Zentrum für Behindertenmedizin Mara Schwerin, Mai 2015 Die stationäre Versorgungssituation von geistig und körperlich behinderten Menschen am Beispiel des Krankenhauses Mara in Bielefeld Kerstin Krausen, Fachärztin für Innere Medizin
Zentrum für Behindertenmedizin Mara
Schwerin, Mai 2015
Die stationäre Versorgungssituation von geistig und körperlich behinderten Menschen am Beispiel des Krankenhauses Mara in Bielefeld
Kerstin Krausen, Fachärztin für Innere Medizin
Zentrum für Behindertenmedizin Mara
Schwerin, Mai 2015
Zentrum für Behindertenmedizin Mara
Schwerin, Mai 2015
Inhalte
1. Infrastruktur Stationäre Betten Apparative Diagnostik mögliche Untersuchungen und Konsilleistungen im
Krankenhausverbund 2. Ambulante Versorgung3. Akute Erkrankungen (Hauptdiagnosen)4. Patientenmerkmale5. Spezielle Probleme in der Diagnostik6. Fallbeispiele aus der Praxis in Mara
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Innere Medizin– 2 Stationen mit je 24 (27 aufstellbare) Betten– Zur Zeit im Um/Anbau
Chirurgie– 1 Station mit 18 Betten: als Schwerpunkt Unfallchirurgie geführt,
aber auch Allgemeinchirurgie, Wundversorgung, postoperative Versorgung,...
1. Infrastruktur – Stationäre Betten
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Ultraschall Echokardiographie Endoskopie Langzeit-EKG und – Blutdruckmessung Lungenfunktion Röntgenabteilung außerdem: Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie
1. Infrastruktur – Apparative Diagnostik
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Komplette radiologische/nuklearmedizinische Diagnostik (CT, MRT, Szintigraphie,...)
Urologie, Neurochirurgie, Neurologie, internistische Fachgebiete, Gefäßchirurgie, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Thoraxchirurgie, Psychiatrie, Gerontopsychiatrie
1. Infrastruktur – mögliche Untersuchungen und Konsilleistungen im Krankenhausverbund
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chirurgische und internistische Notfall-Ambulanz 24 Stunden an 365 Tagen
chirurgische Sprechstunde für die Ortschaft Bethel in Bielefeld
Methadonambulanz ermächtigte Institutsambulanz – ca. 85 Patienten
HIV-Ambulanz ermächtigte Institutsambulanz – ca. 190 Patienten
Radiologie für Schwerbehinderte KV-Ermächtigung, begrenzt
2. Ambulante Versorgung
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1 x in der Woche Sprechstunde durch niedergelassener Fachärzte folgender Disziplinen:
Orthopädie HNO Augen Haut Zahn/MKG
2. Ambulante Versorgung
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Atemwegserkrankungen (Lungenentzündung) Magen-Darmerkrankungen (Koprostase = Stuhlverhalt) Erbrechen, Unruhe, Zunahme von Verwirrtheit,
Nahrungsverweigerung, Änderung des Verhaltens– Angst– Weglauftendenz– „Non-Compliance“ – Schreien– Abwehren, Schlagen
Alkoholerkrankung Entgiftung Folgeschäden
3. Akute Erkrankungen (Hauptdiagnosen)
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Erschwerte Kommunikationbedeutet: erhöhter Aufwand bei Informationsbeschaffung und –weitergabe:Anamnese (Rückkopplung Einrichtung), Aufklärungen (gesetzlicheBetreuer!), Beratungen bei Entlassung
Abweichendes Verhalten z.B. Verweigerung der Untersuchungen, notwendiges Einzelzimmer
Schwere körperliche Einschränkungen z.B. schlechte periphere Venenverhältnisse, schwerste
Skelettdeformationen, besonderes Handling in der Pflege,Belastbarkeit eingeschränkt, erhöhter Transportaufwand
4. Patientenmerkmale
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Sedierung Oft Sedierung mit hoher Dosierung von Anästhetika erforderlich Manche Untersuchungen sind nur in Narkose möglich
Ergebnisqualität eingeschränkt mangelnde Mitarbeit (z.B. Belastungs-EKG, CT, Lufu) Luft im Darm Wirbelsäulendeformität, schwere Dysplasien
5. Spezielle Probleme in der Diagnostik
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Schwerin, Mai 2015
53jähriger, 1,95cm großer, mobiler Patient mit Autismus und schweren Verhaltensstörungen
Z.n. Aortenklappenersatz sowie Mitralklappenersatz 12/2012 - intravenöse Antibiotikagabe über 12 Wochen
Postoperativ septierter Pleuraerguß links - Thorakoskopie links mit Dekortikation und Talkumpleurodese
(Thoraxchirurgie EvKB Gilead)
Spondylodiszitis LWK ¾- konservatives Vorgehen
6. Fallbeispiele (1 von 3)
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Schwierigkeiten der stationären Versorgung:Einzelzimmer mit Sichtfenster in der Türe, leergeräumt bis auf das BettZeitlich streng geregelter TagesablaufMindestens eine leere Waschmittelflasche im ZimmerFür jeder i.v.-Antibiotika-Gabe (3-4xtgl) neuer peripherer Zugang und Anwesenheit durch eine PflegekraftUntersuchungen in Sedierung bzw. in Vollnarkose (MRT der LWS)
Dauer des Aufenthaltes (mit Unterbrechung für die operative Versorgung des Pleuraergusses): 17.12.2013-20.03.2014 (13 Wochen)
6. Fallbeispiele (1 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
46jähriger männlicher Patient mit Morbus Down
mit einer mittelgradigen Intelligenzminderung und beginnender Alzheimer-Demenz
Übernahme aus der Psychiatrie Lüdenscheid, dort seit knapp einer Woche wegen aggressivem Verhalten (biß, kratzte, spuckte)
somatische Ursache als Grund für das Verhalten sollte ausgeschlossen werden bzw. seit 6 Monaten vom Patienten immer mal wieder geäußerte Unterbauchbeschwerden abgeklärt werden
6. Fallbeispiele (2 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
Schwierigkeiten der stationären Versorgung:
- Unterbringungsbeschluss und Fixierungsbeschluss vom Amtsgericht Lüdenscheid
- Einzelzimmer mit Sichtfenster in der Türe
- Mindestens 2 Pflegekräfte waren zur Versorgung notwendig
- Untersuchungen nur in Sedierung möglich, einschließlich körperlicher Untersuchung
6. Fallbeispiele (2 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
Durchgeführte Untersuchungen:körperliche Untersuchung, Routine-Labor, EKG, Sonographie des Abdomens, Röntgen der Lunge und des Abdomens sowie Gastroskopie, Koloskopie und CT-Abdomen
Befunde: bis auf eine Ösophagitis Grad D (Schrei-, Spuck- und Würgeattacken) und vereinzelte reizlose Divertikel sowie röntgenologisch Spondylolisthesis Grad II LWS unauffällig
Auffallend in der täglichen klinischen Beobachtung: Pressen beim Urinieren und Polysakurie
6. Fallbeispiele (2 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
Urologische Vorstellung: TUR Prostata und Zystoskopie, anschließend unauffällige Miktion
orthopädische Vorstellung: aufgrund Spondylolisthesis
Patient erhielt entlordosierende Kreuzstützbandage, Physiotherapie lehnte er ab
Dauer des stationären Aufenthaltes: 14.11.2013-14.01.2014 (8Wochen)
6. Fallbeispiele (2 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
25jährige geistig behinderte Patientin mit hochgradiger Schwerhörigkeit (Hörgeräte beidseits), zeitweise Verhaltensauffälligkeiten
Problem: „internistischer Check-Up“
Ambulante Untersuchungen wegen massiver Abwehr nicht möglich
6. Fallbeispiele (3 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
Körperlicher Status und Routine-Labor, Urin-Status und Bakteriologie
Röntgen Lunge Abdomensonographie EKG Gynäkologische Untersuchung
Durchgeführte Untersuchungen (alle in Sedierung)
6. Fallbeispiele (3 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
2. stationärer Tag Versuch der Sedierung fehlgeschlagen (keine ausreichende Wirkung)
3. stationärer Tag Versuch der Sedierung mit doppelter Dosis, unter heftiger Abwehr gelang die Blutentnahme
4. stationärer Tag intravenöse Sedierung, dann Durchführung der restlichen Untersuchungen
Komplikationen:
6. Fallbeispiele (3 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
Eisenmangelanämie, Beginn einer Substitution Gynäkologische Untersuchung (bisher noch nie erfolgt) unauffällig
Dauer des stationären Aufenthaltes: 10Tage
Ergebnisse:
6. Fallbeispiele (3 von 3)
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Schwerin, Mai 2015
Pat. Alter „Maragrund“ Erkrankung Besonderheiten1 32 AIDS Pneumonie Russe, kein Deutsch
2 32 Drogenpsychose Entgleister Diabetes
Katastrophale Lebenssituation
3 51 Alkohol Entgiftung
4 43 Apallisch Erbrechen Komplexe Diagnostik
5 58 Persönlichkeits-störung, Anorexie
Pneumonie 32kg, verwahrlost
6 66 Epilepsie Pneumonie Protrahierter Verlauf1 Stunde fürs Essen
7 27 Schwerst behindert
PneumonieNierenabszess
Extrem aufwändig,Niere entfernt
Fallbeispiele
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Schwerin, Mai 2015
FallbeispielePat. Alter „Maragrund“ Erkrankung Besonderheiten8 60 Demenz, Chorea
HuntingtonErbrechen Muss beim Sondieren
festgehalten werden. Anpassung der Ernährung
9 68 Demenz Schwere pAVK Ehefrau überfordertHausärztin verunsichert
10 54 Alkohol Schwere COPD Raucht wie ein Schlot obwohl er keine Luft bekommt
11 55 AlkoholV.a. Chorea HuntingtonNoch zu Hause
Leberzirrhose Knochenbruch, Op, massiv Aszites, Leberfunktion extrem schlecht
12 79 Demenz Pneumonie Verlegung aus Gerontopsychiatrie
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Schwerin, Mai 2015
Pat. Alter „Maragrund“ Erkrankung Besonderheiten13 64 Geistige
BehinderungErbrechenV.a. Blutung Speiseröhre
in Krankenhaus ohne Erfahrung m. Behinderten aufgenommen
14 27 Schwerste körperliche Behinderung
Rezidiv. Pneumonie, Tracheostoma
Alle sind überfordert, Patient extrem schwierig
15 61 Demenz Entzündung Fuß Schreit die ganze Nacht
16 48 Paranoide Psychose
Gewichstabnahme Lebt bei Elternkein HausarztCT nur in Narkose
17 65 Geistige Behinderung
Pneumonie mit Empyem
Thoraxchirurg. EingriffMRSA
Fallbeispiele
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Schwerin, Mai 2015
... ist Zeit !!!
Was die Medizin mit behinderten Menschen unbedingt braucht ...
... und ein offenes multiprofessionelles Team (Ärzte, Pflege, Ergotherapie, Physiotherapie,
Logopädie,...) mit Erfahrung
... Leidenschaft, „Herz“ und Motivation
Zentrum für Behindertenmedizin Mara
Schwerin, Mai 2015
Kerstin Krausen, E-Mail: [email protected]
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit