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Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien von Beate Müller Einleitung Zensur ist ein »transepochales Kulturphänomen«. 1 Zensorische Kommunikationskontrolle erstreckt sich potentiell auf Musik und darstellende Kunst, auf Wissenschaft und Lehre, auf Literatur, Theater und Film, auf Printmedien, Hörfunk und Fernsehen kurzum, auf alle für ein Publikum bestimmten kommunikativen Äußerungen, ob schriftlicher oder mündlicher, visueller oder akustischer Natur. Je nach Definition von ›Zensur‹ sind selbst nicht-öffentliche soziale Interaktionen zwischen Menschen von zensurartigen Mechanismen geprägt. Hier zeigen sich schon Art und Ausmaß der Schwierigkeiten, mit denen die Zensurforschung konfrontiert ist: Erstens erfordert die Fülle der verschiedenen Epochen und Länder, in denen Zensur auftritt, kontextspezifische Analysen, deren Ergebnisse sich dann aber wiederum nur erschwert auf andere Kontexte übertragen und mit diesen vergleichen lassen. Die Stärke der auf einen konkreten historischen Rahmen, auf individuelle Zensurfälle bezogenen Untersuchung nämlich die Genauigkeit des Zugriffs auf historische Spezifika ist zugleich ihre Schwäche, weil die Gefahr besteht, dass die historische und/oder auf Einzelfälle bezogene Studie nicht direkt relevant ist für andere Kontexte und sich ihr Autor gar nicht erst die Mühe macht, die eigenen Ergebnisse in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Daher bleibt der Horizont insofern beschränkt, als der historische Zugriff die Sicht auf systematische, übergeordnete Relationen verstellen kann. Zweitens bedeutet die Tatsache, dass Zensur so viele unterschiedliche kommunikative Kontexte betreffen kann, dass der disziplinäre Hintergrund der Wissenschaftler, die sich mit Zensur auseinandersetzen, äußerst divers ist. Wo Musik zensiert wird, arbeiten Musikwissenschaftler über Musikzensur; Zensur in der darstellenden oder bildenden Kunst ruft Kunsthistoriker auf den Plan; wo Medien zensiert werden, engagieren sich Medienwissenschaftler; Literaturzensur wird von Literaturwissenschaftlern aufgearbeitet usw.; zudem engagieren sich Historiker, Politologen, Soziologen, Kulturwissenschaftler, Psychologen, Theologen und Juristen in verschiedenen Bereichen, in denen Zensur zutage tritt. Diese Polydisziplinarität der Zensurforschung klingt spannend, aber mancher schreckt auch »vor dem interdisziplinären Umfang des Gegenstandes zurück«, 2 welcher zudem Probleme des Wissenstransfers mit sich bringt, denn zum einen haben die genannten Einzeldisziplinen ihre eigenen epistemologischen Interessen, Konzepte und Traditionen, so dass der Austausch über Fachgrenzen hinweg konzeptionell schwierig sein kann; und zum anderen ist die Rezeption von Forschungsergebnissen oft primär fachspezifisch, so dass wichtige Beiträge aus Nachbardisziplinen nicht unbedingt zur Kenntnis genommen werden. Erdmann Weyrauch urteilt: »Die Disziplinen sind, was das 1 Reinhard Aulich: Elemente einer funktionalen Differenzierung der literarischen Zensur. In: Herbert G. Göpfert / Erdmann Weyrauch (Hrsg.): ›Unmoralisch an sich...‹: Zensur im 18. und 19. Jahrhundert. Wiesbaden: Harrassowitz 1988, S. 177230. (Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 13). 2 Dieter Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung. In: Göpfert / Weyrauch (Hrsg.): Unmoralisch an sich‹, S. 3760.
31

Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

Mar 04, 2023

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Emma Black
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Page 1: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

von

Beate Müller

Einleitung

Zensur ist ein »transepochales Kulturphänomen«.1 Zensorische Kommunikationskontrolle

erstreckt sich potentiell auf Musik und darstellende Kunst, auf Wissenschaft und Lehre, auf

Literatur, Theater und Film, auf Printmedien, Hörfunk und Fernsehen – kurzum, auf alle für

ein Publikum bestimmten kommunikativen Äußerungen, ob schriftlicher oder mündlicher,

visueller oder akustischer Natur. Je nach Definition von ›Zensur‹ sind selbst nicht-öffentliche

soziale Interaktionen zwischen Menschen von zensurartigen Mechanismen geprägt.

Hier zeigen sich schon Art und Ausmaß der Schwierigkeiten, mit denen die

Zensurforschung konfrontiert ist: Erstens erfordert die Fülle der verschiedenen Epochen und

Länder, in denen Zensur auftritt, kontextspezifische Analysen, deren Ergebnisse sich dann

aber wiederum nur erschwert auf andere Kontexte übertragen und mit diesen vergleichen

lassen. Die Stärke der auf einen konkreten historischen Rahmen, auf individuelle Zensurfälle

bezogenen Untersuchung – nämlich die Genauigkeit des Zugriffs auf historische Spezifika –

ist zugleich ihre Schwäche, weil die Gefahr besteht, dass die historische und/oder auf

Einzelfälle bezogene Studie nicht direkt relevant ist für andere Kontexte und sich ihr Autor

gar nicht erst die Mühe macht, die eigenen Ergebnisse in einen größeren Zusammenhang zu

stellen. Daher bleibt der Horizont insofern beschränkt, als der historische Zugriff die Sicht auf

systematische, übergeordnete Relationen verstellen kann. Zweitens bedeutet die Tatsache,

dass Zensur so viele unterschiedliche kommunikative Kontexte betreffen kann, dass der

disziplinäre Hintergrund der Wissenschaftler, die sich mit Zensur auseinandersetzen, äußerst

divers ist. Wo Musik zensiert wird, arbeiten Musikwissenschaftler über Musikzensur; Zensur

in der darstellenden oder bildenden Kunst ruft Kunsthistoriker auf den Plan; wo Medien

zensiert werden, engagieren sich Medienwissenschaftler; Literaturzensur wird von

Literaturwissenschaftlern aufgearbeitet usw.; zudem engagieren sich Historiker, Politologen,

Soziologen, Kulturwissenschaftler, Psychologen, Theologen und Juristen in verschiedenen

Bereichen, in denen Zensur zutage tritt. Diese Polydisziplinarität der Zensurforschung klingt

spannend, aber mancher schreckt auch »vor dem interdisziplinären Umfang des Gegenstandes

zurück«,2 welcher zudem Probleme des Wissenstransfers mit sich bringt, denn zum einen

haben die genannten Einzeldisziplinen ihre eigenen epistemologischen Interessen, Konzepte

und Traditionen, so dass der Austausch über Fachgrenzen hinweg konzeptionell schwierig

sein kann; und zum anderen ist die Rezeption von Forschungsergebnissen oft primär

fachspezifisch, so dass wichtige Beiträge aus Nachbardisziplinen nicht unbedingt zur

Kenntnis genommen werden. Erdmann Weyrauch urteilt: »Die Disziplinen sind, was das

1 Reinhard Aulich: Elemente einer funktionalen Differenzierung der literarischen Zensur. In: Herbert G. Göpfert

/ Erdmann Weyrauch (Hrsg.): ›Unmoralisch an sich...‹: Zensur im 18. und 19. Jahrhundert. Wiesbaden:

Harrassowitz 1988, S. 177–230. (Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 13). 2 Dieter Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung. In: Göpfert / Weyrauch (Hrsg.): ›Unmoralisch an

sich‹, S. 37–60.

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2

Studium der Zensur anbelangt, alles in allem, auf ihren angestammten Kathedern geblieben.«3

Außerdem wirken sich – wie bei anderen Forschungsgebieten auch – Sprachbarrieren

nachteilig auf den wissenschaftlichen Austausch aus. Drittens – und dies ist m.E. das

wichtigste Problem der Zensurforschung – ist man sich nicht allenthalben einig darüber, was

nun den eigenen Gegenstandsbereich eigentlich ausmacht: »in the realm of theory, there

seems no longer to be any consensus about what censorship is«, befindet Sophia Rosenfeld.4

Ergo variieren Definitionen und Konzepte von Zensur, weshalb der eine als ›Zensur‹

bezeichnet und untersucht, was für den anderen gar keine ist und deshalb auch keiner

wissenschaftlichen Betrachtung bedarf. Daher gibt es auch keine generell etablierten

Paradigmen und akzeptierten analytischen Instrumentarien für die Arbeit an der Zensur.

Angesichts der ideologischen, epistemologischen ebenso wie methodischen

Divergenzen, die sich hier offenbaren, sollte man meinen, in der Zensurforschung würden

heftige Grundsatzdebatten geführt. Dem ist aber nicht so. Die historisch geneigten

Pragmatiker überlassen die querelle den Theoretikern, und diese jenen das weite Feld der

Fakten und Details. In einem Gebiet, in dem noch nicht einmal Konsens über den eigentlichen

Gegenstandsbereich besteht, käme es jedoch ganz besonders auf gründliche, einzelfall- und

epochenübergreifende Methodenreflexion an. Dieser Beitrag konzentriert sich daher nicht auf

die Zensurgeschichte in deutschen Landen, nicht in erster Linie auf Einzelfall- und

epochenbezogene Studien, sondern auf einen systematischen Überblick über die

Forschungslandschaft zur Zensur mit besonderer Berücksichtigung solcher Arbeiten, die die

Forschung methodisch bereichert haben oder sie bereichern könnten. Die Bibliographie ist

nicht enzyklopädisch, sondern exemplarisch angelegt – notgedrungen, denn wer in der

Deutschen Nationalbibliografie online das Stichwort ›Zensur‹ eingibt, erhält mehr als 700

Einträge; grenzt man die Suche auf Publikationen nach 1985 ein, sind es noch fast 400, und

nur ein kleinerer Teil davon bezieht sich auf die Notengebung und ist hier ergo irrelevant.5 Da

es in diesem Sammelband um neuere Entwicklungen der letzten 20 bis 25 Jahre gehen soll,

werde ich auf ältere Publikationen nur eingehen, wenn sie richtungweisend für die Forschung

gewesen sind. Ausdrücklich möchte ich deshalb auf die zahlreichen Lektürehinweise

aufmerksam machen, die sich in Klaus Kanzogs Standardartikel zur Zensur im Reallexikon

von 1984 sowie in einem Aufsatz von Dieter Breuer zur Zensurforschung von 1988 finden;

für den angelsächsischen Sprachraum ist Frank Hoffmanns kommentierte Bibliographie von

1989 hilfreich.6 Ich werde auch Beiträge nicht-germanistischer Provenienz vorstellen, weil

viele der interessantesten und vielversprechendsten Ansätze in der jüngeren Vergangenheit

nicht aus dem deutschsprachigen, sondern dem angelsächsischen und französischen Raum

kommen: Neben der Systemtheorie können hier schon die Kanonforschung, der

amerikanische ›New Censorship‹, Pierre Bourdieus Feldtheorie und Michel Foucaults

machtphilosophische und diskursanalytische Überlegungen als Hauptimpulsgeber identifiziert

werden.

3 Erdmann Weyrauch: Zensur-Forschung. In: Werner Arnold / Wolfgang Dittrich / Bernhard Zeller (Hrsg.): Die

Erforschung der Buch- und Bibliotheksgeschichte in Deutschland. Wiesbaden: Harrassowitz

1987, S. 475-484. Hier S. 476. 4 Sophia Rosenfeld: Writing the History of Censorship in the Age of Enlightenment. In: Daniel Gordon (Hrsg.):

Postmodernism and the Enlightenment. New Perspectives in 18th Century French Intellectual History.

London: Routledge 2001, S. 117-145. Hier S. 117. 5 Deutsche Nationalbibliothek: http://www.d-nb.de/. [5.12.2007].

6 Klaus Kanzog: Zensur, literarische. In: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Hrsg. v. Klaus Kanzog /

Achim Masser. 2. Aufl. Berlin, New York: de Gruyter 1984, Bd. 4, S. 998–1049. Breuer: Stand und

Aufgaben der Zensurforschung. Frank Hoffmann: Intellectual Freedom and Censorship. An Annotated

Bibliography. Metuchen/NJ, London: Scarecrow 1989.

Page 3: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

3

Geschichte und Landschaft der Zensurforschung

Die Zensurforschung ist – zumindest im deutschsprachigen Raum – bedeutend jünger als ihr

Gegenstand. Mitte des 19. Jahrhunderts waren es zunächst Historiker und Literaturhistoriker,

die sich mit der Zensur, und zwar vor allem mit Literaturzensur und Pressepolitik,

auseinandersetzten.7 Im Zuge des fin de siècle rückten skandalträchtige Zensurfälle und damit

einhergehende öffentliche Diskussionen um Kunstfreiheit, wie sie sich beispielsweise an den

umstrittenen Aufführungen von Gerhart Hauptmanns Die Weber oder von Arthur Schnitzlers

Der Reigen entzündeten, die Zensur stärker ins allgemeine Bewußtsein.8 Weyrauch

konstatiert, »daß eine wissenschaftlich betriebene Zensurforschung erst zum Ende des letzten

Jahrhunderts eingesetzt hat.«9 Er gliedert die historische Zensurwissenschaft in drei

Abschnitte:

Wir unterscheiden 1. den Beginn der wissenschaftlichen Zensurgeschichtsforschung in

der Geschichte des deutschen Buchhandels von Friedrich Kapp und Johann

Goldfriedrich; 2. eine Phase der populärwissenschaftlichen Ausbreitung umfassender

Materialien und Abhandlungen zur Zensurgeschichte und einzelnen Zensurfällen, vor

allem durch Heinrich Hubert Houben, sowie schließlich 3. das Einsetzen der modernen,

systematischen Zensurgeschichtsschreibung und -forschung mit teilweise

interdisziplinären Forschungs- und Analyseansätzen. Wollte man diese drei Phasen

zeitlich fixieren, ergäben sich folgende Abschnitte: ca. 1870-1914;

1918-1940; ca. 1960ff.10

Impulsgebend für die germanistische Zensurforschung waren die überwiegend in den 1920er

Jahren verlegten Bücher von Heinrich Hubert Houben - Kanzog urteilt: »Das Interesse an

Einzelfällen und die Neigung zur anekdotischen Darstellung blieben nach Houbens Vorbild

überhaupt ein Kennzeichen der Z.forschung.«11

Dieser Einschätzung kann heute jedoch nur

noch bedingt zugestimmt werden. Zwar ist es richtig, dass viele Publikationen zur Zensur sich

nach wie vor der Aufarbeitung konkreter Zensurfälle verschreiben, und eine Tendenz zur

Nacherzählung rekonstruierter Abläufe kann nicht geleugnet werden.12

Daneben gibt es

jedoch – vor allem seit den 1980er Jahren – andere Entwicklungen.

7 Wolfram Siemann: Normenwandel auf dem Weg zur ›modernen‹ Zensur. Zwischen ›Aufklärungspolizei‹,

Literaturkritik und politischer Repression (1789–1848). In: Zensur und Kultur. Zwischen Weimarer Klassik

und Weimarer Republik. Hrsg. v. John A. McCarthy / Werner von der Ohe. Tübingen: Niemeyer 1995

(Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 51), S. 63–86. Hier S. 63. 8 Zum juristischen Hintergrund der Berliner Weber-Aufführung vgl. Hans Schwab-Felisch / Wolf Jobst Siedler

(Hrsg.): Gerhart Hauptmann: Die Weber. Vollständiger Text des Schauspiels; Dokumentation. Frankfurt/M.;

Berlin: Ullstein 1989 (Ullstein-Buch 3901). Zum Reigen-Prozeß von 1921 vgl. Alfred Pfoser / Kristina

Pfoser-Schewig / Gerhard Renner: Schnitzlers Reigen. Zehn Dialoge und ihre Skandalgeschichte; Analysen

und Dokumente. 2 Bde. Frankfurt/M.: Fischer 1993 (Fischer TB 10894). 9 Weyrauch: Zensur-Forschung, S. 476.

10 Weyrauch, S. 476f.

11 Kanzog: Zensur, literarische, S. 1003. Die wichtigsten Publikationen von Houben sind: Hier Zensur – wer

dort?; ders.: Der gefesselte Biedermeier; ders.: Verbotene Literatur von der klassischen Zeit bis zur

Gegenwart; ders.: Der ewige Zensor. Näheres zu Houbens Forschungen s. Weyrauch: Zensur-

Forschung, S. 479f., sowie Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung, S. 40-43. 12

Vor allem am eher populärwissenschaftlich-journalistischen Ende des Spektrums, wo aneinander gereihte

exemplarische Zensurfälle Autorenschicksale in den Vordergrund stellen und weiterreichende Analysen

unterlassen; vgl. z.B. Jürgen Serke: Die verbrannten Dichter. Lebensgeschichten und Dokumente. Erw.

Neuausg. Weinheim, Basel: Beltz 1992 [1977]; Hans J. Schütz: Verbotene Bücher. Eine Geschichte der

Zensur von Homer bis Henry Miller. München: Beck 1990. (Beck'sche Reihe 415); Jörg-Dieter Kogel

(Hrsg.): Schriftsteller vor Gericht. Verfolgte Literatur in vier Jahrhunderten. Zwanzig Essays. Frankfurt/M.:

Suhrkamp 1996. (Suhrkamp Taschenbuch 2528); Frank Schäfer: Zensierte Bücher. Verbotene Literatur von

Fanny Hill bis American Psycho. Erftstadt: Area 2007.

Page 4: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

4

Zum einen hat vor allem die deutsche Zensurforschung Auftrieb bekommen durch die

Fülle an Materialien, die nach dem Fall der Mauer zugänglich wurde. Das Interesse an der

Zensur in der DDR paßt zunächst einmal zur Vorliebe von Zensurforschern für eher

repressive politische Kontexte wie dem Vormärz oder dem Wilhelminischen Kaiserreich.13

In

solchen Kontexten tritt die Zensur besonders deutlich zutage, weshalb ihre Erforschung hier

besonders ergiebig ist. Darüber hinaus aber sorgte das starke politische und öffentliche

Interesse an der Aufarbeitung von DDR-Geschichte dafür, dass sich die Reihen der etablierten

Zensurforscher erweiterten und dass neue, bisher unerprobte Zugänge zum Thema zu einer

Neubelebung der Disziplin führten. Hinzu kommt eine generelle Tendenzwende: Was für die

geisteswissenschaftliche Debatte in den 1960er Jahren die Hinwendung zum Leser und zur

Rezeptionsästhetik sowie kurz darauf zu geschlechtsspezifischen Fragestellungen war, leistet

gegenwärtig der medien- und kulturwissenschaftliche turn,14

nämlich Erkenntnisgewinn durch

Perspektiverweiterung. Wo bis noch vor wenigen Jahren fast ausschließlich literaturhistorisch

an der Zensur gearbeitet wurde, zeigt ein Blick in rezentere Publikationen eine Zunahme an

Untersuchungen, deren Zugriff nicht nur entweder regional oder temporal begrenzt, nicht nur

auf einzelne Autoren beschränkt ist, sondern sich durch die Anwendung von (zumindest für

die Zensurforschung) neuen methodischen Mitteln auf spezifische Aspekte der Zensur

auszeichnet. Die Hauptsparten, denen sich die neueren, hier im Vordergrund stehenden

Beiträge zur Zensur zuordnen lassen, ergeben sich sowohl thematisch, d.h. aus dem

untersuchten Kontext bzw. Gegenstand, als auch aus der Methodik. In der Zensurforschung

dominieren folgende Problemkomplexe und Themen: Typologien von Zensur (Vor- und

Nachzensur, Selbstzensur, zensierte Bereiche oder Gattungen, Motivationen und Argumente

der Zensoren als Klassifikationsmerkmal), Zensurdefinitionen, Geschichte der Zensur in

einem bestimmten Land oder einer bestimmten historischen Epoche, konkrete Einzelfälle

zensorischer Eingriffe, Zensur und Nachbarphänomene (Kanon, freiwillige Selbstkontrolle),

Ästhetik der Zensur, Anwendung diverser Theorien auf die Zensur (Psychologie,

Diskursanalyse, Machttheorien, Feld-Theorie).

Empirisch-historische Zensurforschung: Zensurgeschichten

Die Zensur ist ein »historischer Gegenstand«,15

weshalb auch ein Großteil der

wissenschaftlichen Zensurforschung empirisch-historischen Charakter hat. Die Leistungen der

so orientierten Zensurforschung sind beträchtlich: Zu wichtigen Epochen und politischen

Kontexten gibt es sowohl überblicksartige als auch detail- und einzelfallorientierte Studien,

die – oft unter Auswertung unveröffentlichter Quellen – Zensurgeschichte aufarbeiten.

Insgesamt gesehen setzt sich das Gros der Forschung mit der Zensur im modernen deutschen

Kulturraum ab dem 18. Jahrhundert auseinander. Versuche, Zensurgeschichte über große

Zeiträume hinweg zusammenhängend darzustellen, sind dabei aber selten; sie tendieren – dies

typisch für die deutschsprachige Zensurforschung überhaupt – zudem dazu, sich auf die

Entwicklung der Literaturzensur zu konzentrieren.

Zwei solcher literaturbezogener, epochenübergreifender Zensurgeschichten, die im

Abstand von fast 25 Jahren erschienen sind, seien kurz miteinander verglichen, um

13

Breuer konstatierte 1988, also kurz vor dem Ende der DDR: »Bevorzugte Epochen sind die theresianische und

josephinische Zeit, die Zeit nach dem Zusammenbruch des Alten Reiches, insbesondere die Zeit des

Vormärz, die Zeit nach 1848 [...], die Wilhelminische Ära, das Hitler-Regime, die Nachkriegszeit im Bereich

der Bundesrepublik Deutschland.« Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung, S. 49. (Auszeichnung

im Original.) 14

Dazu Plachta: »In den letzten Jahren ist Zensur verstärkt aus einer medienhistorischen und

kulturwissenschaftlichen Perspektive betrachtet worden.« Plachta: Zensur. Ditzingen: Reclam 2006. (Reclam

UB 17660), S. 11. 15

Weyrauch: Zensur-Forschung, S. 475.

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5

Konstanten und Varianten im Ansatz zu demonstrieren: Dieter Breuers Geschichte der

literarischen Zensur in Deutschland (1982) und Bodo Plachtas Buch Zensur (2006).16

Breuers Band deckt eine historische Spanne von der Erfindung des Buchdrucks bis zur

(alten) Bundesrepublik ab. Im Einleitungskapitel, das der Klärung des Zensurbegriffs dient,

werden einige zentrale Merkmale der Zensur herausgestellt. So betont Breuer die Bedeutung

gesellschaftlicher Normen und ihres Wandels für die Zensurgeschichte, insofern als die

Zensur religiöse, moralische oder politische Normen zu wahren sucht und entsprechend

argumentiert. Für Breuer stellt der normkritische, »antithetische Charakter von Poesie« eine

Konstante in der Zensurgeschichte dar, weshalb Literaturgeschichte als Zensurgeschichte

begreifbar werde; ferner sieht Breuer Medien- und Zensurgeschichte dadurch verbunden,

»daß die Entwicklung der Kontrollinstitutionen der Entwicklung der Medien folgt.«17

Breite

Berücksichtigung findet Ulla Ottos Monographie Die literarische Zensur als Problem der

Soziologie der Politik, der Breuer Zensurdefinitionen, Klassifikationen von Argumenten der

Zensur sowie Differenzierungen zwischen verschiedenen Formen von Zensur entlehnt.18

Nach

einigen eher spekulativen Äußerungen zur Wirkung der Zensur hebt Breuer abschließend die

Besonderheit deutscher Kleinstaaterei hervor, was sich auf die Zensur entschieden ausgewirkt

habe: territoriale Divergenzen bei relativer Machtlosigkeit auf übergeordneter Ebene, ein

Nebeneinander punktueller Zensur und systematischer Verfolgung. Eine gründliche

Auseinandersetzung mit der Zensurforschung erfolgt nicht. Die genannten Zensurmerkmale

kommen im Hauptteil des Buches verschiedentlich wieder zur Sprache, allerdings ohne dass

die Kerngedanken der Einleitung zu Paradigmen der Analyse würden oder dass andere

entwickelt würden. In 38 meist ganz kurzen, chronologisch angeordneten Kapiteln werden im

Wechsel zwischen historisch-politischen Entwicklungen und Einzelbeispielen zensorische

Kommunikationskontrollen in deutschen Landen aufgezeigt, die hier nicht im einzelnen

nachgezeichnet werden können. Zu kritisieren ist Breuers erzählender Duktus, der eine klare

Argumentationsstruktur ersetzt und den Blick auf Ergebnisse erschwert, auch deswegen, weil

alle Abschnitte aneinandergereiht statt in hierarchische Verhältnisse bzw. thematisch

zusammenhängende Kapitel geordnet werden. Die jedem Abschnitt folgenden

Literaturangaben sind eher spärlich und (heute) größtenteils veraltet – die meisten stammen

aus den 1960er und 1970er Jahren, teils sind sie jedoch noch beträchtlich älter. Insgesamt

ergibt sich ein oft verwirrendes Bild territorial bedingter Varianten und ortsgebundener

Komplexitäten. Breuer bemüht sich, aus konkreten Beispielen auch für andere Kontexte

relevante Beobachtungen abzuleiten, doch bleiben diese Brückenschläge zu oft

Behauptungen, die in historischen Details untergehen.

Auch Plachta stellt zunächst einige grundsätzliche Überlegungen zur Zensur an. Die

Wort- und Begriffsgeschichte bildet den Auftakt, gefolgt von knappen Ausführungen zu

verschiedenen Definitionsversuchen aus psychologischer, soziologischer, juristischer und

literaturhistorischer Sicht. Vorsichtig plädiert er (hierin Petersen folgend) für ein »erweitertes

Verständnis von Zensur als ›Kommunikationsbehinderung‹«.19

In Übereinstimmung mit

Grundfesten der Forschung unterscheidet Plachta drei Grundformen von Zensur: formelle und

informelle Zensur sowie Selbstzensur; er macht ferner darauf aufmerksam, dass Träger von

Zensur entsprechende Machtbefugnisse haben müssen zur Ausübung zensorischer Kontrolle.

Plachta übernimmt Aulichs triadisches Modell zensorischer Handlungen, das zwischen

Zensur zur Kontrolle der Genese von Literatur, zur Kontrolle literarischer Distribution und

16

Dieter Breuer: Geschichte der literarischen Zensur in Deutschland. Heidelberg: Quelle und Meyer 1982. (Uni-

Taschenbücher 1208). Plachta: Zensur. 17

Breuer: Geschichte der literarischen Zensur in Deutschland, S. 14. 18

Ulla Otto: Die literarische Zensur als Problem der Soziologie der Politik. Stuttgart: Enke 1968. (Bonner

Beiträge zur Soziologie 3). 19

Plachta: Zensur, S. 18. – Gemeint ist Klaus Petersen: Zensur in der Weimarer Republik. Stuttgart, Weimar:

Metzler 1995.

Page 6: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

6

zur Kontrolle literarischer Diffusion differenziert,20

ein Modell, dessen besonderen Vorzug

Plachta darin sieht, dass sich mit diesen Kategorien auch die zensorischen

»Argumentationsmuster und -strategien systematisieren« ließen, »die als religiöse, moralische

und politische Paradigmen wie Gotteslästerung, Verleumdung, Sittenlosigkeit, Hochverrat,

Häresie und Obszönität im Kontext jeweils aktueller Rechtsnormen in Erscheinung treten«

und »auch spezifischen Zensurträgern zugeordnet werden« könnten.21

Mit der Aussage,

Zensur widerspräche pluralistischen Gesellschaftsprinzipien und sei »nur im Kontext von

Normenkontrolle und Normenwandel adäquat zu betrachten«,22

pflichtet Plachta

weitverbreiteten Ansichten über die Zensur bei. Er unterscheidet drei Erscheinungsformen

von Zensur: erstens das Prinzip des Bücherverbots, wie es sich im Index librorum

prohibitorum und den tridentinischen Indexregeln manifestiert, zweitens die Inquisition und

drittens die Bücherverbrennung. Inwiefern diese Zensurformen mit Aulichs Modell in

Verbindung zu bringen wären, diskutiert Plachta jedoch nicht. Der historische Teil des

Buches setzt ein mit den Kontrollen, die nach der Erfindung des Buchdrucks eingesetzt

wurden, skizziert wesentliche Aspekte der Zensur im Zeitalter der Aufklärung, während der

Französischen Revolution und der Restauration, des Deutschen Bundes nach 1848, dem

Wilhelminischen Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem nationalsozialistischen

Deutschland sowie den beiden deutschen Staaten nach 1945. Im Gegensatz zu Breuer räumt

Plachta den großen, deutlich identifizierten Entwicklungslinien der Zensurgeschichte Priorität

ein und benutzt Einzelfälle nur, um die erläuterte Historie zu veranschaulichen. Das Ergebnis

ist ein sehr lesbares und informatives Buch, das eine ganze Reihe von Forschungsbeiträgen

referierend verarbeitet – jedoch leider ohne selbst in der Auseinandersetzung mit dem state of

the art neues Wissen zu produzieren oder auch nur wirklich neue Perspektiven auf

Altbekanntes anzubieten: Die Geschichte der Zensur im Alten Reich als eine der

Verschiebung von kirchlichen zu staatlichen Zensurträgern, von der Bekämpfung von Häresie

zur Instrumentalisierung zensorischer Kontrolle zwecks Aufrechterhaltung der Staatsräson zu

beschreiben, ist schließlich kein Novum, sondern schon bei Breuer (und andernorts) verbürgt.

Originalität ist aber legitimerweise auch gar nicht Ziel und Anliegen der

Zensurgeschichten von Plachta und Breuer. Das Zerfallen historischer Studien zur Zensur in

einen knappen theoretischen und einen geschichtlichen, eher auf Information denn Innovation

angelegten Hauptteil ist Standard in empirisch-historisch orientierter Zensurforschung und

spiegelt das Erkenntnisinteresse der Autoren.

Plachta bezeichnet eine umfassende Geschichte der Zensur in deutschen Landen als

wissenschaftliches Desiderat.23

Angesichts der offenkundigen Darstellungsprobleme, die

auftreten, wenn eine umfassende Zensurgeschichte geschrieben werden soll, von der

unübersehbaren Fülle einzelner Zensurfälle über die viele Jahrhunderte umfassende

Zeitspanne im noch dazu lange Zeit territorial zersplitterten deutschsprachigen Kulturraum,

bis hin zur Vielzahl potentiell relevanter Untersuchungsperspektiven und thematischer

Schwerpunkte, ist zweifelhaft, ob ein solches Mammutunterfangen je in befriedigender Weise

wird realisiert werden können. Realistischer ist das, was die gegenwärtige Zensurforschung

ohnehin schon betreibt: die Aufarbeitung kleinerer Stücke vom großen Kuchen, ob die

Beschränkung nun epochen-, regionen- oder themenspezifisch ist.

Bandbreite der empirisch-historischen Forschungsliteratur

20

S. Aulich: Elemente einer funktionalen Differenzierung der literarischen Zensur, S. 215-217. 21

Plachta: Zensur, S. 24. 22

Plachta, S. 25f. 23

Plachta, S. 11.

Page 7: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

7

Es kann hier nicht darum gehen, eine ausführliche Bibliographie einschlägiger Publikationen

zu liefern; vielmehr möchte ich im Folgenden einige Beispiele für Monographien anführen,

die in den letzten rund 20 Jahren erschienen sind und die mir geeignet erscheinen, die

Bandbreite zensorischer Untersuchungen zu demonstrieren.

Zur Zensur im Alten Reich habe ich keine den ganzen Zeitraum umfassenden Studien

gefunden; kürzere Zeiträume und enger definierte Kontexte behandeln beispielsweise die

Arbeiten von Agatha Kobuch, Wolfgang Wüst, Thomas Sirges und Ingeborg Müller.24

Speziell zum 18. Jahrhundert hat Bodo Plachta Bahnbrechendes geleistet, weil er nicht nur

regional (Zensur auf Reichsebene, in Österreich und in Preußen), sondern auch gattungs- und

institutionengeschichtlich forscht (Theaterzensur, Zensur von Leihbibliotheken und

Lesegesellschaften) sowie auch zeitgenössische Debatten um die Pressefreiheit erörtert.25

Den

gut erforschten Zensurverhältnissen des Vormärz, von Breuer als »eine Art Paradigma der

Zensur in Deutschland« bezeichnet,26

gehen beispielsweise Edda Ziegler und Hubert Wolf

zusammen mit Wolfgang Schopf nach.27

Während Ziegler mit ihren Dokumenten und

Ausführungen zur Pressefreiheit, zur Zensurgesetzgebung und -praxis sowie zu

widerständigem Verhalten von Buchhandel und Schriftstellern die Steuerungsmechanismen in

den Anfängen der modernen Literaturgesellschaft aufdeckt, konzentrieren sich Wolf und

Schopf auf Heine als Beispiel für die enge Zusammenarbeit des Metternichschen Österreich

und der römischen Kurie im Kampf gegen revolutionäres Gedankengut. Für die Weimarer

Republik ist Klaus Petersens Monographie zu nennen, in der die Zensur aller wichtigen

Medien der Zeit in ihrem sozial- und mentalitätsgeschichtlichen Kontext untersucht wird.28

Zur Musikzensur unter dem Hakenkreuz arbeiten Michael Meyer und Erik Levi; von den

anläßlich des 50. Jahrestags der Bücherverbrennung erschienenen Werken sei lediglich auf

den Ausstellungskatalog der Akademie der Künste hingewiesen.29

Lange Zeit nicht sehr

beachtet wurde die unmittelbare Nachkriegszeit unter den Alliierten; hier haben David Pike

und Peter Strunk für Abhilfe gesorgt, allerdings beide mit Bezug auf die sowjetische

Besatzungsmacht.30

Die meisten neueren Publikationen beziehen sich auf zensorische

Verhältnisse in der DDR. Standardwerke zum Thema sind diejenigen von Simone Barck,

Martina Langermann und Siegfried Lokatis, David Bathrick und Joachim Walther.31

Der

24

Agatha Kobuch: Zensur und Aufklärung in Kursachsen. Ideologische Strömungen und politische Meinungen

zur Zeit der sächsisch-polnischen Union (1697-1763). Weimar: Böhlau 1988. (Schriftenreihe des

Staatsarchivs Dresden 12); Wolfgang Wüst: Censur als Stütze von Staat und Kirche in der Frühmoderne.

Augsburg, Bayern, Kurmainz und Württemberg im Vergleich. Einführung, Zeittafel, Dokumente. München:

Vögel 1998; Thomas Sirges / Ingeborg Müller: Zensur in Marburg 1538-1832. Eine lokalgeschichtliche

Studie zum Bücher- und Pressewesen. Marburg: Presseamt 1984. (Marburger Stadtschriften zur Geschichte

und Kultur 12). 25

Bodo Plachta: Damnatur – Toleratur – Admittitur. Studien und Dokumente zur literarischen Zensur im 18.

Jahrhundert. Tübingen: Niemeyer 1994. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 43). 26

Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung, S. 49. 27

Edda Ziegler: Literarische Zensur in Deutschland 1819-1848. Materialien, Kommentare. 2. Aufl. München:

Allitera 2006. [München: Hanser 1983]. Hubert Wolf / Wolfgang Schopf: Die Macht der Zensur. Heinrich

Heine auf dem Index. Düsseldorf: Patmos 1998. 28

Petersen: Zensur in der Weimarer Republik. 29

Michael Meyer: The Politics of Music in the Third Reich. New York: Lang 1993; Erik Levi: Music in the

Third Reich. New York: St Martin's Press 1994; ›Das war ein Vorspiel nur ...‹. Bücherverbrennung

Deutschland 1933: Voraussetzungen und Folgen. Ausstellung der Akademie der Künste vom 8. Mai bis

3. Juli 1983. Berlin, Wien: Medusa 1983. 30

David Pike: The Politics of Culture in Soviet-Occupied Germany, 1945-1949. Stanford, CA: Stanford

University Press 1992; Peter Strunk: Zensur und Zensoren. Medienkontrolle und Propagandapolitik unter

sowjetischer Besatzungsherrschaft in Deutschland. Berlin: Akademie Verlag 1996. (edition bildung und

wissenschaft 2). 31

Simone Barck / Martina Langermann / Siegfried Lokatis: ›Jedes Buch ein Abenteuer‹. Zensur-System und

literarische Öffentlichkeit in der DDR bis Ende der sechziger Jahre. Berlin: Akademie Verlag 1997.

(Zeithistorische Studien 9); Siegfried Lokatis: Die Zensur- und Publikationspraxis in der DDR. In:

Materialien der Enquete-Kommission ›Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen

Page 8: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

8

Bundesrepublik widmen sich Silke Buschmann sowie Michael Kienzle und Dirk Mende, der

Ära Adenauer Stephan Buchloh.32

Zu den wissenschaftlich interessanten rezenten Aufsatzsammlungen zur Zensur im

modernen deutschsprachigen Kulturraum gehört Zensur und Selbstzensur in der Literatur von

Peter Brockmeier und Gerhard R. Kaiser: Der Band ist deshalb bemerkenswert, weil er – trotz

seines auf die Literatur verweisenden Titels – insofern über den eigenen Tellerrand

hinwegschaut, als er auch Beiträge zur Zensur in Musik und Malerei sowie einen sehr

informativen Grundsatzartikel eines Juristen (Ridder) zum Zensurverbot des Grundgesetzes

enthält; zudem erweitern Kapitel zur Zensur unter Stalin, in Lateinamerika und Frankreich das

Spektrum, und mehrere Autoren setzen sich mit verschiedenen Aspekten von Selbstzensur

auseinander.33

Auch John A. McCarthy und Werner von der Ohe haben eine interdisziplinäre

Mischung von Aufsätzen vorgelegt, in denen neben traditionellen Fallstudien beispielsweise

auch die ansonsten oft sehr vernachlässigte Frage von Zensur und Geschlechterverhältnissen

oder die Zensur des Bildes in Kunst, Film und Presse thematisiert werden.34

In Herbert

G. Göpferts und Erdmann Weyrauchs ›Unmoralisch an sich...‹ stehen historisch sowie auch

thematisch ausgerichtete Beiträge zur Zensur im 18. und 19. Jahrhundert neben

übergreifenden, theoretisch orientierten.35

In Beate Müllers Aufsatzsammlung finden sich

neben Aufsätzen zur Literaturzensur auch solche zur re-education im deutschen Theater nach

1945, zur Ballettzensur oder zum politischen Kabarett in der DDR.36

Ferner sei auf den Band

Zensur im Jahrhundert der Aufklärung von Wilhelm Haefs und York-Gothart Mix

hingewiesen.37

Wertet man rezentere Publikationen zur Zensur thematisch aus, ergibt sich eine

Verschiebung: Wo früher vor allem die Literaturzensur und die Pressefreiheit im Vordergrund

des Interesses gestanden haben (und natürlich auch immer noch häufig

Untersuchungsgegenstand sind), erscheinen mittlerweile viele Studien zur Filmzensur, zur

Musikzensur, zur Zensur im Kontext der neuen Medien (Internet), zu rechtlichen Fragen

zensorischer Praxis und auch – seit der Öffnung der Archive des Vatikan – zur Zensur der

katholischen Kirche.38

Einheit.‹ (13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages.) Hrsg. vom Deutschen Bundestag. Bd. IV/2:

Bildung, Wissenschaft, Kultur. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1999, S. 1248-1304. David Bathrick: The Powers of

Speech. The Politics of Culture in the GDR. Lincoln: University of Nebraska Press 1995; Joachim Walther:

Sicherungsbereich Literatur. Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik.

Berlin: Ullstein 1999 [1996]. 32

Silke Buschmann: Literarische Zensur in der BRD nach 1945. Frankfurt/M.: Lang,1997. (Gießener Arbeiten

zur Neueren Deutschen Literatur und Literaturwissenschaft 17). Michael Kienzle / Dirk Mende (Hrsg.):

Zensur in der Bundesrepublik. Fakten und Analysen. Neu bearbeitete Ausgabe. München: Heyne 1981

[Hanser 1980]. (Heyne-Buch 7167). Stephan Buchloh: ›Pervers, jugendgefährdend, staatsfeindlich.‹ Zensur

in der Ära Adenauer als Spiegel des gesellschaftlichen Klimas. Frankfurt/M., New York: Campus 2002.

[zugl. Diss. phil. FU Berlin 1999]. 33

Peter Brockmeier / Gerhard R. Kaiser (Hrsg.): Zensur und Selbstzensur in der Literatur. Würzburg:

Königshausen & Neumann 1996. 34

John A. McCarthy / Werner von der Ohe (Hrsg.): Zensur und Kultur. Zwischen Weimarer Klassik und

Weimarer Republik mit einem Ausblick bis heute. Tübingen: Niemeyer, 1995. (Studien und Texte zur

Sozialgeschichte der Literatur 51). 35

Göpfert / Weyrauch (Hrsg.): ›Unmoralisch an sich...‹. 36

Beate Müller (Hrsg.): Zensur im modernen deutschen Kulturraum. Tübingen: Niemeyer 2003. (Studien und

Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 94). 37

Wilhelm Haefs / York-Gothart Mix (Hrsg.): Zensur im Jahrhundert der Aufklärung. Geschichte – Theorie –

Praxis. Göttingen: Wallstein 2006. (Das achtzehnte Jahrhundert. Supplementa 12). 38

Wenige Neuerscheinungen mögen zur Illustration genügen: Thomas Hoeren / Lena Meyer (Hrsg.): Verbotene

Filme. Berlin, Münster: Lit 2007; Kilian Kasperek: Staatlich induzierte Selbstkontrolle und Zensurverbot.

Die Teilnahme des Staates an der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft. Hamburg: Kovač 2007.

(Schriftenreihe Verfassungsrecht in Forschung und Praxis 38). [zugl. Univ. Diss. Halle (Saale) 2006]; Gerrit

Binz: Filmzensur in der deutschen Demokratie. Sachlicher Wandel durch institutionelle Verlagerung von der

staatlichen Weimarer Filmprüfung auf die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft in der

Page 9: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

9

Fragen statt Antworten

Die Leistungen und Ergebnisse der hier nur exemplarisch angeführten historisch orientierten

Zensurforschung auf einen Nenner zu bringen, der dem Detailreichtum und der Spezifik der

Untersuchungen gerecht würde, ist unmöglich. Der von Kanzog beklagte Mangel an

vergleichender Zensurforschung39

gründet vermutlich in der Perspektive auf Resultate. Doch

zusammen genommen liegt das größte Potential der empirisch-historischen Studien für die

Zensurforschung im Allgemeinen vielleicht gar nicht in erster Linie in ihren Einzelantworten,

sondern in ihren Fragen: Welche Perspektiven eröffnen sich, wenn man statt der Antworten

die Fragestellungen der Arbeiten miteinander vergleicht? Welche Kernfragen werden für jede

der untersuchten Epochen gestellt? Ähneln sie sich, oder sind sie kontextspezifisch?

Beeinflußt die Spezifik der Zensur in den diversen Epochen die Wahl der Methode, die

Vorgehens- oder die Darstellungsweise? Diese Überlegungen zu den epistemologischen

Orientierungen der Sekundärliteratur können aufschlußreich sein für die Zensurforschung

überhaupt.

Die Fragen, die immer wieder gestellt werden, sind beispielsweise diejenigen nach den

Zensurträgern, nach den jeweiligen rechtlichen Bestimmungen zur zensorischen Kontrolle,

den Arten und Ausmaßen des zensorischen Eingriffs, den Zensoren, den bevorzugten

Objekten ihrer Aufmerksamkeit und deren Inhalt sowie medialen Eigenschaften, den

Auseinandersetzungen um ein solches zur Zensur anstehendes Artefakt, den ins Feld

geführten Argumenten für und gegen das zu Zensurierende, nach dessen Urhebern und

Adressaten sowie nach den Auswirkungen der Zensur auf beide, nach dem politischen

Bundesrepublik. Trier: Kliomedia 2006. [zugl. Univ. Diss. Speyer 2005]; Reto Wehrli: Verteufelter Heavy

Metal. Skandale und Zensur in der neueren Musikgeschichte. Münster: Telos 2005; Stephan Eisel: Politik

und Musik. Musik zwischen Zensur und politischem Mißbrauch. München: Aktuell, Moderne Verl.-

Ges. 1990; Christian Zelger: Zensur im Internet. Eine Argumentationsanalyse auf Grundlage des Naturrechts

und der Menschenrechte. Berlin: VWF 1999; Melanie Hüper: Zensur und neue

Kommunikationstechnologien. Aachen: Shaker 2004. [zugl. Univ. Diss. Hamburg 2004]; Thomas Nessel:

Das grundgesetzliche Zensurverbot. Berlin : Duncker & Humblot 2004. (Schriften zum öffentlichen Recht

973). [zugl. Univ. Diss. Gießen 2003]; Michael Pfeifer: Zensurbehütete Demokratie. Das Zensurverbot des

Artikel 5 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz. Zugleich ein Beitrag zur Verfassungsauslegung. Baden-Baden:

Nomos 2003. (Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit 91). [zugl. Univ. Diss. TU Darmstadt

2001]; Peter Godman, unter Mitw. v. Jens Brandt: Die geheimen Gutachten des Vatikan. Weltliteratur auf

dem Index. Wiesbaden: Marixverlag 2006; Hubert Wolf (Hrsg.): Inquisition, Index, Zensur. Wissenskulturen

der Neuzeit im Widerstand. Paderborn u.a.: Schöningh 2001. (Römische Inquisition und Indexkongregation

1); Hubert Wolf (Hrsg.), auf der Basis von Vorarbeiten von Herman H. Schwedt bearb. von Judith

Schepers und Dominik Burkard: Römische Bücherverbote. Edition der Bandi von Inquisition und

Indexkongregation 1814-1917. Paderborn, München, Wien, Zürich: Schöningh 2005. (Römische Inquisition

und Indexkongregation 1); Hubert Wolf (Hrsg.): Verbotene Bücher. Zur Geschichte des Index im 18. und

19. Jahrhundert. Paderborn: Schöningh 2007. (Römische Inquisition und Indexkongregation 11). 39

Kanzog: Zensur, literarische, S. 1003. – Ein knapper Abriß zensorischer Verhältnisse in Deutschlands

europäischen Nachbarländern findet sich bei Norbert Fügen: Zensur als negativ wirkende Institution. In:

Alfred Clemens Baumgärtner (Hrsg.): Lesen. Ein Handbuch. Hamburg: Verlag für Buchmarkt-Forschung

1974, S. 623–642. Hier S. 627-631. Eine europäische Perspektive bietet auch: Der Zensur zum Trotz. Das

gefesselte Wort und die Freiheit in Europa. Ausstellung im Zeughaus der Herzog-August-Bibliothek

Wolfenbüttel vom 13. Mai bis 6. Oktober 1991. Katalog: Paul Raabe. Weinheim: VCH Acta Humaniora

1991. Einen juristischen Vergleich leistet Gilbert-Hanno Gornig: Äußerungsfreiheit und Informationsfreiheit

als Menschenrechte. Die Verankerung der Äußerungs-, Informations-, Presse- und Rundfunkfreiheit sowie

des Zensurverbots in völkerrechtlichen Übereinkommen und in den Rechtsordnungen der KSZE-Staaten

unter besonderer Berücksichtigung rechtsphilosophischer und rechtsgeschichtlicher Hintergründe. Berlin:

Duncker & Humblot 1988. (Schriften zum Völkerrecht 88). [zugl. Univ. Habil.-Schr. Würzburg 1986].

Page 10: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

10

Kontext sowie nach den ökonomischen und technischen Bedingungen für die Produktion und

Distribution des fraglichen Gegenstandes.

Systematisiert man diese Fragen mit Hilfe des Kommunikationsmodells, so wird klar,

dass wir es bei zensorischer Kommunikationskontrolle mit einer Art ›doppelter‹

Kommunikation zu tun haben: Der Sender der Botschaft, die nicht nur die intendierten

Empfänger, sondern auch (bzw. u.U.: stattdessen) den Empfänger-Zensor erreicht, wird selber

zum Empfänger einer Antwort-Botschaft des Sender-Zensors (eines Urteils, eines Gutachtens

o.ä.) auf die ursprüngliche Botschaft. Damit wird die Komplexität der Rollen, die die

Involvierten spielen, ebenso deutlich wie die Vielschichtigkeit der Kommunikationsakte. Es

wäre zu überlegen, ob sich das Kommunikationsmodell als Raster zur Ordnung der diversen

Fragen und gewählten Schwerpunkte in der Zensurforschung eignet.40

Zumindest sollte ein

solches Muster den Vergleich analog orientierter Studien von Zensur in verschiedenen

Epochen und Kontexten erleichtern und damit einen Baustein liefern für die von Kanzog

geforderte vergleichende Zensurforschung. Und nicht nur empirisch-historische Forschung,

sondern auch eher theoretisch ausgerichtete Beiträge zur Zensur lassen sich auf diese Weise

erfassen, so dass es möglich werden sollte, hauptsächlich systematische mit primär

historischen Studien über ihre jeweiligen kommunikationstheoretischen Schwerpunkte

miteinander in Verbindung zu bringen.

Theoretische Zensurforschung

Neben der Aufarbeitung historischen Materials enthalten empirisch-historische Studien zur

Zensur selbstverständlich auch allgemeinere oder theoretisch relevante Gesichtspunkte, und

gerade in jüngerer Zeit ist auch der methodische Zugriff interessanter geworden. In den

stärker theoretisch ausgerichteten Untersuchungen werden diese Aspekte natürlich in der

Regel detaillierter behandelt. Wenn also im Folgenden von ›theoretischer Zensurforschung‹

die Rede ist, so verstehe man dies nicht als schroffe Polarisierung der Forschung, sondern als

Chiffre für Publikationen mit für theoretische Auseinandersetzungen relevanten Inhalten.

Diese Inhalte gehören entweder in den Kontext von Klassifikationsversuchen, die sich meist

um verschiedene Arten und Funktionen von Zensur sowie um ihre

Begründungszusammenhänge drehen, oder sie sind Teil von Erörterungen, die Ansätze und

Erkenntnisse aus Nachbardisziplinen fruchtbar machen für die Analyse der Zensur. Für beide

Spielarten der theoretischen Zensurforschung seien nachfolgend wichtige Beispiele genannt.

Zunächst einmal sind Studien anzuführen, die sich der Zensur soziologisch-funktional

nähern. Das Standardwerk wäre hier Ottos Monographie Die literarische Zensur als Problem

der Soziologie der Politik (1968), die auch deshalb originell ist, weil sie neben

Systematisierungsversuchen praktischer Erscheinungsformen von Zensur eine

phänomenologische Theorie der Literaturzensur unter Hinzuziehung von Konzepten Vilfredo

Paretos (1848-1923) aufstellt. Paretos Differenzierung zwischen drei Elementen aller

Handlungen – Derivate (äußerer Handlungsablauf), Residuen (Handlungskonstanten) und

Derivationen (deren pseudologische Rationalisierung) - ermöglicht der Autorin,

Zensurverfahren, Motivationen der Zensur und vorgebrachte Argumentationen der Zensoren

nicht nur typologisch aufzulisten, sondern auch zueinander in Beziehung zu setzen, um

Zensur als »Herrschaftsmittel« der Eliten zu charakterisieren.41

Das klingt vielversprechend,

40

Vgl. hierzu Müller: Über Zensur. Wort, Öffentlichkeit und Macht. In: Beate Müller (Hrsg.): Zensur im

modernen deutschen Kulturraum. Tübingen: Niemeyer 2003. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der

Literatur 94), S. 1-30. Hier S. 16-26. 41

Otto: Die literarische Zensur als Problem der Soziologie der Politik, S. 137. – Eine ausführliche, kritische

Darlegung von Ottos Leistung findet sich bei Aulich: Elemente einer funktionalen Differenzierung der

literarischen Zensur, S. 192f. u. S. 202-205.

Page 11: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

11

aber Aulich konstatiert eine »relative Abstinenz der Zensurforschung gegenüber Ulla Ottos

Studie.«42

Er begründet diese sicher nicht ganz falsche Einschätzung folgendermaßen:

»Anscheinend sieht es mit der historischen Einlösbarkeit der von Ulla Otto erarbeiteten

Phänomenologie nicht zum besten aus; sie erfährt zwar aufgrund konkret geführter

historischer Untersuchungen rückwirkend ihre Bestätigung, jedoch ohne zuvor als

Interpretationsraster genutzt worden zu sein.«43

Dies mag stimmen, sagt möglicherweise aber

mehr über die Verfasser historischer Studien aus als über die Brauchbarkeit von Ottos

Systematik.

Aulichs Anliegen ist es, hier anzuknüpfen und auf der »Suche nach einer

sinnstiftenden Einheit von Prozeß und System« vorhandene »Perspektiven zu einer

methodischen Systematik« der Zensur »zu verdichten«.44

Er plädiert dafür, historische

Bezüge »zunächst auf ihre Funktionalität hin« zu überprüfen, also »auf ihre seinerzeit

intendierten sowie tatsächlich erwirkten Folgen«, woraus sich »Funktionszusammenhänge«

zu erkennen gäben, »die nicht mit Strukturen identisch sind, wohl aber auf solche schließen

lassen«; zensorische Praktiken werden vorrangig »als eine Funktion der sozialen Kontrolle«

verstanden.45

Aulich unterscheidet »drei grundlegende Funktionen literarischer Zensur«:

erstens »Zensur als Kontrolle der Genese literarischer Produktion«, d.h. Sanktionen erstrecken

sich »auf den Autor, ggf. seine Mitwisser und auf die Eradation seines Geistesprodukts in

Form einer Hinrichtung«, die auch symbolisch erfolgen könne, wie z.B. bei der

Bücherverbrennung; zweitens »Zensur als Kontrolle der literarischen Distribution«, bei der

die Zensur beabsichtigt, »mögliche Auswirkungen eines bestimmten Gedankenguts zu

begrenzen«, weshalb sie sich »an die Multiplikatoren« richte und »als Filter wirken« wolle;

drittens »Zensur als Kontrolle der literarischen Diffusion«, bei der »mit Mitteln der

Propaganda und der Meinungslenkung« versucht wird, »schon vorhandene Auswirkungen

eines bestimmten Gedankenguts zu entkräften«.46

Aulich zieht aus diesen drei Funktionen von

Zensur Rückschlüsse auf die jeweilige »Struktur und Flexibilität des geistigen Überbaus«, auf

Art und Grad der »Einbindung des Individuums in die kollektive Ordnung« sowie auf Arten

von Verhaltenssteuerung.47

Plachta befindet: »Mit diesen Kategorien lassen sich Zensurakte

nicht nur exemplarisch erfassen, sondern auch deren Argumentationsmuster und -strategien

systematisieren, die als religiöse, moralische und politische Paradigmen [...] im Kontext

jeweils aktueller Rechtsnormen in Erscheinung treten.«48

Aulichs Ansatz scheint in der Tat

vielversprechend zu sein, zumal er flexibel genug ist, um in verschiedenen historischen

Kontexten Anwendung zu finden; Aulichs funktionale Trias ist in der neueren Forschung

bereits aufgegriffen worden.49

Auch die in vielen Veröffentlichungen zu lesende Betonung

der Normenkontrolle durch Zensur ließe sich in Aulichs Modell integrieren.

Als weiteres Beispiel systemtheoretisch-funktional orientierter Zugriffe auf die

Zensurtheorie sei ein Aufsatz von Armin Biermann angeführt.50

Biermann konzentriert sich

insofern nicht nur auf ›eigentliche‹ Zensurakte, als er die in einem gegebenen politischen

System vorkommenden ›funktionalen Äquivalente‹ der Zensur mitberücksichtigt: »Von der

faktischen Gegebenheit einer institutionellen Ausübung von Zwang oder physischer Gewalt

auszugehen erlaubt [...], Zensur von ihren funktionalen Äquivalenten ›Unterlassung von

42

Aulich, S. 205. 43

Aulich, S. 205. 44

Aulich, S. 185 u. S. 192. 45

Aulich, S. 206f. (Auszeichnung im Orig.). 46

Aulich, S. 215-217. 47

Aulich, S. 216f. 48

Plachta: Zensur, S. 24. 49

Z.B. Christoph Guggenbühl: Zensur und Pressefreiheit. Kommunikationskontrolle in Zürich an der Wende

zum 19. Jahrhundert. Zürich: Chronos 1996. 50

Armin Biermann: ›Gefährliche Literatur‹. Skizze einer Theorie der literarischen Zensur. In: Wolfenbütteler

Notizen zur Buchgeschichte 13.1 (1988), S. 1–28.

Page 12: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

12

Zensur‹ (›Zensur der Zensur‹) und ›Abschreckung durch Zensur(gesetze)‹ (›Selbstzensur‹)

abzugrenzen.«51

Entsprechend versteht Biermann unter Literaturzensur die »Gesamtheit

institutionell vollzogener und strukturell manifestierter Versuche [...], durch legale – oder

unrechtmäßige – Anwendung von Zwang oder physischer Gewalt [...] gegen Personen oder

Sachen schriftliche Kommunikation zu kontrollieren, zu verhindern oder

fremdzubestimmen«.52

Biermann betrachtet Zensurgeschichte im Kontext der Entwicklung

moderner, funktional ausdifferenzierter Gesellschaften, deren politische Systeme physische in

symbolische Gewalt umformen, sich durch entpersonalisierte, d.h. symbolische Macht

stabilisieren und in denen ehemals allgemeinverbindliche Wertordnungen und daraus

resultierende Handlungen sowie deren Rechtfertigungen ersetzt werden durch Rechtssysteme

und Ideologien: »Die Geschichte der literarischen Zensur ist [...] die Geschichte der

tendenziellen Ersetzung von physischer Gewalt- und Zwanganwendung durch –

legitimationsmächtigere – funktionale Äquivalente.«53

Wenn man akzeptiert, dass die

eigentliche Machtausübung zur Aufrechterhaltung der Ordnung einen Mangel an wirklicher

Macht bedeutet, weil es dem Machthaber »nicht gelingt, seine Entscheidung zur Prämisse der

Handlungswahl des Machtunterworfenen zu machen«, erscheint tatsächlich ausgeübte Zensur

als »Symptom von zuwenig – und nicht von zuviel – ›Macht‹. Wo ›Macht‹ funktioniert,

erübrigt sich Zensur.«54

In sich klingt das logisch, doch vergegenwärtigt man sich

Zensurverhältnisse in den zensurintensiveren Epochen der deutschen Geschichte, fällt es

schwer, beispielsweise den bücherverbrennenden, deportierenden und gleichschaltenden

Nationalsozialisten einen Mangel an Macht zu attestieren...

Biermann ist nicht allein mit seinem Ansatz, Zensur und Macht mit Hilfe

systemtheoretischer Überlegungen zur funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft in

Teilsysteme und Rollenzusammenhänge zu erklären. Die politische Soziologie erklärt

totalitäre Systeme mit Hilfe der Systemtheorie,55

und rezente Veröffentlichungen zur Zensur

in der DDR sehen im ›Leseland‹ ein literarisches ›Feld‹ am Werk, das konzeptionell letztlich

ein systemtheoretisches gesellschaftliches Teilsystem ist.56

In Anlehnung an die Feldtheorie

des französischen Soziologen Pierre Bourdieu beschreibt Holger Brohm die in der DDR in

Zensurprozesse eingebundenen und von ihnen betroffenen Menschen – z.B. Autoren, Leser,

Verlagsangestellte, Funktionsträger in der Kulturadministration – als im literarischen Feld

handelnd und durch dieses Feld kontrolliert:

Das literarische Feld [...] als die besondere soziale Welt, in der Autorinnen und Autoren

existieren und handeln, ist der Raum des Möglichen, der [...] das Handeln des einzelnen

Akteurs dadurch organisiert, daß ihm mögliche Positionen (im Sinne von Optionen)

offeriert werden. Mit der Wahrnehmung einer Möglichkeit – im doppelten Sinne als

Auffassen und Ausführen zu verstehen – positioniert sich der Akteur und nimmt zu

anderen Positionen Stellung. [...] Durch die Unterscheidung von heteronomen und

autonomen Kräften im literarischen Feld wird es möglich, kulturpolitische Äußerungen

und Sanktionen sowie die Stellungnahmen von Autoren in ihren Werken, aber auch die

unterschiedlichen Reaktionen auf literarische Texte in Form von Kritiken und von

Gutachten im Prozeß der literarischen Zensur als aufeinanderbezogene Handlungen im

51

Biermann, S. 3. (Auszeichnung im Orig.). 52

Biermann, S. 3. (Auszeichnung im Orig.). – Guggenbühl kritisiert an Biermanns Definition

»terminologische[n] Unschärfen«. Vgl. Guggenbühl: Zensur und Pressefreiheit, S. 29. 53

Biermann: ›Gefährliche Literatur‹, S. 4. 54

Biermann, S. 13. 55

Vgl. Sigrid Meuschel: Legitimation und Parteiherrschaft in der DDR. Zum Paradox von Stabilität und

Revolution in der DDR 1945–1989. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1992. (edition suhrkamp 1688, NF 688). 56

Vgl. z.B. Holger Brohm: Die Koordinaten im Kopf: Gutachterwesen und Literaturkritik in der DDR in den

1960er Jahren. Fallbeispiel Lyrik. Berlin: Lukas 2001; Ute Wölfel (Hrsg.): Literarisches Feld DDR.

Bedingungen und Formen literarischer Produktion in der DDR. Würzburg: Königshausen & Neumann 2005.

Page 13: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

13

Feld zu beschreiben. [...] Auf diese Weise können Zusammenhänge gezeigt werden, die

den Akteuren kaum einsehbar waren und dennoch ihr Handeln entscheidend

mitbestimmten.57

Brohms Vorschlag klingt vielversprechend, und zwar nicht nur für die Zensur in der DDR,

denn sein Ansatz ermöglicht es, Handlungsoptionen und Rollenkonflikte verschiedener

Agierender in einem literaturhistorischen Kontext als Widerstreit zwischen ›orthodoxen‹ und

›häretischen‹ Kräften (Bourdieu) zu begreifen, deren Konsens bei allem Dissens in der

Überzeugung besteht, das Feld an sich lohne den Kampf.58

Durch Auseinandersetzungen

zwischen den im Feld Handelnden können sich Machtverhältnisse verschieben, wodurch

Macht als instabil und veränderlich beschrieben wird. Ein solches Machtkonzept ist für die

Zensurforschung interessant, weil es die Arbitrarität von Zensurentscheidungen und -

argumenten erklären helfen kann. Das Problem mit Bourdieus Feldkonzept liegt für mich

darin, dass Bourdieu von der Autonomie und Selbstregularitivität des Feldes ausgeht. Ganz

krass formuliert er: »The metaphor of censorship should not mislead: it is the structure of the

field itself which governs expression by governing both access to expression and the form of

expression, and not some legal proceeding which has been specially adapted to designate and

repress the transgression of a kind of linguistic code.«59

In vielen politischen Kontexten wird

das Feld der Literatur jedoch gerade nicht seinen Eigengesetzen überlassen, sondern von

›außen‹ und ›oben‹ kontrolliert: Der Literaturbetrieb der DDR war eben »fremdbestimmt wie

zuletzt in der feudalabsolutistischen Gesellschaft 250 Jahre zuvor.«60

Henning Wrage fragt

denn auch nicht zu Unrecht, »ob Bourdieus Theorie nicht eine ausdifferenzierte Gesellschaft

voraussetzt, oder genauer, selbst eine der Ausdifferenzierung ist. Dann wäre offenbar auch die

Theorie des sozialen Feldes nur bedingt auf die DDR [und andere, entdifferenzierte politische

Kontexte, B.M.] anwendbar.«61

Trotz dieser grundsätzlichen Bedenken ist Bourdieu sehr wichtig geworden für die

Zensurforschung, und zwar vor allem für die Schule des sogenannten ›New Censorship‹ US-

amerikanischer Prägung, die in der Zensur ein in jeglichen Diskursen omnipräsentes

Phänomen erblickt. Bourdieu gewinnt der Zensur insofern etwas Positives ab, als er

argumentiert, jeder Diskurs bedürfe einer Steuerung, welche den Diskurs erst ermögliche.

Zensur wird nicht als Kehrseite des Diskurses gesehen, sondern als eines seiner konstitutiven

Elemente. Diskurse erscheinen als Produkt eines Kompromisses zwischen einem

Ausdrucksinteresse und einer Zensur, die schon durch die Struktur des diskursiven Feldes

vorgegeben ist.62

Die damit einhergehende ›zensorische‹ »Euphemisierungsarbeit« sorge

dafür, dass das Sagbare die dem Kontext angemessene Form erhalte und grenze das

57

Brohm: Die Koordinaten im Kopf, S. 12f. u. S. 17f. 58

Vgl. Bourdieu zu dieser feldtypischen Dynamik: »Es wird oft vergessen, daß Kampf die Übereinkunft der

Antagonisten über das voraussetzt, was [...] den Kampf wert ist, das heißt über alles, was das Feld selbst

ausmacht [...]. Wer sich am Kampf beteiligt, trägt zur Reproduktion des Spiels bei, indem er dazu beiträgt,

den Glauben an den Wert dessen, was in diesem Feld auf dem Spiel steht, je nach Feld mehr oder weniger

vollständig zu reproduzieren.« Pierre Bourdieu: Über einige Eigenschaften von Feldern. In: Pierre Bourdieu:

Soziologische Fragen. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1993. (edition suhrkamp 1872, NF 872), S. 107-114.

Hier S. 109. 59

Bourdieu: Censorship and the Imposition of Form. In: Pierre Bourdieu: Language and Symbolic Power.

Hrsg. v. John B. Thompson. Cambridge: Polity Press 1991, S. 137-159 und S. 269-276 (Anmerkungen). 60

Wolfgang Emmerich: Kleine Literaturgeschichte der DDR. Erw. Neuausgabe. 2. Aufl. Leipzig: Kiepenheuer

& Witsch 1997 [1996], S. 42. 61

Henning Wrage: Feld, System, Ordnung. Zur Anwendbarkeit soziologischer Modelle auf die DDR-Kultur.

In: Ute Wölfel (Hrsg.): Literarisches Feld DDR. Bedingungen und Formen literarischer Produktion in der

DDR. Würzburg: Königshausen & Neumann 2005, S. 53–73. Hier S. 57. 62

Vgl. Bourdieu: Censorship and the Imposition of Form, S. 137.

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14

»Unsagbare« sowie das »Unnennbare« aus.63

Es geht Bourdieu und seinen Anhängern

weniger um konkrete politische Systeme und ihre Zensurpraktiken, als vielmehr um

diskursive Prozesse und ihre Spielregeln. Der Zensurbegriff ist hier also extrem ausgeweitet

worden. Entsprechend wird der Terminus ›Zensur‹ manchmal sogar ersetzt durch Ausdrücke

wie ›restriction‹, ›regulation‹ oder ›silencing‹. Vertreter des ›New Censorship‹ beschäftigen

sich nicht mehr ausschließlich mit Vor-, Nach- oder Re-Zensur durch staatliche oder

kirchliche Einrichtungen, sondern befragen Themen wie freie Meinungsäußerung oder

›political correctness‹ sowie Auswirkungen von Kunstförderung, rechtliche Schritte gegen

Verfechter der ›Auschwitz-Lüge‹, moderne Öffentlichkeit oder Debatten um

Pornographieverbote nach ihren zensorischen Elementen.64

Es sind diese (und andere) in der

deutschsprachigen Forschung weniger intensiv diskutierten Problembereiche, die den ›New

Censorship‹ interessant machen, auch wenn der sehr lax gehandhabte Zensurbegriff nicht

mehr trennscharf ist. Denn viele Beiträge bestechen dadurch, dass sie die

Auseinandersetzungen um Zensur in aktuelle Auseinandersetzungen um moderne politische

Philosophie einschreiben: Neben Bourdieus Werk sind vor allem Michel Foucaults

Machttheorien und Jürgen Habermas' Arbeiten über politische Öffentlichkeit ständige

Referenzpunkte. Somit wird die Zensur im Kontext zweier ihrer Kernparadigmen betrachtet –

schließlich geht es bei der Zensur ganz entschieden um Macht und Öffentlichkeit. Dass es

produktiv ist, sich der Zensur von der Rekonstruktion der Spezifika der jeweilig kontextuellen

Öffentlichkeit her zu nähern, haben beispielsweise Studien zur sozialistischen oder

schweizerischen Öffentlichkeit gezeigt.65

Foucaults Überlegungen zur Macht als einer produktiven, instabilen, sowie Diskurse,

politische Praktiken und Wissen formierenden Kraft können für die Zensuranalyse fruchtbar

gemacht werden, und zwar aus mehreren Gründen: Erstens hilft ein Begreifen von Macht als

produktiv dabei, die Ablehnung von Macht als Negativum zu überwinden, so dass –

vorurteilsfreier – gefragt werden kann, welche positiven Eigenschaften Macht hat und wie sie

sich zur Zensur verhält; zweitens – und hier berühren sich Foucault und Bourdieu – bewahrt

einen die Einsicht in die Volatilität von Machtverhältnissen davor, Zensoren und Zensierte

schematisch als Macht›haber‹ und Macht›lose‹ zu kontrastieren, wodurch Interaktionen der

Involvierten als strategische Operationen zur Optimierung der eigenen Lage analysiert werden

können; und drittens erlaubt Foucaults Diskursanalyse eine Zusammenschau zensurbezogener

Handlungen, ihrer diskursiven Manifestationen (z.B. in Zensurgutachten) und der Rolle von

Information, Desinformation und Wissenskonstitution in diesem Kontext.66

Müller adaptiert

63

Pierre Bourdieu: Die Zensur. In: Bourdieu: Soziologische Fragen. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1993. (edition

suhrkamp 1872, NF 872), S. 131–135. Hier S. 131 u. S. 133. 64

Vgl. den einschlägigen Reader von Robert C. Post (Hrsg.): Censorship and Silencing. Practices of Cultural

Regulation. Los Angeles: The Getty Research Institute 1998; das Sonderheft Literature and Censorship der

PMLA 109.1 (Januar 1994; darin vor allem Michael Holquists Einleitung: Corrupt Originals. The Paradox of

Censorship, S. 14-25); sowie Richard Burt (Hrsg.): The Administration of Aesthetics. Censorship, Political

Criticism, and the Public Sphere. Minneapolis/Minn., London: University of Minnesota Press 1994. (Cultural

Politics 7). 65

Vgl. Bathrick: The Powers of Speech; Marc Silberman: Problematizing the ›Socialist Public Sphere‹.

Concepts and Consequences. In: Marc Silberman (Hrsg.): What Remains? East German Culture and the

Postwar Public. Washington: American Institute for Contemporary German Studies 1997, S. 1–37; Beate

Müller: Stasi – Zensur – Machtdiskurse: Publikationsgeschichten und Materialien zu Jurek Beckers Werk.

Tübingen: Niemeyer 2006. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 110). Ausführlich

analysiert Guggenbühl die Rolle der helvetischen Öffentlichkeit in Zensur und Pressefreiheit. Mark

Lehmstedt und Siegfried Lokatis konzentrieren sich zwar nicht auf die Zensur, doch ist in ihrem Buch Das

Loch in der Mauer vieles für die Buchgeschichte und den innerdeutschen Literaturaustausch Wichtiges zu

finden. Mark Lehmstedt / Siegfried Lokatis (Hrsg.): Das Loch in der Mauer. Der innerdeutsche

Literaturaustausch. Wiesbaden: Harrassowitz 1997. (Schriften und Zeugnisse zur Buchgeschichte 10). 66

Vgl. bes. folgende Werke Foucaults: Archäologie des Wissens. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1997 [1981]

(Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 356).; Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses.

Frankfurt/M.: Suhrkamp 1994 [1977] (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 184); sowie Der Wille zum

Page 15: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

15

einige Foucaultsche Beobachtungen für zensorische Gegebenheiten im sozialistischen

Deutschland: Für sie ist Foucaults These, die im 19. Jahrhundert in abendländischen

Gesellschaften angeblich unterdrückte Sexualität sei »in Wirklichkeit diskursiv ausgestaltet

und dadurch politisch regulierbar« geworden, auf »die Behandlung von Opposition in der

DDR übertragbar,«67

weil auch im sozialistischen Deutschland – trotz zweifelsohne

bestehender repressiver Politik – das als oppositionell Konstituierte in vielfältiger Weise

besprochen und reguliert wurde und dadurch auch Identität und Konturen erhielt:

[D]as hochentwickelte System zur Bewältigung der Aufgaben im Literaturbetrieb

erforderte diskursive Pflege, ja wurde sogar erst durch die Diskursivierung des

Gegenstandsbereichs möglich. Wie sollte wohl beispielsweise Zensur funktionieren

ohne Auseinandersetzung mit dem zu Zensierenden durch Gutachten, Besprechungen,

Berichte, Vorschläge, Einschätzungen u.a.m.? Die notwendige diskursive Praxis trieb

auch Beurteilungskriterien, analytische Kategorien und Handlungsmaßstäbe hervor,

wodurch das Gebiet des solcherart zu Kontrollierenden gewissermaßen abgesteckt und

vermessen wurde. Dadurch konstituierte sich das Territorium teilweise erst als

konturiertes Phänomen, und die Existenz dessen, was hatte unterdrückt werden sollen,

trat als epistemologischer Gegenstand zutage.68

Jede zensorische Regulierung unterwirft nicht nur ihr Objekt, sondern formt es auch mit, und

außerdem entwickelt sie sich selbst unter seinem Einfluß. Die schon beschriebene

Wechselwirkung zwischen Aktion und Reaktion trifft sowohl auf Zensoren und Zensierte als

auch auf Handlungen und Produkte beider zu. Dieser Einsicht (ebenso wie – in

Analogieschluß – der Aufwertung von Macht in post-Foucaultscher Lesweise) folgend, ist in

der Zensurforschung gelegentlich gefragt worden, ob der Zensur insofern ein ›positives‹

Potential attestiert werden könne, als sie nicht nur zu verstümmelnder Selbstzensur von

Autoren führe, sondern eventuell deren Kreativität stimulieren könnte, wenn Schriftsteller

sich ästhetische Verfahren ausdenken, um der Zensur ein Schnippchen zu schlagen. Michael

Levine bringt diese Ambivalenz der Zensur auf einen Nenner, indem er ihr »a condition of

writing that is at once crippling and enabling« bescheinigt.69

Zu diesem Themenbereich der

›Ästhetik‹ von Zensur (inklusive ihrer Kehrseite, der ›Selbstzensur‹) gibt es nicht so viele

Studien, obwohl der Topos von der ›äsopischen Schreibweise‹ oder dem ›Platz zwischen den

Zeilen‹ ein gängiger ist und diverse »forms of oblique communication«70

schon häufig als

Kennzeichen des äsopischen Schreibens identifiziert worden sind. Denn erstens kommt man

schon durch die Fragestellung nach ästhetischen Manifestationen von Zensur im Zensierten in

den Geruch politisch verdächtiger Apologetik systematischer Repression;71

und zweitens ist

es methodisch äußerst schwierig, beispielsweise einen literarischen Text nach

zensurbedingten Elementen abzuklopfen, weil der Kausalitätsnachweis in der Regel nicht zu

erbringen ist, vor allem bei älterer Literatur, deren Autoren man nicht mehr befragen kann.

Von DDR-Schriftstellern hingegen gibt es durchaus Äußerungen zur Sache. So spricht

Joachim Seyppel vom »Porzellanhund«, einer bewußt in den Text eingebauten, aber nicht

Wissen. Sexualität und Wahrheit, Bd. 1. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1998 [1983]. (Suhrkamp Taschenbuch

Wissenschaft 716). 67

Müller: Stasi – Zensur – Machtdiskurse, S. 38. 68

Müller, S. 42. 69

Michael G. Levine: Writing Through Repression. Literature, Censorship, Psychoanalysis. Baltimore, London:

The Johns Hopkins University Press 1994, S. 2. 70

Annabel Patterson: Censorship. In: Martin Coyle et al. (Hrsg.): Encyclopedia of Literature and Criticism.

London: Routledge 1991 [1990], S. 901-914. Hier S. 905. 71

Theo Mechtenberg konstatiert: »Wer vom poetischen Gewinn der Zensur spricht, setzt sich dem Vorwurf des

Zynismus aus.« Mechtenberg: Vom poetischen Gewinn der Zensur. In: Deutschland Archiv 9

(1985), S. 977-984. Hier S. 977.

Page 16: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

16

essentiellen Provokation des Zensors, die dazu diente, vom wahren Anliegen des Manuskripts

abzulenken:

Der Porzellanhund war so beschaffen, daß man eine Sache derart in der Darstellung

übertrieb, daß sie beim Zensor keine Chance hatte. Aber um diese Sache ging es einem

gar nicht. Die Sache, um die es einem ging, war anderswo dargestellt, doch nicht derart

übertrieben. Kam nun Lektor, Verlagsleiter oder Frau Borst vom Ministerium für

Kultur, eine liebenswerte, hübsche Zensorin, und sagte, diese Sache sei ja derart

übertrieben, daß sie im Manuskript gestrichen werden müsse, raufte man sich das Haar,

tobte, erklärte, dann könne das ganze Buch nicht erscheinen, und drohte mit Mitteilung

an die Westpresse. Das brachte die hübsche, liebenswerte, blonde Frau Borst in Rage,

nun war sie es, die drohte, und am Ende einigten sich beide Seiten, daß diese maßlos

übertriebene Darstellung gestrichen werden würde – und sonst nichts! Der eingebaute

›Porzellanhund‹ war zerschmissen worden, dazu war er ja auch da, und die Stelle, um

die es einem eigentlich ging, war gerettet. Heute frage ich mich, in wie weit da die

Zensur notgedrungen ein ihr bekanntes Spiel mitspielte?72

Analog spricht Joachim Walther von »Jacken, die ich in den Text gehängt hatte.«73

Doch

Selbstaussagen von Autoren, die im übrigen eine eigene Studie wert wären, ergeben noch

keine Phänomenologie. Holger Brohm versucht, Spuren von Zensur in der polyphonen

Mehrdeutigkeit von Texten zu verorten, die eine einsinnige Lektüre unmöglich macht und das

Schmuggeln versteckter Botschaften ermöglicht.74

Elana Gomel betrachtet »allegorical

strategies as an element of what might be called the poetics of censorship: a collocation of the

ways of reading and writing that are born out of external sociopolitical pressures exerted upon

literature.«75

Das offensichtliche Problem mit diesem Ansatz liegt darin, dass der

Umkehrschluß nicht funktioniert: Nicht jeder polyphone oder allegorische Text ist Produkt

von Zensur oder Selbstzensur, und wie soll man philologisch sauber differenzieren zwischen

einem wegen ästhetischer Präferenzen des Autors mehrdeutigen Text und einem ähnlich

ambivalenten Text, der diese Wesensart dem zensorischen Kontext verdankt, in dem er

entstanden ist? Magdalena Michalak-Etzold differenziert zwischen bewußter und unbewußter

Selbstzensur und befindet: »der Vorgang der unbewußten Selbstzensur [kann] kaum

nachvollzogen werden, denn nur Zensurakte, die der Autor bewußt vornahm und

thematisierte, können für die literarische Forschung erschlossen werden. [...] Denk- und

Schreibverbote, die Autoren über sich selbst verhängen, werden oft tabuisiert.«76

Kanzog

macht einen interessanten Vorschlag, der allerdings eine ideale Materiallage voraussetzt: Er

regt an, den Beweis für Selbstzensur zu erbringen durch ein »Syntagma der

Zensurstreichungen« sowie die »Ordnung und Klassifikation des Gesamtbestandes aller

Zensurstreichungen«, auf deren Basis sich thematische Zusammenhänge der vorgenommenen

Streichungen – und daher sowohl die Logik der Zensur als auch deren Einfluß auf den

literarischen Schreibprozeß – feststellen lassen.77

Ergebnis der Magisterarbeit von Sabine

72

Ernst Wichner / Herbert Wiesner (Hrsg.): Zensur in der DDR. Geschichte, Praxis und ›Ästhetik‹ der

Behinderung von Literatur. Ausstellungsbuch. Berlin: Literaturhaus Berlin 1991, S. 25. 73

Wichner / Wiesner, S. 26. 74

Holger Brohm: Der andere Text. Zum Status von Zensur und Selbstzensur in Franz Fühmanns Trakl-Essay

Vor Feuerschlünden. In: Müller (Hrsg.): Zensur im modernen deutschen Kulturraum. Tübingen: Niemeyer

2003, S. 181-193. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 94). 75

Elana Gomel: The Poetics of Censorship. Allegory as Form and Ideology in the Novels of Arkady and Boris

Strugatsky. In: Science Fiction Studies 22.1 (März 1995), S. 87-105. Hier S. 88. 76

Magdalena Michalak-Etzold: Literarische Selbstzensur in Deutschland vor und nach 1945. In: ZfdPh 114

(1995), S. 580-599. Hier S. 582. 77

Kanzog: Textkritische Probleme der literarischen Zensur. Zukünftige Aufgaben einer

literaturwissenschaftlichen Zensurforschung. In: Herbert G. Göpfert / Erdmann Weyrauch (Hrsg.):

Page 17: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

17

Laußmann über Hauptmanns Die Ratten sei gewesen, dass »die drei

Hauptaufmerksamkeitsfelder der Zensur – Politik, Moral und Religion – Orientierungsmuster

für die Streichungen bilden.«78

Müller arbeitet komparatistisch und thematisch, um anhand

des Zensurmotivs Zensurästhetik zu erkunden. In einem Vergleich von zwölf

Gegenwartsromanen aus Ost und West hat sie herausgefunden, dass die erzählte Zensur je

nach Gesellschaftssystem, in dem die Verfasser lebten, unterschiedlich ausgestaltet worden

ist: In den Westromanen bedroht die thematisierte Zensur die weitere Rezeption von

Klassikern, wohingegen es in den Osttexten um die Behinderung der Fertigstellung eines

Textes geht, sich also die von den Autoren in sozialistischen oder totalitären Ländern real

erfahrenen Probleme mit der Veröffentlichung von Literatur in der spezifischen

Gestaltungsweise des Zensurmotivs niedergeschlagen haben.79

Franz Huberth untersucht

literarische Repräsentationen der Stasi in Texten aus DDR und BRD.80

Zu den »Zeichen- und

Kodierungsmöglichkeiten [...], mit Hilfe derer die ›Stasi‹ bereits zu DDR-Zeiten Eingang in

die Literatur und in deren Sub-Texte fand«, zählt Huberth den Rückgriff auf Mythen,

historisches Erzählen, Science Fiction, Kinder- und Jugendliteratur, Doppeldeutigkeit,

Polysemie und Polyvalenz.81

Ursula Heukenkamp behandelt den Zusammenhang von

Kriegsliteratur und Zensur in der DDR.82

Ein Buch, das schon mehr als zwanzig Jahre alt ist und dennoch in der

deutschsprachigen Zensurforschung so gut wie gar nicht rezipiert worden ist, ist Lev Loseffs

dem Russischen Formalismus verbundene systematische Studie der äsopischen Schreibweise

in der modernen russischen Literatur.83

Loseff geht von der Überlegung aus, dass die

äsopische Sprache ein Modus des Schreibens ist, der der Existenz der Zensur (und also

außerliterarischen Faktoren) entspringt und der sich als ein System konsistenter

Textveränderungen äußert.84

Letztere sind ›metastilistischer‹ Natur, weil sie als Kontrast zu

einer bestehenden sozio-ideologischen Situation in einen Text eingefügt werden, der selber

bereits literarisch, d.h. stilistisch markiert ist.85

Die äsopische Äußerung kann daher nur durch

Bezugnahme auf den außerliterarischen Kontext entschlüsselt werden, was nicht nur bedeutet,

dass der Schriftsteller den Leser auf den Text zwischen den Zeilen aufmerksam machen muß,

um das gewünschte Textverständnis zu erzielen, sondern es muß sich bei den äsopischen

Stellen um Formulierungen für Inhalte handeln, die dem Leser bereits bekannt sind, weil die

Botschaft sonst nicht entschlüsselt werden könnte: »the Aesopian writer alludes to

information, or rather a body of information, which is already known to the reader by

experience, rumor, or such other channels as foreign radio broadcasts,« denn »all that is

Aesopian in literary art rests precisely upon the joint possession by author and reader (sender

and receiver) of one and the same piece of information. Otherwise not a single one of the

›Unmoralisch an sich...‹. Zensur im 18. und 19. Jahrhundert. Wiesbaden: Harrassowitz 1988, S.309-331.

(Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 13). Hier S. 310 u. S. 319. 78

Kanzog, S. 319. 79

Müller: Spannung durch Zensur. Zur Phänomenologie eines Motivs der Gegenwartsprosa in Ost und West. In:

Raimund Borgmeier / Peter Wenzel (Hrsg.): Spannung. Studien zur englischsprachigen Literatur. Für Ulrich

Suerbaum zum 75. Geburtstag. Trier: WVT 2001, S. 213-233. - ›Ost‹ und ›West‹ sind hier natürlich als

Chiffren für politische Systeme zu verstehen, nicht als geographische Bezeichnungen. 80

Franz Huberth: Aufklärung zwischen den Zeilen. Stasi als Thema in der Literatur. Köln, Weimar, Wien:

Böhlau 2003. [zugl. Diss. phil. Tübingen]. 81

Huberth, S. 108-132, S. 360f., passim. Zitat auf S. 108. 82

Ursula Heukenkamp (Hrsg.): Unerwünschte Erfahrung. Kriegsliteratur und Zensur in der DDR. Berlin,

Weimar: Aufbau 1990. 83

Lev Loseff: On the Beneficence of Censorship. Aesopian Language in Modern Russian Literature.

Übers. v. Jane Bobko. München: Verlag Otto Sagner in Kommission 1984. (Arbeiten und Texte zur Slavistik

31). 84

Loseff, S. 6f. 85

Loseff, S. 23.

Page 18: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

18

Aesopian devices [...] (screens and markers) would succeed.«86

Loseff konstatiert daher eine

»enormous disproportion between the structural sophistication, the multiplicity of the code's

forms and the restricted scope, monotony, and customary vagueness of the content.«87

Wenn

Loseff recht hat und die äsopische Sprache nur Altbekanntes transportiert, warum befleißigen

die Autoren sich ihrer überhaupt? Loseffs Antwort lautet, die ambivalente, äsopische

Äußerung ersetze die direktere Kritik, die der Zensor gestrichen hat, und sichere durch ihre

oft (im Bachtinschen Sinne) karnevalesken Mittel, die das vom Staat Hochgehaltene

verlachen, eine komische Katharsis beim Leser.88

Loseff untersucht sowohl die Markierungen

(›markers‹) und Abschirmungen (›screens‹), die das Äsopische als solches kennzeichnen bzw.

verstecken, als auch die Typologie der poetischen Mittel, in der es sich manifestiert.89

Dabei

differenziert Loseff zwischen Gattungen, Leserschaft und Formen ambivalenten, äsopischen

Sprechens: eine Parabel kann z.B. dadurch ›abgeschirmt‹ werden, dass die Handlung in einem

historischen, exotischen oder fantastischen Kontext situiert wird; ein Buch, das sich

anscheinend an Kinder oder an ein Spezialpublikum richtet, kann in Wahrheit für die

allgemeine Leserschaft geschrieben worden sein; und auf der Äußerungsebene »virtually

every type of trope, rhetorical figure, and poetic device is encountered«, z.B. Allegorie,

Parodie, Umschreibung oder Ellipse.90

Im zweiten Teil seiner Monographie diskutiert Loseff

den Einfluß äsopischen Schreibens auf die Struktur ausgewählter Werke, auf die Formierung

eines individuellen poetischen Schreibstils und auf Literatur, die sich zum Schein an Kinder

wendet. Damit darf diese Studie als die bisher ausführlichste zum Thema zensurinduzierter

Ästhetik gelten, auch wenn Elemente seiner äsopischen Typologie andernorts bereits

identifiziert worden sind und natürlich auch außerhalb äsopischer Texte vorkommen.

Eine methodisch interessante Annäherung an die Ästhetik der Zensur und an

Selbstzensur stammt von Michael Levine. In einem an Poststrukturalismus, Dekonstruktion

und Psychoanalyse geschulten Zugriff untersucht Levine in Writing Through Repression die

konfliktreichen Wechselwirkungen und Interdependenzen zwischen Schreiben und

Repression in Literatur und Psychoanalyse: »what kind of writing, what style and grammar,

what habits of collaboration and co-dependency does the imposition of censorship and, more

particularly, its self-imposition make possible?«91

Ausgehend von Freuds Traumdeutung, in

der der Psychoanalytiker sich bekanntlich der Metapher der Zensur bedient, um die für die

Wunschverschleierung notwendige Traumentstellung zu veranschaulichen,92

betont Levine

den oft übersehenen, ja verdrängten literarischen Charakter von Freuds Texten, der es seinem

Autor erst ermöglicht habe, Beobachtungen zu verschriftlichen, die sich auf ausschließlich

deskriptiv-denotativer Ebene nicht erschlossen hätten.93

Damit wird der Stil von Freuds

Texten auch epistemologisch konstitutiv für ihre Inhalte – und umgekehrt. Wie der Traum

durch seine (verschlüsselten) Bilder Sinn sowohl versteckt als auch entfaltet, sind in

Psychoanalyse und Literatur (vor allem in zensierter sowie selbstzensierter) ähnliche

Verfahren zu beobachten. In dieser Perspektive verliert die Psychoanalyse ihren Status als

Hort gesicherten Wissens, das auf Literatur interpretierend angewandt werden kann, und die

Literatur erhält als Quelle psychoanalytischen Vokabulars (›Ödipus-Komplex‹ etc.) eine

Schlüsselposition für die Befragung der Psychoanalyse aus literarischer Sicht. Eine

86

Loseff, S. 26, S. 219f. u. S. 219. 87

Loseff, S. 217. 88

Loseff, S. 45 u. S. 221. 89

Loseff, S. 51 sowie Kapitel III. 90

Loseff, S. 61. 91

Levine: Writing Through Repression, S. 2. (Auszeichnung im Orig.). 92

Sigmund Freud: Die Traumdeutung. [1900]. Frankfurt/M.: Fischer 1998 [1991], S. 173. - Zur Kritik an Freuds

metaphorischer Verwendung des Begriffs der Zensur für die Beschreibung der Widerstände, denen die

Psychoanalyse bei der Traumdeutung gegenübersteht, s. Nicholas Harrison: Circles of Censorship.

Censorship and its Metaphors in French History, Literature and Theory. Oxford: Clarendon Press 1995. 93

Levine: Writing Through Repression, S. 14-16.

Page 19: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

19

literarische Lektüre fragt »not only ›how Freud said what he did‹ but moreover how his text

does more than it says it is doing.«94

Die Parallelen zur Analyse zensierter Literatur sind

offensichtlich - es kommt nicht nur auf die bewußt angewandten äsopischen Kunstkniffe des

in zensorischen Kontexten wirkenden Schriftstellers an, sondern auch auf die ihm

unbewußten, der Selbstzensur geschuldeten ästhetischen Verfahren und Inhalte, auf das

›Mehr‹ eines Textes, dessen Grenzen, Genese, Identität und Autorschaft frag-würdig sind:

»censorship inevitably raises questions about discursive boundaries and their transgression.«95

Wie Levine den privilegierten Subjektstatus der Psychoanalyse als Instrument

objektiv-wissenschaftlicher Analyse unter Hinweis auf die literarische Performanz dieser

Disziplin kritisch hinterfragt, hat der ›New Historicism‹ der Historiographie narrative

Elemente nachgewiesen und daraus geschlossen, Geschichtswissenschaft sei ultimativ

fiktionalen Charakters.96

Ist Geschichte lediglich »eine Erzählung unter anderen«, wie Roger

Chartier es zugespitzt formuliert?97

Eine solche Sicht schießt über das Ziel hinaus, denn die

notwendige Selektion, Deutung und Darstellung historischen Materials in Form eines

erzählenden Textes ist nicht gleichbedeutend mit dessen Fiktionalität. Doch haben

Postmoderne und ›New Historicism‹ zu einer nützlichen Reflexion von Rolle, Praxis und

Verantwortung des Historikers geführt. Der Glaube an die Möglichkeit, ja an den Wert

einsinniger Rekonstruktion von Vergangenheit ist ins Wanken geraten. Das hat Konsequenzen

auch für die historische Zensurforschung, arbeitet sie doch viel mit Quellenmaterial und

historischen Darstellungsformen. Wenn Breuer auf seine Frage »Woraufhin soll der

Zensurhistoriker seine Quellen auswerten?« mit dem Verweis auf »systemtheoretische

Erklärungsmöglichkeiten nicht nur der gesellschaftlichen Normenkontrolle, sondern auch des

historischen Normenwandels« antwortet, sieht er die Tragweite seiner Frage nicht ganz.98

Denn empirisches Material kann, wie Sigrid Roßteutscher klarstellt, zu ganz

unterschiedlichen Auslegungen führen: »history serves as a huge quarry providing empirical

proof for highly diverging accounts.«99

Der Zweifel an der Fähigkeit des Historikers,

Vergangenes zuverlässig zu rekonstruieren, liegt einerseits im Mißtrauen des

interpretatorischen Tuns des Wissenschaftlers begründet, hat aber andererseits mindestens

ebenso viel mit der Tatsache zu tun, dass heute historisches Quellenmaterial selber als

Konstrukt beargwöhnt wird, anstatt als ›Steinbruch‹ der Wahrheit. Natürlich ist schon immer

quellenkritisch gearbeitet worden, doch diente dies stets der Gewinnung einer verläßlichen

Materialbasis durch Identifikation und Relegation des als faktisch weniger zuverlässig

Erscheinenden. Im Zuge des textual turn jedoch werden Quellen nicht mehr primär auf ihre

Stichhaltigkeit, auf ihren faktischen Weltbezug, auf ihre Verwendbarkeit als Beweismaterial

hin bewertet; vielmehr stehen ihre textuellen Eigenschaften im Vordergrund: Gattung, Stil,

Diskurs, Metaphorik, Motivik, Rhetorik usw. – kurzum, Konstruktcharakter und Machart der

Texte, die Funktion der Gestaltungsweise für die jeweilige Argumentation sowie

intertextuelle Relationen im fraglichen Aktenbestand. Kanzog spricht angesichts des

gesteigerten Interesses an »Argumentationen der Gutachter« von einem editorischen

94

Levine, S. 13. 95

Levine, S. 6. 96

So spricht Hayden White vom »emplotment«, dem seines Erachtens notwendigen Rückgriff auf poetische und

rhetorische Verfahren für die narrative Vermittlung historischer Fakten, in denen er »generic story patterns«

zu erkennen glaubt, die die »›plots‹« der zu vermittelnden Geschichte bereitstellen. White: Historical

Emplotment and the Problem of Truth. In: Keith Jenkins (Hrsg.): The Postmodern History Reader. London,

New York: Routledge 1997, S. 392-396. Hier S. 393. In diesem Band auch zahlreiche weitere Texte zur

Auseinandersetzung zwischen Postmoderne und Geschichtswissenschaft. 97

Roger Chartier: Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung. Aus dem

Französischen von Ulrich Raulff. Frankfurt/M.: Fischer 1992, S. 36. 98

Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung, S. 58. 99

Sigrid Roßteutscher: Competing Narratives and the Social Construction of Reality. The GDR in Transition. In:

German Politics 9.1 (2000), S. 61-82. Hier S. 63.

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»Nachholbedarf«: »Vollständige Akten-, bzw. Gutachtenpublikationen stehen nicht in

gebotenem Maße zur Verfügung.«100

In der jüngeren Zensurforschung werden Textzeugen

zensorischer Auseinandersetzungen mittlerweile intensiver als bisher auf ihre

Argumentationen und Diskurse hin befragt, anstatt in erster Linie als Grundlage für

Rekonstruktionen historischer Abläufe zu dienen.101

Die Vorteile eines solchen Ansatzes

liegen auf der Hand: Er entlastet den Wissenschaftler von der oft unmöglichen Aufgabe, Fakt

von Fiktion zu trennen, hebt die Analyse über das geschichtliche Puzzlespiel hinaus, erlaubt

die Wahrnehmung der Texte als solche, und bietet somit vor allem den

Literaturwissenschaftlern unter den Zensurforschern die Chance, das zu tun, was sie gut

können, nämlich interpretierend mit und an Texten zu arbeiten.

Das Nachdenken darüber, was Geschichtsschreibung leisten kann, hat auch den

Umgang mit Archivalien und die Eigenarten von Archiven in den Blickpunkt gerückt. Zu den

einschlägigen Studien von Philosophen, Kultur- und Medienwissenschaftlern gehören

diejenigen von Wolfgang Ernst und Cornelia Vismann, die das Funktionieren des

Gedächtnismediums Archiv behandeln; Vismann entwirft eine ›Grammatologie‹ von

Aktentexten.102

Vismanns genaue Auseinandersetzung mit den Wesenszügen der Akte wäre

dazu geeignet, auch die Interpretation von Zensurakten zu bereichern.

Die genannten Arbeiten über Archive stehen im Kontext eines allgemeinen, aktuellen

Interesses an den Zusammenhängen zwischen Medien, (Schrift)Kultur und Gedächtnis. Da im

Zuge dieser Debatte Manifestationen und Traditionen des kulturellen Gedächtnisses erforscht

werden, gehört der Kanon als Hüter der Überlieferung zu den wichtigen

Untersuchungsgegenständen: »Kanon soll [...] ein Oberbegriff für alle Versuche sein,

gesellschaftliche Einheit und kulturelle Stabilität mit Normierungen und institutionellen

Mitteln zu sichern.«103

Die sowohl in Deutschland als auch im angelsächsischen Raum lebhaft

geführte Kanondebatte ist für die Zensurforschung deshalb relevant, weil ihr die Zensur als

Kontrastfolie oder Pendant für den Kanon dient.104

Es ist leicht einzusehen, warum:

Schließlich sind kanonrelevante Selektionshandlungen, Abgrenzungen und

Normierungsversuche auch zensurtypisch. Aleida und Jan Assmann, Herausgeber eines für

die Kanonforschung sehr wichtigen Bandes, betrachten »Kanon und Zensur als korrelative

Begriffe«.105

Das ist jedoch ein wenig irreführend, denn Zensur impliziert zwar die Existenz

eines Kanons, aber das Vorhandensein eines Kanons bedeutet noch lange nicht, dass es auch

Zensur gibt. Die Assmanns differenzieren zwischen drei Einrichtungen, die als »Wächter der

Überlieferung« kanonische kulturelle »Permanenz« herstellen: Zensur, Textpflege und

100

Kanzog: Textkritische Probleme der literarischen Zensur, S. 320. – Zensur-Dokumente werden beispielsweise

vollständig und in großem Umfang reproduziert in: York-Gothart Mix: Ein ›Oberkunze darf nicht

vorkommen‹. Materialien zur Publikationsgeschichte und Zensur des Hinze-Kunze-Romans von Volker

Braun. Wiesbaden: Harrassowitz 1993. (Schriften und Zeugnisse zur Buchgeschichte 4); Müller: Stasi –

Zensur – Machtdiskurse; Plachta: Damnatur – Toleratur – Admittitur (dort allerdings – wenig leserfreundlich

– auf beigefügtem Microfiche); Ziegler: Literarische Zensur in Deutschland 1819-1848. 101

Beispielhaft seien folgende Studien genannt: Brohm: Die Koordinaten im Kopf; Hyunseon Lee:

Geständniszwang und ›Wahrheit des Charakters‹ in der Literatur der DDR. Diskursanalytische Fallstudien.

Stuttgart, Weimar: Metzler 2000; Müller: Stasi – Zensur – Machtdiskurse. 102

Wolfgang Ernst: Das Rumoren der Archive. Ordnung aus Unordnung. Berlin: Merve 2002. (Internationaler

Merve-Diskurs 243); Cornelia Vismann: Akten. Medientechnik und Recht. Frankfurt/M.: Fischer 2000. 103

Winfried Schulze: Kanon und Pluralisierung in der Frühen Neuzeit. In: Aleida und Jan Assmann: Kanon und

Zensur als kultursoziologische Kategorien. In: Aleida und Jan Assmann (Hrsg.): Kanon und Zensur.

Archäologie der literarischen Kommunikation II. München: Fink 1987, S. 317-325. Hier S. 317.

(Auszeichnung im Original.) 104

Ausführlicher als hier zur Relevanz der Kanondebatte für die Zensurforschung vgl. Müller: Über

Zensur, S. 11-14. 105

Aleida und Jan Assmann: Kanon und Zensur als kultursoziologische Kategorien. In: Aleida und Jan Assmann

(Hrsg.): Kanon und Zensur. Archäologie der literarischen Kommunikation II. München: Fink 1987, S. 7-27.

Hier S. 19.

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21

Sinnpflege.106

Die Zensur bekommt die Rolle des Schwarzen Peter zugeschoben: Zur Zensur

gehöre

neben der Abgrenzung gegen das Fremde, Unechte, Falsche auch die Immunisierung

gegen den Wandel. Diese Aufgabe ist spezialisierten Institutionen übertragen, die wir

unter den Begriffen der ›Textpflege‹ und der ›Sinnpflege‹ zusammenfassen wollen. Im

Gegensatz zu der wesentlich negativen Stoßkraft der Zensur, die ausscheidet,

herabmindert und verhindert, fällt den beiden anderen Institutionen eine vornehmlich

konservative bzw. kreative Funktion zu.107

Das ist jedoch zu schematisch und abstrakt gedacht. Denn in der zensorischen Praxis wird

nicht nur ›ausgeschieden‹, ›herabgemindert‹ und ›verhindert‹, sondern auch erlaubt oder mit

Variationen zugelassen. Das solcherart verlegte Buch ist ja ungeachtet der zensorischen

Interventionen ein kreatives Werk, und schon durch den Legitimationseffekt zensorischer

Imprimatur-Entscheidungen zeigt sich die Zensur von ihrer ›konservativ-kreativen‹ Seite:

»Gewiß wird man nur schwerlich argumentieren können, bei einem Placet des Zensors liege

eigentlich gar keine Zensur, sondern Text- oder Sinnpflege vor, wohingegen es sich bei einer

verweigerten Druckerlaubnis derselben Institution um Zensur handele.«108

Die strenge

Abspaltung der Zensur von der Text- und Sinnpflege wird von den Assmanns denn auch nicht

durchgehalten, impliziert ihre Unterscheidung dreier Zensurtypen doch konzeptionelle

Überschneidungen, weil Typ zwei der Textpflege ähnelt und Typ drei der Sinnpflege: »Wir

unterscheiden 3 idealtypische Grundformen der Zensur: die Zensur zur Bewahrung der Macht

gegen das Subversive, die Zensur zur Profilierung des Kanons gegen das Apokryphe

(Profane, Heidnische) und die Zensur zur Bewahrung des Sinns gegen das Häretische.«109

Unzweifelhaft bestehen Parallelen zwischen Kanon und Zensur: Beide trennen

Kulturgut in rezeptionswürdige und rezeptionsunwürdige Werke, beide können zur

kulturellen Sinnstiftung und Traditionsbildung beitragen, beide spiegeln Eigenschaften des

Kulturbetriebs, (kultur)politischer Machtverhältnisse sowie der kulturellen Praxis einer

Gesellschaft, mit beiden kann Macht ausgeübt werden. Damit hören die Gemeinsamkeiten

jedoch auf, und essentielle Unterschiede zwischen Kanon und Zensur springen ins Auge: Die

für die Ausübung von Zensur unverzichtliche institutionelle, verfahrenstechnisch-

bürokratische und legale Verankerung kontrastiert mit vielen Erscheinungsformen des Kanon,

die durchaus nicht ›von oben verordnet‹ zu sein brauchen, wie es freilich u.a. bei schulischen

Kurrikula der Fall ist, nicht jedoch bei solchen Kanones, die auf den (natürlich auch durch

Vermarktung gesteuerten) Vorlieben eines Zielpublikums basieren, z.B. in der Musikbranche.

Im Gegensatz zur ›mono-logischen‹ Zensur gibt es beim Kanon Pluralismus insofern, als

verschiedene Kanones in verschiedenen Kontexten nebeneinander existieren: »Nur in kleinen

Gruppen und in der offiziellen Kultur totalitärer Gesellschaften gelingt es, einen einzigen

Kanon ›von oben‹ oder wenige homogene Kanones durchzusetzen. Differenzierte moderne

Kulturen verfügen über konkurrierende Autoren- und Werkkataloge, die sich nur zum Teil

überschneiden.«110

So gibt es in der Rockmusik ganz andere Vorstellungen davon, was

kanonisch ist, als z.B. beim Jazz oder Musical. Grenzt ein Kanon ein Werk zugunsten eines

anderen aus, so läßt er das Zurückgewiesene selber unangetastet; die Zensur hingegen greift

entweder schon in die Entstehungs- und Produktionsphase ein oder behindert aktiv die

Verteilung und Rezeption des fraglichen Werkes. Martina Langermann und Thomas Taterka

106

Assmann, S. 11. 107

Assmann, S. 11f. 108

Müller: Über Zensur, S. 12. 109

Assmann: Kanon und Zensur als kultursoziologische Kategorien, S. 26 (Anm. 11). 110

Rainer Grübel: Wert, Kanon und Zensur. In: Heinz Ludwig Arnold / Heinrich Detering (Hrsg.): Grundzüge

der Literaturwissenschaft. München: dtv 1997 [1996], S. 601–622. Hier S. 619.

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22

stellen Kanon und Zensur einander gegenüber; sie sprechen von der DDR, doch treffen die

beschriebenen Mechanismen auch auf andere politische Welten zu:

Kanon war ein Machtmittel, um Ziele auf Konsensbasis zu erreichen, Handeln durch

Selbsttätigkeit in eine intendierte Richtung zu treiben. Wenn aber die handlungsleitende

Funktion des Kanons Formen der Anerkennung voraussetzt, muß seine Existenz gerade

da vermutet werden, wo er oberflächlich nicht wahrnehmbar und, im Sinne

erfolgreicher Vermittlung von Interessen, wie ›selbstverständlich‹, gewissermaßen

naturhaft, anwesend und wirksam war. In genauem Gegensatz dazu steht die Zensur:

Zensurfälle markierten eine nicht-erfolgreiche Vermittlung. Zensur erscheint in dieser

Perspektive nicht als schlichtweg negierender, abschneidender Akt. Sie gibt vor allem

ein Scheitern sonst ›gelungener‹ vorgängiger Vermittlungen zu erkennen, das Scheitern

von Kanonisierungsversuchen, das nach dem Selbstverständnis des institutionellen

Systems nun die krude Intervention, das offene Eingreifen, notwendig machte.111

Es wird klar, dass Kanon und Zensur ineinander greifen. Wer von beiden der

kulturgeschichtlich wirkungsmächtigere Faktor ist oder war, werden Kanonforscher und

Zensurforscher unterschiedlich (und nicht ganz uneigennützig) beantworten: Wo Breuer

»Literaturgeschichte als Zensurgeschichte« sieht, ist für Schulze die »europäische Frühe

Neuzeit [...] ganz allgemein durch die Dialektik von Kanon und Pluralisierung zu

charakterisieren«.112

Eins steht jedoch fest: Was Robert Post der traditionellen

Zensurforschung attestiert – nämlich Langeweile113

– hat sich verflüchtigt, und zwar nicht nur

aufgrund der Öffnung bisher unzugänglicher Archive, ob in der ehemaligen DDR, Osteuropa

oder Vatikanstadt.

Desiderate

Statt einer Zusammenfassung seien zum Abschluß einige wenige Forschungslücken

aufgezeigt, die im Haupttext dieses Beitrags noch nicht oder noch nicht adäquat als solche

identifiziert worden sind. Dem Grundtenor dieses Aufsatzes entsprechend beziehen sich die

nachfolgenden Ausführungen weniger auf Desiderate in der historischen Zensurforschung als

auf untererforschte Probleme theoretischer, systematischer oder thematisch übergeordneter

Natur.

Wenn es schon einem einzelnen Autor – oder selbst einem kleineren Autorenteam – nicht

zuzumuten ist, eine umfassende deutsche Zensurgeschichte zu schreiben, könnte eine

wissenschaftlich angelegte Enzyklopädie, die die thematische Breite der gegenwärtigen

Zensurforschung spiegelt, Abhilfe schaffen. Die von Derek Jones herausgegebene ist hier

kein besonders gutes Vorbild, weil die Einträge in ihrer Qualität sehr unterschiedlich sind

und theoretische Belange völlig unterrepräsentiert sind – es gibt noch nicht einmal

Stichwörter zur Zensurtheorie oder zur Zensurdefinition.114

111

Martina Langermann / Thomas Taterka: Von der versuchten Verfertigung einer Literaturgesellschaft. Kanon

und Norm in der literarischen Kommunikation der DDR. In: Birgit Dahlke / Martina Langermann / Thomas

Taterka (Hrsg.): LiteraturGesellschaft DDR. Kanonkämpfe und ihre Geschichte(n). Stuttgart, Weimar:

Metzler 2000, S. 1–32. Hier S. 17. 112

Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung, S. 43; Schulze: Kanon und Pluralisierung in der Frühen

Neuzeit, S. 317f. 113

Robert C. Post: Censorship and Silencing. In: Robert C. Post (Hrsg.): Censorship and Silencing. Practices of

Cultural Regulation. Los Angeles: The Getty Research Institute 1998, S. 1-12. Hier S. 1. 114

Derek Jones (Hrsg.): Censorship. A World Encyclopedia. 4 Bde. London, Chicago/IL: Fitzroy Dearborn

2001.

Page 23: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

23

Sowohl von der Zensur Betroffene als auch Verfasser von Sekundärliteratur tendieren

dazu, sich metaphorisch zur Zensur zu äußern. Da ist die Rede vom Maulkorb, von der

Schere im Kopf, vom ›Gedankenkindermord‹ (nach Heine), der Amputation, der

Entmündigung durch Zensur, deren Richtschwert usw. In diesen und anderen

Formulierungen drücken sich Werturteile und Vorstellungen über die Funktionsweise von

Zensur aus, denen diskursanalytisch nachzuforschen sehr interessant wäre, etwa wenn man

die bildstiftenden Bereiche systematisierte und ihre Verwendung historisierte, um auf der

Basis von Konstanten und Varianten geistesgeschichtliche oder durch unterschiedliche

politische Systeme bedingte Entwicklungen des Bildes von der Zensur nachzuzeichnen.

Die Aussage, ein Buchverbot sei eine gute Reklame für das betroffene Werk und seinen

Schöpfer, ist ein Gemeinplatz in der Forschung; Brohm befindet gar, »daß ein

Publikationsverbot wie ein Adelstitel wirken« kann.115

Doch fehlt es an fundierten

Untersuchungen, die die komplexe Beziehung zwischen Zensur und Markt erhellen. Das

hängt selbstverständlich auch damit zusammen, dass es unmöglich ist, aus den schwarzen

Zahlen, die ein beispielsweise in der DDR verbotenes, aber in der BRD erfolgreich

verlegtes Buch erzielt hat, ›normale‹ Verkaufszahlen abzuleiten, die das Buch hätte

erzielen können, wenn es nicht verboten worden wäre. Doch ›Markt‹ ist ja nicht

gleichbedeutend mit ›Umsatz‹, und so kann man andere marktrelevante Aspekte

erforschen, z.B. Werbetexte für Bücher, Profile von Verlagsprogrammen, Messekataloge,

oder auch verlegerische Deliberationen über Absatzchancen und Verkaufsstrategien, wie

sie in Firmenunterlagen und Korrespondenz zutage treten (auch wenn einschlägiges

Material nicht (mehr) unbedingt vorhanden oder frei zugänglich ist).

Die Aufarbeitung der Geschichte einzelner Institutionen des Literatur- oder Kulturbetriebs

und ihres Verhaltens in zensorischen Kontexten ist weiter voranzutreiben: Verlage,

Buchhandlungen, Buchmessen, Börsenvereine, Bibliotheken,116

Theater, Museen,

Schriftsteller- und Künstlerverbände etc. haben alle Anteil an der Mediation zwischen

Kulturschaffenden, Kulturgütern, der Kulturadministration und dem Publikum. Nicht

zuletzt aufgrund der vergleichsweise guten Materiallage sind solche Untersuchungen für

Teile des Kulturbetriebs der DDR bereits geleistet worden – ich verweise exemplarisch auf

die Arbeiten von Simone Barck und Siegfried Lokatis zum Verlag Volk und Welt sowie

auf den buchwissenschaftlich und kulturgeschichtlich hochinteressanten Band Das Loch in

der Mauer.117

Ein sehr untererforschter Gegenstandsbereich ist der Zusammenhang zwischen Zensur und

Übersetzung. Damit ist nicht in erster Linie die Steuerung der Lektüre durch selektive

Übersetzung kanonischer fremdsprachiger Werke, wie es in der DDR Kulturpolitik war,

gemeint,118

sondern die ideologisch motivierte Aussparung ›brenzliger‹ Stellen im

übersetzten Text. Wenn in A Model Childhood, der amerikanischen Übersetzung von

115

Brohm: Die Koordinaten im Kopf, S. 19. 116

Vgl. hierzu Der ›Giftschrank‹. Erotik, Sexualwissenschaft, Politik und Literatur. ›Remota‹. Die

weggesperrten Bücher der Bayerischen Staatsbibliothek. Eine Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek

München vom 2. Oktober bis zum 17. Dezember 2002. Hrsg. von Stephan Kellner. Mit Beitr. von Wolfgang

Ernst. München: BSB 2002 (Ausstellungskataloge Bayerische Staatsbibliothek 73). 117

Simone Barck / Siegfried Lokatis (Hrsg.): Fenster zur Welt. Eine Geschichte des DDR-Verlages Volk und

Welt. Begleitbuch zur Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Alltagskultur der DDR e.V. ›Fenster

zur Welt. Der Verlag Volk und Welt und die Zensur internationaler Literatur‹. Hrsg. im Auftrag des

Dokumentationszentrums Alltagskultur der DDR unter Mitarb. von Roland Links und Anja Augustin. Berlin:

Links 2005; Lehmstedt / Lokatis (Hrsg.): Das Loch in der Mauer. 118

Dazu s. Anna-Christina Giovanopoulos: Die amerikanische Literatur in der DDR. Die Institutionalisierung

von Sinn zwischen Affirmation und Subversion. Essen: Die Blaue Eule 2000. (Dresdner Arbeiten zur

Anglistik und Amerikanistik 6). [zugl. Univ. Diss. TU Dresden 2000].

Page 24: Zensurforschung: Paradigmen, Konzepte, Theorien

24

Christa Wolfs Roman Kindheitsmuster (1976), fast alle Passagen, die sich kritisch mit dem

Vietnam-Krieg auseinandersetzen, schlicht fehlen, kann das kein Zufall sein.119

Wenig systematische Beachtung haben Geschlechterverhältnisse im Kontext der Zensur

gefunden, zumindest im deutschsprachigen Raum. Es wäre ferner zu prüfen, ob sich das,

was Barbara Becker-Cantarino ›Geschlechtszensur‹ nennt,120

auf andere

Bevölkerungsgruppen übertragen läßt: Sind Zensurentscheidungen - auch in post-

aufklärerischen Zeiten - mitabhängig vom ethnischen, kulturellen, religiösen Background

der Zensierten?121

Wurden also beispielsweise in der DDR die von jüdischen

Schriftstellern, von Opfern des Faschismus vorgelegten Manuskripte mit einer anderen

Elle gemessen als die Werke anderer Autoren?

Das Thema Zensur müßte für den Schulunterricht didaktisch besser aufbereitet werden.

Bernd Ogans einschlägiges Reclambuch Literaturzensur in Deutschland ist ein löbliches

Unterfangen, doch mittlerweile schon 20 Jahre alt.122

Und im Internet-Zeitalter, in dem

Pornographie, terroristische Anleitungen zum Bombenbau oder Websites zum illegalen

Herunterladen von Musik immer nur einen Mausklick weit weg sind, wäre eine

Einbeziehung auch solcher hochaktueller Problemkreise sehr lohnenswert, nicht zuletzt im

Interesse einer Erziehung zum mündigen Bürger im 21. Jahrhundert.

119

Übers. v. Ursule Molinaro und Hedwig Rappolt. New York: Farrar, Straus und Giroux 1980. – Ich bedanke

mich bei Georgina Paul von der Universität Oxford für diesen Hinweis sowie für die gestattete

Einsichtnahme in einen Brief Christa Wolfs an Georgina Paul in dieser Sache. 120

Barbara Becker-Cantarino: Geschlechtszensur. Zur Literaturproduktion der deutschen Romantik. In: John

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Sozialgeschichte der Literatur 51). 121

Zu Zensur und Religion in der DDR vgl. Siegfried Bräuer / Clemens Vollnhals (Hrsg.): ›In der DDR gibt es

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