Top Banner
Alexandra W. Busch und Alfred Schäfer (Hg.) Römische Weihealtäre im Kontext LIKIAS
20

Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

May 15, 2023

Download

Documents

Daniel Haas
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Alexandra W. Busch und Alfred Schäfer (Hg.)

Römische Weihealtäre im Kontext

LIKI

AS

Page 2: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Römische Weihealtäre im Kontext

Page 3: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)
Page 4: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Römische Weihealtäre im Kontext

LIKIAS

veranstaltet durchdas Römisch-Germanische Museum der Stadt Kölnund die Abteilung Rom des Deutschen Archäologischen Instituts

Internationale Tagung in Köln vom 3. bis zum 5. Dezember 2009„Weihealtäre in Tempeln und Heiligtümern“

herausgegeben von Alexandra W. Busch und Alfred Schäfer

Page 5: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Umschlag: Bildfeld eines Weihealtars oder einer Statuenbasis mit Opferszene; RGM Köln Inv. 670; Foto RBA Köln.

Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http: //dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-9817006-2-6

© 2014 Likias Verlag86316 Friedbergwww.likias.de

Redaktion: Alexandra W. Busch, Alfred SchäferSatz und Layout: Volker Babucke, Ursula Ibler

Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu)

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Gedruckt mit Unterstützung

des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen und der Archäologischen Gesellschaft Köln

Page 6: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Grußwort von Marcus Trier 9

Vorwort von Thomas Otten 10

Einführung von Alexandra W. Busch und Alfred Schäfer 13

Jörg Rüpke 19Rituelle Uniformität und individuelle Distinktion: Eine ritualtheoretische Perspektive auf Altarweihungen

John Scheid 27Opferaltar und Weihaltar in Rom und in Italien

Ulrike Egelhaaf-Gaiser 37Dicam Pistoris quid velit ara Iovis (Ov. fast. 6, 350): Historische und poetische Weihealtäre in Ovids Kalendergedicht

Günther Schörner 55Votivaltäre in Epidauros – ein antikes Zeichensystem zur Kategorisierung von Kultmonumenten

Christof Berns 67Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung

Markus Scholz 79Grabaltäre in den nördlichen Grenzprovinzen des Imperium Romanum

William Van Andringa 107Espaces du sacrifi ce dans les lieux de culte publics de Pompéi

Gabrielle Kremer 121Silvanus und die Quadriviae in der Zivilstadt Carnuntum – ein Heiligtum und seine Weihedenkmäler

Friederike Naumann-Steckner 137Weihealtäre im römischen Köln

Gerhard Bauchhenß 155Die Weihaltäre aus Bonn

Inhalt

Page 7: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Thierry Luginbühl 179Autels, sacella et aires d’offrande dans la Civitas Helvetiorum Essai de sériation, comparaisons intra- et transculturelles

Ton Derks 199Die Weihealtäre aus den Nehalennia-Heiligtümern und verwandte ländliche Tempelbezirke in Niedergermanien

Barbara Stark 221Das Heiligtum auf dem Yalak Başı in LykienBeobachtungen zum Phänomen der Massierung von Votivaltären in ländlichen Heiligtümern Kleinasiens

Thomas G. Schattner – José Suárez Otero – Michael Koch 249Weihaltäre im Heiligtum des deus lar Berobreus auf dem Monte do Facho (O Hío, Galicien)

Carmen Ciongradi 269Alburnus Maior und die Weihealtäre

Dirk Schmitz 281Weihebezirke an Wegekreuzungen? Inschriften zu den Wegegöttinnen und archäologischer Befund: das Fallbeispiel Nieder- und Obergermanien

Richard Neudecker 303Kult, Geld und Votive bei den Augustalen

Alexandra W. Busch 317Religiöse Orte und Weihungen des stadtrömischen Militärs

Oliver Stoll 335Genius, Minerva und Fortuna im Kontext. Gruppenbezogene Weihepraxis von Armeeangehörigen am Obergermanisch-Rätischen Limes

Rudolf Haensch 369Altäre von Armeeangehörigen aus Kleinasien

Jonathan C. N. Coulston 381The Maryport Roman altars revisited

Inhalt

Page 8: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Alfred Schäfer 397Weihealtäre in Statthaltersitzen und Benefi ziarierheiligtümern

Bernd Steidl 413Der Weihebezirk der Benefi ziarierstation von Obernburg am Main

Ute Verstegen 433Weihedenkmäler aus St. Gereon zu Köln – Spätantike Baustoffwiederverwertung als Ressourceneffi zienz oder symbolischer Traditionsbruch?

Page 9: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

67

Christof Berns

Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung

Weihealtäre stellten die ihrer Zahl nach umfang-reichste Gattung monumentaler Votivgaben in den römischen Heiligtümern auf der iberischen Halbinsel dar. Sie eignen sich in ihrer Summe als Fallbeispiel, wenn man die Frage nach den me-dialen Qualitäten solcher Denkmäler und ihrer konkreten Funktion als Trägern von Kommuni-kation in sakralen Kontexten stellt. Dabei werde ich aus praktischen Gründen die Quellenbasis meiner Untersuchung auf die Altäre aus einem Teilgebiet der Provinz Hispania Tarraconensis einschränken, den im äußeren Nordosten der Halbinsel gelegenen Conventus Tarraconensis. Auf seinem Territorium lag eine größere Anzahl früher römischer Gründungen, darunter die Ko-lonien Barcino (Barcelona) und Tarraco (Tarrago-na), aus denen ebenso wie aus dem Territorium von Saguntum (Sagunto) die meisten der insge-samt aus dem Conventus erhaltenen Altäre stam-men. Sie sind mit Abbildungen in den einschlä-gigen Corpora römischer Inschriften vorgelegt worden, und zwar von Geza Alföldy für Tarraco, von Georges Fabre, Marc Mayer und Isabel Rodà für die übrigen Orten Kataloniens, sowie schließ-lich in einem Faszikel des neu bearbeiteten CIL II für den südlichen, auf dem Gebiet der Comu-nidad Valenciana gelegenen Teil des Conventus1. Zudem hat sich Gustav Gamer in einer umfang-reichen Arbeit speziell mit der Monumentgat-tung der Grab- und Votivaltäre auf der iberischen Halbinsel befasst2. Da es ihm jedoch nicht um die Funktion der Denkmäler im Rahmen der Weihe-praxis, sondern um eine Formgeschichte ging, ist das Werk in diesem Zusammenhang vor allem als Materialsammlung mit ausgezeichneten Ab-bildungen von Wert. Insgesamt konnten für die vorliegende Untersuchung achtzig Monumente berücksichtigt werden, die zuverlässig durch ihre Formgebung als Altäre und durch ihre Inschrift oder den Fundkontext zugleich als Votive identifi -ziert sind. Zudem sind als Kontrollgruppe für sta-tistische Zwecke auch alle neunundfünfzig auf-grund der vorgenannten Kriterien als Weihungen bestimmbaren Statuenpostamente erfasst3.

Die Ausgangsfrage soll im Folgenden in drei Schritten verfolgt werden. Zunächst geht es um die Gestaltung der Altäre. Sie war in der Kaiser-

zeit durch ein spezifi sches Muster geprägt, des-sen kommunikative Funktion zu erschließen ist. Dann sollen mit einer statistischen Analyse auf der Basis der Inschriften die Verwendungskon-texte der Altäre genauer bestimmt werden. Da-runter ist hier sowohl ihr Standort verstanden, als auch die Handlungs- und Begründungszu-sammenhänge, in denen eine Weihung erfolgte. Schließlich seien anhand von drei Fallbeispielen noch die konkreten Aufstellungszusammenhän-ge und ihre möglichen Einfl üsse auf die Gestal-tung der Altäre geprüft.

Monumentale Votive in Altarform kamen in dem Untersuchungsgebiet wie auf der iberischen Halbinsel insgesamt erst seit der frühen Kaiser-zeit regelmäßig vor. In die republikanische Zeit scheinen dagegen nur wenige Beispiele zu ge-hören, während aus vorrömischen Heiligtümern entsprechende, durch ein spezifi sches Gestal-tungsschema eindeutig als Altäre zu erkennende Monumente unbekannt sind4. Die Weihealtäre in der hier behandelten Form sind also unzweifel-haft ein Element der Romanisierung5. Besonders deutlich wird das an einem frühen Beispiel, das in seinem ursprünglichen Aufstellungskontext

1 RIT; IRC I–V; CIL II2 14, 1. Die im CIL publizierten Denk-mäler sind dort nur teilweise abgebildet; vgl. aber die paral-lel erschienenen Publikationen von Josep Corell mit Abbil-dungen aller Stücke: Corell 1996; Corell 1997; Corell 2002–2005.

2 Gamer 1989. Auf der Grundlage von Gamers Publikation hat Boschung 1993, 543 eine Verteilungskarte zur Her-kunft der Altäre von der iberischen Halbinsel erstellt.

3 Die Materialbasis ist in meiner 2006 von der Philosophi-schen Fakultät der Christian Albrechts-Universität Kiel angenommenen Habilitationsschrift über „Die Heilig-tümer der Tarraconensis. Untersuchungen zur sakralen Landschaft eines römischen Conventus vom Beginn des 2. Jh. v. Chr. bis zum Ende des 5. Jh. n. Chr.“ ausführlicher dargelegt. Da diese Arbeit noch unpubliziert ist, sei für die Nachweise vorläufi g auf die listenartige Zusammenstellung am Ende des Beitrages verwiesen.

4 Vgl. die Zusammenstellung angeblicher Altäre aus iberi-schen Heiligtümern in der einschlägigen Arbeit von Mo-

neo 2003, 354–356, bei denen es sich um ganz heterogene Objekte handelt.

5 Mit dem Begriff sei hier lediglich der Akkulturationsvor-gang als solcher bezeichnet, unabhängig von seiner Quali-tät und insbesondere der Frage, inwieweit die Rezeptions-situation machtgestützt war.

Page 10: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Christof Berns

68

gefunden worden ist (Abb. 1). Es handelt sich um einen bescheidenen Altar mit hohem, schlankem Schaft sowie ausladenden Fuß- und Deckprofi len. Die Ara ist nicht weiter dekoriert und trägt auch keine Inschrift. Sie stand in einem Sacellum, das inmitten des indigenen oppidum auf dem Cabezo de Alcalá bei Azaila (Prov. Teruel), also außerhalb des Untersuchungsgebiets, errichtet und zusam-men mit der Siedlung in den siebziger Jahren des ersten Jahrhunderts v. Chr. während der sertori-anischen Kriege zerstört worden ist6. Das kleine Heiligtum entsprach in jeder Hinsicht römischen Mustern. Sein Grundriss folgte dem Typus des Antentempels. Die Cella war mit einem Fußbo-den aus opus signinum sowie einer Wanddekora-tion des ersten pompejanischen Stils ausgestattet. In der rückwärtigen Hälfte befand sich ein Podi-um mit zwei Porträtstatuen aus Bronze, unmittel-bar davor stand der Altar. Das Denkmal gehörte hier zu einem Ensemble, das nach der Anlage und der inneren Gliederung des Baus wohl nicht nur

auf der beschriebenen formalen Ebene, sondern auch hinsichtlich seiner Nutzung als Sakralraum durch einen römischen Habitus geprägt war.

Weitere Altäre aus entsprechenden, fest da-tierten Kontexten sind nicht überliefert, doch dürften ähnlich schlichte Denkmäler in der Regel aus der republikanischen Zeit stammen. Kenn-zeichnend ist wohl auch eine gewisse Heterogeni-tät der Gestaltungsweisen, die nur noch bei eini-gen augusteischen Exemplaren, danach aber nicht mehr zu beobachten ist7. Die in die frühe Kaiser-zeit datierbaren Altäre zeichneten sich vielmehr einheitlich durch eine neue, stärker den Monu-mentcharakter betonende Gestaltungsqualität aus. Sie wiesen trotz ihrer beträchtlichen Größe-nunterschiede und ungeachtet der Varianten im Detail stets einige übereinstimmende Merkmale auf (Abb. 2 u. 4). Dazu gehört ein niedriger, ge-genüber dem Schaft etwas verbreiterter Sockel, der die Standfestigkeit des Monumentes vermit-telte. Der Schaft selbst war quaderförmig und da-bei nur wenig höher als breit, so dass sich eine stärker blockhafte Gestalt als bei den republika-nischen Beispielen ergab. Den oberen Abschluss bildete eine wiederum leicht auskragende Deck-platte, die zugleich den Opfertisch darstellte. Die-ser war zu beiden Seiten durch Pulvini, vorne und hinten mitunter von Focusschranken begrenzt.

1 Cabezo de Alcalá/Azaila (Prov. Teruel), Sacellum republikanischer Zeit mit Altar in situ.

Page 11: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis

69

Ein gewisser Schematismus kennzeichnete auch die Übergänge zwischen diesen Elementen, die durch zwei bis drei schlichte Profi lleisten vonei-nander getrennt wurden.

Die typische Grundform der kaiserzeitlichen Votivaltäre aus dem Conventus dürfte von Vorbil-dern in Italien, nicht zuletzt in Rom selbst abge-leitet sein, wo sie seit augusteischer Zeit offenbar zunächst die Larenaltäre, bald darauf aber auch andere Weihungen prägte8. Unmittelbare Ver-bindungen zwischen den Altären in der colonia Tarraco und den entsprechenden stadtrömischen Denkmälern geben sich vor allem anhand von Gliederung und Proportion, aber auch in Details wie dem Schema der Profi le zu erkennen. Charak-teristisch ist für die kaiserzeitlichen Beispiele aus der colonia eine Abfolge von Hohlkehle und Kyma Reversa für das Fuß- sowie Kyma Reversa, Vier-telstab und Kyma Recta für das Kopfprofi l (Abb. 2. 4), die in dieser oder ähnlich knapper Form bei einigen stadtrömischen Larenaltären begegnet, während zwei vermutlich republikanische Exem-plare aus Tarraco ebenso deutlich davon abwei-chen9. Allerdings wirkt die Dekoration der provin-ziellen Stücke konzentrierter als diejenige ihrer italischen Vorbilder. Figürliche Reliefs oder Orna-mentbänder, wie sie zumindest bei den aufwen-digen Stücken in Italien vorkommen, fehlen auf

den Altären aus dem Conventus10. Ihre Aussage war demzufolge auf die Inschrift konzentriert, die in großen Buchstaben auf der Vorderseite einge-meißelt wurde und in der Regel den Dedikanten und den Adressaten, seltener auch den Anlass der

2–3 Tarragona, MNA Inv. 7590: Altar für das Numen Augusti.

6 Cabré 1925; Gamer 1989, 282 Kat. TE 1; Blech 1993, 90–91. Vgl. auch Boschung 1993, 548.

7 Die Frage nach den vorkaiserzeitlichen Altären wird von Gamer, der ungeachtet der von ihm angestrebten Formge-schichte chronologische Fragen nicht systematisch behan-delt, ausgespart. Vgl. aber einige in seinem Katalog erfasste Exemplare aus dem Conventus Tarraconensis: Gamer 1989 Kat. GE 1. T 69. 96. Vgl. ferner, als Beispiele für die He-terogenität der Altarformen, einige Rundaltäre der späten Republik und augusteischen Zeit aus dem Süden der iberi-schen Halbinsel: Gamer 1989 Kat. H 3. MU 5.

8 Schraudolph 1993, 53–61 zur Formentwicklung sowie a. O. 98–99 zum Qualitätsgefälle zwischen den stadtrömi-schen und den italischen Werkstätten. Zu den Larenaltären zudem: Hano 1986 (vor allem zum Bildschmuck) sowie Lott 2004, 136–148. – Die von Gamer 1989, 14–15 vertrete-ne Auffassung, dass Altäre in Tarraco erst seit dem Beginn des 2. Jh. n. Chr. regelmäßig geweiht worden seien, ist m. E. nicht richtig; vgl. dazu die oben Anm. 3 zitierte Arbeit.

9 Stadtrömische Larenaltäre: Hano 1986, bes. Nr. 6. 7. 11. Wohl vorkaiserzeitliche Altäre aus Tarraco: Gamer Kat. T 69. 96.

10 Gamer 1989, passim. Etwas aufwendiger dekorierte Votiv-altäre fi nden sich außerhalb des Conventus, sind aber auch dort vergleichsweise selten, s. Gamer 1989 Kat. ALA 8 (Al-cácer do Sal); BA 64 (Mérida); MU 8 (Cartagena); SE 24 (Munigua).

Page 12: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Christof Berns

70

Weihung nannte. In einigen Fällen tragen zudem die Nebenseiten Reliefdarstellungen von einzel-nen Kultgeräten, wie sie gleichfalls von italischen Altären vertraut sind11. Anders als dort sind aller-dings Instrumente wie Messer oder Äxte, die für blutige Opfer verwendet wurden, auf den Altären

aus dem Untersuchungsgebiet nicht belegt. Viel-mehr begegnen vor allem patera (Schale) und gutus (Krug), mit denen sich Wein spenden ließ, selten auch das polybrum (Griffschale) für die dem Op-fer vorausgehende Waschung12. Instrumente für Rauchopfer, wie die acerra, kommen merkwürdi-gerweise nicht vor, obwohl Rauch- und Trank-opfer häufi g gemeinsam vollzogen wurden13. Ein Altar für das Numen eines Kaisers zeigt hingegen auf der Rückseite zusätzlich einen lituus, das Kult-gerät der Auguren, das zugleich als Insignie des Herrschers verstanden werden konnte (Abb. 3)14. Die Dekoration der Altäre unterstrich mithin in einer konzentrierten und leicht verständlichen Form deren Funktion im Ritual.

Die Möglichkeit eines praktischen Gebrauchs signalisierte schließlich auch der regelmäßig auf der Oberseite angebrachte foculus, in dem viel-leicht eine Pfanne zur Verbrennung von Rauch-opfern fi xiert wurde (Abb. 5). Andernorts hat man auch unmittelbare Spuren entsprechender Opfer auf den Weihealtären erkannt15. Demgegenüber ist ein aus dem Stein gemeißelter Aufsatz in Ge-stalt einer kleinen Flamme, der zwar bildhaft die Qualitäten eines Altars kontinuierlich unterstrei-chen mochte, seine Nutzung als Opfertisch aber verhinderte, nur bei Grabmonumenten in Altar-form belegt16. Während diese also gegebenenfalls auf ihre zeichenhafte Funktion reduziert werden konnten, sollte offenbar bei den Votivaltären, die gemäß dem in ihren Inschriften häufi g vermerk-ten votum solvit zunächst eine einmalige Stiftung dokumentieren, die spätere Verwendung nicht ausgeschlossen werden.

Insgesamt vermittelten die kaiserzeitlichen Votivaltäre aus der Tarraconensis demnach eine ambivalente Botschaft. Einerseits hatte gegenüber den republikanischen Beispielen die Eigenschaft des Monumentes, also des retrospektiven und dauerhaften Erinnerungsmals, offensichtlich an Bedeutung gewonnen, was sich vor allem an dem jeweils mächtigen Schaft zeigte, dessen Aufgabe nicht zuletzt darin bestand, eine Inschrift und mitunter auch spezifi sche Dekorationselemente zu tragen. Gleichzeitig sollte aber die herkömm-liche Funktion der Altäre für das Opfer bewahrt werden, weshalb sie meist einen foculus besaßen.

4 Tarragona, MNA Inv. 25409: Altar für die Silvani.

5 Barcelona, Museo de Historia de la Ciudad Inv. 52: Altar mit foculus.

Page 13: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis

71

Die mediale Qualität eines Votivaltars hing freilich nicht nur von der spezifi schen Gestaltung des einzelnen Monumentes ab, sondern auch von der jeweiligen kommunikativen Situation, die vor allem durch den Ort sowie durch den Anlass einer Weihung bestimmt wurde. Eine gewisse Schwie-rigkeit der Analyse ergibt sich dabei aus dem Um-stand, dass entsprechende Altäre in dem Unter-suchungsgebiet wie überhaupt auf der iberischen Halbinsel nicht in ihren originalen Zusammen-hängen, sondern fast immer sekundär verbaut ge-funden worden sind17. Die Art ihrer Präsentation in den Heiligtümern und damit der konkrete Um-gang mit ihnen entziehen sich also weitgehend unserer Kenntnis. Dennoch lassen sich aus den räumlichen Konzentrationen der Funde unter be-stimmten Umständen durchaus Hinweise auf die ursprünglichen Aufstellungskontexte ableiten, wie das Beispiel von Barcino/Barcelona verdeutli-chen mag. Denkmäler mit römischen Inschriften sind hier überwiegend im Umfeld der spätantiken und mittelalterlichen Großbauten auf dem Gebiet der Altstadt, wie der im dritten Jahrhundert er-neuerten Stadtmauer, der Kathedrale oder dem Palacio de los Condes, zutage getreten18. Dabei ist es sicherlich kein Zufall, dass Grabmonumente vor allem in den Stadtmauern versetzt angetrof-fen worden sind, wohin sie aus den suburbanen Nekropolen leicht transportiert werden konnten. Andererseits stammen besonders viele Statuenba-sen mit Ehreninschriften aus dem unmittelbaren Umfeld eines römischen Tempels, bei dem das Forum der Stadt lokalisiert wird19. Die Verteilung der Funde spiegelt bis zu einem gewissen Grad durchaus ihre antiken Verwendungszusammen-hänge wider20.

Fragt man unter dieser Voraussetzung nach den Kontexten, in denen Altäre in dem Unter-suchungsgebiet üblicherweise geweiht wurden,

dann ergeben sich deutliche Präferenzen für ab-geschlossene Kultbezirke. Das wird besonders deutlich, wenn man zum Vergleich auch die sta-tuarischen Weihungen berücksichtigt (Abb. 6). Während sich den Fora überhaupt nur solche zu-weisen lassen, stammen aus den ländlichen, auf Berggipfeln gelegenen Kultbezirken fast ebenso ausschließlich Altäre. Dies dürfte ferner für die Mithräen und Vereinslokale gelten, wobei die Aussagekraft der entsprechenden Zahlen aber da-durch eingeschränkt ist, dass insgesamt nur we-nige Votive von dort stammen. Aber auch in den kleineren städtischen Kultbezirken dominierten die arae, wenngleich daneben in geringerer Zahl Statuen vorkamen. Offenbar legte der jeweilige räumliche Kontext ein bestimmtes Weiheverhal-ten nahe.

Dagegen hatte der Adressat der Weihung un-mittelbar keinen Einfl uss auf die Art des Votivs (Abb. 7). Zwar scheint die Verteilung der In-schriften auf den ersten Blick eine Verbindung zwischen der Gattung eines Weihegeschenks und bestimmten Gottheiten nahezulegen, wenn etwa Liber Pater fast ausschließlich Altäre erhielt,

11 Schraudolph 1993, 15.12 Vgl. jeweils Siebert 1999 zu Ikonographie und Funktion

der Geräte.13 Simon 2004, 262–263.14 Hier Nr. 18,27. Vgl. Siebert 1999, 130–132.15 s. hier den Beitrag von T. Luginbühl.16 Gamer 1989 Kat. B 6. 8. 10; T 86. 87. Eine Ausnahme bildet

ein Altar aus der Nähe von Porto, also außerhalb des Unter-suchungsgebietes: Gamer 1989 Kat. DL 11.

17 Gamer 1989, passim. Eine wichtige Ausnahme bildet der Sakralbezirk des Deus Berobreus in Galizien, s. dazu den Beitrag von Th. Schattner.

18 IRC IV Abb. S. 54–55.19 Granados 1987; Ruestes i Bitrià 2001, 131–146.20 Vgl. dazu bereits die Ansätze zur Rekonstruktion der Sa-

kraltopographie von Tarraco bei Alföldy 1978.

6 Verteilung der Votiv-altäre und statuarischen Weihungen aus dem Conventus Tarraconensis auf verschiedene Arten von Kultbezirken.

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Fora

Vereinslokale u. ä.

Mithräen

andere innerstädt. Kultbezirke

Gipfelheiligtümer

sonstige / unbestimmte FO

AltäreStatuenpostamente

Page 14: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Christof Berns

72

0 5 10 15 20 25

Aequitas

Apollo

Asclepius

Bonus Eventus

Dei Consentes

Deus Fulgurus

Deus Herotoragus

Deus Seitundus

Diana

Fides Publica

Fortuna

Genii Conventus

Hercules

Isis

Iuno

Iupiter (O. M.)

Kaiserhaus

Kapitolin. Trias

Kautes, Mithras

Lares

Liber Pater

Luna

Lupa

Mars

Mercur

Minerva

Nemesis

Nymphis

Salus

Silvanus, Dei Silvanis

Tutela

Venus

Victoria

unbekannter Adressat

AltäreStatuenpostamente

7 Verteilung von Votiv-altären und statuarischen Weihungen aus dem Conventus Tarraconensis auf die Adressaten.

Page 15: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis

73

Iuno und Venus hingegen überwiegend Statuen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass die Differenzen wiederum eher durch die Auf-stellungsorte bedingt sind, da die Weihungen für Liber Pater aus den bereits erwähnten Gipfel-heiligtümern stammen, diejenigen für Iuno und Venus, soweit ihre Herkunft überhaupt rekon-struierbar ist, von Fora21. Für Tutela, die als Be-schützerin gerade auch der Familien galt22, sind fast ebenso viele statuae wie arae bezeugt, dagegen wurden den Staatsgöttern Iupiter und Minerva in der Mehrzahl Altäre gewidmet, nur offenbar nicht im Kontext der öffentlichen Platzanlagen.

Hingegen lässt sich eine systematische Relati-on zwischen den Votiven und bestimmten Grup-pen von Dedikanten herstellen (Abb. 8). Öffent-liche Körperschaften, Amtsträger und speziell die Seviri treten nahezu vollständig als Weihende von Statuen auf, Sklaven, Gladiatoren und einfache Soldaten ebenso dominant als Stifter von Altären. Dies dürfte, wie sich im Folgenden zeigen wird, vor allem mit den Anlässen zu erklären sein, aus denen heraus die Dedikationen erfolgten. Kaum Indizien gibt es demgegenüber für die Vorstel-lung, ein Altar sei primär ein gegenüber den Sta-tuen bescheideneres und dementsprechend für breitere Kreise erschwingliches Weihgeschenk ge-wesen. Dagegen spricht schon der Umstand, dass aus dem Untersuchungsgebiet nur unwesentlich weniger Statuenpostamente (59) als Altäre (80) überliefert sind. Zudem lassen sich in beiden Gat-tungen Abstufungen des materiellen Aufwands feststellen, da nicht nur Altäre in verschiedenen Größen und Qualitätsstufen angefertigt wurden, sondern neben den Postamenten für lebensgroße Statuen auch solche für Statuetten belegt sind23.

Folgt man der Aussage der Inschriften, dann lag die Motivation, einen Altar zu weihen, ganz überwiegend im persönlichen Bereich (Abb. 9).

Am größten ist die Zahl nicht näher erläuterter Gelübde, die mit der Dedikation eingelöst worden sind. Zuweilen sind die Umstände der Weihung auch genauer beschrieben, indem beispielsweise auf die glückliche Rückkehr des Sohnes (Nr. 16, 30) oder die Erteilung eines Rates (Nr. 2, 4) verwiesen wurde, doch ist die Anzahl der Weihungen insge-samt zu gering, um daraus auf bestimmte Präfe-renzen für die eine oder die andere Votivgattung schließen zu können. Anlässe, die außerhalb des persönlichen Bereiches liegen, wie beispielsweise die angebliche Rettung eines Kaisers (Nr. 13, 1)24 oder die Wiederkehr des Gründungstages einer Legion (Nr. 9, 3), führten dagegen meist zur Wei-hung von Statuen. So ist auch das einzige Statuen-postament in einem der schon erwähnten Gipfel-heiligtümer auf dem Territorium von Sagun-tum auf Beschluss der Dekurionen und fi nanziert aus öffentlichen Mitteln errichtet worden (Nr. 16, 11). Noch deutlicher ist der Befund bei den Stif-tungen, die ob honorem seviratus getätigt worden sind, da es sich in diesen Fällen stets um Statuen handelte. Die Dedikationen erfolgten jeweils im Zusammenhang mit der Übertragung des Amtes eines Sevir Augustalis, das wohl hauptsächlich der Pfl ege des lokalen Kaiserkultes diente25. Sie sollten den öffentlichen Prestigegewinn der Stif-ter dokumentieren und waren vielleicht jeweils bei dem entsprechenden Kultlokal aufgestellt, da sie soweit bekannt aus dem Umfeld der Fora

21 Von Fora stammen Nr. 11, 2; 18, 5 und 18, 15. Die übrigen Votive für Iuno und Venus lassen sich nicht kontextualisie-ren.

22 Ehlers 1948; Heichelheim 1948.23 Beispielsweise Nr. 18, 25: H. 10 x B. 28 x T. 9,5 cm; 18, 40:

H. 21 x B. 16 x T. 14,5 cm.24 Vgl. Alföldy 1977, 29–30.25 Gradel 2002, 228–231 mit der älteren Literatur.

0 5 10 15 20 25 30 35

Amtsträger in Amtsausübung

öffentl. Körperschaften

Seviri

einzelne Soldaten

Sklaven, Gladiatoren

Röm. Bürger, unspez.

Frauen und Männer, unspez.

unbekannte Stifter

AltäreStatuenpostamente

8 Verteilung von Votiv-altären und statuarischen Weihungen aus dem Conventus Tarraconensis auf verschiedene Gruppen von Dedikanten.

Page 16: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Christof Berns

74

stammen26. Aus der statistischen Analyse ergibt sich eine deutliche Tendenz, mit der Weihung eines Altars ein persönliches Anliegen zu verbin-den, wobei die Inschriften meist nur formelhaft auf ein entsprechendes Gelübde verwiesen. Die-sen spezifi schen Motiven entspricht es, wenn die Altäre anders als die statuarischen Weihungen nicht in zentralen öffentlichen Räumen belegt sind.

Die Verwendungszusammenhänge der Weihe-altäre seien schließlich noch am Beispiel von drei Befunden aus Tarraco betrachtet, um das Verhält-nis von Normierung und Binnendifferenzierung der Monumente in einzelnen Heiligtümern zu überprüfen. Ein entsprechender Bezirk für Tutela

lässt sich im Gebiet der Unterstadt von Tarraco anhand der Verteilung von Weihungen an diese Gottheit erschließen, von denen immerhin sie-ben in einem eng umgrenzten Bereich gefunden worden sind27. Drei weitere Tutela-Votive waren vielleicht ebenfalls ursprünglich dort aufgestellt28. Der Kultplatz wurde, soweit es sich aus den über-lieferten Votivinschriften erschließen lässt, von Angehörigen eher bescheidener gesellschaftlicher Stellung frequentiert. Es sind mehrere Sklaven (Nr. 18, 21. 22. 25), aber auch zwei adiutores, also Gehilfen eines Beamten (Nr. 18, 24. 26), sowie ein mimographus29 belegt. Sie haben ihre Gaben in der Regel in Erfüllung eines in den Inschriften nicht genauer benannten Gelübdes gesetzt und ihre

9 Verteilung von Altären und Statuen(postamenten) nach dem Anlass der Weihung.

0 5 10 15 20 25 30 35 40

öffentliche Anlässe

"ob honorem Seviratus"

Wohl / Ehre / Erinnerung von Nahestehenden

bes. persönl. Ereignisse

unspezif. Gelübde ("votum solvit")

sonstige genannte Anlässe

ungenannte / unbekannte Anlässe

AltäreStatuenpostamente

11 Tarragona, MNA Inv. 671: Altar für die Laren, Tutela und einen Genius.

10 Tarragona, MNA Inv. 6702: Altar für Tutela.

Page 17: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis

75

Votive dabei im Hinblick auf den Gestaltungsauf-wand einander angeglichen. Neben einem Pute-al lassen sich dem Bezirk drei Altäre zuordnen, deren kleinster 61 cm misst, während der größte ohne die verlorene Deckplatte noch 87 cm hoch ist (Abb. 10. 11). Dazu kommen außer einigen Mo-numenten, die nur anhand ihrer Inschrift überlie-fert sind, ein einfaches Puteal sowie einige bis zu 79 cm hohe Statuenpostamente. Die genannten Denkmäler sind aus Kalkstein gefertigt und trotz ihrer Größe eher schlicht gehalten. Die Profi le der Altäre und Basen lassen bestimmte Grundformen erkennen, sind aber nicht sehr präzise ausgeführt, und die Inschriften sind durch dicht gedrängte, nicht immer sorgfältig gemeißelte Buchstaben ge-kennzeichnet. Unterschiede ergaben sich in die-sem Fall lediglich durch die Weihung einer Sta-tue, wohingegen die Altäre selbst einen gewissen Standard einhielten, dem aber zumindest auch die Postamente der Skulpturen entsprachen.

Noch begrenzter als in dem Tutela-Heiligtum ist das Spektrum der Votive, die in einem klei-nen Sacellum für Nemesis im Amphitheater von Tarraco geweiht worden sind. Es handelt sich fast ausschließlich um Altäre, die aus Kalkstein nur grob ausgearbeitet und bis auf ein Exemplar auch kleinformatig sind (Abb. 12)30. Sie wurden offen-bar von den dort kämpfenden Gladiatoren gestif-tet, denn das Sacellum befand sich an einem blin-den Ende eines Gangsystems, das unter dem Bo-den der Arena angelegt war und ihrem Aufenthalt

sowie dem plötzlichen Auftritt auf der Spielfl äche gedient haben muss31. Die Weihungen trafen hier auf ein extrem eingeschränktes, den Kreis der Gladiatoren kaum überschreitendes Publikum, und diese spezifi schen Rezeptionsbedingungen prägten offensichtlich den einheitlichen Charak-ter der Votive.

Ein weiterer Befund fällt in gewisser Weise aus dem Rahmen der bisher vorgestellten Kontexte, denn es handelt sich um einen einzelnen Altar, der 1919 im Theater von Tarraco zutage getreten ist. Er ist dem Numen eines Kaisers gewidmet und wurde oben schon in anderem Zusammenhang erwähnt (Nr. 18, 27. Abb. 2–3). Seine Inschrift Nu-mini Aug(usti) gibt weder einen Hinweis auf den Dedikanten noch auf die Umstände, unter denen die Weihung erfolgt ist. Auch das Material und die Bearbeitungsqualität des Monumentes sind sehr ungewöhnlich. Anders als die übrigen Votivaltäre aus dem Conventus Tarraconensis ist es aus Mar-mor gefertigt, und sein sparsamer Reliefdekor ist ebenso wie die Buchstaben der Inschrift äußerst präzise gemeißelt. Die Gestaltungsweise ist hier offensichtlich an den Aufstellungsort angepasst, denn der Altar dürfte als Teil eines Ensembles, zu dem auch Statuen gehört haben mögen, an einer zentralen Stelle des Theaters gestanden ha-ben, vielleicht in der scaenae frons oder vor dem pulpitum in der Orchestra32. Insgesamt deuten die drei Fallbeispiele darauf hin, dass der Habitus der Votive in hohem Maße von dem jeweiligen Um-

26 Nr. 5, 9–10; 9, 1; 11, 1–4.27 Nr. 18, 21–23. 26. Ferner RIT 51 (Fragment eines Puteals),

52 (unklares Monument), 56 (kleinformatige Basis für ein längliches Denkmal). – Vgl. auch RIT zu Nr. 3. 37.

28 Nr. 18, 24. 25. Außerdem RIT 53 (unklares Monument).29 RIT 53. Die Art des Votivs ist unklar, weshalb es in der hier

zusammengestellten Liste fehlt.30 Nr. 18, 28–30. Dazu kommen drei nur summarisch er-

wähnte arulae offenbar ohne Inschriften, die verschollen sind: Beltrán/Guiral 1990, 104; 117. Außerdem eine Marmorplatte mit Ritzdarstellung zweier Sohlenpaare: RIT 804; Beltrán/Guiral 1990, 118–119 Nr. D.

31 Der Befund, der in der Literatur anders als hier gedeutet wird, ist in der o. Anm. 3. genannten Arbeit ausführlicher diskutiert.

32 Vgl. beispielsweise die Situation im Theater von Arelate/Ar-les: Boschung 2002, 84–85. Ferner Italica: Jansen 2005, 375–376 Taf. 45a.

12 Tarragona, MNA Inv. 25376: Altar für Nemesis aus dem Amphitheater.

Page 18: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Christof Berns

76

feld der Weihung geprägt war, wobei in den hier betrachteten Kontexten nur geringe Binnendiffe-renzierungen erkennbar wurden. Vielmehr ergab sich der Eindruck einer gewissen Normierung der Votive eines Heiligtums.

Die Weihealtäre sind im Bereich des Conven-tus Tarraconensis also eine weit verbreitete Form von Votiven, die prinzipiell von Angehörigen aller gesellschaftlichen Gruppen gestiftet wurden. Sie verbanden zwei in gewisser Weise widersprüch-liche Anliegen, indem ihrer monumentalen Ge-staltung ein retrospektiver, auf die Dokumenta-tion einer erfüllten Verpfl ichtung verweisender Charakter zu Eigen war, die Einrichtung eines Opfertisches aber zugleich ihren fortdauernden Gebrauch ermöglichte. Die Verwendung der Al-täre war dabei in hohem Maße von Konventionen geprägt. Sie äußerten sich in den Anlässen für die Weihungen, die ganz überwiegend im per-sönlichen Bereich lagen, wie auch in den Aufstel-lungsorten und der konkreten Ausarbeitung der Denkmäler.

Votive in Form von Altären und Statuenpostamenten33

1 Aeso, ohne Kontext: Statuenpostamente für 1, 1. Luna Aug. (IRC II, 19); 1, 2. Mercur (IRC II, 20); 1, 3. Venus Aug. (IRC II, 21).2 Aquae Calidae, Apollo-Heiligtum (?): Altäre für 2, 1. Minerva (IRC I, 37; Gamer B 54); 2, 2. Salus (IRC I,38); 2, 3. ? (IRC I, 39; Gamer B 55). Statuenpostamente für: 2, 4–6. Apollo (IRC I, 33. 34. 35). 3 Auso, ohne Kontext: Statuenpostament für 3, 1. Dia-na (IRC I, 31).4 Baetulo, ohne Kontext: Statuenpostament für 4, 1. Lupa Augusta (IRC I, 132).5 Barcino, Aedes der Dei Consentes: Altäre für 5, 1–8. Dei Consentes (IRC IV, 2–9; Gamer B 32–39). – Forum: Statuenpostamente für 5, 9. Aequitas Aug. (IRC IV, 1); 5, 10. Diana Aug. (IRC IV, 10). – Collegium Fabrum: Statuenpostament für 5, 11. Minerva Aug. (IRC IV, 14). – ohne Kontext: Altäre für 5, 12. Dei et Deae Silvanis (IRC IV, 16; Gamer B 42); 5, 13. Iupiter (IRC IV, 12*; Gamer B 29). Statuenpostamente für 5, 14. Fides Publica (IRC IV, 11); 5, 15. Iuno Regina (IRC IV, 12); 5, 16. Kautes Deus (IRC IV, 13); 5, 17. Venus Aug. (IRC IV, 17).

6 Dertosa, ohne Kontext: Altar für 6, 1. Tutela (CIL II2 14, 784). Statuenpostamente für 6, 2. Mercur Aug. (CIL II2 14, 783); 6, 3. Tutela Aug. (CIL II2 14, 785).7 Edeta, ohne Kontext: Altäre für 7,1. Iupiter (HEp 7, 2001, Nr. 986); 7,2. Silvanus (HEp 10, 2004 Nr. 618).8 Egara, ohne Kontext: Altar für 8, 1. Deus Herotora-gus (IRC I, 48).9 Emporiae, Forum: Statuenpostament für 9,1. Apollo Aug. (IRC III, 13). – ohne Kontext: Altar für 9, 2. For-tuna (IRC V Suppl. III, 196). Statuenpostamente für 9, 3. Iupiter Optimus Maximus (IRC III, 14); 9,4. Venus Aug. (IRC III, 18).10 Gerunda, ohne Kontext: Altar für 10, 1. Deus Sei-tundus (IRC III, 10). Statuenpostament für 10,2. Apollo Aug. (IRC III, 8).11 Iluro, Forum (?): Statuenpostament für 11, 1. Bonus Eventus Aug. (IRC I, 97); 11, 2. Iuno Aug. (IRC I, 98); 11, 3. Mercur Aug. (IRC I, 99); 11, 4. Silvanus Aug. – Mi-thräum (?) von Can Modolell: Altäre für 11, 5–7. Kautes (IRC I, 85. 86. V Suppl. I, 206); 11, 8. ? (IRC I, 87).12 Iulia Libica, ohne Kontext: Altäre für 12, 1. Deus Ful-gurus (?) (IRC III, 191); 12, 2. Iupiter Optimus Maximus (IRC III, 188).13 Lesera, ohne Kontext: Altar für 13, 1. Iupiter (CIL II2 14, 770).14 Manresa, ohne Kontext: Altäre für 14, 1. Diana (IRC I, 30); 14, 2. ? (IRC I, 25).15 Rubricata, ohne Kontext: Altäre für 15, 1–3. ? (IRC I, 49. 51. 52). Statuenpostament für 15, 4. Iupiter Optimus Maximus (IRC I, 50).16 Saguntum, Gipfelheiligtum auf der Muntanya Fron-tera: Altäre für 16, 1.–10. Liber Pater (CIL II2 14, 560. 573. 657 [?]. 658. 660 [?]. 661 [?]. 662 [?]. 664. 666 [?]. 669). Statuenpostament für 16, 11. Liber Pater (CIL II2 14, 656). – Gipfelheiligtum auf der Muntanya de Santa Bàrbara: Altäre für 16, 12–24. ? (CIL II2 14, 717. 718. 719. 720. 721. 723. 724. 725; Vicent i Cavaller [1979] 197 zu Abb. 6, 5–8. 10). – Stadtgebiet ohne Kontext: Altäre für 16, 25. Isis Pelagia (CIL II2 14, 295); 16, 26. Lares Aug. (CIL II2 14, 296); 16, 27. Mercur Aug. (CIL II2 14, 298). Statuenpostamente für 16, 28. Asclepius Aug. (CIL II2 14, 291); 16, 29. ? (CIL II2 14, 303). – Territorium ohne Kontext: Altar für 16, 30. Tutela (CIL II2 14, 634).17 Setelsis, ohne Kontext: Altar für 17, 1. ? (IRC II, 65).18 Tarraco, Forum: Statuenpostamente für 18, 1. Di-vus Augustus (RIT 65); 18, 2. Divus Verus (RIT 79); 18, 3. Divus Vespasianus (RIT 69); 18, 4. Iupiter Optimus Maximus (RIT 30); 18, 5. Venus Aug. (RIT 57); 18, 6. Victoria Aug. (RIT 58); 18, 7–8. ? (RIT 59. 63). – sog. Provinzialforum: Statuenpostamente für die Geni-en der Conventus 18, 9. Asturicensis (RIT 25); 18, 10. Caesaraugustanus (RIT 26); 18, 11. Cluniensis (RIT 27); 18, 12. Tarraconensis (Alföldy [2001] Nr. 5); 18, 13. ? (RIT 24); für 18, 14. Diva Faustina (RIT 73); 18, 15. Iuno Aug.

Page 19: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis

77

33 Zusammengestellt sind nur Denkmäler, die sich m. E. zu-verlässig als Altäre oder Statuenpostamente identifi zieren lassen und eine Weihinschrift tragen. Dabei ist nach Mög-lichkeit der Adressat angegeben; wo dieser nicht bekannt ist, steht stattdessen ein „?“. Die Kurzzitate dienen nur der Identifi kation der Stücke. Demgegenüber abweichende Deutungen sind in der o. Anm. 3 genannten Arbeit disku-tiert. Dort auch jeweils zur Rekontextualisierung der Votive.

(RIT 36); 18, 16. Silvanus Aug. (RIT 50); 18, 17. ? (RIT 40). – Minerva-Heiligtum: Altäre für 18, 18–20. Miner-va (RIT 39. 41. 42; Gamer T 5. 6). – Tutela-Heiligtum: Altäre für 18, 21–23. Tutela (RIT 37. 54; Alföldy [1992] 18 Anm. 56). Statuenbasen für 18, 24–26. Tutela (RIT 55. 61. 62 [?]). – Theater: Altar für das 18, 27. Numen Aug. (RIT 48; Gamer T 1). – Amphitheater, Nemesis-Heilig-tum: Altäre für 18, 28–29. Nemesis (RIT 45. 46); 18, 30. Iupiter (RIT 28). – Stadtgebiet, ohne Kontext: Altäre für 18, 31–32. Apollo (RIT 19. 20; Gamer T 3. 4); 18, 33. Iupiter (RIT 29); 18, 34–36. Iupiter Optimus Maximus (RIT 32. 3; 3 HEp 7, 2001 Nr. 958; Gamer T 11); 18, 37. die Kapitolinische Trias (RIT 43); 18, 38. die Silvani (RIT 49; Gamer T 9); 18, 39. ? (RIT 60; Gamer T 91). Sta-tuenpostamente für 18, 40. Iupiter Optimus Maximus (RIT 31); 18, 41. die Kapitolinische Trias (RIT 34); 18, 42. Isis Aug. (RIT 35); 18, 43. Mars Campestris (RIT 38); 18, 44. ? (RIT 3).19 Valentia, Forum: Statuenpostamente für 19, 1. As-clepius (CIL II2 14, 2); 19, 2. Fortuna (CIL II2 14, 4); 19, 3. ? (CIL II2 14, 12). – Circus: Statuenpostament für 19, 4. Hercules (CIL II2 14, 5). – Stadtgebiet, ohne Kontext: Altäre für 19, 5. die Nymphen (CIL II2 14, 8); 19, 6. Ve-nus Genetrix (CIL II2 14, 10). Statuenpostament für 19, 7. Iupiter Optimus Maximus (CIL II2 14, 7). – Territori-um ohne Kontext: Altar für 19, 8. Mithras (CIL II2 14, 96).

Literatur

Alföldy 1977

G. Alföldy, Res publica Leserensis (Valencia 1977).Alföldy 1978

RE Suppl. 15 (1978) 569–644 s. v. Tarraco (G. Al-földy).

Alföldy 1992

G. Alföldy, Tarraco y la Hispania romana: cultos y sociedad. In: M. Mayer (Hrsg.), Religio deorum. Ac-tas del coloquio internacional de epigrafía, culto y sociedad en Occidente (Sabadell 1992) 7–26.

Alföldy 2001

G. Alföldy, Ein Statuenprogramm in Tarraco: Die Schutzgottheiten der Verwaltungsbezirke der Pro-vinz Hispania citerior. In: G. Brands u. a. (Hrsg.), Rom und die Provinzen. Gedenkschrift für Hanns Gabelmann (Bonn 2001) 139–149.

Beltrán/Guiral 1990

F. Betrán Lloris/C. Guiral Pelegrín, Llocs de culte a l’Amfi teatre de Tàrraco. In: Taller Escola d’Arqueologia, L’Amfi teatre romà de Tarragona, la basílica visigòtica i l’església romànica, Mem. d’Excavació 3 (Tarragona 1990) 104–124.

Blech 1993

M. Blech, Archäologische Quellen zu den Anfängen der Romanisierung. In: W. Trillmich u. a. (Hrsg.), Hispania Antiqua: Denkmäler der Römerzeit (Mainz 1993) 71–110.

Boschung 1993

D. Boschung, Rez. zu Gamer 1989. Bonner Jahrb. 193, 1993, 539–548.

Boschung 2002

D. Boschung, Gens Augusta. Untersuchungen zu Aufstellung, Wirkung und Bedeutung der Sta-tuengruppen des julisch-claudischen Kaiserhauses (Mainz 2002).

Cabré 1925

J. Cabré, Los bronces de Azaila. Archivo Español Arqu. 1, 1925, 297–315.

CIL II2

G. Alföldy u. a. (Hrsg.), Inscriptiones Hispaniae Latinae, pars meridionalis conventus Tarraconen-sis, Corpus Inscriptionum Latinarum II2 14,1 (Berlin 1995).

Corell 1996

J. Corell, Inscripcions romanes d‘Edeta i el seu terri-tori (Valencia 1996).

Corell 1997

J. Corell, Inscripcions romanes de Valentia i el seu territori (Valencia 1997).

Corell 2002–2005

J. Corell, Inscripcions del País Valencià 1–2 (Valen-cia 2002–2005).

Page 20: Weihealtäre aus dem Conventus Tarraconensis und die Kontexte ihrer Verwendung (2014)

Christof Berns

78

Ehlers 1948

RE II 14 (1948) 1599–1600 s. v. Tutela Nr. 4 (W. Eh-lers).

Gamer 1989

G. Gamer, Formen römischer Altäre auf der Hispa-nischen Halbinsel (Mainz 1989).

Gradel 2002

I. Gradel, Emperor Worship and Roman Religion (Oxford 2002).

Granados 1987

J. O. Granados, Notas sobre el estudio del Foro de la Colonia Barcino. In: Los foros romanos de las pro-vincias occidentales, Kongress Valencia 1986 (Ma-drid 1987) 61–71.

Hano 1986

M. Hano, A l’origine du culte impériale: les autels des Lares Augusti. In: ANRW II 16,3 (Berlin 1986) 2333–2381.

Heichelheim 1948

RE II 14 (1948) 1600–1603 s. v. Tutela Nr. 5 (ibe-risch) (F. Heichelheim).

IRC

G. Fabre/M. Mayer/I. Rodà (Hrsg.), Inscriptions ro-maines de Catalogne I (Paris 1984). II (Paris 1985). III (Paris 1991). IV (Paris 1997). V (Paris 2002).

Jansen 2005

B. Jansen, Römische Theater in der Baetica. Madri-der Mitteilungen 46, 2005, 289–416.

Lott 2004

J. B. Lott, The Neighbourhoods of Augustan Rome (Cambridge 2004).

Moneo 2003

T. Moneo, Religio Ibèrica. Santuarios, ritos y divini-dades (Madrid 2003).

RIT

G. Alföldy (Hrsg.), Die römischen Inschriften von Tarraco (Berlin 1975).

Ruestes i Bitrià 2001

C. Ruestes i Bitria, L’ espai públic a les ciutats ro-manes del conuentus Tarraconensis: els fòrums (Barcelona 2001).

Schraudolph 1993

E. Schraudolph, Römische Götterweihungen mit Re-liefschmuck aus Italien (Heidelberg 1993).

Siebert 1999

A. V. Siebert, Instrumenta sacra. Untersuchungen zu römischen Opfer-, Kult- und Priestergeräten (Ber-lin 1999).

Simon 2004

Thesaurus Cultus et Rituum Antiquorum 1 (2004) 255–268 s. v. Rauchopfer (E. Simon).

Vicent i Cavaller 1979

J. Vicent i Cavaller, Excavacions al santuari hispano-romà de Santa Bàrbara. Cuadernos de prehistoria y archeología castellonense 6, 1979, 181–221.

Abbildungsnachweis1 Cabré 1925, Abb. 6. 13.2 DAI Madrid D-DAI-MAD-GRU-R-147-69-04

(Foto: B. Grunewald).3 DAI Madrid D-DAI-MAD-GRU-R-147-69-06 (Foto: B. Grunewald).4 DAI Madrid D-DAI-MAD-WIT-KB-10-69-05

(Foto: P. Witte).5 DAI Madrid D-DAI-MAD-GAM-KB-16-72-30A (Foto: G. Gamer).6–9 Verf.10 DAI Madrid D-DAI-MAD-GRU-R-161-69-05

(Foto: B. Grunewald).11 DAI Madrid D-DAI-MAD-WIT-KB-09-69-05

(Foto: P. Witte).12 DAI Madrid D-DAI-MAD-GRU-R-150-69-08

(Foto: B. Grunewald).

Prof. Dr. Christof BernsInstitut für Archäologische WissenschaftenRuhr-Universität BochumAm Bergbaumuseum 3144791 Bochum