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110
5 Gruppenarbeit im Unternehmen
5.1 Begriffliche Grundlagen
Im Zuge der durch die Hawthorne-Studien ausgelsten
Human-Relations-Bewegung kam es zu einer kritischen
Auseinandersetzung mit den bis da-hin vorherrschenden
tayloristischen Prinzipien der Arbeitsorganisation. Es wurde
deutlich, dass die Arbeitsleistung und das Verhalten von
Mitarbei-tern in nicht unbedeutendem Mae durch soziale Faktoren wie
Gruppen-zugehrigkeit und die Qualitt der Gruppenbeziehungen
beeinflusst wer-den. Weitere magebliche Forschungen (die Studien
des Tavistock-Instituts im englischen Kohlebergbau) fhrten zu der
Erkenntnis, dass eine Umstellung von Gruppen- auf Einzelarbeit zu
einer Verschlechterung der Arbeitsmotivation, zu einer Erhhung von
Fehlzeiten und Fluktuation so-wie zu hufigeren Unfllen fhren knnte.
Diese Erkenntnisse bildeten die Grundlage fr die Entwicklung des
soziotechnischen Systemansatzes [vgl. Abschnitt 2.4], der die
besonderen Beziehungen und Wechselwirkungen sozialer und
technischer Komponenten der Arbeitsorganisation berck-sichtigt und
die Vorteile der Gruppenarbeit als sich selbst regulierende
Or-ganisationsform betont. (vgl. Nerdinger et al. 2008, S. 401)
-
111
5.1.1 Gruppen, Arbeitsgruppen und Teams
Eine Gruppe bilden bereits zwei oder mehr Menschen, die ber
einen gewissen Zeitraum miteinander interagieren und sich auf der
Basis ihrer individuellen Motive gegenseitig beeinflussen, wodurch
eine gewisse In-terdependenz entsteht (vgl. Aronson et al. 2004, S.
320). Winterhoff-Spurk (2002, S. 95) ergnzt, dass einer Gruppe
zwischen drei und zwanzig Per-sonen angehren, die im Laufe der Zeit
gemeinsame Werte, Normen so-wie differenzierte Rollenmuster
entwickeln. Darber hinaus nehmen sich die Mitglieder einer Gruppe
auch als solche im Sinne eines Wir-Gefhls wahr.
Antons (2000, S. 296) meint, dass es viele Definitionen fr das
Phnomen Gruppe gibt; in jedem Fall ist die Gruppe aber mehr als die
Summe der Persnlichkeiten ihrer Mitglieder. Die Gruppe, so Antons
(ebd.) weiter, ist eine soziale Einheit, die eigenen Gesetzen
unterliegt. Es sind vier grund-legende Voraussetzungen notwendig,
damit man von einer Gruppe spre-chen kann:
1) Eine Gruppe hat drei bis 12 Mitglieder; darber zerfallen
Gruppen in Untergruppen; mehr als 12 Mitglieder sind fr ein
Gruppenmitglied nicht mehr berschaubar. Die optimale Gruppengre ist
von der Gruppenaufgabe abhngig.
2) Ohne Gruppenziel kommt es kaum zur Bildung oder lngerem
Bestand einer Gruppe.
3) Gruppenbindung, Engagement und Identifikation entstehen durch
ln-gerfristigen Bestand einer Gruppe.
4) Die Mitglieder der Gruppe sind durch wechselseitige
Beziehungen mit-einander verbunden.
Diese allgemeinen Charakterisierungen des Begriffes Gruppe
reichen fr die Beschreibung von Arbeitsgruppen jedoch nicht aus:
ber die ge-nannten Elemente hinaus ist noch eine gemeinsame Aufgabe
notwendig. Von einer Arbeitsgruppe kann man demnach dann sprechen,
wenn (a) mehrere arbeitende Personen (b) gemeinsam eine Aufgabe
bzw. einen Auftrag erfllen, (c) dabei als Gruppe gemeinsame Ziele
verfolgen, (d) die Zusammenarbeit eine Ordnung aufweist und (e) die
Mitglieder der Gruppe miteinander kommunizieren. (vgl. Hacker,
2006; hier dargestellt nach Ner-dinger et al. 2008, S. 403)
Auch um den Begriff Team zu definieren, wird eine hnliche
Abgrenzung zum Begriff der Gruppe vorgenommen: Gruppen und Teams
sind nicht dasselbe (vgl. Winterhoff-Spurk 2002, S. 102), wiewohl
die zwischen-menschlichen Prozesse, die in ihnen ablaufen,
identisch sind. Der Unter-schied zwischen Gruppen und Teams hat
nach Winterhoff-Spurk (ebd.) etwas mit Arbeit bzw. der von Teams zu
erbringenden Leistung zu tun. Ein Team ist eine kleine Gruppe mit
komplementren Fhigkeiten, die einan-der verantwortlich halten fr
gemeinsame Zwecke (), Ziele und Anstze
-
112
bzw. Vorgehensweisen (Weinert 1998, S. 396 f.; zitiert nach
Winterhoff-Spurk 2002, S. 102).
Whrend Gruppen aus dieser Sicht nicht viel mehr als Ansammlungen
von interagierenden und in gegenseitiger Abhngigkeit stehenden
Individuen sind, die Informationen austauschen und ein Gruppenziel
erreichen, zeichnen sich Teams durch Synergieeffekte aus, wodurch
die Teamleis-tung hher ist als die Summe der Einzelleistungen.
Dieser eindeutige Leis-tungsbezug unterscheidet Teams von Gruppen.
Das Team ist daher als eine Sonderform der Gruppe anzusehen, bei
der der Leistungsgesichts-punkt berwiegt. (vgl. Winterhoff-Spurk
2002, S. 102)
5.2 Formen von Gruppenarbeit
Antoni (1996; hier dargestellt nach Kals 2006, S. 116)
unterscheidet fol-gende Formen von Gruppenarbeit:
Abb. 32: Formen der Gruppenarbeit nach Antoni (1996; hier
dargestellt nach
Kals 2006, S. 116)
Im Folgenden soll nher auf drei sehr wichtige Arten von
Arbeitsgruppen eingegangen werden Qualittszirkel, Projektgruppen
und teilautonome Arbeitsgruppen.
5.2.1 Qualittszirkel
Nachdem das Qualittszirkel-Konzept in seinem Herkunftsland Japan
ent-scheidend zum nachhaltigen Erfolg der japanischen Wirtschaft im
interna-tionalen Vergleich beigetragen hatte, wurde es Anfang der
80er Jahre auch in vielen westlichen Lndern, darunter Deutschland,
bernommen. Das Konzept findet heute in allen Branchen Verwendung,
allerdings lsst sich eine besonders starke Verbreitung in der
Industrie feststellen. Bis Mit-te der 90er Jahre stieg die
Verbreitung von Qualittszirkeln, danach stag-nierte sie bzw. wurde
mancherorts durch Kontinuierliche Verbesserungs-prozesse (KVP)
abgelst. (vgl. Nerdinger et al. 2008, S. 406)
-
113
Der grundlegende Ansatz der Qualittszirkel besteht in der
Annahme, dass sich die Qualitt der Arbeitsergebnisse entscheidend
verbessern kann, wenn die ausfhrenden Mitarbeiter selbst in die
Lsung von Prob-lemen einbezogen werden. Die Arbeitsweise eines
Qualittszirkels folgt dabei schematisch in etwa den folgenden
Schritten: Eine kleine Gruppe von Mitarbeitern (fnf bis zehn
Personen) trifft sich regelmig (etwa alle zwei bis vier Wochen), um
Probleme bzw. Verbesserungsbedarf aus dem unmittelbaren
Arbeitsumfeld der Teilnehmer zu analysieren und Lsungs-vorschlge zu
erarbeiten. Dabei fungiert ein Gruppenmitglied als Modera-tor
(bspw. der Meister oder ein gewhltes Gruppenmitglied; der Moderator
sollte entsprechend geschult werden). Die Auswahl der Themen wird
nor-malerweise durch den Qualittszirkel selbst vorgenommen, und
auch die Umsetzung der Lsungsvorschlge sowie die Erfolgskontrolle
sollten in der Verantwortung des Zirkels liegen. (vgl. Nerdinger et
al. 2008, S. 406)
Abb. 33: Grundstzliche Arbeitsweise eines Qualittszirkels in 6
Schritten (zi-
tiert bzw. dargestellt nach Nerdinger et al. 2008, S. 407; dort
dargestellt nach Strasmann 2006)
Bei der Einfhrung von Qualittszirkeln sind folgende Punkte in
besonde-rer Weise zu beachten (vgl. Nerdinger et al. 2008, S. 406
f.):
1) Auf Leitungs- bzw. Managementebene sowie bei den unmittelbar
am Zirkel Beteiligten ist eine grundstzliche Akzeptanz des
Qualittszirkel-Konzeptes notwendig. Da Qualittszirkel neben den
regulren Organi-sationsstrukturen arbeiten, verpufft ihre Wirkung,
wenn das Manage-ment nicht kontinuierlich (insbesondere am Anfang!)
Interesse und Un-tersttzungsbereitschaft zeigt.
2) Die Einfhrung von Qualittszirkeln kann mitunter heftige
Konflikte auslsen, da eine Delegierung von Gestaltungsspielrumen
bzw. die Einbeziehung von Mitarbeitern der ausfhrenden Ebenen eine
Aufwer-tung derselben bedeutet und aus Sicht des mittleren
Managements nicht selten als Gefhrdung oder Angriff aufgefasst
wird.
3) In Unternehmen mit zentralisierten Entscheidungsstrukturen,
starker Funktionsteilung und hierarchischer Fhrungskultur knnen
Qualitts-zirkel schnell ins Leere laufen. Die Einfhrung solch eines
Konzepts sollte daher in eine umfassende Management-Strategie
eingebunden
-
114
sein und im Rahmen eines Organisationsentwicklungsprozesses
ein-gefhrt werden (Nerdinger et al. 2008, S. 407).
5.2.2 Projektgruppen
Projektgruppen bestehen zumeist aus Angehrigen bzw. Experten
ver-schiedener Fachrichtungen und werden hufig fr eine bestimmte
Zeit mit der Bearbeitung einer oder mehrerer komplexer Aufgaben
betraut. Whrend man in Qualittszirkeln mehr an selbstgewhlten
Themen und Zielstellungen arbeitet, werden die Ziele von
Projektgruppen durch die Un-ternehmens- bzw. Bereichsleitung
vorgegeben. Hingegen ist der Hand-lungsspielraum von Projektgruppen
grer als der von Qualittszirkeln:
Mitglieder von Projektgruppen sind weniger Personen der unteren
Hierarchieebenen, sondern in erster Linie Mitglieder der mittleren
Fhrungsebene. Projektgruppen knnen im Vergleich zu Qualittszirkeln
einen greren Kontroll- und Handlungsspielraum ha-ben, etwa wenn
verbindliche Vorschlge durch das Projektteam erarbeitet werden
sollen. Das hngt natrlich wiederum von der Art des Arbeitsauftrags
ab, der in der Regel eher einmalig, klar von anderen Vorhaben
abgrenzbar, meist komplex und neuartig sowie mehr oder weniger
dringlich ist. (Nerdinger et al. 2008, S. 408)
Die Arbeitsauftrge, zu deren Bearbeitung Projektgruppen gebildet
wer-den, lassen sich wegen ihres zumeist einmaligen bzw.
innovativen Cha-rakters nicht in die etablierten Ablufe einer
Organisation einfgen, wes-halb geeignete Mitarbeiter fr einen
gewissen Zeitraum ganz oder teilwei-se von ihren sonstigen Aufgaben
entbunden werden, um sich der Projekt-aufgabe zu widmen. Die
Erwartungen an die Projektgruppe drcken sich nicht nur in der
Formulierung des Projektziels aus, sondern auch in der Bemessung
von zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen. (vgl.
Nerdinger et al. 2008, S. 408)
Die Qualitt der Zusammenarbeit und der Erfolg der Teamarbeit
werden mageblich durch die Zusammensetzung der Teams, den
Fhrungsstil und die Kommunikationsdichte (Hufigkeit des
aufgabenbezogenen In-formationsaustauschs) beeinflusst. Um die
Arbeitsprozesse in Teams ef-fektiv zu gestalten ist es darber
hinaus hilfreich, wenn sich die Teammit-glieder dem Projektziel
verpflichtet fhlen, ein hnliches Fhigkeitsniveau und ein gewisses
Ma an sozialer Kompetenz mitbringen. (vgl. Nerdinger et al. 2008,
S. 408)
5.2.3 Teilautonome Arbeitsgruppen
In den 70er Jahren waren verschiedene Pilotprojekte und
-programme (wie etwa das Programm Humanisierung der Arbeit, vgl.
Abschnitt 2.5) mit dem Ziel einer menschengerechteren
Arbeitsgestaltung und mehr Selbst-bestimmung am Arbeitsplatz
gestartet worden. Teil dieser Programme war auch die Erprobung so
genannter teilautonomer Arbeitsgruppen. Bis auf wenige Ausnahmen
waren die Bemhungen des HdA-Programms trotz immensen Aufwands nicht
von nachhaltiger Wirkung. Als in den 90er Jah-ren jedoch der Druck
auf die Unternehmen bezglich der Erhhung von
-
115
Qualitt, Produktivitt und Flexibilitt stieg, rckte das Konzept
der teilau-tonomen Arbeitsgruppen wieder ins Zentrum des
Interesses, weil diese Organisationsform den Vernderungen, die mit
dem Einsatz neuer Tech-nologien und einer verstrkten
Kundenorientierung einhergehen, sehr ent-gegenkommt. Im Laufe der
90er Jahre fand das Konzept der teilautono-men Arbeitsgruppen
starke Verbreitung in der Industrie. (vgl. Nerdinger et al. 2008,
S. 409 f.)
Im Gegensatz zu Qualittszirkeln und Projektgruppen sind
teilautonome oder sich selbst regulierende Arbeitsgruppen als
Bestandteil der regulren Arbeitsorganisation verankert. Eine kleine
Gruppe von Mitarbeitern, die konstant zusammenarbeitet, ist mehr
oder we-niger verantwortlich fr die Erstellung eines kompletten
(Teil-)Produktes oder einer Dienstleistung. Durch die Integration
von indirekten Ttigkeiten, wie z. B. die Qualitts-kontrolle, kleine
Wartungs- oder Reparaturarbeiten, Materialdisposition oder
Transportar-beiten, handelt es sich fr die Mitarbeiter nicht nur um
eine quantitative Arbeitserweite-rung ('job enlargement'), sondern
auch um eine qualitative Arbeitsbereicherung ('job en-richment').
Innerhalb der Gruppe findet ein regelmiger Wechsel zwischen den
ver-schiedenen Arbeitspltzen statt ('job rotation'). Dieser
flexible Einsatz der Mitarbeiter setzt eine entsprechende
Qualifizierung sowohl fr direkte als auch indirekte Ttigkeiten
voraus. (Nerdinger et al. 2008, S. 410 f.)
Entscheidend fr den Einsatz teilautonomer Arbeitsgruppen ist,
den Hand-lungs- bzw. Ttigkeitsspielraum (vgl. Abschnitt 3.5.1) der
Gruppenmitglie-der tatschlich zu vergrern. Das bedeutet, dass die
Planung, Steuerung und Ergebniskontrolle der Arbeitsaufgaben
(zumindest teilweise!) durch die Gruppe selbst durchgefhrt wird.
Bei der Durchfhrung der Arbeitsauf-gaben bedarf es also einiger
tatschlicher Freiheitsgrade. Aus dem sozio-technischen Systemansatz
(vgl. Abschnitt 2.4), mit dem das Konzept der teilautonomen
Arbeitsgruppen eng verknpft ist, ergeben sich darber hinaus einige
Hinweise zur Gestaltung teilautonomer Arbeitsgruppen: (1) Aufgrund
von mglichen Schwankungen des Systems sollten sich die ein-zelnen
Gruppen weitgehend selbst regulieren und voneinander relativ
un-abhngig sein. (2) Fr eine tatschliche Erweiterung des
Handlungsspiel-raums sollten die in einer Gruppe zusammengefassten
Aufgaben auch in-haltlich zusammenhngen. (3) Die Gruppen sollten
darber hinaus pro-duktorientiert gebildet werden.
5.3 Die Psychologie der Gruppe
Das Handeln von Personen in Unternehmen bzw. im Gesamtkontext
der Wirtschaft wird nicht unerheblich von Prozessen in und zwischen
Gruppen beeinflusst. Die folgenden Abschnitte betrachten
Gruppenprozesse (teil-weise in Anlehnung an die Darstellungen von
Kerschreiter et al. 2005, S. 131 ff. sowie die einschlgigen
Abschnitte in Nerdinger et al. 2008, S. 104 ff.) aus vier
Perspektiven: (1) Beschreibung von Wesensmerkmalen von Gruppen, (2)
Darstellung wichtiger Prozesse innerhalb von Gruppen, (3)
Erluterung zweier Modelle der zeitlichen Entwicklung von Gruppen
und Teams sowie (4) Beschreibung von Prozessen zwischen
Gruppen.
-
116
5.3.1 Wesensmerkmale von Gruppen
ber die oben bereits genannten definitorischen Merkmale von
Gruppen (Gruppengre, Gruppenziel, Dauer und wechselseitige
Beziehungen) hinaus gibt es eine Reihe von Wesensmerkmalen, die
allen Gruppen ge-meinsam sind. Diese Wesensmerkmale ergeben sich
aus der sozialen In-teraktion der Gruppenmitglieder ber einen
lngeren Zeitraum. Drei dieser Wesensmerkmale sollen im Folgenden
nher beschrieben werden Ko-hsion, Normen und
Rollendifferenzierung.
Kohsion: Die Definition des Begriffes Kohsion geht auf den
Sozial-psychologen Festinger (1950; hier dargestellt nach
Kerschreiter et al. 2005, S. 131) zurck. Kohsion kann als die Summe
aller Krfte, die zu einer Bindung an eine Gruppe fhren
(Kerschreiter et al. 2005, S. 131) definiert werden und besteht aus
drei Komponenten: (1) Attraktivitt der Gruppe fr ihre Mitglieder,
(2) Sympathie zwischen den Mitgliedern einer Gruppe und (3)
Attraktivitt der Gruppenaufgabe fr die Mitglieder einer Gruppe.
Alle drei Komponenten stehen in einem positiven Zusammen-hang zur
Gruppenleistung.
Normen: Gruppen entwickeln Spielregeln fr das Gruppengeschehen.
Diese Normen knnen sowohl implizit (unausgesprochen) als auch
explizit (ausgesprochen) ausgehandelt werden. Auf welche der beiden
Arten und Weisen die Spielregeln auch entstehen je ausgeprgter die
Kohsion ist, desto strker wird auch die Orientierung der
Gruppenmitglieder an den Gruppennormen. Werden die Normen befolgt,
reagieren andere Grup-penmitglieder positiv, whrend sie bei
Regelversten Gruppendruck er-zeugen und ggf. mit Sanktionen drohen.
(vgl. Kerschreiter et al. 2005, S. 131 f.)
Rollendifferenzierung: Der Begriff Rollendifferenzierung
bezeichnet den Prozess der bernahme von bestimmten Funktionen und
Aufgaben in einer Gruppe durch einzelne Personen. Es werden formale
Rollen (bspw. Abteilungsleiterin oder Mitarbeiter) von informellen
unterschieden. Die-ser Unterschied besteht vor allem darin, dass
formale Rollen Ausdruck der formalen Struktur der Gruppe sind
(Kerschreiter et al. 2005, S. 132) und informelle Rollen eher durch
Interesse oder aufgrund von besonderen Fhigkeiten (bspw. die Rolle
des Moderators im Rahmen von Arbeitstref-fen) bernommen werden.
(vgl. Kerschreiter et al. 2005, S. 132)
Das formale Rollensystem muss nicht mit dem informellen
Rollensystem bereinstimmen. Bei der Analyse von Gruppensituationen
kann die Be-trachtung beider Rollensysteme bzw. etwaiger
Widersprche zwischen ih-nen hilfreiche Informationen liefern. Zwei
der wichtigsten Grundstze des Human-Relation-Ansatzes besagen, dass
sich (1) die Identitt eines Mit-arbeiters in Bezug auf das
Unternehmen bzw. seine Integration in die Or-ganisation
hauptschlich aus den Beziehungen zu anderen Menschen speisen und
dass (2) die informelle Organisationsstruktur mchtiger ist als die
formalen Kontrollinstrumente der Organisation. (vgl.
Winterhoff-Spurk, 2002, S. 95)
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117
Soziale Systeme neigen dazu, sich durch Aufgaben- und
Machtteilung zu strukturieren: Es entstehen Stellen, und zwar
zunchst unabhngig von den Menschen, die mglicher-weise diese
Stellen besetzen werden. Der Stelle ist normalerweise ein Platz in
einer hie-rarchischen Rangfolge zugewiesen. Wir sprechen dann von
einer Position, die mit be-stimmten Kompetenzen verbunden ist. Jede
Position ist mit einem bestimmten Status (Ansehen, Prestige als
Ausdruck der Wertschtzung der brigen Systemmitglieder)
ver-bunden.
An das Verhalten des Positionsinhabers werden nun von 'den
Andern' des sozialen Sys-tems (Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen,
Kunden als Rollensender) ganz bestimmte Er-wartungen geknpft (...).
Dieses Set oder diese Kombination von Erwartungen bezeich-nen wir
als Rolle. (Steiger, 2008, S. 47)
Abb. 34: Der Rollenbegriff (vgl. Steiger 2008, S. 47)
Wenn eine Person eine bestimmte Rolle in einer Gruppe bernommen
hat, so kann sie mit dieser Rolle auf zweierlei Art und Weise in
Konflikt kommen: Wenn mit einer Rolle widersprchliche oder nicht
vereinbare Erwartungen verbunden sind, so spricht man von einem
Intra-Rollen-konflikt. Ein Inter-Rollenkonflikt liegt hingegen vor,
wenn eine Person ver-schiedene Rollen innehat und sie diese nicht
in Einklang bringen kann. (vgl. Kerschreiter et al. 2005, S.
132)
-
118
Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden umfangreiche Forschungen
zur Rollendifferenzierung angestellt. Im Folgenden sollen zwei der
dabei ge-fundenen Rollenbeschreibungen wiedergegeben werden.
Teamrollen nach Belbin (1993)
Rollenmuster Beschreibung der Merkmale der Rolle
Koordinator als Fhrungskraft mitarbeiterorientiert, hat die
Teamziele im Au-ge, kann dominant auftreten, wird im Team
akzeptiert, nicht der beste Ideengeber
Macher
als Fhrungskraft aufgabenorientiert, hohe Leistungsmotivation
und Zielorientierung, motiviert andere, kann herausfordern und
provozieren, kann Hindernisse berwinden, kmpft, wird im Ex-tremfall
aggressiv, mehrere Macher in einem Team sorgen fr Konflikte
Erfinder
zumeist hohe Intelligenz verbunden mit Kreativitt und
originel-len Ideen, findet unkonventionelle Strategien zur Lsung
von Problemen, lsst manchmal Praktisches zu sehr auer Acht, keine
Fhrungsperson
Wegbereiter
groe Strke im Schaffen von Verbindungen und Netzwerken, sucht
und findet Handlungsmglichkeiten, verfolgt Ideen enthu-siastisch,
hat aber selbst kaum Ideen, verliert zuweilen schnell das
Interesse, umgngliche und untersttzende Art
Teamarbeiter kann zuhren und gut mit schwierigen Menschen
umgehen, dip-lomatisch, sorgt fr den Teamgeist, ist selbst hufig
unentschie-den und nimmt zuweilen zuviel Rcksicht
Beobachter
denkt analytisch, urteilt auf der Basis genauer berlegungen, wgt
Argumente genau ab, bei wichtigen Entscheidungen be-sonders
wichtig, wirkt allerdings wenig inspirierend, aus der Sicht anderer
zuweilen berkritisch und manchmal auch lang-weilig
Umsetzer vor allem praktisch veranlagt, nimmt Ideen und setzt
sie um, ho-her Grad an Zuverlssigkeit und Disziplin, allerdings
insgesamt wenig flexibel, braucht fr neue Ideen Zeit
Perfektionist
hervorragende Strken: Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit,
Beharr-lichkeit, kann sehr detailorientiert denken und arbeiten,
bringt Dinge zu Ende, manchmal sehr zgerlich und nicht gut im
Dele-gieren
Spezialist
verfgt meist ber hohes Spezialwissen, arbeitet engagiert, ist
aber eher ein introvertierter Einzelgnger, hat nur ein begrenz-tes
Interesse an anderen Menschen und Dingen, die nicht sein
Spezialgebiet angehen
Tab. 16: Teamrollen nach Belbin (1993; vgl. van Dick & West
2005, S. 27 f.)
-
119
Fhrungsrollen in Teams nach Margerison & McCann (1985)
Abb. 35: Fhrungsrollen in Teams nach Margerison & McCann
(1985; hier dar-
gestellt nach Steiger 2008, S. 59; dort dargestellt nach Staehle
1991, S. 376; bersetzung durch T. Steiger)
5.3.2 Gruppeninterne Prozesse
Kerschreiter et al. (2005, S. 132 f.) beschreiben vier
grundlegende Pro-zesse, die die gruppeninterne
Informationsverarbeitung und damit das Gruppenverhalten
beeinflussen. Die folgende Tabelle beschreibt diese vier Prozesse
und ihre Wirkungen jeweils kurz:
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120
Prozess Beschreibung und Wirkung
Sozialer Ein-fluss, Grup-pendruck
Menschen ben in Gruppen sozialen Einfluss aus.
Gruppenmit-glieder knnen der Sichtweise anderer (a) aufgrund der
Einsicht in das ggf. bessere Argument zustimmen oder aufgrund (b)
des sozialen Drucks bzw. der Macht der Mehrheit. Gruppeninterne
Mehrheiten ben oft Druck (informeller Gruppendruck) auf
Mei-nungsabweichler oder gruppeninterne Minderheiten aus.
Gruppen-denken
Normative Einflussnahme in Gruppen kann soweit gehen, dass eine
rationale Diskussion trotz dem Gruppenkonsens widerspre-chender
Informationen unmglich wird. Das Streben nach Einm-tigkeit ist dann
so gro, dass die der Gruppenmeinung widerspre-chenden Evidenzen
systematisch verzerrt oder ausgeblendet werden. Die Gefahr des
Gruppendenkens besteht insbesondere in meinungshomogenen Gruppen
mit hoher Kohsion unter Zeit-druck und Informationsberlastung sowie
beim Fehlen bewhrter Entscheidungsmechanismen. Ein bekanntes
Beispiel fr die Wir-kungen des Gruppendenkens ist die Entscheidung
zur Kuba-Invasion im April 1961, die klglich gescheitert ist
(Schweine-bucht).
Gruppen-polarisierung
Mit Gruppenpolarisierung wird ein weiterer Prozess des
Einflus-ses von Gruppen beschrieben. Im Zuge von Diskussionen in
Gruppen findet eine systematische Verzerrung der Einzelmeinun-gen
hin zu einer Gruppenmeinung statt, und zwar wie folgt: Das
Gruppenurteil und der Durchschnitt der Einzelurteile der
Grup-penmitglieder fallen nach einer Diskussion extremer aus, und
zwar in der Richtung, in die der Durchschnitt der
Diskussionsteil-nehmer vor der Diskussion tendierte. Wenn also die
Mitglieder eines Gremiums zur Beurteilung der Erfolgsaussichten
einer In-vesitition vor der Beratung einzeln der Ansicht waren, die
betref-fende Investition verspreche leichte Gewinnaussichten, dann
wird das Gremium nach der Beratung hhere Gewinne in Aussicht
stellen als die Mitglieder des Gremiums vorher im Schnitt ge-schtzt
haben.
Informations-austausch in Gruppen
Gemeint ist hier die Tendenz von Gruppen, in der
Gruppenkom-munikation vor allem solche Informationen zu verwenden,
die vorher bereits vielen bzw. allen Gruppenmitgliedern bekannt
wa-ren. Durch diese Tendenz zu geteilten Informationen kommt es zu
einer gewissen Ausblendung anderer, unbekannterer Informa-tionen.
Darber hinaus werden vor allem solche Informationen in Gesprche
einbezogen, die die bevorzugten Entscheidungsrich-tungen der
Gruppenmitglieder untersttzen. Diese beiden Ten-denzen bergen die
Gefahr, dass Gruppen gerade in Situationen, in denen sie potentiell
bessere Entscheidungen treffen knnten als Einzelpersonen, mit ihren
Gruppenentscheidungen scheitern.
Tab. 17: Prozesse des gruppeninternen sozialen Einflusses (vgl.
Kerschreiter et
al. 2005, S. 132 f.)
-
121
5.3.3 Modelle der zeitlichen Entwicklung von Gruppen und
Teams
Es gibt zahlreiche Modelle, die versuchen, die
Entwicklungsprozesse von Gruppen und Teams in Phasen aufzuteilen.
Im Folgenden werden zwei dieser Modelle nher vorgestellt.
5.3.3.1 Das Phasenmodell der Teamentwicklung nach Tuckman &
Jensen (1977)
Phase Beschreibung
Phase 1 Forming
Das Team tritt zusammen/entsteht. Die Mitglieder sind vor allem
unsicher. Verhaltensweisen werden auspro-biert. Die Teammitglieder
kennen sich noch nicht. Sie verhalten sich dementsprechend
vorsichtig und zurckhaltend. Das Ausma an gegenseitiger Beobachtung
ist sehr hoch. Es geht darum, einen eigenen Platz im Team zu
finden. Die Teammitglieder orientieren sich noch sehr stark am
Grup-penleiter. Aufgaben sind hier vor allem die Klrung von
Erwartungen und die Vereinbarung erster Regeln.
Phase 2 Storming
Unklarheiten bei Rollen und Aufgaben fhren zu Kon-flikten. Das
Team ist hier kaum produktiv. Die anfngliche Zurckhaltung wird
aufgegeben und Un-terschiede werden deutlicher. Es geht nun offen
oder un-terschwellig um Status, Rollen, Aufgabenverteilung, Wer-te
und Normen. Insbesondere um Fhrungsrollen wird ge-kmpft und es
entstehen (temporre) Bndnisse. Die Gruppe ist kaum
entscheidungsfhig und wenig produktiv. Aufgaben sind vor allem die
Entwicklung einer konstrukti-ven Streitkultur sowie die Verhandlung
bzw. Entwicklung geeigneter Teamstrukturen und Teamrollen.
Phase 3 Norming
Die Teammitglieder finden ihre Rollen; das Team legt Regeln fest
und wchst zusammen. Vorausgesetzt, das Team hat die Konflikte der
vorange-gangenen Phase gelst, knnen sich nun Regeln fr die
Zusammenarbeit etablieren und gemeinsame Ziele entwi-ckeln. Die
gegenseitige Akzeptanz und die Identifikation mit dem Team wachsen.
Arbeitsablufe werden erprobt, und es entstehen erste Routinen.
Aufgabe ist hier, das Team unverwechselbar zu machen.
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122
Phase 4 Performing
Das Team arbeitet stabil mit verteilten Rollen und Auf-gaben.
Die Produktivitt ist hier am hchsten. Das Team ist ein Ganzes. Die
Mitglieder haben ein Wir-Gefhl im konstruktiven Sinne und knnen
sich gegensei-tig Anerkennung zollen sowie Kritik ben. Es besteht
un-abhngig von der Leitung ein gemeinsames Aufgaben-verstndnis und
eine gemeinsam verstandene Verantwor-tung fr die Erreichung der
Ziele. Das Team zeigt hier eine hohe Leistungsfhigkeit.
Individualitt und Teamidentitt stellen keinen Gegensatz dar.
Entwicklungsaufgabe ist hier, dass eine gewisse Offenheit gegenber
der Auen-welt erhalten bleibt.
Phase 5 Adjorning Auflsung des Teams (nur bei vorbergehenden
Teams) Tab. 18: Phasenmodell der Teamentwicklung nach Tuckman und
Jensen (1977;
hier dargestellt nach van Dick & West, 2005, S. 22 f.; siehe
auch Ner-dinger et al. 2008, S. 105)
5.3.3.2 Das Modell der Entwicklung temporrer Teams nach Ger-sick
(1988)
Gersick (1988; hier dargestellt nach van Dick & West 2005,
S. 25) nimmt fr ihr Modell der Entwicklung temporrer Teams nur zwei
hauptschliche Phasen an. Temporre Teams beginnen demnach gleich
nach ihrem ers-ten Arbeitstreffen mit der Bearbeitung der
anstehenden Aufgaben, vorerst jedoch auf einem vergleichsweise
niedrigen Leistungsniveau. Nach etwa der Hlfte der Zeit zwischen
dem ersten Treffen und der Deadline des Projektes, fr das ein
bestimmtes Team zusammengesetzt wurde, kommt es zu einem Aufwachen
des Teams (Tansition). Die Teammitglieder werden sich der Deadline
bewusst und arbeiten fortan auf einem deutlich hheren
Leistungsniveau. Das Leistungsniveau ist kurz vor dem Projek-tende
noch einmal steigerungsfhig. Gersick hat das Modell auf der Basis
von Gesprchsprotokollen entwickelt. Es gilt fr die vergleichsweise
hufi-ge Form temporrer Teams, wie sie bspw. im Marketing-Bereich
zur Ent-wicklung neuer Produkte oder im Wahlkampf zur Realisierung
einer Kam-pagne vorkommen. (vgl. van Dick & West 2005, S.
25)
-
123
Abb. 36: Das Modell der Entwicklung von temporren Teams nach
Gersick
(1988; vgl. van Dick & West 2005, S. 25)
5.3.4 Prozesse zwischen Gruppen
Das Minimalgruppen-Paradigma nach Sherif
Das Minimalgruppen-Paradigma postuliert, dass bereits die
Kategorisie-rung von Menschen in zwei soziale Gruppen ausreicht, um
bei den Mit-gliedern der einen Gruppe diskriminierendes Verhalten
gegenber den Mitgliedern der anderen Gruppe hervorzurufen. In
Experimenten hat man nachgewiesen, dass die Unterteilung in Gruppen
nach beliebigen Kriterien und vllig zufllig erfolgen kann allein
der Umstand der Kategorisierung ist ausreichend (daher der Begriff
des Minimalgruppen-Paradigmas). Ein tatschlicher Konflikt ist zur
Entstehung diskriminierenden Verhaltens nicht zwingend notwendig,
wirkt aber, wenn es ihn gibt, ggf. noch verstrkend auf die
Kategorisierung bzw. das diskriminierende Verhalten. (vgl.
Ker-schreiter et al. 2005, S. 133)
Ging man frher noch davon aus, dass die Beziehung zwischen zwei
Gruppen (z. B. Konflikt) die Verhltnisse zwischen den Gruppen
reguliert. Besteht beispielsweise zwischen zwei Gruppen ein
Interessenkonflikt, so resultiert daraus Abwertung und
Benachteiligung der Fremdgruppe sowie Aufwertung und Bevorzugung
der Eigengruppe (Kerschreiter et al. 2005, S. 133). Mssen hingegen
die Gruppen fr die Erreichung ihrer Ziele zu-sammenarbeiten, so
wachsen Kooperation und gegenseitige Unterstt-zung. Spter fand man
jedoch Belege dafr, dass die Eigengruppe auch unter kooperativen
Bedingungen bevorzugt wird. Darber hinaus knnen nicht nur objektiv
vorliegende (bspw. Konflikte um die Verteilung von Pro-jektbudgets
zwischen verschiedenen Teams), sondern auch subjektiv wahrgenommene
bzw. unterstellte Konflikte (bspw. Die Kollegen aus der Abteilung X
wrden unseren Bereich doch am liebsten bernehmen.) Ei-
-
124
gengruppenbevorzugung und Fremdgruppendiskriminierung
hervorrufen. (vgl. Kerschreiter et al. 2005, S. 133)
Die Theorie der Sozialen Identitt nach Tajfel
Auch die Theorie der Sozialen Identitt geht davon aus, dass
bereits eine Kategorisierung in eine Eigen- und eine Fremdgruppe
ausreicht, um die Fremdgruppe diskriminierendes und die Eigengruppe
bevorzugendes Verhalten hervorzurufen. Als Ursache vermutet Tajfel
ein Bedrfnis nach positiver sozialer Identitt. Durch soziale
Vergleiche wird ein positiver Kon-trast zwischen der eigenen Gruppe
und Fremdgruppen geschaffen, wobei die Vergleichskriterien so
gewhlt (oder uminterpretiert) werden, dass sich die eigene Gruppe
positiv von der Vergleichsgruppe abhebt. Die Theorie der Sozialen
Identitt liefert geeignete Mglichkeiten zur Erklrung vieler
Konflikte zwischen Gruppen und ist deshalb gut auf verschiedene
Berei-che der Wirtschaft anwendbar:
Erklrung von Konflikten zwischen Arbeitsgruppen in
Unternehmen
Erklrung von Abschottungstendenzen in Abteilungen oder Teams und
Entwicklung von Mglichkeiten, gegenzusteuern
Entwicklung von Ideen zur Frderung der Unternehmensidentitt
Erklrung von Kauf- bzw. Kundenbindungsverhalten: der Kauf eines
Produktes als Zeichen fr eine bestimmte Identitt verbunden mit
einer bestimmten Exklusivitt (vgl. Kerschreiter et al. 2005, S. 133
f.)
Reflexionsaufgabe 16
Angenommen, Sie bekommen die Aufgabe, unternehmensintern eine
Schulung zum Thema Gruppenprozesse vorzubereiten. Welche Inhalte
sind aus Ihrer Sicht unbedingt einzubeziehen und wie wrden Sie
diese Inhalte erlutern?
Reflexionsaufgabe 17
Recherchieren Sie bitte im Netz und/oder in einschlgigen
Sozialpsychologie-Lehrbchern (bspw. Aronson et al. 2004) genauer
zur Theorie der Sozialen Identitt nach Tajfel. berlegen Sie nun,
welche praktischen Beispiele aus Ihrem eigenen Erleben sich gut mit
der Theorie der Sozialen Identitt erklren lassen. Whlen Sie eines
dieser Beispiele aus und erlutern Sie dieses Beispiel anhand der
Theorie der Sozialen Identitt nher.
Reflexionsaufgabe 18
Welche der Teamrollen nach Meredith Belbin passt am besten auf
Sie persnlich? Und warum? Ggf. ist es nicht leicht, sich selbst nur
einer Teamrolle zuzuordnen. Differenzieren Sie Ihre Antwort dann
bitte situationsspezifisch und schildern Sie jeweils ein
Beispiel.
-
125
Reflexionsaufgabe 19
Angenommen, Sie sollten ein Projektteam fr die Dauer von acht
Monaten fhren. Welche praktischen Schlussfolgerungen ziehen Sie im
Hinblick auf Ihre Fhrungs-aufgabe aus dem Modell der Entwicklung
temporrer Teams von Gersick?
Reflexionsaufgabe 20
Stellen Sie die psychologischen Wesensmerkmale einer Gruppe bzw.
eines Teams dar und wenden Sie diese auf ein praktisches Beispiel
aus Ihrem eigenen Erleben an: Wie haben sich die einzelnen
Wesensmerkmale dargestellt? Woran knnen Sie die Wesensmerkmale
erkennen? Vertiefend knnen Sie noch die in Tab. 17 darge-stellten
gruppeninternen Prozesse kurz beschreiben und ebenfalls auf das
Beispiel anwenden.
6 Fhrungspsychologie
Nachdem sich dieser Lehrbrief mit der Entstehung und Entwicklung
der Betriebspsychologie (Abschnitt 1) beschftigte, anschlieend
intraperso-nale Aspekte der Arbeitsttigkeit (Abschnitt 3 und 4)
ausfhrlicher betrach-tete und im vergangenen Kapitel
interpersonalen Merkmalen und der Gruppenarbeit (Abschnitt 0) eine
grere Aufmerksamkeit schenkte, ist dieses letzte Kapitel den
psychologischen Aspekten im Rahmen der Fh-rung gewidmet.
Die Psychologie versteht sich als Theorie- und
Methodenrepertoire zur Beschreibung, Erklrung und bestenfalls der
Vorhersage des Erlebens und Verhaltens von Menschen und Gruppen.
Die Fhrungspsychologie ist sowohl ein Teilgebiet der Psychologie
als auch der verhaltensorientierten Betriebswirtschaftslehre und
beschftigt sich einerseits mit Prozessen der Wahrnehmung, des
Erlebens und Verhaltens von Menschen in Organisa-tionen, in denen
andere Personen in der Fhrungsrolle Einfluss auf sie ausben, und
andererseits mit dem Erleben und Verhalten der Fhrungs-krfte
selbst.
Im Rahmen der psychologischen Schulrichtungen und der einzelnen
Dis-ziplinen ordnet Wiswede (1990) die Fhrungspsychologie und die
Fh-rungsforschung mehrheitlich der Sozialpsychologie zu, obwohl er
gleich-sam den interdisziplinren Charakter zwischen der
Psychologie, der So-ziologie und der konomie betont. Er begrndet
seine Fokussierung auf die sozialpsychologischen Arbeiten mit den
Tatsachen, dass:
a) sich die konomische Forschung zwar mit Fhrungsthemen
aus-einandersetzte; die Modelle und Konzepte, welche spter als gute
Literatur fr erfolgreiche Unternehmensfhrung verlegt und ver-kauft
wurden, stammten jedoch aus der sozialpsychologisch orien-tierten
Fhrungsforschung und der Kleingruppenforschung.
b) der Kleingruppenaspekt von den Soziologen ebenfalls an die
So-zialpsychologie delegiert wurde. Die intensive
Auseinanderset-