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C066 836 Masterstudium Musikethnologie Musikwissenschaft Leopold-Franzens-Universität Innsbruck Musikwissenschaft Innsbruck Betreuer: Prof. Dr. Raymond Ammann Masterarbeit Afrikanische Musik verstehen Zur Wahrnehmung und Auffassung der Musik im Königreich Buganda, Uganda. Autor: Erich Wechner BA Prennerweg 1 6561 Ischgl Matr.: 09417444 E-Mail: [email protected] Abgabe: Mai 2019
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Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

Mar 23, 2023

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Page 1: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

C066 836 Masterstudium Musikethnologie – Musikwissenschaft

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Musikwissenschaft Innsbruck

Betreuer:

Prof. Dr. Raymond Ammann

Masterarbeit

Afrikanische Musik verstehen

Zur Wahrnehmung und Auffassung der Musik im Königreich

Buganda, Uganda.

Autor:

Erich Wechner BA

Prennerweg 1

6561 Ischgl

Matr.: 09417444

E-Mail: [email protected]

Abgabe: Mai 2019

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Für meine Enkel

Lukas, Johannes, Nina und Hanna

„Bildung hilft uns, erwachsen zu werden“ (Joachim Gauck, Zitat)

Page 3: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

Inhalt

I. VORWORT UND DANKSAGUNG 4

II. EINLEITUNG – FRAGESTELLUNG UND METHODEN 7

III. MUSIKGESCHICHTE IM HISTORISCHEN UND SOZIALEN KONTEXT

IN UGANDA 11

1. Historisches und sozial-politisches Hintergrundwissen in der Relevanz zur Musikgeschichte

in Uganda 11

2. Sprachentwicklung und Besiedlungs-Historie in Ostafrika bzw. in Uganda 17

3. Uganda – Musikgeschichte 20

3.1 Musikgestaltung in Afrika 23

3.2 Tonale Strukturen, Mehrstimmigkeit, Musik und Tanz 34

3.3 Musik-Erleben in der Dorfgemeinschaft im Jahres- und Lebenszyklus 38

3.4 Ausbildung und Auswahl der MusikerInnen in der Gesellschaft 40

3.5 Musik im religiösen Kontext, Berührung mit anderen Kulturen 41

3.6 Hofmusik am Königshof in Buganda 47

3.7 Amadinda – Holm-Xylophon der Ganda 52

IV. FALLBEISPIELE: WORKSHOPS IN UGANDA IM KÖNIGREICH

BUGANDA – ERFAHRUNGEN UND ERKENNTNISSE 58

1. Vorstellen des Projektes – Theorie und Praxis 58

2. Einstudieren europäischer Marschmusik ohne musiktheoretische Vorkenntnisse 65

2.1 Fallbeispiel „Red Rock March“ - Marsch von Idar Torskangerpoll 65

2.2 Fallbeispiel „Dem Land Tirol die Treue“ – Marsch von Florian Pedarnig 74

V. FAZIT – SCHLUSSTEIL – REFLEXIONEN 81

VI. ANHANG 85

1. Abkürzungen/Ortsangaben/Biographien 85

2. Karten und Bilderverzeichnis 88

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3. Notenmaterial/Texte 90

3.1 Red Rock March: Originalpartitur Seite 1 und 2 90

3.2 “Dem Land Tirol die Treue“ 91

3.3 Red Rock March: Schlagzeug - Register Notenmaterial 2013 93

3.4 Red Rock March: Schlagzeug - Register Notenmaterial 2017 94

4. Hörbeispiele – Erich Wechner – H2 Mitschnitte 94

4.1 Tonaufnahmen, Live-Mitschnitte von Erich Wechner, 2013, 2014, 2017 und 2018 94

4.2 Klangbeispiele/Notenbeispiele – Ulrich Wegner 95

5. Filmbeispiele Brass Band Zigoti und Nateete - Workshops 96

VII. LITERATURVERZEICHNIS 98

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4

I. Vorwort und Danksagung

Schon in den 1960er Jahren hegte ich den Wunsch und lebte den Traum, einmal in Afrika

zu arbeiten und meine damals noch geringe Lebenserfahrung an die Bevölkerung weiter-

zugeben. „Dreams come true“, könnte man sagen, und so fuhr ich 2013, also erst mit 64

Jahren und natürlich mit größerer Erfahrung als Erzieher und Lehrer, nach Uganda. Schon

Jahre vorher hatte ich den Tiroler Verein „Kindern eine Chance“ kennengelernt und war

von der Arbeit, die ausschließlich Freiwillige unentgeltlich leisteten, begeistert. Obwohl

meine engsten Familienmitglieder nicht unbedingt die gleiche Begeisterung für mein

Vorhaben aufbrachten, führte ich meinen Plan aus und reiste nach Uganda mit dem Ziel,

„Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leisten, den Kindern und Jugendlichen auf ihrem Lebensweg

Bildung mitzugeben und vor allem ihre Musik kennenzulernen. Heute bin ich sehr froh,

dass ich mir diesen Traum erfüllt habe und in der Organisation „A Chance For Children“

in Uganda Waisenkindern und Jugendlichen eine Hilfe zu mehr Lebensqualität geben

konnte. Ich habe dadurch viele neue Freunde in Afrika gewonnen und sie lieben und

schätzen gelernt. Meine Einstellung zum Leben in meiner Heimat Tirol hat neue Perspek-

tiven erhalten, und ich schätze mich täglich glücklich, auf diesem Teil unserer Erde zu

leben. Die Wertschätzung unserer natürlichen Ressourcen und die unserer ausgegliche-

nen Ernährungsmöglichkeiten haben mein bisher gelebtes Wertesystem verändert und

mehr Zufriedenheit in mein Leben gebracht.

Nun stellt sich doch die Frage:

Welche Bedeutung hat schon Musik für mehr Lebensqualität?

Erstens bringt die Musik den Kindern und Jugendlichen große Freude in ihr Leben

und wird eine kreative und soziale Komponente in ihrem Leben.

Zweitens bedeutet gemeinsames Musizieren im Leben eines Waisenkindes, das noch nie

die Geborgenheit im Familienkreis kennengelernt hat, gelebte Gemeinschaft mit Freun-

den, die ähnliche Schicksale erleiden mussten.

Die mir fremde Mentalität der Menschen in Uganda stellte besondere Herausforderungen

an mich. Um Land und Leute, ihre Kultur, ihre Lebensweise und speziell ihre Musik bes-

ser kennenzulernen, war es wichtig, einige Zeit bei diesen Menschen zu leben. So hielt

ich mich im Jahre 2013 von Juni bis Ende August und in den Jahren 2014 und 2017

jeweils vierzehn Tage in Buganda auf. Ich arbeitete in der Lehrerfortbildung, unterrich-

tete Mathematik. Vor allem die Basics bereiteten für die Lehrer und Schüler Probleme.

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5

Im Unterricht hatte ich die Möglichkeit, die Musik der Menschen kennenzulernen, indem

ich einen Jugendchor leitete und eine Brass-Band mit den Jugendlichen betreute, ihnen

auf mitgebrachten Instrumenten aus Europa Musikstücke beibrachte.

Im nächsten Abschnitt stelle ich die Organisation „Kindern eine Chance“ - einen Tiro-

ler Verein – genauer vor.

Die Organisation KINDERN EINE CHANCE1 wurde 2008 in Innsbruck von Ste-

fan Pleger und seiner Frau Gabi Ziller mit dem Ziel gegründet, benachteiligte Kinder in

Uganda zu unterstützen. Die Schwesterorganisation in Uganda A CHANCE FOR

CHILDREN wurde 2009 als NGO registriert und offiziell vom Staat Uganda anerkannt.

KINDERN EINE CHANCE arbeitet ausschließlich ehrenamtlich und ist mit einem jährli-

chen Spendenaufkommen von etwa einer Million Euro wohl die größte rein ehrenamtlich

arbeitende Organisation Österreichs. Hundert Prozent der Spenden werden in den Pro-

jektgebieten für die Menschen in Bildung und Lebensqualität investiert. Aufwände und

Auslagen bei einem Volunteer-Einsatz in Uganda tragen die Vereinsmitglieder persönlich

aus eigener Tasche.

In Uganda arbeiten 203 einheimische Vollzeitkräfte für die Organisation. Derzeit betreibt

ACFC sieben Kindergärten, elf Schulen, zwei Behinderteneinrichtungen und eine Gehör-

losenschule, Lehrwerkstätten für Schlosserei, Tischlerei, Schneiderei, Schusterei, Friseur,

zwei Lehrbauernhöfe. Ein Patenkinderprogramm für etwa 1.200 Kinder, ein Schuljausen-

Programm für etwa 17.500 Kinder, ein HIV-positiv Programm für etwa 120 Kinder und

ein Brunnenbohrprogramm mit bisher etwa 50 gebohrten Tiefbrunnen ergänzen die Pro-

jektarbeit.

Folgende Grundprinzipien gelten für die Arbeit von KEC:

Nur Bildung ist der Schlüssel zu Entwicklung von Lebensqualität für

die Jugendlichen und Waisenkinder. Dafür stehen die vielen Schuleinrichtungen und Bil-

dungsanstalten, beginnend schon mit sechs Jahren.

Der Verein leistet also Hilfe zur Selbsthilfe durch Schulbildung und praktische Ausbil-

dung. Damit ist Nachhaltigkeit gegeben und Eigenverantwortung wird gefördert, denn

nur mit eigenem Engagement können die Jugendlichen später alle Möglichkeiten aus-

schöpfen und Erspartes für ihr Leben ansammeln, einen Beruf erlernen und so ihre Le-

bensqualität durch eigene Initiative verbessern. Ein Verbleiben in ihrer Heimat ist ein

angestrebtes Ziel.

1 Vgl. Factsheet des Vereins „Kindern eine Chance“ – Stand Frühjahr 2018

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6

Der Verein versucht schrittweise Verbesserungen der Infrastruktur zu erreichen, sowie in

der medizinischen Versorgung, welche noch sehr im Argen ist.

HIV-positive Kinder werden in einem eigenen Programm medizinisch und ernährungs-

technisch gefördert.

In Uganda ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung jünger als 15 Jahre. Es gibt so viele

Waisenkinder wie kaum in einem anderen Land der Welt. Der Verein setzt sich zum Ziel,

möglichst vielen dieser Kinder zu helfen, will aber keine Eliten in der Gesellschaft bilden.

Genauso sind auch behinderte Kinder in diese Chancen eingebunden. Man bedenke, dass

eine Behinderung, eine Fehlbildung des Körpers, von den Eltern immer noch als Schande

empfunden wird.

Der gemeinnützige Verein2 „Kindern eine Chance“ in Uganda existiert schon seit zehn

Jahren und arbeitet an den selbstgestellten Zielen und Aufgaben mit vielen Freiwilligen,

die ihre Freizeit und ihren Idealismus unentgeltlich zur Verfügung stellen. Entgegen häu-

fig praktizierter Entwicklungshilfe wird von KEC eine definierte und dem Projektziel

förderliche Eigenleistung, bzw. ein individueller Beitrag gefordert, um einer Mentalität

des „Hand-aufhaltens“ entgegenzuwirken.

Einheimischen Mitarbeitern der Organisation in Uganda werden lokal übliche Gehälter

gezahlt und keine „internationalen NGO Gehälter“, um ein Auseinanderdriften der mit

internationalen Geldern finanzierten „NGO- Szene“ und der lokalen „Normalbevölke-

rung“ zu verhindern.

Alle Spenden werden zu 100% in Uganda für diese Ziele ausgegeben. Die finanzielle

Gebarung wird jährlich durch Wirtschaftstreuhänder überprüft und so hat der Verein das

„Österreichische Spendengütesiegel“ erhalten. Informationen zum Verein sind unter

www.kinderneinechance.at zu finden.

Die Zentrale in Uganda – the Headquarter – liegt in Zigoti, nahe einer Transitroute zwi-

schen Kampala, der Hauptstadt Ugandas im Osten, und der demokratischen Republik

Kongo im Westen.

Eine kartographische Darstellung Ugandas mit seinen Distrikten ist im Anhang zu fin-

den. Die Distrikte Mubende und Mityana schließen sich an die Region um den Viktoria-

See an und liegen im Königreich Buganda. In diesen Distrikten an der Ost- Westtransit-

route befindet sich der geographische Bereich, in dem der Autor all seine Forschungen

durchführt. Der Ort Zigoti, wo der erste Workshop stattfindet, liegt ungefähr in der

Mitte zwischen Kampala und Fort Portal, das an der Grenze zum Kongo liegt. Nateete

2 Vgl. Pleger, www.kinderneinechance.at, Folder, 2017.

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7

ist im District Mubende gelegen, mehr abseits von der Hauptroute in einem eher sump-

figen Gebiet. In beiden Orten befinden sich Schulen von ACFC mit je einer School-

Brass-Band. Der Flughafen befindet sich in Entebbe, welches bis1962 die Hauptstadt

war.

An dieser Stelle meiner Arbeit bedanke ich mich ganz besonders beim Obmann von KEC

Stefan Pleger, der mit seiner Frau Gabi Ziller den Verein „Kindern eine Chance“ vor ca.

zehn Jahren gegründet hat. Für mich sind beide ein großes Vorbild für gelebte Humanitas

und Menschenfreundlichkeit. Ich habe beide bei verschiedenen Benefizveranstaltungen,

die ich schon Jahre vorher für den Verein organisierte, kennengelernt. Dabei ist in mir

das Bedürfnis entstanden, auch einmal eine Freiwilligenzeit in Uganda bei ACFC zu ab-

solvieren. Beide, „Gabi und Stefan“, sind Vorbilder in Sachen Menschenrechte als ge-

lebte Alltagskultur. Ein „Dankeschön“ gilt Achhorner Bernhard MA, einem wissen-

schaftlichen Mitarbeiter an der Musikwissenschaft in Innsbruck, der mich freundschaft-

lich und fachlich beraten hat. Herrn Professor Raymond Ammann möchte ich ebenso an

dieser Stelle für die wissenschaftliche Beratung und Betreuung bei meiner Arbeit einen

aufrichtigen Dank aussprechen.

II. Einleitung – Fragestellung und Methoden

Die Ausführungen von Bruno Nettl sind für den Autor sehr hilfreich und von Relevanz

bei der Erstellung der Methoden, die zum Eindringen in die Forschungsmaterie und der

Durchführung der Forschungsarbeit von großer Bedeutung.

Er stellt in seinem Werk „The Study of Ethnomusicology“3 eine vierteilige Definition der

Musikethnologie dar4:

Die Musikethnologie erforscht und studiert die Musik in einer bestimmten Kultur und

wird somit selbst zu einem Teil der zu erforschenden Kultur. Die Musikethnologie glaubt,

dass Musik ein Teil der Kultur und ein Produkt der menschlichen Gesellschaft ist.

Musikethnologie bedeutet ein Erforschen der Musik der Welt in vergleichender und re-

lativierender Weise. Sie sucht nach typischen Merkmalen der zu erforschenden Musik-

kultur.

3 Vgl. Nettl, Bruno 2006, Thirty-one Issues and Concepts zur Ethnomusicology – New Edition, “A

Credo”, Seite 12-13. 4 Ebenda, Seite 12 - 13

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8

Prinzipiell muss die Musikethnologie als Feldforschung betrieben werden, d.h., dass die

Wissenschaftler nicht nur die Musik konsumieren und aufzeichnen sollten, sondern mit

der Bevölkerung leben und musizieren als ein aktiver Teil der Gesellschaft der Ethnie.

Dadurch erhält der Ethnologe einen direkten Kontakt zur Entstehung, zum Gebrauch und

Gestaltung der Musik, vor allem wenn in kleinen Gruppen gearbeitet werden kann.

Musikethnologie bedeutet auch, dass das gesamte Umfeld der Gesellschaft zu erforschen

und zu berücksichtigen ist, nicht nur elitäre Gruppen.

Von zentraler Bedeutung ist für den Autor die Musikethnologie als Feldforschung, da er

auch eine Zeit mit den Kindern und Jugendlichen in Zigoti und Nateete verbracht hat.

Natürlich ist die Zeit zu kurz, um genaue Kenntnisse zur Kultur einer Ethnie und deren

Gesellschaftsstrukturen zu erreichen. Ein Verstehen ihrer Musik ist nur bruchstückhaft

möglich. Die Arbeit als Volunteer bezieht sich hauptsächlich auf den Schulbereich und

auf die Proben mit den jugendlichen Mitgliedern der „School-Brass-Band“ vorort. Zuerst

muss der Autor sich natürlich mit den örtlichen Bräuchen, aber besonders mit der Musik-

tradition beschäftigen und einen persönlichen, freundschaftlichen Zugang zu den Schüle-

rInnen finden.

Einerseits wird die Musikethnologie5 nach Nettl meist mit dem beobachteten Material

analysiert. Die zweite Möglichkeit ist, sie nach der Art der Tätigkeit zu bezeichnen, wäh-

rend die dritte Möglichkeit darin besteht, eigene Ziele festzulegen, sie zu untersuchen und

zu erforschen. Dazu gehören nach Nettl die Suche nach universalen und regional gültigen

Faktoren verschiedener Kulturen, und sowohl die Beschreibung der sogenannten Klang-

paletten (patterns of sound) als auch die Beschreibung und Erforschung der historischen

Wissenschaft der Musikgeschichte der jeweiligen Ethnie.

Die erwähnte dritte Möglichkeit wird der Autor hauptsächlich anwenden und eigene For-

schungsziele festlegen. Somit lehnt sich der Autor in seiner Arbeit an die Definitionen

von Bruno Nettl mit ähnlichen Methoden und Fragestellungen an.

Zuerst muss herausgefunden werden, wie die Gesellschaft in Buganda sich selbst

musikalisch definiert. Dabei ist es sehr wichtig, den sozialen gesellschaftlichen Struktu-

ren, dem geschichtlichen Hintergrundwissen und den religiösen Gegebenheiten des Lan-

des, in diesem Fall von Uganda bzw. dem Königreich Buganda im Süden, nachzuspüren

und sie zu durchleuchten. Zu erforschen ist ebenfalls, wie die Musik klingen sollte, bzw

ist es wichtig, die Grundkonzepte zu ermitteln, wie Musik im Zielgebiet funktioniert,

5 Vgl. Nettl, Bruno 2006, The study of ethnomusicology-Thirty-one issues and concepts, University of Illinois

Press, Seite 5 ff.

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9

gestaltet und von welchen Faktoren sie beeinflusst wird. Die Art des Musizierens der

Jugendlichen in der Organisation ACFC6 zu verstehen ist von großer Bedeutung für den

Autor in seiner teilnehmenden Arbeit in den folgenden Workshops. Eine Akzentuierung

auf die Erkenntnisse daraus ist dann entscheidend, um diese in den kulturellen Kontext

des Landes einzuordnen. Respekt für andere Traditionen aufzubringen ist eine wichtige

Voraussetzung dafür und soll europäische Musik egalitär betrachten. Die sozialen Kom-

ponenten der jugendlichen Waisenkinder sind natürlich ebenso zu berücksichtigen.

Die Musikstücke, die der Autor 2013 und 2014 mit der Brass-Band einstudieren will, sind

aus dem europäischen Raum und von ebensolchen Komponisten vertont und arrangiert.

Weil es ein ausdrücklicher Wunsch der afrikanischen Teilnehmer der Workshops ist, Mu-

sik kennenzulernen, die aus der Heimat des Autors stammt, wird diesem entsprochen.

2014 werden dann die Märsche „Red-Rock-March“ und der Tiroler Marsch „Dem Land

Tirol die Treue“ einstudiert. Die Unterrichtstechnik passiert dabei ausschließlich auf dem

Vor- und Nachspielen einzelner Sequenzen der Stücke, da die Workshop-Teilnehmer aus

Uganda und deren Betreuungslehrer (Trainer) keine Notenkenntnisse im europäischen

Sinn haben. Beim zweiten Workshop 2017 wird schon mit Syllabieren der Hauptmelo-

dien gearbeitet. Diese Technik wird zu einem besonderen Stellenwert der Arbeit und er-

fordert ein pragmatisches Vorgehen bei der Forschung.

Nach jedem Workshop werden die musikalischen Ergebnisse auf einem Tondo-

kument festgehalten, wobei der Autor sein eigenes Aufnahmegerät7 verwendet. Interes-

sant werden die Tondokumente erst dann, wenn sie vergleichend nach einer zeitlichen

Distanz betrachtet, beurteilt und Abweichungen nach musikalischen Erkenntnissen defi-

niert werden. Der Autor will untersuchen, ob bei der Gegenüberstellung der Tondoku-

mente afrikanische Musik-Traditionen, also afrikanische Wurzeln, zu erkennen sind. Es

sollen Differenzen und Konsense aufgezeigt werden. Dem Prozess der Differenzen der

musikalischen Darbietungen wird näher nachgegangen und eventuell in europäischer No-

tenschrift niedergeschrieben und festgehalten. Obwohl schriftliche Aufzeichnungen

fremder Ethnien in europäischer Notenschrift nicht immer befriedigend und ausreichend

sind, wird dies trotzdem versucht. Ein Faktor ist aber auf jeden Fall zu berücksichtigen,

und zwar die autodidaktische Ausbildung der afrikanischen Jugendlichen am Instrument.

6 Organisation „Kindern eine Chance “, in Uganda „A Chance for Children” 7 Vgl. Mobiles Aufnahmegerät, Field Recorder mit zwei eingebauten Mikrophonen,

https://www.soundandrecording.de/equipment/zoom-h4n-pro-field-recorder-im-test/ Aufnahmen im

Freien beim Marschieren oder in einem offenen Schulvorbau.

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10

Wie funktioniert „musikalisches Verstehen“ innerhalb eines kognitiven Systems

als Kommunikation zwischen den teilnehmenden Gruppen aus Afrika und Europa und

wie wird Musik in den afrikanischen Kulturen individuell verstanden?

Die treffende Antwort dafür liefert Gerhard Kubik in einem Zitat aus seiner Zeit als Mit-

glied der „Kachamba Brothers-Band“8:

Situation: Nach einem Konzert der Kachamba Brothers Band in Wien im August 1972

rügt der afrikanische Leiter der Band das Publikum, weil es seiner Ansicht nach in fal-

schen und temposchwankenden Steps mitklatschte. Daraufhin kam die Frage aus dem

Publikum, da auch Gerhard Kubik im Konzert mitspielte: Was ist mit diesem weißen

Mann? Die Antwort des Bandleaders war kurz und prägnant: „He has been for a long

time in „Malawi” and he understands our music.

In einem kognitiven System sollte Lernen zwischen den teilnehmenden Gruppen, im spe-

zifischen Fall zwischen Afrikanern und Europäern, durch Einsicht und „Aha-Erlebnisse“

funktionieren.

Laut Untersuchungen von Gerhard Kubik9 wird Musik in Afrika selten nur als

etwas Klingendes verstanden, sondern der Instrumental- und der Vokalmusik liegen im-

mer organisierte Bewegungsbilder zugrunde. Lehren und Erlernen von verschiedenen Be-

wegungsbildern erfolgen, nach Gerhard Kubik, immer mit unterschiedlichen Methoden.10

Von großer Bedeutung für die Arbeit wird es daher für den Autor als teilnehmender Be-

obachter sein, die Jugendlichen in ihrer tradierten Musikkultur zu verstehen und die Be-

wegungsmuster wie in einem „Stummfilm“ zu evaluieren und erfassen zu lernen.

Um die Musik dieses Landes besser zu verstehen, ist es unbedingt notwendig, die kultu-

rellen und geschichtlichen Hintergründe der einheimischen Ethnie zu hinterfragen. Daher

erschließt die Arbeit auch einen Überblick zur Geschichte/Musikgeschichte von Uganda,

wobei dem Königreich Buganda eine besondere Bedeutung zugemessen wird. Die Musik

am Königshof von Buganda hat heute noch einen signifikanten Einfluss auf das Musik-

geschehen im ganzen Staat.

Natürlich muss in diesem Zusammenhang das Instrumentarium am Hof und der einfachen

Menschen bewertet werden, wobei die Spielweisen, die verschiedenen Stimmungen und

Bauweisen zu beleuchten und zu vergleichen sind.

8 Vgl. Kubik 1988, Verstehen von Musikkulturen, „Afrikanische Musik als ein System von Bewegungs-

mustern “, S. 313 9 Vgl. Kubik 1988, Verstehen von Musikkulturen, „Afrikanische Musik als ein System von Bewegungs-

mustern “, S. 315 10 Ebenda

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Welche Methoden im Unterricht mit den Brass-Band-Mitgliedern mit Erfolg be-

dacht sind, muss erst durch Erfahrung und teilnehmende Beobachtung erprobt und ange-

eignet werden. So können dann beim zweiten Workshop 2017 schon die Erfahrungswerte

von 2014 angewendet werden. Philipp Kankwebaze, der einheimische Lehrer und Trainer

der Brass-Band, unterstützt die Bemühungen der Workshop Mitarbeiter und übersetzt

ihre Spiel-Anweisungen in die Muttersprache (Luganda) der Zuhörer und begeisterten

afrikanischen Workshop-Teilnehmer.

Das Erlernen neuer Musikstücke fordert vom Team um den Autor bei den Work-

shops 2014 und 2017 große Flexibilität, denn musikalische Muster haben in der afrikani-

schen Musik oft syllabisch-verbalen Charakter.11 Es müssen neue Wege im Vergleich zu

den Vorgangsweisen in Europa gefunden werden. Melodien wurden syllabiert, d.h. mu-

sikalische Phrasen werden mit Texten oder Silben ohne besondere Hintergrundbedeutung

von den afrikanischen Jugendlichen und vom einheimischen Lehrer, natürlich in der Mut-

tersprache „Luganda“, unterlegt. Die Syllabierungen der Hauptmelodien, die sich meis-

tens in den Trompetenstimmen befinden, in die Muttersprache „Luganda“ der Jugendli-

chen, erleichtern den afrikanischen MusikerInnen die Merkfähigkeit zur Reproduktion

der Melodien. Eine auffallende Problematik stellen für die afrikanischen MusikerInnen

die europäisch geprägten Rhythmen dar. Dieses Phänomen gilt es zu lösen, was ein

schwieriger Teil der Forschungsarbeit bedeutet, welchem der Autor mit viel Toleranz an

die afrikanische Musiktradition begegnen und akzeptieren will. Die rhythmischen Verän-

derungen, die Tonaufnahmen nach zeitlicher Distanz aufzeigen, werden dann vom Autor

in einer Notation europäischer Art festgehalten.

III. Musikgeschichte im historischen und sozialen Kontext

in Uganda

1. Historisches und sozial-politisches Hintergrundwissen in der

Relevanz zur Musikgeschichte in Uganda

Alle politischen, historischen und sozialen Veränderungen in einem Land hinterlassen

Spuren in der Volkskunst bzw. in der Musikgeschichte. Das Verstehen der Musik einer

Ethnie wird durch profundes Hintergrundwissen erleichtert und ist besser zu

11 Ebenda, S. 317

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veranschaulichen. Weil die Musik in Afrika sehr stark mit dem täglichen Leben verbun-

den ist, ist es notwendig, den sozialen und kulturellen Hintergrund zu erkunden12. Die

Musik in Afrika ist immer etwas Gesellschaftliches.13 Es wird musiziert und gesungen

zur Unterhaltung oder im Rahmen von Ritualen und Zeremonien bei Festen sowie bei der

Arbeit.

In der Volunteer-Zeit, die der Autor 2013 für drei Monate in Uganda als Lehrer und als

Lehrerbildner verbracht hat, lernt er die Strukturen und Bräuche der Gesellschaft genauer

kennen, wobei sich seine Arbeit nur auf die Distrikte Mubende und Mityana beschränkt

hat. Um eine Ethnie genauer zu studieren, ist es ebenso wichtig, die politischen Gegeben-

heiten im Land zu erfahren.

Uganda ist ein Binnenland und liegt um den Äquator und am Viktoria-See im

Herzen Ostafrikas. Jahreszeiten wie in Europa kennt man nicht, es wechseln sich nur eine

Trocken- und Regenzeit zweimal im Jahr ab. Auf einer Fläche, vergleichbar mit England,

leben ca. 42 Mill. Menschen, wobei die Tendenz steigend ist.

Im 14. Jahrhundert wurden in Uganda nachweislich Königreiche14 errichtet. Das König-

reich Buganda im Süden Ugandas fällt in die nähere Betrachtung des Autors und ist schon

während der Zeit des Protektorats der Engländer im Mittelpunkt der Administration der

Kolonialherren. Schon in der kolonialen Episode der Engländer15 werden die Bewohner

des Königreiches Buganda in der Verwaltung bzw. Selbstverwaltung des Landes ge-

schätzt und mit historischen Perspektiven der Baganda16 verknüpft. Ab dem 19. Jahrhun-

dert17 etablierte das Königreich Buganda seine Vorherrschaft im Land in kultureller Hin-

sicht und in politischen Machtstrukturen. Verschiedene interkulturelle18 Austauschaktio-

nen im Lauf der Zeit führten zu vielen „Kontakten“ mit arabischen und europäischen

Kulturen. Arabische (Inder) Händler19 fanden in den 1830er Jahren um den Viktoria-See

gut entwickelte Königreiche und Institutionen vor, die schon hunderte von Jahren alt wa-

ren. Araber kauften Produkte der einheimischen Bevölkerung wie Kaffee, Tee und brach-

ten Waren nach Uganda zum Verkauf mit.

12 Vgl. Taavi, Wenk, 2013, Musikvermittlung in Afrika, GRIN – Verlag, Norderstedt Germany, Studienar-

beit, S. 3-5. 13 Ebenda 14 Vgl. Weichs, Raphaela von, 2013, Die Rückkehr der Könige von Uganda, Politische Kultur und Mo-

derne in Afrika, Kultur und soziale Praxis, Einleitung und Schlussteil, S. 29 – 32 und S. 329 – 342. 15 Vgl. Mwakikagile 2009, Uganda, The Land and Its People, New Africa Press, Dar es Salaam, Tanza-

nia; Part One: The Land. S. 9. 16 Baganda: So werden die Einwohner des Königreiches Buganda bezeichnet. 17 Vgl. Nettl et al. 1998-, Band 1, Afrika. S 3 – 15. 18 Vgl. https://woca.afs.org/education/m/icl-for-afs--friends/6801/download. Das Wort "interkulturell"

steht oft in Verbindung mit der Interaktion oder Verbindung zwischen Kulturen, S. 1. 19 Vgl. Face Music- History of Uganda, Geschichte, S. 1

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Um 1860 folgten britische Forscher20 dem Beispiel der Araber und begaben sich auf die

Suche nach den Quellen des Nil21. Darauf begannen protestantische und katholische Mis-

sionare aus Europa sehr wirkungsvoll zu missionieren. Eine zunehmende Islamisierung

durch die arabischen Einwanderer konnte ebenfalls festgestellt werden. Konnte der Islam

eigentlich wenig Fuß fassen, hatten doch die christlichen Missionare mehr Erfolg.

Uganda wurde und blieb bis heute zum größten Teil christlich. Europäische Entdecker

brachten ebenso wie die Araber und Inder viele neue Impulse ins Land.

Die Europäer gründeten in Uganda, Kenia und auf den Inseln Sansibar und Pemba

britische Protektorate. Vorwiegend suchten Europäer im 18./19. Jahrhundert Elfenbein

und Sklaven für ihre Ländereien und Plantagen in Europa und Afrika. Die Briten überlie-

ßen den traditionellen Königreichen gewisse Autonomien22 und verwalteten das Land be-

vorzugt, wie schon erwähnt, mit Beamten aus dem Königreich der Baganda. Winston

Churchill23, Unterstaatssekretär der britischen Kolonien in dieser Zeit, bezeichnete die

Baganda als ein zivilisiertes Volk, hingegen andere Ethnien tat er als „Wilde“ ab.

Im Vertrag von Berlin24 1884/85 (Berliner Konferenz) wurden die Einflussgebiete

der europäischen Staaten in Afrika erstmals genauer definiert und festgelegt25. Die Briten

bewegten viel im Land und bemühten sich um eine Entwicklung hin zur Demokratie,

verbesserten die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung. Von 1948 bis 1961 re-

gelte eine überregionale Körperschaft mit dem Namen „East Africa High Commission“

mit den Staaten Tanganyika (heute Tansania), Kenya, Uganda und Zanzibar (Sansibar,

ein halbautonomer Teilstaat von Tansania) die Zusammenarbeit in Ostafrika. Das „Head-

quarter“ der Kommission, stationiert in Nairobi – Kenya, verwaltete die ostafrikanischen

Eisenbahnen, Häfen, Post und Telekom, sowie kulturelle Institutionen in Ostafrika. Spä-

ter, also um 2000/2001, gründen dann die Staaten Uganda, Kenia und Tansania die „East

African Community“ EAC, der sich 2007 auch der Südsudan, Burundi und Ruanda an-

schlossen. Die EAC setzte sich zum Ziel, wirtschaftlich und kulturell eine enge Zusam-

menarbeit der sechs Staaten zu erreichen, wobei alle Entscheidungen im Konsens zu

20 Ebenda 21 Vgl. Speke, John Hanning; Rusch, Walter 1995, Die Entdeckung der Nilquellen, Berlin, ed. Ost, Auszüge und

Übersicht aus 351 Seiten Übersicht. 22 Ebenda, Fußnote 34. 23 Ebenda 24 Vgl. Berliner Konferenz. Die Kongokonferenz fand vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885

auf Einladung des deutschen Reichskanzlers Bismarck in Berlin statt und sollte die Handelsfreiheit am

Kongo und am Niger gewährleisten. Sie wird auch als Berliner Konferenz bezeichnet und regelte die Ko-

lonialherrschaften der Europäer in Afrika. Siehe: http://www.berlinpostkolonial.de/cms/index.php/com-

ponent/content/article?id=49:wilhelmstrasse-77, April 2018. 25 Vgl. Face Music- History of Uganda, http://www.face-music.ch/inform/history_uganda_de.html

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treffen sind. In der Londoner Unabhängigkeitskonferenz26 1961 entstanden erste Bestre-

bungen seitens der Königreiche in Uganda, eine Selbständigkeit gegenüber dem Briti-

schen Protektorat zu erreichen. Uganda wurde innerhalb des Commonwealth27 unabhän-

gig und 1963 zur Republik erklärt. 1966 setzte Milton Obote28 als erster einer langen

Reihe von Machtfiguren, wie z.B. Idi Amin und auch der jetzige Langzeitpräsident Mu-

sevini, die Verfassung außer Kraft, kam mit Hilfe der Militärs an die Macht und ernannte

sich zum Präsidenten. Damit wurde auch der König der Ethnie in Buganda, Edward Mu-

tesa II. entmachtet, welcher in Personalunion Präsident Ugandas war.

Idi Amin29 wurde bald der aufstrebende Stern am Politikhimmel. Unter seiner dik-

tatorischen Militärherrschaft von 1971 bis 1979 fanden mehr als 250.000 Menschen den

Tod. 1972 blieben den Asiaten30, die schon seit 1912 ins Land eingewandert waren, genau

neunzig Tage, um das Land zu verlassen, und sie durften nur das mitnehmen, was sie am

Leib tragen konnten. Wer unter Verdacht stand, seinem Regime kritisch gegenüberzu-

stehen, wurde sofort erschossen oder eingesperrt. Idi Amin brachte dem Land eine brutale

Diktatur mit blutrünstiger Herrschaft, der er dann auch selbst zum Opfer fiel. Die Tansa-

nischen Kriege, gleichfalls von Idi Amin 1978 provoziert, lieferten die Menschen erneut

einer brutalen Schreckensherrschaft aus. Amin floh 1979 zunächst nach Libyen, später in

den Irak. Im Exil in Saudi-Arabien starb er 2003. Die politischen Proteste in verschiede-

nen afrikanischen Ländern, so geschehen auch in Uganda, können in „a long history of

people’s struggle for freedom“31 eingeordnet werden.

Der sogenannte „arabische Frühling“ von 2011 lenkte erstmals den Blick der brei-

ten internationalen Öffentlichkeit auch auf die politischen Prozesse in der „Sub-Sa-

hara“32. Das Bürgertum der Neuzeit definiert sich in einer selbstständigen, politisch und

sozial engagierten Gesellschaft, im Kampf gegen Krieg und Gewalt, in der Mitgestaltung

26 Vgl. Großbritannien, Central Office of Information Services 1962, Political progress, S. 34. 27 Vgl. Uganda Geschichte. http://www.laender-lexikon.de/Uganda_Geschichte#Unabh.C3.A4ngigkeit,

April 2018. 28 Vgl. Sandner 2016, DW Akademie, “Dann eben mit Gewalt: Wie Milton Obote Uganda prägte.“, Bonn

– Berlin. S. 1-4. 29 Vgl. Idi Amin, Biography, https://www.biography.com/people/idi-amin-9183487, April 2017. 30 Vgl. Face Music- History of Uganda, http://www.face-music.ch/inform/history_uganda_de.html, S. 2. 31 Vgl. Eberlei, Walter 2014, Einleitung, Wirkungen und Erfolgsbedingungen zivilgesellschaftlicher poli-

tischer Arbeit in Subsahara Afrika. Springer Verlag. 32 Vgl. Eberlei, Walter 2014, Einleitung, Wirkungen und Erfolgsbedingungen zivilgesellschaftlicher poli-

tischer Arbeit in Subsahara Afrika. Springer Verlag.

Page 16: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

15

eines Prozesses, der in Richtung einer gelebten Demokratie und der Einforderung ent-

wicklungsorientierter Politik33 geht.

Seit 1986 führt nun Yoveri Musevini das Land, unterstützt durch die katholische Kirche

und die von ihm tolerierten Monarchien34, die schon lange in Uganda installiert waren.

Einst selbst ein Kämpfer gegen die Langzeitherrschaften in Uganda herrscht er nun seit

mehr als dreißig Jahren und hat die Altersbeschränkung der Dienstzeiten von Präsidenten

mit dem Parlament abgeschafft. Jetzt kann er bis an sein Lebensende regieren. Minister-

präsident Yoweri Museveni, der seit 1986 und zuletzt 2016 sechs Mal im Amt bestätigt

wurde, begrüßt grundsätzlich alle Aktivitäten von „Nichtstaatlichen Organisationen“

(NGOs)35. Bei allen Besprechungen bezüglich des Schulsystems und der geplanten

Schulbauten, die vom Verein (hauptsächlich durch Obmann Pleger Stefan) von ACFC

mit dem Government geführt werden, kann durchaus eine positive Einstellung zu einer

fortschrittlichen Bildungspolitik bemerkt werden. Eine gesetzliche Schulpflicht in

Uganda ist vom Staat festgeschrieben, aber leider wird sie nicht kontrolliert und über-

wacht, obwohl die Gesetzgebung im Land immer radikaler und diktatorischer wird. Für

die Politik ist es von großer Akzentuierung, wenn sich z.B. die Schul-Brass-Band in der

Öffentlichkeit bei Aufmärschen mit Musik präsentiert und profane Feste mit Musik um-

rahmt, denn damit gibt man der Politik die Möglichkeit zur Selbstinszenierung. Nach der

letzten Wahl schränkt der Ministerpräsident den Aktionsradius der NGO’s gewaltig ein

und bringt diese mehr und mehr unter seine Kontrolle.36. Daher macht sich allmählich

eine Besorgnis in der Zivilgesellschaft des Landes breit. Zum Beispiel kann nur durch

einen Verfahrensfehler das Gesetz gegen Homosexualität von 2013 vom Verfassungsge-

richtshof zu Fall gebracht werden. In diesem Gesetz ist sogar die Todesstrafe37, zumindest

aber eine lebenslange Haftstrafe für Homosexuelle vorgesehen. Wahlbeobachter des

Commonwealth und der EU38 kritisieren ebenso die fehlende Transparenz und Unabhän-

gigkeit der Wahlkommissionen.

33 Ebenda 34 Vgl. Weichs, Raphaela von, 2013, Die Rückkehr der Könige von Uganda, Politische Kultur und Mo-

derne in Afrika, Kultur und soziale Praxis, Einleitung und Schlussteil, S. 29 – 32 und 329 – 342. 35 Vgl. nichtstaatliche Organisation (NGO, English: non-governmental organisation) ist die Bezeichnung

für einen zivilgesellschaftlichen zustande gekommenen Interessen-Verband,

Siehe https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/nro_ngo_560.htm, Definition und Agenda 21; April 2018. 36 Vgl. Fallon, Amy 2016, afrika.info, https://afrika.info/newsroom/uganda-harte-zeiten-fuer-die-zivilge-

sellschaft. Februar 2018. 37 Ebenda. 38 Ebenda.

Page 17: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

16

Für die Menschen in Uganda hat das gesundheitliche Befinden eine besondere Bewandt-

nis, denn nur wenn sie sich wohlfühlen und keine gesundheitliche Probleme haben, kön-

nen sie losgelöst von den Alltagssorgen singen und musizieren.

Daher ist die unbefriedigende Gesundheitspolitik im Land Uganda ein großes Problem.

In den 60er Jahren wird nur ein geringer Teil des BIP39 für die medizinische Versorgung

ausgegeben, was natürlich nur einem Bruchteil des Bedarfes entspricht.

Die Regierung kämpft zwar entschlossen gegen die HIV/AIDS-Erkrankungen und deren

Folgen an, doch fehlt es immer noch an der Aufklärung der Menschen, wie man dieser

Seuche Herr werden könnte. Dieser Zustand bereitet den Einwohnern viel Kopfzerbre-

chen, sie haben Angst, irgendwelche Krankheiten zu bekommen und sind daher für

jedmöglichen Aberglauben empfänglich. Dieser Aberglaube ist auch in den emotionalen

Texten profaner und religiöser Lieder zu finden.

In einem Bericht der WKO40 – Außenwirtschaft Austria von 2017 wird das Gesundheits-

wesen in Uganda folgendermaßen beschrieben:

„Das Gesundheitswesen ist veraltet und ineffizient. Es gibt keine Krankenversicherung

für Arbeitnehmer. Nur bestimmte Behandlungen und Medikamente werden von der Re-

gierung subventioniert. Nur ausgesuchte Medikamente, wie zum Beispiel gegen Malaria

oder Verhütungsmittel, werden oft kostenlos verteilt.“

Die Musikinstrumente im Königreich Buganda werden nicht nur zur Unterhaltung,

sondern bei rituellen und mystischen Zeremonien gespielt. Die Trommel gilt für den Kö-

nig in Buganda (kabala) als ein Instrument der Macht und dafür wurden eine Reihe von

Tabus41 geschaffen, um Missbrauch zu verhindern. Ebenso gibt es immer noch Tabus für

Frauen im Umgang mit Trommeln. Grundsätzlich kann behauptet werden, und dies hat

der Autor in seiner teilnehmenden Beobachtung bei den Workshop-Teilnehmern der

Schul-Brass-Band erlebt: „Musik bringt Freude ins Leben.“

39 Vgl. Großbritannien, Central Office of Information Services 1962, Uganda: The Making of a Nation, Lon-

don, Health S. 25 ff. 40 Vgl. Außenwirtschaft der WKÖ von 2017, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/ug, S. 3-11. 41 Vgl. Traditional Instruments of the Uganda people, Die Trommel der Schwarzafrikaner, Saus, Wolf-

gang, Melatener Str. 92, D-52074 Aachen, Face Music - History of Uganda, Bericht von Alfdaniels

Mabingo - Kampala/ New York 2012. Februar 2019.

http://www.face-music.ch/instrum/uganda_drumde.html. S 2-3

Page 18: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

17

2. Sprachentwicklung und Besiedlungs-Historie in Ostafrika bzw.

in Uganda42

Abb.: East Africa: An Introduction, Peter Cooke, The Garland encyclopedia of world music, (Nettl, Bruno;

Stone, Ruth M.; Porter, James; Rice, Timothy;) 1998.

Die Archäologie43 beweist uns, dass in prähistorischer Vergangenheit Menschen in jenem

Teil der Erde lebten, der das heutige Ostafrika bzw. Uganda umfasst. Vom „Homo habi-

lis“44, vor ca. 2,5 bis 1,4 Millionen Jahren im heutigen Ostafrika, fanden Wissenschaftler

in Ausgrabungsstätten in der Olduvai-Schlucht45 in Tansania Werkzeuge aus Stein.

42 Vgl. Nettl et al. 1998-The Garland encyclopedia of world music, East Africa: An Introduction, Cooke, Peter;

S. 598. 43 Vgl. Face Music- History of Uganda, http://www.face-music.ch/inform/his-

tory_uganda_de.htmlGeschichte, S. 1. 44 Vgl. Homo habilis wurde etwa 1,45 Meter groß, wog bis 40 Kilogramm und hatte ein Hirnvolumen von

500 bis 650 Kubikzentimetern. Sein Gebiss war mit dem leichten Unterkiefer und den kleinen Backzäh-

nen schon recht fortschrittlich. Das Skelett hingegen war menschenaffenähnlicher. https://www.evolu-

tion-mensch.de/thema/arten/habilis.php.; Mai 2018 45 Vgl. Olduvai-Schlucht in Tansania, http://www.h-age.net/hinter-den-kulissen/lexikon-der-fachbe-

griffe/913-olduvai-schlucht.html

Page 19: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

18

Jüngste Grabungen in Kiboro,46 nahe am Albertsee, zeigen jahrhundertlange Besiedlun-

gen in verschiedenen Dörfern.

Mehr als 100 Millionen Menschen leben in dieser Region47, wobei ihre Art zu leben und

ihre Herkunft sehr variieren, wie überall in Afrika. Nomaden und Halbnomaden, Ethnien

aus Indonesien, islamische Araber und europäische Einflüsse konnten Wissenschaftler

bis zum 20. Jahrhundert erforschen und registrieren.

Für Musikforscher in Afrika ist es wichtig, sich mit dem Sprachenbild des Kontinents

und seinen historischen Veränderungen zu befassen, denn eine Liierung und Interpendenz

von Musik und Sprache bedeutet eine wichtige Konstante in der Musikgeschichte Afri-

kas48. Die afrikanischen Sprachen sind mehrheitlich sogenannte Tonsprachen, in der to-

nale Phänomene eine distinktive Funktion erfüllen49. Diese tonalen Phänomene besitzen

lexikalische wie grammatische Unterschiede und werden nach Wilhelm Möhlig50 in Re-

gistertonsprachen und Dynamischen-Tonsprachen unterteilt. Die Töne der Registerton-

sprachen sind hoch, mittel und tief, dynamische Töne sind steigend, fallend, tief-hoch

steigend und hoch-mittel fallend.

Die ursprüngliche Bevölkerung51 Ugandas ist eine Mischung zwischen Bantus,

Nilotics52 und Hamitics53. Historische Migrationen54 über große Distanzen prägen das

Sprachen-Bild, wobei intensive Prozesse der Transkulturation im Bereich der Musik und

Tanz stattfinden.. Hundertachtzehn verschiedene Sprachen (Dialekte) und in diesem Zu-

sammenhang auch ähnlich verschiedene Musikstile können registriert werden. Niloten

aus dem Süden des Sudan siedeln sich auch in Uganda an und sind eine Bantu-sprechende

Ethnie. Bantu-Sprachen beginnen sich erst später zu entwickeln. Heute ist der afrikani-

sche Subkontinent überwiegend von bantusprachigen Populationen besiedelt, wobei der

46 Vgl. Face Music- History of Uganda, Geschichte, S. 1, Kiboro liegt am Albertsee an der Grenze von

Uganda und der Demokratischen Republik Kongo. https://www.afrikarundreise.com/albertsee. 47 Vgl. Nettl et al. 1998- The Garland encyclopedia of world music, East Africa: An Introduction, Cooke,

Peter; S. 598. 48 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Historischer Ansatz, Quellen und Hypothesen 49 Ebenda, Musik und Sprache. 50 Vgl. Möhlig, Wilhelm J.G. (1983b). Tonsprachen. In: Jungraithmayr, Herrmann/Möhlig, Wilhelm

J.G.(Hrsg.). Lexikon der Afrikanistik. Berlin: Reimer.245-247 51 Vgl. Großbritannien, Central Office of Information Services 1962, Population, S.2ff. 52 Vgl. Nettl et al. 1998- The Garland encyclopedia of world music, East Africa: An Introduction, Cooke,

Peter; S. 599.

Unter den Nilotics versteht man jene afrikanischen Völker, die nilotische Sprachen sprechen. Die Niloten

waren ursprünglich Bauern und Viehzüchter am Nil. 53 Vgl. Sanders 1969,The Journal of African History Vol. 10, No. 4 (1969), pp. 521-532. 54 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Ethnien, Sprachen und allgemeine Geschichte.

Page 20: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

19

ostafrikanische Raum unter starken nilotischen Einfluss steht. Ostafrika ist durch eine

unregelmäßige Sprachgrenze55 zweigeteilt. Sie verläuft quer durch Uganda. Südlich die-

ser Linie spricht man Bantu-Sprachen56. Die sogenannte „Bantu-Linie“57 geht also vom

Osten westwärts quer durch Zentral-Uganda bis in den Süden Kongos. Die bekannteste

und als Verkehrssprache die am häufigsten gesprochene Bantusprache ist Swahili (auch

Suaheli, Kiswahili oder Kisuaheli).

In der angeführten Karte über die „Verbreitung der Bantusprachen“ sind die Staaten mit

einer Bantu-Sprache dargestellt. Im Norden findet man die „Ganda“58, welches die Be-

zeichnung für die Bevölkerung des Königreichs Buganda am Viktoriasee ist.

Abb.: Die Verbreitung der Bantusprachen59, Seite 79.

55 Ebenda. 56 Ebenda. 57 Nettl et al. 1998- 599. The Garland encyclopedia of world music, East Africa: An Introduction, Cooke,

Peter; S. 599. 58 Ganda oder Baganda sin die zahlenmäßig größte ethnische Gruppe Ugandas. 59 Vgl. Heine, Bernd,1981; Die Sprachen Afrikas mit zahlreichen Karten und Tabellen, Hamburg, H.

Buske, Studienausgabe 1981, 1. Teil; S. 79

Page 21: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

20

In Uganda wird diese Sprache auch mit Luganda bezeichnet. Dies ist die verbreitetste

Bantu-Sprache, besonders in den südlichen und zentralen Landesteilen in Uganda, welche

von fast allen Einwohnern verstanden wird. Dazu zählen vor allem die Kulturen der Ba-

ganda, Basoga und Nkore60 im südlichen Teil Ugandas. Malcolm Guthrie,61 (*1903 - †

1972 London), ein britischer Linguist, beschäftigt sich insbesondere mit den Bantuspra-

chen. Er zählt zu wichtigsten Bantuisten des 20. Jahrhunderts.

3. Uganda – Musikgeschichte

Die Musikgeschichte62 im subsaharischen Afrika ist mit der Populationsgeschichte,

der Geschichte der Diffusion, der Entlehnung und Innovation auf dem ganzen Kontinent

verbunden. In Ostafrika kamen die einwandernden bantusprachigen Populationen mit den

später dazu gekommenen Populationen der Niloten63 in Kontakt. Von den Anfängen, die

sich zeitlich nie genau präzisieren lassen, bis zum Einsetzen der kolonialen Ära im spä-

teren 19. Jahrhundert verändern sich die Musikkulturen des subsaharischen afrikanischen

Raumes ständig, vermischen sich, werden umgruppiert und rekreiert. Teilweise werden

„Fremdeinflüsse“ aus verschiedenen Teilen der Welt mit einbezogen64. Erst im 20. Jahr-

hundert finden in der Erforschung der Musikgeschichte Afrikas neue Quellentypen Ein-

gang, wie Tonaufnahmen und Filme, also auditive und visuelle Hilfsmittel aller Art wer-

den verwendet. Wie schon in der Sprachentwicklung in Punkt III/2 erwähnt, schreiten die

verschiedenen Musikkulturen immer analog mit der Veränderung und Entwicklung der

Sprachen weiter.

Es gibt keinen Gegensatz in der Musik zwischen dem „schwarzen“ und „weißen“

Afrika im Norden.

60 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Historischer Ansatz, Quellen und Hypothesen 61 Vgl. Malcolm Guthrie and the Reconstruction of Bantu Prehistory. History in Africa, Jahrgang 7,

doi:10.2307/3171657, September 2018, S. 81-118. 62 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361,, Migration von Populationen und Diffusionen von Kul-

turgütern 63 Vgl. Kubik, Gerhard 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Ausgewählte Aufsätze, Leipzig, Rec-

lam, Bd Nr. 1251., S. 313 - 317 64 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Historischer Ansatz, Quellen und Hypothesen.

Page 22: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

21

Die kulturelle Heterogenität65 der nie isoliert gewesenen Ethnien kommt daher, dass Af-

rika schon seit vorgeschichtlicher Zeit ein Kontinent der Wanderungen, der Kultur- und

Handelsbeziehungen und Invasionen war. In Uganda leben, wie im Kapitel III/2 der „Ge-

schichte Ugandas“ erwähnt, bis zu vierzig verschiedene Ethnien mit unterschiedlichen

Sprachen und Kulturen. Diese Kulturen66 bilden ein Netz von unterschiedlichen, doch

sehr verwandten Traditionen mit divergierenden Stilrichtungen der Aufführungspraxis

und des Brauchtums und doch wieder mit gemeinsamen Merkmalen im Kontext.

Jede Musik besteht in einem kulturellen Kontext67. In der Vergangenheit wurde von man-

chen Musikforschern die hohe „Funktionalität“ der Musikpraxis in Afrika sogar als Dis-

kriminierung gegenüber der sogenannten europäischen Kunstmusik hervorgehoben. Af-

rikanische Musik68 zu erforschen bedeutet demnach, sich mit einem in sich geschlossenen

und doch mannigfaltigen Komplex zu beschäftigen, wobei bestimmten Zyklen69 im Jahr

und im Leben einer jeden Ethnie eine bedeutende Rolle zugewiesen wird. Jahreszyklen

sind meist von ökologischen Gegebenheiten bestimmt, welche im Dorfleben von Belang

sind, während Lebenszyklen, wie schon der Begriff aussagt, für die einzelnen Individuen

in Verbindung mit der Dorfgemeinschaft relevant sind.

Die Festlegung der territorialen Grenzen im 19. Jahrhundert (Berliner Konferenz 1884)

ignoriert die Zusammengehörigkeit der einzelnen eingeborenen Ethnien, was zu Kompli-

kationen im kulturellen Zusammenleben der Gruppen führt. Das östliche Afrika70, cha-

rakterisiert durch gemeinsame Instrumentaltypen, differiert immer von Westafrika71.

Durch Wanderungen von Ethnien mit ihren Musikinstrumenten, bestimmt durch ökolo-

gische und politische Fakten, durch Kulturkontakte72 mit dem Mittelmeerraum mit seinen

arabischen und europäischen Einflüssen, dem Islam und dem Christentum, entsteht eine

Vielfalt von Musikstilen. Sakrale Königtümer73, wie zum Beispiel Buganda im südlichen

65 Vgl. Oesch et al. (1987), Außereuropäische Musik, Afrika südlich der Sahara, Band 9, S. 401 66 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena 1979, Die Musik Afrikas, Wilhelmshaven – Heinrichshofen,

Taschenbücher zur Musikwissenschaft, Bd. Nr. 59, S. 13. 67 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Musik im kulturellen Kontext – Einleitung. 68 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena 1979, Die Musik Afrikas, Wilhelmshaven – Heinrichshofen,

Taschenbücher zur Musikwissenschaft, Bd. Nr. 59, S. 13. 69 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361,Musik im kulturellen Kontext – Jahreszyklus – Lebens-

zyklus. 70 Vgl. Uganda Geschichte. http://www.laender-lexikon.de/Uganda_Geschichte#Unabh.C3.A4ngigkeit,

Unabhängigkeit, April 2018, S. 1. 71 Ebenda 72 Vgl. Oesch et al. (1987), Außereuropäische Musik, Afrika südlich der Sahara, Band 9, S. 431 73 Ebenda S. 432.

Page 23: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

22

Uganda, haben eine große Anzahl von Instrumenten für ihre Musik am Hof in Gebrauch:

Flötenensembles, zwölfstäbige Holmxylophone, Trommeln (mit bestimmter und unbe-

stimmter Tonhöhe) Xylophonensemble, auch „amadinda“ genannt.

Historiensänger am Hof von Buganda begleiten ihren Gesang mit der achtsaitigen Bo-

genharfe.

Abb.: https://cdn.britannica.com/700x450/13/5813-004-E075336D.jpg Ugandan musican playing ennanga

– achtsaitige Bogenharfe, G. Kubik.

Der spielende Solosänger74, abends beim Feuer sitzend, von einem Chor tanzender Mäd-

chen unterstützt, improvisiert über aktuelle Ereignisse und überbringt damit Neuigkeiten

für die Zuhörer des Dorfes.

Über historische Migrationen von Musikinstrumenten weiß die Forschung einigermaßen

Bescheid75. So gelangen die verschiedenen Harfenarten vom ägyptischen Raum durch

Niloten-Ethnien76 ins Zwischenseengebiet Ugandas. Die Verbreitung von Instrumenten-

typen mit besonderen musikalischen Merkmalen und Eigenheiten erfolgt über alle Gren-

zen und größeren Gebiete, aber nicht isoliert. Rege kulturelle Interaktionen zwischen den

Musikstilen verschiedener Kulturen Afrikas befruchten und ergänzen sich gegenseitig.

74 Vgl. Oesch et al. (1987), Außereuropäische Musik, Afrika südlich der Sahara, Band 9, S. 431 75 Ebenda 76 Vgl. http://www.ostafrika-forschung.de/1999/2Exkursionsreferate/refmargeit/refmargeit.htm#22nilot,

Siehe Fußnote 52!

Page 24: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

23

3.1 Musikgestaltung in Afrika

Es gibt nicht eine afrikanische Musik, sondern afrikanische Musikkulturen77. Denn jede

ethnische Gruppe hat ihre eigene Musik. Forscher können eine erstaunenswerte Fülle mu-

sikalischen Schaffens feststellen. Allein die Tonsysteme78, in denen sich das melodische

Geschehen abspielt, sind unzählig. Von Tonleitern im europäischen Sinne kann man in

der afrikanischen Musik nicht sprechen79. Die meisten Skalen decken sich nicht mit den

europäischen Leiter-Tönen, denn oft waren es nur Grundton, Oktave und Quarte. So er-

geben sich bei Messungen der Tonhöhen80 bei verschiedenen Aufnahmen an unterschied-

lichen Tagen mit gleichen Musikern und Instrumenten grob abweichende Aussagen. Af-

rikanische Musikkulturen81 kennen das Stimmen von Instrumenten nach einer hierarchi-

schen Ordnung der Töne, die sich in der sozialen und familiären Struktur wiederfinden.

Die einzelnen Töne werden wie Mitglieder einer Familie aufgefasst, wobei der erste Ton

der „Chef“ der Familie ist, nach dem dann nach oben und unten gestimmt wird. Die Be-

gleitung zu den Liedern und den Tänzen funktioniert nach sehr unterschiedlichen, har-

monischen und rhythmischen Vorstellungen, ist in den einzelnen ethnischen Gruppen

sehr gegensätzlich und bewirkt daher einen großen Wiedererkennungswert.

Was bedeutet interkulturelles Verstehen afrikanischer Musik, also „Verstehen“ in Rela-

tion zu Konventionen, Verhaltensnormen in der Gesellschaft?

„Verstehen“ ist kulturgebunden und daher übertragbar. Um „Verstehen“ zu erlangen,

muss ein kultureller Zusammenhang hergestellt werden. Daher wird Musik zur Projekti-

onsfläche verschiedener Emotionen82. Ethnien empfinden Gesänge anderer sehr unter-

schiedlich. Sie finden sie oft traurig oder lebhaft etc. und sind dann erstaunt, wenn in den

Texten kein Hinweis darin zu finden ist. Ein Beispiel dafür finden wir auch in der afro-

amerikanischen Musik, in der die „blue-notes“ aus europäischer Sichtweise meist als

„traurig“ empfunden werden. Beim Hören afrikanischer Musik wird von Angehörigen

anderer Musikkulturen (z.B. Europäer) im motionalen Bereich vielfach das Dargebotene

77 Vgl. Simon 1983, Musik in Afrika, Musikgestaltung in Afrika, Gerhard Kubik, Seite 27ff 78 Ebenda 79 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara,

in: MGG Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht

2016-09-26, https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Tonale Strukturen. 80 Vgl. Simon 1983, Musik in Afrika, Musikgestaltung in Afrika, Gerhard Kubik, Seite 27ff 81 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Tonale Strukturen. 82 Vgl. Simon 1983, Aufsatz von Gerhard Kubik „Verstehen afrikanischer Musikkulturen“, Interkulturel-

les Verstehen S. 322ff

Page 25: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

24

als „synkopiert“ empfunden, was für den afrikanische Musiker keineswegs so ist. In Ame-

rika hat Koetting 197083 Untersuchungen mit amerikanischen und ghanaischen Tromm-

lern durchgeführt und konnte nachweisen, dass ein unterschiedliches „Verstehen“ kom-

binierter Schlagreihen für die Instrumente kaganu84, kidi und axhatsi bewusst wird. Mu-

sikschaffende und Forscher aus westlichen Kulturkreisen empfinden Schlagkombinatio-

nen der Afrikaner oft schon als „afterbeats“85, was für Afrikaner manchmal unverständ-

lich ist. Ein Grund dafür dürfte wohl sein, dass in westlichen Musikkulturen beim Erler-

nen und Einstudieren gezählt und metrisiert wird. Diese Lernprozesse kennen die afrika-

nischen MusikerInnen nicht. In Afrika gilt es immer, das Stück als Ganzes zu verstehen,

und nur die Anfangspunkte und Einsatzpunkte sowie die Pulsationen sind determiniert.

Durch Verlagerung starker Akzente86 auf „afterbeats“ entsteht ein mächtiger Zug im

Tempo und ein Steuerungspuls auf der Musik, wobei aber die beat-tragenden Instru-

mente, wie z.B. die Rassel oder Glocke, schon vom Kindesalter antrainiert werden, um

trotz der genannten Akzentuierungen einem strikten Tempo standzuhalten, gefordert ist.

Auf diese Weise wird der innere Steuerungspuls enorm entwickelt, während Angehörige

anderer Musikkulturen oft den Beat an der falschen Stelle setzen.

Afrikanische Musik ist ein System von Bewegungsmustern87. Musikalisches Ver-

stehen vollzieht sich innerhalb eines kognitiven Systems. Afrikanische Musik88 ist immer

motional geprägt. Jede Art von Musik wird durch die Musiker und das Publikum mit

Bewegungsmustern89 ausgedrückt. Eine erfolgreiche Absorption90 verschiedener Bewe-

gungsmuster ist für die Menschen in Afrika ein wichtiges Kriterium für das Verstehen

ihrer Musik. James Koetting91 schreibt 1970, Seite 119 über westafrikanische Trom-

melmusik:

[…. „The drum ensemble players, for example, learn and even perform their music from

single sounds to patterns sequences… with speech associations. world phrases, some-

times with nonsense ones…”]

83 Vgl. Anku 1997, Principles of Rhythm Integration in African Drumming, Black Music Research Jour-

nal, Jhg 17, 1997, Heft Nr. 2, S 211. 84 Vgl. Djembe und afrikanische Percussion, https://djembe-total.at/rhythmen-noten/grundlagen/ August

2018; S. 1. 85 Vgl. Kubik 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Ausgewählte Aufsätze, Zitat von Koetting

1970; Leipzig, Reclam, S. 323. 86 Ebenda S. 324. 87 Ebenda S. 324 - 325 88 Vgl. Simon 1983, Aufsatz von Gerhard Kubik „Verstehen afrikanischer Musikkulturen“, S. 315ff 89 Ebenda, S. 315. 90 Ebenda, S 315. 91 Ebenda, S. 315

Page 26: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

25

Dieselben Erfahrungen erlebt der Autor in seiner Arbeit mit den Jugendlichen in teilneh-

mender Beobachtung in Uganda. Melodien neu zu erlernenden Musikstücke werden mit

Silben oder Bewegungsmustern unterlegt, meist ohne spezifische Bedeutung, nur um sich

Melodien leichter zu merken. Nicht nur in Instrumentalphasen, sondern auch der mensch-

lichen Stimme liegen organisierte Bewegungsbilder92 zugrunde.

Musik wird selten als etwas nur „Klingendes“93 verstanden, sondern steht immer

in Verbindung mit Bewegungsbildern. Bewegungsmuster 94beeinflussen immer Akzen-

tuierung und Agogik. In der Aufführungspraxis95 afrikanischer Musik „hören“ und „se-

hen“ die Umstehenden die Musik gleichzeitig, schwingen innerlich mit und partizipieren

ebenso an den nach außen gerichteten Bewegungen. Gerhard Kubik zitiert in seinem Ar-

tikel „Verstehen in afrikanischen Musikkulturen“96:

[…. „Ntalo, ein blinder Musiker in Uganda (gest. 1967), zeigte mir1962 ein Element des

akadinda-Xylophon-Spiels: Er umfasste meine die zwei Schlegel haltenden Hände mit

seinen und lenkte meine Bewegung durch indirekte Impulse, bis ich die Bewegungsmuster

der Komposition motorisch integriert hatte“ …]

Lehren und Erlernen der Bewegungsformeln erfolgt nach verschiedenen Methoden. Bei

den sogenannten akkulturierten Musikarten wie zum Beispiel der Bläsermusik aus Eu-

ropa, die der Autor mitgebracht hat, verwenden die Afrikaner die ihnen gebräuchlichen

Lernmethoden, bekannt und tradiert mit Musik aus Afrika. Bei jeder Musikaufführung,

gesanglich oder instrumental, kann in teilnehmender Funktion folgendes beobachtet wer-

den:

Die Afrikaner vollziehen dabei immer, entweder durch innerliche oder nach außen ge-

richtete Partizipation, Bewegungen zur Musik.

Gerhard Kubik spricht in seinem Aufsatz97 „Verstehen afrikanischer Musikkulturen“ von

Identitätserlebnissen mit sprachlichen und musikalischen Mustern. Musikalische Muster

haben in afrikanischen Kulturen oft verbalen bzw. syllabischen Charakter98. Melodien

werden nie so abstrakt wie in europäischen Musikkulturen verstanden, sondern die Mu-

sikerInnen und Zuhörer lassen sich in der Vorstellung stark oder weniger intensiv von

92 Ebenda, S. 315 93 Ebenda, S 315-316 94 Vgl. Simon, Artur 1983, Afrikanische Musik, eine System von Bewegungsmustern, S.315 - 316 95 Ebenda S. 317. 96 Ebenda S. 316. 97 Vgl. Simon, Artur 1983, Musik in Afrika, Aufsatz von Gerhard Kubik „Verstehen afrikanischer Musik-

kulturen“, Identitätserlebnisse von sprachlichen und musikalischen Mustern. S. 317. 98 Ebenda.

Page 27: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

26

Wortteilen, Silben oder Phrasen, meist aber ohne verbale Bedeutung, beeinflussen.

Gerhard Kubik beschreibt in seinen Aufsätzen zu „Beziehungen zwischen Musik und

Sprache in Afrika“ von Worterweckung durch Melodiestrukturen99 und erklärt in einem

Zitat, was ein afrikanischer Musiker, der ihm das „Amadinda-Spiel“ beibringt, dazu

meint:

[„…Du kannst spielen, ohne zu wissen was du spielst. Wenn wir spielen, müssen wir

Worte hinter der Melodie hören….. dann können wir uns die Melodie leichter mer-

ken….“]

Hauptsächlich kommt diese Einstellung daher, dass die meisten Sprachen Afrikas Ton-

sprachen sind. In Tonsprachen100 haben alle Wortsilben bestimmte Toneigenschaften.

Wird auf einem Instrument eine beliebige Melodie gespielt, so erregt sie bei einem Afri-

kaner mit Tonsprache sprachliche Assoziationen. Die Wiedergabe101 der Melodien erfolgt

durch Nachahmen des Klanges der Instrumente, manchmal auch durch Sätze, deren In-

halte meist spontan aus dem täglichen Leben in allen Absurditäten, oft unverständlich,

sind. Die Weitergabe, die Wiedererkennung und das Erlernen der Musik erfolgen auch

auf diese Weise. Verschiedene Laute geben in den Sprachregionen ähnliche Kommuni-

kationswerte102, wie zum Beispiel „u-we-u-we“ für eine Flötenmelodie. Das ‚k‘ impliziert

einen plosiven Laut, Reibelaute ‚f, l‘, oder weiche, weniger mit Energie geladene Silben

wie „y“, werden meist mit einem „Legato“ assoziiert und tragen meist weniger motionale

Akzente in sich. Die Silben cha (cha-cah-chacha…der Rassel) ergeben einen regelmäßi-

gen pulsierenden Schlag, auch Beat genannt, und klingen wie „ka, ka, kaka“ etc. Tonlän-

gen werden durch bestimmte Silbenkombinationen ausgedrückt, z.B. bedeutet „ŋ“103

nach einem Vokal eine Klangverlängerung eines ausklingenden Teiles. Diese Art des

Musizierens (Singens) ist für Europäer meist erst nach längerem Aufenthalt bei einer eth-

nischen Gruppe und dann nur in teilnehmender Beobachtung zu verstehen.

Die Beziehung zwischen Musik und Sprache auf Basis der Tonhöhen, Klangfarben, der

Phrasierung und Akzentsetzung führt zu einem Identitätserlebnis104 für Musikerinnen und

Zuhörer. Erfahrungen der Identität können durch zeitnahe Ereignisse, familiäre,

99 Vgl. gl. Simon, Artur 1983, Musik in Afrika, Aufsatz von Gerhard Kubik „Beziehungen zwischen Mu-

sik und Sprache in Afrika,. S 49ff 100 Vgl. gl. Simon, Artur 1983, Musik in Afrika, Aufsatz von Gerhard Kubik „Beziehungen zwischen

Musik und Sprache in Afrika,. S 49ff 101 Vgl. Simon, Artur 1983, Musik in Afrika, Aufsatz von Gerhard Kubik „Verstehen afrikanischer Mus-

ikkulturen“, Identitätserlebnisse von sprachlichen und musikalischen Mustern. S. 317. 102 Ebenda S. 319 103 Vgl. Simon 1983, Aufsatz von Gerhard Kubik „Verstehen afrikanischer Musikkulturen“, Identitätser-

lebnisse von sprachlichen und musikalischen Mustern. S. 317ff. 104 Ebenda S. 317ff

Page 28: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

27

beeindruckende Begebenheiten oder durch musikalische und sprachliche Akzentuierun-

gen105 im Klangspektrum einzelner Instrumente erfolgen.

Afrikanische Musikanten merken sich so die Melodien, welche dann die Grundlage für

derartige Assoziationen106 und Identitätserlebnisse zwischen Bewegungs- und Akzentu-

ierungsmustern sind, die aus verschiedenen Wahrnehmungsbereichen stammen können,

wie etwa aus dem visuellen und auditiven. Solche Phrasen können aber auch ein Aus-

gangspunkt zur Erfindung neuer instrumentaler Melodien sein. Der Musiker imitiert mit

syllabischen Formeln Tonhöhen, Tonlängen, Klangfarben etc. Als teilhabender Beobach-

ter konnte der Autor diese Phänomene bei seiner Arbeit in den Workshops mit den Ju-

gendlichen kennen und verstehen lernen.

Orale Überlieferungsquellen kombiniert K. Wachsmann 1971107 in seinen „Essays on

Music and History in Africa“ mit ikonographischen und Gegenstandsquellen und ver-

sucht so, Musikgeschichte Afrikas zu rekonstruieren. Oraltraditionen108, also mündliche

Zeugnisse, bei denen es sich um Erlebtes und Geschehenes handelt, sind ein Gemisch aus

Erinnerungen und Interpretationen.

Der Autor befasst sich hauptsächlich mit Instrumenten aus dem ostafrikanischen

Raum. Eine umfassende Beschreibung aller Musikinstrumente kann in dieser Arbeit nicht

erfolgen, sondern nur eine Einführung und ein Abriss der wichtigsten Instrumententypen

im ostafrikanischen Raum, bzw. im Zwischenseegebiet und im Speziellen im Königreich

Buganda. Nicht selten sind die Namen von Musikinstrumenten in Afrika mit dem iden-

tisch, was sie „sprechen“109, also nach der Klangfarbe oder Spielweise. Viele Instrumen-

tentypen sind fast über den ganzen Kontinent verbreitet, ebenso deren musikalische

Merkmale. Da ethnische Gruppen nicht isoliert leben, sondern untereinander Kontakte

pflegen und miteinander kommunizieren, fühlen verschiedene dieser Gruppen eine ge-

wisse Zusammengehörigkeit, ein „Dazugehören“ zur Gruppe.

105 Vgl. Simon 1983, Aufsatz von Gerhard Kubik „Verstehen afrikanischer Musikkulturen“, Identitätser-

lebnisse von sprachlichen und musikalischen Mustern. S. 318. 106 Vgl. Simon 1983, Aufsatz von Gerhard Kubik „Verstehen afrikanischer Musikkulturen“, Identitätser-

lebnisse von sprachlichen und musikalischen Mustern. S. 318. 107 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Oraltraditionen, schriftliche Quellen und Hypothesen

2004. 108 Ebenda 109 Vgl. Simon, Artur 1983, Musik in Afrika, Verstehen in afrikanischen Musikkulturen, G. Kubik, S.

318.

Page 29: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

28

In ostafrikanischen Ländern lassen sich gemeinsame Instrumentaltypen110 erkennen.

Klaus Wachsmann111 untersuchte mit Kathleen Trowell 1953 tonerzeugende Instrumente

in Uganda und konnte eine illustre Zahl an Instrumenten erforschen und auflisten:

[…. „musical bows“ (Mund-Bogen), Zithern, Bogenharfen, Röhrenspießgeigen (Endingi-

dis) Flöten mit verschieden angebrachten Anblaselöchern, Trompeten (auch seitlich an-

geblasene Trompeten), verschiedene Idiophone (Xylophone). Ebenso erstellte Wachs-

mann112 eine größere Liste von Trommeln, wie Einhand-Trommeln, die zylindrisch ge-

bauten in unterschiedlichen Größen bis zur Basstrommel, meist zweiköpfig, auch mit

„Uganda drum“ bezeichnet, mit zwei Fellen bespannt und mit den Händen oder Sticks

bespielt“ …]

Zwei Instrumentengruppen113 haben in Ostafrika neben den Trommeln eine besonders

dominierende und verbreitete Rolle. Es sind dies die Lamellophone und Xylophone. Die

verschieden gebauten Lamellophone, die auch Zupfzungenspiele genannt werden, beste-

hen aus Lamellen (Eisen oder Bambus), welche auf einem Brett oder Kasten befestigt

sind und im Allgemeinen mit den Daumen abwechselnd angezupft werden. Diesen In-

strumententyp114 bezeichnet Kubik als eine autochthone afrikanische Erfindung.

https://en.wikipedia.org/wiki/Lamellophone - nach Hornbostel-Sachs-Systematik.

110 Vgl. Nketia 1979, Wilhelmshaven – Heinrichshofen, Kulturelle Interaktionen, Seite 17ff 111 Vgl. Wachsmann, Klaus, 1971, Essays on music and history in Africa, Northwestern University Press,

1953. 112 Vgl. Nettl, Bruno; Stone, Ruth M.; Porter, James; Rice, Timothy, The Garland encyclopedia of world

music, East Africa: An Introduction, Peter Cooke, Garland Pub, 1988, S. 599 – 603. 113 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361 Kubik 2004, Oraltraditionen, Quellen und Hypothe-

sen. 114 Ebenda

Metallzungen Holzzungen

Page 30: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

29

Afrika wird oft der Kontinent der Trommeln genannt.115 Insofern ist diese Be-

zeichnung gerechtfertigt, denn sie ist dem Afrikaner sein unentbehrlichstes Musikinstru-

ment116, das bei allen Ereignissen des täglichen Lebens gespielt wird, wenn man nicht nur

die musikalische Funktion, die Vielfalt der Formen und Bauarten, sondern ebenso die

außermusikalischen Bezüge und Symbolhaftigkeiten der Trommeln betrachtet.

Dass die Trommeln in Afrika weit mehr sein können als ein reines Musikinstru-

ment117, zeigt sich schon rein äußerlich an den reichhaltigen Verzierungen mit Symbolen

aus dem kulturellen Leben.

Abb.:http://www.face music.ch/instrum/uganda_drumde.html,

„lange Trommel“ und Tanztrommeln.

Abb.: Formen von Uganda-Trommeln118

115 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Musikinstrumente. 116 Vgl. Ankermann, Bernhard 1901; Die afrikanischen Musikinstrumente, Ethnologisches Notizblatt,

Band III. - Heft 1. S. 93ff 117 Ebenda 118 Vgl. Ankermann, Bernhard 1901; Die afrikanischen Musikinstrumente, Ethnologisches Notizblatt,

Page 31: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

30

Die Djembe119 kommt eigentlich aus dem westafrikanischen Raum und hat eine becher-

förmige Form, ist einfellig und wird aus Lenke-Holz120 hergestellt. In neuerer Zeit werden

Djemben auch im europäischen Raum gespielt und sind ein beliebtes Begleitinstrument

für Schüler und Lehrer an europäischen Schulen.

Nicht alle Trommeltypen, die in Uganda vorkommen, können hier gezeigt und beschrie-

ben werden. Typische Formen im südlichen Uganda sind:

Große Trommel - Embuutu121, Kleine Trommel – Namunjoloba,

Lange Trommel – Engalabi.

Allein in Buganda können unterschiedliche Fellbefestigungen und Fellmaterialien bei

verschiedenen Trommeltypen festgestellt werden. Das Trommelfell besteht aus unter-

schiedlichen Tierhäuten, teilweise werden sogar Eidechsenhäute verwendet. Die Trom-

melfelle sind mit Holzpflöcken angenagelt und dann mit Schnüren als Spannvorrichtung

versehen.

Abb.: Billmaier, Uschi, (1999) 2007, Mamady Keïta, Ein Leben für die

Djembé - Traditionelle Rhythmen der Malinké122

Band III. - Heft 1. S. 55. 119 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361 Kubik 2004, Musikinstrumente. 120 Vgl. https://www.djembe-art.de/djembe-trommeln-holzarten.htm, August 2018. 121 Vgl. Saus, Wolfgang, Melatener Str. 92, D-52074 Aachen, Face Music - Traditional Instruments –

Uganda. März 2013, S. 1. 122 Vgl. Billmaier, Uschi, (1999) 2007; Mamady Keïta, Ein Leben für die Djembé - Traditionelle Rhyth-

men der Malinké, Arun; Auflage: 5., veränd. Aufl. (3. Oktober 2007), 1999, S. 18

Page 32: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

31

Der soziale Status innerhalb einer Ethnie wird durch das Spielen der einzelnen

Trommeltypen angezeigt. Frauen z.B. dürfen nur die Große Trommel – Embuutu spielen.

Innerhalb der gelebten Gemeinschaften begleiten Trommeln Tänze, Rituale, unterstützen

die Kommunikation untereinander. Trommeln begleiten die Menschen von der Geburt

bis zum Tode. Als teilnehmender Beobachter kann der Autor diese besonderen Anlässe

während seiner Aufenthalte miterleben. Bei Beerdigungen von Männern oder Frauen

werden unterschiedliche Trommeltypen verwendet. Diese Trommelspiele werden dann

meist von weiteren Perkussionsinstrumenten123 begleitet. Der Meister (Leiter des Ensem-

bles) eines Trommelspiels spielt meist die Djembe, Glocken und Rasseln geben den Beat

an und halten ihn zeitlich genau durch bis zum Ende.

Die Trommel genießt allgemein eine besondere Stellung im kulturellen, sozialen und re-

ligiösen Leben der Baganda, der Einwohner von Buganda. Oft werden Trommeln auch

zur Kommunikation verwendet, indem verschiedene Signale als Informationen gespielt

werden.

Klaus Wachsmann124 erforschte um 1953125 klangerzeugende Instrumente in

Uganda und listete eine Anzahl davon auf: siehe Seite 28!

Trompeten – seitlich und gerade geblasen:

Abb.: Quertrompeten aus Elfenbein, Repräsentationsmusik - https://www.mgg online.com/mgg/image?ar-

ticleID=mgg15047&version=2.0&filepath=mgg15047-f92.png

123 Vgl. Nzewi, Meki 1991, Musical practice and creativity: An African traditional perspective, Bayreuth

Germany, Iwalewa-Haus, University of Bayreuth. 124 Wachsmann, Klaus 1971, Essays on music and history in Africa, Evanston [Ill.], Northwestern Univer-

sity Press. S. 93 – 134. 125 Vgl. Nettl et al. 1998-East Africa: An Introduction, Peter Cooke, New York, Garland Pub, Band 1.

S. 599ff.

Page 33: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

32

Abb.: Repräsentationsmusik am Hof, https://www.mgg-online.com/mgg/image?artic-

leID=mgg15047&version=2.0&filepath=mgg15047-f94.png

Trompeten werden meist in Repräsentationsmusiken der Könige und Staaten gespielt. Als

Signaltrompeten verwendet, werden sie oft von Trommel-Ensembles begleitet. Sie kön-

nen bis zu 2,5 m lang sein und wurden früher aus Zinn oder Messing geschmiedet. Heute

erzeugen Hufschmiede diese Instrumente aus Petroleumkanistern oder Messingpfannen.

Viele dieser Instrumente findet man im Bereich der angesiedelten Nilotic-Peoples126

(siehe Besiedlungsgeschichte und Sprachenentwicklung in Uganda) im Zwischenseenge-

biet, also um den Viktoria See.

Eine Auswahl von verschiedenartigen Instrumenten, die in Buganda gespielt werden, sei

hier erwähnt und näher beschrieben:

Adungu127 - Bogenharfe:

Die Bogenharfe „Adungu“ ist ein Saiteninstrument, eine neunsaitige (gebogene) Harfe

der Alur-Stämme aus dem nordwestlichen Uganda. Sie ist der Tumi-Harfe der benach-

barten Kebu-Stämme sehr ähnlich, und sie wird auch von den Lugbara und Ondrosi in

dieser nordwestlichen Region rund um den Nil verwendet. Die Harfe wird verwendet, um

epische und lyrische Lieder zu begleiten, und sie wird auch als Soloinstrument oder in

Ensembles eingesetzt. Spieler der Bogenharfe besaßen immer einen hohen sozialen

126 Vgl. Nettl et al. 1998-East Africa: An Introduction, Peter Cooke, New York, Garland Pub, Band 1.

S. 600ff 127 Vgl. Saus, Wolfgang, Melatener Str. 92, D-52074 Aachen, Bogenharfe, Face Music - History of

Uganda, http://www.face-music.ch/instrum/uganda_instrumde.html., April 2018.

Page 34: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

33

Status, und sie gehören auch zum königlichen Gefolge. Heute wird die Bogenharfe auch

in Kirchen gespielt. Die Adungu besteht aus einem bogenförmigen Hals, einem Reso-

nanzkörper aus Holz, in welchem der Hals befestigt ist, sowie aus einer Reihe parallel

geführter Saiten unterschiedlicher Länge, die gezupft werden. Die Saiten sind an einem

Ende am Resonanzkörper befestigt und laufen in einem schiefen Winkel zum Hals hin

aus, wo sie befestigt sind und mithilfe von Wirbeln gestimmt werden

Abb.: Bogenharfe: http://www.face-music.ch/instrum/uganda_instrumde.html

Amadinda:128

Abb. http://www.face-music.ch/instrum/instrmuganda/akadinda_10.jpg

Das Holzxylophon “Amadinda” wird in einem späteren Abschnitt der Arbeit – „Ama-

dinda-Musik im Königreich Buganda“ - näher beschrieben.

128 Vgl. Saus, Wolfgang, Melatener Str. 92, D-52074 Aachen, Face Music - History of Uganda,

http://www.face-music.ch/instrum/uganda_instrumde.html., April 2018. April 2018

Page 35: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

34

Endingidi129 - Röhrenfidel:

Abb.: http://www.face-music.ch/Bilder/ug_fiddles-

mall.jpg

Größere und kleinere Instrumentalgruppen verschiedenartiger Instrumente werden in En-

sembles zusammengeführt und bei gesellschaftlichen Anlässen gespielt, wobei erst eine

gemeinsame Stimmung, meist in der Pentatonik, dies ermöglicht.

3.2 Tonale Strukturen, Mehrstimmigkeit, Musik und Tanz

Von Tonleitern130 im europäischen Sinne kann man in der afrikanischen Musik nicht spre-

chen. Es gibt große Kulturregionen mit äquidistanter (gleichstufiger) Pentatonik und Hep-

tatonik131, bei denen die Oktave annähernd in fünf oder sieben mehr oder weniger gleich-

stufigen Intervallen unterteilt ist. In Süduganda132 werden die Holmxylophone erst un-

mittelbar vor einer Aufführung zusammengebaut, da sie immer nach dem Spiel zerlegt

und an einem schattigen Ort aufbewahrt werden. Damit soll verhindert werden, dass das

Holz (Bananenstämme, Klangplatten) austrocknet, was für den Klang der Instrumente

129 Vgl. Saus, Wolfgang, Melatener Str. 92, D-52074 Aachen, Face Music - History of Uganda,

http://www.face-music.ch/instrum/uganda_instrumde.html., April 2018Röhrenfiedel - einsaitige Fiedel –

Saiteninstrument. http://www.face-music.ch/instrum/uganda_instrumde.html. April 2018 130 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361 Kubik 2004, Tonale Strukturen. 131 Ebenda. 132 Vgl. Simon 1983, Musik in Afrika, Verstehen in afrikanischen Musikkulturen, G. Kubik, S. 356.

Page 36: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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von Nachteil wäre. Beim Stimmen der Klangplatten geht man meistens vom höchsten

(„kleinsten“) Ton zum tiefsten („größten“) vor. Die Musiker haben keine Stimmgabeln,

Stimmgeräte oder ein altes Xylophon, um die Stimmung abzunehmen. Nach ihren Vor-

stellungen ist ein „Pattern des Abstimmens“ mental eingeprägt und folgendermaßen de-

finiert133:

Der Musiker beginnt die Stimmung mit einem Anfangspunkt (die Eins), der das soge-

nannte Oberhaupt der Familie ist. Von hier schreitet er sechs Stufen nach abwärts, da-

nach kommt die Aufwärtsbewegung in der Stimmung, wie 6 zu 6, 5 zu 5, etc. Der 7. Ton134

ist ein fremder und wurde erst später in das hexatonische System eingeführt.

Der Ton mit der Nr. 1 (siehe Abb. S 35) wird als Chef der Klangfamilie angesehen. Er

nimmt auf dem Xylophon eine zentrale Rolle und Position ein. Es handelt es sich dabei

um einen typischen afrikanischen Stimmvorgang135, wobei die Standardintervalle zwi-

schen 160 – 180 Cents liegen. Wie die Stimmtoleranzen im äquidistanten pentatonischen

Kiganda-Tonsystem aus Uganda aussehen, beschreiben Gerhard Kubik und Klaus

Wachsmann in durchgeführten Frequenzanalysen.136

Mehrstimmigkeit im Gesang ist ein musikalisches Phänomen137, welches schon

vor der Missionierung im 19. Jahrhundert bei sakralen, mystischen Ritualen gebräuchlich

ist. Die Stimmen werden meistens in einem „Bewegungsparallelismus“138 geführt. Man

133 Ebenda. 134 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361 Kubik 2004, Tonale Strukturen. 135 Ebenda 136 Vgl. Simon 1983, Musik in Afrika, Verstehen in afrikanischen Musikkulturen, G. Kubik, S. 372. 137 Ebenda S. 85 138 Ebenda S. 85

Page 37: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

36

könnte diese Art der Stimmführung auch als homophone Mehrstimmigkeit bezeichnen.

Die Stimmen werden in gleichbleibenden oder abwechselnden Intervallen gesungen, wie

z.B.139.:

Als teilnehmender Beobachter kann der Autor diese Mehrstimmigkeit im Gottesdienst

erleben. Einige Beispiele finden sich im Anhang auf der CD, aufgenommen in Zigoti in

Buganda, gesungen von Lehrerkolleginnen (zwei Damen) als Live-Aufnahme.

Hb. 1: „Maama“ in „Luganda“ – der Sprache der Ganda – Einheimische des Königreichs

Buganda.

Die Aufnahme erfolgte mit einem Aufnahmegerät, genannt H2, durch den Autor in der

Schule von Zigoti in Uganda 2013. Auf der Live-Aufnahme singen zwei Lehrerinnen,

der Primary-School von Zigoti.

Text der 1. Strophe mit Refrain – Luganda:

MAAMA (MUMMY) – Luganda

1. Strophe:

Bangi abazadde abaana baabwe

Nebabasuula mubunnya wansi

Balala bajjamu embuto nebasuula kkasasiro byewunyisa

Naawe maama ne taata yemmwe abaatuzaala

Naye mufananye ng’abo abasuula abaana baabwe enjawulo ntono nnyo.

Tondaze kirungi nakibi nga nsobeza maama ompaana buwanyi obuvunanyizibwa ewaka,

taata

Wabulekera maama, maama ovumavuma taata ng’abaana bemuzadde tulaba.

Kati ffe tuliraga ki abaana baffe betulizaala mumyaka ejijja.

CHOLAS - Refrain

Maama, ne taata mutuyambe buyambi

mutulage ekkubo ettuufu naffe tube bulungi jebujja.

139 Ebenda S. 85f

Page 38: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Mubeere bykulabirako ebirungi

eri abaana bammwe

Maama tondeka kubula,

nnuggamya mukirungi n’ekib.

Text der 1. Strophe mit Refrain – englische Übersetzung

Text von „Maama“ in ENGLISH/Übersetzung

1. Strophe:

Many parents have given rise to children

And cast them down into deepest pit

Others abort and dump them amidst garbage

Even you mummy and daddy, you brought us into being

But you have acted like those who throw them away no difference.

You haven’t guided me between the right and the wrong when I go wrong you just ap-

plaud me, responsibility at home, daddy when us the children look on,

Now what legacy shall we pass on to our children time to come?

CHOLAS – Refrain:

Mum and daddy just help us

You show us the right way so that we can be better people in future

You be extemporary to your children

Mum don’t let me loose truck, but guide in the right way.

Die Übersetzung erfolgt ebenfalls von den zwei singenden Lehrerinnen der Schule, na-

türlich in ihrem Englisch-Verständnis, das in Uganda als zweite Amtssprache gesprochen

wird. Nach der englischen Übersetzung ist zu schließen, dass es sich um ein Danklied an

die Eltern handelt. Es klingt eigentlich für europäische Zuhörer recht traurig, was es aber

in Wirklichkeit nicht ist.

All diese Gesänge erklingen nur in der Zweistimmigkeit und haben meist einen religiö-

sen, erzählenden oder beziehungsbezogenen Text.

Afrikanische Musik ist weitgehend „Pattern-Musik“, sowohl in der rhythmischen

als auch in der melodischen Gestaltung. Formeln und musikalische Muster (beide werden

als Pattern bezeichnet) sind in zyklische Formen eingebettet und werden in unterschied-

lichen Varianten wiederholt. Der Text ist oft nur ein Anhängsel zur dargebotenen Musik.

Page 39: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

38

Die einheimischen Zuhörer können die Worte innerlich hören und mitsingen. Instrumente

werden in afrikanischen Kulturen nicht „gespielt“, sondern werden in der verbalen

Grundbedeutung der Sprache „geschlagen“. In Buganda schließt diese Art des Spielens

von Xylophonen auch das Musizieren zahlreicher anderer Instrumente mit ein.

Musikkulturen in Afrika definieren sich immer auch motional, wobei den Bewe-

gungen zur Musik nicht immer eine genaue Form eines Tanzes zugrunde liegen muss.

Der afrikanische Tänzer sucht ein Bewegungs-Erlebnis im Tanz, indem er den Körper in

verschiedene Bewegungszentren zerlegt. Er realisiert verschiedene simultane rhythmi-

sche Bewegungsabläufe durch simultane kinetische Bewegungsumsetzungen, die er ent-

weder über verschiedene Körperzentren motorisch zur Entladung bringt oder systema-

tisch zur Besessenheit und Ekstase steigert.140 In seiner Forschungsarbeit und Workshops

registrierte der Autor besonders die Bewegungsfreudigkeit der einheimischen Jugendli-

chen beim Singen und Musizieren, wobei die verschiedenartigen Bewegungsabläufe der

Körperteile auffallen, ihn beeindrucken und von den meisten Europäern nicht nachvoll-

ziehbar sind.

3.3 Musik-Erleben in der Dorfgemeinschaft im Jahres- und Lebenszyklus

Musik in Afrika, speziell in Uganda, hat ihre historischen Wurzeln nicht nur auf afrika-

nischem Boden. Man spürt Einflüsse aus dem arabischen, indischen, indonesischen und

europäischen Raum. Ein weitverzweigtes Netz mit verwandten Traditionen, zusammen-

hängend mit Aspekten des Stils, der Aufführungspraxis und des Brauchtums findet man

hier. Nicht immer entsprechen die territorialen Grenzen141, die im 19. Jahrhundert festge-

legt wurden, der geistigen und ethnischen Verwandtschaft einzelner Gruppen.

Musik142, die aus irgendeinem aktuellen Anlass öffentlich aufgeführt wird, hängt vom

gesellschaftlichen Ereignis, dem sozialen Bedürfnis und von den daran Beteiligten ab,

weil sie immer zu den verschiedenen Phasen des Gemeinschaftslebens in Beziehung

steht. Diese Musik kann man in zwei Kategorien einteilen:

Die erste Kategorie umfasst Musikstücke zu Riten und Zeremonien, nach Gebeten und

Prozessionen und hat nicht unbedingt eine formale Einheit.

140 Vgl. Simon 1983, Musik in Afrika, Verstehen in afrikanischen Musikkulturen, G. Kubik, S. 318. 141 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena, 1979, Die Musik Afrikas, Gliederung der Musik, Wilhelms-

haven, Heinrichshofen, Taschenbücher zur Musikwissenschaft, Band 59, S. 15ff. 142 142 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena, 1979, Die Musik Afrikas, Gliederung der Musik, Wilhelms-

haven, Heinrichshofen, Taschenbücher zur Musikwissenschaft, Band 59, S. 37ff.

Page 40: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Die zweite Kategorie bezeichnet einzelne Stücke mit gemeinsamen Merkmalen und ist in

Gruppen gegliedert, wobei jede nach den Namen der Aufführenden oder nach der Funk-

tion der Musik bezeichnet wird.

Musik wird auch von Erwachsenen zum Vergnügen für die Kinder als Wiegenlieder oder

als narrative Lieder in kindlicher Form dargebracht.

Nicht selten geben die im Musiktypus verwendeten Hauptinstrumente der Musik den

Namen, wie Trommelmusik, Trompetenmusik etc., natürlich in der Muttersprache, also

in „Luganda“.

Sorgfältig wird auch der Ort der Aufführungen gewählt, meist ein öffentlicher

Platz, für alle Dorfbewohner zugänglich. Im privaten Bereich haben dann nur die unmit-

telbar mit dem Ereignis Befassten Zutritt, so z.B. Gotteshäuser oder religiöse Kultstätten,

Altäre, geheiligte Orte und Hofplätze. Diese Stätten werden regelmäßig besucht und die

Veranstaltungen der Gegebenheit entsprechend mit Musik und Tanz umrahmt. Als teil-

nehmender Beobachter ist der Autor bei Besuchen der sonntäglichen Gottesdienste ein

aktiv mitwirkendes Mitglied und spürt, welch intensive Begeisterung und Frömmigkeit

die Afrikaner bei Tanz und Musik erleben. Auch Trommelmusik, früher durch die ersten

christlichen Missionare aus Europa als heidnische Ritualmusik abgelehnt, ist nun ein sehr

passender und wichtiger Teil der Liturgie im Gottesdienst und wird von allen mit großer

Begeisterung und eindrucksvollem Können dargeboten.

Musik ist ein wichtiges Thema im Lebens- und Jahreszyklus der Afrikaner. Genauso wie

der Kalender sämtlicher religiöser Bekenntnisse mit ihren Festen eingehalten wird, be-

deutet er auch für die Dorfgemeinschaft sehr viel und wird, ohne Unterschiede der Kon-

fessionen, begangen und gefeiert, natürlich auch mit Musik umrahmt. Besonders zu er-

wähnen ist die Tatsache, dass die kalenderbezogenen Feste mit den religionsspezifischen

Riten immer von allen Dorfbewohnern, Konfessionen und Schulen begangen werden.

Hochzeiten143 sind zentrale Höhepunkte im Leben der Ethnien und dauern oft

mehrere Tage lang, werden mit Tänzen und Gesängen musikalisch ausgestaltet. Die

ganze Dorfgemeinschaft ist zur Hochzeit geladen und erst nach dem rituellen Teil beginnt

der allgemeine Tanzabend.

143 Vgl. Lütteken, Laurenz 2016ff, Gerhard Kubik, Artur Simon, Art. Afrika südlich der Sahara, in: MGG

Online, Bärenreiter, Metzler,GbR MGG, Kassel, Stuttgart, New York: veröffentlicht 2016-09-26,

https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361 Kubik 2004, Jahreszyklus, Lebenszyklus.

Page 41: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

40

Ebenso werden Begräbnisse144 in der Dorfgemeinschaft nach den rituellen Abläu-

fen jeder Religion mit ganztägigen Feierlichkeiten, trotz der einfachen und bescheidenen

Lebensverhältnisse, begangen. Als teilnehmender Beobachter kann der Autor Totenkla-

gen oder Gesänge mit Texten zum Tod und der Verabschiedung des Familienangehörigen

miterleben.

3.4 Ausbildung und Auswahl der MusikerInnen in der Gesellschaft

In afrikanischen Gesellschaften werden Musikkulturen in oraler oder besser gesagt in

auraler (gehörsmäßiger) Tradition von einer Generation zur anderen übertragen. Afrika-

nische Musik145 bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen den einzelnen Musikern

und den Zuhörern. Bestimmten verbindlichen Verhaltensmustern der Gesellschaft kann

sich dann auch der traditionelle Musiker nicht entziehen. Die „sonische Ordnung“146 ist

nämlich für alle verbindlich und verändert sich erst dann, wenn sich prägende Vorausset-

zungen ändern, vor allem in sozialen Bereichen. Solche Veränderungen entstanden durch

die Kolonialisierung, die christliche Missionierungen und durch die später einsetzenden

Urbanisierungen.

Musiker in Afrika sind Spezialisten ihrer Gesellschaft, die wegen außergewöhnlicher mu-

sikalischer Begabungen oder rein außermusikalischer Fähigkeiten in der Gemeinschaft

bekannt und anerkannt sind.

Zur Ausbildung der MusikerInnen ist zu sagen, dass MusikerIn zu sein, eine Berufung

ist, ohne ein wirklicher Berufsmusiker in europäischem Sinne zu sein. Eine ökonomische

Definition greift hier nicht wirklich.

Ein typisches Beispiel für die Stellung der MusikerInnen in der Gesellschaft findet man

in der Vokalmusik. Man kennt in der Vokalmusik147 verschiedene Aufführungsarten:

Sologesang mit oder ohne Instrumentalbegleitung, lediglich mit Klatschen oder Stamp-

fen.

Im Zweigesang, eine Art Duett mit gemeinsamem Repertoire, teilweise in Echo-Manier.

Haupt- und Vorsänger in Verbindung mit verschiedenen Chören, wobei einzelne Spezi-

alisten eine leitende Funktion übernehmen.

144 Ebenda 145 Ebenda, Musiker und Gesellschaft. 146 Vgl. Simon, Artur, 2008; Ethnomusikologie: Aspekte, Methoden und Ziele,

https://books.google.at/books?isbn=394086207X, Oktober 2018, S 46. 147 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena 1979, Auswahl und Ausbildung der Musiker, S. 72ff

Page 42: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

41

Gesangsvortrag in der „hoquetus-Technik“148, ein ineinandergreifender Gesangsvor-

trag, bei dem jeder Sänger zu einem vorherbestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Ton

beiträgt, was natürlich gegenseitige Abhängigkeit der Aufführenden schafft.

Bei instrumentalen Aufführungen149 kann ebenfalls die „hoquetus-Technik“ angewendet

werden. Die Struktur der Musik beruht auf der Ruf-Antwort-Form, was bedeutet, dass der

Leiter der Gruppe allein zu spielen beginnt und dann die anderen Gruppenmitglieder mit

Melodien einsetzen. Mitglieder von instrumentalen Ensembles rangieren ebenfalls höher

als die eines Chores. Der Leiter von Instrumentalensembles wird als Spezialist betrachtet,

denn er trägt viel zur musikalischen Qualität der Gruppe bei. In einigen Musikkulturen,

so auch die Beobachtung in Uganda bei den Workshops, werden Trommler mit mehr

Respekt bedacht als die übrigen Mitglieder der Gruppe.

Das Ausbildungsproblem150 wird in Uganda nicht auf systematische Art gelöst, sondern

mit traditioneller Unterweisung, meist in den Familien oder im Kreis der engsten Ver-

wandten. Man glaubt, dass ein Mensch, der eine natürliche Begabung hat, auch die Fä-

higkeit besitzt, sich musikalisch weiterzuentwickeln. Schon im Kindesalter können In-

strumente und das „Singen“ durch Nachahmung der Erwachsenen gelernt werden. Junge

Musiker und Sänger durchlaufen Lernprozesse wie ein Handwerker, um dann in Ensem-

bles singen oder musizieren zu dürfen. Bei den Baganda151 ist es Usance, dass jeder Flö-

tist, der im königlichen Ensemble spielen will, als Palastdiener vom zehnten bis zum

zwölften Lebensjahr Dienst leisten muss und dabei von älteren Musikern das musikali-

sche Handwerk zu erlernen hatte. Erst wenn die Jungen von den älteren Musikern akzep-

tiert und als befähigt befunden werden, können sie in den königlichen Dienst als Hofmu-

siker aufgenommen werden.

3.5 Musik im religiösen Kontext, Berührung mit anderen Kulturen

Überall dann ist von religiösen Kontexten in der Musik zu sprechen, wenn die beteiligten

Personen eindeutig an eine transzendente Welt glauben, Kontakte zu ihr aufnehmen kön-

nen und ein höchstes Wesen als Gott verehren. Einige Kriterien definieren ziemlich ein-

deutig, welche Äußerungen und Aktivitäten unter dem Titel „Musik und Religion“ in der

148 Ebenda, S. 73. 149 Ebenda, S. 74. 150 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena 1979, Auswahl und Ausbildung der Musiker, S. 81ff 151 Ebenda, S. 85ff

Page 43: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

42

Musikethnologie Afrikas zu beachten sind. Bereiche davon können in den teilnehmenden

Beobachtungen des Autors unterschieden werden:152

Klangerzeugung zur Stimulierung und Kontaktaufnahme mit der transzendenten Welt

durch Spielen von Instrumenten und Absingen von geheimnisvollen Gesängen.

Gebete und Gesänge mit religiösen Texten, um Einsicht und Kontrolle über transzen-

dente Wesen zu erhalten und mit verstorbenen Angehörigen in Verbindung zu treten. Mit

musikalischen Mitteln werden Fähigkeiten vorgetäuscht, die eine Kontaktaufnahme mit

Verstorbenen ermöglichen.

Musikalische Sitzungen, die der Abwendung von Katastrophen und gesundheitlichen

Gefahren dienen.

Kulturelle Veränderungen in einer Gesellschaft geschehen durch innere Einwirkung von

Faktoren genauso wie durch äußere, die eine Entwicklung lenken.

Schon allein durch die Kulturen der Immigranten in den Jahrhunderten hinterlässt der

Islam ein bleibendes Vermächtnis153 für die Musik in Uganda.

Afrika bzw. Ostafrika hat schon immer Verbindungen zum Mittelmeerraum, dem Nahen

Osten, Arabien, Indien und Südostasien. Die Länder Ostafrikas grenzen an den Indischen

Ozean und bringen immer schon Kontakte und Berührungspunkte mit der arabischen

Welt und deren Kulturen mit sich.

Viele Tänze, Lieder, Musikinstrumente und Gegenstände des täglichen Lebens

sowie verschiedene Nahrungsmittel wie z.B. die Kochbanane kommen nach Buganda.

Arabische und indische Händler ziehen dann weiter nach Westen in den Kongo und hin-

terlassen nachhaltige islamisch-kulturelle Spuren, welche immer noch bemerkbar sind.

Aus dieser Zeit stammen die islamischen Bräuche und Konventionen im ostafrikanischen

Raum. Die afro-arabische Interaktion ist so stark, dass die Entstehung und Verbreitung

des „Swaheli“ darauf zurückzuführen ist als einer „lingua-franca“154, einer Bezeichnung

für eine Sprache, die von Vertretern verschiedener Muttersprachen als gemeinsame Ver-

kehrssprache genutzt wird. Englisch ist zum Beispiel heute eine klassische lingua franca

weltweit. In Uganda155 ist „Luganda“ seit 2005 die Muttersprache der einheimischen

Ethnien, während die zweite Amtssprache Englisch ist. Die islamische Periode in der af-

rikanischen Geschichte beginnt 741 nach Christus mit der Eroberung Ägyptens und

152 Vgl. GERHARD KUBIK/ARTUR SIMON/ARTUR SIMON, Art. Afrika südlich der Sahara, in:

MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., veröffentlicht 2016-09-

26, https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13361, Musik und Religion.. 153 Ebenda. 154 Vgl. https://en.oxforddictionaries.com/definition/lingua_franca. April 2018. 155 Vgl. http://www.uganda.at/allgemeines.htm - Daten und Fakten zu Uganda, Stand 2006.

Page 44: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

43

kommt im 19. Jahrhundert bis in die Subsahara156. Die afrikanischen Ethnien überneh-

men im Kontakt mit arabisch-islamischen Kulturen hauptsächlich die Musikinstru-

mente157, deren Bau- und Spielweisen. Es sind dies verschiedenartige Trommeln, Lauten,

Rohrflöten und lange Trompeten. Die arabischen Instrumentenmodelle geben nur die In-

puts für die Herstellung lokaler Äquivalente. Der Tauschhandel zwischen den Arabern

und den afrikanischen Ethnien ist nicht nur für die Afrikaner von Nutzen. Im Bereich der

Musik ist die Übernahme afrikanischer Trommeln ein bemerkenswertes Beispiel dafür.158

Curt Sachs erzählt folgendes159:

[…. „Nahezu sämtliche Musikinstrumente im mittelalterlichen Europa kamen aus Asien,

entweder aus dem südöstlichen Byzanz oder aus dem islamischen Reich über Nordaf-

rika“…]

Abgesehen von den Musikinstrumenten scheinen allgemein nur oberflächliche As-

pekte160 des arabischen Musikstils jene Völker angezogen haben, welche im Kontakt mit

Islam standen, denn die eigene traditionelle Musik haben sie nie aufgegeben. Zum Bei-

spiel werden die arabische Melodik und Rhythmik im Allgemeinen nicht übernommen,

denn das hätte den Charakter der afrikanischen Musik in ihrer Kontinuität völlig verän-

dert. Vieles in der arabischen Musikkultur untermauert die afrikanische Musikpraxis161,

denn Musik begleitet auch die Araber lebenslang, wobei die Vokalmusik immer höher

eingeschätzt wird als reine Instrumentalmusik. Instrumentalmusik kennt man meist nur

als Vor- und Zwischenspiele zum Gesang.162

Islamische Communities163 unterscheiden musikalisch genau zwischen religiös bzw. got-

tesdienstlich gebundener und Musik für soziale Anlässe. Eine teilnehmende Beobachtung

beim ersten Aufenthalt 2013 in Uganda lässt feststellen, dass sowohl islamische Musiker

und Musiker anderer religiöser Gemeinschaften (z.B. Christen) bei allen Festen gemein-

sam musizierten. Ohne Zweifel wirkt sich diese Praxis sehr positiv auf das integrative

Zusammenleben aller religiösen Gemeinwesen aus. Religiöse und weltliche Festtage wer-

den ohne Rücksicht auf die konfessionelle Angehörigkeit gemeinsam gefeiert. Die ein-

zelnen Communities kapseln sich nicht von anderen Gruppen ab, sondern versuchen eine

Integration zwischen eingeborenen und arabischen Musikrichtungen, der traditionellen

156 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena, 1979, Die Musik Afrikas, S. 21-22ff 157 Ebenda S. 125 158 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena, 1979, Die Musik Afrikas, S. 21-22ff 159 Sachs, Curt, 1940, The History of Musical Instruments, New York, S. 260. 160 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena, 1979, Die Musik Afrikas, S. 21-22ff 161 Vgl. Nketia, Joseph Hanson Kwabena, 1979, Die Musik Afrikas, S. 21-22ff 162 Ebenda 163 Ebenda S. 24ff

Page 45: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

44

Musik. Es entsteht also keine alternative Gesellschaftsform, denn alle versuchen gemein-

sam, ihr Leben mit Musik in der Gemeinschaft zu bewältigen und Freude damit zu ver-

mitteln.

Ähnlich wie durch die Islamisierung die Ethnien beeinflusst werden, verspürt man

die europäischen164 Einflüsse in der Musik Ugandas. Buganda165 fasziniert die For-

schungsreisenden und Missionare des ausgehenden 19. Jahrhunderts und später dann die

Wissenschaftler in besonderer Weise. Weitab der innerafrikanischen Handelsströme und

unberührt von europäisch-afrikanischen Kontakten entlang der afrikanischen Küste seit

dem 15. Jahrhundert entwickelt sich hier ein Staat, der bei Ankunft der ersten Europäer

(1862) einen hohen gesellschaftlichen Differenzierungsgrad aufweist und dessen politi-

sche und ökonomische Organisation stark ausgeprägt ist. Der Kontakt mit Europa durch

Handel, Christentum und den Lebensstil der Kolonialherrschaften ist dann besonders

weitreichend und bringt neue Kräfte durch Akkulturation166 in Bewegung und große Fort-

schritte in Bezug auf die politische Entwicklung, der Bildung im Allgemeinen und der

Steigerung der Lebensqualität. Die territoriale Neugliederung als Grundlage zur Auftei-

lung Afrikas in der Berliner Konferenz 1884167 führte zur Bildung der heutigen Staaten

und deren Grenzen. Im ostafrikanischen Uganda gibt es immer noch fünfundzwanzig ver-

schiedene ethnische Gruppierungen. Aber alle behalten ihre kulturelle Identität und pfle-

gen weiterhin tradierte Musik innerhalb des Staatswesens.

Die „Organisation of Africa Unity“168 (Vorgänger der Afrikanischen Union bis 2002)

unternimmt große Anstrengungen zum politischen Einheits-Denken und zur zwischen-

staatlichen Zusammenarbeit, auch auf dem Gebiet der Kunst. Nicht nur einen politischen

Wandel bringt der Kontakt mit Europa mit sich, sondern auch einen ökonomischen169.

Mit dem wirtschaftlichen Wachstum werden auch europäische Musikinstrumente, die ur-

sprünglich für das Militär und die Religion gedacht waren, von der einheimischen Bevöl-

kerung in den Dörfern adaptiert. Der Sklavenhandel bringt zum Beispiel ebenso afrikani-

sche Musik in die westliche Welt. Einerseits predigen die christlichen Kirchen170 gegen

164 Ebenda, S. 25 - 30 165 Vgl. Füßer, Willi 1991; Vorkoloniale Gesellschaftsstrukturen und Sklaverei: Das Beispiel Uganda. Zu-

sammenhang von europäischer und interner Sklaverei und Sklavenhandel. S. 119 ff 166 Akkulturation: Übernahme von Elementen einer fremden Kultur durch den Einzelnen oder eine

Gruppe; kultureller Anpassungsprozess, https://www.duden.de/rechtschreibung/Akkulturation. April

2018. 167 Siehe Fußnote 15. 168 Vgl. Die Organisation für Afrikanische Einheit war eine von 1963 bis 2002 bestehende Organisation

fast aller afrikanischen Staaten. Sie ist die Vorgängerorganisation der Afrikanischen Union. 169 Vgl. Nketia 1979, Die Musik Afrikas, Vermächtnis Europas, S. 25 – 30. 170 Ebenda

Page 46: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

45

die afrikanischen Kulturen und deren Wertvorstellungen mit den sozialen Strukturen in

den Gemeinschaften, andererseits werden musikalische Elemente der einheimischen Eth-

nien übernommen und zur Kontaktaufnahme bei der Missionierung verwendet. Christli-

che, europäische Missionen zwingen die Ethnien, kulturelle Werte und Gebräuche zu

übernehmen und nehmen eine feindliche Haltung gegenüber afrikanischer Musik ein. Be-

sonders die „Trommel-Musik171“ wird von den europäischen Christen mit heidnischen

Praktiken assoziiert und gilt daher als nicht für den Gottesdienst geeignet. Westliche Mu-

sikpraktiken werden autoritär an Stelle der afrikanischen Musik eingeführt. Eine Maß-

nahme klingt für Europäer des 21. Jahrhunderts etwas eigenartig:172

[…Konvertiten müssen abendländische Kirchenlieder, die in afrikanische Sprachen über-

setzt werden, beim Gottesdienst singen, ebenso ist es ihnen verboten, afrikanische Musik

aufzuführen oder solchen Aufführungen beizuwohnen…]

Die Verpflanzung westlicher Musik173 nach Afrika auf die beschriebene Weise wirkt sich

in mehrfacher Weise aus:

Trotzdem, dass die traditionelle afrikanische Musik durch die christlichen Glaubensboten

westlicher Kulturinstitutionen und Kolonialmächten von Kirche und Schule ausgeschlos-

sen war und daher weniger der westlichen Beeinflussung ausgesetzt wurde, konnte sie

sich kontinuierlich musikalisch in sozialen und kulturellen Einrichtungen weiterentwi-

ckeln.

Es entstehen neue „Communities of taste“ – neue Gemeinschaften mit neuen Musikge-

schmacksrichtungen, welche sich mit verschiedenen Arten westlicher Musik identifizie-

ren. Durch den Schaffensdrang der Mitglieder neuer Musikgemeinden entwickeln sie sich

in zwei unterschiedliche Strömungen:

Eine davon ist die neue Popmusik und die andere Strömung umfasst die Kunstmusik in

der Kirche, Schule und im Konzert. Auch die Chormusik entwickelt sich weiter und wird

vierstimmig gepflegt.

Alle neuen Formen basieren auf westlichen Vorbildern174. Die Suche nach afrikanischer

Identität und die Ablegung der Auswirkungen der Kolonialisierung früherer Jahrhunderte

ist eine der wichtigsten Aufgaben in der traditionellen Musik Afrikas175. Nun überlegen

sich sogar die christlichen Religionen, wie man den Gottesdienst afrikanisieren könnte.

171 Ebenda S. 26 172 Ebenda S. 26 173 Vgl. Nketia 1979, Die Musik Afrikas, Vermächtnis Europas, S. 28 - 29. 174 Ebenda 175 Ebenda S. 31ff

Page 47: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

46

Von Regierungsseite wird ebenso die tradierte afrikanische Musik in der Musikerziehung

an Schulen gefordert.

Neue Horizonte176 entstehen in der Musik, und zwar durch nationales Gedankengut in der

gebildeten Oberschicht Ugandas. Dadurch entwickelt sich ein neues Bewusstsein des mu-

sikalischen Erbes Afrikas, eine vom europäischen Geschmack hergeleitete afrikanische

Musik. Diese musikalische Strömung beruht auf afrikanischen, rhythmischen Strukturen,

benutzt aber westliche Harmonik und Spieltechniken. Ebenso werden afrikanische und

sogenannte westliche Instrumente gemeinsam in Gruppen gespielt. In der Praxis schreitet

die Musik in zwei Richtungen weiter, und zwar einerseits in einem Wandel und anderer-

seits steht sie für Kontinuität177. Der Autor sieht in seinen Beobachtungen und Forschun-

gen beide Richtungen, die sich gegenseitig befruchten, indem sich einheimische Musik-

traditionen überlappen oder zu größerer Heterogenität178 führen.

Die islamische Periode erweitert durch neue Mittel und Besonderheiten die traditionelle

Musikpraxis, aber ebenso wird dadurch eine Spaltung in islamisierte und nichtislamisierte

Musikrichtungen erreicht. Während der islamischen Periode kommt Kontinuität in die

Tradition, indem altes und neues Material integriert wird. Die europäische Periode179 hin-

gegen wird von divergierenden Tendenzen geprägt, welche zu Subkulturen führen. Diese

gehen dann über die ethnische Zugehörigkeit hinaus und künden eine neue Ära des Inter-

nationalismus an.

Es entstehen neue Unterscheidungsmerkmale in der Musikpraxis, die im Afrika südlich

der Sahara eine Teilung in Traditionsmusik, Popularmusik und Kunst-Musik verursa-

chen. Die Kenntnis traditioneller afrikanischer Musik in ihrem sozialen Kontext180 ist eine

Voraussetzung für das Verstehen der zeitgenössischen afrikanischen Musikszene, wie

auch für die Einsicht und Erfahrung, welche Rolle Musik im persönlichen und gesell-

schaftlichen Leben der Afrikaner spielt. Bearbeitungen traditioneller Musik werden heute

in neuem Kontext präsentiert, und zwar in der Pop- und Kunstmusik, welche ja auch in

Europa auf traditionellem Material basiert. Vieles wird als Erbe der Kolonialzeit beibe-

halten, und zwar das Spielen und Komponieren von Nationalhymnen. Die Musik westli-

cher Militärkapellen, ihr militärisches Auftreten in Uniformen wird zum großen Vorbild

für junge Afrikaner, wobei die musikalische Qualität und die Ausbildung der Musiker

176 Ebenda, S.31 - 32 177 Vgl. Nketia 1979, Die Musik Afrikas, Vermächtnis Europas, S. 31 - 32. 178 Ebenda S. 31 - 32 179 Ebenda S. 32 180 Ebenda S 31-32

Page 48: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

47

nicht als besonders wichtig angesehen wird, denn der visuelle Auftritt bedeutet den afri-

kanischen Machthabern immer noch viel mehr als der musikalische Inhalt.

3.6 Hofmusik am Königshof in Buganda

Buganda hat die Forschungsreisenden und Missionare des ausgehenden 19. Jahrhunderts

und später dann die Wissenschaftler in besonderer Weise fasziniert.

Weitab der innerafrikanischen Handelsströme und unberührt von europäisch-afrikani-

schen Kontakten entlang der afrikanischen Küste seit dem 15. Jahrhundert hat sich hier

ein Staat entwickelt, der bei Ankunft der ersten Europäer (1862) einen hohen gesellschaft-

lichen Differenzierungsgrad aufweist und dessen politische und ökonomische Organisa-

tion stark ausgeprägt ist.

Buganda liegt in einem ostafrikanischen Hochlandgebiet181 im Süden Ugandas, nordwest-

lich des Victoria-Sees. Die Region, in der der Autor seine Forschungen betreibt, liegt

ungefähr auf einer Meereshöhe von ca. 1200 m. Sie beherbergt eine der interessantesten

Musikkulturen Ostafrikas. In der Amtssprache wird die Bevölkerung als die „Ganda“

und das Land als das „Land der Ganda“ bezeichnet. Wie schon erwähnt, spricht man in

Buganda „Luganda“, eine Bantusprache.

Abb.: Die Staaten des Zwi-

schenseegebietes im späten

19. Jahrhundert und die

Grenzen des heutigen

Uganda.182

181 Ebenda S. 9. 182 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 8

Page 49: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

48

Im Gebiet der Sub-Sahara Afrikas183 sind eine Vielzahl unterschiedlicher Ethnien, Kö-

nigreiche und Clans beheimatet. Diese Vielfalt birgt in sich immer wieder Konfliktpoten-

tial, auch für gefestigte Regierungen wie die von Präsident Museveni in Uganda.

Die Existenz von Königreichen geht in Uganda bis auf das 13. Jahrhundert zurück.

Buganda, also das Reich der Baganda, hat durch die ganze Zeit der geschichtlichen Über-

lieferung eine bestimmte Vormachtstellung inne und kann auf eine jahrhundertealte Ver-

gangenheit zurückblicken, obwohl zu keiner Zeit die Geschichte schriftlich festgehalten

wird, spielt das Königreichs Buganda bis heute eine bedeutende Rolle. Alle Informatio-

nen werden mündlich weitergegeben.

Sowohl die alte Hauptstadt Ugandas, Entebbe, als auch die heutige, Kampala, lie-

gen im Gebiet des Königreichs Buganda.184 1894185 wird Uganda britisches Protektorat

und natürlich damit auch das Königreich Buganda. Da das Königreich schon immer po-

litisch, gesellschaftlich und kulturell straff organisiert war, werden die Bewohner und die

Beamten des Reiches auch von den Briten als Hilfe für die Verwaltung implementiert.

Nach der Unabhängigkeitserklärung186 Ugandas im Jahre 1962 wird der letzte „kabaka“

(König auf Luganda), Mutesa II. sogar Präsident der jungen Republik. Aber schon die

Revolution 1966 hat die Abschaffung aller Königreiche mit ihren Traditionen zum Ziel.

Buganda verliert seine Sonderstellung und der König flieht ins Exil. Mit der Auflösung

des Reiches geht ein Bruch mit der jahrhundertalten musikalischen Tradition einher. Alle

Trommeln, mehr als fünfzig an der Zahl, werden durch das gelegte Feuer der Truppen Idi

Amins zerstört. Für den König und seine Untertanen bedeuten diese kriegerischen Akti-

onen eine große Demütigung, vor allem wegen ihres hohen Symbolgehalts der Trom-

meln. In seinem Buch „Desecration of my Kingdom“187 (Entweihung meines Königrei-

ches) schreibt der letzte „kabaka“ Mutesa II. 1967 unter anderem:

[… A Prince is not a Prince of the Blood, but a Prince of the Drums and his status is

determined by which Drum…]

Viele der Instrumente sind mehrere hundert Jahre alt und haben großen mystischen Wert

für alle Bewohner und stellen den kostbarsten Besitz des Königreiches dar. Gilt es

183 Barke, Lena und Girke, Peter 2009, Regierung und Königreiche in Uganda – ein konfliktträchtiges En-

semble, www.kas.de/Uganda, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. 184 Ebenda 185 Ebenda 186 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 10 – 11. 187 Vgl. Mutesa II. 1967, Kabaka of Buganda, „Desecration of my Kingdom “, S. 193.

Page 50: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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anderswo als Schande, im Krieg die nationale Fahne einzubüßen, so wird im Königreich

Buganda der Verlust der königlichen Trommeln als schmachvoll angesehen188.

Museveni189 kommt 1986 an die Macht und lässt die Königreiche, ganz besonders

Buganda, wieder neu aufbauen, denn bei all seinen Wiederwahlen kann er sich auf die

Unterstützung der Baganda verlassen. Es ist klar ersichtlich und von Außenstehenden

deutlich spürbar, dass die Königreiche190 einen wichtigen politischen Faktor in der heuti-

gen Gesellschaft Ugandas darstellen.

Der folgende Abschnitt setzt sich mit der Musik am Hof des „kabaka“ – am Hof

des Königs von Buganda auseinander.

Abb.6 Zwei Trommeln der Ganda mit typischer Fellschnürung (Abt. Afrika, Museum für Völkerkunde

Berlin, III E 13 546a, c, e-g)191

Bei der Einführung eines neuen „kabaka“ erreicht dieser erst dann die Herrschaft über

das Königreich Buganda, wenn er zwei „mujaguzo-Trommeln“192 zu schlagen beginnt

und so symbolisch das Königreich in Besitz nimmt.

Das Trompetenensemble, „amakondere“ genannt, steht in seiner Bedeutung den „mu-

jaguzo-Trommeln“ keineswegs nach. Beide Instrumentalensembles haben Signalwirkung

188 Vgl. Ankermann, Bernhard 1901; Die afrikanischen Musikinstrumente, Ethnologisches Notizblatt,

Band III. - Heft 1. S. 93ff 189 Vgl. Barke, Lena und Girke, Peter 2009, Regierung und Königreiche in Uganda – ein kon-

fliktträchtiges Ensemble, www.kas.de/Uganda, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. 190 Ebenda 191 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 15. 192 Vgl. Saus, Wolfgang, Melatener Str. 92, D-52074 Aachen, Face-Music, Traditional Instruments: „Eine

der prominentesten Trommeln, die die Überlegenheit der Macht der Kabaka (Könige) unter den Buganda

darzustellen vermag, ist die Trommel Mujaguzo. Das Wort stammt aus dem Ganda-Dialekt kujaguza und

bedeutet; „Jubiläum“, was auf den Ursprung der Trommel hinweist“.

Page 51: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

50

für die Bevölkerung und geben Kunde über die Ankunft oder Abwesenheit des Königs.

Verlässt der König den „lubiri“193 (umzäunter Bereich des Königshauses), dann darf

keine Musik mehr gespielt werden.194 Eine genauere Darstellung der verschiedenen

Trompetenformen würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Eine besondere Stellung am

Hof besitzen die „Harfen-Spieler“. Die sogenannte Bogenharfe195 ist eines der wenigen

Instrumente, welches am Hof solistisch zu hören ist, aber meist (wie schon einmal er-

wähnt) der musikalischen Untermalung von Erzählungen und vorgetragenen Neuigkeiten

dient.

Abb.: Die achtsaitige Bogenharfe „ennanga“, gespielt von Evaristo Muyinda, Museum für Völkerkunde

Berlin 1983196

193 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, „königliche Umzäunung“ zu Zeiten Mutesa II, Bd 1, S. 13 – 14. 194 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel, Reihen-

titel Musikbogen, Bd 1, S. 17. 195 Ebenda 196 Ebenda S. 16

Page 52: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

51

So bestimmen Harfen, Trompeten, Trommeln und Xylophone das Musikleben innerhalb

der “königlichen Umzäunung“, dem „lubiri“. Während die „Amadinda-Musik“ nicht nur

an das Hofleben gebunden war, werden die Trommeln selten von der Stelle bewegt, ge-

schweige außerhalb des Hofes gezeigt197. Man kann in der königlichen Umzäunung das

Xylophon198 mit einer fünfteiligen Trommlergruppe hören. Das zwölf-tönige „amadinda

Xylophon“ wird im nächsten Kapitel einer näheren Betrachtung zugeführt, ebenso wer-

den MusikerInnen, die Musikstücke und Spielweisen genauer erforscht.

Musiker am Hofe des Königs von Buganda genießen ein hohes gesellschaftliches

Ansehen, haben viele Privilegien und dürfen im „lubiri“, der königlichen Umzäunung,

arbeiten und leben, was den einfachen, normalen Ganda nicht erlaubt ist. Durch ein Ab-

zeichen an der Kleidung ist für jedermann der Hofmusiker erkennbar. Besondere musi-

kalische Leistungen, wie etwa neue Kompositionen, werden vom König mit außeror-

dentlichen Geschenken belohnt. Die einzelnen Ensemble-Mitglieder bewohnen mit ihren

Familien eigene Musikhäuser in der königlichen Palastumzäunung. In diesem königli-

chen Bezirk bereiten sich die Musiker auf die nächsten Auftritte vor.

Die Ensemblemusik wird zu allen Zeiten durch die Könige gefördert und gepflegt. Fol-

gende Instrumentalgruppen können registriert werden:

Trompeten-Ensembles, mujaguzo-Trommler, Harfenspieler, Leier- und Spießgeigen-En-

sembles, Flötengruppen und die Xylophon-Ensembles.

Die Pflege der Ensembletradition liegt in den Händen eines „Clans“199, der das Zusam-

mengehörigkeitsgefühl als mythisches Wesen vereint. Hofmusiker stehen in ständiger

Bereitschaft, denn mit einem unerwarteten Besuch des Königs ist jederzeit zu rechnen.

Der König nimmt natürlich seine Hofmusiker mit bei Repräsentationsbesuchen im Staat

und in andere Königreiche. Repräsentanten anderer Staaten oder Königreiche empfinden

es als Ehre, wenn der „kabaka“ seine Hofmusiker zum Musizieren zu ihnen schickt. Dies

ist meist die einzige Möglichkeit, königliche Instrumente (z.B. Trommeln) außerhalb des

Hofes zu sehen.

197 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel, Reihen-

titel Musikbogen, Bd 1, S. 17. 198 Ebenda S. 17. 199 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 21ff.

Page 53: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

52

3.7 Amadinda – Holm-Xylophon der Ganda

Klangbeispiel Nr. 2: Nr. 05 in U. Wegner, Stimmung eines „amadinda-Xylophons“ aus

dem Museum für Völkerkunde Berlin, Aufnahme: MfV (U. Wegner), 1983, Archiv Nr.

M 19 111.

Die Stimmung und den Stimmvorgang200 der „Amadinda“ beschreibt ausführlich Klaus

Wachsmann 1950, Seite 40. Seinen Erfahrungen verdankt man präzise Daten für den Ab-

stimmungsvorgang bei prominenten Baganda-Musikern. In der Regel wird von den hohen

Tönen zu den tieferen gestimmt, in der Vorstellung einer Leiter, die vom „kleinsten“

(höchsten) zum „größten“ (tiefsten) Ton fortschreitet. Dabei handelt es sich um eine Art

temperierte Pentatonik201, also um eine annähernd gleichstufige (äquidistante) Pentato-

nik, wobei ein Thema gleichwertig durch alle fünf Stufen transponiert werden kann. Diese

Art der Transposition bezeichnen die Musiker mit „miko“ (muko Einzahl), wobei jede

Transposition einen anderen Klang-Charakter aufweist. Die Intervalle einer Kiganda-

Stimmung202 mit ihren geringen Abweichungen erleichtern das Hören eines Grundtones.

Dieses „Grundton-Hören“ ist nur sehr subjektiv feststellbar.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Kiganda-Xylophonmusik203 aufzuschreiben:

Entweder mit europäischer Notenschrift, die am vertrautesten ist oder mit Buchstaben

und Ziffern, wobei diese die Xylophonplatten repräsentieren.

Die zweite Methode ist die einfachste und die am leichtesten und verständlichste Me-

thode, um Xylophonmusik204 zu notieren. Um die Ziffernnotation besser zu verstehen, ist

es unbedingt notwendig, die genaue Sitzordnung und die Spielbereiche der MusikerInnen

zu kennen. Dies zeigt Gerhard Kubik in einer Skizze.205. Die Musiker A und B sitzen

einander gegenüber und spielen immer in parallelen Oktaven, während der dritte, dessen

Töne nicht notiert werden, nur die zwei obersten Töne spielt,

Obwohl zur leichteren Verständlichkeit für europäische Musikethnologen die konventio-

nelle Notenschrift benützt wird, müssen wir uns im Klaren sein, dass es sich nur um eine

relative Notation handelt und die Noten eine andere Bedeutung haben als in der

200 Kubik, Gerhard 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Leipzig, Reclam, S. 141 ff 201 Ebenda 202 Lexikon Neue Musik- Seite 161 - Google Books-Ergebnisseite,

https://books.google.at/books?isbn=3476056244, verweist auf Musik im Königreich Buganda. S. 161 203 Vgl. Kubik, Gerhard 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Leipzig, Reclam, S. 143 ff 204 Ebenda S 143 205 Ebenda

Page 54: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

53

europäischen Musik. Es stellt dies eine sogenannte temperierte Pentatonik206 dar, wobei

die Töne A und E bedeutend höher sind als die entsprechenden europäischen Noten. Sie

liegen zwischen A und B und E und F. In den Intervallbeziehungen zueinander spricht

man ausdrücklich von Kiganda-Intervallen207, daher steht auch kein Schlüssel am Anfang

des Notensystems. In der folgenden Skizze stehen die Bezeichnungen für die einzelnen

Spieler.

Jeder der drei Spieler hat zwei Schlegel und schlägt damit auf die Xylophonplatten an

ihren Enden.

Abb.: Skizze zum „amadinda-Xylophon-Spiel“208

Abb.: Bezeichnungen der Spieler209

206 Ebenda. S. 143 – 145. 207 Vgl. Kubik, Gerhard 2004, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Aufsätze, Lit Verlag Wien, 2. aktuali-

sierte und erg. Aufl., S. 148.

208 Vgl. Kubik, Gerhard 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Leipzig, Reclam, S. 144 ff. 209 Ebenda. S. 144 f

Page 55: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

54

Um die Kombination von Kern- und Kontrastreihe einer „amadinda-Komposi-

tion“ darzustellen, wird das Lied „Ssematimba ne Kikwabanga“210 (ein Lied über zwei

Prinzen) genauer betrachtet.

Eine „amadinda-Komposition“ besteht aus zwei Basisreihen, dem Kernthema (okunaga)

und dem Kontrastthema (okwawula), wobei mit dem Kernthema begonnen wird und da-

rauf später das Kontrastthema einsetzt. Kern- und Kontrastreihen sind meistens gleichbe-

rechtigte und gleichartige Parts. Nach dem Einsetzen des „omwawuzi“ (2. Spieler) ver-

schmelzen beide Basisreihen211 zu einem rasend schnell ablaufenden melodischen Ge-

samtbild.

Abb.: Kombination von Kern- und Kontrastreihe in einer „amadinda-Komposition“212, „Ssematimba ne

Kikwabanga“ – ein Lied über zwei Prinzen, ev. um 1800.

Beim oben notierten Stück setzt der zweite Spieler213 (omwawuzi) nach dem elften Ton

des Kernthemas ein und zwar zwischen den Schlägen des ersten Spielers. Scheinbar ist

die Kontrastreihe eine Kette von Synkopen. Für jeden der zwei Musiker repräsentieren

die Töne des eigenen Parts den Puls und den Beat und die des gegenüberliegenden Part-

ners sind Off-Beat. Erst wenn der zweite Musiker gelernt hat, seinen Teil des Musikstü-

ckes in den ersten Part „einzufüllen“, den Beat des anderen zu vergessen, während er

seine eigene Reihe als Beat empfindet, kann er gut „amadinda-Musik“ spielen. In der

Kiganda-Xylophon-Musik gibt es weder einen gemeinsamen Takt noch einen gemeinsa-

men Beat. Wie die Kern- und Kontrastreihen von Baganda-Musikern gedacht werden, ist

sehr schwierig zu erfragen, da diese Musiker nur ihre eigenen enkulturierten (hineinwach-

sen in die Kultur der ihn umgebenden Gesellschaft) Möglichkeiten kennen und keine Al-

ternativen dazu.

210 Ebenda. S. 146. 211 Ebenda S. 148 212 Vgl. Kubik, Gerhard 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Leipzig, Reclam, S. 146 ff 213 Ebenda

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55

In der unten gezeigten Abbildung kann man ein melodisches Gesamtbild aus der

Kombination der beiden Reihen (Prinzenlied wie oben) erkennen.

Abb.: Melodisches Gesamtbild von „Ssematimba ne Kikiwanga“214

Klangbeispiel Nr. 3: Nr. 07, in U. Wegner, Ssematimba ne Kikwabanga. Albert Sempeke

und Ensemble, amadinda (Holmxylophon), Aufnahme: G. Kubik, Kampala, Uganda,

1967

Wie werden nun die beiden Parts miteinander kombiniert?

Wir hören nicht mehr die einzelnen Reihen getrennt, sondern ein gesamtes Hörbild. Beide

Tonreihen laufen exakt im gleichen Tempo ab. Die beiden Musiker A und B schlagen

nicht gleichzeitig auf die Xylophonplatten, sondern zeitversetzt, d. h. die von B ausge-

führten Schläge fallen zeitlich versetzt zwischen die des Musikers A. Für die Zuhörer

verdoppelt sich dadurch das Tempo schlagartig.

Abb.: Die Verzahnung von der Reihe A und B bei genanntem Lied. Pfeile kennzeichnen jeweils den Beginn

der Reihe.215

Beide Stimmen werden miteinander verzahnt. Die Töne der A- bzw. der B-Reihe greifen

wie die Spitzen von Zahnrädern ineinander, d.h. beide Stimmen werden miteinander ver-

zahnt und für den Zuhörer verdoppelt sich das Tempo des musikalischen Ablaufs

214 Vgl. Kubik, Gerhard 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Leipzig, Reclam, S. 148 ff 215 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 35ff.

Page 57: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

56

schlagartig mit dem Einsatz der Stimme B. Dabei ist nur wichtig, dass der Musiker B

exakt das Tempo einhält, er denkt sich seine Stimme um, empfindet sie als eigene Reihe

und will nicht der Stimme A synkopierend hinterherlaufen. In der „amadinda-Musik“ ist

ein absolutes Gleichmaß der Musiker in der spieltechnischen Ausführung gefordert. Da

Menschen nicht wie eine Maschine spielen können, ist auch bei guten Musikern mit be-

stimmten zeitlichen Unregelmäßigkeiten zu rechnen, was sogar, in gewissen Grenzen ge-

halten, zu einem interessanten Hörerlebnis werden kann. Jederzeit kann der musikalische

Vortrag auf Initiative eines Musikers abgebrochen werden. Dies geschieht mit einer stan-

dardisierten Schlussformel, wobei ein Stück bis zu fünf Minuten dauern kann.

Nun stellt sich die Frage: Was spielt nun der dritte Musiker C?

Der dritte Spieler C wird der „okukoonerera“216 genannt. Er spielt auf den beiden am

höchsten eingestimmten Xylophonplatten – siehe Abbildung („Anordnung der Sitzposi-

tionen der Spieler)! Er kann als einziger nicht in parallelen Oktaven spielen, doch er ok-

taviert Teile der Stimmen von Musiker A oder B.

Abb.: Musiker C – graphische Darstellung (Abb 189) der einzelnen Stimmen von A, B und C.217

Klangbeispiele Nr. 1 – 3 : siehe Anhang!

An dieser graphischen Darstellung ist genau zu sehen, wann und mit welchem Ton der

Spieler C seine musikalische Formel einspielt und welche Töne er oktavierend verdop-

pelt.

In der folgenden graphischen Darstellung ist sehr gut herauszulesen, wann, wo und in

welcher Stimme der Gesang zum genannten Lied der „Zwei Prinzen“ erklingt und zu

hören ist.

216 „Okunaga“ ist der Spieler A, der die Kernreihe spielt. „okawawula“ spielt als B Spieler die Kontrast-

reihe und „okukoonera“ C spielt die zwei hohen Xylophon-Platten 217 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 41ff.

Page 58: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

57

Abb.: Xylophon-Komposition „Ssematimbe ne Kikwabanga218

Auch wenn dem Zuhörer die Liedmelodie verborgen bleibt, weil er das Lied nicht kennt,

nimmt man trotzdem die „amadinda-Musik“ nicht als musikalisches Chaos wahr, denn

nach einer kurzen Phase des Einhörens kann die Wahrnehmung der Musik in verschie-

dene Höhenbereiche aufgeteilt werden. Nur noch nebenbei bemerkt:

Der Text des Liedes ist in der Sprache der Ganda, also in „Luganda“ gehalten.

Das Prinzip der miko-Transpositionen219 wird ebenso am Lied „Ssematimba ne Kik-

wabanga gezeigt.

Miko (Einzahl muko) sind die Transpositionen der „okunaga“ und „okwawula“, die fol-

gendermaßen durchgeführt werden:

Man verschiebt die ganze Melodie um eine Tonstufe nach oben oder unten. Da man aber

die Stimme nicht über oder unter eine Oktave hinausführen kann, weil man sonst den

vorgegebenen Spielbereich verlassen würde, erfolgt meist ein Oktavsprung in die jeweils

andere Richtung.

Abb.: Das Prinzip der miko-

Transpositionen – gezeigt an den achtzehn Noten von „Ssematimbe Kikwabanga“220

218 Ebenda S. 37 219 Vgl. Kubik, Gerhard 1988, Zum Verstehen afrikanischer Musik, „Amadinda-Musik“ von Buganda,

Leipzig, Reclam, S. 152. 220 Ebenda. S. 152.

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An diesem Beispiel221 wird die Struktur der Kiganda-Melodik klar. In den fünf verschie-

denen miko dieser Liedkomposition entstehen durch kombinierte Verfahren der Transpo-

sition und Oktavversetzung jeweils fünf Erscheinungsformen der Melodie. Daraus ergibt

sich für jedes „miko“ (Transpositionen) eine inhärente Melodie, die dem Lied innewohnt.

Kubik schreibt, dass er dieses Phänomen außerhalb Ugandas noch nie kennengelernt hat.

Spielvorschrift und Hörerlebnis und was der Zuhörer aus seiner Perspektive wahrnimmt,

werden nun ebenso am Beispiel des oben erwähnten Liedes gezeigt. Dabei wird das

menschliche Gehör vor keine leichte Aufgabe gestellt. Bei der mit rasender Geschwin-

digkeit gespielten Musik droht die „Amadinda-Musik“ durch die Verzahnungen der mu-

sikalischen Themen für den Zuhörer jede musikalische Kontur222 zu verlieren. Nur durch

Blickkontakt zu den einzelnen Musikern kann man sich an den Spielbewegungen even-

tuell orientieren. Natürlich fehlt es den westlichen, den europäischen Zuhörern an Erfah-

rung, das musikalisch-akustische Gesamtbild zu erfassen.

Der Autor (Ulrich Wegner)223 zeigt nun an einem Beispiel, wie Tempo und Verzahnung

auch bei Melodien, die dem europäisch geschulten Gehör vertraut sind, das Gehörte ver-

wirren kann. Im Beispiel Seite 58, Abb. (Das Prinzip der miko-Transpositionen – gezeigt

an den achtzehn Noten von „Ssematimba ne Kikwabanga ) hört man zwei Kinderlieder,

miteinander verzahnt, im gleichmäßigen rhythmischen Ablauf gespielt. Er stellt die Auf-

gabe, jede einzelne Melodie aus der musikalischen Summe heraus zu identifizieren.

IV. Fallbeispiele: Workshops in Uganda im Königreich

Buganda – Erfahrungen und Erkenntnisse

1. Vorstellen des Projektes – Theorie und Praxis

Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Volunteer bei ACFC in Uganda erforscht der

Autor neben seinen Aufgaben als Lehrer auch die Musik der einheimischen Ethnien in

ihrem Umfeld und im Kontext der kulturellen Praxis, besonders aber bei und mit den

221 Ebenda. S. 152 f. 222 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 37ff. 223 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 37ff.

Page 60: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

59

Kindern und Jugendlichen an der St. Mary’s Primary School in Zigoti und in der Primary

School of Nateete. Neben einem Schülerchor gründet er auch eine Brass-Band. In beiden

Musikgruppen musizieren Mädchen und Burschen in Gemeinschaft, ohne geschlechts-

spezifische Unterschiede zu machen.

Schon in der Einleitung werden die Ausbildung und Weiterbildung in allen Bereichen als

große Chance erwähnt und besonders gefördert, um eine gesicherte und gute Lebensqua-

lität zu erreichen.

Es stellt sich nun die Frage:

Was kann die Musik dazu beitragen?

Für den Autor gibt es dazu nur eine Antwort:

„Musik bringt Freude ins Leben der Jugendlichen, denn mit den Auftritten der Brass-

Band können ihre Mitglieder sich in der Öffentlichkeit präsentieren und das bringt ebenso

Freude in ihr teilweise trauriges Leben. Die musikalische Entwicklung trägt auch viel zur

Selbstverwirklichung der afrikanischen Jugendlichen bei“.

Abb.: Foto Erich Wechner 2017, Workshop 2017 mit der Brass-Band Nateete bei der Schule im District

Mubende mit Workshop-Mitarbeitern und dem einheimischen Lehrer.

Page 61: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

60

Das Interesse der afrikanischen Kinder und Jugendlichen an den Workshops ist sehr groß,

ebenso bei den Lehrpersonen. Alle wollen viele Anregungen aus dem Workshops mit-

nehmen. Das motiviert und begeistert auch die europäischen Vermittler von Brass-Musik.

Beim ersten Aufenthalt 2013 wird regelmäßig einmal pro Woche in einer Schul-

stunde mit den Blechblasinstrumenten unter Anleitung des Autors gespielt, wobei der

ortsansässige und zuständige Lehrer immer mit dabei ist und alle Inputs positiv registriert,

um sie dann in weiterer Folge in seinem Unterricht nachhaltig anzuwenden. Um der wich-

tigen Bedeutung der Trommelmusik in Uganda gerecht zu werden, musizieren alle auch

mit den originalen Uganda-Trommeln, wobei gleich die große Begeisterung beim Rhyth-

misieren europäischer Musik bemerkt werden kann, denn sofort ist ein „afrikanisierter“

europäischer Marschrhythmus zu hören und zu spüren. Dieser Effekt wird zu einem spä-

teren Zeitpunkt der Arbeit noch genauer untersucht.

Die Workshops 2014 und 2017 in Uganda, jeweils für vierzehn Tage mit Musikkollegen

der Musikkapelle Ischgl und der Musikkapelle Stanz bei Landeck, bringen dann zwei

intensive Probenwochen für die Mitglieder der Schul-Brass-Band an den Schulen in Zi-

goti und Nateete.

Die Arbeitsergebnisse aus den Workshops mit den afrikanischen MusikantInnen werden

in Live-Mitschnitten dokumentiert und festgehalten, um sie dann zu einem späteren Zeit-

punkt gegeneinander abzugleichen und dann die musikalischen Veränderungen zu doku-

mentieren.

Im folgenden Teil der Arbeit wir der afrikanische Leiter und Trainer der Brass-

Band vorgestellt. Er ist ein außergewöhnliches Bindeglied zwischen den Jugendlichen

und den europäischen Volunteers.

Der dreißig Jahre alte afrikanische Lehrer224 Kankwebaze Philipp aus Nateete und Zigoti

unterrichtet an den Schulen von ACFC Englisch und Musik und ist im letzten Jahr zum

Schulleiter einer Secondary School ernannt worden. Gleichzeitig ist er auch der Trainer

der Brass-Band an der Schule in Nateete im District Mubende in Zentral-Uganda.

Aus seinem Lebenslauf ist herauszulesen, dass er sich schon in seiner Studienzeit an der

Universität und dann auch nachher für das Genre „Brass-Band“ interessiert. Zwei Jahre

spielte er auch in der National Army Brass-Band und erhielt dabei eine Ausbildung, die

aber nicht mit der unserer Militärmusiker zu vergleichen ist.

224 Vgl. Kurzbiographie: Name: Kankwebaze Phillip, Age: 30 years old, Home of birth: Ibanda

district, Married; Education details: Siehe Anhang Pkt1.

Page 62: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

61

Abb.: Foto: Brass-Band Nateete, Brass-Band der Schule in Nateete mit Leiter Philipp (im Vordergrund mit

Trompete beim Unterricht) und den Mitgliedern der Brass-Band mit den europäischen Instrumenten, Foto

zur Verfügung gestellt von Stefan Pleger (Obmann des Vereins ACFC).

Kankwebaze Philipp ist sehr interessiert an der eigenen Weiterbildung und der seiner

Brass-Band-Mitglieder, kann alle Inputs und Ideen aus den Workshops nachhaltig an-

wenden.

Die jugendliche Brass-Band der Organisation „ACFC“ in Uganda wird in den

letzten fünf bis sechs Jahren (wie schon erwähnt) mit europäischen Instrumenten ausge-

stattet, Blechblasinstrumente, gespendet von Musikkapellen aus Tirol, Salzburg und

Oberösterreich. Viele Musikkapellen, aber auch private Personen aus den genannten Bun-

desländern erklärten sich bereit, Instrumente für das Projekt225 in Uganda abzugeben. Die

spielfähigen Instrumente werden dann von einem Instrumentenbauer226 vor dem Trans-

port nach Afrika erneuert, überholt und transportfähig verpackt. Gefragt sind vor allem

Trompeten, Posaunen, Tuben und Baritone, besonders bevorzugt sind Trompeten mit

Pumpventilen – Périnetventilen227, da diese Mechanismen in dieser Gegend erfahrungs-

bedingt viel pflegeleichter sind:

Die Luft im Süden Ugandas ist meist sehr trocken, denn Trockenzeiten gibt es zweimal im

Jahr. Die Musikproben, Aufmärsche und Konzerte finden immer im Freien, auf Straßen

225 Vgl. Pleger, Stefan 2018, KEC, „Musik bringt Freude ins Leben“, Fact-Sheet. 2018 226 Vgl. Firma FÖRG – Blechblasinstrumente, Fragensteinweg 1, 6170 Zirl/Austria 227 Vgl. https://brasstacks.de/perinetventile.html

Page 63: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

62

und auf Plätzen statt. Da Drehventile228 meist durch die feinmechanische Bauweise nach

dem Gebrauch schwieriger zu reinigen sind, hat der aufgewirbelte Sand in der Luft eine

viel größere Auswirkung auf die Verschmutzung, und die dadurch entstehenden Schäden

sind bedeutend aufwendiger zu reparieren.

Nichtfunktionierende Ventil-Maschinen am Instrument können nicht einfach zum Instru-

mentenbauer zur Reparatur gebracht werden, weil es keine entsprechenden Fachleute auf

dem Land und in den umliegenden Städten gibt.

Die ersten Aufgaben des Autors sind, die europäischen Instrumente bei den Jugendlichen

technisch richtig einzuführen, wobei die Funktionen, die Hygiene bei der Mundstück-

pflege und für die MusikerInnen passende Spiel-Haltungen vorzuzeigen sind. Ansatz-

techniken bei den verschiedenen Blasinstrumenten, wie sie weltweit in Musikschulen in

langen Übungsphasen vermittelt werden, können aus verschiedenen Gründen229 nicht um-

fassend eingeübt werden.

Einige musikalische Aufgaben stehen immer am Anfang jeder Übungseinheit bei den

Workshops, um auch der Nachhaltigkeit zu dienen:

Man beginnt mit Atem- und Tonübungen zum Aufwärmen und Einspielen Das Aushal-

ten langer Töne mit allen Instrumenten gleichzeitig, bedeutet, dass gemeinsamen Stim-

mungen (Tonarten) gesucht werden und erfordert eine gewisse Unterrichtszeit, da nicht

wie in Europa gemeinsame Tonarten durch musiktheoretische Erklärungen, wie z.B. der

Quintenzirkel, bewusst gemacht werden können. Generell ist für afrikanische Musikan-

tInnen das Einblasen auf die genannte Art neu. Um eine gepflegte Tonkultur und eine

richtige Ansatztechnik zu erreichen, mit der von Europa vergleichbar, ist die verfügbare

Zeit zu kurz.

Das Einstudieren und Erlernen neuer Musikstücke mit afrikanischen Jugendlichen

bedeutet für alle Beteiligten große Mühe, da die Jugendlichen der Organisation ACFC in

Uganda keine Kenntnisse in der Anwendung und Lesbarkeit einer Notenschrift haben.

228 Vgl. https://brasstacks.de/drehventile.html 229 Begründung – Erfahrungen des Autors: Ein gewisses medizinisches Problem bedeutet dann auch,

dass die Kinder in Uganda ihren Bedarf an Süßigkeiten beim Kauen auf Zuckerstangen, geerntet auf den

Feldern der Umgebung, abdecken. Für ihre Zähne ist der Genuss äußerst ungesund und bewirkt Karies-

Schäden in den Zahnreihen. Da ein regelmäßiger Zahnarztbesuch wie bei uns nicht möglich ist, sind die

Zähne und die Kiefer oft in keinem guten Zustand, was das Musizieren auf Blasinstrumenten sehr beein-

trächtigt. Fehlstellungen der Zahnreihen und der dadurch entstehenden Kieferverformung bewirken eine

untaugliche Ansatztechnik für eine ideale Tonbildung auf den Blechblasinstrumenten.

Page 64: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

63

Nur durch Vor- und Nachspielen werden Melodien erlernt und im Kopf behalten. Diese

Methode prägt das Gehör und die musikalische Merkfähigkeit der jungen MusikantInnen,

vor allem aber das sogenannte „rhythmische Gehör“. Wahrnehmungen des Autors sind

die, dass alle Kinder und Jugendlichen ein besonderes Gespür für rhythmische Abläufe

im Gesang und beim Musizieren haben und diese auch nach dem Hören mit Leichtigkeit

nachvollziehen konnten, sowie bei jeder Reproduktion angepasste Änderungen vorneh-

men. Den MusikantInnen ist es ein Leichtes, Melodien zu syllabieren, mit Singsilben, mit

und ohne sinnvolle Sprach- und Wortbedeutungen, zum leichteren Einprägen nachzusin-

gen, natürlich in der Muttersprache „Luganda“, also nicht auf Englisch. Diese Silben oder

Wortteile und deren Bedeutungen können wir Europäer nicht verstehen, aber doch ge-

fühlsmäßig erfassen, wobei der Lehrer „Philipp“ einiges zur Verständlichkeit beitragen

kann. Diese Art der Einprägung von Melodien ist in Europa völlig unbekannt, verwenden

die Jugendlichen doch Silben, die auch den Klang der Instrumente imitierten, z.B. die

Trompeten mit einigen plosiven230 und schmetternden Lauten, wie „tü, ta, tä“, also Kon-

sonanten mit angehängten Vokalen.

Feststellbar ist jedenfalls, dass kurze Musikstücke, wenn sie einmal aufgenommen und

im Gehirn gespeichert sind, von den Jugendlichen immer wieder abgerufen werden kön-

nen. Lediglich sind nach einer zeitlicher Distanz Veränderungen melodisch-rhythmischer

Art in afrikanischem Musizierstil zu registrieren. Daher werden vom Autor nur sehr kurze

Musikstücke ausgewählt, also nur Fragmente eines längeren Stückes.

Trompeten, Posaunen, Baritone, Tuben und Schlagzeug unterrichten Mitarbeiter der

Workshops in kleinen Gruppen, spielen oder singen teilweise die Melodien in kurzen

Abschnitten vor.

Die Brass-Band-Mitglieder hören genau zu, versuchen das Gehörte zuerst nachzusingen,

indem sie gleich Texte und verbale Elemente dazu assoziieren, Melodien mit Texten ohne

oder mit inhaltlicher Deutung belegen. Dadurch wird die nachhaltige Merkfähigkeit und

Erinnerungskraft gefördert. Die MusikantInnen merken sich die Melodien sofort und kön-

nen sie reproduzieren. Eine Schwierigkeit ergibt sich nur bei der Wiedergabe von Tuba-

und Begleitstimmen, da diese Art von Stimmführung in der afrikanischen Musik so nicht

angewandt wird wie in der europäischen Marschmusik üblich. Europäischen Workshop-

Mitarbeitern war es aus Gründen von Transport- und Zollproblemen nicht möglich, ihre

230 Vgl. Plosivlaute (auch Explosivlaute werden die Konsonanten genannt, bei deren Artikulation der

Atemluftstrom blockiert wird. Durch sofort darauf einsetzende Wiederfreisetzung des gestauten Luftstro-

mes entsteht eine kleine sogenannte „Explosion“, die den Klang erzeugt. http://www.fb10.uni-bre-

men.de/khwagner/phonetik/kapitel6.aspx.

Page 65: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

64

eigenen Instrumente wie Tuba oder Bariton auf dem Flug nach Uganda mitzunehmen.

Daher assistieren sie sich in Ermangelung des Vorspielens beim Einstudieren durch Vor-

und Nachsingen der Musikstücke.

MusikantInnen aus afrikanischen Kulturkreisen denken nicht im europäischen Harmonie-

und Tonsystem. Daher können sie nach Gehör nicht nachvollziehen, wann ein Wechsel

in den Begleitstimmen der Musikstücke, z.B. von der ersten Stufe zur fünften Stufe, er-

folgen soll. Begleitstimmen sind also nicht so leicht zu merken, da europäische Begleit-

formeln in Afrika nicht bekannt sind.

Trotzdem sind die Übungsstunden mit den jungen afrikanischen MusikantInnen immer

ein Erlebnis und führen durch den Einsatz der afrikanischen Jugendlichen und deren

Lernwilligkeit doch zum Erfolg. Alle zeigen große Ausdauer im Unterricht, können fast

nicht genug bekommen, sind immer sehr dankbar für jede neue Anregung.

Der Leser stellt sich die berechtigte Frage, warum hat der Autor ausgerechnet

europäische „Marschmusik“ für die Workshops ausgewählt?

Afrikanische Schul-Brass-Bands wollen sich gerne in der Öffentlichkeit bei Auftritten

und Aufmärschen präsentieren und darstellen. Einerseits erfolgt die Präsentation im

Schulhof, bei prominenten Besuchen, andererseits auch einem breiten Publikum in der

Stadt. Öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung ist am leichtesten zu erreichen,

wenn man musizierend mit Marschmusik durch die Straßen der Stadt zieht. Mit Mar-

schmusik, wie sie in Europa gespielt wird, können sie sich bei der Bevölkerung am Land

und in der Stadt besonders hervorheben und Aufmerksamkeit erreichen, sowie ihre

Schule der Öffentlichkeit mit Stolz präsentieren und in Szene setzen. Ein gewichtiger

Grund für Musik im Leben dieser jungen Menschen ist, dass sie gerne in einer heimatge-

benden Gemeinschaft musizieren, da fast alle Vollwaisen sind oder das Elternhaus meist

gar nicht kennen, daher bringt Musik „Freude ins Leben“.

Alle Arrangements der europäischen Marschmusik, die bei Workshops mit den

Jugendlichen erarbeitet werden, sind kurz gehalten und so instrumentiert, dass alle Ideen

dem musikalischen Potenzial vor Ort entgegenkommen. Die afrikanischen Wurzeln des

Musizierens, die teilweise für westliche Forscher schon lange bekannt sind, werden be-

wusst nicht durch europäische musikalische Manieren ersetzt und den Jugendlichen auf-

gezwungen. Dafür werden noch Beispiele geliefert.

Ein interessantes und vom Autor erstrebenswertes Ziel der Forschungstätigkeit ist

es, zu dokumentieren, wie sich europäisch einstudierte Musikstücke nach einer zeitlichen

Distanz von ca. einem halben bis zu drei Jahren verändern, noch einmal Tondokumente

Page 66: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

65

herzustellen und zu analysieren. Interessante Resultate, Veränderungen im melodischen

und rhythmischen Bereich sind zu hören, die sogenannten „african roots“231 schlagen

voll durch und fließen in die Dokumentationen ein, hinterlassen ihre Spuren.

Die Art und Weise, wie die ausgewählten Musikstücke einstudiert werden, entspricht ge-

nau dem, wie die afrikanischen MusikantInnen sich Musikstücke merken und reprodu-

zieren können.. Auch im Unterricht anderer Schulfächer wird diese Methode angewandt,

denn die Kinder und Jugendlichen sind das so gewohnt. Melodien werden syllabiert oder

mit einem Text unterlegt. So können Melodien gut und nachhaltig gemerkt und nachvoll-

zogen werden. Einige Beispiele sind in der Arbeit zu finden und ebenso als Hörbeispiele

im Anhang angeführt.

2. Einstudieren europäischer Marschmusik ohne musiktheoreti-

sche Vorkenntnisse

2.1 Fallbeispiel „Red Rock March“ - Marsch von Idar Torskangerpoll

Im ersten Fallbeispiel wird der europäische Marsch „Red Rock March“ des Komponisten

Idar Torskangerpoll aus Norwegen bearbeitet.

Idar Torskangerpoll ist ein Komponist und Arrangeur aus Norwegen. „Red Rock Mar-

ching“ stuft der Komponist selbst als Jugendmusik im Schwierigkeitsgrad von 1,5 einer

Skala von 1 bis 5, also sehr leicht, ein.

Der Autor schreibt mit dem Notenprogramm „Finale 25“ ein Arrangement nur des ersten

Teiles. Beim Workshop 2014 wird dieser Teil des Marsches mit den Jugendlichen der

Brass-Band Zigoti eingeübt.

231 Vgl. Floyd, Samuel A. Jr. 1997, The power of black music, Interpreting its history from Africa to the

United States, „ african roots“ of Jazz, S. 7 – 16.

Page 67: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

66

Abb.: „Red Rock Marching“ für Jugendorchester, Originale Noten im Anhang – Bearbeitung und Arran-

gement Erich Wechner, 2014.

Der Autor verwendet für den Workshop 2014 oben gezeigtes Arrangement. Die Einlei-

tung besteht aus einer acht-taktigen Schlagzeugvariante, welche von den Jugendlichen

bald einmal verändert wird und „african roots“ erfühlen lässt. Es muss auch festgehalten

werden, dass die Einleitung bzw. das rhythmische Vorspiel nicht im Original (siehe An-

hang) enthalten ist. Aber mit der rhythmischen Einleitung finden die MusikantInnen

leichter in den Marschrhythmus hinein, so die Erkenntnis der teilnehmenden Beobach-

tung.

Page 68: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

67

Das Hauptaugenmerk liegt bei der Einstudierung auf der Melodie der Trompeten. Diese

Melodiefolge wird zuerst von den Workshop-Mitarbeitern aus Europa auf der Trompete

vorgespielt oder vorgesungen, wobei der afrikanische Brass-Band-Lehrer gleich ver-

sucht, die Melodie auf seiner Trompete zu wiederholen. Aber für seine Schüler singt der

einheimische Lehrer der Brass-Band die Trompetenmelodie zuerst auf der Singsilbe „ta“

vor, wobei er damit den Klang der Trompete imitiert.

Hörbeispiel 2 - Hb 2.: Red Rock March, Singen auf Singsilbe “ta” – Nachahmung der

Trompete, Lehrer Philipp

In weiterer Folge unterlegt der afrikanische Lehrer die Melodie der Trompeten mit einem

Text in der Muttersprache der Jugendlichen in „Luganda“. Diese Vorgangsweise trägt

dann sehr zur nachhaltigen Merkfähigkeit der musikalischen Struktur einer

Melodie bei.

Hörbeispiel 3. - Hb 3.: Red Rock March, syllabiert mit Text von Lehrer Philipp – Sprache

Luganda;

Der Text stammt vom Lehrer Philipp und wird von ihm für uns aufgeschriebenen und

ebenfalls die Übersetzung auf Englisch dazu. Der Inhalt der Version spielt naturgemäß

im Lebensumfeld und im Tagesablauf der jungen MusikantInnen:

The red Rock March - “Luganda” – Version

Kwata ekalaamu, ne kitabo, Kwata ekalaamu, ne kitabo

Bulikumacha, tugende tusome, Bulikumacha, tugende tusome

Omukisa – guze tugende tusome, Omukisa – guze tugende tusome

Austria – webale: nyo kuzimba amasoomelo

Omukisa – guze tugende tusome, Omukisa – guze tugende tusome

Gwa atuyagala Iconsoma ngo’labye nyo!

“English” – Version

Get your book and pen, get your book and pen,

Every morning, we go to school, every morning, we go to school.

A chance has come: Lets go and study! A chance has come: Lets go and study!

Austria, thanks a lot for building us schools.

You, who doesn’t want to study, I pitty you!

Page 69: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

68

Mit diesem Text, der der Trompeten-Melodie untergelegt wird, wird der Part für die Mu-

sikantInnen besser und nachhaltiger zu merken, da dieser als Hauptmelodie vom Kom-

ponisten dargestellt wird.

Wenn man die Originalnoten (Anhang) mit der Bearbeitung des Autors vergleicht, ist zu

bemerken, dass alle Begleitstimmen in einer leicht spielbaren Version angegeben sind.

Die Gründe dafür liegen in den musikalischen Möglichkeiten und afrikanischen Musi-

zierpraktiken der MusikantInnen. Die „off-beat“ Schläge hat der Bearbeiter für die klei-

nen Trommeln notiert. Beim Einstudieren sind dann besonders die Beckenschläge aufge-

fallen, die die afrikanischen Jugendlichen gerne als „off-beat“ musizieren. In den Work-

shops wird diese Art dann verändert und den europäischen Gepflogenheiten angepasst.

Eine erste Einstudierung erfolgt durch den Autor mit der Zigoti-Schul-Brass-Band.

Hörbeispiel 4. - Hb 4.: Red Rock March, School-Brass-Band Zigoti 2014, Tonaufnah-

men Erich Wechner.

In diesem Hörbeispiel (siehe oben, zu finden im Anhang) ist die erste Aufnahme nach

längerer Einstudierungsphase aus dem Jahr 2014 zu hören. Bei der Erarbeitung des ersten

Teiles der Marschmusik kann der Autor in teilnehmender Beobachtung einige Aspekte,

die für uns Europäer von Bedeutung sind, feststellen:

Zuerst einmal die Beliebtheitsskala der Instrumente: Für die afrikanischen MusikantIn-

nen stehen an erster Stelle die Schlaginstrumente, gefolgt von den Trompeten. Alle wei-

teren Instrumente werden mit weniger Enthusiasmus gespielt.

Weiters ist die musikalische Behandlung der Begleitinstrumente eine Besondere: Wie

schon in einem vorherigen Kapitel erwähnt, sind in den Tuba- und den Posaunenstimmen

keine wechselnden Stufen-Begleitungen nach europäischem Harmoniesystem zu spielen

vorgeschrieben. Es können lediglich rhythmische Akzente gesetzt werden.

Dieses Beispiel steht dann für weitere Übungen in der Forschungsarbeit, um die Verän-

derungen zu zeigen, die durch mehrmaliges Wiederholen entstehen und nach zeitlicher

Distanz im Jahr 2017 vom Autor dokumentiert werden.

Da einige MusikerInnen sowohl in Zigoti als auch in Nateete in der jeweiligen

Brass-Band der Schule mitspielen und die europäischen Stücke einfach nach Gehör von

anderen Mitschülern übernommen werden, kann der Autor nun beide Aufnahmen, beide

Tondokumentationen aus dem Workshop von 2017 musikalisch vergleichen. Der zeitli-

che Abstand von fast vier Jahren spiegelt sich in einigen Veränderungen musikalischer

Art wider.

Page 70: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Hörbeispiel 5. - Hb 5.: Red Rock March, School-Brass-Band-Zigoti 2017, Tonaufnah-

men Erich Wechner

Im folgenden Abschnitt werden musikalische Vergleiche und eine Analyse der Tondo-

kumente von 2014 und 2017 vollzogen.

Das Schlagzeugregister der Tondokumente von 2014 und 2017 wird im ersten Teil zum

Vergleich herangezogen.

Die Becken spielen die MusikantInnen fast immer parallel zur Großen Trommel, aber

nicht im Off-Beat – siehe Notation unten!

Page 71: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

70

Ein Problem ergibt sich auch dadurch, dass die afrikanischen Jugendlichen die

„snare-drums“ nicht kennen und erst lernen müssen, damit umzugehen und eventuell auch

marschierend zu spielen. Daher werden auch die notierten Rhythmusvorlagen sehr leicht

spielbar aufgeschrieben und in den Workshops durch Vor- und Nachspielen erlernt. Die

Originalnoten des Komponisten sind aus diesen Gründen für die afrikanischen Musike-

rInnen verändert und den gewohnten Spielvorstellungen angepasst. Nur dem Beckenspie-

ler muss beigebracht werden, dass europäische Märsche nicht im „off-beat“ gespielt wer-

den. Der andere Part des Schlagzeugs ist für alle Workshop-Teilnehmer kein Problem.

Beim dritten Treffen mit den „Brass-Band-Members“ von Uganda lässt sich der Autor

den „Red-Rock-March“ wieder vorspielen, um zu dokumentieren, was sich seit 2014 mu-

sikalisch verändert hat. Auch davon wird ein Tondokument hergestellt.

Hörbeispiele 4 und 5: - Hb 4.: Red Rock March, School-Brass-Band Zigoti 2014, Ton-

aufnahmen Erich Wechner. Hb 5.: Red Rock March, School-Brass-Band-Zigoti 2017,

Tonaufnahmen Erich Wechner.

Page 72: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

71

In der Gegenüberstellung beider Aufnahmen kommen einige Abweichungen musikali-

scher Art zu Tage:

Wie aus der Notation von 2017 ersichtlich, hat sich doch einiges in den Stimmen des

Schlagzeugs verändert. Die „Kleinen Trommeln“ finden sich langsam, aber kontinuier-

lich zu einem interessanten Musizierstil zusammen. Diese Veränderung ist ganz auf die

häufigen Wiederholungen und auf den tradierten Musizierstil der einheimischen Ethnie

zurückzuführen. Der Autor erzählt, dass in der teilnehmenden Beobachtung ein gewisser

narrativer Stil des Musizierens herauszuhören ist. Im Notenbeispiel von 2017 ist auch ein

Tamburin notiert, das einfach zur Musik passend dazu gespielt wird. Das Becken ist nicht

so gut zu hören, wird aber, so in der teilnehmenden Beobachtung festgestellt, oft auch als

„off-beat“ oder parallel zur „Großen Trommel“ gespielt.

In den Jahren entwickelt sich die rhythmische Struktur von der traditionellen europäi-

schen Marschmusik, in der die Rhythmen „gerade – straight“ gespielt werden, hin zu

einer Art „leicht geshuffelten“ Variante. Diese Interpretation dürfte eher mit dem tradier-

ten Kulturverständnis der Afrikaner harmonieren.

Red Rock March – Schlagzeug Stimmen 2014

Abb.: Arrangement 2014 für Workshop in Zigoti, Erich Wechner

Page 73: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Red Rock March – Schlagzeug Stimmen 2017

Abb.: Niederschrift der gespielten und veränderten Variante 2017, Erich Wechner.

Abb.: Schlagzeugstimmen zur besseren Betrachtung in einer Partitur zusammengefasst, Erich Wechner.

Page 74: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

73

In oben gezeigter Partitur sind die Schlagzeugstimmen der Tonaufnahmen von 2014 und

2017 zum leichteren Vergleich in einer Partitur zusammengefasst.

Bei der Tonaufnahme von 2017 sind die Becken fast nicht zu hören, doch in teilnehmen-

der Beobachtung kann der Autor öfters den „off-beat“ im Beckenspiel wahrnehmen.

Diese Abweichungen in der Musik zur ursprünglichen europäischen Fassung werden vom

Autor akzeptiert und als interessantes und erforschungswürdiges Segment angesehen.

Natürlich dürfen alle Brass-Band-Mitglieder mitspielen, auch solche, die bei der Einstu-

dierung des „Red Rock March“ 2014 nicht dabei waren. Dies ist der Grund, warum die

Melodien teilweise nicht mehr so rein zu hören sind wie 2014.

Die Hauptmelodie in den Trompeten wird beim Workshop 2017 fast gleich gespielt wie

2014, lediglich die Takte 10, 11 und 12 werden rhythmisch verändert. Die punktierten

Viertel Noten in den Takten 1 und 2 empfindet man doch deutlich länger, als dies bei der

mehr europäisch gespielten Aufnahme 2013 der Fall ist. Alle Noten werden nicht mehr,

wie 2014 einstudiert, im europäischen Marschrhythmus gespielt, sondern klingen mehr

im „tenuto“, wobei auch die Punktierungen etwas länger ausgehalten werden. Die melo-

dischen Abweichungen in den Takten 10, 11 und 12 sehen dann etwa so aus:

Abb.: Notation Erich Wechner, Finale 25, November 2018.

Aus dem Hörbeispiel 5 ist es sehr schwierig, einzelne Melodien genau herauszuhören,

da in der Musikdarbietung mehrere neue Mitglieder in der Brass-Band mitwirken, die den

Marsch durch oftmaliges Zuhören aufnehmen und übernehmen. Durch die autodidakti-

sche Erlernung der Musikinstrumente ohne fundierte Ausbildung und durch die Verän-

derungen, die Wiederholungen mit sich bringen, entsteht ein gewisses musikalisches

Chaos. Die afrikanischen Jugendlichen sind in ihrer Musizierfreude nicht zu bremsen und

spielen oft einfach drauf los. Die Wechsel in der Tuba Stimme auf die fünfte und vierte

Page 75: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Stufe erfolgen dann nicht immer zum richtigen Zeitpunkt, genauso ist auch die Begleitung

in den Posaunen (Tenorhorn) nicht immer stimmig im europäischen Sinne. Im Arrange-

ment für den ersten Workshop 2014 findet man eine Posaunenstimme, die eine Gegen-

stimme zur Hauptstimme in den Trompeten darstellt. Schon im Hörbeispiel 4 wird diese

Stimme nicht von allen MusikerInnen so gespielt. Bis zum Workshop 2017 wird diese

Stimme dann völlig verändert und klingt meistens in vereinfachter und zurechtgespielter

Form so:

Abb.: Notation Erich Wechner, Finale 25, November 2018.

Für die afrikanischen MusikantInnen ist eigentlich nur die Hauptstimme bei der Repro-

duktion besonders wichtig, die anderen Stimmen werden vernachlässigt behandelt und

eher lieblos, aber laut gespielt.

2.2 Fallbeispiel „Dem Land Tirol die Treue“ – Marsch von Florian Pedar-

nig232

Obwohl die Instrumentalisten der Brass-Band in Uganda keine Notenkenntnisse besitzen,

werden zur Vorbereitung auf den Workshop trotzdem die Einzelstimmen aus der Partitur

herausgeschrieben, und zwar vor allem für den afrikanischen Leiter der Brass-Band (Phi-

lipp K.), dass er sich, der Nachhaltigkeit zuliebe, damit beschäftigt, die Einzelstimmen

232 Vgl. https://www.hebu-music.com/de/musiker/florian-pedarnig.12635/Österreichischer Komponist,

geb. 1938 in Osttirol Schlaiten, Der musikalische Werdegang von Florian Pedarnig begann als Zwölfjäh-

riger an der Klarinette. Mit 17 Jahren wurde er Kapellmeister seiner Heimatgemeinde Schlaiten. Pedarnig

studierte Waldhorn, Kontrabass und Theorie am Tiroler Landeskonservatorium in Innsbruck und spielte 4

Jahre bei der Militärmusik Tirol unter der Leitung von Siegfried Somma. Im Jahr 1963 schloss er sein

Studium ab und trat anschließend in dem Innsbrucker Symphonieorchester ein. Ab 1964 war Pedarnig

Mitglied der Stadtmusikkapelle Wilten und deren stellvertretender Kapellmeister. Ergänzende Musikstu-

dien betrieb Florian Pedarnig bis 1965 in München. 1974 gründete er mit weiteren Musikern in Innsbruck

die Tiroler Kirchtagmusig. 1980 wurde er, als Nachfolger von Prof. Sepp Tanzer, Landeskapellmeister

des Tiroler Blasmusikverbandes. Florian Pedarnig war unter anderem auch als Dirigent der Bundesbahn-

kapelle Innsbruck sowie als freier Mitarbeiter des ORF-Landesstudio Tirol sowie als Volksmusikexperte

tätig.

Page 76: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

75

einmal mit der Trompete durchspielt und in der Musiktheorie Fortschritte macht, denn

auch der einheimische Lehrer und Leiter der Brass-Band ist sehr unsicher im Lesen von

europäischen Notationen. Er spielt doch einigermaßen gut Trompete und weiß, wie man

mündlich ausgedachte Arrangements für die Brass-Band mit seinen Schülern einsetzen

und anfertigen kann. Naturgemäß ist dann sein Bestreben, die Arrangements in einem

Notensystem festzuhalten. Bei diesem Schritt möchte der Autor dem Lehrer behilflich

sein.

In den Übungsstunden der einheimischen Lehrer mit den Jugendlichen passiert das Erler-

nen neuer Musikstücke mit Vor- und Nachspielen. Um das Einstudieren der Hauptmelo-

die in den Trompeten nachhaltig zu ermöglichen, legt der einheimische Lehrer „Philipp“

einen Text in „Luganda“ unter die Singstimme, welcher sich dann so darbietet:

Tirol/Austria – Uganda

Version in Luganda:

1. A chance for children, Jaja mu Uganda!

Ne’leeta enjawulo mu Uganda yafe

Akaana ba Uganda tunyweze emisomo!

Kulwomukisa gwe bartuade.

R.: A

Chance for Children wangala nyo

Emirembe, ne mirembe

Kulwe’bitunogi byo tukolede.

Version in English:

A Chance for Children came to Uganda

And brought many changes

We, the children of Uganda embrace education

Because of the chance we have got.

R.: A

Chance for Children live longer

Forever and ever you stay

A Chance for Children live longer

Because of the charity you have brought.

Hörbeispiel 7.: Hb. 7.: „Dem Land Tirol die Treue“, Hauptmelodie – Trompetenstimme

gesungen von Lehrer Philipp in „Luganda“, April 2018, Tonaufnahmen Erich Wechner.

Page 77: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Mit diesem Text, der leicht nachsingbar ist, können sich die Jugendlichen auch die Me-

lodie der Singstimme besser und nachhaltig merken. Der deutsche Text dieses Marsches

von Florian Pedarnig eignet sich nicht für die afrikanischen Jugendlichen, einerseits ist

er für sie unverständlich und andererseits will der Autor nicht annähernd in die Nähe einer

kolonialen Gesinnung geraten.

Durch oftmaliges Üben wird das Musikstück im Gedächtnis behalten und kann jederzeit

reproduziert werden.

Werden die Kompositionen, das gilt für alle Werke, längere Zeit nicht mehr wiederholt,

so verblassen die musikalischen Erinnerungen, ein neurologischer Vorgang im Gehirn233,

und die Stücke werden mit der Zeit oft ganz vergessen oder bis zur Unkenntlichkeit ver-

ändert. Ebenso weiß die neurowissenschaftliche Forschung234, dass nur in den seltensten

Fällen eine authentische Erinnerung besteht und eine dokumentarische Reproduktion

möglich ist. Auch in der Forschungsarbeit des Autors kann in teilnehmender Beobachtung

festgestellt werden, dass mit jeder Wiederabrufung der gelernten musikalischen Inhalte

sich diese verändern und die musikalischen Wurzeln Afrikas (african roots) im Musizie-

ren durchschlagen. Der Autor verwendet nur einen kurzen Teil des Originalmarsches für

sein Arrangement und zwar den ersten Teil Trio mit Refrain. Das sehr kurz gehaltene

Arrangement ist für den ersten Workshop 2014 in der St. Mary‘s Primary School and

Senior Secondary School in Zigoti235 im District Mityana in Uganda gedacht. Die Erfah-

rung zeigt, dass sich nur ein kurzes Musikstück zum Einstudieren eignet, da die afrikani-

schen MusikantInnen die Stücke immer auswendig lernen und sich ohne Notationshilfe

die Tonfolgen merken müssen. Daher kann nur mit einer syllabischen Textunterlage in

der Muttersprache der MusikantInnen die Merkfähigkeit erleichtert und auf längere Zeit

gespeichert werden.

Der Workshop 2014 bedeutet für den Autor ein Wiedersehen und für die Abord-

nung aus Tirol ein erstes Kennenlernen mit den afrikanischen Kindern und Jugendlichen.

Die Trio-Teile unserer Tiroler Märsche sind immer als der „gesangliche Teil“ definiert,

was auch bei diesem Marsch zutrifft. Die rhythmischen Komponenten notiert der Autor

nicht und lässt sie teilweise sogar außer Acht. Die Einstudierung soll sich nach europäi-

schen Vorstellungen ereignen, also metrisch, im Tempo und in der vorgegebenen Taktart.

233 Vgl. Unseld, Melanie 2014, Biographie und Musikgeschichte, Wandlungen biographischer Konzepte in

Musikkultur und Musikhistoriographie, S. 47. 234 Ebenda S.46 235 Vgl. Zigoti liegt im Distrikt Mityana ca. 250 km westlich von der Hauptstadt Kampala, Headquarter

von ACFC (Kindern eine Chance in Uganda).

Page 78: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Afrikanische MusikantInnen wollen nicht ein Musikstück mit einem „aviso“ oder mit

dem Einzählen des Leiters starten. Daher lässt der Autor die Schlagzeuggruppe mit Trom-

meln und Becken ein Vorspiel musizieren, welches frei erfunden ist und bei jeder Wie-

derholung immer neuen Veränderungen unterliegt. Dabei können die Jugendlichen ihrer

Phantasie und Erfindungsgabe freien Lauf lassen.

Hörbeispiel 8. - Hb. 8.: „Dem Land Tirol die Treue“ – Tonaufnahme Workshop 2014 in

Zigoti, Uganda, Erich Wechner.

Schon beim ersten Kennenlernen des Stückes kann festgestellt werden, dass die Rhyth-

musgruppe mit Kleiner Trommel, Großer Trommel und Becken nicht wie die ursprüng-

liche Idee des Autors, traditionell nach europäischem Muster, wie üblich in europäischer

Marschmusik, agiert. Die Beckenspielerin schlägt schon ab dem sechsten Takt einen

„Off-Beat“236, was bei afrikanischen MusikantInnen gewohnheitsmäßig Tradition ist. In

der europäischen bzw. Tiroler Marschmusik ist das nicht üblich. Schon bald, aber beson-

ders nach einer zeitlichen Distanz, kann dann aber trotzdem die „Off-Beat-Spielart“ mit

dem Becken deutlich registriert werden. Die musikalischen Wurzeln (African roots of

Jazz237) der jugendlichen afrikanischen MusikantInnen kommen damit ebenso deutlich

zum Tragen. Durch eine bewusste Veränderung der vom Komponisten vorgegebenen

Basslinie wird den Tuba-Spielern das Musizieren erleichtert, da ein sogenannter „Wech-

selbass“238 nicht in die harmonischen Vorstellungen (wie schon vorher erwähnt) der Ju-

gendlichen passt. Die Teilnehmer am Workshop haben Probleme zu hören, weil ja aus-

schließlich auswendig musiziert, wann ein harmonischer Wechsel nach europäischem

Muster und Hörempfinden stattfinden soll. Ebenso modifiziert der Autor die Tenorhorn-

/Baritonstimme aus dem Original und setzt sie als rhythmische Akzentuierung mit einem

Ton ein. Daher findet man im Arrangement des Autors in den genannten Instrumenten im

ersten Teil nur eine Betonung und Akzentuierung mit einem Ton auf dem Taktteil eins

und drei und dann im Refrain des Liedtextes Begleittöne auf zwei und vier, was wieder

mehr der europäischen musikalischen Tradition entgegenkommt. Die Begleittöne verän-

dern sich durch mehrmaliges Wiederholen ganz unbewusst. Sie sind dann meist

236 Vgl. Puls und Mehrschichtigkeit, Begriffe: „Off-Beat“, http://www.jazzseite.at/Groove/Puls-Mehr-

schichtigkeit.html, Mai 2018 237 Floyd 1997, The Power of Black Music, African roots of Jazz, Samuel A. Floyd Jr., 1997. 238 Wechselbass: ist ein einfacher und beliebter Basslauf in vielen Musikrichtungen wie Blues, Country,

Schlager, Marschmusik etc. Das Prinzip besteht darin, dass die Basstöne, je nach Harmonievorgabe, in

den Grundtönen wechseln und sich mit der Quinte alternieren. Harmoniewechsel können mit Verbin-

dungstönen vorbereitet und angezeigt werden.

Page 79: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

78

harmonisch im europäischen Sinne nicht mehr einzuordnen. Ein Grund dafür ist, dass,

durch die Tradition bedingt, ein Verständnis und ein Empfinden für den harmonischen

Gedanken im europäischen Musizierstil des Arrangements fehlen.

Die Tonart des Arrangements, das der Autor verfasst hat, wird aus verschiedenen Grün-

den tiefer gewählt und zwar von As-Dur nach Es-Dur transponiert. Der Hauptgrund für

die Transposition liegt darin, dass die Trompeten-Stimmen so in einer tieferen Tonlage

notiert werden und dadurch für die autodidaktischen afrikanischen Bläser leichter zu spie-

len ist. Ebenso ist auch der Gesang in „Luganda“ in dieser Tonlage gefälliger zu singen.

Die Trompetenmelodie wird einstimmig in der gleichen Oktave gespielt, wobei die Arti-

kulation nicht dem europäischen Kulturempfinden entspricht, was aber vom Autor nicht

korrigiert wird und den afrikanischen MusikantInnen in ihrer Art überlassen bleibt. Die

im Original geforderte Zweistimmigkeit in der Melodie entfällt aus spieltechnischen

Gründen, auch deshalb, weil die „Terzzweistimmigkeit“, wie sie in der neuen Tonart (Es-

Dur) vorliegt, für die Teilnehmer nicht leicht zu merken ist. Durch die Transposition von

As-Dur nach Es-Dur werden in der Trompetenmelodie Versetzungszeichen (Kreuz und

Doppelkreuz) erforderlich. Diese sind dann nicht leicht zu erklären und werden kommen-

tarlos übernommen und nur in Griffkombinationen angegeben.

Die Trompete ist für die Teilnehmer des Workshops ein besonderes und sehr be-

gehrtes Instrument, denn das „Trompetenspiel“ steht in der Rangordnung der Beliebt-

heitsskala der jugendlichen MusikantInnen an oberster Stelle. Wenn man die gesellschaft-

liche Ordnung dieser Ethnie zwischen Mann und Frau kennt, ist es nicht verwunderlich,

dass fast ausschließlich männliche Jugendliche dieses Instrument erlernen.

Page 80: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

79

Abb.: Partitur als Hilfe zur Einstudierung beim Workshop 2014 in Zigoti in Uganda, erstellt von Erich

Wechner

Im folgenden Abschnitt werden Tondokumente von 2014 und 2018 im musikalischen

Vergleich dargestellt. Zum Vergleichen stehen Tonaufnahmen mit dem Marsch „Dem

Land Tirol“ von 2014 und 2018,gespielt von den Brass-Bands in Zigoti und der Brass-

Band Nateete, zur Verfügung. Diese Tondokumente werden genauer untersucht, erforscht

und ausgewertet.

Page 81: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Hörbeispiel: 9. - Hb. 9.: „Dem Land Tirol die Treue“ – Tonaufnahme Jänner 2018 in

Nateete, Uganda, Erich Wechner.

Die Brass-Band in Nateete spielt aus Gründen, die schon erwähnt wurden, einen Einlei-

tungsteil zur musikalischen Einstimmung mit der Schlagzeuggruppe. Dieser ist ident mit

der Aufnahme von „Red Rock March“ im Kapitel 2.2. Es lässt sich unschwer erkennen,

dass auch die Artikulation der Melodiestimmen ebenso wie in Punkt 2.2 im „tenuto“ ge-

halten sind.

Die Aufnahme wird authentisch als „Musik in Bewegung“ aufgenommen und daher sind

die etwas verworrenen Klänge und unsaubere Intonation verständlich und werden nicht

korrigiert.

Abb.: Notenbeispiel der Tonaufnahme vom Jänner 2018 in Nateete, Uganda; Erich Wechner

Die Zweistimmigkeit im zweiten Teil (Terz über der Hauptstimme) wird aus den vorher

erwähnten Gründen weggelassen. Die Tubastimme wird ebenso verfälscht, wobei sich

die MusikantInnen nicht mehr an die Harmoniewechsel halten, wie sie 2014 (siehe

Page 82: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Arrangement oben) einstudiert wurden. Die Begleitstimmen passen sich irgendwie den

rhythmischen Figuren des Schlagzeugs an und spielen einen anderen Rhythmus, der sich

ungefähr so vernehmen lässt:

Abb.: Notation nach Tonaufnahme, Jänner 2018 in Nateete, Erich Wechner

Dieser Rhythmus wird fast durch das ganze Stück gehalten, lediglich mit einer Unterbre-

chung am Beginn des Refrains, also beim Doppelstrich, mit einer Generalpause für alle

Bläser. Die Notation für das Schlagzeug ist fast ident mit der beim „Red Rock March“ –

anzusehen in Punkt 2.1 Tondokumente 2014 und 2017 im musikalischen Vergleich.

Durch oftmaliges Wiederholen in einer Zeitdistanz von 2014 bis 2018 modifizieren sich

beide Musikstücke (Märsche: „Red Rock March“ und „Dem Land Tirol“) in die beschrie-

bene Veränderung. Diese lässt sich teilweise auf das oftmalige Wiederholen und auf die

Reduzierung der Musik auf reine Gebrauchsmusik, also auf Musik in Bewegung, zurück-

führen. Die Tendenz des Schlagzeugrhythmus zu einem leicht „geshuffelten Swing“239

ist durch die aktive und teilnehmende Beobachtung durch den Autor, wie schon einmal

erwähnt, auf die „african roots“ oder den traditionellen Kulturhintergrund der Musike-

rInnen zurückzuführen.

V. Fazit – Schlussteil – Reflexionen

Zusammenfassend ist zu analysieren und zu bemerken, dass es sich als sehr nützlich er-

wiesen hat, bei der praktischen Arbeit des Autors einige Zeit mit den einheimischen Men-

schen zusammenzuleben und deren Musik zu erkunden. Dadurch wurden die Kontakte

persönlicher und intensiver. Musikethnologie als Feldforschung betrieben, wie sie Bruno

Nettl definiert, ist zielgerichtet und meistens mit Erfolg bedacht. Die kurze Zeit im

239 Vgl. JUPITER - Wissen für Bläser - Achtung Swing, https://www.jupiter.info/wissen/profitipps/saxo-

phontipps/achtung-swing.html, Dezember 2018

Page 83: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Zielgebiet erlaubte es nicht, die Kultur, die Gesellschaftsstrukturen der Ethnie genauer

unter die Lupe zu nehmen, um ausgiebige Erkenntnisse zu erreichen bezüglich des „Ver-

stehens der afrikanischen Musik“. Je länger die Beschäftigung mit der afrikanischen Mu-

sik andauerte, desto mehr wurde klar, dass das Erforschen von kulturellen Traditionen ein

längerer Prozess sein muss. Dem konnte der Autor nicht gerecht werden, waren die Auf-

enthalte dann doch zu sehr zeitlich begrenzt.

Die Arbeit mit den afrikanischen MusikantInnen trug dann die meisten Früchte, wenn als

teilnehmender Beobachter agiert wurde. So konnten Anleitungen und Instruktionen zum

Musizieren gemeinsam erarbeitet und durchgeführt werden.

Die Organisation KEC hat in den Jahren 2010 bis 2014 europäische Blasinstrumente er-

halten, meist spendiert von Musikkapellen aus Österreich. Der Umgang mit den europäi-

schen Blasinstrumenten, deren Handhabung sowie deren Pflege erforderte einen gewis-

sen Zeitaufwand bei den Workshops.

Ein gewichtiger Schwerpunkt der Arbeit war das Kennlernen von Musikinstrumenten und

Erforschen einiger Instrumente, die besonders typisch für die Ethnie im Königreich

Buganda sind. Dabei stand die „Amadinda-Musik“ in Buganda im Zentrum der Forschun-

gen. Gerhard Kubik hat darüber sehr viel geforscht und geschrieben, was den Einstieg

sehr erleichtert hat. Der Lehrer „Philipp K.“ (siehe Anhang) hat irgendwie private Kon-

takte zur Hofmusik am Königshof gehabt und konnte beim Recherchieren sehr behilflich

sein. Den Bauweisen und den Stimmungen der „Amadinda“ kam dann ein bedeutsames

Maß an Aufmerksamkeit zu. Auch auf die Art, wie das Instrument gespielt wird, wurde

Bedacht genommen, denn auch die Schüler in Zigoti hatten eine „Amadinda“ gebaut und

darauf mit Trommelmusik-Begleitung gespielt. In ansprechenden Klangbeispielen von

Ulrich Wegner240 können repräsentative Vorschläge im Anhang (Klangbeispiele) gezeigt

werden.

Besonderes Augenmerk wurde auf die Trommelmusik im Land Uganda gelegt, und zwar

auf die Bauweisen, Spannungen der Felle etc., wobei die mystische Bedeutung dieser

Musik der Dorfgemeinschaften, der Geschlechter und am Königshof genauer beleuchtet

wurde.

Genauso wollte der Autor dem Postulat der afrikanischen Jugendlichen von ACFC ge-

recht werden und europäische Musik einstudieren. Das Aneignen europäischer Mar-

schmusik erforderte einige Flexibilität bei allen Beteiligten. Dabei wurde die

240 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 65 – 66.

Page 84: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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Rhythmusgruppe (Kleine Trommel, Große Trommel, Becken und Tambourin) einer Selb-

ständigkeit überlassen, sodass die MusikantInnen ihre afrikanischen Ideen musikalisch

einbringen und die Eigenarten ihrer tradierten Kultur ausleben konnten. Immer wieder

erlebte der Autor erfreuliche Überraschungen in der rhythmischen Arbeit mit den Musi-

kerInnen.

Methoden, die erfolgreich bei der Einstudierung der Musikstücke waren, mussten erst

nach und nach erkannt werden. Das Vor- und Nachspielen der einzelnen Melodien war

nicht immer zufriedenstellend, wenn man die Fähigkeit der Wiedergabe der Musik beur-

teilte. Das „Syllabieren“ von Melodien brachte für die Merkfähigkeit weit mehr Erfolge.

Die afrikanischen Jugendlichen konnten sich die Melodien mit untergelegten Texten in

ihrer Muttersprache bedeutend besser merken, wobei der Inhalt nicht sinnhaltig sein

musste. Diese Formulierungen und Ausdrucksweisen wurden meistens vom Trainer der

Brass-Band oder von den Jugendlichen erfunden.

Bei allen Methoden und Arbeitsweisen während der Workshops war der einheimische

Lehrer und Betreuer „Philipp“241 eine große Hilfe bei der Übermittlung der Verfahren

zum Erlernen neuer Musikstücke.

Bewegungsmuster zu begreifen, wie sie die afrikanische Musik kennt, benötigt einigen

Zeitaufwand und besonderes Einfühlungsvermögen. Afrikaner spüren die Bewegung

schon in der Ruhe und kommen dann ganz langsam in den „Move“, wobei sich Bewe-

gungsabläufe in genauen Formen präsentierten. Für den Autor war das Erfassen dieser

„Bewegungs- Formeln“ meist doch sehr schwierig und erst nach mehrmaligen Wieder-

holungen konnte ein System von Bewegungsmustern erfasst werden.

Die Märsche wurden nach europäischem Musikverständnis eingeübt, also nach

„straightedge“ im geradlinigen Rhythmus „Schlag auf Schlag“. Die Jugendlichen be-

mühten sich sehr, diese Art der Marschmusik zu erlernen, doch irgendwie schlugen im-

mer wieder die afrikanischen Wurzeln durch und der Rhythmus mutierte zu einem leich-

ten Swing. Sogar beim Marschieren mit Musik konnte man dieses Phänomen beobach-

ten242.

Ein Teil der Arbeit befasste sich mit der Musikinstrumentenvielfalt in Uganda. Die Hof-

musik am Königreich Buganda mit ihrem Fundus war für dieses Vorhaben sehr ergiebig,

insbesondere weil viele schriftlichen Aufzeichnungen über das Instrumentarium, deren

Bedeutung für den König und die unterschiedlichen Stimmungen existieren. Das Problem

241 Vgl. Kankwebaze Phillip, Biographie; Anhang-Punkt VI. 242 Vgl. Filmbeispiel 1 im Anhang, 2013.

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der Instrumenten-Stimmungen als Charakteristikum der nationalen Ethnie war ein sehr

interessantes Forschungsfeld für den Autor. Auch beim Musizieren in den Workshops

stellte das Streben nach einer ausgewogenen europäischen Intonation eine große Aufgabe

dar. Nicht immer konnte der Angelegenheit gerecht werden, weil einerseits die Musikan-

tInnen keine entsprechende Instrumentalausbildung erhalten und andererseits die afrika-

nischen MusikerInnen in einer abgerundeten Intonation keine Notwendigkeit sahen.

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VI. Anhang

1. Abkürzungen/Ortsangaben/Biographien

Kurzbiografie243 – Mail von „KEC“ aus Uganda, Zigoti – Headquarter,

14.11. 2018

Philipp Kankwebaze – einheimischer Lehrer und Betreuer der Brass-Band in Nateete

Die englische Version ist in diesem Fall als Zitat übernommen worden.

Kankwebaze Phillip

Short Biography about Phillip Kankwebaze for Papa Eric:

Name: Kankwebaze Phillip

Age: 30 years old

Home of birth: Ibanda district

Married;

Number of Children: 3

Education details:

I started my primary at Rukungiri Universal Primary School. When I was in P3, I joined

the Brass Band. In P6 I began playing a trumpet. My love for brass band kept growing

and after my Primary Education, I joined the brass band under the church of Uganda. I

played the trumpet with them for four years. When I completed S.4, I joined the National

Army Brass band for two years and then I continued with my education. At the university,

I used to play for different brass bands. But my most liked brass bands were the Army

brass band and the church brass band. I used to visit them whenever I was free. In 2015,

One year after my university studies, I joined ACFC. Basically, I started as an English

teacher and a Brass band player. It was not easy at first, because the school brass band

had not enough instruments. I requested Stephan and Gabi to buy us more music instru-

ments and they did so. I began to train 14 students in the brass band. Since then, the

number has grown to 35 students. My best experience was when Papa Eric and other

music trainers visited us. I t was a memorable moment to learn the Austrian music. I am

currently the Head teacher in Nateete Secondary School, and I am also the brass band

243 Übermittlung der Kurzbiografie von: Jonas Gritsch, Österreichischer Auslandsdienst Austrian Service

Abroad, Tirol Sozialdienst - Uganda 2018; www.auslandsdienst.at/auslandsdiener/jonas-gritsch,

E-Mail: [email protected]

Page 87: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

86

trainer. A chance for children for children Nateete is in Central Uganda in Mubende Dis-

trict. We are in a small village called Kifufu.

KEC „Kindern eine Chance“, Tiroler Verein zur Hilfe für Waisenkinder in Uganda, Obmann

des Vereins ist Stefan Pleger, Völs.

ACFC „A Chance for Children“ Schwesterverein zu „Kindern eine Chance“ in Uganda, Head-

quarter in Zigoti.

GDP Die Abkürzung GDP steht für „Gross Domestic Product“ (englische Abkürzung für

BIP).

WKO „Wirtschaftskammer Österreich“. Die WKO, früher Bundeswirtschaftskammer, ist

eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie koordiniert die Tätigkeit der Landeskam-

mern, der Vereinigungen der gewerblichen Wirtschaftstreibenden und ist Teil der öster-

reichischen Wirtschaftskammerorganisation.

EAC „East African Community“244

Die EAC ist ein Staatenbündnis mit zurzeit 3 Mitgliedsstaaten in Ost-Afrika, Kenia, Tan-

sania und Uganda, Alle Mitgliedsstaaten zusammen umfassen ein Gebiet von 1,77 Milli-

onen km² und rund 149,87 Mill. Menschen. Dies sind 1,17% der weltweit bewohnbaren

Fläche und 1,99% der Weltbevölkerung.

AU „Afrikanische Union“245, Gründung 2002, Mandat für alle Bereiche des politischen,

wirtschaftlichen und sozialen Zusammenlebens in Afrika, Sicherung von Frieden und Si-

cherheit, will nachhaltige Entwicklung, sowie Demokratie, Menschenrechte und gute Re-

gierungsführung in Afrika fördern. Auf globaler Ebene spricht sie für Afrika und koordi-

niert die Aktivitäten der afrikanischen Regionalorganisationen.

Zigoti Zigoti ist eine Siedlung in Mityana District, Uganda (Africa) westlich von Kampala an

der Transitroute nach Westen, Ostafrika und liegt 1.219 Meter über dem Meer. Die geo-

graphischen Koordinaten sind 0°23'2" N und 32°8'42". de.getamap.net › Afrika ›

Uganda (Kampala) › Mubende.

Nateete Primary, Secondary School246 und Kindergarten:

Eigene Schule der Organisation ACFC, Brass-Band mit Lehrer „Philipp“, Workshop

2017, Tondokumente Jänner 2018.

244 Vgl. The EAC aims at widening and deepening co-operation among the partner states and other re-

gional economic communities in, among others, political, economic and social fields for their mutual

benefit, https://au.int/en/recs/eac, Dezember 2018. 245 Vgl. Die Afrikanische Union - Auswärtiges Amt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpoli-

tik/.../afrika/.../afrikanische-union-node, 15.10.2018. 246 Ebenda

Page 88: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

87

St. Mary’s Primary School247 - Zigoti Senior Secondary School:

Schulen mit Internat für Waisenkinder oder Kinder ohne funktionierendes Elternhaus.

Erster Aufenthalt als Volunteer für drei Monate von Autor Erich Wechner, Unterricht in

Mathematik und Musik – „Bildung ist die große Chance“ – „Musik bringt Freude ins

Leben“.

Nateete248

Nateete liegt im District Mubende, einem Nachbardistrikt von Mityana, in einem

Sumpfgebiet und ist verkehrtechnisch nicht leicht zugänglich, am leichtesten mit einem

Motorbike.

Königreich Buganda249

Buganda ist ein Königreich im Süden Ugandas – Könige → „Kabaka“, Ableitung

„Uganda“ von „Buganda“. Buganda liegt zwischen dem Victoriasee und dem Kafu in

der Mitte Afrikas und wird vom Äquator durchteilt. In Buganda entspringt eine Quelle

des Nils. Die alte Hauptstadt Entebbe und die neue Kampala liegen in Buganda. Durch

Buganda geht die Äquatorlinie, die klimatische Besonderheiten aufweist.

Baganda, Ganda250

Die Einwohner nennen sich Baganda (der Singular ist Muganda). Die Sprache wird

Luganda genannt. Bekannt ist Buganda für die Grabstätten der Buganda-Könige in Ka-

subi, die zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen. Osthamitisch-nilotische Wanderhir-

ten, die sich Hima oder Tutsi nannten, begründeten um 1700 das Reich der Kabaka (Kö-

nige) von Buganda und gingen mit den eingesessenen Bantu, die nie versklavt wurden,

Verbindungen ein.

Kampala251

Hauptstadt von Uganda mit 1,5 Mill. Einwohnern; 1962 löst Kampala Entebbe als natio-

nale Hauptstadt ab. Große Teile der Stadt werden nach dem Sturz des Diktators Idi Amin

im Jahre 1979 und in dem nachfolgenden Bürgerkrieg zerstört, seither aber wieder auf-

gebaut.

247 Vgl. Pleger, Stefan; Bildung ist der Schlüssel zur Entwicklung, Verein "Kindern eine Chance"

Blasius-Hölzl-Weg 16, A-6176 Völs, 2018. 248 Ebenda 249 Vgl. Großbritannien, Central Office of Information Services 1962, Uganda: The Making of a Nation,

July 1962. 250 Ebenda 251 Ebenda

Page 89: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

88

Entebbe252

Hauptstadt von Uganda bis 1962, moderner Flughafen, direkt am Viktoria-See.

Viktoria-See253

Er liegt in Ostafrika und ist Teil von Tansania, Uganda und Kenia und ist der größte See

Afrikas und der zweitgrößte Süßwassersee der Welt.

2. Karten und Bilderverzeichnis

Karte von Uganda mit seinen Distrikten:

Uganda ist in vier administrative Regionen eingeteilt: Northern, Easter, Central und

Western254 und diese wiederum in 80 Distrikte.

https://www.welt-atlas.de/datenbank/karten/karte-2-835.gif

252 Vgl. Großbritannien, Central Office of Information Services 1962, Uganda: The Making of a Nation,

July 1962. S. Einleitung/Schluss 253 Ebenda 254 Vgl. Mwakikagile 2009, Uganda, The Land and Its People, New Africa Press, Dar es Salaam, Tanza-

nia; Part One: The Land. S. 7.

Page 90: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

89

Abb.: Uganda – Karte: Staat Uganda aus Buch (Monographie), Großbritannien, Central Office of Informa-

tion Services (1962): Uganda: The Making of a Nation. Unter Mitarbeit von Großbritannien, Central Office

of Information Services: London (Quote No. Re. P 5441, Classification IV.2).

Page 91: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

90

3. Notenmaterial/Texte

3.1 Red Rock March: Originalpartitur Seite 1 und 2

Page 92: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

91

3.2 “Dem Land Tirol die Treue“

Marsch von Florian Pedarnig, Arrangement nach der Originalpartitur

Abb.: Partitur „Dem Land Tirol die Treue“, Trio, 1. Teil, erstellt von Erich Wechner im Notenschreibpro-

gramm „Finale 25“

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92

Text zu „Dem Land Tirol die Treue“ von Philipp K., Brass-Band Lehrer in

Nateete, Uganda.

Page 94: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

93

3.3 Red Rock March: Schlagzeug - Register Notenmaterial 2013

Page 95: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

94

3.4 Red Rock March: Schlagzeug - Register Notenmaterial 2017

4. Hörbeispiele – Erich Wechner – H2 Mitschnitte

4.1 Tonaufnahmen, Live-Mitschnitte von Erich Wechner, 2013, 2014, 2017

und 2018

1. Hb 1.: „Maama“ (Mummy) – Luganda und englische Übersetzung:

Zwei Lehrerinnen aus Zigoti in Buganda – Primary-School;

Live-Mitschnitt des Autors, 2013.

2. Hb 2.: Red Rock March, Singen auf Singsilbe “ta” – Nachahmung der Trompete, Lehrer

Philipp

3. Hb 3.: Red Rock March, syllabiert mit Text von Lehrer Philipp – Sprache Luganda;

4. Hb 4.: Red Rock March, School-Brass-Band Zigoti 2014, Tonaufnahmen

Erich Wechner

5. Hb 5.: Red Rock March, School-Brass-Band-Zigoti 2017, Tonaufnahmen

Erich Wechner

Page 96: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

95

6. Hb 6.: “Dem Land Tirol die Treue“ – Marsch gespielt von der Jugendkapelle in Ischgl im

Arrangement von Erich Wechner,

7. Hb. 7.: „Dem Land Tirol die Treue“, Hauptmelodie – Trompetenstimme gesungen von

Lehrer Philipp in „Luganda“, April 2018, Tonaufnahmen

Erich Wechner.

8. Hb. 8.: „Dem Land Tirol die Treue“ – Tonaufnahme Workshop 2014 in Zigoti, Uganda,

Erich Wechner.

9. Hb. 9.: „Dem Land Tirol die Treue“ – Tonaufnahme Jänner 2018 in Nateete, Uganda,

Erich Wechner.

4.2 Klangbeispiele/Notenbeispiele – Ulrich Wegner255

1. Klangbeispiel: Nr. 03 in U. Wegner,

„Ganga aulula“, Sempeke und Ensemble, „amadinda -Holmxylophon“, Aufnahme G. Ku-

bik, Salama, Uganda, 1967

2. Klangbeispiel: Nr. 05 in U. Wegner,

Stimmung eines „amadinda-Xylophons“ aus dem Museum für Völkerkunde Berlin, Auf-

nahme: MfV (U. Wegner), 1983,

Archiv Nr. M 19 111.

3. Klangbeispiel: Nr. 07, in U. Wegner,

Ssematimba ne Kikwabanga. Albert Sempeke und Ensemble, amadinda (Holmxylo-

phon), Aufnahme: G. Kubik, Kampala, Uganda, 1967

4. Klangbeispiel: Nr. 08 in U. Wegner

Ssematimba ne Kikwabanga. Liedversion, gesungen von Musisi. Aufnahme: P.

Cooke,

5. Klangbeispiel: Nr. 11 in U. Wegner

Ssematimba ne Kikwabanga. Computer-Simulation der vollständigen Komposition. Auf-

nahme: U. Wegner (llCMSD)/H. R011e (SIM), 1987

6. Klangbeispiel: Nr. 13 in U. Wegner,

Die beiden Lieder »Hänschen klein“ und „Sur le Pont d'Avignon“, Ton für Ton miteinan-

der verzahnt (siehe Notation unten)

255 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 65 – 66.

Page 97: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

96

Auflösung zu „Hörerlebnis bei der amadinda-Musik“256

Fragestellung: Wer kann die erwähnten Kinderlieder heraushören – siehe Anleitung:

5. Filmbeispiele Brass Band Zigoti und Nateete - Workshops

1. Einzug in der Schule Zigoti,1. MOV – Brass Band Zigoti, Red Rock March;

Erich Wechner 2013

2. Workshop 2014, 2. MOV – Brass Band Zigoti, Schlagzeuger mit Johannes Rehberger,

Ischgl; Erich Wechner 2014.

3. Workshop 2014, 3. MOV – Brass Band Zigoti, Tenorhorn/Bariton mit Wolfgang Walser,

Ischgl; Erich Wechner 2014.

256 Vgl. Wegner, Ulrich 1990, Xylophonmusik aus Buganda (Ostafrika), Wilhelmshaven, Florian Noetzel,

Reihentitel Musikbogen, Bd 1, S. 64

Page 98: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

97

4. Workshop 2014, 4. MOV – Brass Band Zigoti, Trompeten mit Lukas Wechner, Ischgl;

Erich Wechner 2014.

5. Amadindaspieler Zigoti 5. MOV – Schüler Zigoti, Farewell Party,

Erich Wechner 2013.

6. Workshop Nateete 6. MOV (MTS) – Brass Band Nateete, Marschieren mit Musik „Red

Rock March“, Erich Wechner 2017.

Page 99: Afrikanische Musik verstehen - Universität Innsbruck

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