Wie kommt das Essen auf den Tisch? ? Neues über die Geschlechterordnung am Herd Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
Wie kommt das Essen auf den Tisch?
? Neues über die Geschlechterordnung am Herd
Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
Bilder unter: abendbrotforschung.net
Wie kommt das Essen auf den Tisch?
Pla
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n Kochen
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g Bedürfnisse berücksichtigen
Reste verstauen und verwerten Gemüse putzen
Sp
üle
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Kühlschrank putzen
Küche aufräumen
Tisch decken
Ein
ka
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n Backen
Spülmaschine ausräumen
Rezepte lesen G
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Kü
che
ein
richte
n
Kartoffeln schälen
Brotdosen füllen
Versorgung koordinieren und planen
Verantwortung für Ernährungsversorgung
Tisch abräumen
Kräuter ziehen
Gri
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Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
→ Keine profane, banale Tätigkeit!
• an 365 Tagen im Jahr
• in der Regel mehrmals täglich
• für mehrere Personen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Alltagsstrukturen
• folgt bestimmten Normen und Regeln
Ernährungsversorgung im Haushalt
Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
Arbeitsteilung von Paaren bei der Haushaltsführung (in Stunden:Minuten je Tag 2001/2002)
Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
Wer macht das Essen?
immer ich/ meistens ich zusammen
77% 6%
21% 30%
Allmendinger/Haarbrücker 2013
Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
(junge, zusammen lebende Paare)
Alltagsmahlzeiten früher…
… und heute??
(Bilder von Küchen- und Mahlzeitensituationen 1960er Jahre und aktuell)
1950 1970 1990 2010
Bilder entlang des Zeitstrahls, um die zentralen/ neuen Themen beim Essen abzubilden: • Hausfrau 1950er, • Platte mit Tomaten-Fliegenpilzen 1960er, • erste Fertiggerichte (Fischstäbchen, Knödel) 1960er/1970er, • Venussymbol (1970er) • radioaktiv verstrahlter Salat (1980er), • Diätprodukte (1980er), • Ernährungspyramide (1980er), • Sushi (1990er), • Mann am Herd (1990er/2000),
Essen als Genuss
Simplifizierung
Essen im Alltag
Diversifizierung
♀♂
♂♀
• Notwendigkeit
• Tägliche Versorgung
• Koordination und Organisation des Essens der Familienmitglieder
• Essen/ Kochen als Freizeitbeschäftigung
• Soziales Ereignis/ Inszenierung
Mahlzeiten - Alte Last oder neue Lust?
→ Mahlzeitenmuster verändern sich: Abendessen wird zur Familienmahlzeit
→ gemeinsames Essen ist nach wie vor von großer Bedeutung
→ Anforderungen steigen: Gesundheit, Nachhaltigkeit, Abwechslung
→ Ernährungsverantwortung ist nach wie vor in weiblicher Hand
Neue Erwartungen
(Bilder von einem Butterbrot und Obst sowie von Brotgesichtern und Obstspießen)
Aid-Ernährungspyramide: Ernährungsempfehlungen
Beworbene Produkte für Kinder
Dr. Angela Häußler 27. 06. 2014
(Bild von einer großen Auswahl an Kinderlebensmitteln)
Quelle: aid
Nestlé 2011
Essalltag in Familien – Ernährungsversorgung zwischen privatem und öffentlichem Raum
Wie organisieren Familien ihren Essalltag?
Bezahlte und unbezahlte Arbeit
• Präsenz von Frauen auf dem Arbeitsmarkt
gestiegen – etwa 60% der Frauen zwischen
15-64 Jahren sind erwerbstätig.
• Nach wie vor geschlechtstypische
Arbeitsteilungsmuster im Haushalt.
Organisation der alltäglichen Ernährungsversorgung
• Arbeitsteilung überwiegend als selbstverständlich erachtet
• Hohe Gesamtarbeitsbelastung
• Anspruchsvolle Koordinations- und Planungsarbeit: Verpflegungssettings
• Mahlzeiten von großer Bedeutung für Familien: „Doing Family“
• In Sozialisationsprozessen gelernte Rollenbilder
• Familienmahlzeit als Ort der Zuwendung und Fürsorge: Ausdruck von Mütterlichkeit und Weiblichkeit
• Gesellschaftliche Norm/ Ideal: Essen in der Familie
• Politische Rahmenbedingungen für den Hauptverdiener-Ernährerhaushalt
Warum sind Arbeitsteilungsmuster trotz gesellschaftlichen Wandels so fest verankert?
(Cartoons zum „Hausmann“)
Familienernährerinnen als Vorreiterinnen des Wandels einer neuen Arbeitsteilung?
Familienernährerinnen
• Gender-Pay-Gap besonders problematisch
• Entspricht nicht den Rollenvorstellungen und ursprünglichen Lebensplanung
• In der Regel nicht als langfristiges Modell gewünscht
• Fragile, schwierige Arrangements: Rollenkonflikte für Männer und Frauen
Situation der Familienernährerinnen-Haushalte
• Ernährungsversorgung ist auch gesellschaftliche Aufgabe: Rahmenbedingungen für private Versorgung schaffen
• Offene Geschlechtsidentitätskonzepte
• Wahrnehmung und Anerkennung unbezahlter Arbeit
Und in Zukunft?
Literatur
Allmendinger, J.; Haarbrücker, J. (2013): Lebensentwürfe heute. Wie junge Frauen und
Männer in Deutschland leben wollen. WZB-Discussion Paper P 2013-002. Im Internet unter: http://bibliothek.wzb.eu/pdf/2013/p13-002.pdf
Brehmer, W.; Klammer, U; Klenner, C.: (2010): Wenn Frauen das Geld verdienen – eine empirische Annäherung an das Phänomen der „Familienernährerin“. WSI-Diskussionspapier Nr. 170. Im Internet unter: http://www.familienernaehrerin.de/material/publikationen/wissenschaft/wenn-frauen-das-geld-verdienen.pdf
Bundesministerium für Famillie, Senioren, Frauen und Jugend; Statistisches Bundesamt (2003): Wo bleibt die Zeit? Die Zeitverwendung der Bevölkerung 2001/2002. Im Internet unter: http://www.familienernaehrerin.de/material/publikationen/wissenschaft/wenn-frauen-das-geld-verdienen.pdf
Häußler, A.; Meier-Gräwe, U. (2012): Arbeitsteilungsmuster bei der Ernährungsversorgung von Familien. Persistenz oder Wandel? In: Gender. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, Jg. 4, Heft 9-27:
Leonhäuser, U.; Meier-Gräwe, U. et al. (2009): Essalltag in Familien. Ernährungsversorgung zwischen öffentlichem und privaten Raum. Wiesbaden
Setzwein, Monika (2004): Ernährung - Körper – Geschlecht. Zur sozialen Konstruktion von Geschlecht im kulinarischen Kontext. Wiesbaden