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Grenzerfahrungen Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens
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Carlo Lejeune / David Engels (Hgg.) Grenzerfahrungen. Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Band 1. Villen, Dörfer, Burgen (Altertum und Mittelalter), Eupen,

May 17, 2023

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David Engels
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Page 1: Carlo Lejeune / David Engels (Hgg.) Grenzerfahrungen. Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Band 1. Villen, Dörfer, Burgen (Altertum und Mittelalter), Eupen,

GrenzerfahrungenEine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens

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Carlo Lejeune & David Engels (Hg.)

GrenzerfahrungenEine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens

Band 1Villen, Dörfer, Burgen

(Altertum und Mittelalter)

mit Beiträgen vonCynthia Colling, David Colling, Tatjana Cormann, Heike Fock,

Ilona Hans-Collas, David Engels, Monika Gussone, Carlo Lejeune, Serge Nekrassoff, Elmar Neuß, Carla Nicolaye, Virginie Renson,

Nicolas Schroeder, Stephan Seiler, Alexis Wilkin

und Karten von Klaus-Dieter Klauser

Page 4: Carlo Lejeune / David Engels (Hgg.) Grenzerfahrungen. Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Band 1. Villen, Dörfer, Burgen (Altertum und Mittelalter), Eupen,

GEV (Grenz-Echo Verlag), Eupen, 2015 www.gev.be [email protected]

ISBN 978-3-86712-104-0 D/2015/3071/7

Alle Rechte vorbehalten

Nichts aus dieser Ausgabe darf vervielfältigt, in einen Datenbestand übernommen und/oder veröffent-licht werden, sei es elektronisch, mechanisch, durch Fotokopien, Aufnahmen oder auf gleich welche andere Art und Weise ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlags, der Fotografin oder der Illustratorin.

Diese Publikation wird durch die Deutschsprachige Gemeinschaft unterstützt (Umsetzung des Regionalen Entwicklungskonzeptes).

Das Publikationsprojekt wird durch einen wissenschaftlichen Beirat begleitet. Ihm gehören an: Dr. Christoph Brüll (FNRS/Université de Liège), Prof. Dr. David Engels (Université libre de Bruxelles), Prof. Dr. Andreas Fickers (Universität Luxemburg), Els Herrebout (Staatsarchiv Eupen), Dr. Carlo Lejeune (Zentrum für Regionalgeschichte in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens), Prof. Dr. Paul Thomes (RWTH Aachen)

Printed in EU

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Inhaltsverzeichnis

HISTORISCHE SPUREN EINER GRENZ- UND RANDREGION .......................................... 8Grenzerfahrungen. Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens

DER WALD ALS LESEBUCH FÜR RÄUMLICHE VERÄNDERUNGEN ............................... 12Von Naturräumen, die der Mensch sich nach und nach aneignetVon Carlo Lejeune und David Engels

WAS HABEN DIE RÖMER UNS GEBRACHT? .............................................................. 24Der Raum zwischen Maas und Rhein in vorrömischer und römischer ZeitVon David Engels

WAS ARCHÄOLOGEN AUS HÜGELGRÄBERN LESEN KÖNNEN .................................. 50Bestattungssitten der KeltenVon Tatjana Cormann

WAS VERWALTUNGSGRENZEN ÜBER EINE RANDREGION AUSSAGEN ...................... 60Herrschaftsstrukturen des römischen KaiserreichesVon David Colling

AUF DEN SPUREN EINER MEHR ALS TAUSEND JAHRE ALTEN ROUTE .......................... 78Die geheimnisvolle Pflasterstraße im Hohen VennVon Serge Nekrassoff und Virginie Renson

DIE RÖMISCHE VILLA VON MONTENAU .................................................................. 96Das Leben auf dem Lande in einer RandregionVon Stephan Seiler

VON DER KRAFT DES CHRISTENTUMS IN DEN STÄDTEN ......................................... 108Die Christianisierung des Gebietes zwischen Maas und Rhein in spätrömischer ZeitVon Carla Nicolaye

MACHTKÄMPFE, ÜBERGÄNGE UND UMBRÜCHE BIS UM DAS JAHR 1000 .............. 124Randregion zwischen alten und neuen ZentrenVon Monika Gussone

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DAS SCHICKSAL EINES „WILDEN“ RAUMES ............................................................ 148Geschichte mit bruchstückhaftem CharakterVon Alexis Wilkin

WAS DOKUMENTE UND FUNDE ÜBER BURGEN ERZÄHLEN ..................................... 162Mittelalterliche Burgen zwischen Göhl und OurVon Heike Fock und Cynthia Colling

DER LANGE WEG ZUR DEUTSCHEN SCHRIFT- UND KULTURSPRACHE ...................... 180Von Volkssprachen, Schreibsprachen und Sprachwerdung in SprachkontaktzonenVon Elmar Neuß

MACHTENTFALTUNG, FRIEDENSSICHERUNG UND WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG ................................................................ 198Abgerundete Herrschaftsbereiche, Städte und Märkte im SpätmittelalterVon Monika Gussone

WIRKLICHKEIT UND AUSDRUCK VON MACHT UND HERRSCHAFT .......................... 240Einblicke in das 11. bis 15. JahrhundertVon Nicolas Schroeder

GESCHICHTS-, GLAUBENS- UND KUNSTZEUGNISSE ................................................ 256Die mittelalterlichen Wandmalereien im OurtalVon Ilona Hans-Collas

KIRCHLICHE HERRSCHAFT UND MACHTPOLITISCHE AUSSTRAHLUNG ................... 268Hoch- und Spätmittelalter (11. bis 15. Jahrhundert)Von Nicolas Schroeder

GESCHICHTSERZÄHLUNGEN ALS SPIEGEL AKTUELLER SEHNSÜCHTE ..................... 280Die verschwundene Antike und das instrumentalisierte MittelalterVon Carlo Lejeune

DIE AUTOREN ......................................................................................................... 298

NACHWEIS DER BILDQUELLEN ODER BILDRECHTE .................................................. 300

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GRENZERFAHRUNGEN. EINE GESCHICHTE DER DEUTSCHSPRACHIGEN

GEMEINSCHAFT BELGIENS

HISTORISCHE SPUREN EINER GRENZ- UND RANDREGION

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„Alle Geschichte neigt dazu, Weltgeschichte zu sein. Soziologische Theorien der Weltgesellschaft sagen uns, die Welt sei die ‚Umwelt aller Umwelten‘, der letzte mögliche Kontext allen historischen Geschehens und seiner Darstellung. Die Tendenz zur Überschreitung des Örtlichen nimmt im langfristigen Verlauf der historischen Entwicklung zu.“1

Mit dieser These beginnt Jürgen Oster hammel sein einflussreiches Werk „Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts“.

Ein historisch-kritischer Blick auf die heutige Deutschsprachige Ge-meinschaft zeigt, dass sie im Verlauf der Geschichte sehr häufig mit Grenz-verschiebungen politischer wie kultu-reller Art konfrontiert war. Als Grenzregion zwischen dem germani-schen und romanischen Kulturraum weist sie typische Charakteristika ei-nes „Zwischenraumes“ auf, in dem sich sprachliche und kulturelle Stile und Eigenheiten mischen. Dennoch weist selbst diese Randregion, weitge-hend fernab der Zentren, auch heute noch deutliche örtliche bzw. regionale Unterschiede auf, die meist das Resul-tat vergangener religiöser, politischer oder ökonomischer Einflüsse oder Machtbereiche sind. Die Vielschichtig-keit der historischen Straten in ihrer Komplexität und thematischen Band-breite herauszuarbeiten, ist Sinn und Ziel der auf sechs Bände an gelegten Publikationsreihe „Grenz erfahrungen. Eine Geschichte der Deutschsprachi-gen Gemeinschaft Belgiens“. Mit die-sem Sammelwerk wird erstmals eine umfassende Geschichte dieser Grenz- und Randregion vorgelegt, die erst seit 1973 über eine verfassungsrechtlich verankerte Autonomie verfügt.

Ein solches Unternehmen im Kol-lektiv zu realisieren, setzt ein gemein-sam entwickeltes Rahmenwerk von Fragestellungen und Gesichtspunkten

voraus, schuldet seine Lebendigkeit aber auch einer größtmöglichen Viel-falt an Sichtweisen und Perspektiven. Die vorliegenden Bände sind daher weder Synthesen bestehender For-schungsliteratur, noch eine enzyklo-pädische Sammlung des bisherigen historischen Wissens über diese Re-gion. Die Herausforderung besteht vielmehr darin, spezifische historische Kenntnisse über die räumlichen wie zeitlichen Veränderungen der Region einer breiten Leserschaft anschaulich zu vermitteln. Dies erfordert die Kom-bination unterschiedlicher Erzählstra-tegien: Mal geht es den Autoren darum, einen weitgehend abgeschlos-senen Forschungsstand in wenigen Sätzen auf den Punkt zu bringen und durch neue Fragestellungen zu berei-chern, mal darum, wenig oder kaum bearbeitete Themen aufzugreifen oder einzelne Quellen durch Annahme eines originellen Blickwinkels neu zu interpretieren.

Diese mehrstufige und mehrschich-tige Struktur der historischen Arbeits-weise wurde 1959 auf sehr anschauliche Weise von dem französischen Histori-ker Fernand Braudel beschrieben, der sich in seinem Werk für eine „longue durée“-Perspektive in der Geschichts-wissenschaft stark gemacht hat:

„Der Historiker öffnet zunächst die ihm vertrauteste Tür zur Vergangen-heit. Versucht er aber, so weit wie möglich zu schauen, wird er zwangs-läufig an die nächste, dann an die übernächste klopfen. Und jedes Mal

wird sich eine neue oder doch leicht veränderte Szenerie vor ihm auftun. […] Die Geschichte aber vereint sie alle, sie schließt diese Nachbarschaf-ten, diese Grenzgemeinschaften mit ihren Wechselwirkungen ohne Ende zum Ganzen zusammen.“2

In diesem Sinne war es Aufgabe und Herausforderung aller beteiligten Au-toren, in ihren jeweiligen Themenbe-reichen nach dem Verhältnis zwischen allgemeinen Entwicklungen und eher regionalen Besonderheiten zu fragen. Die sich hieraus ergebende multidiszi-plinäre Betrachtungsweise eröffnet dem Leser – so die Hoffnung – einen kleinen Einblick in die komplexen zeit-lichen wie räumlichen Veränderungen und Kontinuitäten, welche die Ge-schichte der Deutschsprachigen Ge-meinschaft auszeichnen.

Die so angestrebte Breite der Dar-stellung wird durch eine dezidiert transnationale Perspektive gefördert: Verbindungen zu anderen Regionen und Ländern werden systematischer, als dies bisher in der Forschung gesche-hen ist, aufgezeigt und reflektiert. Dieser Anspruch wird durch die personelle Zusammenstellung des vor-liegenden Forschungsprojektes unter-strichen. Nicht nur Historiker aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft, sondern auch aus Deutschland, Wallo-nien, Flandern und Luxemburg sind an dem Projekt beteiligt. Diese internatio-nale Besetzung lässt den Charakter der Texte und die Deutung der Ereignisse nicht unberührt: Unausweichlich stel-len sich unterschiedliche Ausgangs-punkte, Erwartungshaltungen und kulturelle Reflexe ein. Diese Vielfalt an Perspektiven und Deutungsmustern sehen wir dezidiert als Stärke und nicht als Schwäche dieses Projektes an.

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Wie kann diese „lange Geschichte“ der Deutschsprachigen Gemeinschaft aber im strukturellen Kontinuum der Zeit situiert werden? Sicherlich nicht, indem man sie nach den klassischen Periodisierungen der Geschichtswis-senschaft in chronologisch definierte Epochen oder Jahrhunderte einreiht. In dieser Hinsicht interessieren daher keine chronologischen Faktenerzäh-lungen, sondern es geht vielmehr um das aufmerksame Studium von Über-gängen und Transformationen, Wandel und Kontinuität. Es gilt, Phasen raum-zeitlicher Verdichtungen – etwa in Kri-senzeiten, Zeiten von Herrschafts- oder Staatenwechseln oder technisch-indus-trieller Beschleunigung – mit jenen langfristigen „forces profondes“ und Strukturen zu konfrontieren, welche die Mentalitäten, wirtschaftlichen Tra-ditionen und topographischen Beson-derheiten einer jeden Region prägen. Jede dieser Phasen hat ihre eigene Zeit-struktur, ihre eigenen Wendepunkte, gewissermaßen ihre eigene Regional-zeit. Deshalb sind die durch die Auftei-lung des Stoffs in sechs Bände gesetzten historischen Zäsuren auch nichts mehr als flüchtige Merkzeichen, die inhalt-lich immer durch den Blick auf die frü-heren Ursachen und die späteren Folgen bewusst überschritten werden. Die Obsession des 19. Jahrhunderts, so der Historiker Karl Schlögel, war der Historismus, also die Zeitdurée, nicht der Raum: „Der Historismus dachte die Veränderung im zeitlichen Nacheinan-der, nicht im Nebeneinander.“3 Gerade um dieses Nebeneinander unterschied-licher zeitlicher Logiken und Wahrneh-mungen geht es den Autoren der „Grenzerfahrungen“: Die zeitliche Komplexität im historischen Sinne er-fahrbar zu machen, ist nur durch eine Kopplung der Zeitdimension an die Raumdimension möglich.

Der Blick auf die Grenzregion der heutigen Deutschsprachigen Gemein-schaft Belgiens hat auch einen pano-ramatischen Effekt. Er macht durch die erzwungene formale Gleichzeitig-keit die grundlegende Ungleichzeitig-keit vieler Phänomene in den Großräumen sichtbar4. In der Tat ist die Geschichte des Raumes zwischen Göhl und Our in Teilen eine Ge-schichte der positiven Rückständig-keit. Die relative Abgelegenheit von den großen politischen oder industri-ellen Zentren zwang die Menschen in der Region zu kreativem Handeln und forderte sie dazu auf, das Verhältnis von Zentrum und Peripherie zu hin-terfragen. Zentren lassen sich im Prinzip auch als die schwächeren Pole denken, das heißt, sie sind zu be-stimmten Zeiten eher Empfänger als Sender von Impulsen. Durch die Span-nung zwischen Zentren und ihrem Umfeld lassen sich gerade an der Peri-pherie immer wieder Phänomene er-höhter Innovation beobachten. Auf die politische Situation des heutigen Euro-pas übertragen, verkörpern gerade Grenzregionen oftmals in intensivier-ter Form das gelebte Europa und liegen demnach im Zentrum dieses Europas und nicht an dessen Peripherie.

Die historische Geographie arbei-tet mit unterschiedlichen Begriffen von Raum, die als Inspiration für die Fragestellungen dieser Darstellung wichtig sind5. So kann Raum erstens als Verteilung von Orten verstanden werden, als Geschichte von Lokali-sierungen. Es muss also danach ge-fragt werden, wie sich Phänomene zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Raum verteilen und welche Regelmä-ßigkeiten sich bei einem Studium ei-ner Serie von solchen Verteilungen erkennen lassen6. Zweitens ist Raum

immer auch Umwelt, das heißt, his-torische Entwicklungen sind immer auch das Resultat von bedingter und bedingender Natur7. Eng damit ver-bunden ist drittens die Idee des Raumes als Landschaft, also als Ge-schichte der Naturanschauung und des wechselnden Bewusstseins für die kulturelle oder ökomische Bedeu-tung der Landschaft8. Viertens lässt sich Raum als Region denken, das heißt als Geschichte räumlich be-grenzter Identitäten. Hier stellt sich die zentrale Frage nach den Faktoren, welche seine Einheit begründen und die es erlauben, von einem integrier-ten Raumzusammenhang zu reden. Globalhistorisch sind Regionen In-teraktionsräume, die sich durch die Dichte von Verkehr und Migration, Kommunikation und Handel konsti-tuieren. Aber auch ein Verständnis von Region als kleinräumiger, subna-tionaler Einheit ist in einer solchen Sicht der Geschichte unterzubrin-gen. Eng verwandt mit dieser Defini-tion von Raum als Region ist schließlich auch die Konzeptualisie-rung des Raumes als Kontaktarena, das heißt als Geschichte von Inter-aktionen. Interaktionsräume sind Sphären, in denen „Zivilisationen“ oder Gesellschaften in wechselseiti-gem Kontakt miteinander stehen und in denen es trotz mancher Span-nungen und Unverträglichkeiten im-mer wieder zu hybriden Neubildungen kommt.

Nicht immer gelingt es, alle Dimensi-onen des Raumes historisch-kritisch zu reflektieren. Sich der zeitlichen wie räumlichen Komplexität historischer Phänomene und Entwicklungen be-wusst zu sein und diese in den Texten entsprechend zu problematisieren, ist den Autoren ein gemeinsames An liegen

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Endnoten

1 Jürgen Osterhammel, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahr-hunderts, München 2009, S. 13.

2 Fernand Braudel, Zum Begriff der Sozialgeschichte (1959), in: Fernand Braudel, Schriften, Bd. 1, Stuttgart 1992, S. 181.

3 Karl Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit. Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik. München 2003, S. 38.

4 Vgl. Osterhammel, Verwandlung, S. 85. 5 Vgl. ebd., S. 154-157.6 Das ist der Ansatz traditioneller

Darstellungen zur historischen Geogra-phie der Neuzeit, siehe Norman J.G. Pounds, An Historical Geography of Europe 1800-1914, Cambridge 1985.

7 Fernández-Armesto Felipe, Civilizations, London 2000. Sein Ansatz baut auf Braudels Auffassung von „Zivili-sationen“ als Räumen auf, vgl. Fernand Braudel, Grammaire des civilisations [1963], Paris 1993, S. 40-43.

8 Vgl. François Walter, Les figures paysagères de la nation. Territoire et paysage en Europe (16e-20e siècle), Paris 2004.

und eine bleibende Heraus forderung für eine kritische Geschichtswissenshaft.

Abschließend bleibt den Herausge-bern die dankbare Aufgabe, sich bei allen Mitarbeitern für die geleistete Hilfe erkenntlich zu zeigen. Unser ers-ter Dank gilt dabei den zahlreichen Autoren, welche teils schon seit 2010 das Angebot zur Mitarbeit angenom-men haben, sich den unterschiedlichs-ten Zeit- und Raumkonzepten bei der Erforschung der Geschichte dieser heutigen Grenzregion zu stellen. Viele der Autoren haben sich in zahlreichen Workshops und Versammlungen auch aktiv an der Ausarbeitung der Leit-

linien der einzelnen Bände beteiligt. Diese erste, weitgehend aus der Deutsch sprachigen Gemeinschaft stammende Autorengruppe wurde durch zahlreiche Kollegen aus Deutschland, Luxemburg, Wallonien und Flandern unterstützt, die das Ge-samtwerk durch einzelne Beiträge be-reichern. Ihnen allen sei unser herzlichster Dank ausgesprochen. Ebenfalls danken möchten wir Klaus-Dieter Klauser, der als Kartograph her-vorragende Arbeit geleistet hat. Wir danken den Layoutern und dem GEV für die Umsetzung und den Vertrieb des Werkes. Wir danken allen Mu-seen, Institutionen, Vereinen und Pri-

vatpersonen, die die Buchreihe durch Bilder und Illustrationen, durch Bild-rechte oder Recherchehilfen unter-stützt haben. Und schließlich gilt auch der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens unser Dank, die das „Zentrum für Regionalge-schichte in der Deutschsprachigen Gemeinschaft V.o.G.“ mit der Arbeit an diesem Projekt beauftragt hat. Dass diese Arbeit in völliger wissenschaftli-cher Unabhängigkeit von ihrem Förde-rer geschehen kann, bedarf ganz besonders einer lobenden Erwähnung.

Die Herausgeber und der wissenschaftliche Beirat des Zentrums für Regionalgeschichte in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens V.o.G.

Dr. Christoph Brüll, FNRS/Universität Lüttich

Prof. Dr. David Engels, Freie Universität Brüssel

Prof. Dr. Andreas Fickers, Universität Luxemburg

Els Herrebout, Staatsarchiv Eupen

Dr. Carlo Lejeune, Zentrum für Regionalgeschichte in

der Deutschsprachigen Gemeinschaft

Dr. Peter Quadflieg