Dipl.-Ing. Bernd Bürgel Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen Die BWK-Merkblätter 3 und 7 Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Dipl.-Ing. Bernd Bürgel
Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Die BWK-Merkblätter 3 und 7
Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
2Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Einleitung
BWK.M3 2001: Erste deutsche Handlungsanleitung Schwerpunkte: Begründung und Ableitung von Anforderungen,
vereinfachte Nachweisführung
BWK.M7 2008: detaillierte Nachweisführung (Simulationsmodelle, Messungen, biologische Untersuchungen)
ergänzend zu Emissionsnormen (kombinierter Ansatz)
Linienbetrachtung statt Punktbetrachtung
3Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Gliederung
Welchen Status haben die Merkblätter?
Werden Störungen der Lebensgemeinschaften ausreichend verhindert?
Finden andere Nutzungen hinreichend Berücksichtigung?
Wird zuviel gerechnet und biologisch untersucht?
Fehlen wichtige Nachweisgrößen und Grenzwerte?
Ist der Nachweisraum im vereinfachten Nachweis zu groß?
Hat sich das Regionalisierungsverfahren bewährt?
Was ist bei der Umsetzung von Maßnahmen zu beachten?
In welchem Umfang finden die Merkblätter Anwendung und wie erfolgt eine Fortschreibung?
4Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Welchen Status haben die Merkblätter?
Stellung der Merkblätter im rechtlichen Umfeld und im technischen Regelwerk (1)
DWA-A 100 „Leitlinien der integralen Siedlungsentwässerung (ISiE)“
ImmissionsnachweisBWK-Merkblatt 3 „Ableitung von immissionsorientierten Anforderungen an Misch- und Niederschlagswassereinleitungen unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse“BWK-Merkblatt 7 „Detaillierte Nachweisführung immissionsorientierter Anforderungen an Misch- und Niederschlagswassereinleitungen gemäß BWK - Merkblatt 3“
BWK-Materialien 1/2003 „Begleitband zu dem BWK-Merkblatt 3 Ableitung von immissionsorientierten Anforderungen an Misch- und Niederschlagswassereinleitungen unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse“
EmissionsnachweisATV-A 128 „Richtlinien für die Bemessung und Gestaltung von Regenentlastungsanlagen in Mischwasserkanälen“ATV-DVWK-M 177 „Bemessung und Gestaltung von Regenentlastungsanlagen in Mischwasserkanälen – Erläuterungen und Beispiele“ATV-DVWK-A 198 „Vereinheitlichung und Herleitung von Bemessungswerten für Abwasseranlagen“DWA-M 153 „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser“MURL 1995 „Anforderungen an die öffentliche Niederschlagsentwässerung im Mischverfahren“MUNLV 2004 „Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren“
5Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Welchen Status haben die Merkblätter?
Stellung der Merkblätter im rechtlichen Umfeld und im technischen Regelwerk (2)
Beteiligung der Fachöffentlichkeit, Berücksichtigung von Anregungen und Einsprüchen
Bestandteil des technischen Regelwerks
bei Planung, Bau und Betrieb zu berücksichtigen
bedürfen keiner Einführung durch Gesetzgeber
einzig verfügbare deutsche Handlungsanleitungen für obligatorische Immissionsbetrachtungen
M = Empfehlung, keine a. a. R. d. T.
DWA A 100 benennt M3 als technische Regel für Immissionsbetrachtung
6Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Welchen Status haben die Merkblätter?
Stellung der Merkblätter im rechtlichen Umfeld und im technischen Regelwerk (3)
keine Definition wasserrechtlichen Anforderungen – dies bleibt Aufgabe der zuständigen Wasserbehörde
Handlungsanleitungen zur Durchführung erforderlicher Immissionsbetrachtungen und zur Ableitung immissionsorientierterAnforderungen an Niederschlagswassereinleitungen der Siedlungsentwässerung
Definition konkreter Nachweisgrößen und Grenzwerte
einheitliche Beurteilungskriterien
Unterstützung bei Auswahl und Bemessung geeigneter Maßnahmen
Berücksichtigung der Anforderungen der WRRL und des deutschen Wasserrechts
7Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Werden Störungen der Lebensgemeinschaften ausreichend verhindert?
Anliegen der Merkblätter
erhebliche Schwankungen von Stoffhaushalt, hydrologischem und hydraulischem Regime auch in anthropogen unbeeinflussten Gewässern
Störung: Lebensgemeinschaften des Gewässers reagieren auf Schwankungen mit Individuenverlusten
naturnahe Gewässer: Ausgleich der Verluste durch Wiederbesiedlung
nachhaltige Auswirkungen (=“guter Zustand” gefährdet) wenn Frequenz der Störungen keine Kompensation der Individuenverluste erlaubt
nicht Verhinderung von Störungen, sondern Begrenzung derHäufigkeit nachhaltig wirkender Störungen durch niederschlagsbedingte Einleitungen der Siedlungsentwässerung
8Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Finden andere Nutzungen hinreichend Berücksichtigung?
Anwendungsbereich (1)
Anwendungsbereich ist bewusst beschränkt auf Immissionsbeurteilung niederschlagsbedingte Einleitungen der Siedlungsentwässerung
dies ermöglicht die Aussage, ob diese für sich einen Beitrag zu einem defizitären Gewässerzustand liefern
in der Praxis unterliegen Gewässer zusätzlich unterschiedlichsten Nutzungen
die Merkblätter berücksichtigen solche Nutzungen nicht und sind weder zur Begründung von Anforderungen zum Schutz solcher Nutzungen noch zur Ableitung von Anforderungen wegen solcher Nutzungen geeignet
der Immissionsnachweis mit Hilfe der Merkblätter erfolgt unabhängig davon, ob der ökologische Gewässerzustand zusätzlich durch andere, nicht der Siedlungsentwässerung zuzuordnende Einflüsse, negativ beeinträchtigt wird
9Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Finden andere Nutzungen hinreichend Berücksichtigung?
Anwendungsbereich (2)
sofern Defizite gegenüber dem angestrebten Zielzustand der Gewässer festzustellen sind, gibt das Wasserrecht die Festlegung von Bewirtschaftungszielen und die Erarbeitung von Maßnahmenprogrammen vor
die Merkblätter stellen lediglich einen Baustein zur Erreichung dieser Bewirtschaftungsziele dar
sonstige Nutzungen und Belange (z. B. Landwirtschaft) werden im Rahmen der Bewirtschaftungsplanung mit berücksichtigt
können diese den Erfolg von Maßnahmen beeinträchtigen, die sich aus der Anwendung der Merkblätter ergeben, so bedarf die Umsetzung der Maßnahmen wie auch deren zeitliche Priorisierung einer sorgfältigen Prüfung hinsichtlich des zu erwartenden Erfolgs
sich aus der Anwendung der Merkblätter ergebende Maßnahmen sollten bei der Gewässerbewirtschaftung in den Gesamtkontext der Zielerreichung, derräumlichen Umsetzung und der zeitlichen Priorisierung gestellt werden
10Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Wird zuviel gerechnet und biologisch untersucht?
Nachweisführung kann insgesamt entfallen, wenn ...
der „gute Zustand“ bzw. das „gute Potential“ des durch Einleitungen betroffenen sowie unmittelbar benachbarter, insbesondere abstromgelegener Wasserkörper, nachweislich bereits erreicht ist,
keine neuen Einleitungen vorgesehen sind und
bestehende Einleitungen im wesentlichen unverändert betrieben werden sollen.
11Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Wird zuviel gerechnet und biologisch untersucht?
Stufenkonzept der Nachweisführung
detaillierte Nachweisführung = erheblicher Aufwand, hohe Anforderungen an Erfahrung und Qualifikation des Anwenders (Datengewinnung, Durchführung, Ergebnisbewertung)
zur Problemidentifikation, wo immer möglich, zunächst vereinfachte Nachweisführung
detaillierte Nachweisführung nur, wenn Anwendungsgrenzen der v. N. verletzt werden oder der v. N. zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Maßnahmen führt
Beschränkung auf die erkannten Problemgrößen (Kombination aus vereinfachter und detaillierter Nachweisführung)
Minimierung der abzubildenden Prozesse und der erforderlichen Datenerhebung
12Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Wird zuviel gerechnet und biologisch untersucht?
Anlässe zur detaillierten rechnerischen Nachweisführung
detaillierter hydrologischer Nachweis nur, wenn Anwendungsgrenzen des v. N. verletzt sindWirtschaftlichkeit der Umsetzung hydrologisch wirksamer Maßnahmen auf Grundlage der v. N. nicht gegeben ist vereinfachter hydrologischer Nachweis nicht erfolgreich geführt wurde
detaillierter hydraulischer Nachweis nur, wennWirtschaftlichkeit der Umsetzung hydrologisch wirksamer Maßnahmen auf Grundlage der detaillierten hydrologischen Nachweisführung nicht gegeben ist detaillierter hydrologischer Nachweis nicht erfolgreich geführt wurde
detaillierter stofflicher Nachweis nur, wennAnwendungsgrenzen des v. N. verletzt sinddie Wirtschaftlichkeit der Umsetzung stofflich wirksamer Maßnahmen auf Grundlage der v. N. nicht gegeben istv. N. nicht erfolgreich geführt wurde
13Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
bei Einleitungen in Gewässer-Oberläufe ist im Regelfall die Umsetzung von Maßnahmen auf Grundlage der vereinfachten Nachweisführung zielführend, da der rechnerische detaillierte Nachweis hier nur selten zu wirtschaftlicheren Maßnahmen führt
Wird zuviel gerechnet und biologisch untersucht?
14Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Wird zuviel gerechnet und biologisch untersucht?
Erweiterte Schmutzfrachtmodelle
Schließung der Lücke zwischen vereinfachtem Nachweis einerseits und detailliertem Nachweis mit Einsatz kalibrierter Flussgebiets- und Gewässergütemodelle andererseits
Niederschlags-Abflussgeschehen der Siedlungsentwässerung wird mit hohem Detaillierungsgrad abgebildet
Ergebnisganglinien werden mit konstanten Gewässerabflüssen überlagert (HQ1,pnat zur hydrologischen Nachweisführung, MNQ zur stofflichen Nachweisführung)
Speicherverhalten der Bauwerke und der Gewässertransport werden für diese Lastfälle zutreffend abgebildet
stofflicher Abbau im Gewässer bleibt unberücksichtigt
Aufwand zur Gewinnung und Aufbereitung erforderlicher Daten, zurModellierung und zur Ergebnisbewertung deutlich geringer als beim Einsatz kalibrierter Flussgebiets- und Gewässergütemodelle
15Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Wird zuviel gerechnet und biologisch untersucht?
Biologischer Nachweis
nur zulässig für weitgehend unverändert bestehen bleibende Situationenprognostische Aussagen mit heutigem Wissensstand nicht möglich
Sauerstoffdefizite treten häufig erst in beträchtlicher Entfernung von der Einleitungsstelle aufzur Einschätzung dieser Entfernung bedarf es in aller Regel eines voran gegangenen rechnerischen NachweisesBewertung erschwert oder unmöglich, wenn bereits oberhalb der Einleitung Defizite festzustellen sind
Nachweisführung durch Vergleich der Lebensgemeinschaften oberhalb und unterhalb der Einleitung
16Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Fehlen wichtige Nachweisgrößen und Grenzwerte?
Nachweisgrößen und Grenzwerte
vereinfachter und detaillierter NachweisAbflussSauerstoffhaushaltAmmoniaktoxizität (nicht Ammonium!)
?? AmmoniumAmmonium, AFS ?, AFS ?
zusätzlich im detaillierten NachweisSohlschubspannung (hydraulischer Nachweis)Keimzahl (Badegewässer, Trinkwasserentnahme)Phosphorfracht (staugeregelte, stehende, langsam fließende Gewässer)Feststoffe (nur Laichhabitate für Groß-Salmoniden)
17Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Ist der Nachweisraum im vereinfachten Nachweis zu groß?
Abgrenzung des Nachweisraums im vereinfachten Nachweis
mittlere Fließgeschwindigkeit [m/s]
≤ 0,1 ≤ 0,5 > 0,5
≤ 0,1 < 4 km 4 km
≤ 0,5 5 km 7 km 10 km
mitt
lere
Tief
e [m
]
> 0,5 10 km 12 km
Abstand zur nächsten ober- und unterhalb gelegenen Einleitungsstelle:
Tabellenwerte * 0,4 → 1,6 – 4,8 km; abhängig von hMNQ und vMNQ
direkte zeitgleiche Überlagerung aller Einleitungsabflüsse und der stofflichen Einträge mit dem Gewässerabfluss und dessen stofflicher Vorbelastung im NachweisraumRetentionseffekte, Fließzeiten und Abbauprozesse zwischen den Einleitungsstellen im Nachweisraum finden keine Berücksichtigung
18Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Ist der Nachweisraum im vereinfachten Nachweis zu groß?
Abgrenzung des Nachweisraums im vereinfachten Nachweisunkritische Verwendung der Entfernungen nach Tabelle 3 BWK-M3 kann dazu führen, dass der Nachweisraum zu klein gewählt und damit zu früh „abgeschnitten“wird
tatsächliche Überlagerungen der Belastungen werden möglicherweise nicht erkannt und gewässerkritische Verhältnisse in unterhalb gelegenen Nachweisräumen übersehen
Quelle: Wupperverband
19Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Hat sich das Regionalisierungsverfahren bewährt?
Regionalisierungsverfahren zur Berechnung der Spende des potentiell naturnahen Hochwasserabflusses Hq1,pnat
„Regionalisierungsverfahren zur Ermittlung des potenziell natürlichen jährlichen Abflusses in kleinen Siedlungsgebieten“ (Wasser und Abfall 2002, Heft 6)
im Rahmen zweier aktueller Forschungsprojekte überprüft
ergab überhöhte Abflussspenden
von der Anwendung des Regionalisierungsverfahrens ist daher vorläufig abzuraten
0
100
200
300
400
500
600
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800
AEo [km²]
Hq 1
pnat
[l/(s
*km
²)]
steil mittel flach
20Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
Was ist bei der Umsetzung von Maßnahmen zu beachten?
Maßnahmen
oft Gleichwertigkeit von Maßnahmen in Einzugsgebiet, Kanalisationsnetz, Gewässer, Aue oder direktem Gewässerumfeld
Verbesserung des lokalen Wiederbesiedlungspotentials durch strukturverbessernde Maßnahmen vorrangig umsetzen und bei der Auslegung von Rückhalteräumen berücksichtigen
natürliche Gewässerdynamik erhalten: kein ständiges Auffüllen der Gewässer auf HQ2p,nat , keine Überdrosselung der Einleitungsabflüsse
bei der Umsetzung von Maßnahmen können Stufenlösungen mit einem gezielten begleitenden Monitoring sinnvoll sein(gilt in besonderem Maße, wenn die Ergebnisse der rechnerischen Nachweisführung im Bereich der Grenzwerte liegen)
21Die BWK-Merkblätter 3 und 7 – Anwendungserfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen
In welchem Umfang finden die Merkblätter Anwendung und wie erfolgt eine Fortschreibung?
Zusammenfassung und Ausblick
BWK-M3 etabliert und praxisbewährt
flächendeckende Anwendung in NRW und Hessen
BWK-M7 seit November 2008 verfügbar
gemeinsame Fortentwicklung durch BWK und DWA geplant