Prof. Dr. med. Kai G. Kahl Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie Zeitmanagement und Work-Life Balance Konzepte für eine gesunde Lebensführung
Prof. Dr. med. Kai G. Kahl
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Zeitmanagement
und Work-Life Balance
Konzepte für eine
gesunde Lebensführung
Ausgangssituation
• Zunahme von AU Tagen aufgrund psychischer Erkrankungen
bei allen Krankenkassen nachweisbar
• Depression ist der häufigste Grund für AU Tage
• Depression ist Hauptursache für Langzeit-AU (> 6 Wochen)
• Je länger die AU Zeit, desto schwieriger der
Wiedereingliederungsprozess
• Arbeit erfüllt wichtige positive psychologische Funktion UND
Arbeits-bezogene Belastungen können psychische
Erkrankungen negativ beeinflussen
• Bei Anwendung von „klassischer“ PT keine Überlegenheit bzgl.
RTW
• Bisherige Psychotherapiekonzepte haben die Rückkehr an den
Arbeitsplatz nicht explizit thematisiert – Schonung statt
Wiedereingliederung
Prof. Dr. med. Kai G. Kahl
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Probleme durch den Arbeitsplatz
Winter, Kraft, Boss, Kahl: PPmP 2015
Prof. Dr. med. Kai G. Kahl
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Verbitterung am Arbeitsplatz
Winter, Kraft, Boss, Kahl: PPmP 2015
Arbeit – mehr als nur Broterwerb
Protektive Pathogene
Faktoren Faktoren
Gruppenzugehörigkeit
Identitätsstiftung
Soziale Unterstützung
Positives
Selbsterleben
Enttäuschungen und
Konflikte
Aggression durch
Dritte
Hierarchie-
Auseinandersetzung
und Sanktionen
Mobbing und Rivalität
Soziale Konflikte und Ungerechtigkeit
am Arbeitplatz
Organisationale Ungerechtigkeit
• Unfaire Behandlung
• Bevorzugung
• Unfaire Beförderungsregeln
• Ungleiche Bezahlungen
• Aufwands-Belohnungs-Ungleichgewicht
Informationelle Ungerechtigkeit
• Unehrliche Kommunikation
• Risiko für personale Kränkung und Erniedrigung
hoch
Soziale Konflikte und Ungerechtigkeit
am Arbeitplatz
Interpersonale Ungerechtigkeit
• Interaktionen mit Kollegen, Vorgesetzten, Klienten
• Würdevoller Umgang
• Respekt
• Nachteilige Äußerungen
• Persönliche Attacken
Agggressive und missbräuchliche Überwachung
• U.a. kein Freiraum für eigene Planung von Arbeit
und Tempo
Reaktionen von Arbeitnehmern auf
Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz
• Abwendung und reduziertes Engagement
• Schlechtere Leistung
• Verminderte Produktivität
• Absentismus
• Präsentismus
• …
• Verbitterung
Verbitterungsstörung - Symptome
• Sozialer Rückzug
• Gedrückte Stimmung mit Primäraffekt
„Verbitterung“
• Selbst- und Fremdaggression
• Intrusionen
• Psychosomatische Beschwerden
• Antriebshemmung
• Schlafstörung
• Reizbarkeit
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Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Spezifische Probleme psychisch
Kranker bei der Reintegration ins
Erwerbsleben
Winter, Kraft, Boss, Kahl: PPmP 2015
Psychisch krank = lange krank
DAK Gesundhehitsreport 2014: Anteil der 10 wichtigsten Krankheitsarten an den-AU Tagen
Psychisch krank = lange krank
DAK Gesundhehitsreport 2014: Anteil der 10 wichtigsten Krankheitsarten an den AU-Fällen
Psychische Störungen und Rückkehr
an den Arbeitzplatz
Persönlichkeitsfaktoren und
problematische
Bewältigungsstrategien
Symptome
der
Depression
Gefühl nicht
verstanden
zu werden
Zu
früher
Arbeitsbeginn
De Vries et al. 2014; PLoS One
Persönlichkeitsfaktoren und
problematische Bewältigungsstrategien
• Perfektionismus, überhöhte Ansprüche, fehlendes Selbstvertrauen
• Zögerlichkeit, Vermeidungsverhalten
• Unterlegenheitsgefühl, fehlende Selbstbehauptung
• Scham, Versagensgefühle
• Fehlende Selbstreflektion bezüglich Problemverhalten
• Fehlende Akzeptanz von Krankheit und Funktionseinschränkungen
• Fehlende soziale Unterstützung von zuhause (Einsamkeit,
Beziehungsprobleme).
• Fremdattribution der Probleme
• Zusätzliche Belastung zuhause (z.B. kranker Partner oder krankes
Kind zuhause)
• Keine Kommunikation über die Arbeitsprobleme möglich
• Gefühl von Inkompetenz bezüglich der Arbeitsanforderungen
Symptome der Depression
• Zu hohe Depressionsschwere
• Sorgen, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
• Müdigkeit, Energielosigkeit
• Weitere psychische Störungen
• Rezidivierende Depression
• Substanzmissbrauch
• Viele Probleme
• Komorbide körperliche Erkrankung
• Medikamentennebenwirkungen
• Anhaltende Trauer
Gefühl nicht verstanden zu werden
• Subjektiv fehlendes Verständnis und Unterstützung
• Gefühl nicht verstanden zu werden
• Gefühl unter Druck zu stehen
• Hohes Bedürfnis an Unterstützung
Zu früher Arbeitsbeginn
• Zu früher Arbeitsbeginn aufgrund von Erfolgsdruck
• Kein ausreichender Raum für Erholung von der
Erkrankung
• Gefühl vom Arbeitgeber aufgegeben worden zu sein
Beispiele für interpersonelle
Fertigkeitendefizite
dominant
freundlich dominant feindselig dominant
freundlich feindselig
feindselig unterwürfig freundlich unterwürfig
unterwürfig Exzessives
Rückversicherungsverhalten
Genervtsein, offen
aggressives Verhalten
schnippische Bemerkungen,
Zynismus
Besserwissen, flapsiges
Verhalten
Prof. Dr. med. Kai G. Kahl
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Rückkehr ins Erwerbsleben
(KBT-A)
Ein Arbeitsplatz-bezogenes
Psychotherapiemodul zur Integration
in Kognitiv-Behaviorale Therapie
Winter, Kraft, Boss, Kahl: PPmP 2015
Was ist innovativ an KBT-A?
• „Klassische Psychotherapie“ behandelt Störungen (Krankheiten)
• Therapieziel ist Remission (Heilung )
• Arbeitsfähigkeit wird als Resultante der Remission erachtet
• Unausgesprochene Prämisse, dass Heilung die Voraussetzung
für Rückkehr an den Arbeitsplatz ist
• Die Möglichkeiten einer gestuften Rückkehr an den Arbeitsplatz
(Hamburger Model) werden gar nicht oder holzschnittartig genutzt
• Inverventionen am Arbeitsplatz sind selten Bestandteil der Therapie
Was ist innovativ an KBT-A?
KBT-A verfolgt zwei Ziele
• Remission
UND
• Rückkehr an den Arbeitsplatz
Dabei dient der Arbeitsplatz als Feld für die Anwendung
Psychotherapeutischer Strategien
Was ist innovativ an KBT-A? Eine schrittweise Rückkehr an den Arbeitsplatz kann:
• eine Struktur liefern oder zur Aufrechterhaltung einer Struktur
dienen,
• Ablenkung bieten,
• aktivierend sein,
• positive Erfahrungen erleichtern,
• soziale Kontakte fördern,
• den Schritt zu einer vollen Rückkehr an den Arbeitsplatz
erleichtern,
• eine Form der "schrittweisen Exposition", im Fall von
arbeitsbedingten psychischen Problemen sein,
• als Setting dienen, in dem irrationale Kognitionen getestet
werden können.
Kraft, Boss, Winter, Kahl: (in press)
Was ist innovativ an KBT-A?
Kraft, Boss, Winter, Kahl: (in press)
Die Integration des Moduls in die Therapie zeigt sich durch:
• ein arbeitsbezogenes Grundprinzip,
• dem Aufschreiben einer umfassenden
Beschäftigungsgeschichte,
• der Ausarbeitung eines schrittweisen Plans zur Rückkehr an
den Arbeitsplatz auf der Grundlage individueller Aufgaben,
• der Integration individueller Arbeitsaufgaben in die
Hausaufgaben
• und der Evaluation des Fortschritts der Patienten bezüglich
der Rückkehr an den Arbeitsplatz.
Vorläufige Ergebnisse der
Machbarkeits-Studie
N=27
Alter 41,7
Weibliches Geschlecht 20 (74%)
Depression 24 (88,8%)
Angststörung 3 (11,1%)
PTSD 4 (14,8%)
Persönlichkeitsstörung 3 (11,1%)
Ø BDI-2 bei Beginn 22,7
Feste Partnerschaft 20 (69%)
Schulabschluss
Hauptschule
Realschule/ BS
Abitur/ FH
4 (14,8)
12 (44,4%)
11 (40,7%)
Akzeptanz bei Therapeuten Haben Sie als Therapeut das Gefühl, dass Ihnen der RTW
Ansatz in irgendeiner Weise bei der Therapie dieses Patienten
geholfen hat? „Auch mir hat die Arbeitsplatzanalyse geholfen, strukturiert und zügig die
individuellen Stellschrauben zu finden. Sie löst gut Übergeneralisierungen bzgl. der
Arbeit/dem Arbeitgeber auf.“
„Mehr Mut, das Thema Arbeit anzusprechen. Sowie die Schaffung einer
Stabilisierung durch die Wiedereingliederung (Tagesstruktur, Wertschätzung, etc.)“
„Das gute Verständnis für die Arbeitssituation half dabei, diese besser zu gestalten
bzw. die möglichen Spielräume besser zu erkennen.“
„Die Patientin hätte mich, wenn ich mich mit dem Thema nicht so intensiv
auseinander gesetzt hätte, wahrscheinlich schnell überreden können, die Rente zu
beantragen anstatt zum Arbeitsplatz zurückzukehren.“
Prof. Dr. med. Kai G. Kahl
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Weitere Projekte mit Bezug zur
Arbeitswelt
Akut ?
Firmenstandorte: TUI Hannover, Stahlwerk Salzgitter
BKK MedPlus Center
Selektion, Steuerung, Fallmanagement
Gesamte Projektfinanzierung durch BKKen in diesem Integrierten Versorgungsvertrag
Modul 1: Diagnostische Beratung
Klinische und Arbeits-psychologische Diagnostik
Modul 2:
Intensivierte
Stationäre Therapie
Subakut ?
Modul 3: Ambulante Psychotherapie
Modul 4: Ambulante Pharmakotherapie
Psychosomatische Rehabilitation?
Präventionskonzepte Fit for Work and Life
Briest et al. 2015, Poster presented at the World Congress
of the International Society of Physical and Rehabilitation Medicine, Berlin, Germany
Prof. Dr. med. Kai G. Kahl
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Zusammenfassung
Rückkehr an den Arbeitsplatz - wo stehen wir heute? -
• RTW- Modul erstmals in Deutschland im Rahmen einer
Machbarkeits-Studie untersucht
• RTW ist in Kognitiv-Behaviorale Therapie integrierbar
• RTW ist applizierbar bei schweren (!) psychischen
Störungen
• Zufriedenheit von Patienten und Therapeuten
• Durchschnittliche Dauer bis zur Rückkehr an den
Arbeitsplatz 8 (6) Wochen
• Nächste Schritte: Vergleichsgruppe