Ausgabe 44 / IV. Quartal 2011 Spektrum der Mediation www.bmev.de Die Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation e. V. Mediation & Wissenschaft? Berichte zum Thema Mediation und Wissenschaft Konfliktinterventionsmodell Mediation erforschen Interkulturelle Mediation Mediation mit Fremdsprachen Der Gastbeitrag Die Anwendung des lösungsfokussierten Ansatzes Berichte aus dem BM Der neue Vorstand
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der Mediation Mediation Wissenschaft? · 2014. 12. 14. · Hans-Dieter Will Daserhältnis V von Mediation und Wissenschaft soll in vier Schritten genauer untersucht werden: Mediation
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Ausgabe 44 / IV. Quartal 2011
Spektrum der Mediation
www.bmev.deDie Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation e. V.
Mediation & Wissenschaft?Berichte zum Thema
Mediation und WissenschaftKonfliktinterventionsmodellMediation erforschen
Interkulturelle Mediation
Mediation mit Fremdsprachen
Der Gastbeitrag
Die Anwendung des lösungsfokussierten Ansatzes
Berichte aus dem BM
Der neue Vorstand
Das Portrait 4 InderMediationaufReisengehenDerMediatorundFotografLarsHofmann
Berichte zum Thema 5 MediationundWissenschaftH.-D.Will
2 Haft, F./von Schlieffen, K.: S. IX.3 EU-Mediationsrichtlinie vom 21.5.2008. In: Amtsblatt der EU vom 24.5.2008, L136/6.
Berichte zum Thema
6 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
esmehreine»Haltung«undGrund-
einstellung,gareine»Philosophie«,
ohnedieMediationzumseelenlosen
manipulativenWerkzeugverkommt?
BasiertMediationgaraufeiner«Intui-
tion«,zudermanbegabtseinmuss,
einentsprechendesCharismabraucht,
umwirksamzusein?Oderistdieviel
zitierteAchtsamkeit,Empathiefähig-
keitundAuthentizitätdertätigen
MediatorIneinemwissenschaftlichen
Kompetenzerwerbebensozugänglich
wievieleandereakademischeBerufe
auch?LässtsichihreWirksamkeitin
einenrationalfassbaren,theoretisch
begründbarenErklärungszusammen-
hangeinordnen,derfüreinewissen-
schaftlichangeleiteteAusbildung
konstitutivist?
Offensichtlichist,dasssichdieZunft
derMediatorInnennichtdamitzufrie-
dengebenwill,dassMediationalsein
beliebigeinsetzbaresInstrumentzur
Konfliktbearbeitungverstandenwird.
Das»Gute«anderMediationsollaus
ihrselbstkommen,indemsieuntrenn-
barmiteinermediativenHaltungver-
bundenwird,diedasBerufsethosder
MediatorInnengleichsaminsichträgt.
»MediationisteinProzessderAufklä-
rung,EmanzipationundZivilisation«
postuliertChristineKabstimentspre-
chendenSchwerpunktheft»Haltung
inderMediation«.4IstbeidieserSelbst-
zuschreibungderMediationnurder
WunschderVaterdesGedankensoder
kannsichMediationdabeiaufeinewis-
senschaftlicheGrundlageberufen?
Handwerk, Kunst, Religion
oder Wissenschaft?
LarsKirchhoffundKirstenSchroe-
ter,diefüreinestandardisierteMe-
diationsausbildungeinLehrmodul
»Mediationswissenschaft?«zusam-
mengestellthaben,setzenhinterdie-
senBegriffeinFragezeichenundge-
benaufdieselbstgestellteFrage,ob
MediationeinHandwerk,Kunstoder
Wissenschaftsei,diediplomatische
Antwort:»ImBereichvonMediation
greifenHandwerk,KunstundWissen-
schaft–mitfließendenÜbergängen
–ineinander«5.Gleichzeitigbeharren
siedarauf,dassMediationauchei-
ne»Kunst«(HaltungoderBegabung?)
sei,diesichreinwissenschaftlich-
logischerAusbildungnichtautoma-
tischerschließt.
NocheinenSchrittweitergehtdie
GruppevonMediatorInnen,diesich
der»transformativenMediation«ver-
schriebenhaben,undfürsichund»ih-
re«Mediationpersönlichkeits-und
gesellschaftsveränderndeZiele(Wir-
kungen?)postulieren.6Dasbeinhal-
teteineganzheitlicheSichtderKon-
fliktbearbeitung,diesichunterdem
BegriffeinerdurchMediationverän-
derten»Konfliktkultur«zusammen-
fassenlässt.DasVersprechenvon
MediationliegtdabeiineinerVerbes-
serungderKonfliktkulturzumehrFair-
ness,GewaltfreiheitundKooperation.
DieSchulmediationmitihrenvielfäl-
tigenStreitschlichterprogrammenlebt
ebensovondieserHoffnungwiedie
jüngsteErklärungderUNO-Resolution
zur»StärkungderRollederMediation
zurfriedlichenBeilegungvonStreitig-
keitenundderVerhinderungundLö-
sungvonKonflikten«vomJuni2011.
DerRückgriffderMediationspraxisauf
bewusstseinsveränderndequasi-reli-
giösePraktiken,wiez.B.Meditation
undBuddhismusistdannnichtmehr
weit7.DernormativeCharaktervon
Mediationistdabeiunübersehbar.Me-
diationwirdzumProgramm,dasmit
derUmsetzungzugleichseineWirk-
samkeitverheißt!Daswirktauchauf
michsympathisch,schafftBefürwor-
ter,quasieineFan-Gemeinde,beant-
wortetabernichtdieFragenachder
Wissenschaftlichkeit.Nachalldenvie-
lenpositivenErfahrungsberichten,wie
segensreichMediationdochfürdiezu-
künftigeStreitbeilegungsbemühungen
seinwird–wennmansiedennauch
anwendet!–beschleichtmichdieban-
geFrage,obdieserdieMediationslite-
raturprägendeOptimismusauchet-
wasmitderWissenschaftsferneder
aktuellenMediationsszenezutunha-
benkann?FreinachdemMottoaus
demFaust:waskümmertmichdie
graueTheorie,wennichdesLebens
grünenBaumauchohneBeschäfti-
gungmitihrgenießenkann!
4 Kabst, C.: Berufsethos der Mediatoren. In: Spektrum der Mediation 18/2005, Schwer-punktheft »Haltung in der Mediation«, S. 32.
5 Kirchhoff, L./Schroeter, K.: Lehrmodul 4: Mediations»wissenschaft«? – zwischen Wis-senschaftstheorie und Praxis. In: ZKM 2/2006, S. 56.
6 Am 11./12. Nov.2011 fand in Lublijana/Slowenien der 1. Internationale Kongress für Transformative Mediation statt. www.rakmo.si/ktm-ang.htm
Berichte zum Thema
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 7
2.Wissenschaftliche Grundlagen der MediationIchmachemichauf,michdemThe-
maanderszunähern:BeiallerPraxis-
orientierungistnichtzuübersehen,
dasssichMediationinvielfältiger
WeiseaufQuell-undBezugswissen-
schaftenbezieht.Kirchhoff/Schröter
sprechenvonMediationals»Schnitt-
mengenwissenschaft«5.Daistein-
maldasHarvard-Modelldesguten
Verhandelns,dasausjahrzehntelan-
genForschungenüberVerhandlungs-
abläufegewonnenwurdeundgera-
deinderwirtschaftsnahenMediation
großeBedeutungerlangthat.8Diese
AusrichtungwirdstarkvonderCentra-
lefürMediationundihrerZeitschrift
fürKonfliktmanagement(ZKM)9reprä-
sentiert.ImdeutschsprachigenRaum
hatdasHandbuch»Konfliktmanage-
ment«vonFriedrichGlaslmitseinen
umfangreichenwissenschaftlichen
AusführungenzuKonfliktdiagnose,Es-
kalationsdynamikundInterventions-
strategienzueinerwissenschaftlichen
FundierungvielerMediationsausbil-
dungenbeigetragen.10Damitrücktne-
benderKommunikationswissenschaft
dieKonfliktforschunginsZentrumder
wissenschaftlichenAusrichtungvon
Mediation.DiemöglichenInterven-
tionsstrategienbeiKonflikten,wie
z.B.Mediation,werdeninAbhängig-
keitvonderKonfliktdynamikdarge-
stellt.AuchdieverschiedenenPersön-
lichkeitseigenschaften,wiemanmit
Konfliktenumgeht,obessichz.B.
umkompetitiveoderkonsensorien-
tierteStreittypenhandelt,bildengut
untersuchtewissenschaftlicheZugän-
gezurPrüfungderMediationseignung
vonverschiedenenKommunikations-
stilenund-mustern.11Diehumanis-
tischePsychologieunddieklienten-
zentrierteGesprächsführungnachCarl
Rogers12bildeneineweiterewissen-
schaftlicherforschteGrunddisziplin.
DerUmgangmitEmotionen,dasWis-
senumdieDifferenzierungundStruk-
turvonBedürfnissen,dieGruppen-
dynamik,FragenderMotivationund
vieleweitereThemenderPsycholo-
gieundVerhaltenswissenschaftenge-
hörenzumBasiswissen,aufdassich
MediatorInneninihrerPraxisbezie-
hen.MachtundHerrschaft(Politische
Wissenschaft,Demokratietheorie),Fa-
milien-undBetriebsstrukturen(Sozio-
logie),FragetechnikenundReframing
(Sprachwissenschaft),Normgeltung
undGerechtigkeit(Rechtswissenschaft
undEthik),Entscheidungsfindung
undKreativitätstechniken(Ökono-
mie,SpieltheorieundNeurowissen-
schaften)–esgibtnurwenigeWis-
senschafts-Disziplinen,diesichnicht
alsBezugsquelleneignen,umimMe-
diationsprozesskonstruktivverortet
zuwerden.Nebeneinereklektischen
UmgangsweisemitdenBasiswissen-
schaftengibtesauchsoetwaswie
»Schulen«inderMediationsszene,die
begrifflicheundmethodischeSchwer-
punktesetzen.Nebendembereitser-
wähntenHarvard-Konzeptistdiesin
DeutschlandinsbesonderedasKon-
zeptderGewaltfreienKommunikation
(GFK)nachMarshallRosenberg13.
Nichtzuübersehensindauchdieer-
kenntnistheoretischenImplikationen
vonMediation.Ganzoffensichtlichhul-
digtdieMediationeinemradikalen
Konstruktivismus.14EsgibtkeinRichtig
oderFalsch.DieUnvereinbarkeiten,die
konträrenZiele,AnsichtenundEmpfin-
dungen,diedenAusgangskonfliktun-
lösbarerscheinenlassen,werdenin
derMediationuntergegenseitigem
AustauschundRespektzueinerneu-
enKonstellationreorganisiert,dieLö-
sungenoderBefriedungermöglicht.
DamitdarausnichteineBeliebigkeitim
UmgangmitdenProblemenerwächst
oderzufälligeErgebnisseherauskom-
men,impliziertMediationaucheinbe-
stimmtes»Menschenbild«,dasheißt
siefußtaufbestimmtenanthropolo-
gischenGrundannahmen.InderGFK
sinddiesdieTrennungvonGefüh-
lenundBedürfnissenunddasPostu-
latderIntegritätbzw.Legitimitätvon
»echten«Bedürfnissen.Gewaltistfolg-
lichnureinAusdruckunerfüllterBe-
dürfnisse,jedochselbstkeinoriginäres
menschlichesBedürfnis.Ähnlichistes
mitdemHarvard-Modell:MitderTren-
nungvonPersonundSachebeider
Konfliktbehandlungwirdunterstellt,
dasseinePerson,dieWertschätzung
undRespekterhält,ambesteninder
Lageistkonstruktivundkooperativam
Sachkonfliktzuarbeiten.Dieseanthro-
pologischenGrundannahmenderMe-
diationscheinenmirmaßgeblichdafür
zusein,dassinderDiskussionumdas
WesenderMediationwederdiehand-
werklichenochdiewissenschaftliche
KompetenzimVordergrundstehen,
sonderndiederMediatorInspezifische
»Haltung«.DasDilemma,dasdarinbe-
steht,wieeineaufradikalemKonstruk-
tivismusbasierendeMediationmitklar
formuliertenethischenPrinzipienin
Einklangzubringenist,versuchtdie
KlagenfurterSchuleumPeterHeintel
mitderTheorieeiner»Prozessethik«zu
beantworten.Mirwäreeslieber,wenn
5 Vgl. Kirchhoff, L./Schroeter, K.: Lehrmodul 4: Mediations»wissenschaft«? – zwischen Wis-senschaftstheorie und Praxis. In: ZKM 2/2006, S. 56.7 Vgl. McConnell, J. A.; s. a. Hatlapa, C.: Medita-tion und Mediation. In: Spektrum der Mediati-on 18/2005, S. 9-12. Schieferstein, W.: Die Hal-tung in der Mediation, a .a. O., S. 13-15.8 Vgl. Fisher, R. u. a.: Das Harvard-Konzept.9 Siehe: www.centrale-fuer-mediation.de10 Glasl, F.: Konfliktmanagement. 11 Vgl. Haft, F.: Verhandlung und Mediation.12 Rogers, C.R.: Die klientenzentrierte Ge-sprächspsychotherapie.
13 Rosenberg, M.B.: Gewaltfreie Kommunikation. S. a. Spektrum der Mediation 28/2007.
14 Zum »Radikalen Konstruktivismus« s. kurso-risch in wikipedia.org (Zugriff vom 31.05.2011).
Berichte zum Thema
8 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
dieanthropologischenPrämissentrans-
parentgemachtundwissenschaftlich
diskutiertwürden.15
AlldieseBezügeaufwissenschaftliche
QuellenoderBezugswissenschaften
fürMediationergebeninihrerGesamt-
schaunochkeineMediationswissen-
schaft.EsfehltdiezentraleFragestel-
lung,dasParadigma,dasnebender
TheorieunddenMethodeneineWis-
senschaftkonstituierenkann.Vielmehr
zeigendieambestenwissenschaftlich
elaborierten»Modelle«ausHarvard
oderGFK,dasssiesichalsMediations-
praxisverselbständigthabenundeiner
dringendenRückbindungindenWis-
senschaftsbetriebbedürfen.
3.Mediation als Gegenstand von Wissenschaft und ForschungDeshalbmöchteichnundenBlickda-
raufrichten,inwieweitdieMediations-
praxiszumGegenstandwissenschaft-
licherBetrachtungundForschung
gewordenist.Wennsicheinneu-
erGegenstandfürdiewissenschaft-
licheBetrachtungauftut,gehtesoft
umeineBestandsaufnahme,alsoUn-
tersuchungendazu,wievieleMedia-
tionenindenjeweiligenBereichentat-
sächlichstattfinden.Dasistfürden
Täter-Opfer-Ausgleich,dieMediation
anSchulenunddieFamilienmediation
rechtgutdokumentiert16;inanderen
BereichensindesmehrSchätzungen
alsbrauchbareStatistiken.Besser
siehtesmitFall-Studienundqualita-
tivangelegtenProzess-Evaluationen
aus,wiez.B.dieFlughafenmediation
Wien-Schwechat.17Zunehmendwird
auchdasPersonalderMediationun-
terdiewissenschaftlicheLupegenom-
men.Zurzeitlaufengerademehrere
BefragungenvonMediatorInnenzuih-
rerPraxis,insbesonderewasdenUm-
fangihrerFallarbeit,aberauchihrda-
beieingesetztesKompetenzrepertoire
betrifft.Vieleder,meistvonDiplo-
mandenoderDoktorandenangefertig-
ten,wissenschaftlichenArbeitenzur
MediationstelleneineProzess-Evalua-
tiondar,dokumentierenprimärwie
Mediationpraktiziertwird;mitdem
spannendenErgebnis,dassin60-80
ProzentderstattgefundenenMedia-
tionenaucheinErgebnis,spricheine
Mediationsvereinbarungabgeschlos-
senwurde.WasfehltsindWirkungs-
analysen,dieerforschen,wasgenau
zudemErgebnisbeigetragenoder
einErgebnisverhinderthat.Welche
Elementedervielfachelaborierten
Mediationskonzeptewarenwirksam,
welchewomöglich,undunterwelchen
Rahmenbedingungen,kontraproduk-
tiv?EsfehlensystematischeStudien
zuFragenwie:WelcheBedeutungha-
benEinzelgesprächeinderMediation?
WiewichtigistdiepersönlichePrä-
senzderKonfliktparteien?WelcheZu-
sammenhängegibteszwischendem
einzelnenMediationsfallundderKon-
fliktkultureinerOrganisation?
EsgibtimdeutschsprachigenRaum
nochkeineForschungen,diedemwis-
senschaftlichenAnspruchvonVer-
gleichsstudienmitKontrollgruppen,
sogenannten»blueprints«,gerecht
werden.DieMediationspraxiserklärt
sichnochweitgehenddadurch,dass
siestattfindet.WeitereHindernissezu
mehrTransparenzstellendiedenKli-
entenzugesicherteVertraulichkeitund
derunübersichtliche»Markt«dar,auf
demMediationengehandeltoderver-
handeltwerden.AbergeradevonSei-
tenderpotenziellenKundenkönntemit
einemsichdifferenzierendemMarktder
Druckwachsen,objektivierbareWirk-
samkeitsnachweisezuerbringen,sprich
MediationstärkerzumGegenstandvon
ForschungundWissenschaftzuma-
chen.Esistalsonötig,dassdieMedia-
tionsforschungausdenKinderschuhen
derBegleitforschungundProgrammeva-
luationzurWirkungs-undGrundlagen-
forschungweiterentwickeltwird.
4.Mediation als – wissenschaft-liche – AusbildungAlsletzteDimension,umdasVerhältnis
vonMediationundWissenschaftaus-
zuleuchten,solldieMediationsausbil-
dungnäherbetrachtetwerden.Dafällt
auf,dassesweitgehendaußeruniversi-
täreEinrichtungensind,diedieQuali-
fizierungvonMediatorInnenanbieten
undetablierthaben.Daessichbislang
beiderMediatorin–esgibtunterden
MitgliedernimBMnahezudoppeltso
vieleFrauenalsMänner–umeinenicht
geschützteBerufsbezeichnunghandelt,
kannsichauchjemandMediatorInnen-
nenohnenureineAusbildungsstun-
denachweisenzumüssen.Woransol-
lensichdieKundenorientieren,dieeine
qualifizierteMediatorInsuchen?Die
Mediationsverbändeversuchendiesem
UmstanddurchAnerkennungsverfahren
undStandardsinUmfangundInhaltder
15 Als Soziologe kann ich es nicht lassen, darauf hinzuweisen, dass Pierre Bourdieu in seiner Analyse moderner Gesellschaften den »Habi-tus« als zentrale Kategorie für soziales Handeln entwickelt. Er meint damit die Schnittstelle, an der im sozialen Austausch die gesellschaftlich gewonnene Erfahrung mit der autonomen In-dividualität immer wieder austariert werden muss. MediatorInnen wären demnach die Pro-fession, die am Habitus einer Gesellschaft be-wusst arbeiten und dessen Gestaltung aus der Anonymität sozialer Instanzen ins Bewusstsein der Akteure, sprich der Konfliktparteien, heben. S.a. Markus Schwingel: Pierre Bourdieu zur Ein-führung. S. 33-75.16 Zum Täter-Opfer-Ausgleich s. toa-service-buero.de\bibliothek; zur Schulmediation die bundesweite Studie »Mediation an Schulen« von Behn, S. u. a., Wiesbaden 2006. Zur Fa-milienmediation in Österreich die Studien von Pelikan, Ch. u. a., Familienmediation. For-schungsbericht des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, Wien 1996. In Deutschland die Studien von Proksch, R. und Greger, R.
17 Perspektive Mediation. Beiträge zur Konflikt-kultur. Schwerpunktheft »Forschung und Me-diation« Heft 1/2009.
Berichte zum Thema
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 9
14 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
licheUntersuchungen1,neurowissen-
schaftlicheExperimente2,Umfragen
zurTrennungs-undScheidungsme-
diation3,Forschungenzugrenzüber-
schreitendenMediationen4oderzu
KonfliktenbeiMoscheebauten5,ein
ProjektzurMediationskompetenz6,
zuKonfliktmanagementsystemenin
Unternehmen7oderdiezahlreichen
BefragungenunterschiedlicherQuali-
tät,diedieinDatenbankenerfassten
MediatorInneninihremE-Mail-Ein-
gangfindenkönnen,sindnureinige
BeispielefürdieBandbreitedieses
ForschungsstilsinDeutschland.
DieaussolchenAnsätzengewon-
nenenErkenntnisse,Modelleund
AnleitungenundkleinerenTheo-
rie-»Pyramiden«könnenfürdie
PraktikerInneneinegroßeHilfesein.
NuresfehlteineÜbersicht.Selbst
thematischengbeieinanderliegen-
deUntersuchungenwissengelegent-
lichnichtvoneinanderundschongar
nichtvonaktuellenForschungsbemü-
hungenausanderenDisziplinen.8Wie
auch–esgibtmeinesWissensimMo-
mentkeinenOrt,andemsolcheFor-
schungzusammenfließenwürde.
NachGaltungstecktdasPotenzialdes
sachsonischenAnsatzesabergeradein
derDebatten-undDiskussionskultur
überdiekleinenPyramidenhinweg
(a.a.O.,S.157)–wennerrechthat,
dannsolltesichunsereAnstrengung
daraufkonzentrieren,dieseDebatte,
woimmermöglich,zubefördern,gera-
deinden»anstrengenden«Bereichen
derdisziplin-undinstitutionenüber-
greifendenForschung.ErsteSchritte
dazuwärensicherlicheinegegensei-
tigverständlicheTerminologieundvor
allemeineÜbersichtdarüber,wases
überhauptgibt.
Die Suche nach »der« Theorie der MediationNebendemsachsonischenStilmei-
neichinderdeutschenMediations-
landschaftauchdenteutonischen
Stilzuerkennen,derdeduktivvor-
gehtundzunächsteineumfassende
Theorie(»großePyramide«)zugrun-
delegtoderdochzumindestfordert.
SonutztStephanBreidenbachinsei-
nerHabilitationdeduktiveAnsätze,
wiesiefürdiedeutscheRechtswissen-
schaftnaheliegendsind:Erklärtz.B.
sehrgrundsätzlichzunächstnorma-
tivdieZielevonMediationüberhaupt
undführtvondaausdieweitereUn-
tersuchungdurch:»DieAnalyseder
LeitzielevonMediationwirdimErgeb-
niseinedifferenzierterePerspektive
aufChancenundRisikenvonMedia-
tionvermitteln.Erstdannistesmög-
lich,fürbestimmteParteien(Macht)-
konstellationenjeweilsPotenzialund
entgegenstehendesRisikokonkreter
gegeneinanderabzuwägen,[...].«(Brei-
denbach1995,S.189)Breidenbachs
Zielgehtdarüberhinaus.Erführtden
BegriffderStreitbehandlungslehre
durchausimSinneeiner»großenPy-
ramide«ein:»DieMöglichkeitenund
GrenzendesEinsatzesvonMediation
sindhier[indieserUntersuchungins-
gesamt]thematischerAnlass,Ansätze
zueinerumfassenderenStreitbehand-
lungslehrezusuchen,dieeinweitaus
größeresSpektrumderRechtswirklich-
keiterfasst[alsnurdieStreitentschei-
dungslehre].«(Breidenbach1995,S.2,
H.i.O.).AuchandereAutorenunter-
stellenganzselbstverständlich,dass
wirdieeine,umfassendeMediations-
theoriebrauchen;alsBeispiel:»Die
AnlässeundGründefürdieinhaltliche
AusweitungvonMediation[...]füh-
renzueinergroßenDiversifikationdes
Begriffs.[...]Daswärezuakzeptieren
1 Aktuell z. B. eine narratologische Studie zum Umgang mit Arbeitskonflikten an der Universi-tät Hamburg (Evelyn Gius). 2 Vergleiche z. B. die neurowissenschaftliche Un-tersuchung zur Emotionsregulation (Seehau-sen 2011). Aktuell ist geplant, dass Versuchsper-sonen über reale Konflikte berichten und ihre Reaktion auf die Spiegelung von Emotio nen un-tersucht werden, um einen Schritt aus der La-borsituation in die reale Situation zu gehen (Seehausen, pers. Kommunikation). 3 So etwa die Untersuchung zu Mediation und Gerichtsverfahren in Sorge- und Umgangs-rechtskonflikten durch Reinhard Greger (Uni-versität Erlangen-Nürnberg) und aktuell durch Anne Christina Mess (Universität Hamburg). 4 Zum Beispiel Schubert-Panecka 2010. 5 An der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft FEST in Heidelberg (fest-heidelberg.de) gibt es dazu ein aktuelles Projekt.
6 Auf Grundlage ausführlicher Theoriearbeit (grundlegend: Erpenbeck, Jokisch, Haken und Baran) wurden in einem Projekt durch Be-fragung von MediatorInnen (N ≈ 600) Infor-mationen zur Mediationskompetenz gesam-melt; vgl. Rezension Spektrum der Mediation, 43/2011, S. 68. 7 Einige aktuelle Ergebnisse finden sich in der Studie von PricewaterhouseCoopers/ Viadrina 2011. 8 Diese Einschätzung beruht auf den Reaktio-nen, die ich beobachte, wenn es gelingt, Me-diationsforscherInnen mit ähnlichen Anliegen miteinander in Kontakt zu bringen.
Berichte zum Thema
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 15
–odervielleichtnochzuverhindern,
wenngeklärtwerdenkönnte,wasden
eigenständigenKernvonMediation
ausmacht,wasseineunverwechsel-
barenPrinzipiensind,welcheGeneral-
oderQuerschnittsthemenunverzicht-
barseinsollten.Kurz, es geht um die
Suche nach einem Weg zu einer Theorie
der Mediation.«(Glenewinkel2007,S.
92;HervorhebungdurchdenAutor)
AberdieeineTheorie–heißtdas
nicht:Einschränkung,Kanonisierung,
unddamitinderPraxisAusgrenzung,
alsodieGefahr,dass»meine«Media-
tiondanngarkeineMediationmehr
ist?Galtungschreibt,derteutonische
Stilwerde»unerträglich«(Galtung
1985:181),wennernichtpluralis-
tischsei,wennalsonichtverschie-
dene»großePyramiden«nebenein-
anderexistierendürften.
TatsächlichscheintmirdieGefahr,dass
wirzudereinengroßenMediations-
theoriekommen,derzeitgering:Esgibt
jaganzunterschiedlicheForschungs-
undTheoriebildungsansätzeausganz
unterschiedlichenDisziplinen–Rechts-
wissenschaftundPsychologie,umnur
zweiPolezunennen–mitihrenjeei-
genenKulturen.Vielleichtwürdees
dieArbeitvereinfachen,diesauchals
ZielimAugezubehalten:Alsonicht
dieumfassendeTheoriederMedia-
tionzusuchen,sondernnureineun-
termehrerendenkbarenTheoriengro-
ßerReichweiteanzustreben,dieneben
anderenbestehendarfunddieMedia-
tionslandschaftbereichernundklä-
renhelfenkann.ImMomentscheint
mirdieGefahrdes»Universalismus«
(a.a.O.,S.180)gering,dieSchwierig-
keit,sichüberhauptzuorientierenaber
umsogrößer.Mirjedenfallsgelingtes
nichtohneweiteres,dietheoretischen
Grundlagenauchnurdermirnäherbe-
kanntenMediationsausbildungenzu
bestimmenoderanzugeben,welche
bewusstenoderunbewusstenTheo-
rienvomKonflikt,vonMediation,vom
Menschenihrzugrundeliegen.Nur
diewenigstenAusbildungenmachen
dastransparent,nurdiewenigsten
MediatorInnensagenausdrücklich,
welcheFormvonMediationsiema-
chen.9Undwiesolltenwirauch?Es
gibtjakeinebekanntenEinteilungen,
denenwirunszuordnenkönnen,und
dienichtihrerseitswiederumgenauso
erklärungsbedürftigwären.
Erster Schritt: Übersicht und Verbindungen schaffenSowohldersachsonischealsauch
derteutonischeAnsatzbrauchenal-
soimMomentvorallemeines:Über-
sicht.DieÜbersichtüberErgebnisse,
übertheoretischeGrundlagenundüber
WissenschaftlerInnenundInstitutio-
nen,diedaranarbeiten.WerimFor-
schenundDenkensachsonischausge-
richtetist,wirddasnutzenkönnen,um
mehrKontaktezuanderenaufbauen
undmitihnendiskutierenzukönnen,
damitdereigeneAnsatzunddieeige-
nenErgebnisseüberprüfbarer,veror-
tetundverbessertwerdenkönnen.Wer
sicheherdemteutonischenStilnahe
sieht,wirdschondeshalbeineÜber-
sichtbrauchen,umsichüberhauptori-
entierenunddieeigenenBemühungen
umtheoriegeleiteteZusammenstel-
lungeneinordnenundabgrenzenzu
können.10Nichtzuletztkannichesmir
inderpraktischenArbeitundimMar-
ketingnützlichvorstellen,dieeigene
GrundlageundVorgehensweisetrans-
parentzumachenundabzugrenzen.
WelcheSchrittewärendenkbar,um
solcheÜbersichtenzugewinnenund
systematischeMediationswissen-
schaftzubetreiben?Manchesgibtes
schonoderistimEntstehen:EinSam-
melbandzugrundlegendenundme-
thodischenFragenderErforschung
vonMediation11undSammelbände
zueinzelnenFeldern12sowieeineei-
geneimengerenSinnegeplantewis-
senschaftlicheZeitschriftzuKonflikt-
bearbeitunginUnternehmen13sind
wichtigeSchritte,diedieDiskussion
ermöglichen.Unterandereminder
9Eine Ausnahme ist die Klärungshilfe nach Thomann/Prior, die sich aber auch nicht auf eine Mediationstheorie beruft, sondern sich transparent aus der humanistischen Psycho-logie herleitet. 10Es mag kein Zufall sein, dass ich gerade zu die-sem Ergebnis komme: Übersicht haben zu wol-len, klingt selbst schon nach dem Erklimmen großer »Pyramiden«, und so mag hier sichtbar werden, wie stark ich selbst im teutonischen Stil wissenschaftlich sozialisiert worden bin. 11Mayer/Busch 2012. 12Zum Beispiel die Reihe von Gläßer und Schroeter (Band 1: Gläßer/Schroeter 2011 zu gerichtlicher Mediation) und die Studien zur interkulturellen Mediation von Schröder/Busch/Mayer (s. o.). 13Die Zeitschrift »Konfliktdynamik: Verhan-deln, Vermitteln und Führen in Organisatio-nen« soll in 2012 erstmals herausgegeben werden.
Berichte zum Thema
16 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
14Die Forschungsgruppe Mediation ist ein inter-disziplinärer, institutionen-unabhäniger Zusam-menschluss von MediationsforscherInnen und wissenschaftlich interessierten MediatorInnen; s. forschungsgruppe-mediation.eu
An
zeig
e
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 17
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 29
nimmt.Konfliktebestehenaufunter-
schiedlichenEbenen,eineeindeutige
Konfliktdefinitiongibtesnicht.Ulrike
WasmuthweistaufvierUnterschei-
dungenhin:»Esistzunächstwichtig,
denKonfliktunvoreingenommenals
sozialenTatbestandzubetrachtenund
beiDefinitionsversuchenden›Kon-
flikt‹(a)nichtmitAustragungsformen
zuverwechseln;(b)nichtdurchBe-
wertungeinzugrenzenunddamitdes-
senAnalysezupräjudizieren;(c)nicht
durchseinenKontextunnötigerweise
aufMerkmalezureduzieren,diesei-
nerKomplexitätnichtgerechtwerden
und(d)nichtmitseinerUrsächlichkeit
zuvermischen.«1DieKonfliktparteien
könnenausEinzelpersonen,Gruppen,
Staatenetc.bestehen,hierentsteht
derKonfliktdannausUnterschieden
dersozialenLageund/oderInteres-
sen/Positionen.DieserHintergrund
istauchwichtigfüreinetheoretische
EinbettungderMediation,denndiese
stehtjenachsoziologischen,politik-
wissenschaftlichenodersozialpsycho-
logischenTheorietraditionenineinem
anderenKontext,wobeiichdensozio-
logischenundwenigerdenpolitikwis-
senschaftlichenAnsatzbevorzuge.
DieEinsicht,dassdiegesetzlicheNorm-
gebung–nationaleGesetzgebungoder
Völkerrecht–oftnichtausreichendist,
umFriedenzwischenKonfliktparteien
zustiften,findetanunterschiedlichen
StellenindenvergangenJahrenGehör.
DieUNgründete2009aufausdrück-
lichenWunschvonGeneralsekretär
BanKi-MooneineUnitmitMediation
SupportunddieEUgibteineRicht-
linieaufdenWeg,umaußergericht-
licheVerfahrensweisenzurKonfliktre-
gulationzufördern.AufArbeitsebene
istdieeuropäischeUnionseit2008da-
bei,dasVerfahren,oderbesser,denme-
thodischenAnsatzderMediationin
dieGesetzgebungeinfließenzulassen,
gleichberechtigtzuSchlichtungs-und
Schiedsgerichtsverfahren.Sollteessich
gesellschaftlichdurchsetzen,dassMen-
schenlernensichaußergerichtlichzu
einigen,dannwäreesoptimalerWeise
nurnochbeikriminellenTatbeständen
notwendig,GerichteundRechtsanwäl-
tezubemühen.DieReduktiondesKon-
flikt-ArbeitsfeldesvonJuristenunddie
gleichzeitigeErweiterungdesselbigen
fürweitereExpertenausanderenFach-
bereichenführtzuSpannungen,denn
auchimFeldderMediationgibtes
Rechtsansprüche,nurworaufsichdiese
genaubegründen,istnichtdeutlich.
DiegroßenProblemebeiderUmset-
zungderEU-RichtliniezurMediation
rührennichtzuletztdaher,dassdieGe-
mengelageunübersichtlichistundes
wenigeErkenntnisseübermethodische
Ansätze,wissenschaftlichfundierte
AnalysenundEvaluierungenzuMedia-
tionengibt.
DasFeldderMediationistkaum›er-
forscht‹undbasiertaufsehrbelie-
bigentheoretischenAnsätzen.Faktist,
dassniemandeineDeutungshoheit
hatüberdas,wasMediationzuleisten
hat,wiesiedurchzuführenistundwel-
cheKriterienerfülltseinmüssen,um
sieerfolgreichumzusetzen.Geschwei-
gedenn,dassesdieMediatorInge-
benkanngenausowenigwiedieLeh-
rerInoderdieFührungskraft.Dawirkt
eshilflos,wenndieIHKNürnberg,im
GegensatzzuanderenIHKs,einMin-
destaltereinführtundeigeneKriterien
füreinGütesiegelvonMediatorInnen
setzt,mangelsstaatlicherVorgaben.
BisherhabensichinderPraxisvor
allemdieMediationsmodelledesPo-
litikwissenschaftlersChristophBese-
mersowiedieAdaptionvonBallreich
&GlaslimdeutschsprachigenRaum
durchgesetzt.2Weltweitbefassensich
vieleWissenschaftlerInnenmitThe-
menzurKonfliktregulation.3Kennt-
nisseüberKonfliktregulierungspro-
zesseoderEskalationsstufengehören
nichtzurwissenschaftlichenAusbil-
dungvonJuristInnen,abersehrwohl
zujenerderFriedens-undKonfliktfor-
scherInnen.DerinterdisziplinäreStu-
diengang,zumeistausdenWissen-
schaftsbereichenPolitikwissenschaft,
SoziologieundSozialpsychologie,be-
schäftigtsichtiefgehendmitKon-
flikteninunterschiedlichenKontexten.
DasDilemmaderGreifbarkeitvonMe-
diationalsVerfahren,Methodeoder
AnsatzistaucheinResultatvonzuge-
ringerwissenschaftlicherAufmerk-
samkeitundwenigErkenntnisgewinn.
ErstindenvergangenenJahrenwer-
denakademischeStudiendurchge-
führt,umüberhauptAussagentref-
fenzukönnen,wasdennMediation
nuneigentlichumfasst,welcheThe-
orienihrzugrundeliegenundwelche
KenntnissebeiMediatorInnenvorhan-
denseinmüssten,ummitKonflikten
aufunterschiedlichenEbenenumge-
henzukönnen.
EinStandardwerkzurEinführungin
dieFriedens-undKonfliktforschungist
dasLehrbuchvondenHerausgebern
ImbuschundZollmitgleichnamigem
Titel.4Esbeschreibtdiepolitischen
HintergründedeskaltenKriegesso-
wiedieEinflüsseder68erunddiespä-
terenFriedensbewegungenaufdie
Friedensforschung.Bisheutestrei-
tenPolitikwissenschaftlermitSozio-
logInnenoderSozialpsychologInnen
1Wasmuth, U.: S. 7.2Besemer (1995) und Kessen/Troja (2002).3Diese Begrifflichkeit wird unterschiedlich verwendet und benannt: Konflikttransforma-tion, Konfliktlösung, Konfliktmanagement etc. Autoren mit theoretischen Ansätzen zur Kon-flikttransformation sind u.a.: Galtung, Azar, Senghaas, Krippendorf. Autoren mit Fokus auf non-violent Ansätzen: Sharp 1973, Wehr, Burgess & Burgess 1994, Clark 2000. S. a. www.berghof-handbook.net.
4s. Imbusch, Peter & Zoll, Ralf (Hrsg.).
Berichte zum Thema
30 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
überBegriffewieFriedenundGewalt,
Kriegsursachen,Abrüstung,Rüstungs-
kontrolleundauchKonfliktmanage-
ment.SieallestehenzunächstimFo-
kusderForschung,dieMediationwird
explizitmitkeinemWorterwähnt.Tra-
ditionellwidmetsichdieFriedens-und
Konfliktforschungeherdenmakro-
politischenKonflikten.Dergesamte
ForschungsbereichdesBerghofFor-
schungszentrumsfürkonstruktive
KonfliktbearbeitunginBerlinrichtet
sichaufdiepolitischeEbene:
»Mediation is, at its core, a politi
cal process in which conflict parties
(stakeholders) agree to accept one
or more third actors who are not
party to the conflict, who enjoy the
trust of the disputants, and who are
considered potentially supportive in
overcoming the deadlock triggered
by a stalemate in the conflict.«5
IndiesemKontextwirdMediationvor-
wiegendalskommunikationstheore-
tischesModellbehandelt,welchesim
SinnevonpolitischmotiviertenVer-
handlungsstrategieneinenoffiziellen
sowieinoffiziellenMediationsprozess
beschreibt.EinigevonGiessmann&
WilsbeschriebeneFunktionenderMe-
diationwidersprechendenAnsätzen
vonu.a.Besemer,Ballreich&Glasl,
zumBeispielinpunctoFreiwilligkeit.
DassKonfliktesichnichtnurvorwie-
gendimmakro-politischenKontextab-
spielen,beschreibtKarlheinzKoppein
seinerGeschichtederFriedens-und
Konfliktforschungundsprichthiervon
einemParadigmenwechsel»vonder
KriegsverhütungzurZivilisierungdes
Konfliktaustrags«.ErsiehtdieUrsachen
fürKonfliktenichtnurininternationa-
lenBeziehungensondernauchinge-
sellschaftlichenStrukturen.Sorücktdie
»AnalyseundBearbeitungallergloba-
lenundgrenzüberschreitendenGefähr-
dungendermenschlichenExistenz,(…
terroristischeGewalt…)«mehrinden
Vordergrund,verlässtaberdiePerspek-
tivederMakroebenenicht.6
Endeder80erJahre,Anfangder90er
wurdenStudienveröffentlicht,diesich
mitdemThemaVertrauenalsGrund-
kategorievonFriedenauseinander-
setzten.SobeschreibtzumBeispiel
NiklasLuhmannVertrauenalseinen
MechanismuszurReduktionvonso-
zialerKomplexitätundmeintdamit:
»OhnejeglichesVertrauenaberkönnte
er[derMensch]morgensseinBett
nichtverlassen.UnbestimmteAngst,
lähmendesEntsetzenbefielenihn.«7
Forschungsobjektebeziehenimmeröf-
terdenMenschenmitseinerFähigkeit
derEmpathieeinundwerdenineine
DefinitiondesFriedensbegriffs,sobei
DieterSenghaasetal.,integriert:»Um
Friedenzuerreichen,sinddeshalban-
haltendeBemühungenumRechtstaat-
lichkeit,Erwartungsverlässlichkeit,
ökonomischenAusgleichundEmpa-
thieerforderlich.«8Damitwirddierein
makro-politischePerspektiveverlas-
senunddiesozialeInteraktionsebene
vonMenscheneinbezogen.Senghaas
folgtunteranderemdenAnsätzendes
deutsch-jüdischenSoziologenNorbert
Elias,derinseinerZivilisierungstheorie,
zumProzessderZivilisation,denMen-
schenzentralstellt:
»Erst mit den Spannungen zwischen
den Menschen mit den Widersprü
chen im Aufbau des Menschenge
flechts können sich die Spannungen
und Widersprüche in den Menschen
mildern. Dann erst braucht es nicht
mehr die Ausnahme, dann erst kann
es die Regel sein, dass der einzel
ne Mensch jenes optimale Gleich
gewicht seiner Seele findet, das wir
so oft mit den großen Worten wie
›Glück‹ und ›Freiheit‹ beschwören:
ein dauerhaftes Gleichgewicht oder
gar den Einklang zwischen seinen
gesellschaftlichen Aufgaben, zwi
schen den gesamten Anforderungen
seiner sozialen Existenz auf der ei
nen Seite und seinen persönlichen
Neigungen und Bedürfnissen auf
der anderen. Erst wenn der Aufbau
der zwischenmenschlichen Bezie
hungen derart beschaffen ist, wenn
die Zusammenarbeit der Menschen,
die die Grundlage für die Existenz
jedes einzelnen bildet, derart funk
tioniert, dass es für alle, die in der
reichgegliederten Kette der gemein
samen Aufgaben Hand in Hand ar
beiten, zum mindestens möglich ist,
dieses Gleichgewicht zu finden, erst
dann werden die Menschen mit grö
ßerem Recht von sich sagen kön
nen, dass sie zivilisiert sind.«9
DieHerangehensweiseanMediation
gestaltetsichsehrverschiedenund
somitauchdieInterpretationdes-
senwas‚erlaubt‘istineinerMedia-
tionundwaseheralsdestruktivwahr-
genommenwird.Einentscheidender
PunktisthierbeiderHandlungsraum
derMediatorInnen.IhreRolleinma-
kro-politischenKonfliktenwirdoft
als›facilitator‹odergaralsStrate-
gemitSanktionsmöglichkeitenauf-
gefasst,diesichmittelbarindenkrea-
tivenLösungsraumeinmischenund
eigeneLösungsvorschlägeeinbringen.
DieswiederumgiltalseinTabuinan-
derenAnsätzen,daaussozialpsycho-
logischenErkenntnissendavonausge-
gangenwerdenkann,dassnureigene
vondenKonfliktparteienentwickelte
Lösungsvorschlägebzw.Konsensmo-
dellenachhaltigsindunddieKonflikt-
parteienindieEigenverantwortlich-
keitziehen.DerAnsatz,denProzess
derMediationalseinemultipleKom-
munikationsstrategieanzusehen(Vgl.
Giessmann&Wils,S.190),dieexpli-
zitauffordertmitDruckmitteln(Sank-
tionen,alsoDrohungen,garErpres-
sungen)zuarbeiten,darfzuRecht
kritisiertwerden.DieRealitätzeigtei-
negeringeErfolgsquotefürdieseArt
derKonfliktregulation.
DieWirksamkeitvonMediationwur-
deinEvaluationsstudienuntersucht
5s. Giessmann, H.J. & Wils, Oliver, S. 187.6 Ebd. S. 58.7Luhmann, N.: S. 1.8 Senghaas, D. & Senghaas-Knobloch, E.: S. 249.9Elias, N.: S. 453 - 454.
Berichte zum Thema
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 31
1United Nations, International Migration and Development: »UN statistics show migration as a dynamic and diversifying force in global deve-lopment”, http://www.un.org/migration/ presskit/pressrelease12sept.pdf (28.10.2011).
3Bundesamt für Statistik, Neuchâtel, 2011, http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/01/03.html (28.10.2011).
Interkulturelle Mediation
Interkulturelle Mediation
36 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
ImFolgendengeheichvoneinerkon-
sekutivgedolmetschten4Mediation
aus,indereineDolmetscherIndieTri-
adeMediatorInundzweiodermehr
KonfliktparteiendirektbeiderMe-
diationergänzt.AndereKonstellatio-
nenwärenSimultandolmetschen,
beiderdieDolmetscherInnenge-
trenntvonderTriadeineinerKabi-
nesitzenunddieKonfliktparteienund
MediatorInnendieÜbersetzungüber
Kopfhörerempfangen,oderauchRe-
moteInterpreting,eineFormdesDol-
metschens,beiderdieMediationan
einemStandortstattfindetundeine
DolmetscherInüberVideoverbindung
mitdenParteieninKontaktist.
Grundprinzipien des DolmetschensDerBerufscodexvonprofessionellen
ÜbersetzerInnenundDolmetscherIn-
nenweistvieleÄhnlichkeitenmitdem
vonMediatorInnenauf:Neutralität,
Unparteilichkeit,Vertraulichkeit,Ver-
schwiegenheit,Professionalitätsowie
fachlicheundsprachlicheKompetenz.
AußerdemwerdenÜbersetzerInnen
undDolmetscherInnenzuregelmä-
ßigerWeiterbildungangehalten;vor
demjeweiligenEinsatzsindauchdie
finanziellenModalitätenzuklären.5
SprachmittlerInnenverstehensichals
Sprach-undKulturmediatorInnen,die
nichtnurWörtervoneinerSprachein
dieandereübertragen,sondernauch
einBündelvonKompetenzeneinset-
zen,umdiesignifikante,pragmatische
BedeutungvonÄußerungenzukom-
munizieren.AuchwennderBegriff
»Dolmetschkompetenz«nochetwas
schwammigbleibt,hilftdiepragma-
tischeBegriffsbestimmungderGe-
neraldirektionÜbersetzungderEuro-
päischenKommissionindiesemFall
weiter:»UnterKompetenzverstehen
wirdieGesamtheitderFähig-undFer-
tigkeiten,Kenntnisse,Vorgehens-und
(sozialen)Verhaltensweisen,diefür
dieErledigungeinerbestimmtenAuf-
gabeuntergegebenenUmständener-
forderlichsind.«6
Dolmetschkompetenz in der MediationAlleindieBeherrschungderMutter-
spracheundderFremdsprachereicht
keinesfallsaus,umbeieinerMedia-
tionkompetentdolmetschenzukön-
nen.AuchdieTatsache,dassjemand
eineSprachespricht,bedeutetkeines-
wegs,dassdiePersondieSpracheaus-
reichendbeherrscht,umdifferenziert
undnuancenreichÄußerungenindie
andereSprachezuübertragen.Genau
wiedasaktiveZuhören,dasParaphra-
sierenoderdas»Looping«gelerntund
geübtwerdenmüssen,bevormanes
erfolgreichinderMediationeinsetzen
kann,gehöreneineausgefeilteTechnik,
(Selbst-)ReflexionundErfahrungzum
effektivenDolmetschen.
MindestensdreieinzelneSchrittesind
beimDolmetschenVoraussetzung,da-
miteineäquivalenteAussageinderan-
derenSpracheerfolgt:Erstensmuss
dieDolmetscherInbegreifen,wasdie
KonfliktparteimiteinerÄußerungge-
naugemeinthat.Wieschondiemono-
lingualeKommunikationzeigt,istbei-
nahejedeÄußerungunterschiedlich
zuverstehen.ZweitensmussdieDol-
metscherInuntereinerVielzahlvon
MöglichkeiteneineEntscheidungda-
rübertreffen,wasdieäquivalenteAus-
sageinderzweitenSprachewäre.Wie
erfolgreichdiesesUnternehmenist,
hängtauchvonderbilingualenKom-
petenzderDolmetscherInab;derFä-
higkeitzuzuhörenunddasGesagteins
Gedächtniszuübertragen;dannvon
derjeweiligen(Lebens-)Erfahrung,die
maßgeblichbeeinflusst,wiedasGe-
hörteeingeordnetundbeurteiltwird;
schließlichvonübersetzerischenFä-
hig-undFertigkeiten.Drittensmuss
dieDolmetscherindiepragmatische
BedeutungderÄußerungindiezwei-
teSprachesoübersetzen,dassderZu-
hörergenaudasversteht,waserinder
Ursprungsspracheverstandenhätte.
DieTranslationswissenschaftlerin
SandraHalebehauptet,esseioftleicht,
einesemantischeÄquivalenzzufin-
den,abervielschwieriger,dieprag-
matischeBedeutungzuerfassen.Dies
führtoftdazu,dasssichdieBedeutung
einerAussagedurchDolmetschenun-
beabsichtigtverändert.7Nachempi-
rischenUntersuchungenvonHaleund
weiterenTranslationswissenschaft-
lern8passiertdiesimmerwiederauch
4Beim Konsekutivdolmetschen sitzt die Dolmet-scherIn im Kreis der Gesprächspartner. Die Ver-dolmetschung erfolgt zeitversetzt im Anschluss an die vorgetragenen Aussagen.
5International Federation of Translators: http://www.fit-europe.org/ (28.10.2011).
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 39
DasTrainingfandimRahmendes
Projekts»TraininginInternatio-
nalFamilyMediation«(TIM)
statt.GesamtlaufzeitdesEU-finanzier-
tenProjektesistJuli2010bisJuni2012.
ProjektpartnersinddiebelgischeNichtre-
gierungsorganisationChildFocus,dieKa-
tholischeUniversitätLeuvenunddasnie-
derländischeZentrumfürinternationale
Kindesentführung.DieRollevonMiKK
(MediationbeiinternationalenKind-
schaftskonfliktene.V.)wares,einTrai-
ningskonzeptzuentwickelnundzuer-
proben.DasersteTrainingimHerbst
2011wirdvonderUniversitätLeuven
evaluiert,dieaußerdemineinemersten
SchrittdenStandderFamilienmedia-
tionundderinternationalenFamilien-
mediationindenEU-Staatenermittelt
hat.ImFrühjahr2012wirdeindreiwö-
chiges»TrainingforTrainers«inBrüssel
stattfinden.Hierstrebenwiran,zweiFa-
milienmediationsausbilderInnenausje-
demEU-Mitgliedsstaat(insgesamt54
Jamie Walker
TrainerInnen)zugewinnen,dienachdem
TrainingeigeneNetzwerkevorOrtauf-
bauenundFortbildungenzugrenzüber-
schreitenderKindschaftsmediation
durchführen.ZieldesProjektsistderAuf-
baueineseuropäischenNetzwerksfür
internationaleFamilienmediation,das
zukünftigalsAnlaufstellefürMediations-
fällezwischenallenLänderndienensoll.
Die GruppeBeideTrainingsfindeninenglischerSpra-
cheinBrüsselstatt.DieTeilnehmenden
zahlenkeineKursgebühr,müssenaber
fürReisekostenundUnterkunftselbst
aufkommen.DieersteGruppevon21
TeilnehmerInnenwurdeaus60Bewerbe-
rInnenaus27Ländernausgesucht.Uns
wareswichtig,dassalleMediatorInnen
unterschiedlicherNationalitätwaren.
DawirentsprechendderBreslauerEr-
klärungbeigrenzüberschreitendenMe-
diationsfällenaufCo-Mediationachten,
solltenzusätzlichdieTeilnehmerInnen
verschiedeneBerufsgruppenvertreten,
vorallemdasjuristischeundpsychoso-
zialeBerufsfeldsollteumfassendabge-
decktundbeideGeschlechterausrei-
chendvertretensein.AufdieseWeise
warenMenschenmiteinersehrgroßen
BandbreiteanErfahrungmitMediation
undmitderThematikgrenzüberschrei-
tenderFamilienkonfliktezusammenge-
kommen.DieGruppespiegelteauchdie
unterschiedlichverlaufendeEntwick-
lungindeneinzelnenLändernwieder.
Dort,wosichdieFamilienmediationseit
Jahrenbereitsetablierthat,habenna-
turgemäßdieMediatorInnenvielmehr
ErfahrungalsineinemLand,inderdie
MediationsbewegungnochindenKin-
derschuhensteckt.DasFaszinierende
war,dassdieseMischungfunktionierte:
AllegingenvomerstenTagansehroffen
undwertschätzendaufeinanderzuund
warensehrneugierigaufdiegebotenen
InhalteundGasttrainerInnen.
Interkulturelle Mediation
Europäisches Netzwerk TIM – Training in International Family Mediation NichtweitderEU-Institutionenversammeltensich21TeilnehmerInnenaus21unterschiedlicheneu-
Die Rolle von Sprache, Kommunikation und KulturDiebritischeMediatorin,Trainerinund
AutorinLisaParkinsonarbeitetemit
derGruppezumThema»Languageand
CommunicationinInternationalFamily
Mediation«undgingdabeiaufpoten-
zielleverbaleundnonverbaleQuellen
vonMissverständnissenein.
DurchdiezweiteTrainingswochebeglei-
tetenuns»CarmenundJaak«,einfik-
tiverspanisch-estnischerFall,beidem
dieMutterdasgemeinsameKindvon
TallinnnachMadridentführthatte.Den
EinstiegindiesenFallbotderspanische
MediationsausbilderDanielBustelomit
demThema»Culturalaspectsofcom-
munication,emotionsandmediation«.
SpäterübtendieTeilnehmerInnenbeim
RollenspieldieSpezifikaderMediation
beiKindesentführung.DerAustausch
wurdemitzweiweiterenRollenspielen
vertieft,beidenengedolmetschtwurde.
BeimerstenRollenspielfielendiebeiden
MediandInnenzeitweiseinihreMutter-
sprachenzurück,diejeweilsnurvonei-
nerMediatorInverstandenwurdeund
beimzweitenRollenspielsprach»Car-
men«nurnochSpanischundwurdevon
einemDolmetscherunterstützt,wasdie
DynamikderMediationsehrveränderte.
EinHighlightwarderWorkshopmitMo-
hamedKeshavjeeundRukhsanaAbdulla
zumThema»Thepotentialofmediation
Interkulturelle Mediation
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 41
inchildabductioncaseswithnon-Hague
Muslimcountries«.VordemHintergrund
einigerInformationenzumislamischen
Rechtundanhandeinesbangladeshi-
britischenFallszeigtensieauf,wieman
ineinemkollektivistischenKontextan-
dersandieMediationherangehenmuss,
alswiresüblicherweiseinder»west-
lichen«Mediationmachen.Durchdas
EinbeziehenwichtigerStakeholderim
KonfliktwieÄlteste,Imam,Schwieger-
eltern,Arbeitgeberkönnensoentschei-
dendeFortschritteerzieltwerden.Faszi-
nierendwar,wiespielerischundintuitiv
dieReferentInnen,dieschoninsichsel-
berunterschiedlicheKulturenvereinig-
ten,mitkulturellenUnterschiedenum-
gehenkonnten,sichabersehrwohl
jedenSchrittesbewusstwaren.
EinehohePrioritäthattefürdie
TeilnehmerInnenderErfahrungsaus-
tauschuntereinander.Hiergingesda-
rum,wiedieEinzelnenin»normalen«
Familienmediationsfällenarbeiten,z.B.
inwiefernsielösungsfokussiertoder
ehergefühls-undbedürfnisfokussiert
arbeitenundobnurdieElternoderauch
andereBetroffeneindieMediationein-
bezogenwerden.Einweitereswichtiges
AnliegenwarfürsiedieDiskussionzum
Thema»StimmedesKindesinderMe-
diation«.SoberichteteeineNiederlän-
derindavon,wieBriefe,dieausInter-
viewsvonDrittenmitdembetroffenen
Kindentstandensind,indieKindesent-
führungsmediationeinbezogenwerden.
AnderehattenErfahrungmitdirekter
BeteiligungvonKinderninderMedia-
tionunddieungarischeTeilnehmerin
betonte,dasssiesichalsMediatorinund
alsFürsprecherindesKindesverstehe.
LastbutnotleasttrugendieRäumlich-
keitenunddasRahmenprogrammda-
zubei,eineeinmaligeAtmosphärezu
schaffen.DiebelgischenProjektpart-
nersorgtenfürgutesEssen;indenPau-
senkonkurriertenbelgischeunddeut-
scheSchokolademitverschiedenen
KöstlichkeitenausanderenTeilenEu-
ropas.AmerstenAbendstelltendie
TeilnehmerInnenihreLänderanhand
einesmitgebrachtenObjektsvor;die
Darbietungenreichtenvoneinemest-
nischenLiedmitTanz,überpolnische
Musikbishinzueinemselbstgemalten
BildausMalta.ChildFocusorganisierte
eineStadtbesichtigungundeinenMu-
seumsbesuchundzumAbschlussabend
luddiebelgischeTeilnehmerinzusich
nachHauseein.
FazitNichtnurfürdieTeilnehmerInnen,
sondernauchfürdieTrainerInnener-
wiesensichdiezweiWochenalsein
einmaligesErlebnis.AlsleitendeTraine-
rinhabeichmichsehrgefreut,Ragna
vonGlasenappalsUnterstützungund
wichtigen(lokalen)Anlaufpunktfürdie
GruppeanmeinerSeitezuhaben.
ErsteErgebnissederEvaluationzeigen,
dassdieTeilnehmerInnensowohldie
PraxiserfahrungunddenAustauschun-
tereinanderalsauchdieGelegenheit,
vonerfahrenenExpertInnenzulernen,
sehrschätzten.Positivgewertetwur-
denaußerdemdieZusammenarbeit
zwischenderGruppe,denTrainerInnen,
GasttrainerInnenunddenOrganisato-
rInnen.Besonderswohltuendwardas
FeedbackderbritischenMediatorin
MarianRoberts:
»Just a quick message to thank you
again for all your effort in making the
training program in Brussels so worth
while and so enjoyable. It was a privilege
to be able to participate in this pionee
ring enterprise and in the creation of an
expanding body of knowledge and expe
rience in a vibrant and developing spe
cialist field of family mediation. What
was created was a rare environment of
warmth, trust and serious endeavour.
You and your team must take every cre
dit for that achievement. Wishing you
every success for the next round!«
Literatur
*SybilleKiesewetterundChristophC.Paul:Cross-BorderFamilyMediation.InternationalParentalChildAbduction,CustodyandAccessCases.Berlin2011.Überarbeitete und veränderte Ausgabe des 2009 erschienenen Buches »Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten«.
1Es ist keineswegs selbstverständlich, sich auf eine Dichotomie von »Ja« und »Nein«, »Schwarz« und »Weiß«, »Gut« und »Schlecht«, »Gewinner« und »Verlierer« etc. einzulassen. In Konfliktfällen ist es sogar förderlich, eine von den Konfliktparteien vorgenommene Dicho-tomie zu hinterfragen und den Blick für ande-re Möglichkeiten zu öffnen. Andererseits kön-nen Dichotomien helfen, Gedanken zu ordnen und Argumente herauszuarbeiten. Daher soll hier zum Zwecke der klaren Argumentation ei-ne Dichotonie vorgenommen werden.
MediatorIn: Berufsbild oder Menschenbild?
Qualitätssicherung & Weiterentwicklung
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 47
IV. Gerichtliche und gerichtsinterne MediationImVorfeldhatesbereitsheftigekon-
troverseDiskussionenumdienach
demReferentenentwurfangedachte
Aufrechterhaltungderrichterlichen
Mediationgegeben.Inzwischenistge-
plant,dierichterlicheMediation»ab-
zuschaffen«undstattdessenein»Gü-
terichtermodell«nachbayerischem
Vorbildeinzuführen.Diesbegrüßeich
ausdrücklich.WirhattenlangedieFra-
gediskutiert,obessichbeiderinGe-
richtendurchgeführtenMediationen
überhauptumMediationnachun-
seremVerständnishandelt.Hinzu
kam,dassRichtermiteinemAmtsbo-
nusausgestattetsind,derleichtden
Anscheinerweckenkönnte,dassbei
denGerichtendie»bessereMedia-
tion«durchgeführtwerdenwürde.
DieserAmtsbonuserwecktdieErwar-
tungshaltungderKonfliktparteien,
dassRichterInnendie»gerechteren«
MediatorInnenseien.Hinzukommt,
dassbeieinemVorhandenseinvon
richterlicherMediationRechtsanwäl-
teihreMandantInnennichtansog.au-
ßergerichtlicheMediatorInnenverwei-
sendürften,weilRechtsanwältInnen
aufdiekostengünstigsteMöglichkeit
hinzuweisenhaben.Gerichtsinterne
MediationistimGegensatzzuanderen
Mediationenkostenlos.IndieserKos-
tenfreiheitliegteinWettbewerbsvor-
teil,derdieaußergerichtlicheMedia-
tionanderEntfaltunghindert.
An
zeig
e
1Jutta Hohmann: Mediation goes Europe. In: Spektrum der Mediation 2008, Heft 29, S. 38. 2Christoph Paul: Mediationsgesetz – Anhö-rung im Rechtsausschuss des Deutschen Bun-destages. In: Zeitschrift für Konflikt-Manage-ment 2011, S. 119 - 120. 3 Paul a.a.O.
Ichhoffe,baldzudemneuinKraftge-
tretenenMediationsgesetzStellung
nehmenzukönnen.Esbleibtweiter-
hinspannend.
Die KundInnenbroschüre mit dem oben genannten Titel hat großen Zuspruch gefunden. Innerhalb von einem halben Jahr sind 20 000 Ex. versandt worden. Offensichtlich eignet sich die Broschüre hervorragend zum Verteilen an Kunden oder solchen, die es werden könnten. Deshalb haben wir uns für eine Neuauflage entschieden. Es gab eine redaktio-nelle Überarbeitung. Die Kritikpunkte haben wir weitestgehend aufge-nommen und umgesetzt.
Mit den restlichen finanziellen Ressourcen der Anzeigen und Sponsoren der 1. Ausgabe und den neuen Anzeigenkunden konnten wir die Finanzierung sicherstellen, sodass wir die Broschüre weiterhin kostenlos abgeben können. Bestellungen bitte an: [email protected]
Mediationkannmehr
Mediation & Politik
54 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Mediation & Politik
difiziertenMediationsarteneinensinn-
vollenNamentragen,derdieMindest-
anforderungerfüllt,keinenunnötigen
Hemmschuhzuenthalten.
Das Thema Herkunftsberufe EsgibtMediatorInnenallerHerkunfts-
berufe:Architekten,Psychologen,Theo-
logen,Opernsänger,Anwälte,Zahnärz-
te,Politiker…EinederBerufsgruppen,
diesichindenvergangenenJahrenver-
stärktzuMediatorInnenhabenaus-
bildenlassenundmediativeElemente
inunterschiedlichstarkerAusprägung
inihreVerhandlungenhabeneinfließen
lassen,sindRichterInnen.Einigevonih-
nensindsogut,dasssieinderLage
sind,ihreVerhandlungen(fast)hun-
dertprozentigaufmediativenElemen-
tenaufzubauen,wennundsoweitdies
durchdenKontextgebotenundins-
gesamtstimmigist.Hierhatesunter-
schiedlicheProjektegegeben,über
derenVerfassungsmäßigkeitderzeit–
nichtimmermediativ–gestrittenwird.
Vorteile der Mediations-kompetenzMediationskompetenzhatvieleVor-
teilefüralleSparten.Architekten,
Einzelhändler,Ärzte,Handwerkerund
andereBerufsträgerberichten,dasssie
einevielbessereGesprächsqualitätin
Kunden-undMitarbeitergesprächener-
zielen.RichterdesBezirksSchleswig
beispielsweisehabenfestgestellt:
1. UnsereRichtergehen,seitdemim-
mermehrvonunseineMediations-
ausbildunghaben,aufganzneue
Weisemiteinanderum.Dasbedeu-
tet:DasMiteinanderimGerichtist
vielsympathischergeworden.
Anita von Hertel
»Die Namenserteilung ist kein gleichgültiges Anliegen und sollte nicht vom Zufall abhängen.« (Plato)
25. Mai 2011 ImdeutschenBundes-
tagfindetdieExpertenanhörung
statt.Gehörtwerden:
› Prof.Dr.ReinhardGreger,
Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
› Dr.h.c.WilfriedH.Hausmanns,
Präsidenta.D.desOberlandes-
gerichtsRostock
› AnitavonHertel,Mediatorin,
AkademievonHertel,Hamburg
› MichaelKrämer,VorsitzenderRich-
teramLandgerichtMühlhausen,
› ChristophC.Paul,Rechtsanwalt,
NotarundMediator,Berlin
› MichaelPlassmann,Rechtsanwalt,
Berlin
› OliverSporré,DeutscherRichter-
bund,Berlin
› RainerTögel,D.A.S.–Versicherungs-
Aktiengesellschaft,München
AlleachtExpertenhabenVerbesser-
ungsvorschlägeimGepäck.DasMedia-
tionsgesetz–sowünschenessichalle
–sollimVergleichzumaktuellenEnt-
wurfnochverbessertwerden.Nurvier
ProzentderGesetze,solauteteineSta-
tistik,werdeninderAnhörungnoch
geändert,bevorsievondenBundes-
tagsabgeordnetenverabschiedet
werden.ObdasMediationsgesetzdazu
gehörenwird?Esistdeutlicherkennbar,
dassallendieInhaltedesMediationsge-
setzeseinintensivesAnliegensind.Die
EmotionensindimRaumspürbar.
BesondersbeeindruckendieAbgeordne-
ten.IhreMediationskompetenzistso-
wohlwährendderAnhörungalsauchin
denanschließendenPausengesprächen
inderWortwahlwieindergesamten
Haltungdeutlich.BeimMediations-
gesetzgehtesallen(!)politischenPar-
teivertreterndarum,dieMediationzu
fördern.SoweitherrschtEinigkeit.Nur
beimWegdahinunterscheidensichdie
Vorstellungen–wiesooft.IstIhnen,
sehrgeehrteLeserInnenbeiderLektüre
desaktuellenGesetzentwurfesaufge-
fallen,dassderzeitvorgesehenist,die
klassischeMediationin»außergericht-
licheMediation«umzubenennen?
Kein Hemmschuh in der NamensgebungProfessorWalterBruch,Entwicklerdes
PAL-Farbfernseh-Systems,wurdeein-
malgefragt,warumerseinSystem
»PAL«genannthabe.SeineAntwort:
»WasmeinenSie,waspassiertwäre,
wenniches›Bruch-System‹genannt
hätte?«DieNamensgebungfürdieMe-
diation–ganzgleichwelcheMedia-
tionsartenletztlichkodifiziertwerden,
solltesogewähltwerden,dassalleko-
Mediation & Politik
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 55
2. SiegehenmitdenRechtssuchenden
auchaußerhalbvonMediationsver-
fahrenaufeinemediativeWeiseum,
fragenKlägerundBeklagte,wasih-
nenwichtigist,deeskalierenund
sorgenfüreinevertrauensvollere
Atmosphärealsfrüher.
Dasistgroßartig.Alleindieseposi-
tivenEntwicklungensprechendafür,
immermehrRichtermitMediations-
kompetenzauszustatten.Einedavon
zuunterscheidendeFrageistdieAus-
wirkungdieserrichterlichenAktivi-
tätenaufdieNamensgebungderMe-
diation.Aktuellvorgesehenistder
Name»außergerichtlicheMediation«
alsneuerNamefürdieklassische»Me-
diation«.WiekommtdieserName
zustande?Undwiesinnvollister?
Abbbiegespur: Vom Gericht zur MediationEsgibtKonstellationen,indenenMen-
scheneinGerichtsverfahrenerwägen.
Dannistessehrsinnvoll,dassesvom
WegindasGerichtnocheineAbbie-
gespurindieMediationgibt.Natürlich
mussdieArtundWeise,wiedieseAb-
biegespurgestaltetwird,unsererVerfas-
sungentsprechen.Dasverstehtsichvon
selbst.Inwieweitdiesdurchrichterli-
cheAktivitätengewährleistetwerden
kann,istrechtlichumstrittenundnicht
GegenstanddiesesArtikels.DieseAb-
biegespurbrauchteinenNamen,der
mitdem,wastatsächlichstattfindet,
übereinstimmt–einenNamen,derdie-
senWeghindernisfreibeschreibt.Die-
serNamekanndenBegriff»gerichtlich«
ineinertreffendenWeiseenthalten.
Zwingenderforderlichistesnicht.
Abbiegespur: Vom frühzeitig erkannten Konflikt zur MediationEsgibtKonstellationen,indenenGe-
richtsverfahrenvonvornhereinuner-
wünschtsind:
a. EintraditionellesFamilienunter-
nehmenmitaktuellemKonfliktpo-
tenzialwirddenFamilienfriedenund
diegemeinsamenFamilienfestenicht
aufsSpielsetzenundeinGerichtsver-
fahrengrundsätzlichnurimNotfall
inErwägungziehen.
b. EinMarktmiteinersehrbegrenzten
AnzahlanSpezialisten,klassisches
BeispielAutoindustrie,wirddiekost-
barenundüberlebensnotwendigen
Geschäftsbeziehungentunlichstnicht
gefährdenundebenfallsnichteinmal
anGerichtedenken,geschweigedenn,
dieseinAnspruchnehmen,soweites
sichirgendwievermeidenlässt.
c. InderArztpraxishabenMissverständ-
nissezuUnstimmigkeitengeführt.
DieÄrztewollensicheinekonstruk-
tiveMissverständnisklärungsmaß-
nahmegönnen,diedengutenalten
Teamgeistwiederherstellt.Ange-
richtsähnlicheSituationendenken
sieüberhauptnicht.
InFällenwiediesenwäreeineBezeich-
nung,dieanGerichteerinnernwürde,
sehruntunlich.DenndieAssoziation
»Gericht«,wirdvonvielenMenschen
eheralsunangenehmeDrohung,denn
alskonstruktiveUnterstützungerlebt.In
diesenFällenistesentscheidend,dass
auchhiereinWegindieMediationführt
–unddassdieserWegnichtunnötig
behindertwird.EinName,dereine
ausdrücklicheAbgrenzungzueiner
Gerichtsverhandlungenthaltenwürde,
riefeAssoziationenwach,dieehereine
Hemmschwelle,denneineUnterstüt-
zungderMediationdarstellenwürden.
DeraktuellimGesetzentwurfange-
dachteName»außergerichtliche«Me-
diationsolltedahertunlichstdurch
»Mediation«ersetztwerden.SteveJobs
hatseineFirmanicht»birnenfreiesAp-
ple,windowsfreiesAppleodergerichts-
freiesApple«genannt,sondernApple.
WennderGesetzgeberdieMediation
fördernmöchte,dannisteswichtig,
dasserPlatoimOhrhat:DieNamenser-
teilungistkeingleichgültigesAnliegen
undsolltenichtvomZufallabhängen.
Fazit: Die klassische Mediation sollte Mediation heißenEsentsprichtdemGrundgedanken…
Wenn Sie meine schriftliche/mündliche Stellungnahme zur Anhörung im deut-schen Bundestag haben möchten, in der es humorvolle Vergleiche – vom außer-fahrplanmäßigen Halt bis zum außerir-dischen Wesen gibt – mit persönlichen An-merkungen – sende ich Ihnen diese zu.
Der Gastbeitrag
56 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Ehefrau: »Lass’ uns doch heute Abend über unsere Probleme sprechen.«Ehemann: »Was für eine wunderbare Idee! Ich werde den ganzen Abend dafür reservieren!«
EsistkeinleichtesUnterfangen
überProblemekonstruktivzu
diskutieren.Wennwirunsmit
einemProblemauseinandersetzen,su-
chenwirmeistnachdenUrsachendes
Problems.Grundsätzlichistdemnichts
entgegenzustellen,dennwennwirfest-
stellen,dassKonflikteschwelen,lohnt
essichdiesenaufdenGrundzugehen,
bevorsienochschlimmerwerden.
WirhörenvoneinemProblem,wirana-
lysierenesundsobaldwirdieUrsache
herausgefundenhaben,benutzenwir
dieseInformation,umeszulösen.Ge-
naudasistoftdieungünstigsteVari-
antederProblemlösungimzwischen-
menschlichenBereich.Nehmenwirals
BeispieleineFahrradkette.Siehatdie
Unartimmerwiederherunterzufal-
len.KennenSiedas?Umsiezurepa-
rieren,schauenwirsiegenauanund
analysieren.Wirstellenfest,dassdie
Fahrradkettelockeristundziehensie
Die Anwendung des lösungsfokussierten Ansatzes
Ben Furman
nunfestan.Undwiesollesauchan-
derssein:dasFahrradfunktioniertwie-
dereinwandfrei.DenanalytischenAn-
satzwendetmanmöglichstdannan,
wennesdarumgehtdieUrsachenbe-
stimmterProblemeklarzuerkennen,
umsiedannzubeheben.Sowieindie-
semtechnischenFallderFahrradket-
te.DieserAnsatzistjedochüberhaupt
nichtgeeignet,wennesumdasLösen
voninterpersonalenProblemengeht.
WennSiemitIhrerPartnerInProbleme
habenundsiesichentscheidenüber
dieproblembehaftetePartnerschaftzu
sprechenundsiezuanalysieren,wird
dasinkeinsterWeisegarantieren,dass
sichdieSituationverbessert.Dasliegt
daran,dassunsereErklärungennor-
malerweiseexpliziteoderimpliziteAn-
schuldigungensind.
NehmenwiralsBeispielIhreArbeits-
platzumgebung.Siegestaltetsich
schwierigunddasArbeitenmachtwe-
nigSpaß.ÜberProblemezusprechen,
siezuanalysierenunddenUrsachen
aufdenGrundzugehen,wirdnicht
sehrhilfreichsein,IhreSituationamAr-
beitsplatzzuverbessern.Tatsächlichist
esnichtungewöhnlich,dassdasAnaly-
sierenvoninterpersonalenProblemen
nochmehrProblemeschafft.Wielässt
sichdaserklären?Daraufgibtesei-
neeinfacheAntwort.WennMenschen
interpersonaleProblemediskutieren,
versuchenSieoftdieUrsachedesPro-
blemsherauszufinden.Bemühungen
interpersonaleProblemezuanalysieren
führenfastausschließlichdazu,dass
Erklärungengefundenwerden,dieals
Anschuldigungenerlebtwerden.Auch
dann,wennkeinerursprünglichdiese
Absichthatte.Undwirallewissenwie
MenschenaufAnschuldigungenreagie-
ren:SiegehenmeistindieDefensive.
UmdenVerlaufeinesGesprächszu
veranschaulichen,sehenSienachfol-
genddenAnsatzdeslösungsfokussier-
tenunddesproblemfokussiertenKreis-
laufs,derfürsichselbstspricht:
Negativer Gesprächskreislauf
Problembeschreibung&Definition
Problemeerklären
ErklärungenfürfehlendenFortschritt
Schuldzuweisungen–KränkendeErklärungen
SchlechteStimmungkeineZusammenarbeit
keineLösungen
Verteidigung,Rückzugoder
Angriff
Der Gastbeitrag
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 57
Steckbrief für Thomas Robrecht Mediator seit 1998; Ausbilder BM seit 2003; Schwerpunkt(e) der Mediation: Me-diation in Organisationen zu Themen von Zusammenarbeit, Führung und Manage-ment; im Bundesverband Mediation seit 2002; im Vorstand seit 2005 Schwerpunkt der Vorstandsarbeit:• bis 2011: Leitbildentwicklung und
OE-Prozess• ab 2011: Lobbyarbeit in Wirtschaft und
Arbeitswelt, Förderung der Anspruchs-gruppe der Verständiger, Weiterentwick-lung des Themas »Mediationskompetenz«
Was mir wichtig ist: Unsere Leitsätze kon-sequent verfolgen und mit Leben füllen und dafür diesem Ziel dienliche Strukturen entwickeln. Mediation als ernstzuneh-menden Standard für Konfliktbearbeitung etablieren. Dafür nicht die Lösung von Kon-flikten als vorrangiges Ziel zu betrachten, sondern die Entwicklung von Konfliktkom-petenz der MediandInnen erreichen (Fähig-keit zur Selbstlösung). Was ich für den BM erreichen möchte: Weiterentwicklung der Definitionsmacht des BM zum Thema Mediation sowie För-derung der Verständigung in Konflikten durch die Sicherung der gesellschaftlichen Anschlussfähigkeit des BM und Mediation:• Differenzierte Betrachtung von Ausbil-
dungsqualität und Mediationsqualität• Herstellung des Gegenpols zur juristi-
schen Darstellung von Mediation durch Konzentration auf die Betätigungsfelder im Arbeitsalltag
• Gewinnen von neuen Mitgliedern, die BM-Ausbildungen absolviert haben, aber nicht als MediatorIn tätig sind, sondern ihre Me-diationskompetenz als Zusatzqualifikation in ihrem Arbeitsumfeld einsetzen (ca. ¾ al-ler AusbildungsteilnehmerInnen)
• Steigerung der Attraktivität von Media-tion (gesellschaftliche Anschlussfähigkeit) durch Betonung der Entwicklung von Kon-fliktkompetenz der MediandInnen durch Mediation
Zur Wahl des neuen Vorstands
Steckbrief für Sosan Azad Mediatorin seit 2001; Schwerpunkt(e) der Mediation: Organisationen, Mediation im in-terkulturellen Kontext, Familienmedia tion; im BM seit 2003; im Vorstand seit 2011 Schwerpunkt der Vorstandsarbeit : • Öffentlichkeitsarbeit Was mir wichtig ist:• Mediation als professionelle Konfliktbear-
beitung auf allen gesellschaftlichen Ebe-nen etablieren
• dass Menschen auf der nationalen und internationalen Ebene Konflikte durch das miteinander Verhandeln lösen
• dass eine Kultur des Dialogs entsteht
Was ich für den BM erreichen möchte:• den BM in der Öffentlichkeit sichtbarer
machen• dass der BM weiter wächst auf allen
Ebenen• dass der BM als ein Berufsfachverband
angefragt wird
Steckbrief für Sascha Boettcher LL.M.; Mediator seit 2007/2008; Schwerpunkt(e) der Mediation: In Teams und Gruppen (Organisationen), Planen und Bauen; im Bundesverband Mediation seit 2006; im Vorstand seit 2011
Steckbriefe
Steckbrief für Jutta Hohmann Mediatorin seit 1995; Schwerpunkt(e) der Mediation: Trennung und Scheidung, Wirt-schaft; im Bundesverband Mediation seit 1996; im Vorstand seit 2005
Schwerpunkt der Vorstandsarbeit:• Vertretung des Verbandes nach außen• »Recht und Gesetzgebung« mit den damit
zusammenhängenden Außenkontakten• Kontakte und Verbindungen zu anderen
Verbänden im In- und Ausland.
Was mir wichtig ist: Freiheit bedeutet für mich einen hohen Wert. Wie die Luft zum Atmen brauche ich den Wechsel zwischen den Kulturen und den Orten. Was ich für den BM erreichen möchte: Ich möchte Mediation in der Gesell-schaft verankern helfen. Dies kann ich je-doch nicht als Einzelne tun, sondern hier-zu ist ein starker (Berufs-)Verband nötig. Stärke kommt durch Macht. Ich möchte, dass der BM eine machtvolle Position ein-nimmt und durch Einfluss Gesellschaft gestaltet, das heißt auch durch aktive Arbeit bei der Gesetzgebung.
Schwerpunkt der Vorstandsarbeit : Umsetzung der Strukturreform und Fortfüh-rung der OE, Ansprechpartner für politische und juristische Institutionen und Präsenz auf entsprechenden Veranstaltungen. Ansprech-partner für Ehrenamt, z. B. Schülermediato-rInnen und Schulmediation, Gemeinwesen. Was mir wichtig ist: Mediation in der Gesellschaft noch stärker verankern. Die Vielfalt und Interdisziplina-rität. Die Verbindung von ehrenamtlichen und beruflichen MediatorInnen. Offene und vertrauensvolle Gesprächskultur. Keine Ver-meidung von schwierigen Diskussionen, die eine Entwicklung behindern. Die Interessen der Mitglieder zu vertreten und im Sinne der Allgemeinheit und des gesamten BM Ent-scheidungen zu treffen. (Trennung von Ein-zelinteressen und Verbandsinteressen) Was ich für den BM erreichen möchte: Die Herkunft und Tradition des Verbandes zu berücksichtigen bei gleichzeitiger Verän-derungsbereitschaft und Zukunftsfähigkeit für den Verband. Ein offenes Ohr für jedes Mitglied zu haben. Ziel ist, dass der BM ge-sellschaftlich anerkannt wird. Ein weiterer Wunsch ist, die unterschiedlichen Gruppen und Interessen im BM besser miteinander zu vernetzen und somit Anerkennung und Vertrauen für die jeweilige Sichtweise der anderen zu ermöglichen.
Steckbrief für Walter H. Letzel Mediator seit 2003; Schwerpunkt(e) der Mediation: Wirtschaftsmediation, Unter-nehmensnachfolge, Teammediation, Familie/Partnerschaft, Nachbarn/Mieter; im Bundesverband Mediation seit 2004; im Vorstand seit 2007 Schwerpunkt der Vorstandsarbeit: Aufmerksamkeit auf die Anspruchsgruppe »ausgebildete MediatorInnen«, Verlaufs-qualität in der Mediation, Zusammenar-beit mit anderen Mediationsverbänden, Kontakt zu potenziellen Auftraggebern (z. B. Rechtsschutzversicherungen), Arbeits-gruppe »Qualität im BM«
Was mir wichtig ist: • BM als inklusiver Fachverband zur Ver-
ständigung in Konflikten: darin Berufsver-band der Mediatorinnen und Mediatoren
• Mediation als berufliche (professionelle) Erwerbstätigkeit
• Sicherheit für MediandInnen (Verbraucher), dass BM für »Qualität in der Me diation« steht
• Reflektierter Umgang mit der eigenen Konflikt- und Mediationskompetenz
Was ich für den BM erreichen möchte:• transparente (sichtbare) Differenzierung
(Exklusivität) nach außen bei Wahrung des Wertes der Inklusivität des Verbandes
• nachvollziehbare (berechtigte) Qualitäts-zuschreibung für unsere Mitglieder
• Wachstum des BM in allen vier An-spruchsgruppen durch Steigerung der Attraktivität des BM (besonders für alle Absolventinnen und Absolventen von Mediationsausbildungen)
• Intensivierung der Kooperation mit BAFM und BMWA
Steckbrief für Anusheh Rafi Mediator seit 2007; Schwerpunkt(e) der Mediation: Familienmediation, Gruppen- und Organisationsmediation, interkultu-relle Mediation; im Bundesverband Me-diation seit 2009; im Vorstand seit 2009
Schwerpunkt der Vorstandsarbeit: Finanzen und interne Konfliktklärung Was mir wichtig ist: Mediation wird von der Gesellschaft ver-stärkt wahrgenommen. Ich wünsche mir, dass mit der zunehmenden Bedeutung von Mediation auch die im BM vorhandene Er-fahrung und das vorhandene Fachwissen Bedeutung erlangen. Gleichzeitig wün-sche ich mir, dass trotz der Orientierung nach Außen und der stattfindenden Verän-derungsprozesse alle Mitglieder ein Gefühl der inneren Verbundenheit zueinander und zum BM bewahren mögen.
Was ich für den BM erreichen möchte: Es gibt im BM viele gute Ideen, die leider aus finanziellen Gründen nicht alle um-gesetzt werden können. Ich möchte mög-lichst viel ehrenamtliches Engagement er-halten, auch wenn der Verband es nicht immer finanziell unterstützen kann. Die Finanzierung soll so transparent und nachvollziehbar wie möglich sein. Ferner ist es mir wichtig, über Möglich-keiten nachzudenken, die den Spagat zwi-schen Zeitdruck und Diskussionsbedarf bei größeren Projekten und Veranstaltungen des BM ermöglichen. Dies scheint mir bei den steigenden Mitgliederzahlen eine zen-trale Herausforderung zu sein.
Steckbrief für Doris Wietfeldt Mediatorin seit 2001; Schwerpunkt(e) der Mediation: Organisationen, Mediation im interkulturellen Kontext; im BM seit 2003; im Vorstand seit 2011 Schwerpunkt der Vorstandsarbeit: Besondere Anerkennungen, externes Kon-fliktmanagement, Schnittstelle Qualitäts-entwicklung und Anerkennung Was mir wichtig ist: • Erfahrungen aus der Praxis auswerten
und die Qualität von Mediation weiter-entwickeln und fortlaufend sichern
• Weiterentwicklung der konzeptionellen Ansätze von Mediation
• Dialog von Wissenschaft und Praxis
Was ich für den BM erreichen möchte:• Kommunikations- und Informationsfluss
zwischen allen Gremien, die für Qualität zuständig sind, fördern
• hohe Akzeptanz des BM in der Gesell-schaft und der Wissenschaft
• unsere Qualitätsmaßstäbe weiter fortschreiben
• Kooperation in Qualitätsfragen mit anderen Verbänden
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation60
Wirtschaftsmediation in der Praxis: Konflikt in einem Bauprojekt. DVD-Reihe BusinessMediation DVD 10 Concadora Verlag Stuttgart 2006, Mediator: Dr. Wilfried Kerntke 44,- €
DieAufnahmeentstandbei
der2ndInternationalSummer
SchoolonBusinessMediation
imJuli2006inAdmont(Steiermark/
Österreich)ineinemWorkshop»Zwi-
schenProfessionalisierungundPro-
fession«,istabererstkürzlichvom
Verlagveröffentlichtworden.Ichbe-
ziehemichhiernuraufdieDVDin
deutscherSprache.ZudemPaketge-
hörtnocheineweitereDVDmiteiner
MediationmitBruceEdwardsinEng-
lischzumgleichenThema.
DasBesondereandieserAufzeich-
nungistdieTatsache,dassessichhier-
beiumeineLive-Demonstrationhan-
delt.DerMediator–hierDr.Wilfried
Kerntke–hatdieMediationnichtnach
einemDrehbuchgeführt,auchistdie
EsgehtinderMediation–beauftragt
durchdieRechtsabteilungeinesinter-
nationalenKonzerns–umdieAusein-
andersetzungzwischenzweiFirmen,
diezudiesemMutterkonzerngehören.
BeimBaudes»GrandHotelLuxem-
burg«fungiertdieeinealsBauherr
unddieanderealsGeneralunter-
nehmer.EingenialerFallfürWilfried
Kerntke,derinderMediation–spe-
ziellinderWirtschaftsmediation–
besonderenWertaufdiestrukturel-
lenVerflechtungenunddenZusam-
menhangzwischenMediationund
Organisationsentwicklunglegt.Soist
vonihmsehrkonsequenteinwesent-
licherPartim1.Teildem»Einsam-
meln«dernochandemProjektbetei-
ligten»Mitspieler«(W.Kerntke,Über
denEinbezugvonStakeholderninder
Organisationsmediation,Spektrum
derMediation37/2010S.9ff.),also
derweiterenbeteiligtenFirmenge-
widmet.Folgerichtigtauchthierna-
türlichdieFrageauf,obdenndieAn-
wesendenfüreineLösungssuchedie
»richtigen«Konfliktbeteiligtensind.
AlsKonfliktpartnerInnen–hiersindes
aberdocheherKonfliktparteien–tre-
tendiekaufmännischeLeiterin(Juris-
tin)derBauherren-FirmaundderPro-
jektleiter(ehemalsBauarbeiter)des
Generalunternehmersauf,dievonden
SchauspielerInnensehrauthentisch
dargestelltwerden.Unterschiedlicher
könnenKonfliktparteienkaumsein:Die
einealsJuristinmitausgewähltenFor-
mulierungen,(fast)immeraufemotio-
naleSelbstbeherrschungbedacht,aber
sehrselbstbewusst,fastarrogant,und
derandereeheremotional,wasBausa-
chenangehtsehrprofessionell,aberoft
–auchinderWortwahl–sehrungezü-
Wirtschaftsmediation in der Praxis: Konflikt in einem Bauprojekt SchulungsDVD mit Dr. Wilfried Kerntke
Hans-Jürgen Rojahn
Aufnahmeanschließendnichtdurch
Schnitte»bereinigt«worden.DemMe-
diatorstandenlediglichInformationen
auseinemfiktivenAuftragklärungs-
gesprächzurVerfügung.DieRollen-
spieler–professionelleSchauspie-
ler–habendagegensehrausführliche
Einweisungenzumsachlich-fachlichen
HintergrundundsehrausgiebigeRol-
lenbeschreibungenmitvielen–auch
emotionalen–Detailserhalten.Der
Mediatoristalsowieineiner»echten«
MediationinskalteWassergesprungen
undhatsichlivebewährenmüssen.
Sehrhilf-undlehrreichistdasum-
fangreicheBooklet(52S.,vonUlrike
GammundMarioPeteravon»Kon-
fliktKultur–KulturKonflikt«erstellt)
mitdemBegleittextzurDVD,indem
außerdenInformationenzudemKon-
fliktfallunddenRollenbeschreibungen
vielenützlicheAnregungenzumBeo-
bachtenderMediationenthaltensind.
DieDVDistinvierKapitelgegliedert:
NacheinemEröffnungsstatement(2
Min.)durchdenMediatorfolgenzwei
Demonstrationsteile(55und50Min.).
AbgeschlossenwirddasGanzedurch
einenSchlusskommentardesMedia-
tors(4Min.).
SowohldieBild-alsauchdieTonqua-
litätsindausgezeichnet.DasAmbi-
entekannichmirschönerundder
Mediationeherangemessenvorstel-
len.DieSitzordnungfindeichun-
glücklichgewählt.DerMediatorsitzt
aneinemrechteckigenTischden
MediandInnenfrontalgegenüber,was
möglicherweisegleichzuBeginneine
KonfrontationzwischendemMediator
undeinemMediandenbegünstigt.
Bücher & mehr
61Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Ingrid Holler: Mit dir zu reden ist sinnlos! ... Oder? – Konflikte klären durch Mediation mit Schwerpunkt GFK Paderborn 2010, 229 S. ISBN 13: 978-3-87387-729-0 29,90 €
EsistanderZeit,unsendgül-
tigvonderIllusionzuverab-
schieden,dasssichderStärkere
durchsetzenkannunddennochsinn-
volleProblemlösungenentstehen.
Nichtder,dersichmitMachtüberan-
derekonkurrierenddurchsetzt,wird
dieZukunftgewinnen,sondernder,
derseineStärkenundvorallemseine
Schwächenkennt,derjenige,dersich
somitanderenverbindenkann,dass
dasWirgewinnt,gemeinsameZiele
entwickeltwerdenunddurchKoope-
rationsgewinneProblemlösungenauf-
tauchen,dieeinenMehrwertfüral-
leBeteiligtenbringen.IngridHoller
istmitihremBucheinwichtigerBei-
tragzuunseremAnliegen,effektivund
gewaltminderndinKonflikteneinzu-
greifen,gelungen.
DasBuch»Mitdirzuredenistsinn-
los!...Oder?«bietetunseinengutauf-
ichvermute,oh-
nedieseErfah-
rungenwäredasBuch
garnichtentstanden,
jedochhätteesmir
beimLesengehol-
fen,sieexplizitzu
erkennen.
Weretwasüber
dieStruktur,den
Aufbauunddie
Wirkweisevon
Mediationund
GewaltfreierKom-
munikationler-
nenmöchteunddabei
gleichzeitigaufdietiefen
ErfahrungeneinerAusbil-
derinundpraktizierenden
Mediatorin,dieihren
WerthintergrundklarinderGewalt-
freienKommunikationverankerthat,
zurückgreifenmöchte,demseidieses
Buch,dasauchalsNachschlagewerk
zuverwendenist,wärmstensempfoh-
len.FürMenschen,dieaucheinan-
deresMediumzumLernenschätzen,
liegtdemBucheineDVDbei,aufder
IngridHollereineMediationvomBe-
ginnbiszumEndedurchführtundda-
mitdieeinzelnenPhasenundSchritte
komplementärzumBuchsehran-
schaulichdarstellt.
Mit dir zu reden ist sinnlos! ... Oder? Ingrid Holler
Kurt Südmersen
geräumtenWerkzeugkoffer,ausdem
sichjedeundjedernutzbringendbe-
dienenkann,die/dersichanderwich-
tigenAufgabederWeiterentwicklung
unsererGesellschaftbeteiligenmöch-
te.DerUmfangunddieklareStruk-
turdesBucheszeugenvondemerfah-
rungsgesättigtenWissen,dashiersehr
klarverständlichzuPapiergebracht
wurde.DieAutorinarbeitetseitvielen
JahrenalsAusbilderinBMundistei-
nePionierinderGewaltfreienKommu-
nikationinDeutschland.Somitistsie
gleichermaßeninderTheorieundPra-
xisderMediationwieauchderGFKzu
Hause.DurchdieSuchenachAntwor-
tenaufdieFragenderMenschen,die
sieausgebildethat,unddurchihreei-
genePraxisalsMediatorinaufderBa-
sisderGewaltfreienKommunikation
nachMarshallRosenberg,isteinum-
fassendesGrundlagenwerkentstan-
den,indemeindrucksvolldieWert-
haltungunddieMethodendeutlich
werden,diewirbrauchen,uminKon-
fliktenalsunterstützendedrittePartei
auftretenzukönnen.
AlsichdasBuchzurSeitegelegtha-
beundseinerWirkungundFüllenoch
einwenignachsann,fehltemirdoch
nochetwas:Ichhättemirandereinen
oderanderenStelledenHinweisge-
wünscht,dassdieWerteundZiele,die
wirinderMediationundinderGe-
waltfreienKommunikationerreichen
bzw.verwirklichenwollen,einPro-
zesssind,dernachobenoffenist.Und
dieserProzesshatdasPotenzial,dass
wirinihmscheitern.DieFreundlich-
keitderMediatorInnenihreneigenen
Fehlerngegenüber,dieunterdieHaut
gehendenErfahrungeninderMedia-
tion,dieAkzeptanzdesScheiterns,die
ersteinLernenausunseren»schwie-
rigen«Erfahrungenermöglicht,schei-
nenzwarinvielenKapitelndurchund
Bücher & mehr
Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 63
Joachim Bauer: Schmerzgrenze – Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt, Blessing Verlag 2011, 202 S. ISBN 978/3/89667/437/1, 18,95 €
64 Spektrum der Mediation 44/2011 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Annette Pestalozzi-Bridel: Worte sind Silber – was ist Gold? Heilsame Geschichten entwickeln in Körper, Bild und Sprache, Klett-Cotta, 266 S. ISBN: 978-3608946642, 32,95 €
WennWorteSilbersind,was
istdannGold?DieZüricher
PsychotherapeutinAnnette
Pestalozzi-BridelgibtinihremBucheine
klareAntwort,diesietheoretischfun-
diertundmitzahlreichenPraxisbeispie-
lenuntermauert.EsgehtumdasErzäh-
lenundUmgestaltenvonGeschichten
inderPsychotherapie,d.h.imbegleite-
tenProzessderProblem-undKonflikt-
lösungunddamitderPersönlichkeits-
entwicklung.Wererwartet–wiemir
dasalsbegeisterteGeschichtensamm-
lerinund-erzähleringeschah–,indie-
semBuch»heilsameGeschichten«zu
entdeckenundHinweisezubekommen,
wannundwiemandieseimBeratungs-
prozesseinsetzt,wirdenttäuschtwer-
den.DieEnttäuschungallerdingslöst
sichbeimLesenschnellauf.Tatsächlich
gehtesumdieArbeitmitundandenin
derRegelproblemfokussiertenKonflikt-
geschichtenderKlienten.Undesgeht
umdieressourcenorientierteUmgestal-
tunginheilsameGeschichten,diehel-
fen,dieeigenenErfahrungenausneu-
enPerspektivenzubetrachtenundals
lichenSystemunddemanSprache
gekoppeltenVerstand.
InsbesondereinStresssituationenverfal-
lenwirinnichtseltenmaladaptive,alte
Verhaltensmuster,dieimsubkortikalen
vorsprachlichenGedächtnis(implizites,
emotionalesErfahrungswissendeslim-
bischenSystems)gespeichertsindund
dort(vorbewusst)ausgelöstwerden.
UmdauerhafteVeränderungzubewir-
ken,müssenauchdiekörperlichen,emp-
findungs-undgefühlsmäßigenKernbe-
wusstseinsformenangesprochenund
neukodiertwerden.AndieseEbeneaber
gelangtmanüberdenKörper,sowie
überBilderundSymbolealsMittlerzwi-
schenunbewusstemKörperraumund
sprachbewusstemVerstand.
ImzweitenTeildesBucheskonkretisiert
dieAutorindenmehrdimensionalenund
multiperspektivischenUmgangmitGe-
schichtenmethodischundpraktischan-
handausführlicherFallbeispiele.Dabei
gehtsieinsbesondereaufvisuelleund
körpersprachlicheMethodenundTech-
nikenzurArbeitmitGeschichtenein:Das
Malen,Modellieren,AufstellenundIns-
zenierenvonsymbolischenBildern.Sie
beschreibtausführlich,wiemanbeider
BildinterpretationmitdenKlientenvor-
geht,wieGenogramme,sozialeAtome,
Lebensflussmodelleu.v.m.gestelltwer-
denkönnen,wiemitAchtsamkeits-und
WahrnehmungsübungenderZugang
zumeigenenKörpergedächtnisgeschult,
undwiedieseEbenemittelsKörperskulp-
turenundpsychodramatischenMetho-
denalsRessourcegenutztwerdenkann.
Worte sind Silber – was ist Gold? Annette PestalozziBridel
Themen des Jahres 2012:*Nr.45»Mediation und angrenzende Verfahren«*Nr.46»Mediation und Coaching« inKooperationmitdemDCV.*Nr.47»Mediation in Organisationen und Wirtschaft «*Nr.48»Mediation als Profession«
FürAnzeigenschaltungenfordernSiebitteunsereMediadatenperE-Mailbeierwin.ruhnau@bmev.deanoderalsdownloadüberwww.bmev.de.Ab Januar 2012 gelten neue Anzeigenpreise.
DieindenArtikelnvertretenenAn-sichtensindnichtbindendeAnsichtenderRedaktion.SpektrumderMedia-tionbringtBeiträgeausallenSpiel-artenvonMediation–gerneauchvonAutorInnen,dienichtBM-Mitgliedersind.WirfreuenunsüberArtikel,Be-richte,Meldungen,kurzeNeuigkeiten,ErgänzungenundVorschläge.BitteauchanFotos,Zeichnungen,Grafiken,Anschaulichesdenken!DieAusgabe45/2012behandeltdasThema»Mediation und angrenzende Verfahren«.DafürsuchenwirnochBeiträge.WirbittenumBeachtungderAutorInnenhinweise.Diesekönnenvonderwebsiteheruntergeladenwerden(www.bmev.de).BittenehmenSievordemSchreibenKontaktmitderRedaktionauf([email protected]).
Redaktionsschluss: 15.Februar2012ISSN 18696708
Spektrum der Mediation 44. Ausgabe/4. Quartal 2011
»Der Konflikt weiß alles besser!«WorldWork,QuantenphysikundMediation
Renate Bauer Mehren und Anja Köstler Mit einem Beitrag von Max Schupbach
Max Schupbach arbeitet mit seinem Ansatz des »World Work« in Spannungsgebieten auf der ganzen Welt sowie in Organisationen, Teams und Gruppen. Dieser Ansatz wurde auf der Grundlage der Prozessarbeit Arnold Mindells entwickelt.World Work ermöglicht nicht nur ein ganzheitliches Verständnis von Konflikten, sondern eröffnet Handlungsmöglichkeiten, die in der Mediation bisher nicht verfügbar waren. Der Band führt in die konzeptionellen Grundlagen von World Work ein und beschreibt auf dieser Basis neue Zugänge in der Mediation. Neben Falldarstellungen und Übungsanlei-tungen werden Arbeitsweisen und Konzeptionen von World Work und Media tion in ihren Unterschieden, ihren Gemeinsamkeiten und Ergänzungen dargestellt.
Aus dem Inhalt: *Was ist World Work? *Die Grundannahmen von World Work*World Work in der mediatorischen Praxis *Facilitation und Mediation*Interview mit Max Schupbach
Paperback 192 Seiten, 22,80 €, ISBN 978-3-940112-27-9