empirica Forschung und Beratung empirica ag Kurfürstendamm 234 10719 Berlin Tel. (030) 88 47 95‐0 Fax. (030) 88 47 95‐17 berlin@empirica‐institut.de Zweigniederlassung Bonn Kaiserstr. 29 53113 Bonn Tel. (0228) 91 48 9‐0 Fax (0228) 21 74 10 bonn@empirica‐institut.de www.empirica‐institut.de Wohnungsmarktbericht Sachsen‐Anhalt 2018 Endbericht Auftraggeber: Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen‐Anhalt Ansprechpartner: Dr. Reiner Braun und Markus Schmidt Projektnummer: 2018026 Datum: 13. Dezember 2018 Büro: Berlin
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Wohnungsmarktbericht Sachsen-Anhalt 2018 · wohnungsmarktbericht sachsen‐anhalt 2018 v empirica abbildung 24: zusammensetzung der landesweiten neubauprognosen fÜr wohnungen in
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empiricaForschung und Beratung
empirica ag Kurfürstendamm 234 10719 Berlin Tel. (030) 88 47 95‐0 Fax. (030) 88 47 95‐17
Anzahl und Qualität (Bauform, Zustand, Lage, Zentralität,Wohnumfeld) desWoh‐nungsbestands determinieren die Angebotspalette. Im Zusammenspielmit AnzahlundPräferenzenderNachfragersowiedergeographischenVerteilungvonAngebotundNachfrage innerhalbSachsen‐AnhaltsentscheidensieüberdieHöhevonPrei‐sen,LeerstandundWohneigentumsquote.BeimLeerstandliegtdiesaufderHand:JemehrWohnungenangebotenwerden, je teurerdiese sindund je schlechterderenQualitätoderWohnumfeldsichgestalten,destomehrWohnungenstehenbeiunver‐änderter Nachfrage leer. Qualitätsbedingte Leerstände erhöhen zudem auch dieNachfragenachNeubauten–trotzLeerstand;siezeigenan,dassdieNachfragerimvorhandenen Bestand keine passenden Angebote finden. Sehr bedeutend ist aberauch der Zusammenhang vonWohnungsqualität undWohneigentum:Weil Selbst‐nutzer mehr investieren und sich i.d.R. länger binden als Mieter, spielen die Ob‐jekteigenschafteneinegrößereRolle.JeeinfamilienhausähnlicherdasGebäudeaus‐fällt, destohöher istdessenAffinität für Selbstnutzer. einfamilienhausähnlicheGe‐bäudebildenkleine,überschaubareEinheiten,habenprivateRückzugsflächenundbieten möglichst ebenerdigen Zugang zu begrünten Außenflächen. Geschosswoh‐nungenerfüllendieseAnforderungenmeistnurunzureichend.
1. StrukturendesWohnungsangebots
In Sachsen‐Anhalt gab es zuletzt rund 1,27 Mio. Wohnungen.1 Insgesamt ist derWohnungsbestandseit2007um26.400bzw.2%gesunken(vgl.Tabelle1).WeildieEinwohnerzahl sinkt, stieg dennoch der Versorgungsgrad, also die Zahl derWoh‐nungen je Tsd. Einwohner von544Wohnungen im Jahr 2007 auf etwa 575Woh‐nungenimJahr2016.
Innerhalb der verschiedenen Segmente (Ein‐/Zweifamilienhausbau,Mehrfamilien‐hausbaubzw.Nichtwohnungsbau)verliefdieEntwicklungrechtunterschiedlich.SosankdieZahlderWohnungeninEigenheimenmit0,7%erheblichlangsameralsbeiGeschosswohnungenmit3,2%.InNichtwohngebäudenstiegdieZahlderWohnun‐gensogarleichtum1,2%.
Gründe für den rückläufigen Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern sind dieAbrisse imRahmendesStadtumbausundderAltschuldenhilfezurBeseitigungderhohenLeerstände. ImEin‐undZweifamilienhausbereich ist einTeilder Schrump‐fungaufdieUmsiedlungimZugedesBraunkohleabbauszurückzuführen,einande‐rerTeilebenfallsFolgevonAbriss.
ParallelzumAbrisswurdeninSachsen‐AnhaltauchneueWohnungenerrichtet.DastrifftsowohlaufdenEin‐/ZweifamilienhausbaualsauchaufdenMehrfamilienhaus‐bauzu.ZwischenEnde2007undEnde2016wurdenrund20.900neueWohnungenfertiggestellt,davonrund14.900bzw.72%imEigenheimsektor.InderTendenzistdieNeubautätigkeit inbeidenSegmentensteigend:Wurden im Jahr2008 lediglich0,9Wohnungen je Tsd. Einwohner im Neubau errichtet, waren es im Jahr 2016schon1,4Wohnungen(vgl.Abbildung1).
TrotzhoherundweiteranwachsenderLeerständegibtessogarindemographischenSchrumpfungsregionenimmernochFertigstellungen.WährendsichdieLeerständemeistaufwenigattraktiveStandorteundBauformenkonzentrieren,fragenwohlha‐bendere Haushalte mit hohen Ansprüchen Wohnungsqualitäten nach, die im Be‐standnichtverfügbarsind.DasscheinbareParadoxvonparallelemAbrissundNeu‐bautauchtvorzugsweiseinschrumpfendenMärktenauf.
AufWachstumsmärkten(steigendeZahlvonHaushalten)schafftdiedemographischbedingte quantitative Zusatznachfrage ausreichend Neubau mit den gewünschten(höheren)Qualitäten.AußerdemerleichtertdorteinknappesAngebotdieVermark‐tungauchschlechtererQualitätenundermöglichteinhohesMietniveauz.B.durchaufwändige Aufwertungsmaßnahmen. Demgegenüber gibt es auf Schrumpfungs‐märkten (sinkende Zahl von Haushalten) keine „automatische“ Aufwertung desWohnungsbestands mehr. Dort wird die rein qualitätsbedingte ZusatznachfrageletztlichzumalleinigenGrundfürNeubau.
Gleichwohl gibt es auch in Sachsen‐Anhalt wachsende Wohnungsmarktregionen.WennalsoinSachsen‐AnhaltNeubauwieAbrissaufderTagesordnungstehen,dannsind die Ursachen inWachstums‐ und Schrumpfungsregionen ganz unterschiedli‐cherNatur.Esistdaherunabdingbar,regionaleBesonderheitenzuberücksichtigen.Deswegenwurden in Abschnitt B.2 zusammenhängendeWohnungsmarktregionendefiniert.
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2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Wohnungen
Baumaßnahmen
Neubau: Sonstige
Neubau: MFH
Neubau: EZFH
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 4
empirica
1.1 RegionaleStrukturendesWohnungsangebots
Leerstandsquote
Laut Gebäude‐ undWohnungszählung 2011 standen in Sachsen‐Anhalt insgesamtgut206Tsd.Wohnungenleer,wobeietwaviervonfünfleerstehendenWohnungenimGeschosszufindenwaren.DieLeerstandsquotelagdamalsbei9,7%,imBereichEigenheimestanden jedochnur4,6%allerWohnungen leer, spiegelbildlich lagdieQuotebeiGeschosswohnungenmit12,8%erheblichhöher.
Geschosswohnungen wie Eigenheime stehen vor allem in „sonstigen“ Gemeindenleer (vgl.Tabelle31bund c;DefinitionderRegionstypenvgl.AbschnittB2).Den‐nochliegtdieLeerstandsquoteinsgesamtdortunterdemDurchschnitt(vgl.Tabelle31a);dasliegtaber„nur“anderDominanzvonEigenheimeninden„sonstigen“Ge‐meinden und daran, dass dieser Gebäudetyp überall seltener leersteht als Ge‐schosswohnungen.
Auf Regionsebene stehen anteilig die meisten Geschosswohnungen leer im Ober‐zentrumDessau‐Roßlau(18,4%)sowieindenMittelzentrenBurg(18,3%)undBit‐terfeld‐Wolfen(17,6%;vgl.Karte1b).AuchüberalleSegmentehinwegstehenvorallem indenMittelzentrenZeitz (14,8%),Bitterfeld‐Wolfen (14,2%)und imOber‐zentrumDessau‐Roßlau(14,0%)Wohnungenleer(vgl.Karte1a).
Wohneigentumsquote
Knapp zwei Drittel aller Haushalte in Sachsen‐Anhalt wohnten im Jahr 2011 zurMiete (vgl.Tabelle31 imAnhang).DaEigenheimesichsehrvielbesser fürSelbst‐nutzereignen,werdenhiergutachtvonzehnWohnungenselbstgenutzt,währendgutneunvonzehnGeschosswohnungenvermietetsind.
WohneigentümerfindensichdarüberhinausvorallemimUmlandderZentrenso‐wie in den sonstigen Gemeinden; hier wohnt jeweils weniger als die Hälfte allerHaushalte zur Miete. Demgegenüber wohnt in den Mittelzentren nur jeder DritteundindenOberzentrennurjederfünfteineinerWohnung,dieihmselbstgehört.ImUmlandderZentrenund inden sonstigenGemeindenwerdenauchGeschosswoh‐nungenehereinmalselbstgenutzt,wohingegenbeiEigenheimenkaumregionalspe‐zifischeUnterschiedezuerkennensind.
AufRegionsebenewerdenanteiligdiemeistenGeschosswohnungen selbstgenutztimrestlichenBurgenlandkreis(23,6%)2,imUmlanddesMittelzentrumsHaldensle‐ben (20,7%) und im Umland des Oberzentrums Halle (18,3%; vgl. Karte 1c). Diehöchste Quote bei Eigenheimen liegt dagegen im restlichen Landkreis Anhalt‐Bitterfeld (86,4%),3 imMittelzentrumOschersleben (86,1%)und imOberzentrumDessau(86,0%;vgl.Karte1b).ÜberalleSegmentehinwegwerdenvorallemimUm‐
Sachsen‐Anhalt „AUFZUGSPROGRAMM“: Hier gewährt die IB einen Zu‐schuss fürMaßnahmenzurBarrierereduzierungundVerbesserungdesZu‐gangs zuWohngebäuden undWohnungen. DieWohnungen sind anschlie‐ßendfürdieDauervonmindestens15JahrenabBezugsfertigkeitzweckge‐bunden(wohnen).5DabeidarfdieNettokaltmiete indenerstenvier JahrenabFertigstellungdergefördertenMaßnahmehöchstenssechsEurojeQuad‐ratmeterWohnflächebetragen.EineFreistellungistnichtmöglich.
Sachsen‐Anhalt„WOHNRAUMHERRICHTEN“:MitdemZielderGewährleis‐tung derWohnraumversorgungwerden Zuwendungen für dieModernisie‐rungund Instandsetzung leerstehenderWohnungenvon inSachsen‐Anhaltgelegenen Wohngebäuden gewährt. Der Eigentümer/ Vermieter darf denWohnraumübereinenZeitraumvonzehnJahrennurWohnungssuchendenmiteinemWohnberechtigungsscheinzurVerfügungstellen.Diezuentrich‐tendeMietedarf inden ersten vier JahrenabAbschlussdesMietvertragesdieangemessenenKostenderUnterkunft6ummax.15%übersteigen.Frei‐stellungensindmöglich.
WohnungenmitBelegungsbindung
ImRahmendes (neuen) Förderprogrammes „WOHNRAUMHERRICHTEN“wurdenmittlerweile bereits knapp 2.000 neue Belegungsrechte in vormals leerstehendenWohnungen geschaffen (vgl. Tabelle 2). Ein knappesDrittel davon inHalle (31%)und jeweilsetwaeinevonzehn inMagdeburg(11%)und inderBörde(10%).DieEigentümerderneugefördertenWohnungensindzueinemgutenDrittelkommuna‐leWohnungsunternehmen(38%)undzuknappeinemDrittelWohnungsbaugesell‐schaften oder Genossenschaften (28%). Das restlicheDrittel gehört privaten odergewerblichenVermietern.
Zusammenmit dennochnicht ausgelaufenenBindungen aus denFörderprogram‐men bis 1995 standen EndeAugust 2018 rund 3.400Belegungsrechte landesweitzurVerfügung(vgl.Tabelle3).DiealtenBindungenwerdenvorallemindenStädtenHalleundMagdeburgsowieimHarzgefunden(vgl.Tabelle34imAnhang).Siewer‐den in den kommenden fünf Jahren jedochweitgehend auslaufen, sodass sich dieZahlderBelegungsrechtebis2024aufdieseit2016neugeschaffenenRechtekon‐zentrierenwird.Dabeiistzubeachten,dassindenkommendenJahrenweitereBin‐dungen im Rahmen des Programms „WOHNRAUM HERRICHTEN“ hinzukommenwerden.DiesesindinTabelle3nochnichtenthalten.
InSachsen‐AnhaltsinddieWohnungenimDurchschnittrund80qmgroß.Dasent‐sprichtinetwaauchdemostdeutschenMittelwert.BundesweitsinddieWohnungendagegenrundzehnqmgrößer(vgl.Abbildung2).SehrvieldeutlichereUnterschiedegibt es jedoch zwischen bewohnten und leerstehendenWohnungen. Erstere sindhierzulanderund13qmgrößer,bundesweitsogarfast17qm.OffenbarbevorzugendieMenschen also größereWohnungen. ZumTeil rührt dieseDifferenz aber auchdaher, dass vor allem Geschosswohnungen leerstehen und diese typischerweisekleinersindalsEigenheime.
EbenfallsmehralsdieHälfteallerWohnungenhabendreiodervierRäume(55%;vgl.Tabelle33imAnhang).UndwiederumwerdenWohnungenmitfünfundmehrRäumeneherimUmlandoderinden„sonstigen“Gemeindenverortet.SeitdemJahr2011istjedochinallenRegionenvorallemdieZahlderWohnungenmiteinemoderzwei Räumen sowiemit sechs undmehr Räumen gestiegen. Dagegen gibt es jetztwenigerVier‐undFünfraumwohnungen.UrsachendafürkönnensowohlimNeubaualsauchimAbrissoderinderZusammenlegungvonWohnungengefundenwerden.
FürdenWohnungsleerstandgibtes flächendeckendkeineaktuellenamtlichenDa‐ten.Deswegengreifenwir imFolgendenaufdieveraltetenDatendesZensus2011und darauf aufbauende Fortschreibungen zurück. Daneben geben die Daten desVdW/VdWg9 Einblicke in das Teilsegment der organisiertenWohnungswirtschaftund Daten des CBRE‐empirica‐Leerstandsindex Einblicke in das Teilsegment dermarktaktiven Geschosswohnungsleerstände. Ergänzende Hinweise gibt außerdemdasStadtumbauMonitoring.
DieveraltetenDatendesZensusweisenfürSachsen‐Anhalt(9,5%)denzweithöchs‐tenLeerstandallerBundesländernachSachsen(10,0%)aus.ImSegmentderEinfa‐milienhäuser stehen zudem auch im Saarland anteiligmehrWohnungen leer (vgl.Tabelle4).GleichwohlistderWohnungsleerstandinSachsen‐AnhaltseitlangerZeitaufdemRückzug.WährendimJahr2007lautVdW/VdWgnochfast57Tsd.Woh‐nungenleerstanden(VdWg12%/VdW18%;vgl.Tabelle5),hatsichdieseZahlbisEnde2017nahezuhalbiertaufnurnochknapp32Tsd.Einheiten(8%/12%).Auchder marktaktive Leerstand, wie er im CBRE‐empirica‐Leerstandsindex gemessenwird,istindenletztenzehnJahrenbis2016von9,6%auf7,3%gesunken.
EZFH MFH Summe EZFH MFH Summe
Schleswig-Holstein 16.217 22.303 38.520 2,1% 3,5% 2,7%
Quelle: Zensus 2011, BBSR, Statistisches Landesamt Sachsen‐Anhalt, VdW/VdWg, CBRE‐empirica‐LeerstandsindexundeigeneBerechnungen empirica
AllerdingslagdermarktaktiveLeerstandindenJahren2013und2014schoneinmalbei7,0%unddamitniedrigeralsimJahr2016(vgl.AbschnittB4.4.1).Esgibtdem‐nach erste Anzeichen dafür, dass der Leerstand allmählich wieder zu steigen be‐ginnt.DieseEntwicklungmussvordemHintergrundderzunehmendenKnappheitinMagdeburg und Halle und spiegelbildlich der Abwanderung in den anderen, vorallemindenländlichenRegionengesehenwerden.Esistdavonauszugehen,dassdieLeerstände außerhalbderZentrenbzw. außerhalbderTourismusregionenkünftigtendenziell(weiter)ansteigenwerden.
ImZeitraum2008bis2012istdermarktaktiveLeerstandanGeschosswohnungeninallenLandkreisenundkreisfreienStädtendesLandesgesunken,imDurchschnittumeinenProzentpunkt und am stärksten in denOberzentrenMagdeburg (‐2,5 Pkte.)sowieHalle(‐1,6Pkte.;vgl.Abbildung3).DiesdürftezueinemGroßteildenentspre‐chendenAbrissprogrammen zu verdanken sein. Seither hat sich derTrend jedochgedreht: ImZeitraum2012bis2016 sinktdermarktaktiveLeerstandnurnoch inMagdeburg(‐0,8Pkte.)undHalle(‐0,6Pkte.),währender im landesweitenSchnittum 0,1 Prozentpunkte zulegt – entgegen dem bundesweiten und ostdeutschenTrend.DiegrößtenZuwächseerleben jetztdas JerichowerLand(+1,2Pkte.)sowiederAltmarkkreisSalzwedel(+1,1Pkte.).AuchfürdienähereZukunfterwartetderCBRE‐empirica‐Leerstandsindex bis zum Jahr 2021 einen weiteren Rückgang inMagdeburgundHalle,aberfüralleanderenRegionenehereinenZuwachsalseinenRückgang (vgl. Abschnitt B 4.4.1). Dies ist die Folge der Landflucht in dieSchwarmstädteMagdeburgundHallesowienachaußerhalbdesLandes.
WährenddermarktaktiveLeerstandaufeinerhochgerechnetenStichprobebasiertundnurfürGeschosswohnungenausgewiesenwird,bietetderZensus–alsMaßfürden totalen Leerstand – denVorteil einer amtlichenVollerhebung für Eigenheimewie auch für Geschosswohnungen. Laut Zensus standen im Jahr 2011 knapp 10%allerWohnungenimLandleer(5%Eigenheime,13%Geschosswohnungen;vgl.Ta‐belle5).SomitwäreinetwadieHälfteallerLeerständenochmarktaktiv.DerNach‐teil desZensusbesteht jedochdarin, dass ermittlerweile schonveraltet ist.Aller‐dingskönnendieLeerständemitdenindieserStudieermitteltenDatenaufdasJahr2016hochgerechnetwerden.10
Demnach lagderLeerstand inSachsen‐Anhalt im Jahr2016mit12%etwashöherals im Zensus, wobei 8% der Eigenheime und 16% der Geschosswohnungen leerstanden(vgl.Tabelle5).DiehöchsteQuotebeiEigenheimenistindenzentrumsfer‐nen Regionen der Landkreise Stendal und Altmarkkreis Salzwedel zu finden (jeknapp10%;vgl.Karte3),dieniedrigste indenOberzentrenHalleundMagdeburg(jeknapp4%).ImSegmentderGeschosswohnungenstehenanteiligdiemeistenindenMittelzentrenBurgundWeißenfelsleer(jegut24%),diewenigsteninMagde‐burg(8%),Wernigerode(9%)undimUmlandvonHaldensleben(3%).
ZumSanierungsstandgibteskeineamtlicheErhebung.AllerdingskönnenAussageneinerseitszudenWohnungsbeständenindenStadtumbaugebietendesLandesundandererseits zu den Beständen der Mitglieder der Verbände der Wohnungswirt‐schaftSachsen‐Anhalte.V.undderWohnungsgenossenschaftenSachsen‐Anhalte.V.getroffenwerden.
Von den rund 383.000Wohnungen11 in den Fördergebieten der Stadtumbaukom‐munen des Landes waren Ende 2016 rund 66% vollsaniert, 26% teilsaniert undrund8%unsaniert.12Ganzähnlichstellt sichdieSituationbeidenMitgliedernderWohnungsverbändedar(vgl.Tabelle6).Sowarenvondenrund330.000Wohnun‐gendieserBeständeEnde2017rund69%vollsaniertund25%teilsaniert.DieQuotederunsaniertenWohnungenistbeidenVerbandsmitgliedernmit6%etwasniedri‐geralsindenStadtumbaugebieten.
11 Vgl.BerichtzurStadtentwicklungundzumStadtumbauOstsowiezurMieten‐undWohnungsentwicklung in
Wenngleich der Anteil derWohnungen in den Stadtumbaugebieten13 bzw. in denBeständenderMitgliederderWohnungsbestände14rechthochist,könnendieAus‐sagen zum Sanierungsstand für den gesamten Bestand in Sachsen‐Anhalt nur alsRichtwertegelten:EinerseitsgibteskeineallgemeingültigeundeinheitlicheDefini‐tionvon„saniert“,andererseitsunterliegtderSanierungsstandaucheinerVerfalls‐dauer: So können z.B. Bestände, die vor 15 Jahren saniert wurden, heute erneutsanierungsbedürftigsein.
Da es keine exakten Daten zum Sanierungsstand gibt, liegt auch keine Basis fürPrognosen künftiger (energetischer) Sanierungsmaßnahmen vor. Gleichwohl kannanhandplausiblerSanierungsraten fürbewohnteWohnungenabgeschätztwerden,inwelcherBandbreitedie regionalenFallzahlen für Sanierungsmaßnahmen zu er‐wartensind.WerdenempirischeDatender„ARGEzeitgemäßesBauene.V.“heran‐gezogen und unterstellt auf dieser Basis eine jährliche Sanierungsquote von 1%,dannmüsstenhierzulandeJahrfürJahrknapp13Tsd.Wohnungensaniertwerden(vgl.Tabelle1zumBestand).Gut40%allerWohnungeninSachsen‐Anhaltbefindensich jedoch inEigenheimen.HierwerdenSanierungenmeistwenigersystematisch
durchgeführt als in professionell bewirtschafteten Geschosswohnungen. Heizung,FassadeoderFensterwerdenhierimmernurdann(energetisch)saniert,wenndieentsprechenden Bauteile ohnehin reparaturbedürftig sind oder erneuert werdenmüssen. Spezielle Anlässe für Sanierungen von Eigenheimen sind außerdem derKaufvonBestandsimmobilienoderderZeitraumzwischenAuszugderKinderundÜbergang in denRuhestand. Dannwerden insbesondere auch altengerechteMaß‐nahmendurchgeführt.
Weitere Hinweise für den landesweiten Sanierungsstand außerhalb der Stadtum‐baugebietebzw.derorganisiertenWohnungswirtschaftgebenAnalysenderImmo‐bilieninserate.DemnachliegtderAnteilsanierterMietwohnungenbei44%imJahr2017etwasniedrigeralsnochimJahr2012mit49%(vgl.Abbildung4a).Gleichwohlbesteht kein akuter Rückstau, denn über 99% aller Mietwohnungen werden alsnicht sanierungsbedürftig inseriert (vgl. Abbildung 4b). Einen Niedrigenergiestan‐dardweisendagegenmitgut4%nursehrwenigeWohnungenauf,aber immerhinhatsichdieseQuoteseit2012mehralsvervierfacht(vgl.Abbildung4c).
DerSanierungsstandistauchbeiEigentumswohnungenundEigenheimenrückläufig(vgl. Abbildung 37 und Abbildung 38 im Anhang). Aus denselben Gründen dürfteauch die Quote der sanierungsbedürftigen Verkaufsinserate in den letzten Jahrengestiegensein‐vorallembeiEigenheimen.DerNiedrigenergiestandardistdagegenbei Verkaufsobjekten zwei‐ bis dreimalweiter verbreitet als bei inseriertenMiet‐wohnungen.
98 75 56 50 48 84
13.138 13.030
14.770 15.008
17.459
19.698
13.580 14.396
17.23817.994
19.881
24.923
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Wohnungen
unsaniert saniert k.A.
0,4% 0,3% 0,2% 0,2% 0,1% 0,2%
49,0% 47,4% 46,1% 45,4% 46,7% 44,1%
50,6% 52,3% 53,8% 54,4% 53,2% 55,7%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Anteil an
allen In
seraten
unsaniert saniert k.A.
131 102 80 99 97 139
26.685 27.399
31.984 32.953
37.291
44.566
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
45.000
50.000
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Wohnungen
sanierungsbedürftig nicht sanierungsbedürrige
0,5% 0,4% 0,2% 0,3% 0,3% 0,3%
99,5% 99,6% 99,8% 99,7% 99,7% 99,7%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Anteil an
allen Inseraten
sanierungsbedürftig nicht sanierungsbedürrige
207 289 1065 1556 1849 1867
26.609 27.212
30.999 31.496
42.838 42.838
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
45.000
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Wohnungen
niedrigenergie nicht niedrigenergie
0,8% 1,1% 3,3% 4,7% 4,9% 4,2%
99,2% 98,9% 96,7% 95,3% 114,6% 95,8%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Anteil an
allen Inseraten
niedrigenergie nicht niedrigenergie
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 19
empirica
DieMassederinseriertenMietwohnungenhatheutewiebereitsimJahr2012Ener‐gieverbrauchskennwerte zwischen 100 und 150 KWh/qm jährlich (jeweils knapp50%).Allerdings istderAnteilderInserateüber150KWh/qmjährlichseitherumrundfünfProzentpunktegesunkenundderAnteilunter100KWh/qmjährlichent‐sprechend gestiegen (vgl. Tabelle 7). Vergleichbare Entwicklungen in derselbenGrößenordnung sind bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen zu finden (vgl.Tabelle35undTabelle37imAnhang).
UrsachenfürdensteigendenSanierungsbedarfinserierterWohnungenundHäusersind vielfältige denkbar, empirische Untersuchungen dazu liegen nicht vor. Bei‐spielsweise könnten die niedrigen Energiekosten der letzten Jahre ein Hemmnisgewesen sein, aber genauso auch die Abwanderung: Bei drohenden LeerständenhaltensichdieEigentümerundVermietermitInvestitionsausgabenzurück.WeitereGründefürsinkendeSanierungsquotenkönntensein,dassschnellumsetzbareundwohnwerterhöhende Maßnahmen bereits ausgeschöpft sind (z.B. neue Heizung,Isolierverglasung). Eine Außenwanddämmung oder eine Erhöhung von Zwei‐ aufDreifachverglasunghabenaberschlechtereKosten‐Nutzen‐Relationen.
AufdenerstenBlickkönntedieUrsachedafürindenFörderkonditionendesLandeszu finden sein. So ist die Förderquote der Sanierungsinvestitionen durch IB‐Darlehen„Sachsen‐AnhaltMODERN“seit2014von27%auf18%imJahr2017ge‐sunken(vgl.Tabelle38imAnhang).DasFördervolumenselbstistvonknapp13Mio.imJahr2014über27Mio. imJahr2015aufnunmehrknappelfMio. imJahr2017abgeschmolzen.BeigenauererBetrachtungwirdallerdingsdeutlich,dassmitdiesen
Für eine erste Einschätzungwurde bei verschiedenen sachsen‐anhaltischenWoh‐nungsunternehmen und Wohnungsbaugenossenschaften der Bestand an barrie‐rereduzierten/‐frei erreichbarenWohnungen abgefragt.15Demnachwäre rund einSechstel(16%)derMietwohnungsbeständedersachsen‐anhaltischenWohnungsun‐ternehmenbzw.Wohnungsbaugenossenschaftenbarrierereduziert/‐freierreichbar,washochgerechnetamGesamtbestandallerMehrfamilienhäuser imLandeineGe‐samtzahlvonrund109.900Wohnungenentspräche.DieseZahldürfteabereheralsüberschätzt gelten,wenn unterstelltwird, dass vor allemWohnungsunternehmenmit hohen (und daher dort erfassten) Beständen an barrierereduzierten/‐frei er‐reichbarenWohnungengeantwortethaben.UnterderAnnahme,dassdienichtbe‐teiligten Unternehmen eine nur halb so hohe Quote an barrierereduzierten/‐freierreichbarenWohnungenhätten,sänkedieGesamtquoteaufgut9%unddamitaufrund65.000Wohnungen.DieWahrheitdürfteirgendwoinderMitteunddamitum90.000Wohnungenliegen.
15 Insgesamt wurden 194 Wohnungsunternehmen/‐genossenschaft befragt, 31 Wohnungsunternehmen/‐
AbsolutbetrachtetgibteswenigerzumKaufinserierteEigentumswohnungeninderKategoriebarrierereduziert/‐frei erreichbar, als zurMiete inserierteWohnungen,aberanteiligmehralsdoppeltsoviele.ImJahr2017warenrund460barriereredu‐
1149 1048 1222 1115 1378 2186
25.667 26.453
30.84231.937
36.010
42.519
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
45.000
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Wohnungen
barrierereduziert/‐frei rest. WE
4,3% 3,8% 3,8% 3,4% 3,7% 4,9%
95,7% 96,2% 96,2% 96,6% 96,3% 95,1%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Anteil an
allen In
seraten
barrierereduziert/‐frei rest. WE
193 295 302 263393 464
3.0253.221 3.233 3.192
3.571 3.682
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
4.000
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Wohnungen
barrierereduziert/‐frei rest. WE
6,0% 8,4% 8,5% 7,6% 9,9% 11,2%
94,0% 91,6% 91,5% 92,4% 90,1% 88,8%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Anteil an
allen In
seraten
barrierereduziert/‐frei rest. WE
535 7441224
576 579 830
9.938 10.062 9.746 9.716
10.71011.270
0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Wohnungen
barrierereduziert/‐frei rest. WE
5,1% 6,9% 11,2%5,6% 5,1% 6,9%
94,9% 93,1% 88,8%94,4% 94,9% 93,1%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Anteil an
allen In
seraten
barrierereduziert/‐frei rest. WE
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 22
empirica
zierte/‐frei erreichbareWohnungen zum Verkauf angeboten, das entspricht rund11%allerInserateindiesemSegment(vgl.Abbildung5b).ImEin‐undZweifamili‐enhaussegmentwurden imselben Jahrrund830Häusermitbarrierereduzierter/‐freierreichbarerAusstattungangeboten,waseinemAnteilvon7%entspricht(vgl.Abbildung5c).
3. SpezifischeQualitätenderWohnungsversorgung
Eine umfassende amtliche Zahl für den Personenkreis, welcher Unterstützung beider Finanzierung der Wohnkosten benötigt, ist so nicht verfügbar (vgl. dazu Ab‐schnittB5.2).EsgibtjedochamtlicheZahlenzu
AllerdingsdürfennichtalledreiGrößenaufaddiertwerden,umsoeineGesamtzahlan bedürftigen Personen zu erhalten. Denn es gibt sowohl ÜberschneidungenwieauchUntererfassungen.Überschneidungenergebensichzumeinendurchsogenann‐teMischhaushalte–dassindSGB‐Bedarfsgemeinschaften,indeneneinzelnePerso‐nen neben denMindestsicherungsleistungen auchWohngeld beziehen. Zum ande‐ren ergeben sich Überschneidungen durch Haushalte, die sowohl Mindestsiche‐rungsleistungenoderWohngeldbeziehenalsaucheinenWohnberechtigungsscheinbesitzen. Untererfassungen ergeben sich,weil nicht jederHaushalt, der berechtigtundbedürftigist,auchtatsächlicheinenWohnberechtigungsscheinbesitzt.Vielmehrwerdendiesetypischerweiseimmernuradhocangefordert,wenneinVermieterbeiderWohnungssucheeinenentsprechendenNachweisfordert.
Ende August 2018 gab es rund 3.400 belegungsgebundene Wohnungen im Land(vgl.AbschnittA1.2).Davonwiederumsinddiemeistenbereitsvermietetundste‐hendeswegenamMarktnicht zurVerfügung. Insofern ist esnicht verwunderlich,dass landesweit im Jahr2017 lediglich863Wohnberechtigungsscheineausgestelltworden sind (vgl. Tabelle 8). Jeder vierteWohnberechtigungsscheinwurde in derStadtHalleoderderStadtMagdeburgerteilt–dortstehenauchdiemeistenSozial‐wohnungenunddortmüssendiehöchstenMietenbezahltwerden.
AllePersonenmiteinemAnspruchaufsozialeMindestsicherungsleistungen18habenauch Anspruch auf Übernahme derWohnkosten in angemessener Höhe. Bei Leis‐tungsberechtigen nach dem AsylbLG gibt es Einschränkungen bei der AnmietungeinerWohnung,dieabhängigvomStatusdesFlüchtlingssind.19
SeitdemJahr2010sinktdieZahlderPersonenmitsozialenMindestsicherungsleis‐tungen imLand imPrinzip kontinuierlich ab (vgl. Abbildung6). EineAbweichungvondiesemTrendgabesalleineimJahr2015imZugederFlüchtlingszuwanderung.ImErgebnisistdiePersonenzahlimZeitraum2010bis2016ummehrals10%ge‐sunken.DamitfolgtdieEntwicklunginSachsen‐AnhaltimGroßenundGanzendemostdeutschen Trend. Anders sieht es im bundesweiten Vergleich aus. Hier ist diePersonenzahlimZeitraum2011bis2015erheblichangewachsen.ErstimJahr2016isteinleichterRückgangzuverbuchen.
RegionalfallenallerdingserheblicheUnterschiedeauf:SoistdieZahlderPersonenmit Mindestsicherungsleistungen in den Landkreisen weit überdurchschnittlichgesunken(‐17%;vgl.Tabelle9imAnhang),währendderRückganginderStadtDes‐sau‐RoßlauinetwademDurchschnittentsprach(‐10%).KonträrzumLandestrendsinddie Zahlen inden StädtenMagdeburg (+3%)undHalle (+5%)dagegen ange‐stiegen.DieseAbweichungendürftenvorallemder regionalunterschiedlichenBe‐völkerungsentwicklunggeschuldetsein.AllenRegionenistjedochgemein,dassetwazwei Drittel der Personen mit Mindestsicherungsleistungen ALG II beziehen, einweiteresFünftelSozialgeld,knappjedezehnteSozialgeldunddierestlichenPerso‐nenHilfezumLebensunterhaltoderRegelleistungennachdemAsylbLG.
Anmerkung: Gesamtregelleistung (ALG II/Sozialgeld) nach dem SGBII, Hilfe zum LebensunterhaltaußerhalbvonEinrichtungennachdemSGBXII,GrundsicherungimAlterundbeiErwerbsminderungnachdemSGBXIIundRegelleistungennachdemAsylbewerberleistungsgesetz;OstdeutschlandohneBerlin
Anmerkung:*=HilfezumLebensunterhaltaußerhalbvonEinrichtungennachdemSGBXII,**=Grund‐sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, *** = Regelleistungen nach demAsylbewerberleistungsgesetz(AsylbLG);OstdeutschlandohneBerlin
DerBevölkerungsanteilmit Bezug von SGB II sinkt in Sachsen‐Anhalt seit langemkontinuierlich ab. Insgesamt ist die Quote von 20% im Jahr 2007 um rund sechsPunkteaufnunmehr14%im Jahr2017gesunken(vgl.Abbildung7).Diesspiegeltvor allem die gesunkene Arbeitslosenquote und trifft strukturell so auch für Ost‐deutschlandinsgesamtzu.WieinallenBundesländernhabenauchhierzulandediekreisfreienStädteüberdurchschnittlicheHilfequotenzuverbuchen:Halleliegtdabeimit einem Bevölkerungsanteil von knapp 20% weit über dem Durchschnitt undweistaußerdemdengeringstenRückganggegenüberdemJahr2007auf(‐3Punkte;vgl.Tabelle10).DieniedrigsteQuotehatderBördekreis(9%),denhöchstenRück‐gangseit2007derHarz(‐7,5Punkte).
Anmerkung: SGB II‐Hilfequoten für Personen setzen den Bestand an Leistungsberechtigten (Jahres‐durchschnitt)nachdemSGBIIinBeziehungzurBevölkerungzum31.12.desStatistischenBundesam‐tes.Ostdeutschlandhierinkl.Berlin.
Anmerkung: SGB II‐Hilfequoten für Personen setzen den Bestand an Leistungsberechtigten (Jahres‐durchschnitt)nachdemSGBIIinBeziehungzurBevölkerungzum31.12.desStatistischenBundesam‐tes
Quelle:BundesagenturfürArbeit empirica
3.3 HaushaltemitWohngeldbezug
WohngeldsolleinangemessenesundfamiliengerechtesWohnensichern.ObWohn‐geld gewährtwird odernicht, hängt u. a. vonderHöhedesEinkommens undderZahlderHaushaltsmitgliederab.DieHaushalte,diedieEinkommensschwellendesWohngeldbezugs überschreiten, dürften sich nach der Gesetzeslage im Umkehr‐schluss ohne staatliche Unterstützung mit angemessenem Wohnraum versorgenkönnen.
InSachsen‐AnhaltwurdeimJahre2017gut23Tsd.HaushaltenWohngeldgewährt.AnalogzudenSGBII‐BedarfsgemeinschaftenbestehtauchdieMehrheitderWohn‐geldhaushalte ausAlleinlebenden (69%; vgl. Tabelle11). Ein knappesDrittel allerWohngeldhaushalte lebt ineinerderdreikreisfreienStädte.Dort findensichauchdiehöchstenBezugsquoten:ProTsd.EinwohnergibtesinDessau‐Roßlau14Wohn‐geldhaushalteund inHalle13;Magdeburg liegtmit einerQuote von elf nur leichtüberdemDurchschnitt.IndenLandkreisenstechenvorallemderSalzlandkreisso‐wie Stendalmit hohenQuoten hervor; die niedrigste Bezugsquote hat der Börde‐kreismitsiebenWohngeldhaushaltenproTsd.Einwohner.
IndenJahren2008bis2017istdieZahlderWohngeldhaushalteinSachsen‐Anhaltumca.8%geschrumpft(vgl.Abbildung8).Daskannvorallemmitdergesamtwirt‐schaftlichen Entwicklung erklärt werden. Da die Einkommen und Renten in denletztenJahrenetwasstärkergestiegensindalsdieMieten,verlierenvonJahrzuJahrmehrHaushalteihrenWohngeldanspruch.ZwaristdieZahlderWohngeldhaushaltedurch dieWohngeldreform 2016 zuletzt kurzzeitigwieder angestiegen, allerdingsliegendieEmpfängerzahlen trotzdemweitunterdemNiveaunachdervorherigenReformimJahr2009(vgl.Abbildung8imAnhang).
DeutlichgeschrumpftsindvorallemwohngeldberechtigteHaushaltemitdreiodervierPersonen,währendHaushaltemitfünfundmehrPersonenjetztsogarhäufigerWohngeld beziehen. Das hängt damit zusammen, dass in Sachsen‐Anhalt die ZahlderHaushaltemitdreiodervierPersonen inden letzten zehn Jahrendeutlichge‐schrumpftistundimselbenZeitraumdieZahlderHaushaltemitfünfundmehrPer‐sonennahezukonstantblieb.DieserTrendistbundesweitnichtzubeobachten.
DieZahlderMenschenmitBehinderungeninSachsen‐AnhaltistindenletztenJah‐rengestiegen(vgl.Tabelle12).WurdenimJahr2009knapp171.300Menschenmiteiner Schwerbehinderung in Sachsen‐Anhalt registriert, waren es 2015 rund197.900bzw. 16%mehr. In Sachsen (25%),Brandenburg (24%) und inMecklen‐burgVorpommerwarderrelativeAnstiegjedochdeutlichhöher.
DieZunahmederAnzahlschwerbehinderterMenschenistinersterLinieFolgederdemografischen Entwicklung:Über drei Viertel der schwerbehindertenMenschen,dassindgut154.300Personen,wareninSachsen‐Anhaltälterals55JahreundmehralsdieHälfte,alsogut115.600Personen,warenälterals65Jahre.Lediglich2%derschwerbehindertenPersonensindKinderundJugendliche(unter18Jahren).NichtjedeschwerbehindertePersonbenötigtjedochperseUnterstützungimHinblickaufdieWohnsituationoderbeiderWohnungssuche.BestehthingegeneinbesondererWohnbedarf, erhalten schwerbehinderte Personen u.a. einenWohnberechtigungs‐schein.Dies istderFall,wenndiederzeitigenWohnverhältnissewegender festge‐stelltenBehinderungenobjektivungeeignetsind(vgl.AbschnittA3.1).
In den letzten Jahren sind die Bestandsmieten in Sachsen‐Anhalt gestiegen.Wäh‐rend jedoch die allgemeine Teuerung hierzulande im Zeitraum2010 bis 2016 beiübereinemProzent jährlich lag (1,2%),hielt sichderAnstiegderNettokaltmietenklar unter der 1%‐Schwelle (vgl. Abbildung 9). Erst unter Berücksichtigung derHeizkostenstiegendieMietenlangeZeitparallelzurallgemeinenTeuerungsrate.IndenJahren2015und2016sorgtenjedochniedrigeEnergiekostendafür,dassauchdieWarmmietenlangsamerzulegtenalsdieInflation.
Anzahl % Anzahl % Anzahl %
Dessau-Roßlau, Stadt 7.501 132 2% 2.664 36% 4.705 63%
Halle (Saale), Stadt 21.003 571 3% 7.874 37% 12.558 60%
Etwasanders siehtesaus,wennanstellederamtlichgemessenenBestandsmietendieöffentlich inseriertenNeuvertragsmietenbetrachtetwerden.Dannhatder lan‐desweiteMittelwertderNeuvertragsmieten (nettokalt) imZeitraum2012biszumerstenHalbjahr2018(2018H1)umetwaeinenhalbenEuroaufrund5,30EuroproQuadratmeter zugelegt (+2,0% jährlich) und damitmehr als die allgemeine Teue‐rung; im Neubaubereich lag der Zuwachs sogar bei gut einem Euro auf nunmehrrund6,20Euro(+3,9%jährlich;vgl.Abbildung10undTabelle14).
AufdeneinzelnenregionalenWohnungsmärktenzeigensichaußerdemklareAbstu‐fungen: So sind die Mieten in den Oberzentren durchschnittlich nicht nur höher,sondernhabenmit 2,6% (bzw.4,5% imNeubau) auch stärker zugelegt als indenMittelzentren(1,7%bzw.3,7%)undsonstigenGemeinden(1,5%bzw.3,5%).20DieBinnenwanderungzeigthierihreSpureninFormzunehmenderKnappheitundda‐mitsteigenderMietenindenOberzentrenMagdeburgundHalle.VerglichenmitderbundesdeutschenEntwicklung(3,8%bzw.3,6%)warenallerdingsauchdieAnstiegederinseriertenMietenhierzulandeehergering.
20 WeitereAnalysen zur StreuungderPreise finden sich imTabellenanhang (vgl. Abbildung41 inAbschnittD
GegenüberdeninseriertenMietenhabendieinseriertenKaufpreiseetwadoppeltsostark zugelegt.Hierwirkt nebenden regional verändertenKnappheitendurchdieBinnenwanderung ein weiterer Effekt: Die Niedrigzinsen. Sie verursachen eineFlucht indas„Betongold“,wobeidiedadurchhöhereNachfragederKapitalanlegerzusätzlichaufdiePreisedrückt.AberauchhierfälltderAnstieggegenüberderbun‐desweitenTeuerungehergeringaus: InSachsen‐Anhalt sindesebenvornehmlichdie heimischen Sparer und Hauskäufer, während in den großen SchwarmstädtenwieBerlin,HamburgoderMünchenzusätzlichüberregionaleundausländischeKapi‐talanlegerdenPreisauftriebbeschleunigen.
Bei den Neubaupreisen – ob Miete oder Kaufpreis – zeigt sich in Sachsen‐Anhaltdagegen eine durchaus vergleichbare Entwicklung wie im bundesweiten Durch‐schnitt(vgl.Tabelle14,Sp.2,4und6).DerAnstiegvonNeubaupreisenoder‐mietenwirdebenmaßgeblichdurchdieHerstellungskostenbestimmt.Undhierwirken inSachsen‐Anhalt mutmaßlich dieselben Kostentreiber wie überall in Deutschland:ausgelasteteBauunternehmen,steigendeMaterialkostenundstrengereVorschriften(Energieeinsparung,Lärm‐/Brandschutz,Barrierefreiheitetc.).
insgesamt Neubau insgesamt Neubau insgesamt Neubau
von 38 der hier betrachteten21 RegionenmittlereMieten von unter fünf Euro/qmaufzuweisen hatten, sind es mittlerweile nur noch elf Regionen. Die größten Zu‐wächsegabesinMagdeburg(+3,3%p.a.),LutherstadtWittenberg(+2,9%)unddemUmland vonMagdeburg (+2,7%). Amwenigsten stiegen die inseriertenMieten inKöthen (+0,6%) sowie in Staßfurt undLutherstadt Eisleben (je +0,7%). Gesunkensind die inseriertenDurchschnittsmieten im betrachteten Zeitraum nirgendwo imLande.Diesdürfteaberdamitzusammenhängen,dassMietwohnungeninRegionenmitsinkenderNachfrageundhohensowiesteigendenLeerständenüberhauptnichtmehröffentlichinseriertwerden.
DiehöchstenWertefürinserierteETWwerdenimerstenHalbjahr2018inderRe‐gion Stendal aufgerufen (1.904 Euro/qm), die zweithöchsten in der Stadt Halle
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 37
empirica
(1.736). Eigenheime sind dagegen in Magdeburg am teuersten (1.880), hier folgtHalleaufPlatzzwei(1.829).DieniedrigstenKaufpreisewerdeninLutherstadtEis‐lebengefordert(ETW331,EZFH494).ETWfür500Euro/qmoderdaruntergibtessonstnurnochinStaßfurt(418),EigenheimezudiesemPreisinSangerhausenundden übrigenGemeinden im Salzlandkreis (je 500). Zweistellige jährliche (!) Preis‐zuwächse für ETW gab es in der Region Stendal (14%) sowie in den übrigen Ge‐meindendesLandkreisesHarz(12%),beiEigenheimenwuchsendiePreisenur inMerseburgsokräftig(13%).
Im Unterschied zu den inserierten Mietpreisen gab es bei den Kaufpreisen auchrückläufigeBewegungen.AmstärkstensankendieETW‐PreiseinLutherstadtEisle‐ben(‐11%;allerdingsbeigeringenFallzahlen),gefolgtvondenübrigenGemeindenimLandkreis JerichowerLand (‐3%)unddemMittelzentrumOschersleben (‐2%);die Eigenheimpreise haben vor allem in Aschersleben (‐6%), Staßfurt (‐3%) undSangerhausen(‐2%)nachgegeben.
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 38
empirica
B. ENTWICKLUNGDESWOHNUNGSBEDARFS
1. Vorbemerkung:Einwohnerschwundund‐konzentration
SeitmehrerenJahrenziehendieMenschenbundesweit,aberebenauchinSachsen‐Anhalt, wie Vogelschwärme übers Land. Lokal verlassen sie dabei den ländlichenRaumundkonzentrierensichandenzentralenOrtenderRegionen(z.B.MagdeburgundHalle).Überregionalschwärmensievondort indieattraktivenStadtregionen;dortwiederum konzentrieren sich die Ströme auf die Zentren der Schwarmstädte(z.B.Hamburg,Berlin,Leipzig)undverdrängensoAlteingesesseneundjungeFami‐lienentlangder„Hänge“desMietpreisgebirgesinsUmland.Knappheitundsteigen‐deMietenindenStädtensinddanndieKehrseitevonSchrumpfungundzunehmen‐demLeerstandinderFläche.
Die „Neuordnung“ der Bevölkerungsverteilungwird greifbar,wenn die regionalenWanderungssaldeneinzelnerStädteanalysiertwerden.SoverlierendiewachsendenStädteMagdeburgoderHallezwardurchSuburbanisierungEinwohneranihreUm‐landgemeinden (vgl. schwarze Flächen in Karte 5c und d). Auf der anderen Seitegewinnen beide Städte Einwohner ausweiten Teilen des Landes (vgl. orange Flä‐cheninKarte5cundd)sowieausetlichenKreisenderbenachbartenBundesländerhinzu(vgl.orangeFlächeninKarte5aundb).HalleundMagdeburgsindsomitloka‐leSchwarmstädte.AndersalsbeibundesweitenSchwarmstädtenschwebtabereinDamoklesschwertüberbeidenMetropolen:SieverlierenüberregionalEinwohnerandiebekanntenSchwarmstädteHamburgoderBerlin,anandereWachstumsstädteindernäherenUmgebungwieLeipzigoderDresdensowieanvieleLandkreiseimge‐samtenBundesgebiet(vgl.schwarzeundgraueFlächeninKarte5aundb).Demge‐genüberverlierenbundesweiteSchwarmstädtezwarebenfallswegen„Überfüllung“Einwohner ans Umland, gewinnen aber von nahezu allen Kreisen DeutschlandsEinwohnerhinzu.
Die Zuwanderung in die bundesweiten Schwarmstädte kann daher als nachhaltigbezeichnetwerden,während für regionale SchwarmstädtewieHalle oderMagde‐burggilt: irgendwannsindimUmlandkeineoderkaumnochpotentielleZuwande‐rer,danngewinntdieüberregionaleAbwanderungdieOberhandunddieBevölke‐rungschrumpft.
EtwasungünstigeralsfürMagdeburgoderHallesiehtesinDessau‐RoßlauunddenvielenMittelzentreninSachsen‐Anhaltaus.DieseStädteweisenmeistkeineSubur‐banisierungstendenzenauf(vgl.Karte7a),verlierenalsonichtwegen„Überfüllung“Einwohner ans eigene Umland. Außerdem verlieren diese Städte eher an andereLandkreise im Land und in benachbarten Bundesländern. So gesehen ist es nichtverwunderlich,dassMagdeburgundHalleauchdieeinzigenStädteimLandsind,diezuletztundindernäherenZukunftnochEinwohnerwachstumvorweisenkönnen.
DieregionalenWanderungssalden(WAN)undSterbeüberschüsse(NAT)indenRe‐gionenoffenbarensehrnüchterndieGrundlagenfürdiekünftigeBevölkerungsent‐wicklung(vgl.Abbildung11):WirdvomJahr2015mitseinerhohenFlüchtlingszu‐wanderung abgesehen, dann haben im Durchschnitt allein die Oberzentren hoheZuwanderung.AufPlatzzweifolgendieUmlandkreisederOber‐undMittelzentren,die vor allem von einer Suburbanisierung aus den Zentren heraus ins Eigenheimprofitieren.DieMittelzentrenselbstwieauchdiesonstigenGemeindenerlebenda‐gegenaußer im „Flüchtlingsjahr“ einennegativenWanderungssaldo.EinnegativerWanderungssaldo kann allenfalls noch durch einen Geburtenüberschuss kompen‐siertwerden.Denhabenabernicht einmalMagdeburgoderHalle. ImErgebnis isteinBevölkerungsschwundaußer indenOberzentrenMagdeburgundHalleunver‐meidbar.
DiedemographischeSpaltungdesLandeswirdgetragenvondenJüngeren,dienochaufderSuchenachihremLebensmittelpunktsind(vgl.Karte6a).DieBildungsaus‐weitung–derAnteil der Studienanfänger eines Jahrganges ist inDeutschlandvon36% im Jahre 2003 auf 53% im Jahr 2013 gestiegen – liefert allerdings nicht dieHauptursachefürdasSchwarmverhalten.DenndieHochschulkapazitätenwurdenindenletztenJahrenauchaußerhalbderSchwarmstädteaufgebaut(z.B.imJerichowerLandoder imSalzlandkreis).DennochprofitierennurMagdeburgundHalledurchZuwanderungausdieserAltersklasse.
Die „Hauptschwärmer“ sind vielmehr die Berufsanfänger (Altersklasse 25 bis 34Jahre; vgl. Karte 6b), die entweder direkt aus den peripheren ländlichen RäumenabwandernodernachdemStudienabschlussindenHochschulstädtenund‐kreisendas Land verlassen undweiterziehen in die bundesweiten Schwarmstädte. DieserzweiteSchwarmsorgtfüreineganzerheblicheKonzentrationderjungenMenscheninnur vergleichsweisewenigenRegionenDeutschlands.Bildhaft gesprochenwan‐dertderjungeMenscherstzumStudiumnachMagdeburgoderHalle,umnachdemStudiumdannweiternachHamburg,BerlinoderLeipzigzuziehen.ZwargewinnendurchdieBerufsanfängerwanderungaucheineReihevonländlichenKreisenwiederEinwohnerhinzu,nichtaberinSachsen‐Anhalt.
AlsGewinnerbeiderAusbildungswanderunginSachsen‐AnhaltstichtHallehervor–mitursprünglich100TeenagernimAltervon15Jahren,dannaberüber200jungenErwachsenen im Alter von 34 Jahren (Kohortenwachstumsrate 205 im Jahr 2013und266imJahr2015).EsfolgtMagdeburgmiteinerKohortenwachstumsratevon191imJahr2013und258imJahr2015.NebenHallegelanges imJahr2013bun‐desweitinsgesamt29Städten,sovielejungeMenschenanzuziehen,dasssichjederGeburtsjahrgangmindestens verdoppelte. Darunter sindmit Landshut (206) oderKoblenz(206)auchweitereMittelstädte,währendselbstgroßenStädtenwieDort‐mund (155) oder Essen (151), aber auchBremen (161) oder Bielefeld (141) diesnicht annähernd gelang. Allerdings zeigen die neueren Entwicklungen, dass eineReiheneuerregionalerSchwarmstädteentsteht.SohabenimJahr2015mittlerweileauchStädtewieChemnitz(267),Schwerin(256)oderErfurt(236)Kohortenwachs‐tumsraten von über 200, obwohl deren Raten im Jahr 2013 noch darunter lagen.Offenbar wurde es in einigen bundesweiten Schwarmstädten wie München oderBerlin demNachwuchs zu eng und zu teuer, sodass er beginnt dieseRegionen zumeiden.
DieregionalenTrendsderBerufsanfängersetzensich inderSettlement‐Phase fort(35‐bis44‐Jährige).InspäterenLebensphasenwirddagegenkaumnochgewandert.Dennoch sind selbst im Seniorenalter (60‐ bis 74‐Jährige) noch gewisse Verschie‐bungen durchWanderungsbewegungen zu erkennen (vgl. Karte 6c). Davon profi‐tiert Sachsen‐Anhalt aber nicht. Hauptverlierer sind dagegen die teuren Umland‐kreise und zumBeispiel die SchwarmstadtHamburg, die einen von zehnEinwoh‐nern in dieser Altersklasse verliert. Diemanchmal geäußerte Vermutung, dass esgeradeauchälterePersonenindieattraktivenGroßstädtezieht,wirddurchdieEm‐pirie nicht gedeckt. Angesichts nachlassender Nahversorgung würden vermutlichetlicheSeniorenimUmlandderbundesweitenSchwarmstädtelieberwiederzentra‐lerwohnen,höhereWohnkostenfürwenigerWohnflächehindernsiejedochhäufigdaran.EineAusnahmescheintdasUmlandvonHallezusein,hierwandernSeniorenab,mutmaßlichindasOberzentrum.
DieUrsache fürdasstarkeSchwarmverhaltender Jüngeren–das ist einezentraleErkenntnisder„Schwarmstudie“22–istdabeinichtdasVorhandenseinvonArbeits‐plätzen.Abgesehen vonwenigenKreisenmit extremhoherAbwanderung ist viel‐mehrdieZahlderArbeitsplätzeindenletztenJahrenfastüberallmiteinerletztlichvergleichbaren Rate gewachsen wie in den Schwarmstädten. Deutlich stärker ge‐wachsenistinSchwarmstädtenwieMagdeburgoderHallejedochdieZahlderdortwohnenden,abernichtdortarbeitendenBeschäftigten,diemorgenszurArbeitausderStadthinauspendeln(vgl.Abbildung12).DiesesMusterzeigtsichinallendeut‐schenSchwarmstädtenund führtzueinerstarkenZunahmederPendlerzahlen.Esistheutenichtmehrungewöhnlich,inMagdeburgzuwohnen,aberimBördekreiszuarbeiten. Oder fast täglich von Leipzig ins Burgendland zur Arbeit zu pendeln.Hauptsache,manwohntineinerlebendigen,vitalen,urbanenStadt.Diesbeschreibtden Kern des Schwarmverhaltens: ein starker Bedeutungszuwachs der Wohnort‐qualität,fürdieauchweitePendelentfernungeninKaufgenommenwerden.
DieFolgendiesesSchwarmverhaltensliegenaufderHand.IndenSchwarmstädtensteigen die Mieten, in den anderen Regionen stagnieren oder fallen sie. In denSchwarmstädtenmüssenWohnungen,Kitas,Schulengebautunddiegesamteöffent‐licheundprivateInfrastrukturerweitertwerden.InallenanderenRegionenverfal‐lenWohnungenundwerdenSchulen geschlossen.DasLand spaltet sichdemogra‐phisch.
2. TypisierungderWohnungsmarktregionen
FürdieAnalysevonWohnungsmarktregionensinddieregionalenUnterschiedevonbesonderer Bedeutung. Deswegen ist eine sachgerechte Abgrenzung erforderlich.DiehiervorgenommeneAbgrenzungwurdedurchdasSuchverhaltenderpotentiel‐lenBewohnendeninspiriert:WirdeineWohnunggesucht,istdieSuchemeistnichtaufeinebestimmteGemeindegrenzeAoderBfestlegt,sonderni.d.R.aufdieRegionumAoderBherum.DasgilterstrechtfürbeliebteStädteundGemeinden,indenendas gewünschteAngebot knappodernicht verfügbar ist undPreisehoch sind. In‐nerhalbderGesamtregionwollendiemeistenwiederumeherzentrumsnahwohnen,wennsiejungoderSinglesindund/oderhöherePreisebezahlenkönnen,bzw.eherzentrumsfernwohnen,wennsieKinderhaben,vielmehreinEigenheimalseineGe‐schosswohnungsuchenund/oderkeinehohenPreisebezahlenkönnen.
feld‐Wolfen, Haldensleben und Hansestadt Stendal werden um je ein biszweiUmlandgemeinden erweitert. Umland undMZwerden als Einheit be‐trachtet,insgesamt4Regionen).25
Insgesamtverteilensichdie2,2Mio.EinwohnerdesLandeszujeweilsrundeinemDrittelaufdieOberzentren(29%inkl.Umland),Mittelzentren(33%inkl.Umland)undsonstigenGemeinden(38%;vgl.Abbildung13).Dasbedeutet,dassbereitsheu‐te jeder vierte Einwohner in einem der drei Oberzentren Magdeburg, Halle oderDessau‐Roßlauwohnt–derenUmlandhinzugerechnetsogarfastjederdritte.
DieEinwohnerzahlvonSachsen‐AnhaltistbiszumJahr2014überlangeZeitkonti‐nuierlichbisauf2,24Mio.Menschengesunken:SowohldernatürlicheSaldo(Ster‐beüberschuss)wieauchderWanderungssaldowarennegativ(vgl.Abbildung14a).Diese Schrumpfung verlangsamte sich ab 2010 als Folge der zunehmenden Aus‐landszuwanderung.ZumHöhepunktderZuwanderung im Jahr2015stiegdieEin‐wohnerzahlsogareinmaligan.
Die rückläufigeEinwohnerzahlwarbis2008vorallemderAbwanderunggeschul‐det, seither überwiegt der zunehmende Sterbeüberschuss als Ursache. Trotz derWanderungsgewinne im Zeitraum 2014 bis 2017 dürfte Abwanderung aber baldwieder relevant sein.Dennseitdem Jahr2003konnteSachsen‐AnhaltauskeinemBundeslandeinenennenswerteZuwanderungverbuchen.DasHauptabwanderungs‐land ist Sachsen; dorthinwandertenper Saldo zuletzt ähnlich vieleMenschenwienach Westdeutschland insgesamt (vgl. Abbildung 14b). Im Ergebnis wird dieSchrumpfungderEinwohnerzahlbaldwiederaufderTagesordnungstehen.
DieEinwohnerzahlimLandSachsen‐AnhaltschrumpftseitvielenJahren.Derdurch‐schnittlichejährlicheVerlustimZeitraum1995bis2014vonrund24Tsd.MenschengleichtinetwaderEinwohnerzahlvonSalzwedeloderQuedlinburg.Landesweitistdiese Einwohnerzahl im Jahr 2015 wegen der Flüchtlingszuwanderung einmaliggestiegen und lag zumdamaligen Jahresende bei 2,245Mio.Menschen. Diesmar‐kiertejedochkeinenTrendbruch,vielmehrwardieBevölkerungbisEndedesJahres2016wiederumgutneuntausendEinwohneraufdann2,236Mio.gesunken–dasentsprichtdemStandvon2014.
BasisfürdieimFolgendenbeschriebenenPrognosenistebendiesesJahr2014unddamiteineBevölkerungvon2,236Mio.Menschen(vgl.Abbildung15).DasStatisti‐scheLandesamtSachsen‐AnhalterwartetinseinerVorausberechnung,dassdielan‐desweiteEinwohnerzahldembisherigenTrendfolgendbis2030kontinuierlichsin‐kenwird.DabeibeschleunigtsichderRückgangvonrundelftausendMenschenimJahr2016bisaufrund20Tsd.imJahr2024;danachliegtderVerlustjeweilsbeigut19Tsd.Einwohnernjährlich.ImErgebniswirddasLandbiszumJahr2030rundeinZehntel seiner heutigen Bevölkerung verloren haben, das entspricht in etwa derEinwohnerzahlvonMagdeburg.
Zu Vergleichszwecken wird in Abbildung 15 auch eine alternative Bevölkerungs‐prognose von empirica dargestellt. Dort wird ein geringerer Einfluss der Flücht‐lingszuwanderung auf die Einwohnerzahlmodelliert,weil für die Flüchtlinge einehöhere Rückwanderung bzw. Abwanderung in andere Bundesländer unterstelltwurde. Im Unterschied zur amtlichen Prognose weist die empirica‐Prognose dar‐überhinausaucheineVarianteohneFlüchtlingeaus.Sowirddeutlich,dassdieBe‐völkerungohnedieFlüchtlingeimJahr2015kontinuierlichweitergesunkenwäre.
ImFolgendenwerdendeswegenvereinfachendeAnnahmengetroffen.DemnachunterscheidensichdieFlüchtlinge im Zeitraum bis 2019 zunächst erheblich hinsichtlich ihres HaushaltsbildungsverhaltensvondenbisherigenEinwohnern:siebildenannahmegemäßgrößereHaushalte,dieimDurchschnittaus2,3Personenbestehen(ohneFamiliennachzug).27FürdielangeFristwirddagegeneineAngleichungindemSinneunterstellt,dassFlüchtlingebiszumJahr2030vergleichbareHaushaltsstrukturenaufwei‐senwiediealteingesessenenHaushalte.
Als „Flüchtlinge“wirddabeidiejenigeAnzahlPersonenbetrachtet, die sichals relativeDifferenzderempirica‐Prognose inderVariante„ohneFlüchtlinge“gegenüberderPrognosedesStatistischenLan‐desamtesergeben(dassind40.219Menschen imJahr2019).DieseAbgrenzungstelltnureinegrobeAnnäherungdar,weilauchdieVariante„ohneFlüchtlinge“schoneinegewisseZuwanderungausdemAuslandunterstellthat–unddarunterbereitseinenAnteilanFlüchtlingen.DieseUngenauigkeitistinder aktuellen Situation und für die kurze Frist aber hinnehmbar. In der nächstenWohnungsmarkt‐prognose wirdmanmehr über das wohnungsmarktrelevante Verhalten der Flüchtlinge wissen unddaraufaufbauenddannverbessertePrognosenfürdielangeFristvornehmenkönnen.
Verglichenmit der Bevölkerungsentwicklung sinkt die Zahl derHaushalte langsa‐mer.DieAbweichungistaufsinkendeHaushaltsgrößenzurückzuführen:esgibtim‐merwenigerFamilienundvorallemimmermehr(ältere)Alleinlebende.ImErgeb‐niswirddieEinwohnerzahlvon2014bis2030zwarum11%sinken,dieZahlderHaushalte dagegen nur um 7,4%. In absoluten Zahlen werden in Sachsen‐AnhaltdannimJahr2030noch1,07Mio.Haushaltestatt1,16Mio.wie2014wohnen.DergrößteTeildiesesNachfrageschwundes(43%bzw.37Tsd.)entfälltaufdiemittlereFrist2021bis2025,kurzfristigwirkendieFlüchtlingestabilisierendundlangfristigverlangsamtsichderRückgangimZeitraum2026bis2030(34%bzw.29Tsd.).
3.2 Sachsen‐Anhaltistdemographischgespalten
DielandesweitenTrendsbeiEinwohnernundHaushaltengleichensichjedochnichtin allenRegionstypen. So steigtdieEinwohnerzahl indenOberzentren28 entgegender landesweitenEntwicklungbis 2020 sogarnochanund fällt selbstbis ins Jahr2030nichtunterdasNiveauvon2014(vgl.Abbildung16undAbbildung11).Alleanderen Regionenwerden dagegen künftig durchgehend Einwohner verlieren. Ei‐nenetwasgeringerenEinwohnerverlustwirddasUmlandvonMittel‐undOberzen‐trenerfahren(rund‐14%bis2030).DieMittelzentrenselbstund„sonstigeGemein‐den“sindetwasstärkerbetroffen(rund‐15%bis2030).
UnterdenMittelzentrenschneidendiebeidenStädteMerseburgundOscherslebenambestenab:dieEinwohnerzahlsinktdortnurwenigmehrals10%,dieZahlderHaushalte sogarumdeutlichwenigerals10%.AmanderenEndederSkala findensich dieMittelzentren Lutherstadt‐Eisleben und Sangerhausen sowie die „übrigenGemeinden“ imLandkreisMansfeld‐Südharz: hier sinktdieEinwohnerzahl jeweilsumüberdurchschnittliche19%unddieZahlderHaushalteebenfallsumbiszu19%.
Während die Einwohnerzahl außerhalb der Oberzentren landesweit ummehr als10%sinkenwird,schrumpftdieZahlderHaushalte inmanchenRegionennurein‐stellig. Dazu gehören neben Merseburg (‐6%) und Oschersleben (‐7%) auch Hal‐densleben(‐7%),Halberstadt,WernigerodeundKöthen(jeweils‐8%)sowieQued‐linburgundBitterfeld‐Wolfen(jeweils‐9%).
Das langjährigeGeburtendefizitmacht sich – trotz derAuslandszuwanderung voneherJüngeren–inderAltersverteilungbemerkbar.SosteigtdaslandesweiteDurch‐schnittsalter von 47 Jahren im Jahr 2014 auf 49 Jahre bis 2030 an. EntsprechendwirdderEinwohneranteilder60‐bis74‐Jährigenvonheute20%auf25%imJahr2030zulegenundderAnteilder75‐JährigenundÄlterenvon13%auf16%;spie‐gelbildlichdazugibtes immerweniger jüngereEinwohner.SowirdderAnteildermittelaltenErwachsenen(45‐bis59‐Jährige)vonheute25%aufdann19%absin‐ken (vgl. Abbildung 17a und b). Insgesamt wird die Quote der unter 60‐Jährigensinken(von67%auf59%)unddiederüber60‐Jährigensteigen(von33%auf41%).
AnalogzudenregionalenBevölkerungstrendsunterscheidetsichauchdieAlterungindenRegionen(vgl.Abbildung17c).JegrößerderSterbeüberschussundjegerin‐ger die Zuwanderung (i.d.R. junger Menschen), desto schneller steigt das Durch‐schnittsalter. Dementsprechend haben die den Oberzentren fernen Regionen dashöchsteDurchschnittsalterimJahr2014(rund48Jahre/+3)sowiegroßeAlterszu‐wächsebis2030,gefolgtvomUmlandderOberzentren(46/+3).Umgekehrt istdie
<20 Jahre; 15%
20‐29 Jahre; 10%
30‐44 Jahre; 17%
45‐59 Jahre; 25%
60‐74 Jahre; 20%
75 Jahre und älter; 13% <20 Jahre; 16%
20‐29 Jahre; 9%
30‐44 Jahre; 15%
45‐59 Jahre; 19%
60‐74 Jahre; 25%
75 Jahre und älter; 16%
4546
4848
4747
45
49
5151
50
49
‐1,0
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
41
43
45
47
49
51
53
2014
2030
Zuwachs
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 53
empirica
BevölkerungderOberzentren30 am jüngsten (45)undverjüngt sich sogar leicht (‐0,5).HierwirkenzweiFaktoren:zumeinenziehenjungeMenschendorthinundzumanderensindesebendiese,dieauchKinderbekommenundsodasGeburtendefizitniedriger halten. Diese Faktoren wirken auch im Umland der Oberzentren. Aller‐dings etwas schwächer, weil es die jungen Familien dorthin zieht, während dieOberzentrenselbstehervonjungenalleinlebendenErwachsenenprofitieren.
DiejüngsteBevölkerungwirdimJahr2030inHalleundMagdeburgzufindensein(Durchschnittsalter44Jahre;vgl.Karte9).DanachfolgtdasUmlandvonMagdeburg(48),HalleundHaldensleben(jeunter49).EinDurchschnittsaltervonüber52Jah‐renwirdesbisdahininvierRegionengeben:denMittelzentrenSangerhausen,Zeitzund Bitterfeld‐Wolfen sowie den restlichen Gemeinden im Landkreis Mansfeld‐Südharz.
Von ehemals 13 Regionen mit einem Durchschnittsalter unter 47 Jahren im Jahr2014wirdesbis2030nurnochzweigeben:MagdeburgundHalle.UmgekehrtsteigtdieZahlder„alten“Regionen(Durchschnittsalterüber49Jahre)vonzweiauf36an.DiehöchstenAlterszuwächsewerdenfürdasMittelzentrumHaldensleben(+4Jah‐
DieHaushalte inSachsen‐Anhaltsindmitdurchschnittlich1,93PersonenschonimJahr 2014 recht klein. Bis 2030 werden weiter sinkende Haushaltsgrößen denDurchschnitt landesweit auf 1,86 drücken. Während 2014 noch gut jeder fünfteHaushaltausdreiundmehrPersonenbesteht(21%),wirddiesbis2030nurnochaufknapp jedenachtenHaushalt zutreffen (13%;vgl.Abbildung19).Dieser allge‐
18%22%
22%
24%
29%23%
20% 20%
11% 12%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2014 2030
<30 Jahre
30‐44 Jahre
45‐59 Jahre
60‐74 Jahre
75 Jahre und älter
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 55
empirica
meine Trendwird imPrinzip für alle Regionen in Sachsen‐Anhalt erwartet. Aller‐dingsgibteserheblicheregionaleNiveauunterschiede.
Haushaltsgrößen deutlich unter dem Landesdurchschnitt sind heute und im Jahr2030vorallemindenOber‐undMittelzentrenzufinden(vgl.Karte10).Dortkon‐zentrieren sich die jungen Singles und kinderlosen Paare, entsprechend liegt diemittlereHaushaltsgrößeimJahr2014bei1,8Personen.AmehestentrifftmankleineHaushalteindenStädtenBitterfeld‐Wolfen(durchschnittlich1,68Personenin2014bzw.1,60in2030)undQuedlinburg(1,69bzw.1,61).WährendderDurchschnitts‐wertheutenurinzehnder42Regionen31unter1,8liegt,verdoppeltsichderenAn‐zahlnahezubis2030auf17Regionen.
GroßeFamilienhaushaltelebendagegeneheraußerhalbderverstädtertenGemein‐den(mittlereHaushaltsgröße2,1Personen)und–alsFolgederSuburbanisierung–imUmlandderMittel‐(2,0)undOberzentren(2,2).Mitdurchschnittlichmehrals2,2PersonenproHaushaltstechenheutenochdreiRegionenhervor:dienichtverstäd‐terten Gemeinden im Altmarkkreis Salzwedel (2,25), sowie das Umland von Hal‐densleben(2,43)undMagdeburg(2,28).
4. Wohnungs‐undNeubaunachfrage
Landesweit gibt es inSachsen‐AnhaltkeineWohnungsknappheit.Zwar istdasAn‐gebotvieleJahregesunken,dahinterstandenjedochAbrissmaßnahmenzurgewoll‐ten Reduzierung des Leerstandes (vgl. AbschnittB4.4.1). Die Zahl der HaushaltedagegenistseitvielenJahrenweitauskleineralsderBestandanverfügbarenWoh‐nungen(vgl.Abbildung20).UndgemessenamAngebotsüberhang istderZuwachsanHaushaltenvernachlässigbar.
DennochsteigenineinigenLandesteilendieMietpreise(vgl.AbschnittB4.5.2)undsinkendieLeerständeteilsdrastisch(vgl.AbschnittB4.4.1).DiesdürftezumeinenaufdasSchwarmverhalten jungerMenschenunddiedamitverbundeneLandfluchtzurückzuführen sein. Aber auch in demographischen Schrumpfungsregionen kön‐nen Knappheiten auftreten: nicht mengenmäßig, wohl aber im Hinblick auf be‐stimmteQualitäten,dievorOrtnachgefragtwerden,imBestandabernichtzufindensind.
BesseralsderNachholbedarfkannderkünftigeZusatzbedarfbzw.dieZusatznach‐frage abgeschätzt werden. Dies gilt zumindest unter dem Vorbehalt, dass die zu‐grundeliegende Bevölkerungsprognose die tatsächliche Entwicklung hinreichendgenauvorhersagt.DarüberhinausmüssenAnnahmengetroffenwerdenzumVerhal‐tenderNachfragerbezüglichHaushaltsgröße(vgl.Kapitel3.2imAnhang)undEin‐familienhausquote (vgl.Kapitel3.3 imAnhang) sowiezumVerhaltenderAnbieterhinsichtlich Ersatzbedarf (vgl. Kapitel 4.2) bzw. qualitativer Zusatznachfrage (vgl.Kapitel4.3).
Insbesondere die Verhaltensannahmen für Flüchtlinge sind problematisch, weilhierzu kaum historische Erfahrungen vorliegen. Deswegen werden für die kurzeFrist vereinfachende, aber plausible Annahmen getroffen und langfristig eine An‐gleichung hinsichtlich ihreswohnungsmarktrelevanten Verhaltens unterstellt (vgl.Kasten2). Letzteres sollte in künftigenWohnungsmarktprognosenkritischhinter‐fragtwerden.WeitereDetailszurMethodikfolgenimnächstenAbschnitt.
Prognosen zum wohnungsmarktrelevanten Verhalten der Flüchtlinge sind mindestens so schwierigwie zu ihremHaushaltsbildungsverhalten.Dennnoch gibt es keineAnhaltspunkte dafür, inwelchenWohnformensielangfristiglebenwerden(EigenheimoderGeschosswohnung,MieteoderEigentum).
ImFolgendenwerdendeswegenvereinfachendeAnnahmengetroffen.DemnachunterscheidensichdieFlüchtlinge im Zeitraum bis 2019 zunächst erheblich hinsichtlich ihres wohnungsmarktrelevantenVerhaltensvondenbisherigenEinwohnern: siebildenannahmegemäßnichtnur größereHaushalte,sondernlebenzudemallezurMieteineinerGeschosswohnung.FürdielangeFristwirddagegeneineAngleichung in dem Sinne unterstellt, dass Flüchtlinge bis zum Jahr 2030 nicht nur vergleichbareHaushaltsstrukturenaufweisenwiediealteingesessenenHaushalte, sondernauchvergleichbareEin‐familienhausquotenundWohneigentumsquoten.MitdieserAnnahmewirdalsoehereineObergrenzederbeidenQuotenbeschrieben;außerdemschlägtsiesichindenfolgendenBerechnungennurinderBetrachtung der entsprechenden Einfamilienhaus‐ undWohneigentumsquoten nieder, nicht aber inderabsolutenZahlderNeubauprognosen!DiefüreineAngleichungerforderlichenEigenheimemüss‐tendemnachzusätzlichneugebautoderimleerstehendenBestandakquiriertwerden.
4.1 MethodischeAnmerkungen
Die Haushaltsprognose aus Kapitel 3 erlaubt eine Abschätzung des künftigen An‐stiegs der demographisch bedingten Wohnungsnachfrage. Demnach werden unterBerücksichtigung vonUntermietern und Zweitwohnungen in den Jahren 2017 bis2030 in Sachsen‐Anhalt knapp 21.000 zusätzlicheWohnungen nachgefragt (rund1.500Wohnungenp.a.).UnterstelltmandarüberhinauseinennormativenErsatzbe‐darf32und,dassdergesamteZusatzbedarf imNeubaubefriedigtwird,dannergibtsich eine Obergrenze für den rechnerischen Neubaubedarf von insgesamt rund58.000Wohnungen(gut4.000Wohnungenp.a.).DavonentfallenalleinaufdiekurzeFristdesZeitraums2017bis2020rund19.000Wohnungen(knapp5.000Wohnun‐genp.a.).
Alternativ zum normativen Ersatzbedarfwird in dieser Studie für Sachsen‐Anhaltauch eine qualitative Zusatznachfrage geschätzt. Mit dieser alternativen Methodikergibt sich eine Obergrenze für dieNeubaunachfrage von insgesamt nur knapp39.000Wohnungen(rund2.700Wohnungenp.a.).DavonwiederumentfallenalleinaufdiekurzeFristdesZeitraums2017bis2020gut14.000Wohnungen(gut3.500Wohnungenp.a.).
SowohlNeubaubedarfalsauchNeubaunachfragesindjedochindenJahrenbis2020höheralsinderfernerenZukunft(vgl.Abbildung21).DabeiistdiekurzeFristnochgeprägt von der aktuellen Landflucht in die Städte bzw. der dadurch ausgelöstenSuburbanisierunginsUmlandderZentren(vgl.Kapitel1)sowiederFlüchtlingszu‐wanderung(vgl.4.2.3).InderlangenFristdagegenüberwiegtderEffekteinerwei‐terhin schrumpfenden Einwohnerzahl. Diese und weitere Partialeffekte auf denNeubaubedarfunddieNeubaunachfragezeigtAbbildung22,dieAnnahmenzudie‐senEffektenwerdenimAnhangerläutert.DieEinflüsseaufdasGesamtergebnissindfürdenZeitraum2017bis2020indenAbbildung23bisAbbildung25dargestellt.
DieZahlzusätzlicherforderlicherWohnungensetztsichzusammenauseinerdemo‐graphisch bedingten Zusatznachfrage (weniger, aber dafür ältere Einwohner unddadurchkleinereHaushalte), einer steigendenEin‐/Zweifamilienhausquote, einemregionalen Mismatch von Angebot und Nachfrage infolge der BinnenwanderungsowiedurchErsatzbedarfbzw.durchqualitativeZusatznachfrage.Alleininfolgedersinkenden Einwohnerzahl werden unter sonst gleichen Umständen in Sachsen‐Anhaltbis2020rundelftausendWohnungenwenigerbenötigt(vgl.Abbildung23).WeildieMenschenkünftigaberältersindunddeswegenwenigerPersonenineinemHaushaltzusammenleben,steigtdiejährlichedemographischbedingteZusatznach‐frage nach Wohnungen um knapp dreitausend Haushalte, sodass die Wohnungs‐nachfragedannnurnochumreichlichachttausendEinheiten sinkt. SteigendeEin‐/ZweifamilienhausquotenhabenkeinenEffekt aufdie aggregierteWohnungsnach‐frage,AuswirkungendiesesEffekteszeigensicherstbeidifferenzierterBetrachtungderWohnungsnachfrageinEin‐/Zwei‐vs.Mehrfamilienhäusern.
standführt.33AlleindeswegenwerdenrundzehntausendWohnungenJahrfürJahrbenötigtunddeswegenmüssennunauchzusätzlicheWohnungengebautwerden–abzüglichdesNachfragerückgangsliegtderBedarfnunbeiknappzweitausendjähr‐lich. Hinzu kommen die Flüchtlinge. Umgerechnet auf den betrachteten Zeitraumwerden für diese Menschen aber nur etwa 300 weitere Wohnungen jährlich ge‐braucht – imWesentlichen inMagdeburgundHalle.Überall sonst könnennahezualle Flüchtlinge in den durch Bevölkerungsrückgang frei werdenden Wohnungenunterkommen.
Unterstelltmandarüberhinauseine jährlicheErsatzquotevon0,3%beiGeschoss‐wohnungenund0,1%beiEigenheimen,dannwerdenjedesJahrnocheinmalknappdreitausendWohnungenzusätzlichbenötigt.Gehtmandavonaus,dassdergesamteZusatzbedarfimNeubaubefriedigtwird,dannmüssenlandesweitdemnachjährlichfast fünftausend Wohnungen neu errichtet werden (Obergrenze). Wenn man diePrognosealternativaufeinequalitativeZusatznachfrageanstelleeinesnormativenErsatzbedarfsbezieht,müssen inSachsen‐Anhalt jährlichknappviertausendWoh‐nungenneuerrichtetwerden(Obergrenze).DieimpliziteErsatzquoteliegtdemnachnurbei rund0,2%unddamitniedrigeralsbeimErsatzbedarfnormativunterstelltwird.BeidePrognosewertestelleninsofernObergrenzendar,alsZusatzbedarfbzw.Zusatznachfrageteilweiseauchim(ggf.nochzusanierenden)BestandleerstehenderWohnungenbefriedigtwerdenkönnte.
Etwa ein Viertel der zusätzlich erforderlichen Wohnungen entfallen auf Ein‐/Zweifamilienhäuser. Allein infolge der sinkenden Einwohnerzahl ergibt sich je‐dochuntersonstgleichenUmständenzunächsteinmallandesweitbis2020einjähr‐licher Rückgang der Nachfrage um knapp fünftausend Wohnungen in Ein‐/Zweifamilienhäusern (vgl. Abbildung 24). Dieser negative Effektwird nur unwe‐sentlich kompensiert durch einen Haushaltsgrößeneffekt, der den Rückgang umetwa200Einheitenabfedert.WegensteigenderEin‐/ZweifamilienhausquotendurchnachrückendeGenerationenvonRentnerhaushalten,dieöfteralsihreVorgängerimEin‐/Zweifamilienhauswohnen, ergibt sich jedoch ein wesentlicher Schub für dieZusatznachfragevonnahezuviertausendEinheitenpro Jahr–derGesamteffekt istaberauchdannimmernochnegativ,derNachfragerückgangbeträgtjetztallerdingsnur noch knapp eintausend Einheiten jährlich. Annahmegemäß steigt die QuotenichtdurchsogenannteAngebotseffekte(vgl.Kapitel3.3b).StattdessenwerdendieAngebotsbedingungenfürEigenheime„nur“alsneutralangenommen,weilv.a. In‐nenentwicklung und Revitalisierung von Leerständen betrieben werden sollte –denn andernfalls führt eine überdurchschnittlich steigende EinfamilienhausquoteimNeubaubereich zu einem überbordenden Leerstand imGeschosswohnungsseg‐ment.
‐11.019
‐8.247
1.772 2.048
4.7093.556
‐14.000
‐12.000
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0
2.000
4.000
6.000
zusätzliche Einwohner…
…ältere und kleinere
Haushalte…
...Kohorten‐effekte...
…Angebots‐effekt...
...RegionalerMismatch*...
Flüchtlinge ...Ersatzbedarf0,3% p.a.
alternativ:qualitative
Zusatznachfrage
demographische Effekte steigende EZFH‐Quote Bedarf vs. Nachfrage
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 63
empirica
Der regionale Mismatch bei Ein‐/Zweifamilienhäusern durch Landflucht ist be‐trächtlich: Viele ziehen vom Land in die Stadt. Zwar werden dort dann eher Ge‐schosswohnungenbezogen,abergleichzeitigziehenindenvollerwerdendenStäd‐tenauchetlicheHaushalteinsUmlandoderwerdendurchsteigendePreisedorthinvertrieben. Im Umlandwiederum beziehen dann vor allem junge Familien Eigen‐heime(Partialeffektrund2.500Wohnungen)– imErgebnisführtdieszueinerZu‐satznachfragenachEinfamilienhäusernvonrund600Einheitenjährlich.Flüchtlingewohnen bis 2020 annahmegemäß (noch) nicht imEigenheim, der Zusatzeffekt imZeitraum 2017 bis 2020 ist also null. Bei einer angenommenen Ersatzquote von0,1% p. a. werden dagegen weitere rund 500 zusätzliche Wohnungen in Ein‐/Zweifamilienhäusernbenötigt.InsgesamtliegtderjährlicheZusatzbedarfdemnachtrotz Einwohnerschwund bei gut eintausend Einheiten (Obergrenze) – verursachteben durch die steigende Eigenheimquote und Landflucht bzw. Suburbanisierung.WirdalternativzumnormativenErsatzbedarfdiequalitativeZusatznachfrageprog‐nostiziert, dann fällt der jährlicheNeubaumit gut eintausendWohnungen in Ein‐/Zweifamilienhäusern (EZFH‐Wohnungen)ähnlichhochaus (Obergrenze).Die im‐pliziteErsatzquotefürEin‐/Zweifamilienhäuser liegtdemnacheherbei0,09%unddamitunwesentlichniedrigeralsdienormativgesetzten0,1%p.a.
demographische Effekte steigende EZFH‐Quote Bedarf vs. Nachfrage
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 64
empirica
WohnungeninMehrfamilienhäusern
Rund drei Viertel der im Zeitraum 2017 bis 2020 zusätzlich erforderlichenWoh‐nungenentfälltaufWohnungeninMehrfamilienhäusern.WegenderrückläufigenEinwohnerzahlsinktdiejährlicheZusatznachfragejedochzunächsteinmalumrundsechstausendGeschosswohnungen (vgl.Abbildung25).WeildieMenschenkünftigälterseinwerdenundwenigerPersonenineinemHaushaltlebenwerden,wirddie‐ser negative Effekt jedoch etwas abgemildert; die jährliche Zusatznachfrage nachGeschosswohnungensinkt jetztnurnochumknappviertausendEinheiten.Hinter‐grund:Kleinere und ältereHaushaltewohnen eher inGeschosswohnungen.Da je‐doch insgesamtmit steigenden Ein‐/Zweifamilienhausquoten zu rechnen ist,wirddiereindemographischbedingteZusatznachfrageeinweiteresMalgeschmälert:SiesinktdadurchumreichlichsiebentausendEinheitenjährlich.Annahmegemäßwer‐denkeinepositivenAngebotseffekteunterstellt(vgl.Kapitel3.3b).
DerregionaleMismatchbeiWohnungeninMehrfamilienhäusernistjedochdeutlichgrößeralsbeiEin‐/Zweifamilienhäusern.Deswegenwirddie jährlicheZusatznach‐frage unter Berücksichtigung der Effekte aus der Binnenwanderung in die Städtepositiv und liegt damit insgesamt bei gut eintausend Einheiten pro Jahr. HinzukommtderZusatzbedarffürFlüchtlingeinHöhevonknapp300WohnungenindenJahrenbis2020,sodasssicheinquantitativerGesamtbedarfvondeutlichmehralseintausendEinheiten jährlich ergibt.DieserBedarf steigt umweitere zweitausendWohnungen,wennjährlich0,3%desGeschosswohnungsbestandesersetztwerden.DannergibtsicheinZusatzbedarfvoninsgesamtfastviertausendGeschosswohnun‐genjährlich(Obergrenze).NureinverschwindendgeringerTeildavonwirdindie‐sem Szenario für die Flüchtlinge benötigt (vgl. dazu die Variationsrechnungen inKapitel4.2.3).WirdalternativzumnormativenErsatzbedarfauchhierdiequalitati‐veZusatznachfrageprognostiziert,ergibtsicheinedeutlichniedrigereNeubauprog‐nose.DannistjährlichnureinNeubauvongutdreitausendanstelledergutviertau‐sendGeschosswohnungenerforderlich(Obergrenze).Die impliziteErsatzquotebeiGeschosswohnungen liegt demnach imZeitraum2017 bis 2020 eher bei 0,2% alsbei0,3%p.a.
DievorgestelltenPrognosen fürdieZahlderzusätzlicherforderlichenWohnungenindenkommendenJahrenorientierensichanderkünftigenNachfrageunddamitanderlangfristigendemographischenEntwicklung.Dieseistinsofernverhältnismäßiggut vorherzusagen, als diemeisten Haushalte der Jahre bis 2020 (bzw. bis 2030)schon heute gegründet sind und die Größen‐ und Altersstrukturen der HaushaltesowiederenWohnpräferenzensichnichtabruptändern.EingeschränktwirddieseVorhersagbarkeitallerdingsdurchdieUnsicherheithinsichtlichdeskünftigenWan‐derungsverhaltens–sowohlderBinnenwanderungalsauchderWanderungenvomundinsAusland.
Nebenderlangfristigen(=demographischen)EntwicklungwirddieWohnungsnach‐fragemittelfristig aber auch durch diewirtschaftliche Situation und ErwartungenderHaushaltegeprägt.Soistesmöglich,dasstrotzsinkenderHaushaltsgrößendieWohnungsnachfrage kurzfristigweniger ansteigt oder stärker sinkt als prognosti‐ziert (quantitativeAbweichung)oderdieEin‐/Zweifamilienhausnachfragewenigerschnellansteigtalsangenommen(qualitativeAbweichung).Solchekurz‐odermit‐telfristigenEinkommenseffektespiegelnindervorliegenden,auf2030fokussierten,PrognoseeineuntergeordneteRolle.InsofernsinddiePrognoseneheralslangfristi‐geEntwicklungskorridoreundwenigeralspunktgenaueVorhersagenfürjedesEin‐zeljahrzuverstehen.DiesgiltalleinschonwegendesunbekanntenundinderFach‐
‐6.076
‐3.543
‐7.256
1.130
1.406
3.522
2.537
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zusätzliche Einwohner…
…ältere und kleinere
Haushalte…
...Kohorten‐effekte...
…Angebots‐effekt...
...RegionalerMismatch*...
Flüchtlinge ...Ersatzbedarf0,3% p.a.
alternativ:qualitative
Zusatznachfrage
demographische Effekte steigende EZFH‐Quote Bedarf vs. Nachfrage
VergleichtmanalleindieZahlderWohnungsnachfragermitderZahlderWohnun‐genimLande,dannbestündekeinquantitativerWohnungsmangel.Gleichwohl:DieWohnungenstehenam„falschen“Ort.Würdeman–reinrechnerisch–allesuchen‐den Haushalte zunächst in den vorhandenen – teils leerstehenden – Wohnungenunterbringen,könntederNeubauerheblichgeringerausfallen.Es gibt jedocheineVielzahlvonGründen,warumdieMenschennichtdortwohnenwollen,wo(preis‐werter)Wohnraumausreichendvorhandenwäre.ZumTeilausberuflichenGründenoderzurAusbildung,abervorallemauchwegendes„urbanenLebensgefühls“kon‐zentriertsichdieBevölkerungimmermehrindenSchwarmstädten34.
Dasliegtvorallemauchander„Zusammenrottung“derimmerwenigerwerdendenjungenMenschenundimmerbesserausgebildetenjungenPaare.35Esliegtaberauchdaran, dass junge Leute – z.B. nach Beendigung ihrerAusbildung – nichtmehr sohäufigwiefrüherinsUmlandoderzurückinihreHeimatgemeindeziehen,sonderninderStadtbleiben.VieleGemeindenhabenmittlerweileerkannt,dassesVorteilemit sich bringt, wennman junge Haushalte am Ort halten kann. Dort, wo ausrei‐chend innerstädtisches Bauland oder nachfragegerechte Wohnungsangebote vor‐handen sind, fällt die (wohnungsmarktbedingte) Suburbanisierung entsprechendgeringeraus.
Zusammenfassend kannman daher feststellen, dass es landesweitWohnwünschegibt, die im vorhandenen Bestand nicht erfüllt werden können. Daraus resultierteinequalitativeZusatznachfrage,dieselbstinSchrumpfungsregionen36undbeibe‐stehendenLeerständenNeubauerforderlichmacht.DennauchinSchrumpfungsre‐gionenwohnenoderwandernMenschenzu,diemitdembestehendenAngebotnichtzufriedensind.
Wennweniger (mehr)Wohnungen als die prognostizierte Anzahl gebautwerden,dannwerdenvorallemderLeerstandsinken(steigen)undz.B.dasAufkommenvonNah‐ und Fernpendlern steigen. Darüber hinaus würden wohl in Regionen mitknappem (überschüssigem) Wohnungsraum durch Teilung (Zusammenlegung)Wohnungenverkleinert (vergrößert) und sodasAngebot vergrößert (verkleinert)werdenoderzweckentfremdete(bislangbewohnte)EinheitenwiederalsWohnung
34 StädtemithoherüberregionalerZuwanderungausdemBundesgebiet.35 Vgl. Simons, H. und Weiden, L. (2015), Schwarmstädte in Deutschland – Ursachen und Nachhaltigkeit der
angebotenwerden (zweckentfremdetwerden). Außerdemwürden auch junge Er‐wachsene das Elternhaus später (früher) verlassen und z.B. während der Ausbil‐dung(nicht)zuHausewohnenbleiben.AufjedenFallaberstiegen(fielen)dieMiet‐und Kaufpreise in den begehrten (betroffenen) Städten und Ortslagen weiter an(ab),wenndieZusatznachfragenicht(jetzt)durchmengenmäßigundqualitativaus‐reichendeZusatzangebotebefriedigtwürde.Darunter leiden(Darüber freuensich)dannvorallemmobile,jüngereHaushalteundEinkommensschwächere.
Tatsächlich besteht eine gewisse Substitutionsbeziehung zwischen Ein‐/Zweifamilienhäusern und Geschosswohnungen, die familienfreundliche Kriterienberücksichtigen,wie z.B. überschaubare Gebäudemitmaximal sechsWohneinhei‐ten, private Freiflächen (z.B. großzügiger Balkon oder Terrasse) und großzügigeUnterstellmöglichkeiten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es lange Zeit nurverschwindendwenigeBeispielefüreinefamilienfreundlicheBautypologieimstäd‐tischen Geschosswohnungsbau gab. Insofern zeigen die Prognosen vor allem an,welche Neubaumengen am Markt abgesetzt werden könnten, wenn das entspre‐chendeAngebotzurVerfügungstünde.
Anders sieht es aus,wennmehrWohnungen inEin‐/Zweifamilienhäusernneu er‐richtetwerdenals inderPrognosealsBedarfbzw.Nachfrageermitteltwurde.EinTeilderHaushalte,diesonstineinerGeschosswohnungundzurMietegelebthätte,wird dann dazu neigen, ein preiswertes – weil leerstehendes – Eigenheim zurSelbstnutzung zu kaufen. Das betrifft vor allem Geringverdiener sowie darunterHaushaltemithandwerklichenFähigkeiten,diedas„alte“EigenheimmitvielEigen‐arbeitrenovierenkönnen.
UnserePrognosemethodikberücksichtigtdiedurchErbgangfreiwerdendenEinfa‐milienhäuser genauso wie die durch Wegzug (Suburbanisierung, Landflucht etc.)freiwerdendenWohnungen.Dennwirprognostizierenebennicht,wiesichneuhin‐zukommende oder im Prognosezeitraum umziehende Haushalte verhalten. Viel‐mehrverteilenwir imPrinzipalle inSachsen‐Anhalt lebendenHaushalte in jedemJahrneuaufdiejeweilszurVerfügungstehendenWohnungen.37
DeutlichwirddiesamBeispielderRegionenmitsteigendenEinwohnerzahlen(Zu‐gezogene oderNeugeborene). Angesichts der inmanchenRegionen eher geringenPrognosezahlen fürGeschosswohnungenkönntemansich fragen, obes seinkann,dass die neu hinzukommenden Haushalte nur noch im Einfamilienhaus wohnenwollen.DieRelevanzsolcherÜberlegungenwirddeutlich,wennmanbedenkt,dassdieneuenEinwohnereherjungundnochkinderlossind.
So darf die Prognose jedoch nicht interpretiert werden. Rein quantitativ bestehtnocheinrechtengerZusammenhangzwischendenneuhinzukommendenHaushal‐tenunddemerforderlichenNeubau:JemehrPersonenoderHaushalteineinerRe‐gion lebenundeineWohnungsuchen,destomehrmussgebautwerden.38Diesän‐dertsich,wennmandieQualitätderNachfragebetrachtet,wennmanalsoz.B.fragt,wievieleHaushalteinEin‐/ZweifamilienhäusernundwievieleinGeschosswohnun‐gen lebenwollen.DannbestehtnurnocheinsehrvagerZusammenhangzwischendenneuhinzukommendenHaushaltenunddenNeubauten.Dennoft sindesnichtdieneuhinzukommendenHaushalte,diedirekt ineinEin‐/Zweifamilienhausbzw.in einen Neubau ziehen. Vielmehr wechseln bereits Ortsansässige aus der Ge‐schosswohnung insEigenheimbzw.ausdemBestand ineinenNeubau.Die so freiwerdendenGeschosswohnungenwerdendann imZugevonSickereffektenvonzu‐ziehenden Haushalten belegt.39 So erklärt sich, warum nur wenige Geschosswoh‐nungenzusätzlichgebrauchtwerdenundwasmitden imErbgang freiwerdendenEinfamilienhäuserngeschieht.
EinePrognoseaufLandesebenekommtimmerzueinerkleinerenMengeerforderli‐chenNeubausalseineregionalisiertePrognose.DennjekleinräumigereineProgno‐seerstelltwird,destoehergibteseinenregionalenMismatch,alsoeineDiskrepanzzwischen Angebot und Nachfrage innerhalb einer Teilregion infolge von Binnen‐wanderung; dieser führt zu Leerstand in derWegzugsregion und zu zusätzlichemNeubaubedarfinderselbenHöheinderZuzugsregion.DerMismatchwäremaximal,wenn man eine Prognose auf der Ebene von Straßenzügen, Hausnummern undStockwerkenerstellenwürde.UmgekehrtwürdenbeieinerlandesweitenPrognosesämtliche regionalen Unterschiede in der Wohnungsnachfrage saldiert und unterdenTischfallen.
Der Denkfehler: Im Zusammenhang mit der beschriebenen Problematik wird oftvergessen,dasseinekleinräumigePrognoseauchkleinräumigeWanderungsannah‐men erfordert. Andernfalls kommt es zu Widersprüchlichkeiten in der Prognose.Wanderungsannahmen für langfristige Prognosen kannman aber sinnvollerweise
nichtaufderEbenevon(Klein‐)StädtenodergarStadtteilenaufstellen.Dennklein‐räumigeWanderungenwerdeninsbesondereauchdurchdaskleinräumigeAngebotverursacht (Bauland, Wohnungen). Deswegen gibt es eine „optimale Raumgröße“fürWohnungsmarktprognosen.DiesesolltesichanWohnungsmarktregionenorien‐tieren,alsoanRegionen,innerhalbderereinGroßteilderUmzugsbewegungenbzw.Binnenwanderungstattfindet.Dieskönnenz.B.RaumordnungsregionenoderLand‐kreisesein,bei(kreisfreien)StädtensolltewegenderSuburbanisierungdasUmlandberücksichtigtwerden.DeswegenwurdedievorliegendeStudieaufderEbenevon36Regionenerstellt,diesichauffünfRegionstypenverteilen(vgl.RegionalisierunginKapitel2).
GrundsätzlichmussmanzweiSchätzansätzestriktauseinanderhalten:dassindzumeinen Schätzungen für den mengenmäßigen Gesamtbedarf fehlender Wohnungen(Neubaubedarf;sowieindieserStudie)undzumanderenSchätzungenfürdenBe‐darf anWohnungen im unteren Preissegment („bezahlbare“Wohnungen; vgl. Ab‐schnittB5.2.2).
Soschätzenz.B.dieBöckler‐StiftungoderdasPestel‐InstitutdenBedarfan„bezahl‐baren“Wohnungen.DazuwerdenAnnahmengetroffen,wiehocheineMietbelastunghöchstensseinsollte(z.B.30%desEinkommens).AnschließendwirdineinemGe‐dankenexperimentuntersucht,obesmöglichwäre,dievorhandenenWohnungensoumzuverteilen,dasskeinHaushalteineBelastungvonmehrals30%oder35%desEinkommenstragenmüsste.DieAnzahlderHaushalte,denenmanselbstindiesemtheoretischen Feldversuch aktuell keine „bezahlbare“Wohnung zuordnen könnte,wirddannalsZusatzbedarfan„bezahlbaren“Wohnungendeklariert.
AndersgehendagegenSchätzungenvonempiricaoderdesstaatlichenBundesinsti‐tuts fürBau‐, Stadt‐ undRaumforschung (BBSR) vor,wobei sichdieBundesregie‐runginderRegelaufdieZahlendesBBSRstützt.Hierwirdnichtgeschätzt,wievieleWohnungenaktuellinwelchemPreissegmentfehlen,sondernwievieleWohnungenkünftig aufgrund (regional) steigender Einwohner‐/Haushaltszahlen, steigenderEigenheimquoteoderalsErsatzverschlissenerGebäudezusätzlichbenötigtwerden(Neubaubedarf). Implizit wird bei solchen Bedarfsprognosen unterstellt, dass dieWohnungenauch(wieder)„bezahlbar“sind,wennausreichendvielegebautwerden.
ImUnterschied zum „Neubaubedarf“muss nicht jede fehlende „bezahlbare“Woh‐nung neu gebaut werden. Vielmehr können „nicht‐bezahlbare“ Wohnungen auchdurch Subventionen verbilligtwerden (Mittel des sozialenWohnungsbaus,Wohn‐geld,KostenderUnterkunft/KdU).
4.2 KlassischeMethode:Neubaubedarf
Dieses Kapitel betrachtet den regionalen Neubaubedarf wie er sich aus den be‐schriebenen demographischen Effekten im Zusammenspiel mit dem klassischenErsatzbedarfergibt.ErgebnissederzuvordiskutiertenAlternativeeinerqualitativen
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Zusatznachfrage anstelle des normativen Ersatzbedarfs und damit die regionaleNeubaunachfragewerden im folgenden Kapitel vorgestellt. Detaillierte ErgebnissefüralleRegionenfindensichimTabellenanhang.
Insgesamt werden in den Jahren 2017 bis 2030 in Sachsen‐Anhalt rund 58 Tsd.Wohnungenzusätzlichbenötigt.Das entspricht einemZuwachsum5%gegenüberdemBestandEndedesJahres2014bzw.einemjährlichenDurchschnittsbedarfvonrund viertausend Wohnungen. Allerdings ist dieser langfristige Mittelwert wenigaussagekräftig. Denn rund ein Drittel dieser Wohnungen wird bereits im Vier‐Jahres‐Zeitraum2017bis2020benötigt.EntsprechendliegtderMittelwertfürdie‐senZeitraumbeiknappfünftausendEinheiten(vgl.Tabelle15).
NunsinddieFertigstellungenimJahr2017zwarbereitsaufknappviertausendEin‐heiten gestiegen. Aber das reicht eben immer noch nicht aus. Es ist eine weitereSteigerung um etwa ein Fünftel oder rund siebenhundertWohnungen notwendig.DasssolcheUmfängemöglichsind,zeigteinBlickindieVergangenheitaufdieSta‐tistikenderletztenBoomphase:SowurdenindenJahren1995bis1999schonein‐malgut18Tsd.WohnungenproJahrneuerrichtetundselbstindenJahren2001bis2005warenesnochübersechstausendproJahr(vgl.Abbildung21).
ImFolgendenwirdvorzugsweisederBedarffürdiekurzeFristdiskutiert.Dennna‐turgemäßsindlangfristigePrognosenunsicherer.Hinzukommtderzeitdiezusätzli‐cheUnsicherheithinsichtlichdeswohnungsmarktrelevantenVerhaltensderFlücht‐linge: Es ist unklar, inwelchemUmfang esmittel‐ oder langfristig zu einer Rück‐wanderungkommenwird(sinkenderBedarf)oderinwieweitsiebleibenundsichandas Verhalten der einheimischen Haushalte anpassen werden (steigender Bedarf,insbesonderefürEigenheime).
DieZusatznachfrage inSachsen‐AnhaltbestehtweitüberwiegendausErsatzbedarfresp.qualitativerZusatznachfrage(vgl.Abbildung23bisAbbildung25).LediglichindenOberzentren40 und einigenMittelzentren gibt es auch einen quantitativen Zu‐satzbedarf (vgl. Abbildung 30). Insoweit quantitative Zusatznachfrage in Knapp‐heitsregionenbesteht,kannsienurimNeubaubefriedigtwerden.Dasselbegilt fürErsatzbedarferesp.qualitativeZusatznachfragenachEigenheimeninRegionenohnerelevantenLeerstandindiesemSegment.
Alle anderenZusatznachfragen, also insbesondereErsatzbedarf vonGeschosswoh‐nungenundEigenheimenmit Leerständen im gleichen Segment, solltenmöglichstdurch umfassende Sanierung auf Neubaustandard oder durch Reaktivierung vonLeerständen befriedigt werden. Inwieweit es gelingt, Leerstände zu reaktivieren,hängtaberauchvomZustandderlokalenLeerstände,vomlokalenBaulandangebotundetwaigenFördermöglichkeitenab.DaderLeerstandimLandbereitsheutebe‐trächtlich und ein weiterer Anstieg selbst ohne Neubau zu erwarten ist (vgl. Ab‐schnittB4.4.1), solltenalledenkbarenMöglichkeitengeprüftwerden,diesenNeu‐bauim(leerstehenden)Bestandzurealisieren.
Den größten Wohnungsneubaubedarf im Zeitraum 2017 bis 2020 gibt es in denOberzentren41,dortwirdmehralsdieHälfteallerNeubauwohnungenbenötigt(gut2.600 jährlich; vgl. Tabelle 15). Dann folgen dieMittelzentren und derenUmland,hierwirdetwajedevierteneueWohnunggebraucht(gut1.200),dagegenmussimRestdesLandesnur rund jedeachteNeubauwohnung stehen (knapp800). Inner‐halbderZentrumsregionenkonzentriertsichderBedarfzudemganzenormaufdiezentralenOrte,wenigerals10%derNeubautenwerdenimUmlandbenötigt.
Gemessen amWohnungsbau der Jahre 2015 bis 2017 wird in den Umland‐ undzentrumsfernenGemeindenzuvielgebaut,indenMittelzentreninetwabedarfsge‐recht, aber in den Oberzentren nicht einmal halb so viel wie rein mengenmäßignotwendigwäre(vgl.Abbildung26).OffensichtlichfindendieNachfragerinMagde‐burg und Halle nicht ausreichend viele nachfragegerechte Angebote und werdendadurch in das jeweiligeUmland verdrängt.Undmutmaßlichwerden auch in denzentrumsfernen Regionen neugebaute Wohnungen den zahlreich vorhandenenLeerständenvorgezogen.
WeiteretypischestrukturelleUnterschiedegibtesimHinblickaufdenEinfamilien‐hausanteil imbenötigtenNeubau.Landesweit liegtdieserAnteil imZeitraum2017bis2020bei25%unddamitbeieinemViertel(vgl.Tabelle15undAbbildung27).Eine regionalisierteAuswertungzeigtdagegen,dassvorallem indenOberzentrenmehrGeschosswohnungengebrauchtwerden–dortliegtdieEinfamilienhausquotenur bei etwa einem Sechstel (16%),während sie imUmland derOberzentren beifast derHälfte liegt (42%).Verglichendamitwerden indenMittelzentren anteiligmehr Eigenheime benötigt (32%) – das gilt insbesondere auch für deren Umland(53%).Nach2020bleibtdererforderlicheAnteilderEinfamilienhäuserimNeubaulandesweitinetwakonstant.DahinterverbirgtsichjedocheinRückgangderQuoteinMittelzentren.
Gemessen amWohnungsbau der Jahre 2015 bis 2017 werden anteilig viel mehrEigenheimegebautalsinderPrognoseberechnetwurde(vgl.Abbildung27).Offen‐sichtlich finden die Nachfrager im vorhandenenWohnungsbestand nicht die adä‐quatenWohnformen.Trotzvieler(undzunehmender–vgl.AbschnittB4.4.1)Leer‐stände inGeschosswohnungenbevorzugendieMenschenneugebauteEigenheimeamStadtrandoderimUmland.
Landesweitmüssen imZeitraum2017bis2020 jährlichetwa2,1WohnungenproTsd.Einwohnerneuerrichtetwerden.ÜberdurchschnittlichhochistderNeubaube‐darfindenOberzentrenMagdeburg(5,5;vgl.Karte11b)undHalle(5,3);derBedarfvonDessau‐Roßlauistdagegenklarunterdurchschnittlich(1,4).AberauchdieMit‐telzentrenHalberstadtundMerseburg(je2,2)sowieZeitz,WernigerodeundBitter‐feld‐Wolfen(je2,1)benötigenetwasmehralszweineueWohnungenproTausendEinwohner.DergeringsteNeubaubedarfbestehtimUmlandvonHaldensleben(0,6)sowie in den zentrumsfernen Gemeinden des Landkreises Anhalt‐Bitterfeld (0,7)unddesAltmarkkreisesSalzwedel(0,8).DerVergleichmitdentatsächlichenFertig‐stellungenbelegtdarüberhinaus,dass imZeitraum2015bis2017–gemessenammengenmäßigenBedarf–nahezuflächendeckendzuvieleWohnungengebautwur‐den (vgl.Karte11aundb).Ausgenommendavon sind lediglichvierRegionen:dieOberzentrenMagdeburgundHallesowiedieMittelzentrenStaßfurtundZeitz.
RegionalerBedarfanEigenheimen
Landesweitmüssen im Zeitraum 2017 bis 2020 jährlich 0,5Wohnungen pro Tsd.Einwohner in Ein‐ oder Zweifamilienhäusern neu errichtet werden. Weit über‐durchschnittlichhochistdieserNeubaubedarfimUmlanddesMittelzentrumsWer‐nigerode(1,1)sowie imMittelzentrumHaldenslebenund imOberzentrumMagde‐burg(je1,0;vgl.Karte11d).DergeringsteNeubaubedarfanEigenheimenbestehtim
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Oberzentrum Dessau‐Roßlau sowie in den Mittelzentren Bernburg, Lutherstadt‐Eisleben, Sangerhausen, Staßfurt und Weißenfels (je 0,2). Der Vergleich mit dentatsächlichenFertigstellungenbelegt,dass imZeitraum2015bis2017–gemessenammengenmäßigenBedarf–überall imLandzuvieleEigenheimegebautwurden(vgl.Karte11cundd).
RegionalerBedarfanGeschosswohnungen
Landesweitmüssen im Zeitraum 2017 bis 2020 jährlich 1,6Wohnungen pro Tsd.Einwohner inMehrfamilienhäusern neu errichtetwerden.Weit überdurchschnitt‐lichhoch istdieserNeubaubedarf inHalle(4,6)undinderLandeshauptstadtMag‐deburg (4,5).Danach folgen–mit bereits klarunterdurchschnittlichenBedarfen –dieMittelzentrenZeitz(1,5)undBitterfeld‐Wolfen(1,4;vgl.Karte11e).Dergerings‐teNeubaubedarfanGeschosswohnungenbestehtdagegenimUmlandvonHaldens‐leben (0,2) sowie imUmlandvonMagdeburgund indenzentrumsfernenGemein‐dendesKreisesAnhalt‐Bitterfeld(je0,4).DerVergleichmitdentatsächlichenFer‐tigstellungenbelegt,dassimZeitraum2015bis2017–gemessenammengenmäßi‐genBedarf– inetwajederzweitenRegionzuwenigeGeschosswohnungenneuge‐bautwurden(vgl.Karte11eundf).
4.2.3 VariationsrechnungzumBedarffürFlüchtlinge
Als „Flüchtlinge“werden imRahmen dieser Studie diejenige Anzahl Personen be‐trachtet,diesichalsrelativeDifferenzderempirica‐PrognoseinderVariante„ohneFlüchtlinge“ gegenüber der Prognose des Statistischen Landesamtes ergeben (vgl.Kasten1).Das sind rund40Tsd.Menschen im Jahr2019,die sichbei einerange‐nommenenmittleren Haushaltsgröße von 2,3 Personen (ohne Familiennachzug)42bis Ende 2019 auf gut 17 Tsd.Wohnungen verteilen. Da die Flüchtlinge in vielenRegionennichteinmaldenBevölkerungsschwundkompensieren,müssenfürdieseZielgruppeimZeitraum2017bis2020jährlichnurknapp300Wohnungenzusätz‐licherrichtetwerden.DamitwirdreinmengenmäßignuretwajededreizehnteneuzubauendeWohnungfürFlüchtlingebenötigt(8%von3.522Wohnungen;vgl.Ta‐belle16).
Die regionale Verteilung der Flüchtlinge führt zu dem Ergebnis, dass rund je einDrittelindenOberzentreninkl.Umland(30%vgl.VarianteAinTabelle17a),indenMittelzentreninkl.Umland(32%)bzw.inden„sonstigen“Gemeinden(38%)lebenwird.Unklarist,obsichdieVerteilungtatsächlichsoergebenwird.Deswegenwer‐den im Folgenden zwei alternative Verteilungen und deren Ergebnisse für denWohnungsmarktvorgestellt.
ZweialternativeVerteilungsannahmen
Zumeinenwurdeganzpragmatischangenommen,dasssichdieFlüchtlingesover‐teilenwie ihre„Landsleute“,diebereits inSachsen‐Anhalt leben(VarianteC inTa‐belle 17). Als „Landsleute“wurden dabei näherungsweise Ausländermit derHer‐kunft „Asien,Afrika,NaherOsten“bezeichnet.DieseVerteilungkönntesichvonal‐leine ergeben,wenndie Flüchtlinge ohneWohnsitzauflage tatsächlichdorthin zie‐henkönnten,wobereitsheuteeinschlägigeMilieusexistieren.
Zumanderenwurdeangenommen,dassdieFlüchtlingedorthinziehen,woWohn‐raumampreiswertestenbzw.inausreichenderMengeverfügbarist.DamitwäredieräumlicheVerteilungderWohnungsleerständeimZensus2011dieZielgröße(Vari‐ante B in Tabelle 17).43 Eine solche Verteilung würde vermutlich einen gewissenZwang durch eine entsprechende Wohnortzuweisung voraussetzen. Unabhängigdavon, obdiespolitischgewollt ist, kanndasErgebnis einerModellrechnung aberzumindestdaspotentielleAusmaßderVerschiebungenaufzeigen.
B („Leerstand“) die Flüchtlinge allein in den Oberzentren stärker konzentrieren.EntsprechendwürdenvorallemdiejenigenWohnungsmärktevoneinerUmvertei‐lungnachVarianteBbelastet,diederzeitamangespanntestensind.Darüberhinauswärezuklären,obdie Integration inKleinstädtenund ländlichenRegionenbesserfunktionierenkönnte.44OffenbleibtdabeidieFrage, inwieweitdieLeerstände tat‐sächlichbezugsfertigwärenbzw.obdieBezugsfertigkeitregionaleBesonderheitenaufweist.EinVergleichdertotalenmitdenmarktaktivenLeerständenzeigt,dassnurrunddieHälftedestotalenLeerstandesalsmarktaktivbezeichnetwerdenkann(vgl.Kapitel4.4.1).
ImFolgendenwirddie Schätzung zumNeubaubedarf aus der vorliegenden Studieverglichen mit der Wohnungsmarktprognose 2030 des BBSR (erschienen: April2015).
Die BBSR‐Prognose schätzte 2015 einen Neubaubedarf von 3.000Wohnungen imZeitraum2017bis2020(1.979Tsd.Einheitenp.a.imZeitraum2017bis2030),wo‐beisichdieseralleinaufEigenheimebezieht,einenBedarfanGeschosswohnungensiehtdasBBSRnicht.46ImRahmendervorliegendenPrognosewirdderBedarfmitrund4.700Tsd. (4.066Tsd. bis 2030) dagegen etwashöher gesehen (vgl. Tabelle15) und betrifft nur zu einem Viertel Eigenheime, während drei Viertel auf Ge‐schosswohnungenentfallen.
HinterdenDifferenzensteckenfolgendeEffekte:
1. DasBBSRgehtvoneinerungünstigerenBevölkerungsprognoseausunder‐wartet im Zeitraum 2016 bis 2020 (bis 2030) einen Rückgang um gut 84(gut302)Tsd.EinwohnerimUnterschiedzueinemRückgangum„nur“rund54 (244) Tsd. Einwohner bei der Prognose des Statistischen Landesamtes,
3. Hinzu kommt, dass das BBSR einen Einfamilienhausanteil im Neubau von100%schätzt,währendempiricadieseQuotenurbei25%sieht.
4. Nicht zuletztwirddie Landflucht inderBBSR‐Prognosenochnicht ausrei‐chendberücksichtigtunddamitderZusatzbedarfanGeschosswohnungenindenOberzentren(MagdeburgundHalle)alsFolgedesregionalenMismatchunterschätzt.
Fazit:AngesichtsderhöherenZuwächsebeiEinwohnernbzw.HaushaltensowiedesZusatzbedarfs durch Landflucht erscheint die Differenz beim Neubaubedarf ehergering(+1.700p.a.beiempiricagegenüberBBSR).DieweitaushöhereLandfluchtindie Städte bei der empirica‐Prognose erklärt darüber hinaus auch den erheblichhöherenGeschosswohnungsanteilindervorliegendenPrognose.
DiesesKapitelanalysiertdieregionaleNeubaunachfrage,wiesiesichausdendemo‐graphischen Effekten im Zusammenspiel mit einer qualitativen ZusatznachfrageergibtundvergleichtdieErgebnissemitdemimvorherigenAbschnittgeschätztenNeubaubedarf. Die qualitative Zusatznachfrage wird auf Basis einer von empiricaentwickelten Methode empirisch geschätzt und versteht sich als Alternative oderWeiterentwicklungzumKonzeptdesnormativenErsatzbedarfs.DetaillierteErgeb‐nissefüralleRegionenfindensichimTabellenanhang.
4.3.1MethodischeAnmerkungen:NeubautrotzLeerstand
TrotzhoherundweiterwachsenderLeerständegibtes sogar indemographischenSchrumpfungsregionen immer noch beachtliche Fertigstellungen. Leerstand undparalleleNeuproduktionwerdenzumgewohntenBild.DabeikonzentrierensichdieLeerständemeist aufwenig attraktiveStandorteundBauformen.DenNeubau fra‐gendagegeneherwohlhabendeHaushaltemithohenAnsprüchennach,die imBe‐standkeinefürsieadäquatenWohnungenfinden.
DieklassischeWohnungsmarktprognosekanndiesesPhänomennichtbefriedigenderklären. Sie basiert auf einer Methodik, die einen vorgegebenen Grad der Woh‐nungsversorgunganstrebt.InsbesondereunterstelltsieeinenErsatzbedarf,deran‐nahmegemäß aus einem physisch‐technischen Verschleiß der Wohnungen resul‐
tiert.DessenAusmaßwirdnormativ festgelegt–ohneempirischeAbleitung,meistbei 0,1% (Eigenheime) bis 0,3% (Geschosswohnungen) des Bestandes. Berechnetwird also nur ein Bedarf und keine Nachfrage. Nachfrage ist nur der Bedarf, derdurch eine Kauf‐ oderMietentscheidung amMarktwirksamwird.48 Entsprechendmuss z.B. nicht jede physisch‐technisch verschlissene Wohnung durch (Ersatz‐)Neubauersetztwerden:EinerseitshabennichtalleNachfragerausreichendKauf‐kraft für einen Neubau. Andererseits entsteht Neubaunachfrage nicht erst, wennWohnungenverschlissensind,sondernschondann,wennsichdiePräferenzenderNachfrager ändern (z.B. größereWohnungen, kleinere Gebäude, bessere Ausstat‐tung,höhererEnergiestandard).
ImFolgendenwirddieNeubaunachfrageunterBerücksichtigungderempirischge‐schätztenqualitativenZusatznachfrage inSachsen‐AnhaltverglichenmitdemNeu‐baubedarf,wieersichunterBezugaufdennormativgesetztenErsatzbedarfergäbe.Die demographischbedingte, quantitative Zusatznachfrage ist in beidenVariantenidentisch.
InsgesamtbeläuftsichdieNeubaunachfrageindenJahren2017bis2030landesweitauf knapp 39Tsd.Wohnungen gegenüber 58Tsd.Wohnungenbei derErmittlungeinesNeubaubedarfs–eineDifferenzvongut19TausendEinheiten.Daserscheintrechtviel,wobei
dieDifferenz vor allem die langeFrist betrifft (Zeiträumenach 2020; vgl.Tabelle18),kurzfristig(2017bis2020)liefernbeideAnsätzeeherähnlicheGesamtwerte.
Darüber hinaus finden sich in allen Jahren erhebliche regionale Unter‐schiede
Insgesamt zeigt die Nachfrageprognose damit eine Bedeutungsverschiebung: zumeinenverschiebtsiedasNeubaugewichtgegenüberderBedarfsprognosenochmehrindieZentren,zumanderenverschiebtsieindenZentrenzudemdasGewichtmehrinRichtungEigenheime.
DieErgebnissesindaberdennochunbefriedigend,weilauchdieNachfrageprognosenichtdasbeobachtete enormeNeubauvolumen indenperipherenRegionenerklä‐renkann.OffensichtlichreichendieinvergleichbarenStudienbewährtenParameterunserer Prognosemodelle nicht aus, die Sondersituation in Sachsen‐Anhalt in denGriffzubekommen.DierasanteundnachhaltigeSchrumpfungvonBevölkerungundWohnungsnachfragernaußerhalbderZentreneinerseitsundandererseitsdiehohenBauvolumina,bevorzugtimEigenheimbereich,erscheinenaufdenerstenBlickallesanderealsrational.
Gleichwohl habenwir in der vorliegenden Prognose sehr bewusst keinen solchenAngebotseffektmodelliert(vgl.Abbildung24undKapitel3.3b).StattdessenwerdendieAngebotsbedingungen fürEigenheime „nur“ alsneutral angenommen,weil v.a.Innenentwicklung und Revitalisierung von Leerständen betriebenwerden sollte –denn andernfalls führt eine überdurchschnittlich steigende Einfamilienhausquote
imNeubaubereich zu einem überbordenden Leerstand imGeschosswohnungsseg‐ment.
EineRationalitätwirddahererstdannsichtbar,wennnebendenüblichen,vorwie‐gend demographischen Parametern auch die erheblichen Verzerrungen durch dieanhaltendenNiedrigzinsenmitinsKalkülfließen.IndemographischenZuzugsregio‐nenhabensteigendeNachfragezusammenmitniedrigenZinsenundknappemBau‐landdiePreiseinbisherungekanntemAusmaßindieHöhegetrieben.ImErgebnissinddieKaufpreisedortdenregionaltypischenMietenundEinkommenentwichen,NormalverdienerkönnensichtrotzgünstigerZinsenkaumnochEigentumleisten.Indemographischen Schrumpfungsregionen dagegen ist Bauland meist ausreichendverfügbar und Kaufpreise werden kaum durch Kapitalanleger oder Zuzügler ge‐pusht, sondern sinken infolge zunehmenden Leerstands vielmehr. Dennoch steigtauchhierdieFinanzierungskraftderbisherigenMieterhaushaltealsFolgederNied‐rigzinsen.WennaberEigenheimeeherpreiswert,Baukreditegünstigundder (Ge‐schoss‐/Miet‐)Wohnungsbestand eher unattraktiv sind, dann kann dies erklären,warumdietatsächlicheZahlderneugebautenEigenheimevielgrößeristalssieeineklassischeBedarfsprognosevorhersagenwürde.
DassnunaberdieRealitätsoweitvonunseremPrognosemodellabweicht,nament‐lich einerNachfrageprognose, die explizit hohe Fertigstellungszahlen in Schrump‐fungsregionen erklären soll, dasmuss alsWarnsignal verstandenwerden:Die de‐mographische Schrumpfung in Sachsen‐Anhalt ist mit Ausnahme von MagdeburgundHalleoffensichtlichsoausgeprägt,dassdiemitüblichenParameternprognosti‐ziertequalitativeZusatznachfragenichtausreicht,diemengenmäßigeSchrumpfungderNachfragezukompensieren.Dasbedeutetnichtsanderes,alsdasssichhiereineneue Leerstandswelle anbahnt. Leerstand entsteht nunmehr nicht nur deswegen,weilHaushaltewegziehen,dieNachfrageinsgesamtschrumpftunddennochinübli‐chem Ausmaße qualitative Verbesserungen durch Neubau geschaffenwerden. Of‐fensichtlichführendiegünstigenFinanzierungsbedingungenunddieVerfügbarkeitvonBaulanddazu,dassüberdasbishergekannteAusmaßhinausHaushalte–wohlaucheher geringerverdienende– insEigenheimziehen,dieunter „normalen“Be‐dingungen(alsMieter)ineinerGeschosswohnunggebliebenwären.
DieKonsequenzausdieserBeobachtungsolltenunabernichtdarinbestehen,denzusätzlichenEigenheimern ihren (realisierbaren!)Wohnwunsch zu verwehren. ImGegenteilisteserfreulich,wenndieMenschensowohnenkönnen,wieesihrenVor‐stellungenentspricht.Gleichwohlmussnunerst rechtVorkehrungdafür getroffenwerden, dass (weniger attraktive) Geschosswohnungsbestände nicht flächende‐ckendleer fallenundinderFolgeganzerheblichdieAttraktivitätdesWohnumfel‐desbeeinträchtigen.Dasgiltinsbesondere,wennessichuminnerörtlicheBeständehandelt.RückbauundAbrissoderUmnutzung innerörtlicherLeerstände sollte ge‐rade in Schrumpfungsregionen immer Priorität haben vor Neubausiedlungen amStadtrand.DereinzelneHaushaltwirdimmerdenWegdesgeringerenWiderstandessuchenunddamitindenNeubauaufdergrünenWieseamStadtrandziehen,wenner seineWohnwünsche schnell und kostengünstig erfüllen will. Es ist daher eineAufgabederGemeinschaft,dieRahmenbedingungensozusetzen,dassdadurchkei‐neleeren„Donut“‐Dörferoder‐Städteentstehen.
Im Jahr 2014, dem Basisjahr der hier vorgelegten Prognose, gab es in Sachsen‐Anhalt1,24Mio.Wohnungen,davonrund543Tsd.inEin‐undZweifamilienhäusernundknapp700Tsd.inGeschosswohnungen.49DavonstandennachSchätzungendesBBSRjedochgut149Tsd. leer,entsprechendwarennur1,09Mio.Wohnungenbe‐wohnt.50DieZahlderbewohntenEigenheimelagdemnachbeiknapp509Tsd.Ein‐heiten(Eigenheimquote47%),denengut584Tsd.Geschosswohnungengegenüber‐standen.
ImJahr2016lagdiegeschätzteZahlderleerstehendenWohnungenlautdieserStu‐diemitknapp151Tsd.Einheiten schonetwashöherunddieZahlderbewohntenEigenheimemit505Tsd.Einheiten etwasniedriger (Eigenheimquote46%); ihnenstanden 587 Tsd. Geschosswohnungen gegenüber. Von allen bewohntenWohnun‐gen werden nach Schätzungen von empirica 422 Tsd. Wohnungen in Ein‐/Zweifamilienhäusern (83%) sowie 45 Tsd. Geschosswohnungen (8%) selbstge‐nutzt.51 In der Summe sind also 466 Tsd.Wohnungen vomEigentümer selbst be‐wohnt(Wohneigentumsquote43%).
MittelfristigwirdderLeerstandbis2030weiteransteigen.Davonsindabervoral‐lemGeschosswohnungenbetroffen,sodassdieEigenheim‐wieauchdieWohneigen‐tumsquotezulegendürften– insbesondereaufdemLandund imUmlandderZen‐tren. Ohne die Landflucht junger Menschen wäre dieser Effekt mutmaßlich nochausgeprägter.
InZukunftwirdder totaleLeerstandwiedererheblichFahrtaufnehmen.Dasbele‐genzweiSzenarien,dieimFolgendenbeschriebenwerden.InSzenario„bedarfsge‐recht“wirdunterstellt,dassimZeitraum2017bis2030genauderZusatzbedarfanWohnungen gebautwird, der in Tabelle 15 ermitteltwurde und die jährliche Ab‐gangsquotebei0,1%EZFHbzw.0,2%MFHliegt.DannstiegederlandesweiteLeer‐standbis2030auf21%allerWohnungen(10%Eigenheime,30%Geschosswohnun‐gen;vgl.Tabelle5undAbbildung28).DagegenwirdinSzenario„keinNeubau“mo‐dellhaft unterstellt, dass keinerleiWohnungen gebautwerden. In diesemSzenariosteigtderLeerstandlandesweitdennochauf17%(7%Eigenheime,25%Geschoss‐wohnungen).52
derFertigstellungenundeinesAbganges(0,1%EZFHund0,2%MFH).51 Die Schätzwerte ergeben sich anhand der regionalspezifischen Selbstnutzerquoten von Eigenheimen und
kein Neubau 39.575 169.079 208.654 7,3% 25,0% 17,2%
Anzahl Wohnungen Anteil Wohnungen
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035
Total MFH (Zensus/ Prognose)*
Total inkl. EZFH (Zensus/ Prognose)*
VdW
VdWg
Marktaktiv MFH/ Prognose**
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 86
empirica
DerhöchsteAnstiegderLeerstandsquoteergäbesichindenbeidenSzenariendannbeiEigenheimenimUmlandvonHaldenslebensowieinvielenzentrumsfernenRe‐gionen(vgl.Karte3aundb).RückläufigeAnteile leerstehenderEigenheimewärendagegeninHalleundMagdeburgsowieinvielenMittelstädtenbzw.imUmlandvonWernigerode und Stendal zu finden. Bei Geschosswohnungen würde die Leer‐standsquotenichtnurindenzentrumsfernenRegionen,sondernauchinvielenUm‐landregionenvonMittel‐undOberzentrenheftigansteigen.VernachlässigbareAn‐stiegedagegengäbeeswiederuminMagdeburgundHalle.53
ImRahmendesProgrammsStadtumbauOstwurdenimZeitraum2002bis2014für42StädterundeinehalbeMilliardeEuroFördermittelbewilligt(ohneKommunalan‐teil). Diese Fördermittel dienten in den ersten Jahren vorwiegend Rückbaumaß‐nahmen.ZuletzthatsichallerdingseineVerschiebungzugunstenvonAufwertungs‐maßnahmenergeben.54
ImErgebniskonzentriertsichderLeerstandnunmehraufdenAltbau(52%)undaufPlattenbauten (30%). Während jedoch der Leerstand in Magdeburg und Halle inallen Baualtersgruppen signifikant abgenommen hat, waren in der Mehrzahl derübrigen Städte nur im Plattenbaubestand Leerstandsrückgänge erkennbar. DerLeerstandimAltbauundindentraditionellerrichtetenNachkriegsbautenhatdortdagegeneherzugenommen.
EinZeitvergleichderLeerständezwischen2001/2002und2014zeigtzudem,dassdieQuoteninzwölfStädtenummehrals1,5Punktegesunkensind.EinsignifikanterRückgangderLeerständeistaberwiederumnurfürHalleundMagdeburgzuattes‐tieren.In16MittelstädtenbliebderLeerstandnahezukonstantundnurinsiebenisterkontinuierlichgesunken. In vierKleinstädten istderLeerstand imbetrachtetenZeitraumebenfallsgesunken,insechsblieberkonstantundinzweiKleinstädtenistderLeerstandsogargestiegen.
WeitereZeitvergleichelassensichfürdieJahre2011bis2016ableiten.55Bezugsba‐sissindhierallerdingsnur109derinsgesamt141Fördergebiete.DemnachistderLeerstand imhierfürbetrachtetenZeitraumumknapp13.000Wohnungengesun‐ken, das entspricht einem Rückgang der Leerstandsquote um 3,2 Prozentpunkte(2011:17,9%vs.2016:14,7%).
RegionalerRückbaubedarfbis2030
DerRückbaubedarf–alsodernachhaltigeundstrukturelleLeerstand–ergibtsichzunächstreinrechnerischausderDifferenzvonLeerstandundeinerFluktuations‐reserve (Annahme 3% in den Oberzentren, niedriger in Schrumpfungsregionen).Darüber hinaus besteht konkreter Rückbaubedarf aber nur für diejenigen Woh‐nungsüberhänge,dienichtdurchAufwertung/Sanierungwiederverwendetwerden.
54 Vgl.BerichtzurStadtentwicklungundzumStadtumbauOstsowiezurMieten‐undWohnungsentwicklung in
WirunterstellendaherdreiSzenarien,umdieBandbreitemöglicherRückbaubedar‐fe bis zum Jahr 2030 aufzuzeigen (vgl. Tabelle 20). In Szenario „bedarfsgerecht“werdengenausovieleWohnungenneuerrichtet,wieinderBedarfsprognoseermit‐telt wurde. Damit ergibt sich ein maximal möglicher Rückbaubedarf von gut 240Tsd.Wohnungen, überwiegend inMehrfamilienhäusern.Wenn dagegen dieHälfteder neu geschaffenen Wohnungen im Bestand durch Aufwertung und Sanierungentstünden,reduziertsichderRückbaubedarfaufrund220Tsd.Wohnungen.AberselbstohnejeglichenNeubaubis2030würdennachAbzugeinerFluktuationsreser‐ve knapp 200 Tsd. Wohnungen dauerhaft leerstehen und nicht mehr gebrauchtwerden.EtwadieHälftedesRückbaubedarfs findet sich in „sonstigenGemeinden“(45%‐50%),eingutesDrittelinMittelzentrenundderenUmland(rd.40%),derRestindenOberzentrenundderenUmland(9%‐16%).
Szenario
Region EZFH MFH Summe EZFH MFH Summe EZFH MFH Summe
DenabsoluthöchstenRückbaubedarfanGeschosswohnungenhättedieStadtHalle(im Szenario „bedarfsgerecht“ gut 11 Tsd.Wohnungen/ 0 bei „kein Neubau“; vgl.Karte13),gefolgtvonderStadtDessau(knapp11/9),inMagdeburgwärenesschonerheblich wenigerWohnungen (7/ 0). Einen Rückbaubedarf von mehr als 8 Tsd.GeschosswohnungengäbeesdarüberhinausindensonstigenGemeindenderLand‐kreiseSaalekreisundBördekreis(je9/8)sowieHarzundMansfeld‐Südharz(je8/8).
BeiEigenheimenwirdderabsoluthöchsteRückbaubedarffürdenLandkreisMans‐feld‐Südharz erwartet (5/ 4), gefolgt vom Salzlandkreis, den LandkreisenWitten‐berg und Burgenlandkreis (je 4/ 3). In den Städten Halle undMagdeburg gibt eskeinenRückbaubedarfanEigenheimen,wohlaberimUmlandvonMagdeburg(2/2)sowieimUmlandvonHalleundinderStadtDessau‐Roßlau(je1/1).
DiekünftigeEntwicklungderEigenheimquoteergibtsichdirektausderWohnungs‐nachfrageprognoseinAbschnittB4.1.56ZurBerechnungderWohneigentumsquotewerden die regional‐ und segmentspezifischen Wohneigentumsquoten aus demZensusfortgeschrieben.57Diesvorausgesetzt,werdenbiszumJahr2030dieEigen‐heim‐wieauchdieWohneigentumsquoteleichtansteigen.DieEigenheimquotewirdlandesweitvon46,2%imJahr2016auf49,6%imJahr2030zulegen(vgl.Abbildung29). Entsprechend steigt die Wohneigentumsquote von 42,7% im Jahr 2016 auf45,2%imJahr2030.
Die hier vorgestellten Prognosen gelten unabhängig davon, welche Methodik derNeubauprognose zur Anwendung kommt. Denn sowohl die Variante „Neubaube‐darf“ als auch die Variante „Neubaunachfrage“ gehen von derselben quantitativenZusatznachfrage aus. Sie unterscheiden sich lediglich hinsichtlich der (impliziten)Ersatzquote. Die bewohntenWohnungen werden also in beiden Verfahren gleichviele und gleichen Typs sein (Eigenheime bzw. Geschosswohnungen), wohl aberunterscheidensichregionaldasAusmaßunddieStrukturdesLeerstandes.
DieEigenheim‐undWohneigentumsquotenunterscheidensichganzerheblichzwi‐schendeneinzelnenRegionstypen(vgl.Abbildung29).Generellgilt:jeverstädtertereineRegionist,destoeherwohnendieMenscheninGeschosswohnungenunddestoniedriger fälltdieWohneigentumsquoteaus.Entsprechendwohnt im Jahr2016 indenOberzentrennur jeder fünfteHaushalt imEigenheimbzw. indeneigenenvierWänden (18,9% Eigenheimquote/19,8%Wohneigentumsquote), in denMittelzen‐trengutjederdritte(37,8%/35,4%)undüberallsonstbiszuzweiDrittelderHaus‐halte.
19%
70%
38%
59%
70%
46%
19%
77%
43%
67%
78%
50%
20%
62%
35%
52%
63%
43%
20%
68%
39%
58%
69%
45%
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Prozen
tpunkte
Eigenheimquote 2016
…2030
Wohneigentumsquote 2016
…2030
Zuwachs Eig. (re. Achse)
Zuwachs Wohneig. (re. Achse)
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 93
empirica
VorallemaufdemLandmehrEigenheimeundSelbstnutzer
Die höchsten Zuwächse bis zum Jahr 2030werden dort erwartet, wo die Quotenschonheutehöhersind:ImUmlandderMittel‐undOberzentrensowieinden„sons‐tigen“ Gemeindenwird die Eigenheimquote um etwa acht Prozentpunkte und dieWohneigentumsquote um fünf bis sechs Punkte zulegen. Landesweit ist der Zu‐wachsnuretwahalbsogroßundindenOberzentrenliegtermitjeweilswenigeralseinemProzentpunktweitunterdemDurchschnitt.
AufderEbenederRegionenwohnenimJahr2016indenOberzentrenHalle(14%Eigenheimquote /16% Wohneigentumsquote; vgl. Karte 14) und Magdeburg(18%/18%)diewenigstenHaushalteimEigenheim,aberauchdiewenigstenindeneigenenvierWänden.DiehöchstenQuotenfindensichdagegenjeweilsimUmlandvon Haldensleben (88%/76%) sowie in den übrigen Gemeinden des LandkreisesAnhalt‐Bitterfeld (78%/71%).Dies belegt eindrucksvoll die hoheKorrelation zwi‐schenderWohnform„Eigenheim“unddemWohnstatus„Eigentümer“.
ImErgebniswerdendieHaushaltebis2030außerhalbderMittel‐undOberzentrenweitüberwiegendinEin‐oderZweifamilienhäusernwohnen(58%odermehr).Um‐gekehrt wird nur noch in Magdeburg, Halle, Zeitz und Merseburg mehr als jederdritteHaushaltaufdemGeschossleben.
AnalogzudieserEntwicklungwerdendieHaushaltebis2030außerhalbderMittel‐und Oberzentren flächendeckend zu mehr als 50%Wohneigentümer sein. Wennman sowill, ziehen die (jungen)Mieter vomLand in dieOberzentrenMagdeburgundHalle.DortwohnensiezunächstalsMieterundbewegensichdannmitderZeitinderenUmland,wosieEigentümerwerden(odersiewandernineinanderesBun‐desland ab). Vermutlich wäre dieWohneigentumsquote höher, wenn junge LeutedieländlichenRegionennichtinRichtungStädteverlassenwürden.Denndortistesschwieriger,Wohneigentum zu finanzieren bzw. eigentumsfähigeWohnformen zufinden.
Preisentwicklungen hängen immer von den Parametern auf der Angebots‐ undNachfrageseiteab. InSachsen‐AnhaltstehtdiekünftigeEntwicklungderMiet‐undKaufpreisedaherganzimZeichendesEinwohnerschwundesundderdadurchver‐ursachten Leerstände. Auch die Einkommen spielen eine gewisse Rolle bei derPreisentwicklung.Allerdings entwickeln sich dieseweitgehendparallel zurDemo‐graphieunddamitparallelzuWohnungsnachfragebzw.Miet‐undKaufpreisen.DasAusmaßdieserEntwicklunghängtdannregionalvorallemvonzweientscheidendenFaktorenab:
Wie vieleWohnungenwerden über den verbleibenden, rein quantitativenZusatzbedarf hinaus gebaut (als Ersatzbedarf oder qualitative Zusatznach‐frage)?
Denn eines ist klar: Abgesehen von denOberzentrenMagdeburg undHalle sowieeinigenMittelzentrensindreinquantitativkeineNeubautenmehrerforderlich(vgl.Abbildung30).BeijeglichemdarüberhinausgehendenNeubaubedarf,wieerindie‐ser Studie ermittelt wurde, handelt es sich ausschließlich um Ersatzbedarf (resp.qualitativeZusatznachfrage).DassindNeubauwohnungen,die „nur“errichtetwer‐denmüssen, umdenphysisch‐technischenVerschleißdesWohnungsbestandes zuersetzenbzw.die gestiegenenAnsprüchederHaushalte zubefriedigen.DieserEr‐satzbedarf kann theoretisch vollständig durch Abriss‐Neubau oder KernsanierungimvorhandenenWohnungsbestandgeschaffenwerden.AusKostengründenistdiesjedochoftnichtderFall,stattdessenfindetdannNeubauaufdergrünenWiesestatt.EntsprechendsteigtderLeerstandbzw.derRückbaubedarf.
DanebenhabennatürlichauchdieüblichenFaktoreneinenEinflussaufdiePreise.DazuzählenqualitativeMerkmaledesAngeboteswieLage,QualitätundBauzustandderObjektesowiedieEntwicklungderEinkommenunddamitdiequalitativenAn‐sprüche derNachfrager. Auch rechtliche oder fiskalischeRahmenbedingungen so‐wiedieZinsentwicklungspieleneineRolle.DasPreisniveauwirdjedochganzzent‐raldurchdieMengeanNeubauundRückbauimZusammenspielmitdemNachfra‐geschwund bestimmt, alle anderen Faktoren haben gemessen daran eher Einflussauf die regionalenPreisstrukturenunddamit auf dieBandbreitenderMietenundKaufpreise. Dennochwird im Folgenden zunächst ein Blick auf die künftigen Ein‐kommenspotentialegeworfen.
PrognosenfürEinkommensindproblematisch.DasgiltvorallemimHinblickaufdielange Frist bis 2030 und im Hinblick auf regionalspezifische Aussagen. Allenfallskönnen Indikatoren für künftigeEntwicklungschancen zusammengestellt unddar‐ausqualitativeAussagenfürdiekünftigenEinkommenabgeleitetwerden.
DazuwerdenimFolgendenzumeinenregionaleIst‐WertefürdieEinkommenundderenbisherigeEntwicklungund zumanderen Indikatoren fürdiekünftigenRah‐menbedingungen herangezogen. Zur Prognose der künftigen Rahmenbedingungenwäre eine Vielzahl von Indikatoren denkbar. Viele davon entwickeln sich jedochparallel.Daherwäreesnichtsinnvoll,einemöglichstgroßeZahlanIndikatorenzu‐sammenzustellen. Aus Gründen der Verfügbarkeit und der Plausibilität habenwiruns daher auf die Entwicklung der Zahl der Erwerbsfähigen sowie der Zukunfts‐chancenlautprognos‐Zukunftsatlasbeschränkt:
DabeihabenwirdieTheseaufgestellt,dasseinschrumpfenderAnteilErwerbsfähi‐gerlangfristigdieEinkommensentwicklunghemmt,daAuszubildendeundRentnerunterdurchschnittlicheEinkommenerzielenundmitzunehmenderAlterungkreati‐ve Innovationen ausbleiben. Darüber hinaus unterstellenwir für die Einkommen,dassderbisherigeTrendsichkurzfristigfortsetztunddieNiveauabweichungenimJahr2014einegewissePermanenzfürdienähereZukunftimplizieren.Dielangfris‐tigeEntwicklungderEinkommenschließlichhängtvondenallgemeinenZukunfts‐chancen ab, wie sie im prognos‐Zukunftsatlas für alle deutschen Landkreise undkreisfreienStädteabgeleitetwurden.
DieweitereVorgehensweisebestehtdarin,zunächstdie Indikatoren füralleLand‐kreise und kreisfreien Städte tabellarisch aufzulisten (vgl. Tabelle 21a). Anschlie‐ßend werden Punkte (+1|0|‐1) für jeden Indikator vergeben, wobei eine positivePunktzahleinepositiveBewertungimpliziertundumgekehrt(vgl.Tabelle21b).Dainsgesamtdrei Indikatoren fürdasEinkommen, aber jeweilsnurein Indikator fürdiebeidenDimensionenDemographieundallgemeineZukunftschancenbetrachtetwerden,wirdamEndeeingewichteterGesamtindexalsSummederdreiTeilindizesbetrachtet.DarinfließendiedreiEinkommensvariablenjeweilsnurzueinemDrittelein.ImErgebnishatderGesamtindexeineBandbreitevon‐3bis+3.DenhöchstenIndexwerterreichtdamitdieStadtMagdeburg (+2),denniedrigstenWertdiebei‐den Landkreise Altmarkkreis Salzwedel und Stendal (‐2,7; vgl. Spalte F in Tabelle21b).
Altmarkkreis Salzwedel (LK) 198 -25 8% -13 384 unter Ø
Anhalt-Bitterfeld (LK) 211 72 21% -10 388 eher über ØBörde (LK) 235 344 26% -11 344 über ØBurgenlandkreis (LK) 199 -20 16% -10 383 eher unter ØHarz (LK) 211 19 21% -10 378 eher über ØJerichower Land (LK) 220 217 18% -12 382 eher unter ØMansfeld-Südharz (LK) 197 -8 12% -11 400 eher unter ØSaalekreis (LK) 216 191 25% -10 369 über ØSalzlandkreis (LK) 210 -52 19% -11 390 eher unter ØStendal (LK) 196 -117 6% -13 402 unter ØWittenberg (LK) 221 105 18% -11 395 eher unter Ø
Magdeburg: Beste Entwicklungschancen, da Magdeburg zu den SchwarmstädtenzähltundsomitauchlangfristigZuwanderungjungerkreativerMenschenerwartenkann. Im Niveau wird das Einkommen gedrückt durch viele Studierende und diezweithöchstestaatlicheHilfequote(SGBII)imLand.
LandkreisBörde:HöchstesEinkommensniveau,vorallemdurchPendlerzuVWinWolfsburg oder Braunschweig. Demographische Entwicklung aber nur durch‐schnittlich. Außerdem hohe Risiken wegen Abhängigkeit von der unsicheren Zu‐kunftderAutomobilindustrie.
Dessau‐Roßlau: Zwiespältiger Grenzfall, der zu „eher unterdurchschnittlich“ ten‐diert, da der bisherige Einkommenstrend eher schlecht ist (vgl. Tabelle 21). DieStadtprofitiertetwasvondenStudierenden.AllerdingsistDessau‐RoßlauimUnter‐schiedzudenanderenkreisfreienStädtenimLandkeineSchwarmstadt.
c)EherunterdurchschnittlicheChancen
Jerichower Land: Zwiespältiger Grenzfall, der zu eher überdurchschnittlich ten‐diert(vgl.Tabelle21),dadieRegionpartiellvonderSuburbanisierungausMagde‐burgprofitiert.DieAlterungistallerdingsüberproportional.
LandkreisWittenberg: Im Jahr 2014 überdurchschnittliches Einkommensniveau,dieRegion profitiert etwas vom ICE‐Halt und derUniversität, aber auch die StadtWittenbergistkeineSchwarmstadt.
AltmarkkreisSalzwedelundLandkreisStendal:ÜberproportionaleAlterung,imJahr 2014 schon unterdurchschnittlicher Einkommenstrend, Stendal liegt auf demletztenRangderZukunftschancen.
4.5.2EntwicklungderMietpreise
DiekünftigeNachfragenachMietwohnungenkannmitdervorliegendenPrognosederGeschosswohnungsnachfragegutabgebildetwerden.DiekünftigeAngebotsseitedagegenistschwierigerzufassen.HierkommtvorallemdemAusmaßdesregiona‐len Rückbaus einewichtige Bedeutung zu. Daneben spielen rechtliche (Mietpreis‐bremse,Mietspiegel)und fiskalischeRahmenbedingungen(SozialerWohnungsbau,steuerlicheAbschreibung)eineRolle.DieseEffektesindwenigergutzuprognosti‐zieren.DiefolgendenEinschätzungenstützensichdahervorallemaufdiedemogra‐phischenEffekte.
Die inseriertenAngebotsmieten sind in den vergangenen Jahren landesweit leichtgestiegen, indenOberzentrenwarderAnstiegwegenderzuwanderungsbedingtenKnappheitvoralleminMagdeburgundHalleausgeprägter.DieFertigstellungenimGeschosswohnungsbaupendeltenimZeitraum2007bis2014landesweitzwischengut400undreichlich700Einheitenundsindseitherbis2017aufrund1.300ange‐wachsen.DasentsprichtauchinetwademquantitativenZusatzbedarf.Lautempiri‐ca‐Prognosewäre im Zeitraum 2017 bis 2020 zwar ein Volumen von rund 3.500Geschosswohnungenjährlicherforderlich,darinenthaltenistaberauchderErsatz‐bedarf.RegionalunterscheidensichdieAussichtenfürdieZukunftaufgrunderheb‐licherNachfragerückgängeganzenorm:
In den Mittelzentren liegt der jährliche Bedarf an Geschosswohnungen indenJahren2017bis2020beirund750Wohnungen.ZuletztistdasNeubau‐angebotindenvergangenendreiJahrenabernurumknapp400Wohnungenjährlichgestiegen.DaderberechneteZusatzbedarfjedochausschließlichEr‐
AuchindenübrigenGemeindenderLandkreisewerdenwenigerGeschoss‐wohnungengebautalsnotwendig.DerBedarfistmitgut400Einheitenjähr‐lichetwazweieinhalbMalhöheralsdasNeubauangebotvonknapp200Ein‐heitenproJahr.AllerdingsbestehtderZusatzbedarfhierausschließlichausErsatzbedarf, es gibt keinerlei quantitativen Zusatzbedarf. Deswegen wirdder Preisauftrieb hier eher gering sein, Knappheiten bestehen nur bei hö‐herwertigenWohnungen.DiesekönntendannauchgegendenTrendteurerwerden.Aber selbsthierbestehtnurbegrenztesPotential,dadie relativenKnappheitenanhochwertigenMietwohnungendurchdiehohenNeubaura‐tenimEigenheimsektorzumindestteilweisekompensiertwerden.
ImErgebnisdürftendiePreisefürEigentumswohnungenaufgrundderanhaltendenLandflucht vor allem in den wachsenden Regionen Halle und Magdeburg weiterüberdurchschnittlichsteigen.DasAusmaßunddieDauerdiesesZusatzeffekteshän‐gen von derweiteren Zinsentwicklung ab. Einbrüche durch platzende PreisblasensindinSachsen‐Anhaltdagegensehrunwahrscheinlich.AlsKehrseitederLandfluchtsteigt jedochderLeerstandaußerhalbderOberzentren.LeerstehendeWohnungenerzielenkeineMieteinnahmen, istderLeerstandnachhaltig,dannwerdenauchdieWohnungen selbst wertlos. Betroffen sind vor allemWohnungen in schlechterenLagen,mitschlechtererAusstattungundinschlechteremBauzustand.
4.5.4EntwicklungderKaufpreisefürEigenheime
Eigenheime sind sehr viel individueller und damit heterogener in ihrer Preisent‐wicklungalsEigentumswohnungen.InsofernsindallgemeingültigePreisprognosenfürEigenheimenochschwierigerzuerstellenalsPrognosenfürMietenbzw.Eigen‐tumswohnungen. Vor dem Hintergrund der künftigen Nachfrageentwicklung undderFertigstellungszahlendervergangenenJahrelassensichdennocheinigeTrendsinderPreisentwicklungfürEigenheimebeschreiben.
Landesweit steigendiePreise fürEigenheimeseiteinigen Jahrenetwas stärkeranals die Mieten. Das Angebot hat bereits auf die steigende Nachfrage reagiert. DieFertigstellungenvonWohnungeninEin‐/Zweifamilienhäusernsindlandesweitvonrund1.400indenJahren2009und2010auffast2.100imJahr2017gestiegen:imDurchschnitt der letzten drei Jahre wurden rund 2.000 Wohnungen in Ein‐/Zweifamilienhäusern neu errichtet – laut empirica‐Prognose wäre im Zeitraum2017bis2020jedocheinVolumenvonetwa1.200Einheiten jährlichausreichend.OffenbarwirdhiergeradeeinÜberangebotproduziert.DieÜberschüsseunterschei‐densichregionaljedochfühlbar:
Die Nachfrage nach neuen Eigenheimen in den Oberzentren wird in dennächstenJahrenbis2020beigut400Wohnungenliegen(vgl.Abbildung32),diesbetrifftwiederum fastausschließlichMagdeburgundHalle.DemstehteinAngebotdurchNeubauindenletztendreiJahrenvon418Einheitenge‐genüber. So gesehen dürften die Preise in der nahen Zukunft eher stabilbleiben.GleichwohlgibtesmitAusnahmevonDessau‐RoßlaueinenklarenTrend zur Suburbanisierung und damit einen Drang ins Eigenheim imSpeckgürtel.DiesundzunehmendeKnappheitenbeiBauunternehmendürf‐tendaherinMagdeburgundHalletrotzausreichenderNeubauzahlenzuei‐nemweiterenPreisauftriebbeitragen.
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 103
empirica
DasAusmaßderSuburbanisierungwirddurchdasNeubauangebot imUm‐land derOberzentren verdeutlicht: hierwurden in den letzten drei Jahrendurchschnittlichmehrals200Wohnungenneuerrichtet.DabeiwirdderBe‐darf lediglich auf 32 Wohnungen geschätzt. Die weitere PreisentwicklungwirddaherinsbesonderedurchdasGrundstücks‐undEigenheimangebotinden Oberzentren und damit durch den Drang zur Suburbanisierung be‐stimmt.
In einigen Mittelzentren besteht tatsächlich ein echter quantitativer Neu‐baubedarf fürEigenheime.Dennochwerden inder SummeallerMittelzen‐tren inden letztendrei JahrenmehrEigenheimegebaut (484pro Jahr)alsinsgesamterforderlichwären(361proJahr).LangfristigwirdsichdaherdieFragestellen,wobeisinkenderEinwohnerzahlüberhauptnochPreissteige‐rungenimBestanderwartetwerdenkönnen.EinkurzfristigerPreiseinbruchistjedochauchnichtzuerwarten,dainfolgederrelativgeringenNeubautä‐tigkeitbeiMietwohnungendashöherwertigeAngebotknappwird.
Ähnlichwie in denMittelzentren stellt sich die Situation in den sonstigenGemeinden der Landkreise dar. Das Zusatzangebot an hochwertigenMiet‐wohnungenimNeubauisteherzugering,dafürdasZusatzangebotneuerEi‐genheimevielzuhoch.AllerdingsdürftenauchhiervorallemqualitativeAs‐pektedenNeubauanheizen:JungeFamilienfindenimBestandnichtdieAn‐gebote,die ihrenPräferenzenundQualitätsanforderungenentsprechen. In‐sofernsindvorallemfürhöherwertigeObjektezumindeststabileKaufpreisezuerwarten,wennauchineinigenRegionenwegendersinkendenEinwoh‐nerzahlenfallendePreisenichtauszuschließensind.LeerstandundPreisver‐fall bei Eigenheimen werden sich eher in peripheren Lagen einstellen. Inzentralen Orten dürfte sich der Leerstand dagegen eher in unattraktivenMietwohnungenkonzentrieren,sodassdieEigenheimpreisedorteherstabilbleiben.
Für die Abschätzung des Bedarfs an barrierereduzierten/‐frei erreichbarenWoh‐nungenbetrachtenwirdieGruppeder65‐bis70‐Jährigen,der70‐bis75‐Jährigensowieüber75‐Jährigen.FürdiesedreiAltersgruppenwerdenausderPflegestatistikdiePflegewahrscheinlichkeitenerrechnet(vgl.Abbildung33).
InKombinationmitderBevölkerungsprognose (vgl.AbschnittB3bzw.Abbildung34) und unter der Annahme konstanter Pflegewahrscheinlichkeiten (in der Diffe‐renzierungnachAltersgruppe,OrtderVersorgung)wirdder zukünftigeBedarf anbarrierereduzierten/‐frei erreichbaren Wohnungen fortgeschrieben. Dies ist eineAnnäherung, denn nicht jeder Pflegebedürftige benötigt eine barrierereduzierte/‐frei erreichbareWohnung, aber auch nicht jeder Pflegebedürftige wohnt in einerbarrierereduzierten/‐freierreichbarenWohnung.DieAnnäherungüberdiePflege‐statistikgiltdennochalsdiebislangbesteSchätzmethodefürdenBedarfanbarrie‐rereduzierten/‐freierreichbarenWohnungen.58
UnterdengetroffenenAnnahmen leben2014rund122.700Menschen inSachsen‐Anhalt,dieaufeinebarrierereduzierte/‐freierreichbareWohnungangewiesensind.Jeweilsetwa10%davonlebenimLandkreisHarz(12.600Personen),inMagdeburg(12.100Personen)undinHalle(11.800Personen).Bis2030steigtdieZahlderPer‐sonen,dieaufeinebarrierereduzierte/‐freierreichbareWohnungangewiesensindum rund 17.700 (plus 14%) auf dann rund 140.400 Personen. Absolut ist dieser
0
50.000
100.000
150.000
200.000
250.000
300.000
350.000
2014 (Basis)
2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030
Personen
65‐ bis unter 70‐Jährige 70‐ bis unter 75‐Jährige 75‐Jährige und Ältere
z.T. in Heimen versorgt zu Hause versorgt z.T. in Heimen versorgt zu Hause versorgt
2014
Sum‐
me
Sum‐
me
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 108
empirica
undZweifamilienhäusernentspricht.Das ist insofernplausibel,alsdavonauszuge‐hen ist, dass ein Teil der Haushalte im Alter vom nicht barrierereduzierten/‐freierreichbaren Eigenheim in den barrierereduzierten/‐frei erreichbaren Geschoss‐wohnungsbau zieht und die nicht barrierereduzierten/‐frei erreichbaren Objektezum Verkauf angeboten werden. Demgegenüber ist ein altersbedingter Um‐ bzw.AuszugindenGeschosswohnungsbauausdembarrierereduzierten/‐freierreichba‐renEigenheimseltenerunddasAngebotgeringer.AnalogzurHerleitungderbarrie‐rereduzierten/‐freierreichbarenWohnungenimGeschosswohnungsbauergibtsichsomit ein Bestand an barrierereduzierten/‐frei erreichbaren Wohnungen im Ein‐bzw.Zweifamilienhaussegmentvonrund30.000Wohnungen.59MitdenWohnungeninMehrfamilienhäusernzusammenwarendamitAnfang2017rund120.000Woh‐nungeninSachsen‐Anhaltbarrierereduziert/‐frei.SogesehenentsprächedasAnge‐bot in etwa der Nachfrage. Das erscheint plausibel, weil die organisierte Woh‐nungswirtschaft imLandviele Investitionen in ihrenBestandgetätigthat,die sichpositivaufdieBarrierereduktion/‐freiheitauswirken.
KünftigeEntwicklungdesAngebots
Barrierereduzierte/‐freierreichbareWohnungenimNeubauwerdendurchdieBau‐ordnungSachsen‐Anhaltfestgelegt.60ImNeubaumüssenbeiGebäudenmitmehralszwei Wohnungen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei nutzbar und zu‐gänglich sein.61 Bei einermittlerenGebäudegröße von etwasmehr als neunWoh‐nungenimGeschosswohnungsbaukannunterstelltwerden,dasskünftigetwa20%der Wohnungen im Mehrfamilienhausneubau barrierereduziert/‐frei erreichbarseinwerden62.UnterderAnnahme,dassderbis2030prognostizierteNeubaubedarf(knapp44.600,sieheAbschnittB4.2.1)realisiertwird,steigtdasAngebotanbarrie‐rereduzierten/‐frei erreichbarenWohnungen imNeubau zwischen 2017 bis 2030alsojedesJahrumknapp640Wohnungenbzw.insgesamtumrund8.900Wohnun‐gen.
Hinzu kommen nochMaßnahmen zur Barrierereduzierung und Verbesserung desZugangs zuWohngebäuden undWohnungen imBestand sowie der altersgerechteUmbau.DiesewerdenimRahmendes„AUFZUGSPROGRAMMS“oderimRahmendesProgrammsSachsen‐Anhalt „MODERN“gefördert.WerdendieseFördermittelauchkünftig in etwa derselben Größenordnung gewährt undwie in der Vergangenheitabgerufenbzw.investiert,soergebensichimRahmendes„AUFZUGSPROGRAMMS“
VerbesserungenzuruneingeschränktenMobilität fürrund5.000Wohnungenp.a.63DazukommenweitereVerbesserungen imZugederFörderungdesaltengerechtenUmbaus imRahmendesProgramms „Sachsen‐AnhaltModern“ füretwa430Woh‐nungen.64 In der Summe wird das Angebot barrierereduzierter/‐frei erreichbarerWohnungenbis2030demnachumrund80Tsd.Wohnungenansteigen.
IstderBedarftatsächlichgedeckt?
Würdendiebarrierereduzierten/‐freierreichbarenWohnungenausschließlichvondenPersonenbewohnt,dieaufeinebarrierereduzierte/‐freierreichbareWohnungangewiesensind,wärederquantitativeBedarfvongut120Tsd.Wohnungenheuteinetwagedeckt.Allerdingskommenbarrierereduzierte/‐freierreichbareWohnun‐gennichtnurälterenoderinderMobilitäteingeschränktenMenschenzugute,son‐dernkönnenauchfürFamilienmitKindernoderjüngerePersonendenWohnkom‐fortsteigern.DeshalbsindimNeubaumeistmehralsdievorgeschriebeneAnzahlanWohnungen bereits barrierereduzierte/‐frei erreichbar ausgestaltet (z.B. Aufzug,schwellenarm)und zumTeil auch vonPersonenbelegt, die diesen Standardnichtzwingendbenötigen.
5.1.3GegenüberstellungundAbleitungdesBedarfs
Bis2030steigtdieZahlderPersonen,dieaufeinebarrierereduzierte/‐freierreich‐bareWohnung angewiesen sind, um rund17.700Personen. ImNeubau entstehenbis dahin jedoch 8.900 barrierereduzierte/‐frei erreichbareWohnungen; das folgtausdenAnforderungenandieSchaffungvonbarrierereduzierten/‐freierreichbarenWohnungenimNeubau.Damitbestündebis2030nocheinzusätzlicherBedarfvonzusammenrund8.800barrierereduzierten/‐freierreichbarenWohnungen.
Zugleichwerden aber auch (weiterhin)Maßnahmen zur Barrierereduzierung undVerbesserungdesZugangszuWohngebäudenundWohnungenundderaltengerech‐teUmbau inSachsen‐Anhalt gefördert.WerdendieseProgrammebeibehaltenundrd.25%der Intensitätwie inderVergangenheitbeansprucht,bestehtkünftigkeinnennenswerterzusätzlicheroder flächendeckenderFörderbedarfanbarrierefreienWohnungen.
Diebarrierereduzierten/‐freierreichbarenMietwohnungen inSachsen‐AnhaltsindimVergleichzudenübrigenWohnungenrund9%teurer.Sowerdenbarriereredu‐zierte/‐frei erreichbare Wohnungen mit einer Miete (Median) von 6,00Euro/qm
Barrierereduzierte/‐freierreichbareWohnungensindvoralleminderRegionMag‐deburg, imHarzoder inderRegionHalle/Leipzig relativ teuer (vgl.Karte15). ImVergleich zwischen dem Angebot an barrierereduzierten/‐frei erreichbarenWoh‐nungen zu nicht barrierereduzierten/‐frei erreichbaren Wohnungen ist der Miet‐preisunterschiedinSachsen‐Anhaltrelativgering.Sowerdenlandesweitnichtbar‐rierereduzierte/‐freierreichbareWohnungenimMittelzu5,50Euro/qmangeboten.Barrierereduzierte/‐frei erreichbare Wohnungen sind mit durchschnittlich 6,00Euro/qmrund9%teurer.
In Sachsen‐Anhalt ist das Angebot an barrierefreien Wohnungen ausgesprochenpreiswert.DennbundesweitsindbarrierefreieWohnungeninkeinemanderenLandgünstiger. In Thüringen werden im Mittel barrierefreie Wohnungen zu 6,52 Eu‐ro/qmangebotenbzw.12%teureralsnichtbarrierefreieWohnungenundsindda‐mit im Ländervergleich am zweitteuersten. Am teuersten sind barrierefreieWoh‐nungenimMittelinBerlin(11,40Euro/qm)oderHamburg(12,70Euro/qm).DabeiliegendieWohnungsangebotefürbarrierefreieWohnungeninBerlinbzw.inHam‐burgrund12%bzw.13%überdenmittlerenAngebotspreisennichtbarrierefreierWohnungen.
DerrelativePreisunterschiedzwischenbarrierefreienWohnungenundnichtbarrie‐refreienWohnungen ist inBrandenburg (27%)bei einermittlerenAngebotsmietevon8,50Euro/qmundinBremenmit26%bzw.9,80Euro/qmamhöchsten.Insge‐samtlässtsichfeststellen,dassesinSachsen‐AnhaltvielebarrierefreieWohnungenimBestandgibt,währendsichdiesesAngebotanderenortshäufigaufdenNeubaubeschränkt.Diesdürftenicht zuletzt auchaufdieFörderung inderVergangenheitzurückzuführenseinunderklärtdamit,warumdasAngebotanbarrierefreienWoh‐nungeninSachsen‐Anhaltpreiswerteristalsanderswo.
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 112
empirica
5.2 BedarfeanSozialwohnungen
EineAbschätzungdesNeubaubedarfsangefördertenWohnungen istschwierig,dadiese Zahl nicht normativ berechnetwerden kann. Aus diesemGrund nähernwirunsdemBedarfvonzweiSeiten,beidenen
ein Ausgleich vonBindungsverlusten den angebotsseitigen (Ersatz‐)Bedarfaufzeigt(vgl.AbschnittB5.2.1),
EineMöglichkeitzurBestimmungdesbelegungsgebundenenNeubedarfsistdieOri‐entierung an den Wohnungsbindungen bzw. den zu erwartenden Verlusten anWohnungsbindungen.DazuwirddienachfolgendeRegelfürauslaufendeBindungenaufgestellt:
25%sollendurchNeubauförderungersetztwerden, 25% sollen durch Modernisierungsförderung ersetzt werden (z.B. WOHN‐
undKommunenersetztwerden(ohneLandesförderung), 25% sollen nicht ersetzt werden, solange eine relativ entspannte Woh‐
nungsmarktlage herrscht und die Versorgung vielerorts bzw. in nennens‐wertemUmfangimnichtpreisgebundenenBestandmöglichist.
Die Prozentwerte dieser Regel folgen einer normativen, aber durchaus plausiblenSetzung,wiesieauchinanderenBundesländernvorgeschlagenundpraktiziertwird(z.B.inSchleswig‐Holstein).Allerdingsistzubedenken,dasshierimmernurhistori‐scheStrukturenfortgeschriebenwerden;wennalsoeineRegionschonimmerrela‐tiv unter‐ oder überversorgt war mit Sozialwohnungen, dann wird diese relativeUngleichheitdurchdieobigeRegelauchniebeseitigt.
WährendbeiderVorgehensweisedesAusgleichsvonBindungsverlustenhistorischeStrukturen fortgeschrieben werden, leitet der Erschwinglichkeits‐Ansatz aktuelleBedarfswerteab.DerErschwinglichkeits‐AnsatzsetztalsodieLeistbarkeitvonsozi‐alwohnungsanspruchsberechtigtenMieterhaushalten indenFokus.65Entsprechendwird das bezahlbareWohnungsmarktsegment auf derAngebotsseite nicht absolutbetrachtet,sondernabhängigvonEinkommenundWohnkostenderHaushalte.
Ableitungeiner„zumutbaren“Belastung
Der Erschwinglichkeits‐Ansatz setzt normative Überlegungen über die DefinitionvonSozialwohnungsanspruchsberechtigtenunddamiteinhergehenddieFestlegung
die Bestimmungen desWohnraumförderungsgesetzes (WoFG) bzw. den damitverbundenen Förderbedingungen (Einkommensgrenzen nach den Verordnun‐geninSachsen‐Anhalt)und
Anmerkung:NachverschiedenenVerordnungenzurAnhebungderEinkommensgrenzenbeider so‐zialenWohnraumförderungkonntebereits im Jahr2005HaushaltendieFörderunggewährtwerden,derenEinkommendieGrenzendesWoFGumnichtmehrals20%übersteigt,ab2017giltdies,solangedasHaushaltseinkommendieGrenzendesWoFGumnichtmehrals40%übersteigt(beiderBildungvonWohneigentumgeltenandereGrenzen).
Lesebeispiel:FüreinenEinpersonenhaushaltgiltlautWoFGeineEinkommensgrenzevon1.000EuroproMonat.ImRahmenderKostenderUnterkunft(KdU)fürHartz‐IV‐Empfängerwerdenmaximal5,60Euro/qm als angemessene Miete und maximal 50qm als angemessene Wohnungsgröße akzeptiert,darausergibtsicheinemaximalzuerstattendeMietevon280Euro/Monat.WürdemaneinemGering‐verdieneranderEinkommensgrenzedesWoFGeineMietezumuten,diefüreinenHartzIV‐Empfängernochangemessenwäre,dannhättedieserEinpersonenhaushaltdorteineMietbelastungvon280Eu‐ro/1.000Euro=28%.Beieinerum40%höherenEinkommensgrenzeundgleichermaximalzuerstat‐tenderMietesänkedieMietbelastungauf20%(280Euro/1.400Euro).
Quelle:WoFG, Verordnung(en) über die Einkommensgrenzen bei der sozialenWohnraumförderung,AngabenderLandratsämterundkreisfreienStädte empirica
Wird dieser Regel gefolgt, dann dürften sich für alle Sozialwohnungsberechtigtenhöchstens die in Tabelle 25 genanntenmaximal tragbarenMietkostenbelastungenergeben;diesewiederumhängenabvonderHaushaltsgröße,denVorgabenausdem
Zweipersonenhaushalte ohne Kinder 1.500 2.100 5,6 60 336
Alleinerziehend mit einem Kind 1.542 2.158 5,6 60 336
Alleinerziehend mit zwei Kindern 1.925 2.695 5,6 75 420
Paare/Lebensgemeinschaften mit einem Kind 1.883 2.637 5,6 75 420
Paare/Lebensgemeinschaften mit zwei Kindern 2.267 3.173 5,6 85 476
Paare/Lebensgemeinschaften mit drei Kindern 2.650 3.710 5,6 95 532
Zulässige bzw. max…
Haushaltsgröße
Max. Miete
pro Monat
Einkommensgrenzen
(Euro im Monat)
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 115
empirica
Wohnraumförderungsgesetz,denVerordnungenimLandSachsen‐AnhaltsowiedenAngemessenheitsgrenzenimRahmenderKostenderUnterkunft.JenachHaushalts‐größe liegt diese maximal zumutbare Mietbelastung in Sachsen‐Anhalt nach derVerordnung im April 2017 somit zwischen 14% und 20% (vgl. Tabelle 25, letzteSpalte).
Für zwei weitere Variationen werden die Zusatzbedarfe an Sozialbindungen be‐rechnet:ZumeinenfürHaushalte,derenzumutbareMietbelastungsichausdenEin‐kommensgrenzendesWoFG(ohneZuschlag)ergibtundzumanderenfürHaushalte,deren Einkommen die Einkommensgrenzen des WoFG68 um nicht mehr als 20%übersteigen.
ZurErmittlungderZahldersozialwohnungsberechtigtenHaushaltemitBelastungenoberhalb dieser zumutbarenGrenzewerden nun Informationen über die Einkom‐mensverteilungsowiezurMietbelastungderHaushalteimLandbenötigt.Dieaktu‐ellstenDatenkönnendemMikrozensusdes Jahres2014entnommenwerden.69Al‐lerdings sind bei der Interpretation der Berechnungen kleine Ungenauigkeiten zuberücksichtigen,diesichausdenunterschiedlichenEinkommensklassendesMikro‐zensusunddesWohnraumförderungsgesetzesergeben (vgl.Tabelle25).Ebenfallsistaufgrundderz.T.niedrigenFallzahlen imMikrozensuseineDifferenzierungun‐terhalbderLandesebeneleidernichtmöglich,dasselbegiltz.T.füreineDifferenzie‐rung einzelnerHaushaltstypen.DieLückebei denHaushaltstypen (vgl. Tabelle 43undTabelle44imAnhang)kannjedochdurchAnalogieschlüssemitbundesweitenErgebnissengeschlossenwerden(vgl.Tabelle26).
Zweipersonenhaushalte ohne Kinder 1.500 2.100 2.000 5,6 60 336 22% 16%
Alleinerziehend mit einem Kind 1.542 2.158 2.000 5,6 60 336 22% 16%
Alleinerziehend mit zwei Kindern 1.925 2.695 2.600 5,6 75 420 22% 16%
Paare/Lebensgemeinschaften mit einem Kind 1.883 2.637 2.600 5,6 75 420 22% 16%
Paare/Lebensgemeinschaften mit zwei Kindern 2.267 3.173 3.200 5,6 85 476 21% 15%
Paare/Lebensgemeinschaften mit drei Kindern 2.650 3.710 3.200 5,6 95 532 20% 14%
Haushaltsgröße
Max. Miete
pro Monat
Einkommensgrenzen
€ p. M.
Maximale
Mietkostenbelastungen
Zulässige bzw. max…
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 116
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einepreisgünstigereWohnung(vgl.Tabelle26). Inder„unterenVariante“mitdenEinkommensgrenzendesWoFGgibtes landesweit rund76Tsd. anspruchsberech‐tigte Haushalte, die trotz angemessenerWohnungsgröße eine „unzumutbar“ hoheMietbelastung tragenmüssen.Diemeistenunter ihnensindEinpersonenhaushalte(45 Tsd.). Relativ häufig sind zudem Alleinerziehende mit einem Kind oder zweiKindern(je24%dieserGruppe)voneiner „unzumutbar“hohenMietbelastungbe‐troffen.
Inder„oberenVariante“geltendieaktuellenEinkommensgrenzendesLandesSach‐sen‐Anhalt.71DemnachdürfendieEinkommensgrenzendesWoFGummaximal40%überschrittenwerden. Damit steigt die Zahl der anspruchsberechtigten Haushaltemit„unzumutbar“hoherMitbelastunghierauf143Tsd.DiemeistensindwiederumEinpersonenhaushalte(85Tsd.),diehöchstenAnteilesindmit38%beidenPaarenmitdreiKindernzufinden.AuchAlleinerziehendesindüberdurchschnittlichoftvoneiner„unzumutbar“hohenMietbelastungbetroffen.
Quelle: WoFG, Angaben der Landratsämter und kreisfreien Städte, eigene Setzungen, Mikrozensus2014(SonderauswertungDestatis) empirica
AbleitungdesBedarfsanSozialwohnungen
Die weiteren Überlegungen gehen davon aus, dass der „aufgestaute“ Bedarf anpreisgünstigenWohnungenfürbedürftigeHaushalteindennächsten13Jahrenbis2030aufgelöstwerdensoll.EinTeilderVersorgungübernimmtdabeiderfreifinan‐zierte Wohnungsmarkt. Bei einer durchschnittlichen Fluktuationsquote von rund8% und einemAnteil preisgünstiger Angebote (unter 5,6Euro/qm) an allen inse‐riertenMietwohnungenvon65%,sinddiesinderSummegut425Tsd.EinheitenbiszumJahr2030(vgl.Tabelle27).ImErgebnisberechnetsichderverbleibendeBedarfanzusätzlichenSozialwohnungenausderDifferenzderAnzahlbedürftigerHaushal‐temit„unzumutbar“hoherMietbelastungundderZahlpreisgünstigerWohnungen,
Tsd. Tsd. Tsd. Antei l Tsd. Antei l Tsd. Antei l Tsd. Antei l
diederMarktdurchFluktuationanbietet.DieseDifferenzist(inderSumme)jedochinallenVariantennegativ.NachHaushaltstypendifferenziertergibtsichallerdingsin der oberen Variante mit den aktuellen Einkommensgrenzen für Einpersonen‐haushalte in Sachsen‐Anhalt ein Erschwinglichkeitsdefizit. Das bedeutet, dass lan‐desweit nur ein Zusatzbedarf an sehr kleinen preisgünstigen (Sozial‐)Wohnungenbesteht.
Lesebeispiel:EsgibtinderunterenVariante(WoFGohneZuschlag]45Tsd.bedürftigeEinpersonen‐haushalte (85Tsd. inderoberenVariante,WoFGplus40%].Bei einerFluktuationsratevon8%undeinemAnteilpreisgünstigerWohnungenamMarktvon52%,werdenbis2030gut71Tsd.preisgünsti‐geWohnungen in einer typischen Größe für Alleinlebende amMarkt zur Verfügung gestellt. Damitwerden26Tsd.preiswerteWohnungenamMarktmehrzurVerfügunggestelltalseszurBefriedigungderbedürftigenHaushalte(nachWoFG)erforderlichwäre.LediglichbeihöherenEinkommensgrenzen(plus 40%) ergibt sich ein Erschwinglichkeitsdefizit für Alleinlebende (14 Tsd.). Für alle anderenHaushaltstypenistangemessenerWohnraumerschwinglich.
1=HochrechnungaufBasisdesZensus2011,inangemessenerGrößenklasse,2=Mietwohnungsbestandvon40bis 59qm zu25%angerechnet, 3=Mietwohnungsbestand von40bis 59qm jeweils zu38%angerechnet,4=Mietwohnungsbestandvon60bis79qmjeweils38%angerechnet,5=Mietwohnungs‐bestandvon60bis79qmund80qmbis99qmjeweilszu25%angerechnet,6=Mietwohnungsbestandvon80bis95qmzu50%angerechnet.7FluktuationsquotederMieterhaushalte,MittelwertüberdieRegionen,QuelleMikrozensusZusatzerhebungWohnungen,AnteilpreisgünstigeMietangeboteanallenMietangebotenderjeweiligenGrößenklasseimJahr2017,Quelle:empirica‐Preisdatenbank
Die Berechnungen auf Basis des Angebots‐Ansatzes (Ersatz wegfallender Bindun‐gen)ergebeneinenZusatzbedarfvonetwa170Sozialwohnungenjährlich.AufBasisdes Erschwinglichkeits‐Ansatzes werden dagegen landesweit keine zusätzlichenSozialwohnungen benötigt, weil derMarkt im Zuge der Fluktuation i.d.R. ausrei‐chendvielepreisgünstigeWohnungenzurVerfügungstellt. 72Aufgrundderfehlen‐denRegionalisierungkannes aber sein,dassdiebedürftigenHaushalte inWachs‐tumsregionen wohnen, die vom Markt angebotenen preisgünstigen Wohnungenaber in Schrumpfungsregionen stehen. Dafür sprechen insbesondere das Wande‐rungsverhalten imLand (vgl.AbschnittB1) sowiedieEntwicklungderMietpreis‐strukturen(vgl.B4.5.2).InVerbindungmitdemalternativenAnsatzdesAusgleichswegfallenderBindungenanSozialwohnungenwirdzudemdeutlich,dassknappdieHälfte(46%)allerbis2030wegfallendenSozialwohnungenMagdeburg(11%)undHalle(35%)betreffen.
Die Wohnungsmärkte in beiden Städten sind jedoch in besonderem Maße durchZuzugundSuburbanisierung,hoheundsteigendeMietensowiediequalitativenDe‐fizite eines homogenen Wohnungsbestandes gekennzeichnet. Diesem kann nichtmehralleindurcheinfacheModernisierungsmaßnahmen inBestandsgebäudenbe‐gegnetwerden.GeradediehomogengeprägtenGroßwohnsiedlungenoderdiedurcheinen hohen Altersdurchschnitt gekennzeichneten Genossenschaftssiedlungen be‐nötigenneuebaulich‐funktionaleWohnformen,dienurdurchumfassendeUmbau‐maßnahmen im Bestand sowie durch Neubau möglich sind. Aufgrund der hohenErstinvestitionskosten imNeubauundbeikomplexerModernisierungsindkosten‐deckendeMietenjedochimoberenPreissegmentangesiedelt.DamitauchzukünftigWohnen im zeitgemäßen Standard breiten Schichten der Bevölkerung zugänglichist, kann hier eine behutsame sozialeWohnungsbau‐ oderModernisierungsförde‐runghelfen.
Seitetwa2009istzubeobachten,dassdieMenschenbundesweit,aberebenauchinSachsen‐Anhalt,wie Vogelschwärme übers Land ziehen. Lokal verlassen sie dabeizur Ausbildung den ländlichen Raum und konzentrieren sich in den regionalenSchwarmstädten (Magdeburg, Halle). Überregional schwärmen sie von dort zumBerufsstartindieattraktivenStadtregionen;dortwiederumkonzentrierensichdieStröme auf die Zentren der überregionalen Schwarmstädte (z.B. Hamburg, Berlin,Leipzig)undverdrängendortAlteingesesseneundjungeFamilienentlangder„Hän‐ge“desMietpreisgebirgesinsUmland.KnappheitundsteigendeMietenindenregi‐onalenwienationalenSchwarmstädtensinddaherdieKehrseitevonSchrumpfungundzunehmendemLeerstandinderFläche.
Schwarmwanderungen verursachen Bevölkerungsverluste. Regional kommt es zueinerUmschichtungderEinwohnervomLandindieZentren,überregionalerleidetdas Land Verluste zugunsten der Schwarmstädte außerhalb von Sachsen‐Anhalt.Daran hat auch die Flüchtlingszuwanderung nichts geändert: Ein kleiner Trend‐bruchimJahr2015wurdeschonimFolgejahrabruptbeendet.Seit2016sinktdamitdie Einwohnerzahlwieder; dasGleiche gilt für die Zahl derHaushalte,wobei hiereinesinkendeDurchschnittsgrößedieSchrumpfungetwasentschleunigt(vgl.Tabel‐le28).
ErheblicheregionaleDisparitäten
DielandesweitenTrendsbeiEinwohnernundHaushaltengleichensichjedochnichtinallenRegionstypen. So steigtdieEinwohnerzahl indenStädtenMagdeburgundHalleentgegenderlandesweitenEntwicklungkurzfristigbis2020nochanundfälltselbst bis ins Jahr 2030 nicht unter das Niveau von 2014. Alle anderen RegionenwerdendagegenkünftigdurchgehendEinwohnerverlieren:VondiesemTrendwirdweniger dasUmland vonMittel‐ undOberzentren betroffen sein, stärker aber dieStadtDessau‐Roßlau,dieMittelzentrenselbstunddiesonstigenGemeindenindenLandkreisen. Etwas anders, aber ebenso eindeutig spalten sich die RegionstypenhinsichtlichderkünftigenHaushaltszahlen inzweiLager:AufdereinenSeitewer‐denMagdeburgundHallebis2030kontinuierlichwachsen.AufderanderenSeitewerdenalleanderenRegionenweiterHaushalteverlieren.
2. EineneueLeerstandswellekommt
Trotz sinkender Einwohner‐ undHaushaltszahlen ist in Sachsen‐Anhalt weiterhinundauch flächendeckendNeubauerforderlich.DerBedarf ist sogar größeralsdieFertigstellungender letztendrei Jahre.AllerdingswerdenmehrGeschosswohnun‐gen und weniger Eigenheime benötigt als tatsächlich gebaut wurden. Und ganz
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 121
empirica
wichtig:AbgesehenvonMagdeburgundHallegibteslandesweitquasikeinenquan‐titativerforderlichenNeubaubedarf.VielmehrergibtsichdieMassedesNeubaube‐darfsalleinausErsatzbedarfbzw.qualitativerZusatznachfrage:DasistNeubau,deneher gut verdienendeHaushaltemit höheren Ansprüchen nachfragen, die im vor‐handenenBestandkeinefürsieadäquatenWohnungenfinden.
Tabelle28: RahmendatenDemographieundWohnungsbau
*ohneNeubau **mitbedarfsgerechtemNeubau(Annahme:imZeitraum2017bis2030wirdgenauderZusatzbedarfanWohnungen gebaut, der in Tabelle 15 ermittelt wurde, und die jährliche Abgangsquote liegt bei0,1%EZFHbzw.0,2%MFH)
In der Folge wird der Leerstand künftig wieder ansteigen. Zum einen wegen derdemographischenEntwicklung–unddamitselbstohnejeglichenNeubau.Zuman‐derenwegendesNeubaus,derüberwiegendErsatzbedarfdarstelltunddamiteinereinqualitativeZusatznachfragebefriedigt.
Bezogen auf die jeweilige Einwohnerzahlmuss inMagdeburg und Hallemehr alsfünfmalsovielgebautwerdenwieinallenanderenRegionen(gut5WohnungenproTsd. Einwohner). Den geringsten Bedarf pro Einwohner haben das Umland derOberzentren(0,8)sowiediezentrumsfernensonstigenGemeinden(0,9).
GemessenamWohnungsbauder Jahre2015bis2017wird jedoch indenUmland‐undzentrumsfernenGemeindenzuvielgebaut–vorallemzuvieleEigenheime. Inden Mittelzentren wird in etwa bedarfsgerecht gebaut, aber in den Oberzentrennichteinmalhalbsovielwiereinmengenmäßignotwendigwäre–vorallemzuwe‐nige Geschosswohnungen. In der Folge finden die Nachfrager in Magdeburg undHalle nicht ausreichend viele Angebote in der gewünschten Qualität und werdendaherindasUmlandverdrängt.Undmutmaßlichwerdenauchindenzentrumsfer‐nen Regionen neugebaute Wohnungen den zahlreich vorhandenen Leerständenvorgezogen:TrotzvielerundzunehmenderLeerstände inGeschosswohnungenbe‐vorzugen dieMenschen vielerorts neu gebaute Eigenheime am Stadtrand oder imUmland.
DierasanteundnachhaltigeSchrumpfungvonBevölkerungundWohnungsnachfra‐gern außerhalb der Zentren einerseits und andererseits die hohen Bauvolumina,bevorzugt im Eigenheimbereich, erscheinen auf den ersten Blick alles andere alsrational.
Eine Rationalität wird erst dann sichtbar, wenn neben den üblichen, vorwiegenddemographischenParameternauchdieerheblichenVerzerrungendurchdieanhal‐tendenNiedrigzinsensowiedieAuswirkungenguterAngebotsbedingungenmit insKalkül fließen. In Schwarmstädten treibendie steigendeNachfrage zusammenmitniedrigenZinsenundknappemBaulanddiePreiseinbisherungekanntemAusmaßeindieHöhe,dieKaufpreiseentweichendortdenregionaltypischenEinkommen.InderFolgekönnensichNormalverdienertrotzgünstigerZinsenkaumnochEigentumleisten.Anders sieht es indendemographischenSchrumpfungsregionen aus:Bau‐landistmeistausreichendverfügbarunddieKaufpreisewerdenkaumdurchKapi‐talanleger oder Zuzügler gepusht, sondern sinken vielmehr infolge zunehmendenLeerstands.DennochsteigtauchhierdieFinanzierungskraftderbisherigenMieter‐haushalteseit JahrenalsFolgederNiedrigzinsenundkünftigwohlauchdurchdasneueBaukindergelddesBundes.WennaberEigenheimeeherpreiswert,Baukreditegünstig und der (Geschoss‐/Miet‐)wohnungsbestand eher unattraktiv sind, dannkanndieserklären,warumdietatsächlicheZahlderneugebautenEigenheimevielgrößerist,alseineklassischeBedarfsprognosevorhersagenwürde.
Leerstand entsteht nunmehr nicht nur deswegen, weil Haushalte wegziehen, dieNachfrageinsgesamtschrumpftunddennochimüblichenAusmaßequalitativeVer‐besserungendurchNeubaugeschaffenwerden.OffensichtlichführendiegünstigenFinanzierungsbedingungenunddieVerfügbarkeitvonBaulanddazu,dassüberdasbishergekannteAusmaßhinausHaushalteinsEigenheimziehen,dieunter„norma‐len“ Bedingungen (als Mieter) in einer Geschosswohnung geblieben wären. DieseEntwicklunghataberauchpositiveSeiten:Selbst(leerstehende)Gebrauchtimmobi‐lienstoßenwegenderNiedrigzinsenaufAkzeptanz.Wennsiekostengünstigange‐botenwerden,schlagenvorallemwenigerzahlungskräftigeHaushaltezuundsetzendie Gebäude in Eigenleistung sukzessive instand. In diesen Fällen ermöglicht derAngebotsüberhang spezifischen Mietern erstmals, in eine eigene Immobilie zuwechseln. InderRegelhandelt es sichdabeiumFamilienmitgeringerenEinkom‐men,aberhandwerklichenFähigkeiten.
Konsequenz:Machenlassen,aberbehutsamlenken
DieKonsequenzausdieserBeobachtungsolltenunabernichtdarinbestehen,denzusätzlichenEigenheimern ihren (realisierbaren!)Wohnwunsch zu verwehren. ImGegenteilisteserfreulich,wenndieMenschensowohnenkönnen,wieesihrenVor‐stellungenentspricht.Gleichwohlmussnunerst rechtVorkehrungdafür getroffenwerden, dass (weniger attraktive) Wohnungsbestände nicht flächendeckend leerfallen und in der Folge ganz erheblich die Attraktivität desWohnumfeldes beein‐trächtigen.Dasgilterstrecht,wennessichuminnerörtlicheBeständehandelt.Neu‐bau nach Rückbau und Abriss oder Umnutzung innerörtlicher Leerstände solltengeradeinSchrumpfungsregionenimmerPrioritäthabenvorNeubausiedlungenamStadtrand.DereinzelneHaushaltwirdimmerdenWegdesgeringerenWiderstandessuchenunddamitindenNeubauaufdergrünenWieseamStadtrandziehen,wenner seineWohnwünsche schnell und kostengünstig erfüllen will. Es ist daher eineAufgabederGemeinschaft,dieRahmenbedingungensozusetzen,dassdadurchkei‐ne leeren „Donut‐Dörfer“ oder „Donut‐Städte“ entstehen. Geeignete Maßnahmenwären zum Beispiel unterstützende Informationen, fachliche Begleitung oder Ab‐riss‐undUmbauprämien.
Im Jahr 2016 standen landesweit bereits geschätzte 151 Tsd.Wohneinheiten leerundmittelfristigwirdderLeerstandbis2030weiteransteigen.SelbstohneNeubaukämenweitereknapp60Tsd.Leerständehinzu,wobeiderZuwachsvorallemGe‐schosswohnungen betrifft. So gesehen gibt es eine gute und eine schlechte Nach‐richt: Die Eigenheim‐wie auch dieWohneigentumsquotewerden zulegen. ImmermehrMenschenkönnendamitihreWohnwünschewahrwerdenlassen.ImErgebniswerdenbis2030dieHaushalteaußerhalbderMittel‐undOberzentrenweitüber‐wiegend in Ein‐ oder Zweifamilienhäusernwohnen (58% odermehr). UmgekehrtwirdnurnochinMagdeburg,Halle,ZeitzundMerseburgmehralsjederdritteHaus‐haltaufdemGeschossleben.Wennmansowill,ziehendie(jungen)MenschenvomLandindieZentren.DortwohnensiezunächstalsMieterund„schwappen“dannim
DieKehrseite dieserEntwicklung: Selbst ohneNeubauund selbst bei Erhalt einergroßzügigenFluktuationsreservemüsstenbis2030fast160Tsd.Geschosswohnun‐genund37Tsd.Eigenheimeabgerissenwerden.WennderNeubaubedarfsgerecht73undausschließlichaufdergrünenWiesevonstattengeht,dannsteigtderRückbau‐bedarfsogarauffast200Tsd.Geschosswohnungenund45Tsd.Eigenheime.
3. Empfehlungen
DerWohnungsmarkt vonSachsen‐Anhalt hat zweiProbleme:dieAbwanderung inandereBundesländerunddieEntleerungderländlichenRäumeinRichtungderre‐gionalen Schwarmstädte des Landes. Dadurch steigt in den Schwarmstädten dieNachfrage nach Wohnungen, aber auch nach Kindertagesstätten, Schulen, ÖPNV,Einzelhandel,Gastronomie. IndenHerkunftsgebietenhingegensinktdieNachfragenachöffentlichenundprivatenDienstleistungen.Wachstumsschmerzenaufderei‐nen,SchrumpfungsschmerzenaufderanderenSeitesinddieFolge.
DieUrsachenfürdasSchwarmverhaltenliegendabeinichtimArbeitsmarkt.74Zent‐raleUrsachefürdasSchwarmverhaltensindvielmehrdieseit langemrückläufigenGeburtenzahlen: nachwachsende Geburtsjahrgänge sind praktisch flächendeckendzu einerMinderheit geworden. Aber jungeMenschenwollen immer dort sein,woauchvieleandere jungeMenschensind.Dort istdieZahlderpotentiellenFreundehöher,derPartnermarktgrößer.DortwerdendieTrendsgesetzt,dortistwaslos.
ZielkonfliktinderWohnungsbaupolitik
Aus dem Schwarmverhalten folgt vor allem ein Zielkonflikt: Es macht jedeWoh‐nungspolitikzweischneidig.EineoffensiveAngebotspolitik,diezueinemattraktive‐renWohnungsangebotundzuniedrigerenMietenindenSchwarmstädtenvonSach‐sen‐Anhalt und anderswo führt, verstärkt heute die Binnenwanderung und damitdasAusblutenderanderenRegionen.Esmussdaherimmerwiederhinterfragtwer‐den, ob und welcher Einsatz von Bundes‐ und Landesmitteln zugunsten derSchwarmstädtegerechtfertigtist.LetztlichbezahlensonstdieAbwanderungsregio‐nen ihren eigenen Schwund indirekt auch noch mit. Der Zielkonflikt zwischenSchwarmstädten und schrumpfenden Regionen könnte jedoch zu beiderseitigemVorteilvermindertwerden,wennesgelänge,dieAbwanderung(jungerMenschen)
73 In Szenario „bedarfsgerecht“ werden genauso viele Wohnungen neu errichtet, wie in der Bedarfsprognose
in die Schwarmstädte abzuschwächen. Den Abwanderungsregionen bliebe ihrNachwuchserhalten,dieSchwarmstädtewürdenentlastet.
RaumwirksameInvestitionenerforderlich
NachunseremDafürhaltenistdiepolitischeRelevanzderAbwanderungausweitenTeilen des Landes erkanntworden. DennochmüssenweitereMaßnahmen folgen,insbesondereauchdieStärkungderRaumordnungspolitik.RaumwirksameInvesti‐tionen, wie z.B. der Hochschulausbau, sollten beispielsweise breit über das LandgestreutwerdenundaußerhalbderGroßstädteundklassischenUniversitätsstädteerfolgen.DieVerlagerungvonLandesbehörden inAnkerstädteaußerhalbderMet‐ropolregionen istebenfalls zieldienlich.Nichtzieldienlichwäredies jedoch inVer‐bindung mit der Einrichtung eines Pendlerbusses, der die dort Beschäftigten amAbendwieder„nachHause“fährt.
DieHauptverantwortungfüreineAbschwächungderAbwanderungtragenaberdiezentralen Orte in den Abwanderungsgebieten. Diesemüssen ihre Attraktivität so‐weit steigern, dass sie sich als Alternative zwischen aussterbenden Dörfern undSchwarmstädtenpositionieren. Solchekleinerenund größeren „Ankerstädte“ exis‐tieren –nebenMagdeburgundHallehaben z.B. auchdieMittelzentrenOschersle‐ben,Merseburg,Halberstadt,Weißenfels,NaumburgoderHaldenslebeneinenposi‐tivenWanderungssaldovonetwa1%odermehr75–undzeigendamit,dassesmög‐lich ist. Hauptaugenmerk sollte der wahrgenommenen Attraktivität der zentralenLagengeschenktwerden,diedasBildderStadtprägen.
DieStärkungderAttraktivitätistkeineinfacherWeg:Sieistwedereinfachzugrei‐fen, noch kann sie von oben verordnetwerden. Attraktivität erfordertBeteiligungund Engagement der Bürger genauso wie Flexibilität und Kreativität der Verwal‐tung. Attraktivität ist keine Einbahnstraße, sondern erfordert „Leidenschaft“ vonallenSeiten.DabeigehtesnichtnurumdieSchaffungvonArbeitsplätzenoderdieStadtplanung.EsliegtauchimmeranderLebendigkeiteinesDorfesodereinerGe‐meinde,obsieÜberlebenschancenhatodernicht.Dazukönnendannnebenbeleb‐ten Innenstädten auch ein aktives Vereinsleben oder identitätsstiftende Stadtfestegehören.Gerade kleinereGemeindenbenötigen daher auch finanzielle Spielräumeabseits zweckgebundener Förderprogramme, um Initiativen und Vorschläge derBürgerunterstützenzukönnen.Dazugehörenauch„Kümmerer“,diedieUmsetzungbetreuenundbeiProblemenunkompliziertalsAnsprechpartnerzurVerfügungste‐hen.
DerLeerstandimLandwächstauszweiGründen:durchWegzugbzw.Geburtendefi‐zitunddamitinfolgesinkenderNachfrage,aberauchdurchdenqualitativhochwer‐tigenNeubau,dertrotzohnehinbestehenderLeerständestattfindet.Darausergebensich sehr komplexe städtebaulicheHerausforderungen (Donut‐Effekt). Aus diesemGrunde sollten in den Schrumpfungsregionen Sanierung und Reaktivierung vonLeerständen in den erhaltenswerten Stadtzentren gegenüber demNeubau auf dergrünenWieseimVordergrundstehen.
Einer der häufigstenGründe gegendie Sanierung eines (leerstehenden)GebäudessindUnwägbarkeitenbeiderSanierungundbeimUmbau.SelbstHaushalte,diezu‐nächst eine Vorliebe für ältere Bausubstanz haben oder aus Preisgründen Be‐standsimmobilien imBlick hatten, scheuen hiervor häufig zurück.Die finanziellenBelastungenerscheinenalsunkalkulierbarunddie zeitlicheRealisierungungewis‐seralsbeieinemNeubau.Dasgiltvorallemdann,wennalteObjektesehrmarodesindoderbesonderebaulicheHerausforderungenmit sichbringen (z.B.Fachwerk,Denkmal, Sandsteinwände). Eine Entscheidung für den älteren Bestand fällt nurdann,wenn der Preisvorteil nach Sanierung gegenüber demNeubau erheblich ist(mindestensrund30bis50%).
Revitalisierungs‐oderBleibeprämien
Bestandsobjekte stoßen deswegen häufiger auf Akzeptanz bei weniger zahlungs‐kräftigerenHaushalten,diedieHäusersukzessiveinEigenarbeitinstandsetzenundauf einemeinfacherenStandardmodernisieren.DieseHaushalte suchennichtnot‐wendigeineWohnungaufNeubauniveau,sondernmöchteninersterLinieEigentumbilden und Mietbelastungen sparen. Für sie eröffnet der preiswertere Kauf einerBestandsimmobilie in der aktuellen Niedrigzinsphase erstmals dieMöglichkeit. Indiesen Fällen könnten Mittel der Städtebauförderung einen Beitrag in Form vonRevitalisierungs‐oderBleibeprämienleisten.
3.2 (Förder‐)BedarfSozialwohnungen
EineAbschätzungdesZusatzbedarfsgeförderterWohnungenistschwierig,dadieseZahlnichtnormativberechnetwerdenkann.AusdiesemGrundhabenwirversucht,unsdemBedarfsowohlvonderAngebots‐wieauchvonderNachfrageseitezunä‐hern.SollendiekünftigwegfallendenBindungenersetztwerden,dannlägedervomLandzu förderndeZusatzbedarfbei knapp150Sozialwohnungen jährlich–davondieHälfteimBestanddurchModernisierungsmaßnahmen.WerdenaufderNachfra‐geseite Haushaltemit zu hohenMietbelastungen betrachtet, dannwerden landes‐weit keine zusätzlichen Sozialwohnungen benötigt; vielmehr stellt der Markt imZugederFluktuationausreichendvielepreisgünstigeWohnungenzurVerfügung.
InAnbetrachtder zunehmendenLeerständeundgeringer (quantitativer)Neubau‐bedarfe erscheint es auch plausibel, dass keine nennenswertenGrößenordnungenneuerSozialwohnungenbenötigtwerden.76Allerdingsgibt es erhebliche regionaleUnterschiede.Sokannunterstelltwerden,dassbedürftigeHaushalteeherinWachs‐tumsregionen leben,die vomMarkt angebotenenpreisgünstigenWohnungenabereher in Schrumpfungsregionen zu finden sind. Hinzu kommt, dass gut die Hälftealler bis 2030wegfallenden SozialwohnungenMagdeburg undHalle treffen – unddortbestehtauchkünftignocheinmengenmäßigerNeubaubedarf.InanderenRegi‐onengibt es eher einenqualitativenZusatzbedarf; dieser solltemöglichst im (leerstehenden)Bestandrealisiertwerden.DieseForderunggiltdannauchfürzusätzli‐che Belegungsbindungen. Insofern kann ein behutsamer sozialer Wohnungsbaubzw.Modernisierungsförderunghelfen,auchkünftigbreitenSchichtenderBevölke‐rungdenZugangzuWohneninzeitgemäßemStandardzuermöglichen.
Dabei stellen sich für Sachsen‐Anhalt spezifischeAnforderungen an effizienteFör‐derbedingungen:
DieNeubauförderungsolltemittelbareBelegungsbindungermöglichen. D.h.dieMietpreis‐undBelegungsbindungerfolgtnichtdirektamgeförder‐tenNeubauobjekt,sondernaneineranderenBestandswohnung.Damitwür‐de die Anwendung der Belegungsbindung flexibler und praxistauglicher. AuchkönntedadurchFehlbelegungenundSegregationsowieinnerörtlichenLeerständenentgegengewirktwerden.
DieMietobergrenzensolltenimmittlerenMietpreissegmentliegen. DieMietobergrenzen solltenunterdemmittlerweile imNeubau erreichtenMietniveauvon achtbis zehnEuro/qmnetto kalt liegen (z.B. bei sechsbissieben Euro/qm). Angebote im unteren Preissegment sind allenfalls durchumfassendeModernisierung imBestand,nichtaberdurchNeubauzureali‐sieren.
Förderungdurch(Tilgungs‐)ZuschussinVerbindungmitDarlehen. Angesichts der Niedrigzinsen sollte die Förderung als Zuschuss in Verbin‐dungmitDarlehenausgereichtwerden.
76 Lediglich bei den Alleinlebenden kann ein gewisses Erschwinglichkeitsdefizit attestiert und ein Bedarf an
Barrierereduzierte/‐freierreichbareWohnungensindinSachsen‐AnhaltsogünstigwieinkeinemanderenBundesland.Dasgiltsowohlabsolut,alsofürdieQuadratme‐termieten, wie auch relativ, also im Vergleich zuMietpreisen für „normale“Woh‐nungen.DerrelativePreisvorteildürftevorallemderLandesförderunginderVer‐gangenheitzudankensein,derabsoluteVorteildagegendenhohenundzunehmen‐denLeerständen.
DerBedarfistinetwagedeckt
TrotzdergünstigenMietenstelltsichjedochdieFragenachdemVersorgungsgrad.NachunserenSchätzungenwurden2017gut120Tsd.barrierereduzierte/‐frei er‐reichbareWohnungen benötigt. Dem standen Anfang 2017 etwa 120 Tsd. barrie‐rereduzierte/‐freierreichbareWohnungengegenüber, sodassdasAngebot inetwaderNachfrageentsprach.
DiebisherigeFörderungsolltebeibehaltenwerden
Bis 2030 steigt der Bedarf an barrierereduzierten/‐frei erreichbarenWohnungenumknapp18Tsd.an.DieserZusatzbedarfdürftedurchdenprognostiziertenNeu‐bauaufgrundderdortgestelltenAnforderungenandieSchaffungvonbarriereredu‐zierte/‐freierreichbarenWohnungenetwazurHälftegedecktwerden–insbesonde‐reinMagdeburgundHallemithohenNeubauraten.DieandereHälftedesZusatzbe‐darfswäreauchgesichert,wenndasLand(weiterhin)MaßnahmenzurBarrierere‐duzierungundVerbesserungdesZugangszuWohngebäudenundWohnungensowiedenaltengerechtenUmbaufördert–insbesondereaußerhalbderOberzentren,weildieNeubauratendortgeringersind.
Allerdingsbewohnennichtnur ältereoder in ihrerMobilität eingeschränkteMen‐schendiebarrierereduzierten/‐freierreichbarenWohnungen.VielmehrfreuensichauchFamilienmitKindernoderjüngerePersonenüberdenzusätzlichenWohnkom‐fort.AusdiesemGrundwerdenimNeubaumeistauchmehralsdievorgeschriebeneAnzahl an Wohnungen barrierereduziert/‐frei erreichbar ausgestaltet. Dennochwäre es ratsam, die bestehenden Förderprogramme beizubehalten, damit auchkünftig und in schrumpfenden Regionen keine größeren Versorgungslücken beibarrierereduzierten/‐freierreichbarenWohnungenentstehen.
3.4 (Förder‐)BedarfWohnungssanierung
ZumSanierungsstandgibteskeineamtlichenDaten,wederallgemein für Instand‐haltungoderModernisierung,nochspeziellzurenergetischenSanierung.Zahlenausden Fördergebieten der Stadtumbaukommunen und aus derWohnungswirtschaftlegenjedocheinehoheQuotevonetwazweiDrittelvollsanierterWohnungennahe,derRestwäredemnachüberwiegendteilsaniert.AllerdingsisteinesolcheMessungschwierig,weileskeineallgemeingültigeDefinitionvon„saniert“gibtundSanierun‐genzudemimmeraucheinerVerfallsdauerunterliegen.
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TatsächlichlegendieInformationenausImmobilieninserateneineeherrückläufigeSanierungsintensität nahe. Über die Ursachen kann dabei nur spekuliert werden.Vermutlich dürftendie Gründebei denniedrigenEnergiekostender letzten Jahre,aber auch in derAbwanderung zu finden sein. Bei drohenden Leerständen haltensichVermietermitInvestitionenzurück.Außerdemdürftendieschnellumsetzbarenund wohnwerterhöhenden Maßnahmen weitgehend ausgeschöpft sein (z.B. neueHeizung, Isolierverglasung). Eine Außenwanddämmung oder eine Erhöhung vonZwei‐aufDreifachverglasunghabenaberschlechtereKosten‐Nutzen‐Relationen.
WeitereUrsachenkönntenindenFörderkonditionendesLandeszufindensein.Sosind die Förderquote der Sanierungsinvestitionen durch IB‐Darlehen „Sachsen‐AnhaltMODERN“seit2014gesunkenunddasFördervolumenisttendenziellabge‐schmolzen.InwieweitbessereFörderkonditionenhiermerklichbessereErgebnisseliefern,kann jedochaufgrunddernichtvorliegendenDatenzumIst‐StandundzurAkzeptanzderFörderungnichtgesagtwerden.WirempfehlendaherzunächsteineBefragung potentieller Nutzer und dann erst entsprechendeNachjustierungen amFörderprogramm.
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empirica
D. ANHANG
1. MethodikzurAbgrenzungderRegionen
Basis der Abgrenzung sind die Ober‐ und Mittelzentren. Dabei wurde die Woh‐nungsmarktregionentsprechenderweitert,soferneindeutigeWanderungsverflech‐tungenmitdemangrenzendenUmlandvorlagen.AlsWanderungsverflechtungwur‐dederSaldowertausdenfünfJahren2012bis2016verwendet.WenneineandasZentrumangrenzendeGemeindeeinpositivesWanderungssaldo(vonmind.0,1Per‐sonenje1.000EW)mitdemZentrumaufweistundsichzugleichderWanderungs‐saldovonanderenStädtenundGemeindendeutlichabgrenzt,wurdedieStadtbzw.GemeindederWohnungsmarktregionhinzugerechnet.Gabeshingegenkeinesigni‐fikantenWanderungsverflechtungenzwischeneinemZentrumunddessenangren‐zendenStädtenbzw.Gemeinden,sobildetdasOber‐bzw.MittelzentrumohneUm‐landeineWohnungsmarktregion.
Ergebnis:36Regionen(1+1+1+4+18+11)
(1) Durch diese Vorgehensweise erweitert sich die WohnungsmarktregionMagdeburgumdasMagdeburgerUmland(umfünfGemeinden).
(1) Analog zu Magdeburg erweitert sich ebenfalls die WohnungsmarktregionHalleumdasHallenserUmland(umvierGemeinden).
(1) Zwischen dem Umland und Dessau‐Roßlau konnten keine signifikantenWanderungsverflechtungenmitangrenzendenStädtenoderGemeinden festge‐stellt werden. Dementsprechend wird für die StadtDessau‐Roßlau kein Um‐landdefiniertunddieWohnungsmarktregionDessau‐Roßlaunichterweitert.
o Wernigerode mit den Städten Ilsenburg (Harz) und Blankenburg(Harz),
o Bitterfeld‐Wolfen mit den Städten Sandersdorf‐Brehna und Raguhn‐Jeßnitz,
o HaldenslebenmitderGemeindeBülstringenundo dieHansestadtStendalmitderStadtTangermündealsUmland.
(18)Beidenanderen18Mittelzentren77konnten,auchimVergleichzwischenlokalen und regionalenWanderungsverflechtungen, keine eindeutigenWande‐rungsverflechtungen mit den angrenzenden Städten oder Gemeinden identifi‐ziertwerden.DaherwurdeindiesenFällenkeinUmlandbzw.keineerweiterteWohnungsmarktregiondefiniert.
(11) Als Restgröße bleiben die übrigen Städte bzw. Gemeinden der jeweiligenLandkreise,alsoelfübrigebzw.sonstigeRegionen.
DiemeistenderhierverwendetenamtlichenDatenwurdenvomStatistikamtNordalsGemeindedaten zurVerfügung gestellt.Die ZahlenderHaushalte liegen jedochnuraufKreisebenevorundwurdendahervonempiricamitHilfedesZensusaufdieGemeindeebeneheruntergerechnet.78
2. CBRE‐empirica‐Leerstandindex–Methodik
DermarktaktiveLeerstandwirdjeweilsunabhängigvonderDauerdesLeerstandeszum Stichtag 31.12. dargestellt (seit 2009; davor Jahresmittelwerte). Er wird nurausgewiesen für Geschosswohnungen. Dermarktaktive Leerstand umfasst leerstehendeWohnungen, die unmittelbar disponibel sind, sowie leer stehendeWoh‐nungen,dieaufgrundvonMängelnnichtunmittelbarzurVermietunganstehen,abergegebenenfallsmittelfristigaktivierbarwären(<6Monate).
ImUnterschieddazuumfasstdertotaleLeerstanddengesamtenLeerstand.Dazuzählt der gesamte marktaktive Leerstand, aber auch Ruinen und dysfunktionalerLeerstand(nichtkurzfristigaktivierbar;>6Monate).Deswegenfallendiealsmarkt‐aktiver Leerstand ermittelten Leerstandquoten geringer aus als der totale Leer‐stand.
Basis der Berechnungen sind Bewirtschaftungsdaten von CBRE (für mehr als800.000 Wohneinheiten). Diese werden angereichert durch Regressionsschätzun‐gen sowie Expertenwissen. Die resultierenden Leerstandquoten werden am Ge‐samtbestandallerGeschosswohnungenhochgerechnet.CBREbewertetvorallemdiegroßen Bestandshalter. Diese haben in ihrem Portfolio tendenziell eher durch‐schnittliche bis unterdurchschnittliche Qualitäten und weisen dementsprechendauch eher höhere Leerstände als der Gesamtmarkt auf. Außerdem ist die CBRE‐Stichprobe nicht groß genug, um regional flächendeckende Aussagen treffen zukönnen.
DeswegenwerdendieErgebnisseausdenCBRE‐Datenangereichertmitgeschätztenmarktaktiven Leerständen. Basis dieser Schätzungen sind RegressionsergebnissezumZusammenhangzwischentotalemundmarktaktivemLeerstandaufBasishisto‐rischer Zeitreihen (Zensus‐Leerstand, empirica‐Leerstandsindex und verschiedeneweitere regionaleWohnungsmarktinformationen).Bei großenVarianzen zwischenCBRE‐Quoten, geschätzten Quoten und historischen Zeitreihen des empirica‐Leerstandsindex(2005‐09)fließtzudemdasExpertenwissenvonCBREundempiri‐caindieSchätzwertedesmarktaktivenLeerstandesmitein.
UnterderAnnahme,dassdie sogeschätztenLeerstandsquotendiewahrenMarkt‐verhältnissewiderspiegeln,kanndieabsoluteGesamtzahlallermarktaktivleerste‐henden Geschosswohnungen in Deutschland durch Hochrechnung am Gesamtbe‐standermitteltwerden.
Die Zahl der Haushaltewirdmithilfe altersspezifischer Haushaltsvorstandsquotenauf Basis der Bevölkerungsprognose berechnet. Haushaltsvorstandsquoten liegenfürdreiRegionaltypenvor:Stadtstaaten,GroßstädteundKleinstädte,undsindun‐terschiedennachHaushaltsvorstandsquotenfürHaushaltemiteinoderzweiPerso‐nen einerseits sowie fürHaushaltemit drei undmehr Personen andererseits. DieHaushaltsvorstandsquotenwerdenfürjedeRegionsokalibriert,dassfürdasBasis‐jahr2014dieGesamtzahlderHaushaltemiteiner/zweibzw.dreiundmehrPerso‐nendertatsächlichenAnzahl2014entspricht.DerresultierendeKalibrierungsfaktorwirdfürdiePrognosejahrekonstantgehalten.
DiekünftigenHaushaltsvorstandsquotenwerdenanhanddergeburtskohortenspezi‐fischenQuotenderJahre1996bis2013fürFünf‐Jahres‐Altersklassenfortgeschrie‐ben (vgl.Abbildung36).Typischerweise steigendieHaushaltsvorstandsquoten imLebenszyklusan:BiszumAltervonetwa30JahrensteigensiefürjedeKohortevon0%aufgut60‐80%an(AuszugausdemElternhaus),bleibendannbisetwa65Jah‐renaufdiesemNiveauinetwastabil(Paar‐undFamilienphase),umdannab65Jah‐re weiter auf bis zu 90% anzusteigen (mehr Alleinlebende wegen Tod des Ehe‐/Lebenspartners).
haltsbildungsverhalten:Beiden35‐bis65‐Jährigen liegtderAnteilderHaushalts‐vorstände inzwischen deutlich höher als noch vor zehn Jahren, d.h. die Personenleben seltener in Paarbeziehungen. Dieses Phänomen ist in allen Regionaltypennachzuweisen und lässt dieWohnungsnachfrage unter sonst gleichen Umständenansteigen.
Beidenüber65‐JährigenliegtdieHaushaltsvorstandsquoteimLaufederZeitdage‐gen immer niedriger. Dieswird verursacht durch die steigende Lebenserwartung.DadurchlebenältereMenschenlängerinZweipersonenhaushaltenunderstspäter–nachdemToddesLebenspartners–alleine.InderPrognosewerdendieseVerände‐rungen fortgeschrieben. Dadurch sinkt die mittlere Haushaltsgröße im Laufe derZeit.
3.3 MethodischeErläuterungenzurWohnungsprognose
DiePrognosederkünftigenWohnungsnachfragebasiertzunächstaufeinerregiona‐len Bevölkerungsprognose. Darauf aufbauendwird in sechs Schritten die künftigeWohnungsnachfrage berechnet und daraus eine Neubauprognose abgeleitet. DieentsprechendenAnnahmenundVorgehensweisenwerdenimFolgendenerläutert.
EineUmsetzungderBevölkerungsprognoseineineHaushaltsprognosereichtnichtaus,umdieNachfragenachWohnungenzuprognostizieren.DennnichtjederHaus‐haltwohntindereigenenWohnungundnichtjederHaushaltbesitztnureineWoh‐nung.DeswegenwirddieZahlderHaushalteaufdieZahlderbewohntenWohnun‐genkalibriertundsodefactoumUntermiet‐undZweitwohnungsquotenbereinigt.DiesokorrigiertenHaushaltszahlennennenwir imFolgendenwohnungsnachfra‐gendeHaushalte.FürdasJahr2014,demBasisjahrderhiervorgestelltenPrognose,wird die Zahl der wohnungsnachfragenden Haushalte aus den für 2014 fortge‐schriebenenErgebnissendesZensus2011übernommen.
DieZunahmederZahlwohnungsnachfragenderHaushaltebeschreibtdanndieZu‐satznachfrage nach Wohnungen, verursacht durch Veränderungen der Einwoh‐nerzahlen,derHaushaltsgrößenundderAltersverteilungderHaushalte;dieseEffekteresultierendirektausderPrognosederEinwohnerbzw.derHaushalte.Ten‐denziell fragenmehrEinwohnermehrWohnungennach,fragengrößereHaushalteeherEin‐/ZweifamilienhäusernachundsindältereHaushalteeherkleineHaushalte,wobeikleineHaushaltewiederumeherGeschosswohnungennachfragen.
Weiterhin kann die zusätzlicheWohnungsnachfrage größer sein als die ZunahmederZahlwohnungsnachfragenderHaushalte.DieserklärtsichdurchsteigendeEin‐/Zweifamilienhausquoten: Wenn mehr Haushalte als bisher in Ein‐/Zweifamilienhäusern wohnen, dann ergibt sich selbst bei konstanter Zahl woh‐
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empirica
nungsnachfragenderHaushalteeinezusätzlicheWohnungsnachfrage(undzusätzli‐cher Leerstand in Geschosswohnungen). Unter „Ein‐/Zweifamilienhäuser“ verste‐henwirauch„einfamilienhausähnliche“Gebäude.Damitsindkleine,überschaubareGebäudemitmaximal sechsWohneinheiten gemeint, die private Rückzugsflächenhabenundmöglichst ebenerdigen Zugang zu begrüntenAußenflächenbieten (z.B.„Stadtvilla“).79 Geschosswohnungen erfüllen diese Anforderungenmeist nur unzu‐reichend. Je einfamilienhausähnlicher das Gebäude ausfällt, desto höher ist auchdessenAffinitätfürSelbstnutzer.
In der vorliegenden Prognose gibt es zwei Ursachen für eine steigende Ein‐/Zweifamilienhausquote. Einmal einen Kohorteneffekt und zum anderen einenAngebotseffekt.DerKohorteneffektbeschreibtdasNachrückenvonRentnergene‐rationen,dieöfterals ihreVorgängerimEin‐/Zweifamilienhauswohnen.Betroffensind also ältere Rentnerhaushalte. Dieser Effekt kann seit Jahrzehnten empirischbeobachtetwerdenund folgtstabilenMusternaus langjährigenAuswertungenderEinkommens‐undVerbrauchsstichproben(darausergibtsichalsErgebnisu.a.,dassdieQuotennachdem50.Lebensjahrkaumnochsteigen). ImUnterschieddazube‐schreibt der Angebotseffekt einen exogenen Anstieg der Ein‐/Zweifamilienhausquote, der alle Altersklassen betrifft. Dieser Anstieg kann miteinerverbessertenAngebotspolitikbegründetwerden,wennsichdieseindenempi‐rischen Daten, die denModellparametern zugrunde liegen, noch nicht vollständigniedergeschlagen hat. In der vorliegenden Prognosewerden jedoch keine solchenAngebotseffekte unterstellt. Stattdessen werden die Angebotsbedingungen für Ei‐genheime „nur“alsneutral angenommen,weil v.a. InnenentwicklungundRevitali‐sierungvonLeerständenbetriebenwerdensollte–dennandernfallsführtdieüber‐durchschnittlichsteigendeEinfamilienhausquoteimNeubaubereichzueinemüber‐bordendenLeerstandimGeschosswohnungssegment.
Bei regionalisiertenWohnungsnachfrageprognosengibt es eineweitereQuelleda‐für, dass die zusätzlicheWohnungsnachfrage größer ist als die Zunahme der Zahlwohnungsnachfragender Haushalte. Wenn beispielsweise die Nachfrage in Land‐kreisAdurchWegzug sinkt, aber in LandkreisB durchZuwanderung steigt, dannwäre – konstanter Leerstand unterstellt –Wohnungsneubau erforderlich, obwohldie Gesamtzahl wohnungsnachfragender Haushalte landesweit unter Umständenkonstantbliebe.WürdenureinelandesweitePrognoseerstellt,könntedieserregi‐onaleMismatchnichtbestimmtwerden.DerMangelineinerundderÜberschussineineranderenRegionwürdensaldiert.ErstdurchBerücksichtigungsolcherregiona‐lerDiskrepanzenwirddieserFehlervermieden.
DieserEffektwirdimModellnichtexplizitmodelliert,sondernfolgtdirektausderEntwicklungderregionalenWohnungsnachfrage,die imModellermitteltwird.Da‐bei führt nicht jede Abwanderung per se zu einem regionalenMismatch, sondernnurdann,wenninfolgederAbwanderungauchdieregionaleNachfragesinkt.DiesesAbsinkenkannz.B.durcheinenpositivenGeburtenüberschussoderdurchsinkendeHaushaltsgrößenunterbleiben.
d)ZusätzlicherNeubaubedarfdurchErsatzbedarf
Wohngebäude haben keine unendlich lange Nutzungsdauer. Wird beispielsweiseeineNutzungsdauervon100Jahrenunterstellt,dannmüssteeinGebäudenach100Jahren abgerissen und neu gebaut werden. Würde sich der Wohnungsbestandgleichmäßig auf alle Baualtersklassen verteilen, müsste demnach jedes Jahr einHundertsteldesGesamtbestandesersetztwerden,dieErsatzquotelägebei1%jähr‐lich.TatsächlichgibtesGebäude,dieälterals100Jahresindundweiterhingenutztwerden.AußerdemverteiltsichderGebäudebestandnichtgleichmäßigaufalleBau‐altersklassen,durchdenNeubauboomnachdemzweitenWeltkrieggibtesanteiligmehrneuereGebäude.DeswegenwirdimAllgemeinendavonausgegangen,dassdieErsatzquoteunterhalbvon1%liegt,meistwerdenWertezwischen0,1%und0,3%jährlich unterstellt. Da diese Größenordnung normativ festgelegt und nicht ausMarktbeobachtungenabgeleitetwird,bezeichnenwirdiesenEffektalsErsatzbedarf(undnichtalsErsatznachfrage)unddieSummederEffekteausa)bisd)alsNeubau‐bedarf(undnichtalsNeubaunachfrage).
Seit einiger Zeitwird zudem diskutiert, dass viele Gebäude vor allem der 1950erund60erJahrenichtmehrdenheutigenStandardsentsprechenundModernisierun‐gen(z.B.energetischeSanierung)meistteurerkommenalsAbrissundNeubau.DieswürdefüreinehöhereErsatzquotesprechen.UnbeantwortetbleibtdabeijedochdieFragederFinanzierungeinerentsprechendhohenErsatzquote.ImRahmendervor‐liegenden Studie bleibenwir daher zunächst bei einer jährlichen Ersatzquote von0,1% für Eigenheime und 0,3% für Geschosswohnungen zur Berechnung des Er‐satzbedarfs.ZurWahrungeinerausreichendenTransparenzwirdjedochdieHöhedesErsatzbedarfszumindestlandesweitseparataufgeführt.Solassensichproblem‐los Rückschlüsse auf einen alternativen Neubaubedarf ziehen, wenn eine abwei‐chendeErsatzquoteunterstelltwird.DarüberhinausberechnenwirindieserStudiezusätzlicheineAlternativezumErsatzbedarf:DiequalitativeZusatznachfrage(vgl.Punkte).
TrotzhoherundweiterwachsenderLeerständegibtes sogar indemographischenSchrumpfungsregionen80 immer noch beachtliche Fertigstellungen.Die LeerständekonzentrierensichmeistaufwenigattraktiveStandorteundBauformen.DenNeu‐bau fragen eher wohlhabende Haushalte mit hohen Ansprüchen nach, die im Be‐
80 RegionenmitsinkenderEinwohnerzahl.
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standkeine fürsieadäquatenWohnungen finden.DieklassischeWohnungsmarkt‐prognosekanndiesesPhänomennichtbefriedigenderklären. Siebasiert auf einernormativen Methodik, die einen bestimmten Grad der Wohnungsversorgung an‐strebt. Die Abweichung des Wohnungsbestandes von diesem Bedarf ergibt denquantitativen Zusatzbedarf. Hinzu kommt ein Ersatzbedarf. Dieser ergibt sich ausderVorstellung,dassWohnungeneinemphysisch‐technischenVerschleißunterlie‐gen.DessenAusmaßwird–ohneempirischeAbleitung–ebenfallsnormativfestge‐legt(Größenordnungi.d.R.0,1%bis0,5%desBestandes).
DieklassischePrognoseberechnetalsonureinenBedarfundkeineNachfrage.Nichtjeder Bedarfmuss jedoch notwendig erfülltwerden; konkretmuss z.B. nicht jedephysisch‐technisch verschlisseneWohnungneu gebautwerden.DenndieNeubau‐nachfrage ist entweder amMarkt gar nicht vorhanden, weil die Nachfrager nichtausreichendKaufkraftfürNeubauhaben.OderdieNeubaunachfrageentstehtschonvordemVerschleiß,weildieNachfragerihrePräferenzengeänderthaben(z.B.grö‐ßere Wohnungen, kleinere Gebäude, bessere Ausstattung, höherer Energiestan‐dard). In dieser Studiewird daher eine von empirica entwickelteMethodik ange‐wandt und eine „qualitative Zusatznachfrage“ geschätzt. Dabei steigt die Neubau‐nachfragegenaudannüberdasdemographischbedingteMaßhinaus(Effekteabisc), wenn die Qualität desWohnungsbestands nicht mehr den Anforderungen derNachfragerentspricht.DiesistderFall,sobaldWohnungssuchendeimvorhandenenBestandnichtmehrdieQualitätvorfinden,dieihrenAnsprüchenentspricht.DadieParameterderqualitativenZusatznachfragenichtnormativ festgelegt,sondernausMarktbeobachtungenabgeleitetwerden,bezeichnenwirdiesenEffektalsNachfrage(undnichtalsBedarf)sowiedieSummederEffekteausa)bisc)unde)alsNeubau‐nachfrage(undnichtalsNeubaubedarf).DiegenaueMethodikistimnachfolgendenAbschnittD3.4beschrieben.
ZusätzlicherWohnungsbedarfbzw.zusätzlicheWohnungsnachfragekannaufzwei‐erleiWeisebefriedigtwerden:EntwederwerdenbislangleerstehendeWohnungenbelegt oder neueWohnungen gebaut.81 Der erforderliche Neubau kann deswegenimmernuruntereinerentsprechendenVerhaltensannahmeprognostiziertwerden.ImFolgendenwirdunterstellt,dassdergesamteZusatzbedarf/diegesamteZusatz‐nachfrageimNeubaubefriedigtwird,derabsoluteLeerstandalsonichtsinkt.Dersoprognostizierte erforderlicheWohnungsneubau stellt deswegen eineObergrenzedar.InwieweitdieseObergrenzeinderPraxiserreichtwird,hängtvonderregiona‐len Qualität (Lage, Ausstattung, Größe etc.) bzw. Sanierungsfähigkeit der leer ste‐hendenWohnungen inRelationzurQualitätpotentiellerNeubauwohnungen(Ren‐tabilitätderSanierung)unddemSanierungsverhaltenderEigentümerab.
Gab es also mehr Fertigstellungen von Wohnungen als zusätzliche wohnungs‐nachfragende Haushalte im selben Zeitraum, dann erklären wir die DifferenzdurcheinezusätzlicheNachfrage,diewirqualitativeZusatznachfragenennen.
Nunkannesabersein,dasssichimbetrachtetenZeitraumkeinGleichgewichtzwi‐schenAngebotundNachfrageeingestellthat.D.h.eswurdenentwederaufgrundvonVerzögerungen in der Angebotsausweitung (fehlende Baulandreserven, Genehmi‐gungsstauetc.)zuwenigeWohnungen fertiggestelltoder infolgevonFehleinschät‐zungenderMarktteilnehmendenzuvieleWohnungenfertiggestellt.InbeidenFällenwürde dann nicht die qualitative Zusatznachfrage gemessen werden. Außerdemwürde im ersten Falle rein rechnerisch eine negative qualitative Zusatznachfrageermitteltwerden.UmdiesenMessfehler auszuschließen,müssen eventuelleNach‐frage‐ respektive Angebotsüberhänge Berücksichtigung finden. Dies kann indirektz.B.überdieMessungvonPreiseffektengewährleistetwerden.BeiNachfrageüber‐hängen müssten die Preise hoch/gestiegen sein, bei Angebotsüberhängen nied‐rig/gesunken sein.Deswegenwird inder Formel inKasten3 zusätzlich derTerm„weitereregionaleFaktoren“addiert,deru.a.auchPreiseffekteberücksichtigt.
81 Als Alternative zum Neubau kommt auch die Schaffung von neuen Wohnungen in bestehenden Gebäuden
MitRegressionsmodellenkönnenZusammenhängezwischeneinerabhängigenVari‐ablen (hier: diequalitativeZusatznachfrage)undmehrerenerklärendenVariablen(z.B.Einkommen)quantifiziertwerden.FürjedeerklärendeVariablewirdgeschätzt,obsieinderVergangenheiteinenpositivenodernegativenoderkeinenEinflussaufdie qualitative Zusatznachfrage hatte und wie groß dieser Einfluss war. DieseSchätzkoeffizientenausderVergangenheitkönnendannunterbestimmtenAnnah‐menauchfürPrognosenderqualitativenZusatznachfrageinderZukunfteingesetztwerden.Dazuwirdangenommen,dassdieZusammenhänge–alsodieSchätzkoeffi‐zienten–künftigunverändertbleiben.Vorausgesetzt,esgibtPrognosendererklä‐rendenVariablen (z.B. Prognose des Einkommens) kann dann zusammenmit denSchätzkoeffizientenaucheineregionalisiertePrognosederqualitativenZusatznach‐frageberechnetwerden.
Regressionsanalysen ermöglichen die regionale Betrachtung empirischer Zusammenhänge in ihrenWechselwirkungen. Die Berücksichtigung und Ausweisung von abhängigen Variablen einerseits underklärendenEinflussfaktoren andererseits ermöglicht eine objektivierteBetrachtung – in der vorlie‐genden Untersuchung eine regional‐ und zeitraumspezifische Abschätzung der qualitativen Zusatz‐nachfrage.DabeiwerdenregionaleUnterschiededesHaushalts‐oderBevölkerungszuwachsesebensoberücksichtigtwiedieregionalenUnterschiedederWohnungsmärkte(z.B.MietniveauimNeubauundimBestand,EinflussderNeubautätigkeitinderVergangenheitusw.).
Regressionsmodelle haben aber auch Grenzen. Sie sind in hohemMaße von derDatenverfügbarkeitundDatenqualität abhängig. DasModell kann nur so exakt sein,wie dieDatengrundlage, auf der esspezifiziertwurde.Weitere SchwierigkeitenbereitenTime‐lags, die geradeamWohnungsmarkt einebesonders große Rolle spielen.82 Sie haben zur Folge, dass z.B. der empirische Zusammenhang zwi‐schenHaushaltswachstumundBaufertigstellungensichnichtunbedingtindengleichenBetrachtungs‐zeiträumenniederschlägt.
Die im Regressionsmodell ermittelten statistischen Zusammenhänge lassen sich auch nicht (immer)kausalimSinneeinerUrsache‐Wirkungs‐Beziehunginterpretieren.Einnachweislichhohermathema‐tisch‐statistischer Zusammenhang stellt noch keine inhaltliche Ursache‐Wirkungs‐Erklärung dar. Diegefundenen Faktoren können u.U. auch „stellvertretende“ Indikatoren für bestimmteMerkmale sein(z.B. niedrige Bestandsmieten als Indikator für unattraktiveWohnungsbestände oder hohe Neubau‐mietenals Indikator fürKnappheiten imSegmentqualitativhochwertigerWohnungen).TrotzdieserEinschränkungen darf vermutet werden, dass die gleichen Bestimmungsfaktoren (z.B. niedrige Be‐
82 So liegt z.B. zwischen demWunsch und der Realisierung, eine Neubauwohnung zu beziehen, eine zeitliche
standsmieten) auch in der Zukunft auffallend häufigmit hoher qualitativer Zusatznachfrage zusam‐mentreffen.83
Auchwenndas Prognosemodell auf Grundlage derRegressionsanalyse nur eine Schätzung darstellt,basiertdiesejedochaufeinerumfangreichenempirischenAnalyseundistdaherbesseralsjedenorma‐tiveSetzung(z.B.0,1%oder0,3%p.a.Ersatzbedarf,pauschalinallenRegionen).UnsereAnalysekannalsokeineexaktenWirkungszusammenhängeerklären,ihreLeistungliegtabersehrwohldarin,einenempirischen Nachweis der Wirkungsrichtung verschiedener Einflussfaktoren und ihrer Größenord‐nungenaufzuzeigen.
WelcheerklärendenVariablenwerdenberücksichtigt?
AlsqualitativeZusatznachfragewirdjenerTeilderBaufertigstellungendefiniert,dersichnichtalleinaufderGrundlagequantitativer,demographischbedingterZusatz‐nachfrageerklärenlässt.DaMärkteimmerzueinemGleichgewichttendieren,lässtsich dieDiskrepanz zwischen demographisch erklärbaremNeubau und Fertigstel‐lungeninnerhalbeinerRegiondurchAngebotsmängelimBestand,PräferenzenderNachfrager und Preiseffekte erklären. Als Indikatoren für Angebotsmängel, Präfe‐renzen und Preise wurden verschiedene verfügbare Variablen herangezogen.Schätzgrundlagebietet derZeitraum2005bis2014.Die großeZeitspanne ermög‐licht es, auch Effekte mit Time‐lag ausreichend zu erfassen. Folgende Variablenwurdenberücksichtigt:
MittelwertderverfügbarenHaushaltseinkommen,
Haushalts‐/Bevölkerungszuwachs,
Geschosswohnungsanteil,
EinfamilienhausquoteanallenFertigstellungen,
VerteilungderWohnungennachBaualtersklassen,
inserierte Angebotspreise für Eigenheime (hedonische Preise für 100‐150qm), Geschosswohnungen (hedonische Preise für 60‐80qm) sowie fürMietwohnungen (hedonische Preise für 60‐80qm) jeweils getrennt für Be‐stands‐undNeubauangebote.
ZieljederRegressionsschätzungistes,miteinermöglichstkleinenAnzahlanerklä‐rendenVariableneinenmöglichst großenAnteil anderbeobachtetenVariation zuerklären. Dieses Ziel wird mit einem zweistufigen Modellansatz erreicht. DiesesSchätzmodelluntersuchtdazuaufdererstenStufe,mitwelcherWahrscheinlichkeiteine qualitative Zusatznachfrage im jeweiligen Kreis überhaupt existiert. In derzweitenStufewirdgeschätzt,wiehochdieseZusatznachfrageist,fallseineexistiert.Diese Stufeberücksichtigt nurKreisemit positiverZusatznachfrage imSchätzzeit‐raum.84DieSchätzergebnissefürdieKoeffizientendererklärendenVariablensindinTabelle30aufgelistet.
erste Stufe: KoeffizientWahrscheinlichkeit für "qualitative Zusatznachfrage > 0"
Konstante 0,003relative Veränderung der Anzahl Haushalte (5 Jahre) -0,112
zweite Stufe:Höhe der qualitativen Zusatznachfrage* (falls > 0)Konstante 0,014Anteil Gebäude mit Baujahr 1971-80 0,065relative Veränderung der Einwohnerzahl (5 Jahre) -0,442
EinepositivequalitativeZusatznachfrageistumsowahrscheinlicher,jestär‐kerdieZahlderHaushalteindenletztenfünfJahrengesunkenist. Interpretation:JewenigereineRegionwächst(wenigerzusätzlicheHaushal‐te), destowenigerwirdneu gebaut unddesto eher fehlendieWohnungenneuererbzw.höhererQualität.
Die qualitative Zusatznachfrage (in Regionenmit positiver qualitativer Zu‐satznachfrage)istumsogrößer,jemehrGebäudeanteiligimZeitraum1971bis1980errichtetwurden. Interpretation:Wohnungender1970erJahreweiseneinegeringereQualitätaufalsandereBaujahrgänge.JemehrWohnungenineinerRegionausdieserZeitstammen,destoeherfehlendiebesserenQualitäten.
Die qualitative Zusatznachfrage (in Regionenmit positiver qualitativer Zu‐satznachfrage)istumsogrößer,jestärkerdieEinwohnerzahlindenletztenfünfJahrengesunkenist. Interpretation:JewenigereineRegionwächst(wenigerzusätzlicheEinwoh‐ner),destowenigerwirdneugebautunddestomehrfehlendieWohnungenmitneuererbzw.höhererQualität.
ZurPrognoseder zukünftigenqualitativenZusatznachfragewerdenPrognosen fürdie erklärenden Variablenmit den Koeffizienten aus demRegressionsmodell (vgl.Tabelle30)verrechnet.PrognosenbeziehensichaufdieZeiträumeT1(2015‐2019),T2(2020‐2024),T3(2025‐2029),T4(2030).DieintegriertenVariablenwurdenwiefolgterhoben:
*=Eswird darauf hingewiesen, dass das Investitionsvolumenmehrfach erfasstwird.Wenn z. B einKundefüreinVorhabenmehrereAnträgestellt,wirddasgesamteInvestitionsvolumendesVorhabensfürjedengestelltenAntraghinterlegt.
LautErschwinglichkeits‐Ansatz fehlen inSachsen‐AnhaltnachdenRegelungendesWoFG derzeitmindestens 65 Tsd. preisgünstigeWohnungen (i). Bei Berücksichti‐gungderAnpassungendurchVerordnungenaufniedrigere„zumutbare“Mietbelas‐tungsschwellensteigtdieseZahlmindestensauf97Tsd.preisgünstigeWohnungen(ii)bzw.auf131Tsd.preisgünstigeWohnungen(iii).
(i) Variante mit maximalen Mietbelastungsquoten nach WoFG (untereVariante)
Betroffen von „unzumutbar“ hohen Belastungen sind vor allem Einpersonenhaus‐halte (45Tsd.),kinderlosePaare(10Tsd.)sowieAlleinerziehendemiteinemKind(10Tsd.).DieseanspruchsberechtigtenHaushaltehabentrotzangemessenerWoh‐nungsgrößeeine„unzumutbar“hoheMitbelastungzutragen.ZudenanderenHaus‐haltstypenkönnenwegenzugeringerFallzahlenkeineAussagengetroffenwerden(vgl.Tabelle43).
Mindestens257Tsd.dieserHaushaltewiederumhabeneine „unzumutbar“hoheMietbelastung Dies betrifft 41% der Einpersonenhaushalte, 29% der Zweipersonenhaus‐halte (ohne Kinder), 67% (55%) der Alleinerziehenden mit einem (zwei)Kind(ern)und27%derPaaremiteinemKindbzw.40%derPaaremitzweiKindern.ZudemanderenHaushaltstypkönnenaufgrunddergeringenFall‐zahlenimMikrozensuskeineAussagengetroffenwerden.
schaften mit einem Kind122 46 38% 22 48% 22% 6 27% / ‐
Paare/Lebensgemein‐
schaften mit zwei Kindern65 24 37% 15 63% 21% 6 40% / ‐
Paare/Lebensgemein‐
schaften mit drei Kindern11 5 45% / ‐ 20% / ‐ / ‐
Summe obige HH‐Typen 1.123 658 59% 438 67%
Alle Haushalte 1.141 666 58%
HaushaltstypHH
davon
davon
Ergebnis
geringverdie‐
nende Mieter
mit "unzumut‐
barer" Mietbe‐
lastung trotz
angemessener
Wohnungsgröße
Mieter‐
haushaltemit geringen
Einkommen*
mit
einer
Mietbe‐
las tung
über
mit einer
unzumutbaren
Mietbelastung**
Flächenkonsum
oberhalb der
max WE
WohnungsmarktberichtSachsen‐Anhalt2018 162
empirica
Allerdingsüberschreitenmindestens93Tsd.Haushalteeine„angemessene“Wohnungsgrößeundbleibendaherunberücksichtigt. Z.B. mehr als die Hälfte der Einpersonenhaushalte (58%) und 60% derZweipersonenhaushalteüberschreitendie inderWohnraumförderung fest‐gelegtenWohnflächenobergrenzen.Selbst55%dieAlleinerziehendenlebenimSinnederWohnraumförderunginzugroßenWohnungen.
Im Ergebnis fehlen in Sachsen‐Anhalt mindestens 65 Tsd. preisgünstigeWohnungen. Z.B. rund45Tsd.Einpersonenhaushalteund jeweils zehntausendZweiper‐sonenhaushalteundAlleinerziehendemitgeringenEinkommenhabentrotzangemessenerWohnungsgröße eine „unzumutbar“ hoheMietbelastung. ZuvielenHaushaltstypenkönnenwegenzugeringerFallzahlenkeineAussagengetroffenwerden.
(ii) VariantemitmaximalenMietbelastungsquotennachVerordnungüberdieEinkommensgrenzenbeider sozialenWohnraumförderung (mitt‐lereVariante)
Die Auswertung des Statischen Bundeamtesmit einer um 20% höheren Einkom‐mensgrenzestütztsichbeideneinzelnenHaushaltstypenaufetwasgrößereFallzah‐len. Betroffen von „unzumutbar“ hohen Belastungen sind vor allem Einpersonen‐haushalte (68Tsd.), kinderlose Paare (16Tsd.) sowieAlleinerziehendemit einemKind (13Tsd.).Diese anspruchsberechtigtenHaushalte haben trotz angemessenerWohnungsgrößeeine„unzumutbar“hoheMitbelastungzutragen.
AnalogzurBerechnungaufBasisderMietbelastungsquotennachWoFG(vgl.Tabelle43)bestehtaberauchhier,trotzhöhererFallzahlen,weiterdasProblem,dasszuderMehrheit der Haushaltstypen keine Aussage getroffen werden kann (vgl. Tabelle44).
(iii) VariantemitmaximalenMietbelastungsquoten nach Verordnung zurÄnderungderVerordnungüberdieEinkommensgrenzenbeidersozia‐lenWohnraumförderung(obereVariante)
Ebenfalls führtdieErhöhungderEinkommensgrenzenumrd.40%zunochgröße‐renFallzahlen.Betroffenvon„unzumutbar“hohenBelastungensindsomitvorallemEinpersonenhaushalte(85Tsd.),kinderlosePaare(24Tsd.)sowieAlleinerziehendemiteinemKind(14Tsd.)undPaarebzw.LebensgemeinschaftenmiteinemKind(8Tsd.). Diese anspruchsberechtigten Haushalte haben trotz angemessener Woh‐nungsgrößeeine„unzumutbar“hoheMitbelastungzutragen.ObwohlsichdieFall‐zahlendeutlicherhöhthaben,bestehtweiterdasProblem,dasszuAlleinerziehen‐denmit zwei Kindern, Paaren und Lebensgemeinschaftenmit drei Kindern keineAussagengetroffenwerdenkönnen(vgl.Tabelle45).