Behandlungsfehler und Fehlermanagement · Behandlungsfehler und Fehlermanagement in Klinik und (Hausarzt-)Praxis Dr. Torsten Buchheit Facharzt für Innere Medizin Naturheilverfahren,
Post on 26-Aug-2019
216 Views
Preview:
Transcript
Behandlungsfehler und Fehlermanagement
in Klinik und (Hausarzt-)Praxis
Dr. Torsten BuchheitFacharzt für Innere MedizinNaturheilverfahren, Notfallmedizin, AkupunkturFachkunde Geriatrie
Münchweiler / Rodalb
12.11.2014
Zentrum AllgemeinmedizinMedizinische Fakultät Homburg / Saar
Universität des Saarlandes
Seite 2
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Hapag-Lloyd-Flug 3378
Airbus A310 12.7.2000 Von Kreta nach Hannover
Das Bild entstand allerdings in Wien
Seite 3
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Fehler bei Flug 3378Technischer Fehler zu Beginn:Sicherungsring fehlte
Mutter um 10 mm gelockertFahrwerk konnte nicht verriegelt werden
Landen? Weiterfliegen?
Fehlerhafte Entscheidung: Flug Richtung Deutschland fortsetzen neues Ziel München
Seite 4
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Fehler bei Flug 3378Flight Management System zur
Reichweitenberechnung
Nicht erkannt: Berechnung gilt nur mit eingezogenem Fahrwerk
In Höhe Zagreb wurde dieTreibstoffreserve für 30 Minuten unterschritten
Vorschrift: „Notlandung auf dem nächsten Flughafen“ wurde ignoriert
Seite 5
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Fehler bei Flug 3378Fehlerquelle: Hierarchie
Pilot (56 Jahre alt,30 Jahre Flugerfahrung)
ignorierte die Aufforderung des Copiloten (25 Jahre alt,
4 Jahre Flugerfahrung),
eine Notlage zu erklären
Seite 6
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Fehler bei Flug 3378 Fuel low level warning 85 Meilen vor Graz
Falsche Entscheidung: Flug fortgesetzt Richtung Wien (131 Meilen)beidseitiger Triebwerksausfall 22 km vor Wien
Hektik nach beidseitigem TriebwerksausfallLand Recovery-Schalter nicht betätigt
eingeschränkte Manövrierbarkeit
Seite 7
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Fehler bei Flug 3378Ein Triebwerk konnte nochmals angelassen werden
für wenige Sekunden Schub
sonst wäre das Flugzeug außerhalb des Flughafenszu Boden gekommen, im Bereich einesPropangaslagers
Bodenberührung 660 m vor der Landebahn Abbrechen des Fahrwerks Fehlerhafte Evakuierung, vom Kapitän nicht beaufsichtigt
Seite 8
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Bilanz von Flug 3378 Insgesamt wurden 12 Flugplätze passiert
26 Personen leicht verletzt bei der Evakuierung
Totalschaden am Flugzeug (20 Mio. €)
Teile der Anflugbefeuerung der Piste 34, ein Großteil der Antenne des Landekurssenders Piste 16 sowie Teile der Pisten- und Rollwegbefeuerung zerstört
Der Flugkapitän wurde wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.
Seite 9
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Verbesserungen nach dem Unfall
Ergänzung Handbücher: Flight Management System – Reichweite nur bei eingezogenem Fahrwerk
Häufigere Kontrolle der Sicherungsringe
Bessere Teamarbeit der Crew
Propangaslager der Einflugschneise verlegen
Seite 10
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Lernziele
Fehlerberichtssystemewww.jeder-fehler-zaehlt.deund www.cirsmedical.de kennen
Impulse zum Aufbau einer Fehlerkultur erhalten
Seite 11
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Inhalt
1. Warum Fehlermanagement?2. Fehlerforschung3. Fehlerkultur4. Fehlerberichtssysteme5. Pseudofehler6. Qualitätsmanagement
Seite 12
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
1. Warum Fehlermanagement in der Medizin?
Ein Fehler in der Medizin kann tödlich enden.
Viele kleinejeweils für sich unbedeutende Fehler
summieren sich im Einzelfall unter besonders unglücklichen Umständen
zur Katastrophe.
denn
Seite 13
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
1. Warum Fehlermanagement?
Kernaussagen der Fehlerforschung
Jeder macht Fehler.
Niemand macht absichtlich Fehler.
(Fast) jeder Fehler hat eine systemische Komponente.
Seite 14
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Patientin mit Unterschenkelfraktur und Gehgips, am Freitagnachmittag aus der Klinik entlassen.
Montagmittag Hausbesuchsanforderung, nicht als dringlich eingestuft.
Dienstag Hausbesuch
1. Warum Fehlermanagement?Schnittstelle Hausarzt/Krankenhaus (jfz307)
Seite 15
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Schwellung und Schmerz im Unterschenkel
Diagnose: akute Unterschenkelvenenthrombose
Mehrere Probleme:
- Klinik gab kein Heparin fürs Wochenende mit
- Stationsarzt informierte die Patientin nicht über die Dringlichkeit der Thromboseprophylaxe
- Arztpraxis fragte nicht nach dem Grund des Hausbesuchs, deshalb nochmalige Verzögerung
1. Warum Fehlermanagement?Schnittstelle Hausarzt/Krankenhaus (jfz307)
Seite 16
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Verbesserungsvorschläge:- Anruf vom Stationsarzt beim Hausarzt bei Entlassung, wenn wichtige Dinge zu klären
sind
- Fax des Entlaßbriefs
- Im Krankenhaus klären, ob die Medikation bis zum Kontakt des Hausarztes gesichertist, dabei Verzögerung des Transports berücksichtigen
- Arztpraxis muß immer den Grund des Hausbesuchs erfragen
Patient instruieren: gleich nach KH-Aufenthalt beim Hausarzt melden
1. Warum Fehlermanagement?Schnittstelle Hausarzt/Krankenhaus (jfz307)
Seite 17
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
1. Warum Fehlermanagement?Was ist ein Behandlungsfehler?
Nicht ganz korrekt oft auch Kunstfehler genannt (Behandlung „Lege artis“: nach den Regeln der Kunst)
Jargon der Boulevardblätter: „Ärztepfusch“
Nicht angemessene Behandlung eines Patienten durch den Arzt- Nicht sorgfältig- Nicht richtig- Nicht zeitgerecht
Seite 18
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
1. Warum Fehlermanagement?Bessere FehlerdefinitionEin Vorfall, von dem Sie behaupten können:
"Das war eine Bedrohung für das Wohlergehen des Patienten und solltenicht passieren. Ich möchte nicht, daß es noch einmal passiert."
Seite 19
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
1. Warum Fehlermanagement?Fernöstliche Betrachtungsweise
Tai-Chi-Symbol
Seite 20
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
1. Warum Fehlermanagement?Fernöstliche Betrachtungsweise
Fehler = Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen.
Lernen- aus eigenen Fehlern- aus von Anderen begangenen Fehlern
Deshalb benötigen wir einen offenen Umgang mit Fehlern!
Seite 21
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
1. Warum Fehlermanagement?Ziel
Verbesserungder Patientensicherheit
Hausärzte sind die erste Fachgruppe mit einem bundesweiten
Fehlerberichtssystem
Seite 22
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung
Seite 23
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Technischer Fehler (jfz 510)
Patientin mit bekanntem Diabetes war zur DMP-Routineblutentnahme in der Praxis, klagte über Schwindel
BZ-Stix: 651 mg% sofortige Krankenhauseinweisung
Wo liegt der Fehler?
Seite 24
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungGeschichte
Seneca (1-65 n.Chr.): Irren ist menschlich.
Horaz (65-8 v.Chr.): In Fehler führt uns die Flucht vor Fehlern.
Konfuzius (551-479 v.Chr.): Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.
Cicero (106-43 v.Chr.): Jeder Mensch kann irren, aber nur Dummköpfe verharren im Irrtum.
Seite 25
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungIshikawa-Diagramm (1940): „4M“ Ursache und Wirkung
Mensch Maschine
Methode Material
Problem
„Fischgräten-Diagramm“
Seite 26
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Technischer Fehler (jfz 510)
Rückruf vom Krankenhaus: BZ ist 160
Fehler: BZ-Gerät wurde verkehrt herum gehalten (651 statt 159)
Seite 27
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Technischer Fehler (jfz 510)
Gerät war neu, Helferin ohne Einweisung
BZ-Geräte werden für die Selbstmessung konstruiert: Anzeige zeigt oft zum Patienten
keine Einheit in der Anzeige, nur Zahlen
BZ-Geräte zeigen meist keine Werte über 400 mg% an, sondern die Fehlermeldung „High“ oder „Ketone“
Die Messung hätte wiederholt werden können, Ergänzung durch Urinstatus (Harnzucker)
Seite 28
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Technischer Fehler (jfz 510)
Mensch Maschine
Methode Material
Problem
Keine Einweisung am Gerät
Kein narrensicheres Display
KH-Einweisungohne Kontrollwert
Seite 29
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungTechnischer Fehler (jfz 510)
Schaden: Keiner (aber: Umstand, Kosten)
Gefährdungspotential: Gering bis hochWiederholungsgefahr: Gering
Maßnahmen:- In Zukunft immer Geräteeinweisung- Ergänzungsmessung
Seite 30
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungRisikomanagement
Systematisches Erkennen von Schwachstellen, um vorbeugend Gegenmaßnahmen aufzubauen
Ultra-Safe-Industries (Luft- und Raumfahrt, Kernenergie, Petrochemie) schon seit vielen Jahren
Die Medizin befaßte sich erst relativ spät damit.
Seite 31
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungFehleranalyse jedes einzelnen Fehlers
Fehler im Ansatz
korrigieren
Fehler systemischverhindern
Fehlerpotentialerkennen
Fehlerauswirkungminimieren
Seite 32
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungFehleranalyse: Paravasat bei Chemotherapie“http://www.habichtswaldklinik.de/media/files/Download/Leitlinie_Paravasat.pdf
Fehler im Ansatz
korrigieren
Fehler systemischverhindern
Fehlerpotentialerkennen
Fehlerauswirkungminimieren
Notfall-Therapie-schemata
Patienten überwachen
Schulung der Ärzte und Pfleger
Bewußtsein schärfen
Seite 33
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungJames Reason:Human error: models and management, BMJ 2000;320:768-770
Verschiedene Schichten, um Fehler abzuwehren - Technische Systeme- Personal- Sicherheitskontrollen- Qualitätsmanagement
In jeder dieser Schichten können latente Fehler vorliegen.
Seite 34
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungSchweizer-Käse-ModellFehlerkultur und Teamtraining – das „missing link“ im medizinischen Risikomanagement(N. Pateisky – Universitätsfrauenklinik Wien)
Seite 35
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungNicht gefundene Nebenwirkung Patient mit Myasthenia gravis, jetzt eitrige Bronchitis Antibiotikaindikation: Roxithromycin Myasthenie
Beipackzettel aus der Praxissoftware wird im Patientenbeisein besonders sorgfältig studiert. Kein Hinweis auf Kontraindikation
Patient nimmt Roxithromycin einAtemwegsbeschwerden = myasthene Krise
Notarzt gerufenPyridostigmin iv
wieder gut
Seite 36
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Nicht gefundene Nebenwirkung: unmittelbare Folgen Patient beschwert sich: Medikamentenbeipackzettel enthält die
Kontraindikation Recherche Kontraindikation nicht im Computerbeipackzettel Internet: Kontraindikation nicht in manchen Beipackzetteln
und nicht in manchen Fachinformationen
Meldung des Fehlers an Jeder-Fehler-Zählt
Seite 37
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Nicht gefundene Nebenwirkung: Schadenspotential
Schaden: Keiner
Gefährdungspotential: Extrem
Wiederholungsgefahr: Hoch(mit dieser Arzneimitteldatenbank arbeiten 80 000 Ärzte!)
Seite 38
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Nicht gefundene Nebenwirkung: Fehleranalyse
Eigenes Unwissen über Kontraindikation
Vertrauen des Arztesin den Computerbeipackzettel
Vertrauen des Patientenin den Arzt
Kontraindikation nicht im gekürzten Computerbeipackzettel
Apotheker nicht gefragt
Beipackzettel nicht gelesen
Seite 39
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Nicht gefundene Nebenwirkung:weitere Folgen
Ifap-Institut ändert den Computerbeipackzettel
60 Softwarehäuser, 75 Praxisprogramme
80 000 Ärzte in Deutschland
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medikamentensicherheit überprüft alle Roxithromycin-Beipackzettel und Fachinformationen
Seite 40
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. Fehlerforschung Nicht gefundene Nebenwirkung: Maßnahmen gemäß Schichtmodell
Schicht 1 (Arzt): Doppelte Recherche- Leitlinien- Rote Liste
Schicht 2 (Apotheker): Immer Medikamentenüberprüfung wegen Myasthenie
Schicht 3 (Patient): Beipackzettel immer lesen
Seite 41
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungKommunikationsproblem
Medikament „Omep“
Erklärt: bitte eine halbe Stunde vor dem Frühstück einnehmen.
Auf die Musterpackung geschrieben:„30 Min vor dem Essen“
Ergebnis: Patient öffnet die Kapsel, zählt davon 30 Pellets ab und nimmt diese ein.
Seite 42
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungKommunikationsproblem
Schaden: Keiner Gefährdungspotential: Gering Wiederholungsgefahr: Gering
Aber: Hätte eine ernste Erkrankung vorgelegen, hätte es gefährlich werden können.
Seite 43
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
2. FehlerforschungAbhilfe: bessere Kommunikation
Gesagt ist noch nicht gehört.
Gehört ist noch nicht verstanden.
Verstanden ist noch nicht einverstanden.
Einverstanden ist noch nicht gemacht.
Seite 44
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. Fehlerkultur
Seite 45
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturHeute noch: Hierarchie
ChefarztOberarztAssistenzarztStationsleitungKrankenschwesterSchwesternhelferinPutzfrau
Seite 46
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturHeute noch: Hierarchie
ChefarztOberarztAssistenzarztStationsleitungKrankenschwesterSchwesternhelferinPutzfrau
Seite 47
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturBesser: Arbeit im Team
ChefarztOberarztAssistenzarztStationsleitungKrankenschwesterSchwesternhelferinPutzfrau
Seite 48
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturHeute noch: Anprangern von Fehlern
Öffentlich anklagen
Bloßstellen
Erniedrigen
Seite 49
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturHeute noch: Anprangern von Fehlern
Öffentlich anklagen
Bloßstellen
Erniedrigen
Seite 50
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. Fehlerkulturan jeder Arbeitsstätte aufbauen
weg von der Sündenbockmentalität(engl: name, shame and blame)
Fehler straffrei und ohne Imageverlust aufarbeiten
Seite 51
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. Fehlerkulturan jeder Arbeitsstätte aufbauen
Fehler = Schatz
(weil: Fehler = Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen)
Fehlersammlung = Schatzkiste
Seite 52
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. Fehlerkulturan jeder Arbeitsstätte aufbauen
Alle Fehler erfassen und analysieren, gerade im Hinblick auf Systemfehler.- Fehlerbuch- Dummy-Patient Fritz Fehler im Computer
Regelmäßige Teambesprechungen mit Verbesserungsvorschlägen
Seite 53
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturDie Reform beginnt von unten
Heutige Chef- und Oberärzte: mit einer Fehlerkultur nicht aufgewachsen und nicht vertraut
Zukünftige Ärzte: Fehlerkultur aufbauen und vorleben
Seite 54
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturPraxisadministration
Anruf vom Pflegedienst kurz nach 12 Uhr: „Die Frau Maria W. ist gestürzt, hat Schürfwunden, ob der Doktor sich das nicht mal ansehen könnte?“
Hausbesuch gleich nach der Sprechstunde
Frau Maria W. trinkt mit einer Freundin Kaffee, lächelt verwundert.
Seite 55
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturPraxisadministration
In der Praxis gibt es zwei Patientinnen namens Maria W.
Die Helferin wissen das, weil es öfter schon Verwechselungen gab.
Die Helferin hatte die feste Vorstellung, es könne nur die eine Frau W. sein, so daß die erforderliche Rückfragenach Geburtsdatum oder Adresse unterblieb.
Uhrzeit: Kurz vor der Mittagspause
Seite 56
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
3. FehlerkulturPraxisadministration
Schaden: Keiner
Gefährdungspotential: Gering bis hochWiederholungsgefahr: Hoch
Maßnahmen:- Fehlerdokumentation in Fehlersammlung- Teambesprechung- Sicherheitsfrage („Ist das auch die richtige Frau W.?“)
Seite 57
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. Fehlerberichtssystem
Seite 58
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. Fehlerberichtssystem
(Fehler = Schatz, Fehlersammlung = Schatzkiste)
Ursprünglich aus dem Bereich Luftfahrt(Critical incident reporting System: CIRS)
später auch in anderen Bereichen verwendet
Seite 59
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. FehlerberichtssystemAblaufBehandler meldet anonym
Institut kommentiert
Fehlerdatenbank (Internet)
Veröffentlichung
Benutzer können Fehler diskutieren
Seite 60
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. Fehlerberichtssystem www.jeder-fehler-zaehlt.de
Institut für Allgemeinmedizin, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt/Main
Hausärztliches Fehlerberichts- und Lernsystem.
Hausärzte sind die erste Fachgruppe mit einem bundesweiten Fehlerberichtssystem.
Seite 61
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. Fehlerberichtssystemwww.cirsmedical.de
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung
Vor allem Meldungen aus Krankenhäusern.
Seite 62
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. FehlerberichtssystemeÜbersehene Diagnose (jfz 515)
Patientin Mitte 20 mit Abgeschlagenheit und „starker Erkältung“ in gynäkologischer Praxis (hatte Notdienst) im Urlaubsort
Kurze Untersuchung in der Hektik: Diagnose Erkältung
Empfehlung: Bettruhe im Hotel
Patientin wurde nach Hause geholt, dort in Notdienstpraxis vorgestellt: 40°Fieber, Rasselgeräusche, Krankenhauseinweisung
Diagnose:Pneumonie mit Pleuraerguß
Seite 63
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. FehlerberichtssystemeÜbersehene Diagnose (jfz 515)
Prinzip des abwendbar gefährlichen Verlaufs: Eine gefährliche Erkrankung präsentiert sich zunächst vermeintlich als ganz typisch wie eine andere.
Sorgfältig untersuchen: Hier war kein Fieber gemessen worden.
Maßnahmen für den Fall der Verschlechterung treffen (Wiedereinbestellung, Rufbereitschaft)
Seite 64
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. FehlerberichtssystemeZiele
Strategienentwickeln
Vermeidung von Fehlern
Verbesserung der Patientensicherheit
Erkennen vonFehlerpotential
Seite 65
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. FehlerberichtssystemeAllergie (Cirsmedical 760)
Patientin nimmt Diclofenac Tbl, daraufhin Quaddeln
Absetzen, Loratadin Vermerk in roter Schrift auf der Karteikarte Warnhinweis in der EDV Einlegeblatt für Notfallausweis an Patientin gegeben
Ein Jahr später: Warnhinweis nicht gelesen, erneute Diclofenacgabe, schwerere Allergie
Seite 66
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. FehlerberichtssystemeAllergie (Cirsmedical 760)Vermeidungstipps (verschiedene Schichten):
Patientin einschärfen- in Zukunft bei jeder Schmerzmittelgabe Allergie angeben- im Krankenhaus oder bei anderen Ärzten- aber auch beim Hausarzt
Arzt einschärfen- Routinemäßige Frage vor jeder Verschreibung: Haben Sie das Medikament schon mal
genommen? Und gut vertragen?
Apotheker einbeziehen
Seite 67
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
4. FehlerberichtssystemBandbreite der gemeldeten Fehler
Verständigungsproblememit dem Patienten
Fehler durch Patienten
Abstimmungs– und Kommunikationsprobleme
MedizinischeFehleinschätzungen
Administrative Fehler
Seite 68
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
5. Pseudofehler
Seite 69
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
5. PseudofehlerThoraxschmerzN. Donner-Banzhoff, Z Allg Med 2014 (5) 0200-0260
50jähriger Patient mit stechendem Brustschmerz seit Wochen nicht in Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, macht Sport Palpation: Thoraxdruckschmerz auslösbar klinische Untersuchungen von Herz und Lunge unauffällig, EKG unauffällig
Diagnose: Brustwandsyndrom
Seite 70
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
5. PseudofehlerThoraxschmerzN. Donner-Banzhoff, Z Allg Med 2014 (5) 0200-0260
zehn Tage später (Vertretungspraxis) immer noch Beschwerden, Patient wünscht Überweisung zum Lungenfacharzt
in Ambulanz der Lungenklinik zusammengebrochen, Diagnose: Myokardinfarkt einen Tag später verstorben
Nachträgliche Analyse:
Gemäß der Leitlinie „Brustschmerz“ der DEGAM war alles korrekt eingeschätzt. Arzt hat sich gemäß dem professionellen Standard verhalten.
Kein Fehler, sondern ein Pseudofehler!
Seite 71
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
5. PseudofehlerThoraxschmerzN. Donner-Banzhoff, Z Allg Med 2014 (5) 0200-0260
Gefahr des Pseudofehlers:
Veränderung des ärztlichen Verhaltens Absenkung der diagnostischen Schwellenz.B.: Patienten werden jetzt früher zu invasiver Koronardiagnostik
geschickt
Seite 72
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
5. Pseudofehler
Definition: Unerwünschtes Ereignis bei standardgemäßem Vorgehen
Es gibt Situationen, in denen ein unerwünschtes Ereignis mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit auftreten wird und akzeptiert werden muß.
Defensivmedizin gaukelt nur besondere Sorgfalt vor, tatsächlich wird der Patient hintergangen.
Unterscheidung Fehler und Pseudofehler
Frage: Läßt sich im Rückblick eine plausible, konkrete und praktikable Regel formulieren, deren Beachtung das Ereignis verhindert hätte?
Seite 73
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
5. Pseudofehler
Ein Fehler sollte zu einer Veränderung des ärztlichen Verhaltens führen.
Ein Pseudofehler darf nicht zu einer Veränderung des ärztlichen Verhaltens führen!
Aus dem Pseudofehler können wir nichts lernen.
Seite 74
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
6. Qualitätsmanagement
Seite 75
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
6. Qualitätsmanagement
Verbindlich für: Krankenhäuser Arztpraxen seit 2005
- kontinuierliche Sicherung und Verbesserung der Qualität der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung
Seite 76
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
6. QualitätsmanagementÜbersehener Laborwerte (jfz 292)
Patient wollte eine PSA-Bestimmung.Wert war 14 ng/ml (normal 0-4).
Patient fragte nicht mehr nach dem Wert.
Laborwert blieb in der Praxis unbeachtet liegen.
Seite 77
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
6. QualitätsmanagementProzeß
Ein Prozeß ist ein Handlungsablauf. Ein Eingangszustand (input) wird in einen Ausgangszustand
bzw. ein Ergebnis (output) überführt.
Die Beschreibung aller Prozesse / Abläufe sollte einfach, klar und für alle verständlich sein.
Geeignet für immer wiederkehrende Abläufe.
Seite 78
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
6. QualitätsmanagementÜbersehener Laborwert (jfz 292)Lösungsmöglichkeiten mittels Prozeß:
Detaillierte Beschreibung des Weges jedes angeforderten Laborwertes- Blutentnahme- Ausfüllen der Laboranferoderung- Laborbote holt Blut- Labor bearbeitet - Laborbote bringt am nächsten Tag Laborergebnisse- Helferin legt Laborzettel auf den Schreibtisch
Definition der Kontrolle der Werte (wer, wann, wo, wie), ggf. abzeichnen.- Laborarzt kontrolliert- Labor ruft bei auffälligen Werten in der Arztpraxis an- Arzt liest eingehendes Labor und zeichnet es ab- Bei auffälligen Werten wird der Patient einbestellt
Seite 79
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
6. QualitätsmanagementIndikatorengestützte Systeme
Messung des Ist-Zustandes
Teambesprechung mit externem Moderator
Umsetzung der Lösungsmöglichkeiten
Seite 80
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
6. Qualitätsmanagementübersehener Laborwert (jfz 292)
Indikatorengestützte Lösungsmöglichkeiten:
Ist-Zustand: Zu viele übersehene Laborwerte Moderierte Teambesprechung: Was können wir tun, um das zu verbessern? Umsetzung Erfolgskontrolle
Seite 81
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Fehler zum Schluß
Diagnosen- KHK, Z. n. Vorderwandinfarkt- Hypertonie
jetzt Beinvenenthrombose links
Entlaßmedikation:- Isoket ret. 120 1-0-0- Bisoprolol ratio 5 1-0-0- HerzAss 0-1-0- Marcumar nach Quick für 6 Monate
Seite 82
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Fehler zum Schluß
Fehlerursache: Absetzen von ASS wurde vergessen.
Das Absetzen von Medikamenten ist manchmal schwerer als das Ansetzen!
Bei jedem Patientenkontakt Medikation auf evtl. überflüssige Medikamenteüberprüfen, besonders beim Schreiben des Entlaßbriefs!
Seite 83
Ich werde Hausarzt! Torsten Buchheit Zentrum Allgemeinmedizin
Schlußwort
Wir benötigen einen offenen Umgang mit Fehlern, eine neue Fehlerkultur.
Jeder Fehler beinhaltet die Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen.
Wir können aus den Fehlern lernen – aus eigenen Fehlern wie auch aus Fehlern von Anderen.
Dabei helfen uns Fehlerberichtssysteme wie www.jeder-fehler-zaehlt.deoder www.cirsmedical.de.
top related