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Aktuelle Jugendliteratur im Deutschunterricht Ein
Unterrichtsmodell zu „Im Jahr des Affen” von Que Du Luu.
Jahrgangsstufe 7-9 Herausgegeben von Gina Weinkauff unter Mitarbeit
von Lena Puric Verfasserinnen:
Katrin Walther (Zum Text, Didaktische Überlegungen, Baustein
Thematik) Asrin Oguz (Zum Text, Didaktische Überlegungen, Bausteine
Erzählweise und Sprache) Elena Schliecker, Maren Moser und Halil
Ibrahim Coban (Baustein Figuren) Christina Lebriez, Thea
Lindenfelser, Judith Kessler und Verena Franziska Schneiders
(Baustein Handlungsort) Tristan Neininger (Baustein
Intertextualität)
Das Unterrichtsmodell entstand am Institut für deutsche Sprache
und Literatur der Pädagogischen Hochschule Heidelberg in den
Seminaren Aktuelle Jugendliteratur im Deutschunterricht
(Sommersemester 2016 und Wintersemester 2016/2017). Die
Herausgeberin steuerte den Passus Bildungsziele und Kompetenzen
(unter: Didaktische Überlegungen) sowie diverse Ergänzungen im
Detail bei. Der Passus Literaturdidaktische Ansätze wurde aus dem
Unterrichtsmodell zu dem Kinderbuch Der unvergessene Mantel von
Frank Cottrell Boyce übernommen (Weinkauff 2014 S. 11f.).
https://studip.ph-heidelberg.de/dispatch.php/profile?cid=2f3385b54386564b668ba09ac81d42a7&username=mosermhttps://studip.ph-heidelberg.de/dispatch.php/profile?cid=2f3385b54386564b668ba09ac81d42a7&username=cobanhhttps://studip.ph-heidelberg.de/dispatch.php/profile?cid=2f3385b54386564b668ba09ac81d42a7&username=kesslerjhttps://studip.ph-heidelberg.de/dispatch.php/profile?cid=2f3385b54386564b668ba09ac81d42a7&username=schneidersvhttps://studip.ph-heidelberg.de/dispatch.php/profile?cid=2f3385b54386564b668ba09ac81d42a7&username=schneidersv
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Inhaltsverzeichnis
Annotation
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Zum Text
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4
Thema und Motive
...................................................................................................
4
Erzählweise
.............................................................................................................
5
Orte des Geschehens, Wirklichkeitsmodell
............................................................. 5
Figuren
....................................................................................................................
6
Sprache
...................................................................................................................
8
Gattungskontexte und Intertextualität
......................................................................
9
Didaktische Überlegungen
........................................................................................
10
Wirkungs- und Anforderungspotential des Romans
.............................................. 10
Relevanz im Prozess der literarischen
Sozialisation.............................................. 10
Bildungsziele und Kompetenzen
...........................................................................
11
Bezug zum Bildungsplan
.......................................................................................
12
Literaturdidaktische Ansätze
..................................................................................
12
Vorschläge zur Realisierung
.....................................................................................
14
A. Thematik
.......................................................................................................
15
B. Erzählweise
..................................................................................................
20
C. Sprache
........................................................................................................
25
D. Handlungsorte
..............................................................................................
28
E. Figuren
..............................................................................................................
31
F. Intertextualität
...............................................................................................
37
Verzeichnis der Aufgaben und Materialien
................................................................
39
Literaturverzeichnis und Bildnachweis
......................................................................
40
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3
Annotation
Inhaltsangabe Que Du Luus Roman „Im Jahr des Affen“, erschienen
im Jahr 2016 im Königskinderverlag, handelt von der Protagonistin
Minh Thi, die chinesische Wurzeln hat, aber von klein auf in
Deutschland lebt. Sie ist als Säugling nach Deutschland gekommen,
weil sie mit ihrer Familie aus ihrer Heimat Vietnam fliehen musste.
Minh Thi, die in Deutschland von allen nur Mini genannt wird, weiß
darüber jedoch kaum etwas und interessiert sich zunächst auch mehr
für Jungs - für einen im Besonderen - als für ihre
Familiengeschichte. Von den Deutschen wird sie als Chinesin gesehen
und von den Chinesen als Deutsche. Im Spagat zwischen beiden
Kulturen versucht sie ihr Leben zu meistern.
Der Leser erfährt gleich zu Beginn jede Menge aus Minis Leben,
um welches sie nicht besonders zu beneiden ist. Dennoch scheint sie
auf eine bestimmte Art und Weise glücklich damit zu sein. Mini hat
sich sehr gut integriert, sie geht auf das Gymnasium und mit ihren
beiden besten Freundinnen, Sarah und Mischa, wird es auch nicht
langweilig. Sie amüsieren sich, indem sie beispielsweise abends in
der Disko tanzen gehen und nach Jungs Ausschau halten.
Die Situation schlägt um, als ihr Vater ins Krankenhaus muss und
dann auch noch Onkel Wu zu Besuch kommt. Ab diesem Zeitpunkt steht
Mini ihrem Vater, dem Restaurant-Chef Tu, in den Schulferien zur
Seite. Der traditionsbewusste Chinese Wu holt die Vergangenheit
erneut an die Oberfläche: Die gefährliche Flucht als Boatpeople aus
Vietnam. Onkel Wu wohnt eigentlich in Australien und zeigt sich
nicht besonders erfreut über die Richtung, in die sich Mini seiner
Meinung nach entwickelt hat. Er sieht sie nicht als chinesisch
genug und findet fortlaufend etwas, das er an ihr kritisiert. Und
dann sind da auch noch die Restaurantmitarbeiter, der Koch Bao und
der Thekenmann Ling, mit denen es viel Ärger gibt und die Mini nur
sehr wenig Respekt entgegenbringen. Jedoch erfährt Mini in
Gesprächen mit Bao und Onkel Wu viele, für sie zuvor unbekannte
Dinge über ihre Vergangenheit. Sie kommt der privaten und
historischen Tragödie der Boatpeople auf die Spur: Einmarsch der
Kommunisten in Saigon 1975, die Willkür der aus dem Norden
stammenden Bürokraten, Umerziehungslager, Zwangsarbeit und
schließlich der Exodus von 1,5 Millionen Menschen in überfüllten
Booten. Auch Mini und ihr Vater flohen 1976 aus der
südvietnamesischen Chinatown Chalon und kamen nach Deutschland.
Minis Lebensumstände sorgen dafür, dass sie sich mit ihrer
Herkunftsgeschichte und ihrer Identität auseinandersetzt. Sie muss
einen klaren Kopf bewahren und befindet sich in einem ständigen
Spagat zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dabei hat sie
nicht viele Ansprüche: Sie möchte nur ihr eigenes Glück finden und
wünscht sich endlich weniger Stress für ihren überarbeiteten
Vater.
Zur Autorin Que De Luu, 1973 in Saigon (Cholon)/Südvietnam
geboren, ist chinesischer Abstammung. Die Familie flüchtete nach
Ende des Vietnamkriegs, wie Millionen andere Boatpeople, über das
Meer. Die Folge war ein fast einjähriger Aufenthalt in einem
thailändischen Flüchtlingslager (vgl. Que Du Luu o. J.). Später
betrieben die Eltern in Deutschland ein China-Restaurant. Luu wuchs
in Herford auf und lebt seit 1993 in Bielefeld. Sie studierte
Germanistik und Philosophie (M.A) und arbeitet als freie
Schriftstellerin. Des Weiteren war sie in der Gastronomie, der
Pflege und Altenpflege und als Nachtwache in der Psychiatrie tätig
(vgl. Que Du Luu o.J.).Für ihre literarischen Werke erhielt Luu
bereits u.a. den Albert-von-Chamisso-Förderpreis und den Hohenemser
Literaturpreis
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Zum Text
Thema und Motive
Der Roman behandelt mehrere Themen, die alle mit der Frage nach
Identität verknüpft sind. Eines der zentralen Themen ist die andere
Kultur, nämlich die chinesische. Der Leser erfährt nach und nach
immer mehr über Sprache, Traditionen und Sitten. Rot ist
beispielsweise die Glücksfarbe der Chinesen, „rote Lampen hingen
überall von der Decke und auch die Stühle waren rot bezogen“ (Que
Du Luu, S.7).
Nach dem chinesischen Kalender, der heute noch für die
Berechnung traditioneller chinesischer Feiertage verwendet wird,
steht das Jahr des Affen für das Jahr 2016. Im Roman wird vom
chinesischen Neujahr gesprochen, das zwischen Ende Januar und
Februar stattfindet. Der Übergang vom vorangegangenen Jahr der
Ziege zum Jahr des Affen bedeutet Minis Vater viel, ein Affe ist
ständig in Bewegung und kündigt anstehende Veränderungen an (Im
Jahr des Affen S.91). Minis Vater begrüßt seine Tochter stets mit
der nicht wörtlich zu verstehenden Frage „Hast du heute schon Reis
gegessen?“ (ebd., S.8). Mini dagegen fallen die chinesischen Wörter
oft nicht sofort oder gar nicht ein, oder sie kennt die Übersetzung
nicht. Als ihr Vater einen Herzinfarkt bekommt, wollte sie
beispielsweise auf Chinesisch „Beine anwinkeln“ sagen, jedoch
wusste sie nur was „Beine“ hieß (ebd., S.35). Ihr fiel nicht mehr
ein, was „links“ auf Chinesisch heißt und stattdessen sagte sie
„Left. Taxis are left“ (ebd., S.110). Auch bei Streitigkeiten mit
Bao wusste Mini nicht, was „auf der Nase rumtanzen“ hieß (ebd. S.
50), da ihr Vater ihr keine chinesischen Schimpfwörter beigebracht
hat (vgl. ebd., S. 82). Das hält sie aber nicht davon ab, Bao mit
„du fettes, faules Arschloch“ zu beschimpfen (ebd., S.82). Auch mit
anderen berühmten chinesischen Kulturgütern kennt sich Mini nicht
aus, so kennt sie neben dem „Vier-nicht-ähnlich-Tier“ (ebd., S.114)
auch die „drei unsterblichen Götter“ und deren Mythologie nicht:
„In einem Regalbrett standen drei Porzellanfiguren mit langen
Bärten in bunten Gewändern. Sie hielten irgendwelche Dinge in den
Händen. Ich frage mich, ob es die Heiligen Drei Könige in
chinesischer Version waren.“ (ebd., S.43)
Minis Kulturenspagat ist ein zentrales Motiv, dass sich durch
die gesamte Erzählung zieht. Die damit verbundene
Identifikationsproblematik ist das übergeordnete Thema des Romans.
Besonders stark kommt dies zum Ausdruck, als Bao während des
gemeinsamen Essens den Satz fallen lässt: „Sie ist eine Banane“
(ebd., S.74) und Onkel Wu daraufhin noch sagt, dass alle besser
Chinesisch sprechen als sie (vgl. ebd., S.74). Mini fühlt sich
seltsam getroffen und fragt sich, weshalb sie nicht froh darüber
ist, dass sie angeblich innen weiß ist und ob sie sich nicht immer
wie jede andere in Deutschland fühlt (vgl. ebd., S.75). Darüber
hinaus sind einige Gegensätze zu bemerken. Sie sagt selbst, dass
sie wirklich anders aussieht, als sie innen ist (vgl. ebd., S.76)
und ihr akzentfreies Deutsch nicht zu ihrem Erscheinungsbild passt
(vgl. ebd. S.81). Sie setzt sich häufig mit der Frage nach ihrem
Ich auseinander: „Was man nicht war, das wusste man ganz sicher,
aber was man war, das wusste man nie so genau. Ich ähnelte
äußerlich keinem Deutschen und innerlich keinem Chinesen. Es gab
nur eins, was ich über mich wusste: Ich war der
Vielen-nicht-ähnlich-Mensch.“ (ebd., S.117).
Das Familiengeheimnis und damit die Fluchtgeschichte sind
Themen, die den Roman aktuell erscheinen lassen. Sie ziehen sich
durch die ganze Handlung und Mini erfährt nach und nach immer mehr
über ihre Vergangenheit. Durch Onkel Wu erfährt Mini
beispielsweise, dass ihr Vater damals einen Reisladen betrieben
hatte (vgl. ebd., S.101). Nachdem Bao und Mini in die Situation
gelangen, einem Einbrecher das geklaute Geld aus dem Restaurant
wieder zu entwenden, fängt Bao an, aus der Vergangenheit zu
erzählen (vgl. ebd., S.137). Bao war auch mit auf dem Boot, auf dem
Mini damals mit ihrem Vater nach Deutschland kam. Jedoch war Bao
alleine, ohne Mutter oder Vater. Bao erzählt Mini, dass ihr Vater
ihn damals betrogen habe, indem er seiner Mutter erzählte, dass sie
für eine Person 16 Goldpäckchen für die Flucht benötigte. Sie hatte
aber nur 17. Somit schickte sie Bao alleine auf die Flucht. Minis
Vater hatte aber sieben Päckchen mehr Gold genommen, als er
weitergegeben hatte (ebd., S.185). Als Wiedergutmachung holte Minis
Vater Bao in sein Restaurant, wo er nicht viel verdiente, was zur
Folge hat, dass er sich noch nicht einmal ein eigenes Zimmer
leisten kann. Als Mini eines
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Abends Geräusche aus dem Keller wahrnimmt (vgl. ebd., S.117),
stößt sie auf Bao und findet heraus, dass dieser im Keller in einer
fensterlosen Kammer lebt (vgl. ebd., S.121).
Erzählweise
Die Handlung von „Im Jahr des Affen“ wird in der ersten Person
aus dem Blickwinkel der Protagonistin Mini geschildert. Der
Erzähler wählt die Perspektive einer Figur, von der aus das
Geschehen erzählt wird. Es handelt sich demnach um eine personale
Ich-Erzählung (vgl. Allkemper/Eke 2004, S.99). Dem entgegen steht
jedoch der lakonische Stil und die kulturellen Kommentare und
Erklärungen. Betrachtet man Ersteres, handelt es sich um eine
auktoriale Erzählweise, denn der Erzähler mischt sich ein, gibt
Hinweise und Kommentare (vgl. ebd., S. 99). Letzteres weist auf
eine neutrale Erzählweise hin, da weder aus der Sicht der Figuren
nach aus der des Erzählers erzählt wird. Der Erzähler ist somit
nicht greifbar (vgl. ebd.). Das Geschehen wird größtenteils
chronologisch im Präsens geschildert, jedoch mit kleineren
Zeitsprüngen zwischen den Kapiteln. Dies wird beispielsweise
deutlich, als Bao mehrmals aus der Vergangenheit erzählt (vgl. Que
Du Luu, S.137-139) oder als Onkel Wu über die Vergangenheit von
Minis Vater spricht (vgl. ebd., S.101). An einigen Stellen der
Erzählung liegt zeitdeckendes Erzählen vor, dies ist vor allem in
den dialogischen Passagen der Fall. Betrachtet man allerdings die
Familiengeschichte, die immer nur in einzelnen Etappen erzählt
wird, so wird diese hauptsächlich zeitraffend erzählt.
Zeitdehnendes Erzählen kommt vereinzelt vor, z.B. an der Stelle,
als Mini Geräusche aus dem Keller des Restaurants hört (vgl. ebd.,
S.117-121). Dadurch, dass die Erzählerin stetig kulturbedingte
Erklärungen liefert, ist der Text sehr leserorientiert. Bei dem
Einstieg handelt es sich um einen media in res-Einstieg. Die
lateinische Phrase bezeichnet innerhalb der Literaturwissenschaft
eine Erzähltechnik, bei der die Leser direkt in das Geschehen
„hineingeworfen“ werden, der Erzähler also unmittelbar zum Kern der
Handlung kommt. Die Handlungskomplikation ergibt sich aus dem
Herzinfarkt von Minis Vater und der Ankunft ihres Onkels (vgl.
ebd., S.33,65).
Orte des Geschehens, Wirklichkeitsmodell
„Im Jahr des Affen“ spielt in Herford, einer Stadt in
Nordrhein-Westfalen. Das China-Restaurant von Minis Vater ist
während der gesamten Handlung ein zentraler Schauplatz und wird von
der Erzählinstanz in all seinen Details beschrieben. Es ist mit
roten Lampen und roten Stühlen ausgestattet, auf der Theke steht
ein glatzköpfiger Buddha und im Hintergrund läuft die für
China-Restaurants typische Musik. Die Terrasse liegt an der Aa,
einem kleinen Fluss, den Mini sehr mag. Dieser Ort stellt für Mini
einen Zufluchtsort dar und ist ihr sehr vertraut, da sie dort
ernste Gespräche mit Onkel Wu oder auch mit ihrem Schwarm Bela
führt. Der dunkle Keller, in dem Mini Bao entdeckt, nachdem sie
alleine auf das Restaurant aufpasst, steht für die Dunkelheit des
Familiengeheimnisses.
Der Weg nach Hause, in die Berliner Straße, ist nicht weit. Dort
wohnen Mini und ihr Vater im siebten Stock eines Hochhauses. Der
Fahrstuhl ist kaputt, der Hausflur dreckig. Der Flur in der Wohnung
ist voller Schuhe und Krimskrams, die Möbel waren hauptsächlich
Spenden und überall sind Wäscheberge zu sehen. Mini hatte es nie
Freude bereitet, nach Hause zu kommen. Sie hat immer alles als
schäbig empfunden (vgl. ebd., S.44).
Die Disko, das sogenannte „Glashaus“ besucht Mini mit ihren
Freundinnen Sarah und Micha. Das Glashaus stellt gleichzeitig einen
Wendepunkt für Mini dar. Dadurch, dass sie sich Bela in die Arme
wirft (vgl. ebd., S.26), obwohl Sarah auf ihn steht, kommt es zu
einem Streit unter den Freundinnen. Im Glashaus stellt Mini den
ersten Kontakt zu Bela her und Mini beginnt fortan an ihn zu
denken.
In das Krankenhaus kommt Minis Vater zweimal, einmal aufgrund
eines Herzinfarktes und einmal wegen der Tablettenumstellung. Mini
und ihr Vater werden dort von den behandelnden Ärzten wie Ausländer
behandelt (vgl. ebd., S.39). Es ist ein Ort, an dem Mini mehrmals
ein
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schlechtes Gewissen bekommt und sich schwört, in Zukunft alles
besser zu machen (vgl ebd., S.43).
Auch die Verwendung von real existierenden Marken- und
Firmennamen wie ALDI oder die Bezüge zu Filmen und Videos wie: „Sie
erinnerte mich an die leere Hotelhalle in dem Film Shining“ (ebd.,
S.36), oder „Ich sah darin das weiße Gesicht von Robert Smith in
dem Video Lullaby“ (ebd., S.42), kennzeichnet das
Wirklichkeitsmodell des Romans. Aktuelle Probleme wie die
Flüchtlingsthematik werden ebenso thematisiert wie die Flucht nach
Deutschland und der Vietnamkrieg. Mit Blick auf sein
Wirklichkeitsmodellträgt der Roman Züge einer sozialrealistischen
Milieustudie.
Figuren
Mini (Minh Thi) ist 16 Jahre alt und die Protagonistin des
Romans. Im Kindergarten konnten die anderen ihren Namen nicht
aussprechen, daher ist es seitdem immer bei „Mini“ geblieben (vgl.
ebd., S.15). Sie besitzt Einfühlungsvermögen, was daran zu erkennen
ist, dass sie beispielsweise ein schlechtes Gewissen bekommt, als
sie mit Bela in der Disko tanzt, obwohl ihre Freundin Interesse an
ihm hat (vgl. ebd., S.27). Als ihr Vater einen Herzinfarkt bekommt,
sagt sie zu sich: „Wenn mein Vater weiterleben sollte, würde ich
das Geschirr immer sofort spülen. Es sollten sich auch keine
Wäscheberge mehr ansammeln, ich versprach, jedes Wochenende im
Restaurant zu kellnern, damit mein Vater auch mal frei hatte.“
(ebd., S.43) Gleichzeitig bekam sie aber auch Angst, all das zu
verlieren (vgl. ebd., S.44). Auch wenn Mini Besserung lobt,
bedeutet dies nicht, dass sie bisher komplett untätig war. Im
Gegenteil: Sie ist, wenn auch nicht immer gewesen, ein sehr
fleißiges Mädchen und nimmt die Herausforderungen an, die nach und
nach auf sie einströmen. Als ihr Vater krank wird, arbeitet sie
täglich im Restaurant und kümmert sich um die Wohnung: „Ich steckte
die Düse wieder rein und saugte den Boden, unter dem Tisch und auch
unter dem Sofa, wo Essensreste, Socken und zwei Obstmesser lagen.“
(ebd., S.59). „Im Restaurant zu arbeiten war hundertmal
anstrengender, als in der Schule zu sitzen. Jeden Abend fühlte ich
mich wie von einer Dampfwalze überrollt.“ (ebd., S.64)
Bei Streitereien wirkt sie schlagfertig und lässt sich nicht
einschüchtern; auch wenn ihr manchmal die chinesischen
Schimpfwörter fehlen, beschimpft sie Bao mit „Du fettes, faules
Arschloch“ (ebd., S.82) oder sagt ihm, was zu tun ist, indem sie
sagt: „Iss keine Garnelen mehr! Und spül ab!“ (ebd., S.49). Mini
weiß genau, wie sie den Ton anzugeben hat, wenn sie etwas
durchsetzen möchte. Als Bela ins Restaurant kommt und Mini sich
versteckt, beauftragt sie Ling zu kellnern, was dieser auch tut,
wenn auch widerwillig: „Ich zeigte mit den Fingern „gehen“, indem
ich Zeige- und Mittelfinger bewegte wie zwei Beine, dann
„Speisekarte“, indem ich ein Rechteck in die Luft zeichnete, und
zeigte in Richtung Bela.“ (ebd., S.155) Abgesehen davon ist Mini
eine sehr höfliche Person und hat gute Manieren. Als Onkel Wu zu
Besuch kommt, und dieser es Mini wirklich nicht leicht macht, ist
sie freundlich zu ihm. Beispielsweise überließ sie ihm bei der
Taxifahrt zum Krankenhaus den vorderen Platz (vgl. ebd., S.202).
Bei Mini handelt es sich um eine dynamische, psychologisch
ausgeleuchtete Figur. Sie reflektiert sich und ihre Handlungen,
indem sie beispielsweise darüber nachdenkt, ob sie immer noch
jemand war, der nur an sich dachte und auf den Gefühlen anderer
herumtrampelte, ohne es zu merken (vgl. ebd., S.111). Die
Auseinandersetzung mit der eigenen Identität wird
handlungsbegleitend immer wieder aufgegriffen: „Denn was man nicht
war, das wusste man ganz sicher, aber was man war, das wusste man
nie so genau.“ (ebd. S.117) Auch als sie sich in Bela verliebte,
fragte sie sich, ob alle dasselbe fühlten, wenn sie verliebt waren,
nämlich dass sie den schönsten Menschen der Welt vor sich hatten
(vgl. ebd., S. 166). Sie fragt sich auch, ob Liebe so etwas wie
Interesse sei (vgl. ebd., S. 229). Als Sarah und Micha Mini im
Restaurant besuchen und sie auf der Terrasse so wie früher
quatschen, hatte Mini nicht mehr das Gefühl, wie früher zu sein
(vgl. ebd., S. 229). Sie fragt sich auch, ob nicht jeder Mensch aus
einer Geschichte besteht und ob man nicht alle Kapitel kennenlernen
muss, um den Menschen kennenzulernen (vgl. ebd., S.279). Sie ist
jemand, der zu sich selbst sehr ehrlich ist und sich ermahnt:
„Kümmere dich gefälligst um deinen Vater, sagte ich mir plötzlich.
Wer weiß, wie lange er noch lebt. Denk einmal im Leben nicht nur an
dich!“ (ebd., S.191)
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Minis Vater, Thien Tu, ist ein tüchtiger älterer Mann, der in
Herford ein China-Restaurant betreibt, um sich und seiner Tochter
den Lebensunterhalt zu finanzieren. Dabei ist er zäh und fleißig.
Seit Jahren arbeitet er, ohne einen Tag in der Woche zu schließen,
selbst wenn er krank war, hinderte ihn das nicht daran (vgl. ebd.,
S.11). Er ist ein bescheidener Mann und möchte niemandem große
Umstände bereiten, was u.a. daran zu erkennen ist, dass er im
Krankenhaus nicht nach Tee gefragt hat (vgl. ebd., S.60). Die
Zeitung ist der einzige Luxus, den er sich gönnt (vgl. ebd.,
S.130). Dass er nur die Arbeit im Kopf hat und diese als vorrangig
sieht, wird deutlich, als er sich selbst aus dem Krankenhaus
entlässt und zu einer Schwester sagt: „Ich gehen müssen, viele
Albeit.“ (ebd., S.61) Um seine Tochter Mini kümmert er sich gut,
auch wenn beide sich nie wirklich ausführlich unterhalten. Er fragt
sie täglich, ob sie schon Reis gegessen hat, selbst am Telefon,
wenn er vom Krankenhaus aus anruft (vgl. ebd., S.141). Wenn er zum
Einkaufen geht, lässt er sie weiter schlafen, was auf Verständnis
und Wohlwollen schließen lässt (vgl. ebd., S.28). Er zeigt sich als
fürsorglicher Vater, denn er schickte Mini damals nicht alleine auf
die Flucht. Er machte sich Sorgen, dass sich niemand um seine
Tochter kümmern würde (vgl. ebd., S.246). Mit einer Lüge knöpfte er
deshalb anderen Menschen mehr Gold ab, um mit ihr zusammen nach
Deutschland fliehen zu können. Dass er diese Lüge auf sich nimmt,
um in Minis Nähe zu bleiben zeigt, wie stark die Bindung zu seiner
Tochter ist. Er nimmt viel Rücksicht auf Mini, denn obwohl er gerne
nach Australien zu seiner Familie kommen würde, bleibt er in
Deutschland, wegen Minis Freunden (vgl. ebd., S.175). Er ist ein
ehrlicher Mensch und lügt nie, außer er wird gefragt, wie die
Geschäfte im Restaurant laufen, dann „lief immer alles gut“ (ebd.,
S.67). Tu hat keine Freunde, weder chinesische noch deutsche. Am
Ende des Romans ist er die Figur, über die man am wenigstens
erfährt. Ob die Figur eine Entwicklung macht, ist fraglich, denn
die Offenheit der Figur wird nicht geschildert.
Onkel Wu ist ein traditionsbewusster Chinese, der Mini und ihren
Vater in Deutschland besuchen kommt. Er wohnt seit Jahren mit
seiner Familie in Australien. Sein australischer Vorname ist Peter
(vgl. ebd., S.98). Er hat einen Leberfleck auf der Wange, aus dem
ein langes schwarzes Haar herauswächst (vgl. ebd., S.66). Onkel Wu
scheint ein wenig exzentrisch, er hebt sich durch diverse
Gewohnheiten, Sicht- und Ausdrucksweisen von den anderen Figuren
ab.
Er spricht laut, macht hektische Bewegungen und verbreitet
Unruhe (vgl. ebd., S.113). Es ist nicht offensichtlich, mit welcher
Absicht Onkel Wu zu den beiden kommt: Möchte er Urlaub in
Deutschland machen und die beiden wirklich nur besuchen, oder
möchte er helfen, dass das Restaurant mehr Umsatz erzielt, indem er
Verbesserungsvorschläge macht? Über das Hochhaus war er überrascht,
denn er kannte immer nur Fotos von Verwandten mit schicken Häusern.
Generell kannte er einiges nicht, was es in Deutschland gab und in
Australien nicht, wie zum Beispiel die Keller (vgl. ebd., S.69).
Für ihn ist es ungewohnt, dass es Mineralwasser gibt, denn in
Australien trinken alle Tee, Sojamilch oder Orangensaft (vgl. ebd.,
S.70). Er wundert sich auch darüber, dass man Strecken zu Fuß geht,
denn er fuhr überall mit dem Auto hin (vgl. ebd., S.70). Er hebt
sich mit Bemerkungen wie: „Du musst unbedingt am Eingang zwei große
Wächterlöwen aufstellen“, „Im Raum fehlt Wasser“ oder „Das
Feng-Shui im Restaurant ist nicht gut“ (ebd., S.71,73) hervor. Als
Minis Vater Ententeile in den großen Wok mit Frittieröl warf, griff
er ein und holte sie wieder heraus, weil er der Meinung war, dass
das Öl noch nicht heiß genug war (vgl. ebd., S.86). Dass er sehr
traditionsbewusst ist, sieht man daran, dass er Essstäbchen wollte,
trotz der Teller (vgl. ebd., S.99). Wenn er aus dem Bad kommt,
riecht erst einmal eine Weile alles nach chinesischen Kräutern. Für
ihn ist es auch völlig unbegreiflich, wie man deutsche Freunde
haben kann. Einmal fragt er Mini: „Wie kannst du überhaupt Freunde
haben, wenn es hier keine anderen Chinesen gibt?“ (ebd., S.103)
Onkel Wu hat zu allem immer Ratschläge und Äußerungen parat und
lässt es sich auch nicht nehmen, diese anzubringen. Für ihn ist
Mini ein ungezogenes Mädchen (vgl. ebd., S.199). In seinen Augen
sollte Mini nicht arbeiten, sondern mehr lernen (vgl. ebd. S.100)
und ihr Vater sollte mit ihr schimpfen (vgl. ebd., S.94). Oftmals
tut er auch so, als müsse Mini über alles in der Familie Bescheid
wissen. Da das nicht des Fall ist, ist er immer wieder umso mehr
darüber überrascht (vgl. ebd., S.128). Onkel Wus Parole lautet:
Weitermachen –um – jeden – Preis. So erzählt er oft davon, dass man
nicht immer gleich bei jedem kleinen Problem aufhören kann, man
muss immer weitermachen. „Wir haben hart gearbeitet und nie
aufgegeben. Hätten wir bei der ersten Schwierigkeit aufgegeben,
dann hätten wir es nirgendwo geschafft.“ (ebd., S.239)
Moralpredigten wie: „Wenn du Ansehen willst, musst du ein Vorbild
sein für die Leute, die für dich arbeiten!“ (ebd., S.160) gehören
zu seinen Lieblingssätzen. Die Figur Wu scheint neben dem scharfen
Geschäftssinn auch viel Wert auf die Gemeinschaft zu legen, so
nimmt er das Eis aus der Eisdiele mit, um es mit allen
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gemeinsam zu essen (vgl. ebd., S.267), oder er packt Belas Arm
und zerrt ihn mit ins Restaurant zum Essen (vgl. ebd., S.192).
Bao ist 29 Jahre alt und der Koch im Restaurant. Er ist recht
dick, aber sein Gang ist geschmeidig wie alle seine Bewegungen
(vgl. ebd., S.205). Er hat ein hartes Leben, denn er arbeitet sehr
viel für wenig Geld. Er hat noch nicht einmal Geld, um sich ein
Zimmer zu leisten, weshalb er im Keller des Restaurants in einem
„fensterlosen Kabuff“ wohnt (vgl. ebd., S.121). Mini gegenüber
verhält er sich recht respektlos. Das Geschirr in der Küche lässt
er oftmals liegen und wenn Mini ihn auffordert, dieses zu spülen,
so fragt er, ob bei ihr „die Sicherungen durchgebrannt sind“ (ebd.,
S.49). Damals, als Mini und ihr Vater fliehen mussten, war Bao mit
auf dem Flüchtlingsbot, allerdings ganz alleine. Seiner Meinung
nach hat Minis Vater ihn um Gold betrogen, was zur Folge hatte,
dass seine Mutter nicht mitkonnte. In seinem Leben sieht er nur
sehr wenig Sinn, denn er weiß nicht, weshalb er lebt und wenn er
Gemüse schneidet, denkt er oft daran, sich ein Messer in den Bauch
zu rammen (vgl. ebd., S.211). Er selbst bezeichnet sein Leben mit
den Worten: Arbeiten, Keller, Mutterhass. Er ist in seinen
Selbstzweifeln und seiner Wut gefangen. Seine Mutter macht ihm
lauter Vorwürfe in den Briefen, die sie schreibt (vgl. ebd.,
S.207). Sein Wunsch ist es, seine Mutter nach Deutschland zu holen
und, dass sie stolz auf ihn ist (vgl. ebd., S.218). Auch wenn er
innerlich voller Missmut und Selbstzweifel ist, wirkt er nach außen
meist selbstbewusst. Als ein Einbrecher in das Restaurant kommt,
geht Bao auf ihn los und schafft es, das gestohlene Geld wieder
zurückzubekommen. In dieser Situation wirkt er sehr sicher und
angstfrei. Mit Onkel Wu versteht er sich von Anfang an sehr gut und
beide kabbeln sich häufig (vgl. ebd., S.181).
Bei Bao handelt es sich um eine dynamische Figur. Anfangs
erzählt er nichts von sich und ist verschlossen. Nach und nach
schafft es Mini durch ihn, viel über ihre Vergangenheit
herauszufinden. Bao erzählt schließlich sehr viel von sich, wenn
auch anfangs nur widerwillig. Mit Mini spricht er auch über die
Sehnsucht zu seiner Mutter, was sie sehr betroffen macht.
Ling ist 16 Jahre alt und der Thekenmann im Restaurant. Für den
Leser wirkt er eher unscheinbar. Er hat keine Arbeitserlaubnis,
weswegen er sich auch als Ehemann von Mini ausgeben soll, falls die
Polizei kommen sollte. Ling macht einen unsicheren Eindruck und ihm
sind viele Dinge peinlich, weswegen er häufig rot anläuft (vgl.
ebd., S.53). Dennoch scheint Ling auch eine andere Seite an sich zu
haben, denn er reißt gelegentlich unanständige Witze (vgl. ebd.,
S.145). Ling wohnt in einer heruntergekommenen Wohnung, in der er
sein Zimmer mit einem Fremden teilen muss (vgl. ebd., S.146
f.).
Als Randfiguren treten Sarah, Micha und Bela auf. Die beiden
Mädchen sind die besten Freundinnen von Mini und gehen gemeinsam
auf das Gymnasium. In ihrer Freizeit gehen sie gerne in die Disko
und interessieren sich für Jungs. Bela ist der Junge, in den sich
Mini verliebt. Er besucht sie einmal im Restaurant mit seinen
Kumpels. Ein anderes mal isst er mit Onkel Wu, Bao, Ling und Mini
zusammen das Essen der Konkurrenz und einmal gehen Mini und er
spazieren. Viel Zeit verbringen die beiden jedoch nicht
miteinander. Als er für zehn Tage in die Freizeit fährt, schickt er
Mini eine Karte. Was aus den beiden wird, geht nicht aus dem Roman
hervor. Alle drei Figuren werden nicht weiter ausgeleuchtet,
weshalb man keine Entwicklung feststellen kann. Man kann sie also
als Typen bezeichnen. Dadurch, dass sie keine Rätsel aufwerfen,
möchte man ihnen als Leser nicht unbedingt nachspüren. Oder aber
man betrachtet die Figuren als Leerstelle und sieht gerade darin
das Interessante, nämlich diese zu füllen.
Sprache
Die Sprache ist gekennzeichnet durch die immer wieder
auftretenden chinesischen Übersetzungen. Dadurch entsteht eine
Abwechslung aus deutscher und chinesischer Sprache. Die
Übersetzungen sind in kursiver Schrift gedruckt. Darüber hinaus
sind die Popmusik-Zitate sehr kennzeichnend für den Roman. Immer
wieder werden Songtexte eingeschoben, die Minis Situationen und
Emotionen widerspiegeln. Auch Metaphern werden eingesetzt. So
bezeichnet beispielsweise Wu seine Nichte als „Banane“ um zu
verdeutlichen, dass die zwar aussehe wie eine Chinesin, jedoch von
ihrem Wesen her einer Deutschen entspräche.Eine sich wiederholende
sprachliche Eigenart des Romans ist eine Frage, die Tu seiner
Tochter in jedem Gespräch stellt: „Hast du heute schon Reis
gegessen?“ Die Verwendungen von Fäkalsprache,
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9
wie „du fettes, faules Arschloch“ sind im Kontext des
Restaurantbetriebes an manchen Stellen zu finden.
Die Sprache des Romans zeichnet sich durch eine elementare
Syntax aus und ist durch einen einfachen Hauptsatzstil geprägt und
somit eher parataktisch. Auf kompliziertere Formen der
Gedankenwiedergabe wird weitgehend verzichtet, sodass der Roman
keine Verständnisschwierigkeiten aufweist.
Gattungskontexte und Intertextualität
Im Jahr des Affen trägt wesentliche Merkmale der Gattung
Adoleszenzroman. Im Zentrum des Adolesenzromans steht die
Schilderung alltagsnaher Gegenstände und vor allem die
Konfrontation des Protagonisten mit der Gesellschaft. Das Modell
konstituiert sich in seiner idealtypischen, klassischen Ausprägung
durch das Genre des Adoleszenzromans (vgl. Weinkauff/von Glasenapp
2013, S.125). Als Grenzgänger zwischen Jugendliteratur und
allgemeiner Literatur sind Adoleszenromane nicht auf eine
Zielgruppe festgelegt. Sie verwenden Techniken des psychologischen
Erzählens und weisen oftmals intertextuelle Bezüge auf (vgl. Rank
2006, S.1).
„Im Jahr des Affen“ weist jedoch noch andere Merkmale auf, die
sich der Migrantenliteratur zuordnen lassen. Als Migrantenliteratur
(auch: Migrationsliteratur) werden in der Regel Werke bezeichnet,
deren Autoren einen einschneidenden Kultur- und meistens auch
Sprachwechsel hinter sich haben. Sie konstituiert sich jedoch erst
in ihrer Schreibweise und ist per se nicht an Zuschreibungen von
Sprache und Herkunft der Autoren gebunden. Charakteristisch für
diese Schreibweise ist ihre kulturelle Vielschichtigkeit. Die
meisten der Migrantenliteratur zuzuordnenden Autoren verfassen ihre
Werke in deutscher Sprache (vgl. Hübner 2008).
Die einzigen intertextuellen Bezüge, die der Roman aufweist,
sind die Pop-Musik-Zitate. Liebeslieder wie „Goodbye my Love“ von
Teresa Teng oder auch schnelle Musik zum Feiern wie „I just can’t
get enough“ werden in der Erzählung zur Verdeutlichung von Minis
Gefühlslagen eingesetzt. Mini hört gerne westliche Musik, um in die
Welt ihrer Freunde einzutauchen. Für sie stellt Musik einen
Zufluchtsort dar, an dem sie den ganzen Alltag hinter sich lassen
kann. Vereinzelt wird auch auf Filme und Videos Bezug genommen, wie
zum Beispiel auf das Video Lullaby oder den Film The Shining.
Adressatenentwurf Der Roman ist als Jugendbuch erschienen und
wird ab einem Alter von 14 Jahren empfohlen. Dennoch ist der
textimmanente Adressatenentwurf offen, denn der Roman ist definitiv
nicht nur für jugendliche Rezipienten geeignet, sondern auch für
Erwachsene. Zum einen können sich mit Minis Erfahrungen zum
(ersten) Verliebtsein identifizieren. Zum anderen ist der Roman
bezüglich der Identitäts- und auch der Flüchtlingsproblematik
sowohl für Jugendliche als auch Erwachsene sehr spannend. Die im
Roman behandelten Themen wie Migration und Flucht sind
gesellschaftspolitisch aktuell, relevant und somit im Fragehorizont
von jugendlichen und erwachsenen Lesern wiederzufinden. Der Roman
bietet, abhängig von persönlicher Lebenserfahrung und literarischer
Bildung, jugendlichen und erwachsenen Lesern unterschiedliche
Zugänge.
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Didaktische Überlegungen
Wirkungs- und Anforderungspotential des Romans
Die Behandlung des Romans bietet sich für die Klassenstufen 7-9
an. Die Schülerinnen und Schüler sind ungefähr im Alter der
Protagonistin oder ein wenig jünger. Auf der Ebene der Themen
stellt der Roman Anforderungen an seine Leser, denn er erzählt von
Identifikationsproblematik, Flucht, und vom Erwachsenwerden. Die
Suche nach Identität und die Herausforderungen des Erwachsenwerdens
sind für SuS dieser Altersspanne von großer Bedeutung. Auf
politischer Ebene erhalten Jugendliche und Erwachsene Impulse zum
vorurteilsfreien und vorsichtigen Umgang mit der derzeitigen
Flüchtlingsproblematik. Diese Themen machen es lohnenswert, diesen
Roman mit den SuS zu lesen und in unterschiedlicher Weise zu
bearbeiten. Der Roman ist kein moralisierendes,
gesellschaftskritisches Werk. Vielmehr lässt er verschiedene
Lesearten und Erfahrungsweisen zu und trägt auf diese Weise zur
literarisch-ästhetischen Bildung bei. Dass die Sprache eher einfach
ist, die Binnenhandlung chronologisch erzählt wird und der Text
komplexe Formen der Rede- und Gedankenwiedergabe (innerer Monolog,
erlebte Rede) vermeidet, erleichtert die Lektüre. Die relativ
zurückhaltende Erzähldramaturgie und der lakonische Erzählstil
könnten für SuS, die Geschichten mit viel Handlungsspannung
bevorzugen, eine Hürde darstellen. Aus diesem Grund könnte eine
Mischform aus Selbstlesen und Einsatz des Hörspiels sinnvoll
sein.
Relevanz im Prozess der literarischen Sozialisation
Die „Lesesozialisation“ bzw. die „literarische Sozialisation“
ist ein Teilbereich der Sozialisation, der sich mit der Literatur
einer Gesellschaft und deren Gebrauch auseinandersetzt. Die beiden
Begriffe sind durch die in den letzten Jahren veränderte
Wahrnehmungs- und Lektürenform entstanden. Der Fernseh-, Computer-
und Telekommunikationskonsum hat stark zugenommen und die
ursprünglichen „Lesemedien“ wie Bücher, Zeitschriften, Zeitungen
usw. haben in ihrer Bedeutung stark abgenommen. Die Begriffe
„Lesesozialisation“ bzw. „literarische Sozialisation“ implizieren
jedoch, dass durch diese Veränderung die Wichtigkeit des Lesens
nicht abgenommen, sondern zugenommen hat. Lesesozialisation ist der
umfangreichere der beiden Begriffe. Er beinhaltet alle Formen von
Aneignung und Vermittlung der Kompetenzen zur Aufnahme und
Verarbeitung von Texten aller Art. Die literarische Sozialisation
wird vom Autor als der „prototypische Kern“ der Lesesozialisation
bezeichnet und ist enger gefasst. Er ist eher auf die Beschäftigung
mit dem differenzierten Formenspektrum literar-ästhetischer Kultur
bezogen. Die Begriffe decken sich in Bezug auf allgemeine
Medienkompetenz nur teilweise, so beinhaltet z.B. die literarische
Sozialisation auch Medien wie Theater, Filme und Fernsehen, die
Lesesozialisation hingegen nicht (vgl. Dehn, Payrhuber, Schulz
& Spinner, 1999). Leubner zufolge beginnt mit der Pubertät eine
neue und häufig problematische Phase der literarischen
Sozialisation. Ein Großteilt der Jugendlichen erfährt im Alter von
12/13 bis 15 Jahren eine Lebenskrise, d.h. die Lesemotivation und
das tatsächliche Lesen nehmen je nach Klassenstufe mal mehr mal
weniger ab (vgl. Leubner 2012, S.78). Bereits bekannte Textsorten
erscheinen nicht mehr interessant, andere Texte sind noch nicht
zugänglich. Die Folge ist, dass die Mehrheit der Jugendlichen im
Anschluss an die pubertäre Lebenskrise zu Nicht- oder Weniglesern
wird. Nur eine Minderheit kann diese Krise überwinden. Gerade aber
in dieser Phase können Kompetenzen erworben werden, die für das
Verstehen literarischer Texte von zentraler Bedeutung sind. Um
einige zu nennen: Darstellungsverfahren können erkannt und auf ihre
Funktion für das Bedeutungspotenzial eines Textes überprüft werden,
fremde Sichtweisen von Wirklichkeit können sich angeeignet und auf
die eigene Lebenswelt angewandt werden etc. (vgl. ebd. S.79). Der
Roman „Im Jahr des Affen“ bietet SchülerInnen die Möglichkeit,
diese Kompetenzen auf- und auszubauen.
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11
Bildungsziele und Kompetenzen
Diesem Unterrichtsmodell liegt ein weiter, nicht auf
standardisierbare Problemlösungsfähigkeiten eingeengter
Kompetenzbegriff zugrunde. Auf dieser Basis haben Karin Vach, Gina
Weinkauff und Bettina Wild eine Systematik literarischer
Kompetenzbereiche entwickelt, die ihre wichtigsten Impulse aus zwei
vieldiskutierten Beiträgen von Kaspar H. Spinner und Ulf Abraham
bezieht (vgl. Abraham 2005, Spinner 2006). In der Absicht, eine
Grundlage für die Beschreibung von Kompetenzen zu schaffen, die
sich im Umgang mit Kinder- und Jugendliteratur in unterschiedlichen
Medienkontexten entwickeln können, wurden die vorhandenen
Definitionsvorschläge durchforstet, systematisiert und ergänzt. Das
Ergebnis ist eine Unterscheidung von sechs Kompetenzbereichen, die
sich jeweils in unterschiedliche Teilkompetenzen ausdifferenzieren
lassen. Teilhaben und Genießen meint die Fähigkeit vorhandene
literarische und mediale Angebote auf subjektiv befriedigende Weise
zu nutzen. Ein bedeutsamer und sehr komplexer Kompetenzbereich, der
sich in verschiedene Niveaustufen und kulturelle Sektoren
ausdifferenzieren lässt. Er umfasst die Teilhabe an popular- und
jugendkulturellen Angeboten ebenso wie die Aneignung
literarisch-kultureller Traditionen. Genussfähigkeit kann sich auf
ein bestimmtes Genre beziehen, aber auch die Bereitschaft zum
Genuss immer neuer und vielfältiger Werke umfassen und sie kann in
sehr verschiedenem Umfang reflektiert sein. Wahrnehmen und
Analysieren zielt auf die Strukturiertheit literarischer Werke ab
und umfasst sowohl begrifflich-explizites Problemlösungswissen (=
Analysieren) als auch das vorbegrifflich-implizite Wissen um
textsorten- oder medienspezifische Muster, das oftmals eine
Komponente der Genussfähigkeit bildet. Zu diesem Kompetenzbereich
gehören zum Beispiel Sprache, Handlungslogik, Figurenkonzepte,
Erzählweisen, Bildsprachen und verschiedenste mediale
Darstellungsstile. Die zugehörigen Teilkompetenzen können sich
durch die bloße Rezeption einstellen und im Unterricht nicht nur
durch Analyseaufgaben gefördert werden sondern auch durch
handlungs- und produktionsorientierte Aufgabenstellungen. Verstehen
und Reflektieren ist ein Kernbereich des Literaturunterrichts wie
auch der Teilhabe an der literarischen Kultur überhaupt. Der
Unterschied zum Wahrnehmen und Analysieren liegt in der
Subjektzentrierung und der Fokussierung der Deutungsoffenheit
literarischer Texte. Das verstehende Subjekt setzt sich selbst in
Bezug zum Gegenstand des Verstehens, indem es ihn sich vorstellt,
sich damit identifiziert oder eine bewusste Deutung versucht. Zu
diesem Kompetenzbereich gehört die Imagination, die
Empathiefähigkeit, das Fiktionalitätsbewusstsein, das
Symbolverstehen, die Bereitschaft, sich auf Unabschließbarkeit des
Deutungsprozesses einzulassen, die Fähigkeit zum
geschichtsbewussten Verstehen und die Fähigkeit,
Wirklichkeitsbezüge herzustellen. Urteilen und Auswählen schließt
sehr eng an die Genussfähigkeit an und umfasst die Fähigkeit zur
Reflexion persönlicher literarischer Vorlieben und zur Orientierung
in der entsprechenden Teilöffentlichkeit, die Bereitschaft,
Irritationen durch Ungewohntes zuzulassen und für die
Geschmacksbildung zu nutzen, aber auch die Auseinandersetzung mit
und Positionierung zu literarisch-kulturellen Normen. Sich
Mitteilen und Austauschen umfasst die Kompetenzen der Kommunikation
von literarischen Erfahrungen Wahrnehmungen oder Deutungen in allen
dafür relevanten mündlichen und schriftlichen Formaten. Also zum
Beispiel an literarischen Gesprächen teilnehmen, eine Rezension
verfassen, eine Buchpräsentation gestalten, schriftliche
Analyseaufgaben oder Interpretationsaufsätze verfassen. Sich
Ausdrücken und Gestalten wird hier als ein eigenständiger
Kompetenzbereich verstanden. Gestalterische oder darstellende
Verfahren können Teil der sogenannten Anschlusskommunikation sein
(Sich Mitteilen und Austauschen) oder im Rahmen des handlungs- und
produktionsorientierten Literaturunterrichts auf das Wahrnehmen und
Verstehen eines literarischen Ausgangstextes abzielen. Die
Entwicklung sprachlicher, literarischer und darstellerischer
Produktionskompetenzen besitzt aber durchaus eine Eigendimension
als ein Kompetenzbereich, der nicht nur für die Literaturdidaktik,
sondern auch für die Sprachdidaktik und für die Didaktik der
Unterrichtsfächer Kunst und Musik relevant ist. Dazu gehören neben
den literarischen Schreibweisen, die die SuS im Unterricht selbst
erproben beispielsweise sämtliche Verfahren des ästhetischen
Sprechens und des darstellenden Spiels, die im Rahmen des
Deutschunterrichts praktiziert werden.
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Bezug zum Bildungsplan
Im Bildungsplan wird zwischen inhaltsbezogenen und
prozessbezogenen Kompetenzen unterschieden. Die inhaltsbezogenen
Kompetenzen beschreiben konkrete Inhalte und Fachstandards, die die
SuS am Ende eines Bildungsabschnittes erworben haben sollen. Die
prozessbezogenen Kompetenzen ziehen sich hingegen durch die gesamte
Schullaufbahn und sind für das Ende eines Bildungsganges
formuliert. Sie beziehen sich auf die langfristige, persönliche
Entwicklung eines Kindes. Ziel der Bildungsplanreform 2016 ist die
Stärkung der Bildungsgerechtigkeit in Baden-Württemberg. Durch mehr
Klarheit in den Anforderungen und den Abbau von Bildungshürden wird
die Durchlässigkeit im baden-württembergischen Bildungssystem
erhöht und damit die Grundlage für eine systematische individuelle
Förderung und den Umgang mit Heterogenität geschaffen. (vgl.
Kultusportal BW Anlass o. J.) Dem neuen Bildungsplan zufolge
erfahren die SuS in der Literatur die ästhetische Gestaltung von
Welten. Der Literaturunterricht vermittle zudem „vielfältige
Gelegenheit, in der Vermittlung durch Literatur die Problemlagen
vergangener wie moderner Gesellschaften zu verstehen und kritisch
zu hinterfragen“ (vgl. Bildungsplan 2016, S.3). Der Umgang mit
Sachtexten und unterschiedlichen Medien im Deutschunterricht soll
die SuS zudem befähigen, sich in einer technisch-medial
beschleunigten und zunehmend komplexen Lebenswelt zu orientieren
und mit den Anforderungen und Möglichkeiten der modernen
Informationsgesellschaft umgehen zu können (vgl. ebd., S.3). Die
Lektüre des Romans Im Jahr des Affen bietet sich
schulformübergreifend für die Klassenstufen sieben bis neun an. Er
eignet sich, um Brücken zu fremden Kulturen zu bauen und die
Bedeutung unterschiedlicher kultureller Wurzeln von Familien zu
erschließen (vgl. Bildungsplan BW Werkrealschule 2012, S. 42).
Durch die Behandlung des Romans Im Jahr des Affen, der mehrere
Kulturen und soziale Schichten thematisiert, können solche Brücken
gebaut werden. Überdies bietet der Roman die Möglichkeit „innere
und äußere Merkmale, Verhalten und Beziehungen literarischer
Figuren [zu] beschreiben und davon ausgehend Handlungsmotive [zu]
erläutern“ und die in den Texten dargestellte Lebenswelt mit der
eigenen zu vergleichen (vgl. Bildungsplan BW Sekundarstufe I 2016).
Der Deutschunterricht in der Sekundarstufe I zielt auf eine
„gezielte Leseförderung und die Stärkung des Leseinteresses“
(Bildungsplan BW Realschule 2004, S. 49). Die SuS sind mehr und
mehr in der Lage, wesentliche Inhalte literarischer Texte
wiederzugeben und zu beschreiben. Sie erfahren Alterität in der
Auseinandersetzung mit literarischen Figuren sowie Lebenswelten und
kommen auch mit anthropologischen Grundfragen in Berührung (vgl.
Bildungsplan BW Sekundarstufe I 2016). Mithilfe von
Arbeitstechniken lernen die SuS Textpassagen zu erschließen,
auszuwerten und ihre Absichten zu verstehen. Ferner können sie über
die Funktion sprachlicher Mittel reflektieren. Der Bildungsplan für
das Gymnasium thematisiert die Auseinandersetzung mit
Lebensentwürfen in literarischen Texten. Nennenswert sind hierbei
unterschiedliche Kulturen und Religionen. Im Jahr des Affen kann
beim Erwerb dieser Kompetenz unterstützend wirken. Ähnlich wie in
der Realschule können die SuS ihre Weltsicht bereichern,
Empathiefähigkeit und Fremdverstehen entwickeln sowie zunehmend zu
einer Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Identität gelangen (vgl.
Bildungsplan BW Gymnasium 2016).
Literaturdidaktische Ansätze
Um die genannten Ziele und Kompetenzen zu erreichen, bieten sich
folgende Hauptmethoden des Literaturunterrichts an (vgl. Leubner et
al. 2012, S.153 – 165):
1. Das Unterrichtsgespräch 2. Der handlungs- und
produktionsorientierte Unterricht 3. Das textnahe Lesen 4.
Verfahren der Textanalyse
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Das Unterrichtsgespräch
Das Unterrichtsgespräch wird in der Deutschdidaktik als eine Art
Königsweg zur Textinterpretation angesehen (Leubner et al. 2012 S.
154). Die SuS können durch das Gespräch mit der Lehrkraft und ihren
Mitschülern ihre subjektiv gebildeten Deutungen überprüfen,
modifizieren oder ausdifferenzieren. Auf diese Weise wird ihnen
nicht nur die Möglichkeit geboten, ihre Textverstehenskompetenz zu
entfalten, sondern auch ihre Kommunikationsfähigkeit. Beim
Unterrichtsgespräch wird generell zwischen dem (zurückhaltend)
gelenkten und dem (offenen) literarischen Unterrichtsgespräch
unterschieden. In jedem Fall sollte es vermieden werden, Fragen zu
stellen, die zu einer von der Lehrperson schon vorher festgelegten
Interpretation führen. Zielführender ist es, die SuS zu fragen,
welche Textstellen sie bspw. emotional berührt, irritiert,
verärgert oder zum Nachdenken gebracht haben. Diese Textpassagen
können mögliche Unklarheiten, emotionale Berührungspunkte, Komik
oder Irritationen enthalten. Diese Deutungen können mit den anderen
SuS innerhalb des Unterrichtsgesprächs ausgetauscht werden.
Überdies können Texte in einem entsprechend moderierten Gespräch
auch analysiert werden. Handlungs- oder/und produktionsorientierte
Verfahren
Der HPLU hat seit seinen Anfängen in den 1980er Jahren ein
reiches Methodenrepertoire hervorgebracht. Ziel ist in erster Linie
die Förderung literarischer Verstehensprozesse. Zugleich fördert er
auch die Entwicklung von Schreibkompetenz und die Entfaltung der
musisch-kreativen Potentiale der SuS. Durch eine aktive Gestaltung
des Leseprozesses soll erreicht werden, dass die SuS "in affektiven
und emotionalen Kontakt mit einem Text […] kommen" (Waldmann 2011,
S. 53). Die seit den 80er und 90er Jahren häufig angewandten,
handlungs- und produktionsorientierten Verfahren sind sehr
schülerorientiert und stoßen aufgrund ihrer Vielfalt bei Lernenden
und Lehrenden auf große Akzeptanz im Literaturunterricht. Für SuS
bietet dieses Verfahren vielfältige Zugänge zum Wahrnehmen und
Verstehen literarischer Texte. Es ermöglicht einen
individualisierten Unterricht und intensive Lernprozesse.
Produktionsorientierte Verfahren sind häufig Schreibaufgaben, wie
beispielsweise das Konkretisieren (Ausphantasieren oder
Antizipieren) oder die Transformation (Veränderung) von
Textpassagen. Handlungsorientierte Verfahren können zum Beispiel
szenische oder bildnerische Darstellungen sein. Generell wird
zwischen Aufgaben differenziert, bei denen es um das Identifizieren
von Textelementen und -strukturen auf formaler Ebene geht, und
solchen, die eine Deutung der Handlung und des Figurenensembles zum
Ziel haben. Handlungs- und produktionsorientierter Aufgaben erden
in sämtlichen Bausteinen dieses Unterrichtsmodells vorgeschlagen.
Textnahes Lesen
Das textnahe Lesen nach der Konzeption von Elisabeth Paefgen
(vgl. Paefgen 1998) soll den SuS subjektive Zugänge zu
literarischen Texten eröffnen. Gemeint ist ein genaues,
wiederholtes, langsames und durch schreibende Tätigkeit (bspw.
Markieren von Textstellen oder Anfertigen von Notizen)
unterstütztes Lesen. Dabei sollen die SuS nicht Kriterien anwenden,
sondern sich spontan zu dem Text positionieren. Es liegt nahe,
dieses Verfahren zur Vorbereitung literarischer
Unterrichtsgespräche einzusetzen: die SuS vergleichen ihre Notizen
in Partnerarbeit, die dabei entstehenden Beobachtungen werden zum
Ausgangspunkt des literarischen Unterrichtsgesprächs. Verfahren der
Textanalyse
Textanalyse ist kein eigener literaturdidaktischer Ansatz,
sondern eher ein Kompetenzbereich. Sowohl der handlungs- und
produktionsorientierte Literaturunterricht als auch das
literarische Unterrichtsgespräch haben ein großes Potential zur
Förderung von Textanalysekompetenzen. Ab Klasse 4 ist es jedoch
auch intendiert, die SuS mit bestimmten Verfahren einer
kategoriengestützten Textanalyse vertraut zu machen.
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Vorschläge zur Realisierung
Die hier folgenden Realisierungsvorschläge verstehen sich als
Anregung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie
gliedern sich in 6 Bausteine, die jeweils einem inhaltlichen oder
formalen Aspekt des Romans gewidmet sind.
A Thematik B Erzählweise C Sprache D Handlungsorte E Figuren F
Intertextualität
Eine feste Reihenfolge ist nicht vorgesehen. Auch die
Unterrichtsvorschläge und Materialien innerhalb der Bausteine
können selektiv eingesetzt werden und sind nicht an eine feste
Abfolge gebunden. Jeder einzelne Unterrichtsvorschlag wurde einem
oder mehreren Kompetenzbereichen zugeordnet und mit einem
didaktischen Kommentar sowie einer Empfehlung zu Möglichkeiten der
Verortung im Rahmen der gesamten Unterrichtseinheit versehen. Für
die Unterrichtsorganisation und die Gestaltung der Lektürephase
gibt es beispielsweise folgende Möglichkeiten:
� die SuS lesen den Roman abschnittsweise, der Unterricht nimmt
auf die gerade gelesenen Abschnitte Bezug,
� die SuS lesen den Roman im Ganzen und erhalten dazu
Arbeitsanregungen oder Aufgaben, die sie im Rahmen eines Portfolios
oder Lesetagebuchs bearbeiten können, der Unterricht in der Klasse
schließt sich an die Lektüre an
� die SuS werden in der Lektürephase überhaupt nicht gelenkt,
der Unterricht in der Klasse schließt sich an die Lektüre an
oder
� das Buch wird nicht als verbindliche Klassenlektüre gelesen,
die Lehrperson verwertet die Realisierungsvorschläge des Modells
ausschließlich als Grundlage für individualisierte
Arbeitsanregungen
Im Anhang befindet sich ein Verzeichnis der Aufgaben und
Materialien, das einen guten Überblick bietet. Einige der Aufgaben
können auch lektürebegleitend eingesetzt werden. Darum ist im
Verzeichnis ebenfalls vermerkt, welche Kapitel die SuS schon
gelesen haben sollten, bevor sie die eine oder andere Aufgabe
angehen.
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A. Thematik
Das Thema eines literarischen Textes wird durch die Verknüpfung
seiner Motive konstituiert. Die vorliegenden Unterrichtsvorschläge
bieten den SuS die Möglichkeit, sich mit zentralen Motiven des
Romans auseinanderzusetzen. A 1 behandelt den Kontrast zwischen
Armut und Reichtum. Der Vorschlag A 2 zielt auf das Nachvollziehen
der Fluchtgeschichte ab. A 3 dient zur Analyse der hierarchischen
Strukturen im Restaurant, die durch die tragische Fluchtgeschichte
begründet sind.
A 1 Armut und Existenznot Kompetenzbereiche: Verstehen und
Reflektieren, Sich Mitteilen und Austauschen Zeitbedarf:
Einzelstunde Jahrgangsstufenempfehlung: 7./8. Klasse Mögliche
Zeitpunkte innerhalb der gesamten Einheit: Lektürebegleitend
Didaktischer Kommentar: Aufgrund des zunehmenden
Auseinanderklaffens der Schere zwischen Arm und Reich spielen Armut
und Existenznot in unserer heutigen Gesellschaft eine immer größer
werdende Rolle. Auch in dem Roman „Im Jahr des Affen“ kommen diese
Themen zur Darstellung. Die SuS werden zunächst dazu angeregt, ihr
Vorverständnis der Armutsthematik zu formulieren. Die beiden
folgenden Aufgaben nehmen Bezug auf Kontexte dieser Thematik im
Roman. Sie zielen auf die Förderung des inhaltlichen und des
thematischen Verstehens ab. Aufgabe 2a regt eher das
Imaginationsvermögen der SuS an, Aufgabe 2b die Analysekompetenz.
Es bietet sich an, diese beiden Aufgaben zur Wahl zu stellen.
Beschreibung des Verlaufs: Der Einstieg erfolgt in Einzelarbeit,
danach kommt es zu einen kurzen Austausch mit dem Partner. In der
Erarbeitungsphase entwickeln die SuS Vorstellungen zu den Wohnungen
von Mini und Bela, indem sie eine entsprechende Zeichnung
anfertigen. Alternativ oder zusätzlich bearbeiten sie eine
Textstelle des Romans. (Mini findet im Briefkasten die
Mietnachzahlungsforderung der Wohnungsgesellschaft. Sie kann sich
das Schreiben nur schwer erklären.) Das Fragenset zu der Textstelle
kann entweder in Einzelarbeit oder in Form eines Schreibgesprächs
in Gruppenarbeit („Placemat“-Methode) bearbeitet werden. In
letzterem Fall erhalten die Gruppen Plakate mit den verschiedenen
Fragen, auf denen sie – schreibend – ihre Antworten austauschen
können. Am Ende werden die unterschiedlichen Ergebnisse präsentiert
und besprochen. Eine Präsentation der Ergebnisse beider
Aufgabenvarianten in Form eines Ausstellungsrundgangs bietet sich
an, soweit man für die Analyseaufgabe das Schreibgespräch gewählt
hat. Material: Fragen und Aufgabenstellungen 1, 2a und 2b, Vorlage
für die Placemat-Methode
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Aufgabe1: Vervollständige die Sätze:
� Wenn man arm ist, ist besonders schlimm, dass
…………………………………………………………………………………………………..…
� Arm ist, wer
………………………………………………………………………………………………………
� Armut kann man bekämpfen, indem
…………………………………………………………………….………………………………
� Arme Leute brauchen
………………………………………………………………………………………………………
Aufgabe2 a: „Ich holte mir eine Cola aus dem Kühlschrank und
ging ins Wohnzimmer. Der alte Wandschrank fiel mir ins Auge. Er war
eine Spende gewesen wie so vieles, als wir gerade in Deutschland
angekommen waren. Ich schaute auf den abgewetzten Teppich, den
zerkratzten Tisch. Solche Möbel sah man nur noch auf dem Sperrmüll.
Bloß das Sofa hatten wir vor paar Jahren neu gekauft, weil aus dem
alten die Sprungfedern rausgekommen waren. Bei Bela zu Hause sah es
bestimmt schick und ordentlich aus – so wie bei allen anderen
auch“. (S. 31)
Lies Minis Beschreibung ihrer Wohnung und fertige eine Zeichnung
davon an. Zeichne auch die Wohnung von Bela, so wie Du sie Dir
vorstellst. Verwende für Deine Zeichnung einen Bleistift oder
Farbstifte und ein DIN A3 Blatt, das Du in zwei gegenüberstehende
Bereiche aufteilst. Deine Zeichnung sollte den Gegensatz der
Wohnungen deutlich hervorheben. Aufgabe2 b: „In der Wohnung schaute
ich mir die Briefe genauer an. Der graue Brief war von der Wohnbau.
Die Frau mit dem Köter hatte sich also wirklich über uns beschwert.
Komischerweise waren Zahlen aufgelistet. Ganz unten stand eine
fette Zahl, und zwar 1296,55 DM, zu zahlen innerhalb von zehn
Tagen. Warum so viel Geld? Nur weil ich Krach gemacht hatte? Dann
sah ich, dass es die Mieten für Mai und Juni waren. Hatte mein
Vater vergessen, sie zu überweisen? Ich legte den Brief zur Seite
und öffnete den von den Stadtwerken. Wir sollten Strom nachzahlen,
und zwar unverzüglich, sonst würden sie uns demnächst den Strom
abstellen.“ S. 106.
� Was hat die Frau mit dem Köter mit dem grauen Brief der
Wohnbau AG zu tun?
� In dem Brief wird ein Fehlbetrag aufgelistet: 1296,55 DM Wie
lange müsstest Du sparen, um einen solchen Betrag zusammen zu
bringen? Wie lange müssten die Angestellten im Restaurant von Minis
Vater wohl dafür arbeiten?
� Glaubst Du auch, dass Minis Vater die Überweisung der Miete
nur vergessen hat? Begründe deine Antwort, sammle Argumente!
� Was geschieht, wenn die Miete nicht rechtzeitig überwiesen
wird?
� Kannst Du Mini einen Rat geben?
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Vorschlag zur Gestaltung der Plakate für das
Schreibgespräch:
A 2 Flucht aus Vietnam Kompetenzbereiche: Wahrnehmen und
Analysieren, Verstehen und Reflektieren, Sich Ausdrücken und
Gestalten, Sich Mitteilen und Austauschen Zeitbedarf: 2-3 Stunden
Jahrgangsstufenempfehlung: 7./8. Klasse Mögliche Zeitpunkte
innerhalb der gesamten Einheit: Lektürebegleitend Didaktischer
Kommentar: Die SuS sollen sich mit dem Thema „Flucht“ beschäftigen.
Sie eignen sich durch eigene Recherche zeitgeschichtliches Wissen
an, welches für das Verstehen des Romans wichtig ist. Das
Einzeichnen der Stationen in der Landkarte dient der besseren
Vorstellung des Fluchtweges von Bao und Minis Vater und fördert so
die Imagination der SuS. Sie sollen eine Vorstellung von der
Notlage der Flüchtenden und den Gefahren der Flucht bekommen, die
sich auf das Flüchtlingselend der Gegenwart übertragen lässt.
Beschreibung des Verlaufs: Die SuS lesen die angegebene Textstelle
und notieren Fragen, die sie beim Lesen beschäftigen. Als Anregung
wird eine mögliche Frage vorgegeben. Danach holen die SuS im
Internet Informationen zum Vietnamkrieg ein und informieren sich
darüber, was Boat People sind (Partnerarbeit). Hierfür sind bereits
Internetseiten angegeben. Um sich vorstellen zu können, welche
Strecke Bao auf seiner Flucht zurückgelegt hat, sollen die SuS nun
anhand des Buches die verschiedenen Stationen der Flucht in eine
Landkarte eintragen. Anschließend werden die Karten in 4er Gruppen
verglichen. Fragen, die sich aus dem Vergleich ergeben haben werden
im Plenum besprochen. Als letzte Aufgabe/ Hausaufgabe schreiben die
SuS einen Brief aus Baos Sicht, den er kurz nach der Flucht seiner
Mutter verfasst hat. Material zu den drei Aufgaben: Aufgabe 1
(Einzelarbeit): Lies die Textstelle auf Seite 118- 122, in der Bao
über die Flucht aus Vietnam erzählt. Welche Fragen stellen sich
dir, wenn du die Textstelle liest? Schreibe diese Fragen auf. (z.B.
„Warum mussten sie fliehen?“) Gibt es noch andere Fragen
hinsichtlich der Fluchtgeschichte von Bao und Minis Vater, die du
klären möchtest? Notiere auch diese Fragen.
Was hat die Frau mit dem Köter mit dem grauen Brief der Wohnbau
AG zu tun?
In dem Brief wird ein Fehlbetrag aufgelistet: 1296,55 DM. Wie
lange müsstest Du sparen, um einen solchen Betrag zusammen zu
bringen?
Glaubst Du auch, dass Minis Vater die Überweisung der Miete nur
vergessen hat? Begründe deine Antwort, sammle Argumente!
Was geschieht, wenn die Miete nicht rechtzeitig überwiesen
wird?
Ratschläge für Mini
Wie lange müssten die Angestellten im Restaurant von Minis Vater
wohl dafür arbeiten?
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Aufgabe 2 (Partnerarbeit): Informiert euch im Internet über den
Vietnamkrieg (http://www.geschichte-lexikon.de/vietnamkrieg.php)
und über Boatpeople (https://de.wikipedia.org/wiki/Boatpeople).
Welche eurer Fragen sind nun beantwortet? Welche bleiben nach wie
vor offen? Aufgabe 3 (Einzelarbeit): Trage die verschiedenen
Stationen auf der Karte ein, die Bao auf seiner Flucht durchlaufen
hat. Nutze dafür die oben angegebene Textstelle.
Aufgabe 4: Besprecht eure Fragen in 4er- Gruppen und vergleicht
eure Karten. Aufgabe 5: Bao hat seiner Mutter kurz nach der Flucht
einen Brief geschrieben, hat ihn aber nie abgeschickt. Schreibe
diesen Brief.
A 3 Das Familiengeheimnis Kompetenzbereiche: Verstehen und
Reflektieren, Sich Mitteilen und Austauschen Zeitbedarf: 45 min
Jahrgangsstufenempfehlung: 7./8. Klasse Mögliche Zeitpunkte
innerhalb der gesamten Einheit: lektürebegleitend
Didaktischer Kommentar: Der Unterrichtsbaustein dient dem
Verständnis einer Schlüsselszene des Romans, und zwar der
Offenlegung des Familiengeheimnisses auf S. 181-186 durch Bao im
Gespräch mit Mini. Wesentlich ist dabei, dass die Aufgabe
lektürebegleitend durchgeführt wird und zwar bevor die Lernenden
den zugrunde liegenden Abschnitt gelesen haben. Mini fragt sich
bereits seit Beginn des Buchs, wieso sich ihr Vater von Bao so viel
gefallen lässt und Aufgaben übernimmt, die ihrer Meinung nach Bao
erledigen müsste. Sie ärgert sich immer wieder darüber, dass Bao
nicht abspült. Die ausgewählte Szene des Buchs erklärt Baos
Verhalten und deckt ein Geheimnis der Familie im Zusammenhang mit
ihrer Flucht auf. Um den Fokus der Lernenden auf das Geheimnis zu
lenken, wird zunächst nur eine kurze Passage präsentiert. Diese ist
der Ausgangspunkt für die Lernenden mit Hilfe der Placemat-
http://www.geschichte-lexikon.de/vietnamkrieg.phphttp://www.geschichte-lexikon.de/vietnamkrieg.phphttps://de.wikipedia.org/wiki/Boatpeople
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Methode Vermutungen darüber anzustellen, was sich zwischen Bao
und Minis Vater abspielt. Sollte die Lerngruppe nicht bereits
vertraut sein mit dieser Methode, sollten hier eher 90 Minuten
eingeplant werden, damit diese entsprechend eingeführt werden kann.
Das Aufstellen von Vermutungen und ihre anschließende Reflexion
basierend auf dem Textabschnitt im Rahmen des Unterrichtsgesprächs
sichern einerseits das Textverständnis und machen andererseits die
Rolle des Geheimnisses für die Figuren deutlich. Die
produktionsorientiere Anschlussaufgabe, das zu entwickelnde
Telefongespräch, hat zwei Funktionen. Einerseits führt die Aufgabe
zurück zur Lektüre, Mini versucht im folgenden Kapitel zunächst
ihren Vater zu erreichen. Andererseits können so die im
Unterrichtsgespräch gesammelten Erkenntnisse, sowie die Sicht der
Lernenden auf die Situation und die Figuren sichtbar gemacht
werden. Eine Auswertung des Telefongesprächs in einer Folgestunde
wäre sinnvoll. Den Tonfall einer Figur im Rahmen eines Dialogs zu
treffen ist eine komplexe Herausforderung und kann dazu nutzbar
gemacht werden, sich auch dieser Figur, in diesem Falle speziell
Minis Vater, weiter anzunähern. Beschreibung des Verlaufs: Zu
Beginn der Unterrichtsstunde wird die folgende Textpassage
ausgegeben und vorgelesen: S. 181 Z. 7-21.
Onkel Wu war rausgegangen, ich war aber in der Küche geblieben.
Das Geschirr stand wieder in der Spüle und ich ärgerte mich über
Onkel Wu. Er war strenger als mein Vater. Er sagte meinem Vater,
was er zu tun hatte, er schimpfte ständig mit mir. Aber er befahl
Bao nicht abzuspülen. „Du spülst jetzt ab!“, sagte ich. Bao ging
nach hinten, ich lief ihm hinterher. Er setzte sich und fing an
Zeitung zu lesen. Das ist das letzte Mal, dachte ich. Entweder
schaffe ich es jetzt endlich oder ich schaffe es nie. Um diese Zeit
wird kein Dieb kommen. Es ist erst zwei Uhr, lange noch nicht
Feierabend. Höchstens Onkel Wu könnte stören. „Du bist nicht dein
Vater“, sagte Bao und starrte weiter in seine Zeitung. „Er wird dir
dasselbe sagen.“ Er wird mir gar nichts sagen.“
Anschließend erhalten die Lernenden die Aufgabe, mit Hilfe der
Placemat-Methode Vermutungen zu folgenden Fragen zu formulieren.
Bao weigert sich abzuspülen und scheint sich sehr sicher zu sein,
dass Minis Vater ihn niemals dazu zwingen wird, es dennoch zu tun.
Warum weigert sich Bao abzuspülen? Was denkst du, weshalb sich Bao
so sicher ist, dass Minis Vater auch in Zukunft nie darauf bestehen
wird, dass er abspült? Die im Zentrum der Placemat festgehaltenen
Vermutungen werden als Fazit an der Tafel gesammelt und sind so für
den weiteren Stundenverlauf fixiert. Nun wird der folgende
Textabschnitt bis S. 187 gelesen. Basierend auf den vorher
fixierten Vermutungen wird im Unterrichtsgespräch geklärt, welche
besondere Rolle das Abspülen in Baos Vergangenheit einnimmt und
wieso Minis Vater in Baos Schuld steht. Auch die Bedeutung dieser
Informationen für Mini sollte Thema des Gesprächs sein. Als
Anschlussaufgabe zum Beispiel in Form einer Hausaufgabe verfassen
die SuS einen Dialog. (Das Telefongespräch, das Mini im Anschluss
an das Gespräch mit Bao mit ihrem Vater führen könnte (S. 187 Z. 10
f.).
„Ich stand vor der Theke und versuchte im Krankenhaus anzurufen.
Aber ich verwählte mich immer wieder. „Jetzt ist die richtige
Zeit!“ Onkel Wu kam zu mir und sah auf die Uhr.“
Mini erreicht ihren Vater nicht am Telefon. Nach ihrer
Unterhaltung mit Bao hat sie viele Fragen an ihren Vater, über die
Vergangenheit, das Familiengeheimnis und die Geschehnisse im
Zusammenhang mit ihrer Flucht. Wie könnte das Telefonat verlaufen?
Welche Fragen könnte Mini ihrem Vater stellen? Wie würde er
antworten? Formuliere ein Telefongespräch in Form eines
Dialogs.
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B. Erzählweise
Der beiden Unterrichtsvorschläge des Bausteins B zielen auf das
Erzähltempo im Roman ab. B 1 vermittelt erste Erfahrungen mit den
entsprechenden Phänomenen und kann zur Einführung der
Analysekategorien verwendet werden. B 2 setzt diese bereits
voraus.
B 1 Zeitdehnendes / zeitraffendes Erzählen Kompetenzbereiche:
Wahrnehmen und Analysieren, Verstehen und Reflektieren, Sich
Ausdrücken und Gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
Jahrgangsstufenempfehlung: 7.- 9. Klasse Mögliche Zeitpunkte
innerhalb der gesamten Einheit: Die SuS haben den Text bis zur
behandelten Textstelle gelesen Didaktischer Kommentar: Die Aufgaben
vermitteln den SuS praktische Erfahrungen mit dem zeitdehnenden und
dem zeitraffenden Erzählen im Rahmen eines Schreibauftrags. Sie
erfahren dabei, welche Funktionen und Wirkungen unterschiedliche
Tempovarianten in einem Erzähltext haben können. Dabei fließen auch
persönliche Erfahrungen der SuS ein. Beschreibung des Verlaufs:
Nachdem die SuS die Version zu den vorgegebenen Seiten gelesen
haben, sollen sie selbst herausfinden, weshalb es sich um
zeitdehnendes Erzählen handelt. Ihre Vermutungen können sie mit
einem Partner abgleichen. Sie sollen sich nun eine gekürzte Version
überlegen und stoßen so selbstständig auf das zeitraffende
Erzählen. Im Anschluss sollen sie aus ihren eigenen Erfahrungen
berichten und dabei beide Erzählweisen verwenden. Abschließend
werden die Vergleiche im Plenum anhand gelenkter Fragestellungen
vertieft und präzisiert. Material: Der Roman, Fragen und
Aufgabenstellungen 1-4
1. Lies noch einmal die Szene, als Mini Geräusche aus dem
Keller
hört (S. 117-121). Kannst du dir vorstellen, wieso es sich
um
zeitdehnendes Erzählen handelt? Stelle Vermutungen auf!
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2. Versuche mit deinem Partner eine gekürzte Variante dieser
Szene
aufzuschreiben. Dabei solltet ihr höchstens zwei Sätze
verwenden. Man
spricht dabei von zeitraffendem Erzählen.
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3. Schreibt in euer Heft, welche Situation ihr schon einmal
erlebt habt,
als ihr von irgendwoher Geräusche gehört habt und nicht wusstet,
was
sich dahinter verbirgt. Es darf sich auch um eine ausgedachte
Geschichte
handeln. Verwendet dabei das zeitdehnende Erzählen (½
Seite)!
4. Schreibe deine Fassung nun in gekürzter Version auf. Gibt
die
gekürzte Fassung das wieder, was dir am Wichtigsten erscheint?
Was
verschweigt sie?
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B 2 Das Erzähltempo des Romans Kompetenzbereiche: Wahrnehmen und
Analysieren, Verstehen und Reflektieren, Sich Mitteilen und
Austauschen, Sich Ausdrücke und Gestalten (Zusatzaufgabe)
Zeitbedarf: max. eine Unterrichtsstunde oder Hausaufgabe
Jahrgangsstufenempfehlung: 8./9. Klasse Mögliche Zeitpunkte
innerhalb der gesamten Einheit: lektürebegleitend Didaktischer
Kommentar: Diese schriftliche Aufgabe setzt voraus, dass die SuS
bereits über ein entsprechendes begriffliches Instrumentarium
verfügen. Sie könnte an B 1 anschließen. Die SuS analysieren das
Erzähltempo zweier vorgegebener Passagen aus dem Roman und
reflektieren die Funktion der Tempovarianten. Ggf. experimentieren
sie anschließend noch einmal mit Tempoveränderungen. Beschreibung
des Verlaufs: Die SuS bekommen ein Arbeitsblatt ausgehändigt, auf
dem sich zwei Passagen aus dem Roman befinden.. Sie sollen die
Textstellen auf das Erzähltempo hin überprüfen und die Antwort auf
dem Arbeitsblatt notieren. Darüber hinaus setzten sich die SuS
damit auseinander, welche Funktion die beiden unterschiedlichen
Erzähltempi haben. Auch diese Ergebnisse notieren sie in das
Antwortfeld des Arbeitsblattes. Zusatzaufgabe (optional): Die SuS
experimentieren mit Tempovariationen, indem sie beispielsweise das
zeitdeckende Erzählen und zeitdehnende zum zeitraffenden Erzählen
umformen (und umgekehrt).
Material: Arbeitsblatt
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Arbeitsblatt zu A1:
Das Erzähltempo des Romans
„Ich bog in den kleinen Weg ein, spazierte am Wall entlang und
kurz darauf sah ich schon die Tische auf der schmalen Terrasse. Es
waren schöne Plätze direkt über der Aa (als langes >> Ah!
>Meine Mutter war tüchtig. Sie hat an der Straße süße Sesamsuppe
und Curryhuhn verkauft. Die Leute gingen alle noch nachts auf die
Straße, nicht so wie hier. Ein paar Stunden nach dem Abendessen
aßen die Menschen gerne etwas hinterher. Tagsüber kauften sie das
Curryhuhn, abends die süße Sesamsuppe. […] Wenn ich aufstand und
zur Schule ging, war sie schon wieder auf dem Weg zu ihrem
Standplatz. So konnte sie nach und nach etwas ansparen. Das
Ersparte hat sie klugerweise sofort in Gold umgetauscht. Damals gab
es Gold in Päckchen. In einem Päckchen waren drei Scheiben drin.
> Dein Vater war ein Nachbar Er hat bei uns immer Sesamsuppe
gegessen. Du warst auch manchmal dabei. […] >> Dein Vater
wusste, dass meine Mutter fliehen wollte. Er sagte, er kennen einen
Kapitän, der an ein Fischerboot herangekommen sei. Dein Vater
sagte, es koste sechszehn Goldpäckchen für eine Person. Meine
Mutter hatte aber nur siebzehn! Sie hat nur mich auf die Flucht
geschickt und gesagt, ich sollte sie später nachholen.
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C. Sprache
Da Sprache immer stark an Identität geknüpft ist, bildet sie
einen zentralen Aspekt des Romans. Die Protagonistin muss zwischen
zwei Sprachen hin- und herwechseln, was ihr nicht immer gleich
(gut) gelingt. Der Vorschlag C 1 soll die SuS dazu anregen, sich
mit bestimmten sprachlichen Eigenarten des Chinesischen
auseinanderzusetzen und über Eigenarten anderer, ihnen bekannter
Sprachen nachzudenken. In C 2 versuchen die SuS, die Bedeutung
einiger chinesischer Wendungen aus Dialogen im Roman
herauszufinden.
C 1 „Hast Du heute schon Reis gegessen?“ Kompetenzbereiche:
Wahrnehmen und Analysieren Zeitbedarf: max. 45 min
Jahrgangsstufenempfehlung: 7./8. Klasse Mögliche Zeitpunkte
innerhalb der gesamten Einheit: Lektürebegleitend (die SuS sollten
die ersten 8 Seiten des Romans gelesen haben) oder nach der Lektüre
Didaktischer Kommentar: Der Unterrichtsvorschlag soll die SuS für
Minis Schwierigkeiten mit dem Chinesischen sensibilisieren.
Ausgangspunkt ist die Begrüßungsformel „Hast Du heute schon Reis
gegessen?“. Die SuS sollen dann nach Beispielen für weitere nicht
wörtlich übersetzbare Begrüßungsformeln suchen – aus dem deutschen,
aus ihren Herkunftssprachen und aus anderen Sprachen, die sie
kennen. Beschreibung des Verlaufs: Die Lehrkraft teilt ein
Arbeitsblatt aus, auf dem die SuS eine Textpassage aus Seite 8
lesen. Anschließend sollen sie die darunter stehenden Fragen zur
Textpassage beantworten. Nach der Besprechung der Ergebnisse der
Fragen 1-4 erhalten die SuS noch einen Auftrag zur Recherche im
Internet. Beobachtungsauftrag (z.B. Als Hausaufgabe): Die SuS
sollen im Roman nach weiteren bildhaften chinesischen Redewendungen
suchen, die sich nicht direkt ins Deutsche übersetzen lassen.
Material: Arbeitsblatt, Rechercheauftrag "Mein Vater schrubbte
jetzt die Töpfe. Das Handtuch war schon ganz durchnässt, aber ich
trocknete weiter ab. Wir machten beide stumm unsere Arbeit. Danach
hängte ich das schlaffe Handtuch über den Rand der Spüle. Mein
Vater wuselte um mich herum und fragte mich, ob ich schon etwas
gegessen hätte." (Im Jahr des Affen, S. 8) 1) Warum möchte Minis
Vater wissen, ob sie schon etwas gegessen hat. Kleiner Tipp: Sieh
nach, wie die oben wiedergegebene Textstelle weitergeht.
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2) Was glaubst du, weshalb die Chinesen sich auf diese Weise
begrüßen?
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3) Kannst du dir vorstellen, man würde sich in Deutschland auch
in der Form begrüßen? Begründe.
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4) Kennst Du Grußformeln aus anderen Sprachen, deren wörtliche
Bedeutung ein wenig merkwürdig ist?
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____________________________________________________________________________
Rechercheauftrag: Wie spricht man den chinesischen Gruß aus? Lass
es dir im Internet auf der Seite google-translate vorsprechen und
übe die Aussprache! Suche auch nach Informationen über die
Hintergründe der Grußformel und vergleiche sie mit deiner Antwort
auf Frage 2! Links: https://translate.google.de/
https://www.forumchina.de/chinesische-sprachen/hallo-chinesisch.html
http://tianchan.raecke-schreiber.de/inhalt.php?c=2&d=3&e=8&l=d
C 2 Übersetzungsmöglichkeiten Kompetenzbereiche: Verstehen und
Reflektieren, Sich Mitteilen und Austauschen, Sich Ausdrücken und
Gestalten Zeitbedarf: Einzelstunde Jahrgangsstufenempfehlung: 7./8.
Jahrgangsstufe Mögliche Zeitpunkte innerhalb der gesamten Einheit:
lektürebegleitend oder nach der Lektüre Didaktischer Kommentar: In
den Dialogen des Romans Im Jahr des Affen begegnen uns zahlreiche
(in lateinischer Schrift ausgedrückte) chinesische Wendungen, die
zumeist im Anschluss von der Erzählinstanz übersetzt werden. Der
Unterrichtsvorschlag konfrontiert die SuS mit einer Auswahl
derartiger Passagen ohne die Übersetzung mitzuliefern und
arrangiert auf diese Weise eine für mehrsprachige Lebenswelten
typische Erfahrung, die im Roman vielfach thematisiert wird. Die
SuS sollen versuchen, eine zum Kontext passende intuitive
Übersetzung zu finden und darüber reflektieren, wie sie vorgegangen
sind. Beschreibung des Verlaufs: Die SuS bekommen ein Arbeitsblatt
ausgeteilt, auf dem sich sechs Textausschnitte befinden, die
chinesische Sprachanteile beinhalten. Diese werden auf den ersten
Blick als unübersetzbar angesehen, jedoch erklärt sich der
Zusammenhang dieser Wörter mit dem restlichen Kontext in der
Semantik. Die SuS lesen sich die Textpassagen durch und entscheiden
intuitiv, wie die chinesischen Wörter ins Deutsche übersetzt werden
könnten. Ihre Übersetzungen sollten semantisch sinnvoll sein und in
den Kontext des jeweiligen Ausschnitts passen. Ihre Ergebnisse
notieren sie in die hierfür vorgefertigte Spalte auf dem
Arbeitsblatt. Anschließend kursieren die Ergebnisse im Stuhlkreis
und werden dann in einem offenen Unterrichtsgespräch besprochen.
Ziel des Gesprächs ist eine Reflektion der „Übersetzungs“-Erfahrung
und ein Austausch über die Funktion und Wirkung der chineischen
Wendungen im Romantext. Material: Arbeitsblatt
https://translate.google.de/http://tianchan.raecke-schreiber.de/inhalt.php?c=2&d=3&e=8&l=d
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Arbeitsblatt zu C 2: Sinnentsprechende Übersetzungen Übersetze
die folgenden chinesischen Textstellen so, wie sie deiner Meinung
nach in den Dialog passen.
Ich nahm mir ein abgewetztes Handtuch und trocknete die Teller
ab. Sie waren immer noch heiß, sie dampften fast. Die Hände meines
Vaters waren krebsrot. >>Djomä gum jiet?>Er bleibt acht
TageGum loji?Hm hai loji - das ist nicht langeDas ist sogar sehr
kurz für so einen langen Flug.>Hm haiAh! Mui – Mui !Gum
sui!>Ai jah!
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D. Handlungsorte
Der Baustein besteht aus zwei Unterrichtsvorschlägen, die die
SuS dazu anregen, sich mit den Orten des Romans zu beschäftigen.
Der erste Unterrichtsvorschlag thematisiert die emotionale
Bedeutung der Orte für Mini (D1), der zweite Unterrichtsvorschlag
zielt darauf ab sich mit der Atmosphäre der verschiedenen Orte
auseinanderzusetzen (D2).
D 1 Orte und ihre Bedeutung Kompetenzbereiche: Wahrnehmen und
Analysieren, Verstehen und Reflektieren Zeitbedarf: Einzelstunde
Jahrgangsstufenempfehlung: 7. - 9. Klasse Mögliche Zeitpunkte
innerhalb der gesamten Einheit: nach der Lektüre Didaktischer
Kommentar: Die SuS sollen die Orte im Roman beschreiben, um sie
anschließend in Bezug auf die Bedeutung für Mini zu analysieren.
Zur Visualisierung dient ein Ortsplan. Beschreibung des Verlaufs:
Die Schülerinnen und Schüler finden sich in Gruppen zusammen und
bearbeiten jeweils einen Ort aus der Lektüre. Jede soll sich auf
der Grundlage vorgegebener Textstellen mit einem Ort beschäftigen.
Mithilfe von Leitfragen sollen die Gruppen zuerst den Ort
beschreiben und dann herausarbeiten, welche Bedeutung der Ort für
die Protagonistin hat. Die Ergebnisse sollen dann stichwortartig
auf einem Plakat festgehalten werden. Material: großes Plakat mit
aufgeklebten Orten, evtl. kleine Kopie des Posters als Arbeitsblatt
Relevante Textstellen:
• Wohnung im Hochhaus (S. 15-16, S. 27 - 28, S. 43–44) •
Glashaus (S. 17–23) • Krankenhaus (S. 108-109, S. 124) • Keller (S.
121-123) • Chinalokal (S. 7-8, S. 12–13, S. 167)
Leitfragen: • Wie sieht der Ort aus? • Wie wird er im Buch
beschrieben? • Gibt es Besonderheiten? • Was erlebt Mini an diesem
Ort ? • Welchen Einfluss hat der Ort auf sie ? • Welche Rolle
spielt der Ort im Roman?
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D 2 Die Orte und ihre Atmosphäre Kompetenzbereiche: Wahrnehmen
und Analysieren, Verstehen und Reflektieren, Sich Austauschen und
Mitteilen, Sich Ausdrücken und Gestalten (Variante B) Zeitbedarf:
60-90 Minuten Jahrgangsstufenempfehlung: 7.-9. Klasse Mögliche
Zeitpunkte innerhalb der gesamten Einheit: nach der Lektüre
Didaktischer Kommentar: Dieser Unterrichtsvorschlag soll es den SuS
ermöglichen, sich intensiver mit den verschiedenen Orten und der
Atmosphäre, die an ihnen vorherrscht, zu beschäftigen. Er dient dem
inhaltlichen Verstehen und der Imaginationsfähigkeit, Variante B
fördert zudem produktive ästhetische und medienbezogene
Kompetenzen. Beschreibung des Verlaufs: Variante A: Die Aufgabe
kann einzeln, in Paaren oder in Gruppen durchgeführt werden. Die
SuS entscheiden selbst, welche Orte ihnen für die Handlung wichtig
erscheinen. Dann suchen sie sich passende Textstellen, die die Orte
beschreiben und überlegen, welche Geräusche an den Orten zu hören
sein könnten, wenn man den Roman in einen Film oder ein Hörspiel
transformieren würde. Die Ergebnisse werden als Ideensammlung
notiert. Abschließend kann in einem Unterrichtsgespräch besprochen
werden, welche Orte ausgewählt wurden, welche Bedeutung diese für
die Handlung haben und welche Geräusche die SuS zur
Veranschaulichung der Atmosphäre gewählt haben. Alternativ können
die Textstellen bereits vorgegeben werden. Die passenden
Textstellen sind im Unterrichtsvorschlag D1 aufgeführt. Variante B:
Eine etwas aufwändigere Variante ist die Produktion von
Hörspielsequenzen. Die SuS werden in Gruppen eingeteilt. Sie
bearbeiten jeweils nur einen Ort. Entweder wird dieser durch die
Lehrperson vorgegeben oder die SuS dürfen selbst entscheiden. Die
SuS können selbst mit Alltagsgegenständen Geräusche erzeugen und /
oder im Internet nach passenden Geräuschen suchen. Sie überlegen
sich, wie sie die verschiedenen Geräusche miteinander verbinden
möchten (Reihenfolge etc) und nehmen eine kurze Sequenz auf. Die
Ergebnisse können in einem abschließenden Unterrichtsgespräch
präsentiert und besprochen werden. Mögliche Aufgabenstellungen:
• Die verschiedenen Gruppen bekommen jeweils einen Ort
zugewiesen, den sie vertonen sollen oder wählen sich selbst einen
Ort, den sie vertonen möchten
• Alle Gruppen bekommen den gleichen Ort zugewiesen,
anschließend können die Ergebnisse verglichen werden
• Alle Gruppen vertonen mehrere Orte und erstellen daraus eine
längere Sequenz Abschließender Kommentar: Es bietet sich an,
Variante A zur Vorbereitung der aufwändigeren Variante B zu nutzen.
Variante A kann beispielsweise in einer Einzelstunde durchgeführt
werden. Dies ermöglicht es den SuS sich schon einmal zu überlegen,
welche Geräusche sie benötigen und wie sie diese erzeugen können.
Variante B kann dann in der nächsten Doppelstunde folgen. Material:
Handy mit Aufnahmefunktion, Alltagsgegenstände, PC Mögliche
Internetseiten: www.freesound.org www.sounddogs.com
http://www.freesound.org/http://www.sounddogs.com/
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E. Figuren Der Baustein „Figuren“ besteht aus vier verschiedenen
Unterrichtsvorschlägen. Diese fokussieren Figurenkonstellationen (E
1), regen zur Charakterisierung sämtlicher Figuren des Romans an (E
2), verknüpfen beide Aspekte im darstellenden Spiel (E 3) und
vermitteln Zugänge zu unterschiedlichen Figurenkonzeptionen
(statisch oder dynamisch: E 4).
E 1 Die Beziehungsentwicklung von Mini und Bao
Kompetenzbereiche: Wahrnehmen und Analysieren, Sich Ausdrücken und
Gestalten Zeitbedarf: 1-2 Schulstunden, 2 Alternativen
Jahrgangsstufe: 7.-9. Klasse Möglicher Zeitpunkt innerhalb der
Einheit: nach der Lektüre Didaktischer Kommentar: Der
Unterrichtsvorschlag soll den SuS bewusst machen, wie sich Minis
Bild von Bao im Laufe der Erzählung verändert. Zentral hierbei ist,
dass das Buch stets Minis Perspektive einnimmt, der Leser also nur
Minis Wahrnehmung der Figuren nachvollziehen kann. Dies sollte den
Lernenden bereits bewusst sein. Minis Meinung zu Bao ist zu Beginn
geprägt von Distanz und Antipathie, später wird sie zunehmend
differenzierter und positiver. Die Lernenden setzen sich zunächst
mit unterschiedlichen Einzelsituationen der beiden Figuren
auseinander und fügen sie anschließend zu einem Zeitstrahl
zusammen, der darstellt, wie Bao sich in Minis Augen verändert. Die
beiden alternativen Unterrichtsvorschläge unterscheiden sich mit
Blick auf den Stellenwert Methode „Standbilder bauen“. Beschreibung
des Verlaufs Variante A: Zunächst erhalten die Lernenden jeweils zu
zweit einzelne Textstellen, die sie mit Blick auf Minis
Einschätzung von Bao analysieren sollen. Als Hilfe dient ein
Körperumriss, den die Lernenden auf Grundlage der Textstellen mit
Adjektiven und Beschreibungen füllen sollen. Anschließend werden
die Plakate an der Tafel fixiert und der Handlung des Buchs
entsprechend zeitlich geordnet. Dabei werden diejenigen Umrisse,
die sich auf den Beginn des Buches beziehen deutlich „leerer“ sein.
Dies macht visuell anschaulich, dass sich nicht nur die Qualität
von Minis Meinung zu Bao verändert, sondern, dass diese im Laufe
des Romans deutlich differenzierter wird. Eine Erweiterung oder
Vertiefung der Aufgabe könnte in der Auslosung von Standbildern
bestehen. Hierbei werden Zweierpaaren die nun besprochenen
Situationen zugewiesen und die Lerngruppe „rät“, um welche
Situation es sich handeln mag. In der Darstellung und Analyse der
Standbilder, können die erworbenen Erkenntnisse zur
Figurenentwicklung vertieft und angewendet werden. Variante B:
Zunächst erhalten die Lernenden jeweils zu zweit einzelne
Textstellen, die sie in einem Standbild darstellen sollen. Sollten
Standbilder noch nicht ausreichend eingeführt sein, bzw. als
Differenzierungsangebot für unsichere Lernende, können Leitfragen
dienen. Wie fühlt sich Mini? Wie fühlt sich Bao? Wie weit entfernt,
sollten die Figuren stehen? Wer ist in der Situation dominant? Etc.
Die Standbilder werden präsentiert und im Unterrichtsgespräch
ausgewertet. Hierzu können die präsentierenden Lernenden von ihren
Klassenkameraden kurz aus der Erstarrung gelöst und befragt werden.
Zur Weiterarbeit in einer Folgestunde werden die Standbilder
abfotografiert. Mit der entstandenen Fotostrecke lässt sich in
einer Folgestunde zu einem Zeitstrahl zusammenfügen, der darstellt,
wie Bao sich in Minis Augen verändert.
Abb. 3
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