Böden in der Stadt Hamburg und in der Metropolregion Prof. Dr. Annette Eschenbach Institut für Bodenkunde, Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit, Universität Hamburg [email protected]Bodenmanagement – Nachhaltiger Umgang mit der Ressource Boden 14. Oktober 2015 Behörde für Umwelt und Energie FHH
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Böden in der Stadt Hamburg und in der Metropolregion
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Böden in der Stadt Hamburg und in der Metropolregion
Prof. Dr. Annette Eschenbach Institut für Bodenkunde, Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit, Universität Hamburg [email protected]
Bodenmanagement – Nachhaltiger Umgang mit der Ressource Boden 14. Oktober 2015 Behörde für Umwelt und Energie FHH
Böden bilden die Grundlage des Lebens
www.umweltbundesamt.de; aid infodienst, 2015Fotos: Eschenbach; www.traktorpool.de;
Böden sind als endliche Ressource ein wichtiger Bestandteil des Natur- und Landschaftshaushaltes
Boden ist ... die dünne Haut der Erde
… das mit Wasser, Luft und Lebewesen durchsetzte,
unter dem Einfluss der Umweltfaktoren an der Erdoberfläche entstandene und
im Lauf der Zeit sich weiterentwickelnde Umwandlungsprodukt mineralischer und
organischer Substanzen mit eigener morphologischer Organisation,
das in der Lage ist, höheren Pflanzen als Standort zu dienen und die Lebensgrundlage für Tiere und
Menschen bildet.
Als Raum-Zeit-Struktur ist der Boden ein vierdimensionales System.
(Schroeder 1992)
Fotos: Gröngröft, Pfeiffer
Mineralkörper Humuskörper
VerwitterungMineralneubildung
Mineralisierung u. Humifizierung
Poröses System
Aggregation und Segregation Gefügebildung
Kolloide Organische Substanz Wasser Gase
Wasser-haushalt
Temperatur-haushalt
Nährstoffe / Stoffflüsse
Energie /Gasaustausch
Pedon Träger spezifischer
Eigenschaften, Prozesse und Funktionen im
Ökosystem
Ausgangsmaterial Organisches Material
Nährstoffe Ionen
Puffer-systeme
Translokations-prozesse
Trans-formations-
prozesse
Mobilisierung Transport Immobilisierung
Boden und seine Funktionen: BBodSchG (1998)
1. natürliche Funktionen
2. Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte
3. Nutzungsfunktionen als
Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen,
Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen,
Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer-, und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers
Rohstofflagerstätte Fläche für Siedlung und Erholung Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr,
Ver- und Entsorgung
§ 2 (1) Boden im Sinne dieses Gesetzes ist die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.
Faktor Ausgangsmaterial: Natürliche Bodenformengesellschaften in Hamburg
Böden in der Stadt Hamburg
Podsol-Braunerde
Braunerde-Podsol
Gley-Pseudogley
FlusskleimarschAnmoorgley
Fotos: Institut für Bodenkunde
Faktor Mensch: Böden der Stadt
In städtischen Verdichtungsräumen sind die Faktoren der Bodenbildung stark durch den Menschen geprägt:
Relief: verändert durch Abtrag und Auftragen von Material
Ausgangsgestein: Aufträge und Umlagerungen, oft mit mineralischen Fremdbestandteilen (Bauschutt, Aschen, Ziegel…)
Klima: Stadtklima ist 1-3°C wärmer als das Umland
Zeit: Kürzere Zeitspanne der Bodengenese
Fotos: A. Eschenbach, V. Kleinschmidt
Durch anthropogene Eingriffe stark überprägte BödenAuf- und Eintrag technogener Substrate
Anthropogen überprägte Stadtböden
Fotos: Institut für Bodenkunde
„Stadtböden“ - Böden in der Stadt
„Stadtböden“ ist der Überbegriff für die vielfältigen Böden der städtisch-industriellen Räume:
Böden natürlicher Entwicklung (naturnahe Böden)
Böden anthropogener Aufträgenatürlicher oder technogenerSubstrate bzw. Mischungen
versiegelte Böden
Boden des Jahres 2010: Stadtboden oder Technosol
Foto: Makki, Flyer Boden des Jahres 2010 A. Eschenbach
Kartenbasis: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg
Flächennutzung in Hamburg 2014
Statistisches Amt für Schleswig-Holstein und Hamburg, 2014
→ jährlich 136 ha zusätzlich versiegelte Bodenfläche
Gekoppelte Energie- und Wasserflüsse an der Grenzfläche Boden – Atmosphäre
nicht versiegelter versiegelter Boden
Eschenbach & Pfeiffer, 2010
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spir
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Hamburg Urban Soil ClimateObservatory (HUSCO)
Evapotranspiration führt zur Abnahmedes fühlbaren Wärmestroms
Versiegelung verhindert die Verdunstung
Prozessverständnis der WechselwirkungBoden-Pflanze-Atmosphäre
Welchen Einfluss haben städtische Böden mit ihrem Verdunstungspotenzialauf das lokale Klima (in Abhängigkeit von Bodennutzungen, Versiegelung, Grundwasserflurabstand, Boden-wasserhaushalt)
Welche Relevanz haben Stadtbäume und wie reagieren sie auf Trockenstress
Handlungsoptionen für die Stadtplanung
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Abb: Eschenbach & Pfeiffer, 2010
Klimafunktion von Böden: Forschung in der Stadt Hamburg
Abbildung nach: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt - Amt für Umweltschutz (U21), 2010: Biotopkartierung.(modifiziert)
Nicht vollversiegelte Flächen erwärmen sich geringer und Grünflächen langsamer
Tagesgang der Lufttemperatur (Sept 2011-Sept 2012)
Wiesner et al., 2013
Unterschiede im Tagesgang nach urbaner Flächennutzungund Lage innerstädtische Stationen ganztägig überwärmt schnellere abendliche Abkühlung der Grünflächen
Volu-metrischer Wasser-gehalt[%]
Täglicher Niederschlag
[mm]
Grundwasser-einfluss
Sukzessives Austrocknen
Wasseraufnahme durch Wurzeln
Sandiges Substrat
Tiefen Versickerung
Bodenwassergehalte im Jahr 2011
Wiesner et al., 2013
Zusammenhang Oberbodenwassergehalt Θ und Spanne der Lufttemperatur Ta
Je höher der Bodenwassergehalt desto niedriger die Erwärmung
11 bis 17% der Temperaturunterschiede können durch die Oberbodenfeuchte erklärt werden
Böden mit unterschiedlichem Bodenwasserhaushalt tragen unterschiedlich stark zur Abkühlung der Lufttemperatur in der Stadt bei
Wiesner et al., 2013
Abkühlungsfunktion von Böden ist abhängig:
- von der Versiegelung und damit der Veränderung der Energie- und Wasserflüsse (Evapotranspiration) zwischen Boden und Atmosphäre
- von dem Bodenwasserhaushalt, der Wasserverfügbarkeit undWassernachlieferung im Boden (Bodeneigenschaften undGrundwasserflurabstand)
- von der Vegetation am Standort
- sowie von der kleinräumigen Wettersituation
Das Zusammenwirken dieser Faktoren auf die Abkühlleistungen kann noch nicht sicher vorhergesagt werden.
Zusammenfassung Forschung zur Klimafunktion von Böden in Städten (HUSCO)
Bodenfunktion: Schadstoffrückhalt und Abbau
Filterungfester und flüssiger Stoffe (mechanisch)
Pufferungdurch Sorption und Fällung (physio-chemisch)
Transformationdurch Um- und Abbau (mikrobiell/biochemisch)
Lösung im Bodenwasser
Aufnahme durch die Pflanzen
Auswaschung in das Grundwasser
Transport mit Bodenwasser
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUGV)
Beeinträchtigung der Bodenfunktionen in einem Hamburger Kleingarten
Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen/Eingriffen Reduktion von Flächeninanspruchnahme & Versiegelung Reduktion von Schadstoffeinträgen Bodenschutz bei Baumaßnahmen: Reduktion von Aushub,
Verdichtung, Strukturzerstörung
Vorrangiger Schutz von Böden mit hoher Funktionalität Böden hoher Abkühlungsleistung als Klimaregulator für
das menschliche Wohlbefinden Böden mit Regelungsfunktion Wasserhaushalt Schadstoffregulationsfunktion Archivfunktion …..etc.
Multifunktionalität vs. Nutzungsabhängige Funktionen
Förderung des Bodenwissens: Erfassung und Quantifizierung der relevanten Bodenfunktionen, Erfassung der Diversität von Böden in der Stadt
Förderung des Boden-Bewusstseins Der Wert des Bodens?
Nachhaltiger Umgang mit der Ressource Boden in der Stadt
Böden sind eine endliche Ressource. Benötigen Jahrhunderte bis Jahrtausende für Genese und Ausbildung von Eigenschaften und Funktionen.
Fotos: A. Eschenbach, www.urban-gardening.eu/wp-content/uploads/2011/10/Gartendeck_HH.jpg