Freiherr von

Päumann, Johann Freiherr von (Max, Hans pseud.): Zuvor die Mama! Lustspiel in

1 Aufzug. Frei nach dem Polnischen des Józef Korzeniowski, Wien 1861.

Ders.: Das Briefgeheimnis. Lustspiel in 1 Akt, Berlin, Kolbe 1861.

Ders.: Der Donau und der Liebe Wellen. Schwank in 1 Act, Wien 1863.

Ders.: Windeslaunen. Komische Operette in 1 Acte, Wien 1863.

331 Die Publikationsliste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellt meist lediglich

eine Auswahl der Publikationen dar.

Page 137: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

137

Ders.: Die Lazzaroni von Neapel. Komische Operette in 1 Acte, Musik von Johann von Zaytz.- Wien 1865.

Ders.: Die Schneider von Kabul, oder: Das Festkleid, komische Operette in 1 Akte. Wien

1865.

Ders.: Die Liebesprobe, oder Der Löwe von Salamanca. Komische Oper in 2 Akten

(nach einer Episode aus "Gil Blas"), Musik von Otto Bach. Wien 1867.

Ders.: Im Thale der Thränen. Erklärende Worte. 2. Aufl, Wien 1869.

Ders.: Franz Schubert. Original-Singspiel in 1 Akt, Musik mit Benutzung Schubert'scher

Motive von Franz von Suppe, Wien um 1870.

Ders.: Lazzaroni Neapolsti. Komicke opereta v 1 jedn. (Die Lazzaroni von Neapel. Ko-

mische Operette in 1 Akte. Übers. von Heinrich Böhm. Musik von Johann

Zaytz, Prag 1874.

Ders.: Meister Twardowski. (Der polnische Faust.) Volkssage nach dem Poln. frei

bearb., Wien 1879. Ders.: Zur Geschichte der "grünen Insel". Skizze von Comthur Hans Max, Chronist und

Vehmrichter der Gesellschaft ergänzt vom Burggeist Komthur Dankmar,

Wien 1880 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 31.267).

Lipiner, Siegfried

Lipiner, Siegfried: Der entfesselte Prometheus. Eine Dichtung in 5 Gesängen, Leipzig

1876.

Ders.: Renatus. Epische Dichtung, Leipzig 1878 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

33.423).

Ders.: Über die Elemente einer religiösen Erneuerung in der Gegenwart, Wien 1878. Ders.: Buch der Freude, Leipzig 1880 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 27.354).

Ders.: Merlin. Operndichtung in 3 Akten, Musik von Carl Goldmark, 3. Aufl, Leipzig 1888.

Ders.: Adam. Ein Vorspiel, Stuttgart 1913 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 35.870).

Ders.: Poetische Werke von Adam Mickiewicz, Leipzig 1882.

Ders.: Der neue Don Juan, Stuttgart 1914.

Fuchs, Richard

Fuchs, Richard: Montecuccoli in den Jahren 1660 – 1664, Dissertation, Wien 1917.

Page 138: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

138

Blenk, Gustav

Blenk, Gustav: Die Menschenrechte in Österreich von 1848-1867, Wien 1948 (Signatur

der Parlamentsbibliothek: 24.517).

Ders.: Die Gewerkschaftspresse, Wien 1947 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

I-963/5).

Ders.: Leopold Kunschak und seine Zeit : Porträt eines christlichen Arbeiterführers,

Wien 1966 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-2.446/20).

Ders.: Dienst- und besoldungsrechtliche Chronik : nach den stenogr. Parlamentsproto-

kollen 1861-1937, Wien 1960 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 34.101).

Zeitungsartikel

Ders.: Wiens Arbeiter im Revolutionsjahr 1848, in: Freiheit. 1948, Nr 11, Wien 1948

(Signatur der Parlamentsbibliothek: 24.075). Ders.: Gewerkschaftsbewegung gestern und heute, in: Das Werk. Jg 2, Nr 6, Wien 1948

(Signatur der Parlamentsbibliothek: 31.527).

Ders.: Sozialpolitisches aus dem Vormärz : Lehrlingswesen, Arbeits- und Gewerbehy-

giene, in: Volkswohl. Jg 22, Nr 1, Wien 1931 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

30.708).

Ders.: Der Freiheitskampf der katholischen Kirche 1848/49, in: Volkswohl. Jg 20, Nr 6,

Wien 1928 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 30.707b).

Ders.: Die konfessionelle Freiheitsbewegung im Jahre 1848, Wien o.J. (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 24.557).

Ders.: Der unerschrockene Demokrat, in: Freiheit Nr. 45 vom 10.Nov. 1951. – Fest-

nummer zu Leopold Kunschaks 80. Geburtstag (Signatur der Parlamentsbiblio-

thek: 31.531). Ders.: Das österreichische Parlament von 1867 bis 1949, in: Solidarität ; Heft 87, Wien

1949 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 31.531).

Ders.: Das Kampf ums Koalitionsrecht : 90 Jahre Koalitionsgesetz, in: Gewerkschaftli-

che Rundschau. Jg 15, Nr 157, Wien 1960 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

32.624).

Ders.: Die erste politische Bücherei Österreichs : die Bibliothek des Nationalrates, in:

Wiener Zeitung Nr. 54/1956, Wien 1956 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

30.031).

Ders.: Die österreichischen Parteien im Röntgenbild : Parteiobmann Raab hat es nicht

leicht ..., in: Die Presse 1954, Wien 1954 (Signatur der Parlaments bibliothek:

28.921).

Page 139: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

139

Stickler, Michael

Stickler, Michael: Die Katakomben von St. Stephan, Wien 1948 (Signatur der Parla-

mentsbibliothek: 21.438).

Ders.: Die österreichische Volksbüchereibewegung. Kurze Geschichte und gegenwärti-

ger Stand, in: Biblos, Jahrgang 3, 1954 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

32.079).

Ders.: Die wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs, in: Der öffentlich Bedienstete,

September 1956, Nr. 9, Wien 1956 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 30.417).

Ders.: Die österreichische Nationalbibliothek, in: Der öffentlich Bedienstete, Septem-

ber/Oktober Nr. 9/10, Wien 1957 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 31.128).

Ders.: Gustav Blenk 65 Jahre, in: Biblos Jg. 6,1, Wien 1957 (Signatur der Parlaments-

bibliothek: 30.913).

Ders.: Handschriftliche Aufzeichnung über die Revision 1958, Wien 1958 (unveröffent-licht) (Signatur der Parlamentsbibliothek: 63.004).

Ders.: Die Bibliothek des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau, in: Der öf-

fentlich Bedienstete, Mai 1959, Nr. 5, Wien 1959 (Signatur der Parlamentsbib-

liothek: 32.240).

Ders.: Volksbibliothekare in Österreich. Um die Anerkennung eines Berufes, in: Öster-

reichische Zeitschrift für Buch- und Bibliothekswesen, Dokumentation, Biblio-

graphie und Bibliophilie, Jg. 10 Heft 4, Wien 1961 (Signatur der Parlamentsbib-

liothek: 34.991).

Ders.: Der österreichische Kartellverband, Wien 1968 (Signatur der Parlamentsbiblio-

thek: 39.916).

Ders.: Die Bibliothek des Reichsrathes 1869 – 1919, in: Mayrhöfer, Josef/Ritzer, Walter

(Hrsg.): Festschrift Josef Stummvoll: Dem Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek zum 65. Geburtstag, 19. August 1967, dargebracht von sei-

nen Freunden und Mitarbeitern, Wien 1970 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

39.806).

Ders.: Übersicht über die österreichischen Parlamentsschriften: 1848 – 1971, Wien 1973

(Signatur der Parlamentsbibliothek: 40.965).

Ders.: Die Abgeordneten zum österreichischen Nationalrat 1918 – 1975 und die Mitglie-

der des österreichischen Bundesrates 1920 – 1975, Wien 1975 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 38.571).

Ders.: Parteifreie Abgeordnete: nach: Die Abgeordneten zum österreichischen National-

rat 1918 – 1975 und die Mitglieder des österreichischen Bundesrates 1920 –

1975 (Zgst. von Theodor Stöhr), Wien 1981 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

46.733).

Page 140: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

140

Stöhr, Theodor

Stöhr, Theodor: Die Sprache in den Eipeldauerbriefen Josef Richters. Wiener Mundart

und Umgangssprache vor 160 Jahren, Wien 1956.

Ders.: Die ältesten Druckwerke und die Handschriften der Parlamentsbibliothek, in:

Biblos Jahrgang 28/1979, Heft 3, Wien 1979, S. 206 ff (Signatur der Parlaments-

bibliothek: 45.533).

Ders.: Siebzig Jahre Volks- und Jugendbibliothek (1913 – 1983), Ober St. Veit 1983.

Böck, Brigitte/Stöhr, Theodor: Schrifttum zum österreichischen Parlamentarismus 1848

– 1980: aus den Beständen der Parlamentsbibliothek, Wien 1980 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 53.480).

Stickler, Michael: Parteifreie Abgeordnete: nach: Die Abgeordneten zum österreichi-

schen Nationalrat 1918 – 1975 und die Mitglieder des österreichischen Bundes-rates 1920 – 1975 (Zgst. von Theodor Stöhr), Wien 1981 (Signatur der Parla-

mentsbibliothek: 46.733).

Stöhr, Theodor/Hagenauer, Johann: Neues aus der Glanzzeit Badens. Das Tagebuch

des M. Fr. Perth und die Ode „Die Bäder von Baden“ von Guiseppe de Carpani,

Baden 1996 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 56.077).

Dietrich-Schulz, Elisabeth

Dietrich-Schulz, Elisabeth: Das Oxford Playhouse – vielleicht eine Anregung, in: Neue

Wege. Nr. 288, Wien 1976, S. 9.

Dies.: Theaterpropaganda anderswo, in: Neue Wege. Nr. 289, Wien 1976, S. 9. Dies.: Sind Weltverbesserer heute noch gefragt? Zu „Die Juden“ von Gotthold Ephraim

Lessing und „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch, in: Neue Wege.

Nr. 291, Wien 1977, S. 27.

Dies.: Wilhelm Bauer (1877-1953). Studien zu Leben und Werk, Dissertation, Wien 1979

(abgeändert auch erschienen als Band 142 der Dissertationen der Universität

Wien - Signatur der Parlamentsbibliothek: I-3.538/142).

Dies.: Weltspielplatz am Donaustrand, in: Donau-Kurier, Mai/Juni 1988. Dieser Artikel

basiert auf einem preisgekrönten Beitrag im Rahmen des offenen Wettbewerbs

„Chancen für den Donauraum Wien“, 1987, veranstaltet von der Stadt Wien

gemeinsam mit der Österreichischen Donaukraftwerke AG.

Dies.: Die Präsidialabteilung D (Ministerialbibliothek und Vorschriftenverwaltung) im

BMLV. Rückblick und Ausblick, in: Mitteilungen der Vereinigung österreichi-

scher Bibliothekare. Nr. 42 (1989) 4, Wien 1989, S. 99ff (Signatur der Parla-mentsbibliothek: I-275), ebenfalls erschienen in: Österreichische Militärische

Page 141: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

141

Zeitschrift, Nr. 28 (1990), Wien 1990, S. 56ff (Signatur der Parlamentsbiblio-thek: I-2.394).

Dies.: Neues aus der Parlamentsbibliothek: Mikrofiche-Ausgaben der stenographischen

Protokolle des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses des Reichsrates im

Handel, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen &

Bibliothekare. Nr. 43 (1990) 1, Wien 1990, S. 92ff (Signatur der Parlamentsbib-

liothek: I-275).

Dies.: Zu Karl Renner: „An der Wende zweier Zeiten“ und einer Festveranstaltung in der

Parlamentsbibliothek, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Biblio-

thekarinnen & Bibliothekare. Nr. 43 (1990) 4, Wien 1990, S. 57f (Signatur der

Parlamentsbibliothek: I-275).

Dies.: Der Siegeszug der CD-ROM. Ein Beitrag über den Einsatz von CD-ROM-Daten-

banken in der Parlamentsbibliothek, in: Parlamentsdirektion (Hrsg.): Parlinkom-

Press: Aktuelle Informationen für Parlinkom-Anwender, Juni/Juli 1994 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-5.680).

Dies.: „The nation’s library“. Bericht über einen Studienaufenthalt an der Library of

Congress, 20. – 23. Mai 1997, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer

Bibliothekarinnen & Bibliothekare (Hrsg.), Nr. 50 (1997) 3/4, Wien 1997,

S. 122 – 126 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-275).

[Dies.:] Austria, in: Tanfield, Jennifer (Hrsg.): Parliamentary Library, Research and

Information Services of Western Europe, Brussels, Strasbourg 2000, S. 23ff

(Signatur der Parlamentsbibliothek: 63.013).

Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Renner Karl. Notizen zu seinem Tätigkeitsbe-

reich in der Parlamentsbibliothek (Bibliothek des Reichsrates). 1895 – 1907,

Ungedruckte Zusammenstellung, Wien 1993 (Signatur der Parlamentsbiblio-thek: 53.324).

Dietrich-Schulz, Elisabeth/Megner, Karl: Die österreichische Parlamentsbibliothek, Der

Weg von einer traditionellen Bibliothek zu einem EDV-unterstützten Informati-

onszentrum, in: Dugall, Berndt (Hrsg.): ABI-Technik 16 Nr. 2, Wiesbaden 1996,

S. 139 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-4.599).

Page 142: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

142

V. Glossar332 Alphabetischer Katalog

Im alphabetischen Katalog werden die Bücher nach formalen Kriterien geordnet. Die

Ordnung erfolgt nach Verfasser, Titel und eventuell zusätzlich nach Körperschaften.

Bandkatalog Bandkatalog sowie Zettelkatalog beschreibt die äußere Form eines Kataloges. Der

Bandkatalog besitzt die Form eines großen Buches, in das Neuzugänge häufig hand-

schriftlich nachgetragen wurden.

Belletristik

Zur Belletristik wird nicht sachbezogene Literatur gezählt. Die Bezeichnung stammt vom

französischen belles lettres = schöne Wissenschaften.

Dubletten

Dubletten sind Doppelstücke, die häufig durch Schenkung, Ankauf ganzer Sammlungen

oder versehentlich in den Bestand der Bibliothek gelangt sind.

Exlibris Exlibris sind kleine Papierzettel, die auf der Innenseite des vorderen Buchdeckels einge-

klebt sind. Sie tragen den Namen des Besitzers und häufig Bilder, Wappen oder Orna-

mente. Ein Exlibris gilt als Eigentumsvermerk, der oft künstlerisch gestaltet ist.

OPAC

OPAC steht für Online Public Access Catalogue. Dieser Katalog ermöglicht das Einse-

hen in den Bibliotheksbestand auf elektronischem Weg. Durch einen Web-OPAC bzw.

www-OPAC kann der Bibliotheksbestand weltweit via Internet komfortabel eingesehen

werden.

Preußische Instruktionen

Die preußischen Instruktionen (PI) umfassen genaue Vorschriften zur Gliederung eines

alphabetischen Katalogs; Charakteristikum: Sachtitel ordnen überwiegend nach der grammatikalischen Wortfolge. Die „Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der

Preußischen Bibliotheken“ stammen aus dem Jahre 1899.

332 Nach: Hacker, Rupert: Bibliothekarisches Grundwissen, 7. Auflage, München 2000, S. 255 (Signa-

tur der Parlamentsbibliothek: 53.153,7.A) und: Hiller, Helmut: Wörterbuch des Buches, 5. Auflage, Frankfurt am Main 1991 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 38.382,5.A).

Page 143: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

143

Regeln für die alphabetische Katalogisierung

Die Regeln für die alphabetische Katalogisierung (RAK) entstanden 1978 vor den elekt-

ronischen Katalogen als Bibliotheksregelwerk des deutschen Sprachraums; Charakteris-

tikum: Sachtitel ordnen streng nach der alphabetischen Wortfolge.

Schlagwortkatalog

Im Schlagwortkatalog werden die Bücher im Gegensatz zum alphabetischen Katalog

nach ihrem Inhalt erfasst. Die Schlagworte verweisen auf die Themen, die in einem Buch

abgedeckt werden. Ein „Schlagwort ist ein möglichst kurzer, aber genauer und vollstän-

diger Ausdruck für den sachlichen Inhalt eines Werkes“.

Signatur Unter einer Signatur versteht man eine Standortnummer. Signaturen stellen somit das

„Bindeglied zwischen Katalog und Büchern“ dar. Durch unterschiedliche Systeme der

Aufstellung ergeben sich verschiedene Arten von Signaturen.

Systematik/systematischer Katalog

In einem systematischen Katalog werden die Bücher nach meist hierarchischen Gruppen

und Untergruppen eingeteilt. Alle Bücher mit der gleichen Sachgruppe erhalten die glei-

che Notation und sind somit über diese zu ermitteln.

Eine Notation ist eine Buchstaben und/oder Zahlenkombination, welche die Zugehörig-

keit des Buches zu einer systematischen Ordnung angibt.

Zettelkatalog

Zettelkatalog sowie Bandkatalog beschreibt die äußere Form eines Kataloges. Der Zet-telkatalog umfasst, ähnlich einer Kartei, eine Sammlung an Zetteln (Internationales Bib-

liotheksformat: 7,5 x 12,5 cm), auf denen die Buchbestände aufgetragen werden können.

Page 144: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

144

VI. Weiterführendes Literaturverzeichnis Alt, Theodor: Von der Reitschule über den Bretterbau zum griechischen Palast, in: Wie-

ner Zeitung, Wien 4. Dezember 1953 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 28.480).

Anwander, Bernd: Unterirdisches Wien. Ein Führer in den Untergrund Wiens. Die Kata-

komben, der Dritte Mann und vieles mehr, Wien 1993 (Signatur der Parlamentsbib-

liothek: 54.089).

Autengruber, Peter: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung. Herkunft. Frühere Bezeichnungen, Wien 2001, S. 147 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

57.306,4.A).

Bach, J.: Siegfried Lipiner, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 10 vom 12.1.1912 (Signatur der Par-

lamentsbibliothek: 63.491).

Böck, Brigitte/Stöhr, Theodor: Schrifttum zum österreichischen Parlamentarismus 1848

– 1980: aus den Beständen der Parlamentsbibliothek, Wien 1980 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 53.480).

Brecht, Bertolt: Das Leben des Galilei, in: Ders.: Gesammelte Werke 3 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 52.399).

Czerny, Wilhelm F.: Parlament und Parteien, Wien 1994 (Signatur der Parlamentsbiblio-

thek: 54.290). Ders.: Das Hohe Haus an der Ringstraße. Das österreichische Parlamentsgebäude ist

70 Jahre alt – Vom „Schmerling-Theater“ zum griechischen Traumprojekt, in: Die

Presse vom 5.7.1953 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 28.563).

Dachs, Herbert/Gerlich, Peter et al. (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems Öster-

reichs. Die Zweite Republik, 3. Auflage, Wien 1997 (Signatur der Parlamentsbiblio-

thek: 51.367,3.A).

Dies.: Die Politiker, Wien 1995 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 55.227).

Dietz, Wolfgang/Kirchner, Hildebert/Wernicke, Kurt Georg (Hrsg.): Bibliotheksarbeit für

Parlamente und Behörden. Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Arbeitsge-

meinschaft der Parlaments- und Behördenbibliotheken, München, New York, Lon-

don, Paris 1980 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 45.956).

Fiedler, Rudolf: Das Bibliothekswesen Österreichs vom 19. Jahrhundert bis Zur Gegen-

wart, in: Dressler, Fridolin/Liebers, Gerhard (Hrsg.): Elemente des Buch- und Bib-

liothekswesens. Band 7. Die Bibliotheken Österreichs in Vergangenheit und Ge-

genwart, Wiesbaden 1980 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-4.440/7).

Page 145: Die österreichische Parlamentsbibliothek im Wandel der ...

145

Fischer, Heinz/Silvestri, Gerhard (Hrsg.): Texte zur österreichischen Verfassungs-Ge-schichte: von der Pragmatischen Sanktion zur Bundesverfassung (1713-1966),

Wien 1970 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 39.612).

Floros, Constantin: Gustav Mahler. I. Die geistige Welt Gustav Mahlers in syste-

matischer Darstellung, Wiesbaden 1977.

Ganz, Jürg: Theophil Hansens „Hellenische“ Bauten in Athen und Wien, in: Österreichi-

sche Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, 26 (1972) 1/2, Wien 1972 (Signatur

der Parlamentsbibliothek: 58.017).

Hacker, Rupert: Bibliothekarisches Grundwissen, 7. Auflage, München 2000, S. 255

(Signatur der Parlamentsbibliothek: 53.153,7.A)

Hahn, Gerhard: Die Reichstagsbibliothek zu Berlin – ein Spiegel deutscher Geschichte,

Bonn 1997 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 57.749). Hainisch, Michael: 75 Jahre aus bewegter Zeit. Lebenserinnerungen eines österreichi-

schen Staatsmannes, Wien 1978 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-1.501/64).

Haller, Herbert: Hans Kelsen – Schöpfer der verfassungsgerichtlichen Gesetzes-

prüfung? Wien 1977 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-3973/1,4).

Hartungen, Hartmut von: Der Dichter Siegfried Lipiner (1856 – 1911). Dissertation, Mün-

chen 1932 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 56.477).

Hiller, Helmut: Wörterbuch des Buches, 5. Auflage, Frankfurt am Main 1991 (Signatur

der Parlamentsbibliothek: 38.382,5.A).

Hugelmann, Karl: Die Centralisation der Amtsbibliotheken in Wien, in: Österreichische

Zeitschrift für Verwaltung, 20. Jg. Nr. 34, Wien 25.08.1887 + Nr. 35 1.09.1887 (Sig-

natur der Parlamentsbibliothek: I-142).

Ders.: Die Entwicklung des österreichischen Bibliothekswesens im letzten Jahrzehnte mit besonderer Rücksicht auf die Amtsbibliotheken, in: Österreichische Zeitschrift

für Verwaltung, 29. Jg. Nr. 48, Wien 26.11.1896 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: I-142).

Kann, Robert A.: Siegfried Lipiner (1856 – 1911) als Vertreter einer polnisch-deutschös-

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jagiellonskiego. 582, Warschau 1980 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 46.213).

Karoly, Jonas/Katalin, Veredy: Az Orszaggyülesi Könyvtar Törtenete. 1870 – 1995, Bu-

dapest 1995 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 55.805).

Kucharski, Wladyslav S.: Polacy w austriackim parlamenicie. W 130. rocznice kola

polskiego/Die Polen im österreichischen Parlament. Zum 130. Jahrestag des Po-

lenklubs, Lublin, Wien 1997 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 57.903).

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146

Lösch, Hellmut: Die Administrative Bibliothek im Bundeskanzleramt, in: Der öffentlich Bedienstete, Nr. 3, Wien März 1964, S. 12f (Signatur der Parlamentsbibliothek:

63.214).

Ders.: Die österreichische Parlamentsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, in:

Hahn, Gerhard/Kirchner, Hildebert (Hrsg.): Parlament und Bibliothek. Internationale

Festschrift für Wolfgang Dietz zum 65. Geburtstag, München, London, New York,

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Ders.: Die österreichische Volksvertretung und ihre Bibliothek, in: Biblos Jg. 28/1979,

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Mayerhöfer, Josef/Rennhofer, Friedrich: Studie über Zustand, Probleme und zukünftige

Entwicklung der wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs. Forschungsauftrag

des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, Wien 1974 (Signatur

der Parlamentsbibliothek: 41.658). McGrath, William J.: Mahler und der Wiener „Nietzsche-Verein“, in: Golomb, Jacob

(Hrsg.): Nietzsche und die jüdische Kultur, Wien 1998, S. 210 – 224 (Signatur der

Parlamentsbibliothek: 58.832).

Megner, Karl: Beamte. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte des k.k. Beamten-

tums, Wien 1985 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-2.466/21).

Meysels, Lucian O.: Victor Adler, Wien 1997 (Signatur der Parlamentsbibliothek:

57.746).

Mock, Alois/Schambeck, Herbert (Hrsg.): Verantwortung in unserer Zeit. Festschrift für

Rudolf Kirchschläger, Wien 1990 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 50.000).

Nasko, Siegfried (Hrsg.): Karl Renner in Dokumenten und Erinnerungen, Wien 1982

(Signatur der Parlamentsbibliothek: 46.606). Nasko, Siegfried/Reichl, Johannes: Karl Renner: zwischen Anschluß und Europa, Wien

2000, (Signatur der Parlamentsbibliothek: 61.466).

Natrop, Paul: Vorwort, in: Lipiner, Siegfried: Adam. Ein Vorspiel, Stuttgart 1913 (Signatur

der Parlamentsbibliothek: 35.870).

Neue Freie Presse: Der Kaiser im Parlamente, Wien, 8. Januar 1884 (Signatur der Par-

lamentsbibliothek: I-167).

Öhlinger, Theo: Einige Rechtsfragen einer Bibliotheksreform, Wien 1988, S. 189 (Sig-

natur der Parlamentsbibliothek: 49.834).

Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Österreichisches Biographisches

Lexikon 1815 – 1950, Wien 1988 (Signatur der Parlamentsbibliothek: I-1.865).

Osttiroler Bote: Ein Blick hinter die Kulissen unseres Parlaments, Lienz, 3. Mai 1990.

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Parlamentsbibliothek: 46.733).

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Wien 2000 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 51.714).

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Pernerstorfer, Engelbert: Nekrolog. Siegfried Lipiner, in: Zeitschrift des Österreichischen

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Pribram, Alfred Francis: Materialien zur Geschichte der Preise und Löhne in Österreich,

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Rechnungshof: Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Jahr

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Renner, Karl: An der Wende zweier Zeiten. Lebenserinnerungen, Wien 1946 (Signatur

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Wolensky, Madeleine: Pernerstorfers Harem und Viktor Adlers liebster Besitz oder zwei

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Vass, Wien 1994 (Signatur der Parlamentsbibliothek:I-5.649/1).

Ziegler, Senta: Österreichs First Ladies. Von Luise Renner bis Margot Klestil-Löffler,

Wien 1999 (Signatur der Parlamentsbibliothek: 59.412).

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Bildnachweis

Titelblatt

Unbekannt (Photo 1)

Klenk Erich (Photo 2)

Pech Christian/Klenk Erich (Photo 3)

Fotografen

Atelier Pietzner 4

Haslinger Willibald 23

Hikade Christian 16

Klenk Erich 11

Korrak Peter 1

Pech Christian 7, 22

Pech Christian/Klenk Erich 2, 3, 8, 12-15, 17-19, 20, 21

Bildquellen

Familie Dr. Spiegler 4

Internationale Gustav Mahler-Gesellschaft 5

Kanadische Parlamentsbibliothek 24

Parlamentsdirektion 1-3, 7-23

Verein Dr. Karl Renner-Gedenkstätte 6

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