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131 Kapitel8. Synthesis a priori und Kausalprinzip
1. Weitere Fragen bezglich der Prinzipien.Im vorigen Kap. haben
wir am Beispiel des Nichtwiderspruchsprinzips
die Mglichkeit oder vielmehr das wirkliche Bestehen
apriorischerErkenntnis aufgewiesen, durch die uns ein unbedingt
allgemeingltigerWesensverhalt erschlossen wird. Wir haben auch
versucht, das Verhltnissolcher Erkenntnis zur Erfahrung zu
bestimmen.1 Es bleiben jedoch nochandere Fragen, die sich auf die
Prinzipien beziehen, zu klren. DasNichtwiderspruchsprinzip allein
scheint nicht zu gengen, um all dieErkenntnisse zu rechtfertigen,
fr die Prinzipien erforderlich sind. DasNichtwiderspruchsprinzip
ist zwar das erste, aber nicht das einzigePrinzip.
Das geht schon aus den Einsichten hervor, die wir in den
frherenKapiteln gewonnen haben. So haben wir gegenber dem
Positivismusgezeigt, da manche von den Erkenntnissen, die dieser
ganzselbstverstndlich voraussetzt, sich ohne Annahme eines
apriorischenPrinzips nicht rechtfertigen lassen. Der Positivismus
bleibt tatschlich nichtbei den unmittelbaren
Erfahrungsgegebenheiten stehen, sondern geht vonihnen zu anderen
Annahmen ber, die sich nicht durch bloe Erfahrungrechtfertigen
lassen. Dazu gehrt schon die Annahme der Intersubjektivittder
Wahrnehmungen, erst recht die Annahme des von der
Wahrnehmungunabhngigen Daseins von Gegenstnden, ferner das reale
Dasein dereigenen vergangenen Erlebnisse, an die wir uns jetzt
erinnern, dieZuverlssigkeit der Aussagen anderer, schlielich die
Verallgemeinerungder Erfahrungen in der sogenannten Induktion.2 All
diese Annahmenknnen nur dadurch als rechtmig erwiesen werden, da
ihr notwendigerZusammenhang mit dem unmittelbar Gegebenen
aufgewiesen wird. Dasaber setzt eine ber die Einzelerfahrung
wesentlich hinausgehendeEinsicht eines notwendigen Zusammenhangs
voraus. DasNichtwiderspruchsprinzip kann eine solche Einsicht nicht
geben. Es fhrtimmer nur zu der Erkenntnis, da genau das, was sich
jetzt durchunmittelbare Erfahrung als real erweist, nicht
gleichzeitig nicht sein kann.In all den genannten Fllen aber mu von
einem gegebenen Realen aufeine andere, ebenfalls positive Realitt
geschlossen werden. Im Kapitelber die Gewiheit durch Konvergenz
haben wir das hier vorauszusetzendePrinzip genauer als den Satz vom
zureichenden Grund bzw. dasmetaphysische Kausalprinzip bestimmt.3
Es ist ja auch verstndlich, dadie Notwendigkeit einer Ursache fr
ein gegebenes Seiendes von diesemgegebenen Seienden zur Erkenntnis
seiner Ursache fuhren kann.
132 2. Historischer berblick zum Kausalprinzip.Platon bringt
zweimal eine fast gleichlautende Fassung des
Kausalprinzips: Es ist notwendig, da alles Werdende durch eine
Ursachewird.4 In beiden Fllen handelt es sich um das Werden des
Innerweltlichen,aus dem Grenzenlosen (peiron) und dem Begrenzenden
(peras)Zusammengesetzten (Philebos) bzw. des immer Werdenden und
nie
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J. de Vries: Grundfragen der Erkenntnis, Kapitel 8...
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Seienden (Timaios); und zwar handelt es sich nicht um
dessenEntstehen durch eine ebenfalls innerweltliche Ursache,
sondern durch eineUrsache, die von anderer Gattung ist (Philebos),
durch denwelttranszendenten Demiurgen (Timaios).
Das Kausalprinzip wird also nicht ausschlielich als Aussage
eineskausalen Zusammenhangs zwischen innerweltlichen
Vorgngen,sondern in allumfassendem, metaphysischem Sinn verstanden,
so daauch die Gesamtheit alles Gewordenen einer nicht in ihr selbst
gelegenenUrsache bedarf. Andererseits darf man den platonischen
Satz nicht sodeuten, als werde eine Ursache fr das Sein des
Innerweltlichengefordert; nur sein Werden verlangt eine Ursache;
das Werden wirddabei oenbar als Werden aus einem vorauszusetzenden
Sto und indiesem Sinn als Vernderung verstanden. ber die Eigenart
derErkenntnis des Satzes wird nichts gesagt. Da der in ihm
ausgesagteSachverhalt aber als notwendig bezeichnet wird, kann er
jedenfalls nichtdurch die sinnliche Erfahrung erfat werden.
In der Formel des Aristoteles tritt die Einschrnkung
desKausalprinzips auf die Vernderung noch deutlicher hervor: Alles,
wassich in Bewegung (Vernderung) bendet, ist notwendig von etwas
bewegt(verndert).5 Das Wort Bewegung (kinsis) ist dabei zwar
nichtausschlielich als Ortsbewegung zu verstehen, sondern als
Vernderung,vor allem als jene Vernderung, die einen bergang von der
Potenz zumAkt, d. h. eine Seinsmehrung in sich schliet. Es wird
jedoch durch keinWort angedeutet, da nicht blo die neue
Seinsvollkommenheit (der neueAkt), sondern das ganze Sein des
vernderlichen Seienden verursachtist. Da trotzdem bei der
Urschlichkeit nicht blo an einen innerweltlichenKausalzusammenhang
gedacht ist, geht daraus hervor, da Aristoteles mitHilfe seines
Kausalprinzips auf einen welttranszendenten, selbstunbewegten
Beweger6 schliet; das Kausalprinzip hat also auch bei
ihmmetaphysischen Charakter. Aus der Anwendung des Prinzips geht
auchhervor, da die in der Scholastik bliche Formulierung des
aristotelischenSatzes: Alles, was in Bewegung ist, wird von einem
anderen bewegtsinnentsprechend ist, obwohl in der aristotelischen
Fassung das voneinem anderen nicht ausdrcklich gesagt ist.
133 Was die Art der Begrndung des so verstandenen
Kausalprinzipsangeht, scheint Aristoteles es fr beweisbar zu
halten. Da aber der Beweisnicht ins Unendliche zurckgehen kann, mu
er notwendig vonunmittelbaren Urstzen seinen Ausgang nehmen; wie
diese Stze nachAristoteles erkannt werden, haben wir im vorigen
Kapitel gezeigt.7
Erst die christliche Philosophie kommt durch Reexion ber
dieGlaubenslehre von der Schpfung der Welt aus nichts zu der
Einsicht, dadie Notwendigkeit einer Ursache nicht nur fr das Werden
bzw. dieVernderung eines schon bestehenden Seienden gilt, sondern
auf dasganze Sein des innerweltlichen Seienden, auch auf sein
letztes Substrat,auszudehnen ist. So fhrt z. B. Augustinus aus, da
alles vernderlicheSein, in dem es War und Wirdsein gibt, geschaenes
Sein ist; nur dasewige Sein Gottes ist ein Ist, bei dem es kein War
und kein Wirdsein gibt.Im Vergleich mit diesem groen Ist ist alles
Vergngliche gering zuachten.8
Die philosophische Durchdringung der Lehre vom Sein
imUnterschied von der aristotelischen, sich auf die Substanz als
existierendesWesen und sein Werden beschrnkenden Lehre ist vor
allem das Werkdes Thomas von Aquin. Mit Recht sieht man gerade
darin seineschpferische philosophische Leistung.9 Die dieser Sicht
entsprechendeFassung des Kausalprinzips lautet bei ihm: Das Seiende
durch Teilnahmeist von einem anderen verursacht.10 Seiendes durch
Teilnahmebedeutet dabei ein Seiendes, das nicht das Sein selbst
ist, sondern Seinhat11, also das im metaphysischen Sinn kontingente
Seiende.
Fr unsere Fragestellung bedeutsam sind die Bemerkungen,
dieThomas ber die Eigenart der Erkenntnis des so gefaten
Kausalprinzips
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macht. Er macht sich selbst den Einwand: Nichts hindert, da sich
einSeiendes ohne das ndet, was nicht zu seinem Wesensbegri
(ratio)gehrt, wie sich ein Mensch ndet ohne weie Hautfarbe; nun
scheint aberdie Beziehung des Verursachtseins nicht zum Wesensbegri
des Seiendenzu gehren; denn es gibt Seiende, die ohne diese
Beziehung gedachtwerden knnen; also knnen sie auch ohne diese
Beziehung sein.12
134 Auf diesen Einwand antwortet Thomas: Obwohl die Beziehung
auf dieUrsache nicht in die Denition des Seienden eingeht, das
(tatschlich)verursacht ist, so folgt sie doch aus dem, was zu
seinem Wesensbegrigehrt. Denn daraus, da etwas durch Teilhabe
Seiendes ist, folgt, da esvon einem anderen verursacht ist. Darum
kann ein solches Seiendes nichtsein, ohne verursacht zu sein, so
wie der Mensch nicht sein kann, ohne dieFhigkeit des Lachens zu
haben; weil aber das Verursachtsein nicht zumWesensbegri des
Seienden berhaupt gehrt, darum ndet sich einSeiendes, das nicht
verursacht ist.13
Bemerkenswert an diesem Text ist, da Thomas hier die Folgerung
alsunzutreend bezeichnet: Wenn etwas nicht im Begri (in der
Denition)eines Seienden enthalten ist, dann kommt es ihm nicht
notwendig zu.Daraus also, da der Begri des durch Teilhabe Seienden
in seinerDenition keine Beziehung auf eine Ursache besagt, folgt
nicht, da demdurch Teilhabe Seienden das Verursachtsein nicht
notwendig zukommt,sondern ihm so unwesentlich ist wie etwa die weie
Hautfarbe demMenschen als solchem. Diesem Beispiel, das fr
Porphyrius in derEinleitungsschrift zu den Kategorien des
Aristoteles (Isagoge) dasMusterbeispiel der fnften Aussageweise
(praedicabile), des (logischen)Akzidens, ist, stellt Thomas hier
jenes Beispiel gegenber, das Porphyriusals Musterbeispiel fr die
vierte Aussageweise, das Proprium, anfhrt:das des Lachens fhig als
Aussage vom Menschen.14 An anderen Stellenkennzeichnet Thomas das
gleiche begriiche Verhltnis durch dieAussage, ein Prdikat sei nicht
im Begri des Subjektes enthalten, sondernfge zu ihm etwas hinzu; so
sind etwa die Begrie des Wahren oder desGuten im Begri des Seienden
nicht enthalten, sondern fgen etwas zuihm hinzu.15
Eine andere Auassung der Prinzipien im allgemeinen und
desKausalprinzips im besonderen ndet sich bei den
rationalistischenPhilosophen des 17. und 18. Jahrhunderts. Wie wir
schon im vorigenKapitel sahen16, beruhen nach Descartes und Leibniz
alle notwendigenWahrheiten auf angeborenen Ideen. Unter dieser
Voraussetzung ist es nurfolgerichtig, da diese Ideen von Anfang an
alles enthalten, was von demin ihnen dargestellten Wesen als
notwendig erkennbar ist. Durchaufmerksame Betrachtung der Idee
werden unzhlige Wahrheitenentdeckt, und zwar, sagt Descartes, so,
da ich nicht etwas Neueshinzuzulernen als vielmehr... auf das zum
ersten Mal zu achten scheine,was schon immer in mir war.17
135 Noch klarer heit es bei Leibniz: Wenn eine Wahrheit
notwendig ist, kannman ihren Grund durch Analyse nden, indem man
sie in einfachere Ideenund Wahrheiten aust, bis man zu den
ursprnglichen gelangt.18 Allediese Stze sind also analytische
Urteile im Sinne Kants: Durch dasPrdikat tun sie nichts zum Begri
des Subjektes hinzu, sondern zerfallendiesen nur durch
Zergliederung in seine Teilbegrie.19
Die Leugnung eines in diesem Sinne analytischen Urteils
besagtnotwendig einen formellen Widerspruch: Was im Subjekt des
Urteilsgesetzt ist, wird im Prdikat geleugnet. Es ist also nur
folgerichtig, wennbehauptet wird, jedes Prinzip knne durch
analytische Zurckfuhrung aufdas Widerspruchsprinzip indirekt
erwiesen werden. So heit es bei Leibniz:Ein notwendiger Satz ist
derjenige, dessen Gegenteil einen Widersprucheinschliet... Von
dieser Art sind die Wahrheiten, die man alsmetaphysische oder
geometrische Notwendigkeiten bezeichnet. Dennbeweisen heit nichts
anderes, als vermittels der Ausung der terminieines Urteils und
durch Einsetzung der Denition oder eines Teiles
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derselben an die Stelle des Denierten... ein Zusammenfallen
desPrdikates mit dem Subjekt in einem umkehrbaren Urteil
aufweisen.20
Das alles gilt im besonderen auch vom Kausalprinzip. Bei ihm
kommtin der rationalistischen Philosophie dadurch eine neue
Problematik hinzu,da der Begri der Ursache mit dem Begri des
Grundes, dasKausalprinzip mit dem Satz vom zureichenden Grund in
enge Beziehunggebracht wird. Spinoza setzt die Kausalitt geradezu
mit der Weise gleich,wie sich die Folge aus dem Grund ergibt: Aus
Gottes Macht geht allesnotwendig hervor bzw. es folgt aus ihr mit
derselben Notwendigkeit undauf dieselbe Weise, wie aus der Natur
des Dreiecks... folgt, da seine dreiWinkel gleich zwei Rechten
sind.21
136 Leibniz stimmt zwar keineswegs in allem den Auassungen
Spinozaszu22, aber gerade er ist es, der als erster das Prinzip vom
zureichendenGrund als solches aufgestellt und es anstelle des
Kausalprinzips in denVordergrund gerckt hat. In der Monadologie
formuliert er es wie folgt:Es kann sich keine Tatsache nden, die
wahr oder existierend ist, undkeine Aussage kann wahr sein, ohne da
es einen hinreichenden Grunddafr gbe, warum es sich so verhlt und
nicht anders.23 Einenhinreichenden Grund haben sowohl die
notwendigen Wahrheiten wie diekontingenten Wahrheiten oder
Tatsachen-Wahrheiten; bei dennotwendigen Wahrheiten liegt der Grund
in ihnen selbst, bei denkontingenten Wahrheiten in den Ursachen der
betreenden Tatsachen; derletzte Grund kann dabei nur die notwendige
Substanz sein, die wir Gottnennen.24 Diese Unterscheidung luft
hinaus auf die Unterscheidung desWesens als des inneren Grundes der
notwendig aus ihm folgendenMerkmale und der Ursache, deren Wirken
der uere Grund fr das Daseindes kontingenten Seienden ist.
Christian Wol unterscheidet die Ursache ausdrcklich vom
Grund:Grund ist der weitere Begri, Ursache der engere: Der Grund
istdasjenige, wodurch man verstehen kann, warum etwas ist, und
dieUrsache ist ein Ding, welches den Grund von einem anderen in
sichenthlt.25 Nicht die wirkende Ursache selbst wird dabei Grund
genannt,sondern das Wirken der Ursache ist der Grund der Existenz
einesanderen.26 So erscheint das Kausalprinzip (was
kontingenterweiseexistiert, ist von einer wirkenden Ursache
hervorgebracht27) alsSonderfall des Prinzips vom zureichenden
Grund.
Nach der rationalistischen Erkenntnislehre mte sich das Prinzip
vomzureichenden Grund analytisch auf das
Nichtwiderspruchsprinzipzurckfhren und so beweisen lassen. In den
gedruckten Werken vonLeibniz ndet sich anscheinend kein Versuch
eines solchen Beweises.28Bekannt ist dagegen der Beweisversuch
Wols. Seine Formel des Satzesvom zureichenden Grund lautet: Nichts
ist ohne hinreichenden Grund,warum es vielmehr ist als nicht ist.
Der (indirekte) Beweis lautet so:Setzen wir voraus, da A ist ohne
hinreichenden Grund, warum es ist undnicht vielmehr nicht ist. Es
ist also nichts zu setzen, woraus zu verstehenist, warum A ist. Man
nimmt also an, da A ist, weil nichts ist. Das aber istabsurd. Also
ist nichts ohne hinreichenden Grund.29
137 Die Widersinnigkeit der Annahme, da das Nichts Grund ist,
ergibt sichdaraus, da damit dem Nichts ein positives Prdikat
zugeschrieben wrde.Der Beweis ist also nach der Intention Wols eine
analytischeZurckfhrung auf das Nichtwiderspruchsprinzip. Schon bald
erkannteman, da der Beweis erschlichen ist: Da A keinen Grund hat,
besagtetwas ganz anderes, als da das Nichts sein Grund ist.
Allerdings hielt mandarum den Versuch doch nicht fr grundstzlich
verfehlt, sondernversuchte andere Wege, um den Satz vom
zureichenden Grund analytischauf das Nichtwiderspruchsprinzip
zurckzufhren.30
Ganz anders entwickelte sich die Problematik der Kausalitt in
derempiristischen Philosophie, die von David Hume am
folgerichtigsten zuEnde gefhrt wurde. Es ist leicht verstndlich, da
sie sich auf dieinnerweltliche Naturkausalitt beschrnkt, also das
metaphysische
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Kausalprinzip preisgibt. Da aber die sinnliche Erfahrung nicht
einmal dieNaturkausalitt, insoweit sie ein Wirken eines Krpers auf
einen anderenbesagt, wahrnehmen kann, wird die Kausalitt schlielich
allein auf dieregelmige zeitliche Aufeinanderfolge zurckgefhrt.31
Die Vorstellungeiner Kraftwirkung der Krper wird dabei als eine auf
bloer Gewohnheitberuhende Tuschung erklrt: Nach einer Wiederholung
gleichartiger Fllewird der Geist aus Gewohnheit veranlat, beim
Auftreten des einenEreignisses dessen bliche Begleitung zu erwarten
und zu glauben, da sieins Dasein treten werde. Diese Verknpfung
also, die wir im Geistempnden, dieser gewohnheitsmige bergang der
Einbildung von einemGegenstand zu seinem blichen Begleiter ist das
Gefhl oder der Eindruck,nach dem wir die Vorstellung von Kraft oder
notwendiger Verknpfungbilden. Weiter steckt nichts dahinter.32
Anstelle einer logischenBegrndung des Kausalprinzips gibt Hume also
eine psychologischeErklrung unserer berzeugung vom Kausalprinzip
(Psychologismus).
138 Nach Kant33 ist das Kausalprinzip einer der hchsten
synthetischenGrundstze des reinen Verstandes. Kant lehnt also die
rationalistischeAuassung von seinem analytischen Charakter ab: Der
Begri einerUrsache liegt ganz auerhalb jenem Begrie (von etwas, das
geschieht),und zeigt etwas von dem, was geschieht, Verschiedenes
an, ist also indieser letzteren Vorstellung gar nicht mit
enthalten.34 Anderseits lehnt eraber auch die empiristische
Auassung ab, nach der das Kausalprinzip imbesten Falle ein
empirischer Satz wre. Es ist also ein synthetisches Urteila priori.
Als solches ist es aber wesentlich eingeschrnkt auf dieBedingungen
der sinnlichen Anschauung, d. h. auf das
rumlich-zeitlicheGeschehen. Das Kausalprinzip ist daher der
Grundsatz der Zeitfolge nachdem Gesetz der Kausalitt. Wenn Kant es
formuliert: AlleVernderungen geschehen nach dem Gesetze der
Verknpfung derUrsache und Wirkung35, so ist der Sinn dieses Satzes,
da jeder Vorgangin der Sinnenwelt in streng gesetzmiger Weise
zeitlich auf einen anderenfolgt. Folgerichtig kann das
Kausalprinzip nicht als Grundlage fr einenGottesbeweis
dienen.36
Dem berragenden Einu Kants ist es zuzuschreiben, da in
derFolgezeit das Wort Kausalitt fast gleichbedeutend wurde mit
Natur-Determinismus. Besonders im Positivismus des vorigen
Jahrhunderts wurdedas Kausalprinzip in diesem Sinn verstanden. Der
Gedanke des Wirkensder Ursache wurde freilich ausdrcklich auf den
einer gesetzmigenAufeinanderfolge reduziert.37 Auch die
transzendental-logischeBegrndung Kants, der Charakter des
Kausalprinzips als einessynthetischen Urteils a priori und die
damit gegebene Einschrnkung desDeterminismus auf die
Erscheinungswelt wurden abgelehnt. Man sprachvom Prinzip der
geschlossenen Naturkausalitt, das besage, daNaturvorgnge immer nur
in anderen Naturvorgngen, nicht aber in irgendwelchen auerhalb des
Zusammenhangs der Naturkausalitt gelegenenBedingungen ihre Ursachen
haben knnen.38 Dieses Prinzip betrachteteman als notwendige
Grundlage aller Wissenschaft und lehnte deshalb nichtnur jeden
wunderbaren Eingri Gottes in das Naturgeschehen, sondernauch die
Freiheit des menschlichen Willens ab.
John Stuart Mill wollte das so verstandene Kausalprinzip durch
eine ArtInduktion begrnden.39 Spter begngte man sich damit, es,
obwohlunbeweisbar, als Grundvoraussetzung aller Naturforschung40
zufordern, es als ein Postulat unseres Erkenntnisstrebens41
anzunehmen.
139 Die neuere Physik zeigte nun, da viele Naturgesetze, die man
frstreng kausale, d. h. streng determinierte Gesetze hielt,
tatschlich nursogenannte statistische Gesetze sind, die einen
Mittelwert nennen, dersich im Kollektiv als solchen ergibt, whrend
die Einzelvorgnge um diesenMittelwert nach oben oder unten
bedeutend schwanken knnen. Zunchstnahm man nun an, da den
statistischen Gesetzen letztlich doch strengdeterminierte Gesetze
zugrunde liegen mssen. Aber gerade dies wurdedurch die weitere
Entwicklung der Physik, insbesondere der
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Quantenphysik, nicht besttigt. Gerade im Bereich
desMikrophysikalischen, wo man die strenge Kausalitt htte
erwartensollen, zeigte sich der statistische Charakter der Gesetze;
eine sichereVoraussagbarkeit der Vorgnge gibt es dort nicht,
hchstens eine grereoder geringere Wahrscheinlichkeit. Wenn man nun
daran festhlt, daKausalitt und strenge Naturgesetzlichkeit ein und
dasselbe sind, mu sichergeben, da das Kausalprinzip selber nicht
mehr als allgemeingltigbetrachtet werden kann. In der Tat wird
diese Folgerung imNeupositivismus gezogen.42 Bekanntlich ist die
Quantenphysik, sagtPascual Jordan, zu einer grundstzlichen
Verneinung lckenloserKausaldeterminierung gekommen. Er sieht darin
eine Zurckdrngungdes Apriori durch das Empirische.43 So fhrte die
folgerichtig empiristischeDenkweise wieder zur Aufhebung auch des
physischen Kausalprinzips, andem Kant festgehalten hatte.
Zum Schlu unseres geschichtlichen berblickes sollen noch
zweiDenker zur Sprache kommen, die von Seiten der Philosophie
dieKausalitts-Problematik weitergefhrt haben: Nicolai Hartmann und
MartinHeidegger. Hartmann wird durch seine eigenwillige Auassung
derModalitten des Seins und die einseitige Bevorzugung der
innerweltlichen,kategorialen Kausalitt praktisch dahin gefhrt, das
metaphysischeKausalprinzip (bzw. den Satz vom zureichenden Grund)
zu leugnen. Inseinem Werk Mglichkeit und Wirklichkeit erkennt er
keine andereNotwendigkeit an als die uere Notwendigkeit, die einem
Seienden durchseine Abhngigkeit von der Ursache zukommt.
Notwendigkeit hat nuneinmal uere Relativitt an sich.44 Innere
Wesensnotwendigkeit hat alsokeinen Sinn. Wesensnotwendig ist nicht
das Wesen selbst, sondernaufgrund seiner ein anderes.45 Darum ist
das erste Glied, mit dem dieganze Kausalreihe beginnt, nicht
absolut notwendig, sondern im Gegenteilabsolut zufllig.46
140 Der Begri eines absolut notwendigen Wesens ist ein
ungeheurerMibegri.47 Gerade das absolut Zufllige, Kontingente, ist
also nichtverursacht; es gengt sich als Kontingentes in vllig
grundloserTatschlichkeit selbst. Damit ist das metaphysische
Kausalprinzip und mitihm der kosmologische Gottesbeweis
geleugnet.
Heidegger spricht in seinem Buch Der Satz vom Grund48 ber
dasPrinzip vom zureichenden Grund, das er kurz so formuliert:
Nichts istohne Grund. Dieser Satz gilt nach ihm nur vom Seienden:
Jedes Seiendehat seinen Grund. Dieser Grund ist letztlich das Sein.
Darum kann Seinnie erst noch einen Grund haben, der es begrnden
sollte. Demgembleibt der Grund vom Sein weg. Der Grund bleibt ab
vom Sein. Im Sinnesolchen Ab-bleibens des Grundes vom Sein 'ist'
das Sein der Ab-Grund. 49Man ist versucht, diese Stze so zu deuten,
da Grund hier Ursachemeint. Aber Heidegger leugnet nicht nur, da
das Sein selbst nicht voneinem anderen her, d. h. durch eine
Ursache, begrndet ist: Das Sein...hat selber keinen Grund. Dies
jedoch nicht deshalb, weil es sich selbstbegrndet, sondern weil
jede Begrndung, auch und gerade diejenigedurch sich selbst, dem
Sein als Grund ungem bleibt. Jede Begrndungund schon jeder Anschein
von Begrndbarkeit mte das Sein zu etwasSeiendem herabsetzen. Sein
bleibt als Sein grundlos.50 An anderer Stelleheit es: Das Sein ist
das Weil fr alles andere, aber das Weil, das alleBegrndung und
jedes Warum abwehrt,... das einfache, ohne Warumschlichte
Vorliegen, woran alles liegt, darauf alles ruht.51 Auch dieseStze
machen den Eindruck, als werde hier vom Sein selbst, wie immer
esverstanden werden mag, jede Art von Begrndetsein
ausgeschlossen.3. Metaphysisches und physisches Kausalprinzip.
Der geschichtliche berblick, den wir hiermit abschlieen, hat
unsgezeigt, wie vielschichtig die Problematik des Kausalprinzips
ist. Es kannnicht unsere Absicht sein, alle diese Probleme in
diesem einen Kapitel zu
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behandeln. Wohl aber ist es notwendig, die eigene
Fragestellungabzugrenzen gegen andere Probleme, mit denen sie
manchmal vermischtwird, die aber der Klarheit willen durchaus von
ihr zu unterscheiden sind.
141 Hierzu gehrt an erster Stelle die Unterscheidung des
metaphysischenKausalprinzips von jenem anderen Satz, den wir das
physischeKausalprinzip nennen wollen. Dabei knnen beide wieder
verschiedenaufgefat werden, das metaphysische Kausalprinzip
entweder nur im Sinnder griechischen Philosophie (Platon und
Aristoteles) als metaphysischeAussage ber das Verursachtsein aller
Bewegung, d. h. Vernderung,letztlich durch einen berweltlichen
ersten Beweger bzw. Demiurgen,oder im Sinn der christlichen
Philosophie (insbesondere des Thomas vonAquin) als Aussage ber das
Verursachtsein alles kontingenten Seienden;das physische
Kausalprinzip entweder als ein Satz, der, wenn auch nur
iminnerweltlichen Bereich, d. h. nur zwischen den innerweltlichen
Vorgngen,doch noch von Kausalitt im Sinn echter Wirkurschlichkeit
spricht, oderals ein Satz, der sich auf die Behauptung eines
gesetzmigen zeitlichenNacheinander der Naturvorgnge, und zwar
entsprechend demmethodischen Positivismus der Naturwissenschaft der
empirischverizierbaren Naturvorgnge, beschrnkt; diese letztere
Auassung magals die physikalische Kausalittsauassung bezeichnet
werden;52 ihreEinschrnkung auf das empirisch Feststellbare fhrt
dabei zur Leugnungder durchgehenden Geltung des Kausalprinzips. Wir
vergleichen imfolgenden das metaphysische Kausalprinzip im Sinn der
christlichenPhilosophie mit dem physischen Kausalprinzip und der
physikalischenKausalittsauassung.
Der Unterschied betrit zunchst den Geltungsbereich der
beidenPrinzipien, der sich im logischen Subjekt der beiden Stze
ausdrckt. Dasphysische Kausalprinzip gilt, insoweit es zu Recht
behauptet wird, aufkeinen Fall ber den Bereich des materiellen,
krperlichen Seiendenhinaus, das metaphysische Kausalprinzip dagegen
gilt von allemkontingenten Seienden, auch dem geistigen. Dazu kommt
ein zweiterUnterschied: Das physische Kausalprinzip betrit die
Vorgnge immateriellen Bereich, das metaphysische, im Sinn der
christlichenPhilosophie verstanden, nicht nur die Vorgnge oder
Vernderungen,sondern das kontingente Sein der Seienden selbst.
Der engere Geltungsbereich des physischen Kausalprinzips
ermglichtan sich. eine inhaltlich bestimmtere Aussage, ein
bestimmteres Prdikat.So ist es in der Tat, insoweit das physische
Kausalprinzip alsphilosophischer, genauer: naturphilosophischer
Satz gefat wird; soverstanden, fordert es fr das Geschehen in der
materiellen Welt eineinnerweltliche, notwendig wirkende Ursache; in
der rein physikalischenKausalittsauassung allerdings wird vom
eigentlichen Wirken derUrsache abgesehen, und es bleibt nur die
Forderung eines zeitlichvorhergehenden Vorgangs, auf den der zu
erklrende Vorgang strenggesetzmig (notwendig) folgt: Kausalitt wird
gleich Gesetzmigkeit. Immetaphysischen Kausalprinzip dagegen ist
die Annahme einer wirkendenUrsache unabdingbar, jedoch bleibt die
Mglichkeit einer frei wirkenden, jaeiner berweltlichen Ursache
zumindest oen.
142 Damit hngen zwei weitere Unterschiede zusammen, erstens
einUnterschied, der den Grad der Notwendigkeit der Aussage (der
Verbindungvon Subjekt und Prdikat) betrit: Gewi kann das materielle
Seiende, sichselbst berlassen, immer nur in der durch die
Naturgesetze bestimmtenWeise wirken, aber diese Wirkung ist doch
nicht einfachhin absolutnotwendig; das Eingreifen einer hheren
Ursache, durch das die physischeNotwendigkeit im Einzelfall
durchbrochen wird, lt sich zumindest nichtmit zwingenden Beweisen
ausschlieen, wie sogar die Verteidiger desPrinzips der
geschlossenen Naturkausalitt zugeben. Diese hhereUrsachen ist zwar
letztlich der berweltliche Schpfer der Welt, aber auchdie
menschliche Freiheit ist ein wirkendes Prinzip, das durch
Vermittlungder Bewegungsnerven und der Glieder des Leibes,
namentlich der Hnde,in der Krperwelt Vernderungen bewirkt, die ohne
diese Leitung nicht
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zustande gekommen wren.Ein zweiter Unterschied betrit den
Abschlu der Kausalreihe. Das
physische Kausalprinzip lt, wie Kant richtig gesehen hat, keinen
Schluauf eine erste, selbst nicht mehr verursachte Ursache zu, eben
weil es alsUrsache einen im wesentlichen gleichartigen (ebenfalls
rumlich-zeitlichen) Vorgang fordert; grundstzlich ist in dieser
horizontalenKausalreihe ein Fortgang ins Unendliche nicht
auszuschlieen.53 Dasmetaphysische Kausalprinzip dagegen, in dem das
Gegebene nicht aufeine wesentlich gleichartige Ursache zurckgefhrt
wird, fordert letztlicheine selbst nicht verursachte Ursache, geht
also ber die horizontaleKausalitt hinaus auf eine vertikale, ins
Transzendente vorstoendeKausalitt.
Nach dem Gesagten kann das physische Kausalprinzip,
alsnaturphilosophischer Satz ber das Wirken der Krper verstanden,
soformuliert werden: Innerhalb der materiellen Welt ist alles
Wirken sodeterminiert, da gleiche Ursachen stets gleiche Wirkungen
hervorbringen.In der physikalischen Auassung wird der Satz auf das
empirischFeststellbare, also einerseits auf die empirischen
Phnomene, anderseitsauf das zeitliche Nacheinander, beschrnkt; dann
ergibt sich allerdingsnotwendig die Leugnung der Allgemeingltigkeit
des Kausalprinzips, da dieempirische Feststellbarkeit der
determinierenden Faktoren weder a priorigefordert werden kann noch
durch die Erfahrung stets besttigt wird;zumindest in der
Mikrophysik ist der empirische Nachweis eindeutigerGesetzmigkeit
des Geschehens nicht zu erbringen. Das metaphysischeKausalprinzip
wird dadurch nicht berhrt, schon deshalb nicht, weil esberhaupt
nicht eine notwendig wirkende Ursache fordert. Es mag imGegensatz
zum physischen Kausalprinzip zunchst so formuliert werden:Das
kontingente Seiende hat das Sein durch das Wirken einer
Ursache.Genauer wird sein Sinn gegenber dem Satz vom zureichenden
Grundabzugrenzen sein.
143 4. Mehrdeutigkeit des Wortes 'Ursache'.Zuvor mu noch eine
andere Unstimmigkeit besprochen werden, die
ebenfalls, wenigstens zum groen Teil, in der einseitigen
Bevorzugung desphysischen Kausalgedankens ihre Wurzel hat. Gabriel
Marcel hat einmalgeuert, zweifellos sei es die Anwendung der
Kategorie der Kausalitt aufGott, die als Hauptquelle des Atheismus
gelten msse.54 Diese zunchstbefremdliche Behauptung wird
verstndlich, wenn man beachtet, datatschlich der Begri der
'Ursache' heute weithin in einem reinkategorialen Sinn aufgefat
wird, eben als die in der materiellen Weltvorausgesetzte
naturgesetzliche Kausalitt. Es ist vllig klar, da dieserKausalbegri
nicht auf Gott angewandt werden kann; denn das hiee, Gott wenn auch
als erstes Glied in die materielle Kausalreiheeinbeziehen; ein
solcher Gott wre in der Tat kein Gott mehr.
Aber auch abgesehen davon widerstrebt es uns, Gott 'Ur-sache'
zunennen. Wenn schon der Mensch keine 'Sache' ist, so Gott erst
recht nicht.Die Sprache und ihre Notwendigkeiten bringen uns hier
in eine echteVerlegenheit. Wenn wir von einer Person sprechen als
dem jemand, deretwas durch sein Wirken zum Dasein gebracht hat, ist
es leicht mglich,das Wort 'Ursache' zu vermeiden; wir sprechen etwa
von dem 'Urheber',oder von Gott als dem 'Schpfer' der Welt.
Philosophisch aber ist ein Wortunvermeidlich, das die verschiedenen
Arten des Hervorbringens, daspersonale wie das sachhafte, mit einem
gemeinsamen Wort bezeichnet.Denn bei aller tiefgreifenden
Verschiedenheit der Wirkweise bleibt docheine (analoge)
Gemeinsamkeit, eben des Wirkens und Bewirkens, unddiese
Gemeinsamkeit scheint ein gemeinsames Wort, auch eingemeinsames
Substantiv zu fordern.
Das Wort 'Ursache' erscheint nun hier ebenso ungeeignet wie
kaumvermeidlich. Ungeeignet, weil es den Gedanken eines
sachhaften'Verursachens' weckt; kaum vermeidlich, weil im
philosophischenSprachgebrauch von jeher die grammatisch oder
wenigstens dem
J. de Vries: Grundfragen der Erkenntnis, Kapitel 8...
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Sprachgebrauch nach neutralen Bezeichnungen fr den Personales
undSachhaftes zusammenfassenden bergeordneten Begri verwendetworden
sind und man auch nicht sieht, wie man es anders machen sollte denn
die personalen Bezeichnungen sind dem Sprachgebrauch nacherst recht
fr das Sachhafte nicht gem.
144 So brauchte man von jeher das Wort 'das Seiende' fr Personen
undSachen, hnlich das Wort 'Substanz', und so auch das Wort
'Ursache'. DieWandlung des Sprachgebrauchs hat es mit sich
gebracht, da namentlichdie Wrter 'Substanz' und 'Ursache' fast
notwendig miverstanden werden.Dasselbe gilt von dem Wort
'Kausalitt'. Dieses Wort lt sich durch'Wirken' bzw. 'Wirksamkeit'
oder hnliche Wrter ersetzen. Das Wort'Ursache' als gemeinsame
Bezeichnung fr die personale und die nicht-personale 'Ursache' ist
schwerer zu ersetzen. Vielleicht ist das Wort'Prinzip' (obwohl
ebenfalls unvermeidlich ein Neutrum, aber nicht sobelastet wie
'Ursache') brauchbar. Man wird freilich dagegen sagen, diesesWort
habe in der berlieferten scholastischen Terminologie einen
weiterenSinn als 'Ursache' (causa).55 Aber die Gefahr des
Miverstndnisses isthier doch viel geringer als bei Verwendung des
Wortes 'Ursache'. Fr'Ursache' im engeren Sinn von 'Wirkursache' wre
entsprechend'wirkendes Prinzip' zu sagen, wenn nicht im
Zusammenhang 'Prinzip' alleinhinreichend klar ist (wie man ja auch
oft einfachhin von 'Ursache' spricht,wo 'Wirkursache' gemeint ist).
Das metaphysische Kausalprinzip wredanach zu formulieren: Das
kontingente Seiende hat das Sein durch einwirkendes Prinzip.5. Das
Prinzip vom zureichenden Grund.
Wie aber verhlt sich das metaphysische Kausalprinzip zum
Prinzipvom zureichenden Grund, das Leibniz als das allgemeinere
Prinzipbetrachtete, von dem das Kausalprinzip ein Sonderfall ist?
Leibnizformuliert den Satz vom zureichenden Grund, wie wir schon
sahen,folgendermaen: Es kann sich keine Tatsache nden, die wahr
oderexistierend ist, und keine Aussage kann wahr sein, ohne da es
einenhinreichenden Grund dafr gbe, warum es sich so verhlt und
nichtanders.56 Hier wird ein hinreichender Grund gefordert
einerseits fr alleTatsachen wir wrden sagen: Sachverhalte, da das
Wort Tatsacheim heutigen Sprachgebrauch, wenigstens dem
philosophischenSprachgebrauch, auf die kontingenten, wahrnehmbaren
Sachverhalteeingeschrnkt ist57 anderseits auch fr die Wahrheit der
Aussagen.Wenn dies letztere nicht der Sache nach mit dem ersteren
zusammenfallensoll, liegt es nahe, in ihm eine Formulierung des
logischen Prinzips vomzureichenden Grund zu sehen; es bleibe
dahingestellt, wie Leibniz selbst esaufgefat hat.58
145 Der Satz vom hinreichenden Grund als logischer
bzw.erkenntnistheoretischer Satz fordert nicht eigentlich einen
Grund fr denSachverhalt rein an sich betrachtet (nicht einen
Seinsgrund) alsvielmehr einen Grund fr seine Behauptung, einen
Erkenntnisgrund, dermir zeigt, da der Satz wahr (bzw. wenigstens
wahrscheinlich) ist unddarum zu Recht behauptet wird. Dieser Grund
braucht keineswegs derSeinsgrund zu sein, von dem das Bestehen des
im Urteil behauptetenSachverhaltes an sich abhngt. In der bloen
Erfahrungserkenntnis ist derErkenntnisgrund die Tatsache meiner
Wahrnehmung, die seinsmig ehereine Folge der behaupteten Tatsache
als ihr Grund ist. So ist etwa meinSehen der Grund, warum ich mit
Recht behaupte, da es regnet; derRegen selbst aber hngt nicht von
meinem Sehen ab, sondern umgekehrtmein Sehen von der Tatsache des
Regnens. Der logische Satz vom Grundist also eine Regel fr das
richtige Urteilen, die willkrliche Behauptungenverbietet.
Nicht der Satz vom Grund in diesem Sinn, sondern nur das
Prinzipvom zureichenden Seinsgrund ist es also, das hier mit dem
Kausalprinzipzu vergleichen ist. Dieses ist nicht eine Regel fr den
rechten Vollzug des
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Urteils, nicht ein Sollenssatz, sondern, ebenso wie das
Kausalprinzip, eineSeinsaussage, die besagt, da jeder Sachverhalt
wirklich einenhinreichenden Grund hat, durch den er besteht. Das
gilt nicht nur vombloen Dasein jedes Seienden, sondern auch von
jedem Sosein, das ihmzukommt, auch von den Wesensverhalten, die vom
realen Daseinabsehen (etwa, da zweimal zwei gleich vier ist). Wenn
aber der Satz vomzureichenden Seinsgrund so verstanden wird, da
jeder Sachverhalt seinenGrund in einem anderen, irgendwie frheren
hat, so wrde sich oenbarein Rckgang ins Unendliche ergeben. Dieser
aber ist hier unmglich, ebenweil der Satz vom Grund nicht, wie etwa
das physische Kausalprinzip, aufeinen endlichen Bereich (der
materiellen Vorgnge) eingeschrnkt ist,sondern uneingeschrnkt gelten
soll; es wrde sich also ergeben, da alleSachverhalte von einem
andern abhngig sind, da aber letztlich keinSachverhalt bestnde, von
dem alle abhngig sind. Der Satz vom Grundkann also nur dann gelten,
wenn vorausgesetzt wird, da es Sachverhaltegibt, die nicht in einem
andern, sondern in sich selbst ihren Seinsgrundhaben. Was heit das
aber: Ein Sachverhalt ist in sich selbst begrndet? Eswill sagen,
das Seiende, das im Subjekt des den Sachverhaltausdrckenden Satzes
bezeichnet wird, sei selbst der Grund, warum ihmdie im Prdikat
ausgesagte Bestimmung zukommt (wie etwa das Sein desSeienden der
hinreichende Grund ist, warum sein Nichtseinausgeschlossen
ist).
146 Es braucht also nichts anderes, weder das Wirken eines
anderen Seienden,noch ein eigenes Wirken, hinzuzukommen, sondern
allein aufgrund dessen,da etwas ein solches ist, hat es die
betreende Bestimmung, wie z. B.etwas, weil es ein Seiendes ist,
nicht gleichzeitig nicht sein kann. Das heitaber mit anderen
Worten: Die betreende Bestimmung kommt einemsolchen Seienden aus
seinem Wesen heraus und darum notwendig zu.
Der Satz vom zureichenden Grund unterscheidet sich also
dadurchvom Kausalprinzip, da er nicht nur von kontingenten, sondern
auch vonnotwendigen Sachverhalten gilt; allerdings fordert er nicht
fr jedenSachverhalt ein wirkendes Prinzip, sondern einen Grund. Was
bedeutethier das Wort 'Grund'? Das Wort mu oenbar gegenber der
besonderenArt von Grundsein, die dem wirkenden Prinzip eigen ist,
einen weiteren,allgemeineren Sinn haben. Grund in diesem weitesten
Sinn ist all das,'warum' etwas ist, nicht verstanden nur als das,
warum wir wissen, daetwas ist das wre nur ein Erkenntnisgrund ,
sondern als das, warumder Sachverhalt selbst an sich besteht, der
Seinsgrund. Den Seinsgrundvon etwas kennen, heit nicht nur wissen,
da es tatschlich so ist,sondern es auch begreifen. Insofern ist der
Satz vom zureichendenGrund gleichbedeutend mit der Behauptung, da
alles Seiende von sichaus begreifbar ist. Auf diesen Zusammenhang
werden wir nochzurckkommen mssen.
Da ein absolut notwendiger Sachverhalt einen hinreichenden
Grundhat, ist nach dem Gesagten ein analytisches Urteil, ja
geradezu eineTautologie. Denn ein absolut notwendiger Sachverhalt
ist ja nach demGesagten gerade ein Sachverhalt, in dem einem
Seienden eineBestimmung auf Grund seines Wesens zukommt, also gewi
nicht ohneGrund. Was der Satz vom hinreichenden Grund ber
dieseSelbstverstndlichkeit hinaus als eigentlich neue Einsicht
ausspricht, dasist eben dies, da auch der nicht-notwendige
Sachverhalt einenhinreichenden Grund hat. Dieser Einsicht
entspricht die Formulierung desThomas von Aquin: Alles, was einem
Seienden nicht aufgrund seinesWesens zukommt, das kommt ihm durch
eine Ursache zu.59 DieseFormulierung bringt die eigentlich neue
Einsicht, die im Prinzip vomzureichenden Grund enthalten ist,
klarer zum Ausdruck als dieverschiedenen Formulierungen von
Leibniz, in denen ununterschieden frjeden Sachverhalt ein Grund
gefordert wird, warum er eher ist als nichtist (cur potius sit quam
non sit).60
147 Ein Sachverhalt aber, der darin besteht, da einem Seienden
einereale Bestimmung zukommt, jedoch nicht notwendig aufgrund
seines
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Wesens, ist ein kontingenter Sachverhalt. Das so verstandene
Prinzipvom zureichenden Grund besagt also, da jeder kontingente
Sachverhaltseinen Grund in einem vom Wesen des Seienden, dem die
betreendeBestimmung (z. B. das Denken) zukommt, verschiedenen
Prinzip, d. h. ineiner Ursache hat. Dabei kann nicht ohne weiteres
ausgeschlossenwerden, da das (bzw. der) Seiende, z. B. dieser
Mensch, zwar nicht durchsein Wesen, wohl aber durch sein eigenes
Wirken Ursache derhinzukommenden Bestimmung (z. B. des Denkens)
ist. Nur in einem Fallscheint dies ohne weiteres ausgeschlossen zu
sein, nmlich wenn dieBestimmung, die dem (kontingenten) Seienden
zukommt, das eigene Seinselbst ist. Denn es ist klar, da das Wirken
das Sein bereits voraussetzt.Ein Seiendes, dem das Sein nicht
wesensnotwendig ist, d. h. einkontingentes Seiendes, kann sich also
nicht durch sein eigenes Wirken dasSein geben, es kann sich nicht
selbst bewirken, sich nicht selbstwirkendes Prinzip (causa eciens)
sein. Um von den Schwierigkeiten,die angedeutet wurden
(Selbstverwirklichung ber das erste [substantielle]Sein hinaus)
abzusehen, verstehen wir das metaphysische Kausalprinzipzunchst in
dem Sinn, da ein kontingentes Seiendes nur durch ein (vonsich
selbst verschiedenes) wirkendes Prinzip (sein eigenes) Sein
habenkann. Oder: Jedes kontingente Seiende hat das Sein dadurch, da
es voneinem (von sich selbst verschiedenem) wirkenden Prinzip
bewirkt ist.
148 6. Zur Erklrung der Begrie, die in dem soverstandenen
metaphysischen Kausalprinzipvorkommen!
Zunchst zum Begri 'kontingent'. Wir verstehen 'kontingent'
hiernicht, wie es in der klassischen Logik verstanden wird, nmlich
als denkontradiktorischen Gegensatz des 'Notwendigen', d. h. als
die(uneingeschrnkte) 'Mglichkeit des Nichtseins' (quod potest non
esse); soschliet das 'Kontingente' auch das Unmgliche ein. Vielmehr
verstehenwir hier das 'Kontingente' so, wie es gewhnlich in der
Metaphysikverstanden wird, nmlich als das, was sowohl die
Mglichkeit zu sein wiedie Mglichkeit nicht zu sein hat (quod potest
esse et potest non esse); esschliet also nicht nur das Notwendige,
sondern auch das Unmgliche aus.Selbstverstndlich ist das nicht im
Sinn der Mglichkeit, gleichzeitig zu seinund nicht zu sein
(possibilitas simultaneitatis) zu verstehen das wregegen das
Nichtwiderspruchsprinzip; sondern es ist zu verstehen nur imSinn
der gleichzeitigen Mglichkeit (simultanea possibilitas) zu sein
undnicht zu sein. Die Denition kann, entsprechend den
verschiedenenAbstufungen der Mglichkeit, verschieden verstanden
werden. Thomasvon Aquin versteht das Wort 'contingens' oft im Sinn
dessen, was physischmglich, aber nicht physisch notwendig ist, so
da auch die physischeMglichkeit des Nichtseins besteht; in diesem
Sinn ist das physisch(naturgesetzlich) Notwendige nicht mehr
'kontingent'. Wir verstehen dasWort 'kontigent' dagegen, wie es dem
neueren Sprachgebrauch mehrentspricht, im Sinn der absoluten
Mglichkeit zu sein und nicht zu sein; soist auch das (nur) physisch
Notwendige noch kontingent. Mit anderenWorten: 'kontingent' ist,
was aus seinem Wesen heraus die Mglichkeit zusein und die
Mglichkeit nicht zu sein hat, was aus seinem Wesen herauszu Sein
und Nichtsein indierent ist, was also aus sich allein noch
nichtwirklich ist, sondern das wirkliche Sein nur hat als etwas,
was ihm nichtunbedingt notwendig zukommt, also das, was Thomas mit
dem AusdruckSeiendes durch Teilhabe (ens per participationem)
bezeichnet. 61
Da ein Seiendes in diesem Sinn kontingent ist, lt sich
nichtunmittelbar wahrnehmen. Es mu also von einem der
Wahrnehmungzugnglichen Kriterium her erschlossen werden. Das
einleuchtendsteKriterium der Kontingenz ist die Tatsache des
Beginnens oder Aufhrensder Existenz eines Seienden. Was vorher
nicht war und jetzt ist (oderumgekehrt), das hat oenbar von sich
aus die Mglichkeit zu sein undauch die Mglichkeit nicht zu sein,
nach dem alten Spruch: Ab esse valetillatio ad posse (Vom Sein gilt
der Schlu auf die Mglichkeit). Ob es noch
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andere Kriterien der Kontingenz gibt, bleibe hier noch
unerrtert. Im 10.Kapitel werden wir darauf zurckkommen.
Das Wort 'Seiendes' meint hier nicht das nur Mgliche und auch
nichtdas 'Etwas', das von Dasein oder Nichtdasein absieht (ens
nominalitersumptum), sondern das wirklich Seiende, Existierende
(ensparticipialiter bzw. verbaliter sumptum). Da ein 'kontingentes
Seiendes'ist, besagt also den Sachverhalt, da ein Seiendes, das von
sich aus auchdie Mglichkeit nicht zu sein hat, jetzt tatschlich
existiert. Dagegen kannhier noch davon abgesehen werden, da 'Sein'
bei Thomas mehr besagtals bloes 'Dasein' (existentia). Es gengt
hier, unter 'Sein' das wirklicheExistieren zu verstehen. Sonst wrde
die Darlegung mit einer unntigenSchwierigkeit belastet. Im 10.
Kapitel werden wir auf die hier oenbleibende Frage ausfhrlich
eingehen.
149 Das Wort 'Prinzip'(hier im Sinn des lat. causa) bedeutet ein
Etwas,durch das ein anderes kontingentes Etwas irgendwie zum Dasein
gebrachtwird; 'irgendwie', weil es verschiedene Weisen des
Zum-Dasein-Bringensgibt, denen entsprechend verschiedene Arten von
'Prinzipien' ('Ursachen')unterschieden werden. So unterscheidet
Aristoteles bekanntlich Material-und Formalursache, Wirkursache und
Zielursache.62 Das 'wirkendePrinzip'(causa eciens) ist also eine
besondere Art des 'Prinzips', die durchdie besondere Art, wie das
Prinzip zum Dasein eines andern beitrgt,gekennzeichnet ist. Diese
besondere Art des Zum-Dasein-Bringens ist das'Wirken' im Sinn von
'Bewirken', 'wirkend Hervorbringen'. Die Bedeutungdieser Wrter ist
uns ursprnglich gegeben in der inneren Erfahrungunseres eigenen
willentlichen Wirkens.63
7. Transzendentale Deduktion des Kausalprinzips.Nach so vielen
wegen der geschichtlich gewordenen
Mehrdeutigkeiten leider unvermeidlichen Begrisklrungen
undAbschirmungen gegen Miverstndnisse knnen wir uns endlich
derBegrndung des Kausalprinzips zuwenden. Und zwar versuchen
wirzunchst eine Art transzendentaler Deduktion.64
BeimNichtwiderspruchsprinzip sahen wir, da es wenigstens in dem
SinnBedingung der Mglichkeit jedes Urteils ist, da seine Leugnung
jedesUrteil wieder zerstrt. Das gleiche lt sich vom Kausalprinzip
nicht sagen.Wohl aber ist es Bedingung der Mglichkeit all jener
Urteile, die auf derKonvergenz von Grnden beruhen.65 Das aber sind
die allermeistenunserer Urteile.
In der Tat, wenn die Konvergenz der Grnde, die in so vielen
Urteilenunserer Zustimmung zugrunde liegt, ohne jede
entsprechende(gemeinsame) Ursache mglich wre, dann wren alle diese
Urteileunbegrndet und willkrlich, und man mte annehmen, da diese
Urteilehchstwahrscheinlich falsch sind; hchstens durch einen
Glcksfallknnten sie einmal das Richtige treen. Nur die Annahme, da
dieKonvergenz der Grnde eine entsprechende Ursache haben mu, gibt
unsdie Gewhr, da eine solche Ursache besteht und da daher unsere
Urteileberechtigt sind. Nur die Voraussetzung des Kausalprinzips
gibt uns z. B. dieGewiheit, da das vergangene Erlebnis, an das ich
mich erinnere,Wirklichkeit war, da es die intersubjektive Welt, die
mir die sinnlichenWahrnehmungen erschlieen, wirklich gibt, da die
Naturgesetze, ohnederen Kenntnis alles Wirken nach auen ein
Herumtappen auf gut Glckwre, tatschlich bestehen.66
150 Das heit aber: Wenn wir die Geltung des Kausalprinzips
nichtvoraussetzen, so verliert unser Leben jeglichen Zusammenhang
und unserHandeln seinen Sinn. Alles wrde zu einem Spiel des
Zufalls, und zwar desabsoluten Zufalls. 67 Es mag also wahr sein,
da die Annahme desKausalprinzips nicht Bedingung der Mglichkeit
jedes Urteils ist dasGegenteil drfte sich schwerlich zeigen lassen
, aber sie ist Bedingungder Mglichkeit wirklich menschlichen
Lebens; und schlielich knnen wir
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auch nur deshalb nicht auf jedes Urteil verzichten, weil dies
einem Verzichtauf ein wirklich menschliches Leben gleichkme. Darum
nimmt denn auchniemand im Ernst an, da in jedem Augenblick jedes
Beliebige ohne jedeUrsache geschehen kann, selbst wenn er dies rein
theoretisch frdenkbar erklrt. Und die stillschweigende
Voraussetzung des kausalenZusammenhangs besttigt sich auch immer
wieder durch die Erfllungder Erwartungen, die wir aufgrund dieser
Voraussetzung haben.
Ein Einwand ist hier unvermeidlich: Diese berlegung begrndet
nurdas physische Kausalprinzip; ja sogar die bloe Annahme
einerregelmigen zeitlichen Aufeinanderfolge der innerweltlichen
Vorgngescheint auszureichen, um den Zusammenhang unseres
alltglichen Lebenszu erklren. Die Antwort auf diesen Einwand mu
sein: Es mag stimmen,da diese Voraussetzung als nchste
Voraussetzung hinreicht. Aber dieFrage ist ebenfalls unvermeidlich:
Was ist die Bedingung der Mglichkeitfr die regelmige zeitliche
Aufeinanderfolge? Sie wre vlligunbegreiich und wrde rein willkrlich
angenommen, wenn kein innererZusammenhang bestnde zwischen den
regelmig aufeinanderfolgendenVorgngen, sagen wir A und B. Ein
innerer Zusammenhang besagt aber: Bhngt wirklich von A ab, A ist
sein wirkendes Prinzip oder wenigstens eineBedingung, die mit einem
anderen, nicht wahrnehmbaren, bewirkendenPrinzip regelmig verbunden
ist. 68 In beiden Fllen wird also aufgrunddes stillschweigend
vorausgesetzten Kausalprinzips ein kausalerZusammenhang als Grund
der regelmigen zeitlichen Aufeinanderfolgeangenommen. Ohne diese
Annahme wre die vorausgesetzte regelmigeAufeinanderfolge wieder ein
absoluter Zufall.
Man wird entgegnen, diese berlegung zeige allerdings, da
diephysikalische Kausalittsauassung allein nicht genge, aber ber
siehinaus sei doch nur das physische Kausalprinzip als notwendig
erwiesen,nicht das metaphysische. Wiederum ist mit der Gegenfrage
zu antworten:Warum nehmen wir an, da das physische Kausalprinzip
gilt, was ist seineBedingung der Mglichkeit? Warum gilt es? Ist
etwa der rumlich-zeitlicheoder der innerweltliche Charakter der
Vorgnge der Grund, warum sienicht ohne jedes wirkende Prinzip,
absolut zufllig, eintreten knnen?
151 Wenn der absolute Zufall berhaupt mglich wre, warum sollte
er dannim rumlich-zeitlichen, innerweltlichen Bereich unmglich
sein? Das wrein der Tat nicht einzusehen. So ist denn auch die
eigentlicheVoraussetzung, die das spontane Denken zur Annahme eines
innernZusammenhangs in der Welt drngt, viel mehr die berzeugung, da
eskeinen absoluten Zufall gibt, das heit die Voraussetzung
desmetaphysischen Kausalprinzips. Ihm gegenber ist das Besondere
desphysischen Kausalprinzips und der physikalischen
Kausalittsauassung,nmlich die notwendige Aufeinanderfolge der
Vorgnge, durchaussekundr und oenbar fr das Denken weniger zwingend.
Die letzteVoraussetzung, die unsere berzeugung vom Zusammenhang und
derSinnhaftigkeit unseres Lebens ermglicht, ist die berzeugung, da
es denabsoluten Zufall, das vllig ursachlose, im Sinne N. Hartmanns
absolutkontingente Geschehen und Sein nicht gibt, das heit, die
berzeugungvom metaphysischen Kausalprinzip.
Aber wird bei alledem nicht das Prinzip vom zureichenden
Grundvorausgesetzt? Diese Behauptung wre sehr ungenau. Richtig
istallerdings, da durch unsere berlegung nur gezeigt wird, da wir
imspontanen Denken dieses Prinzip, insofern es auch fr alles
kontingenteSeiende einen Seinsgrund fordert, notwendig stets
voraussetzen. Es ist dieBedingung der Mglichkeit all unseres
sinnvollen Handelns. Eben dies zuzeigen, war die Aufgabe der
transzendentalen Deduktion desKausalprinzips. Sie zeigt die
Unvermeidlichkeit seiner Annahme, gibt aberfr sich allein noch
keine innere Einsicht seiner Wahrheit. Innere Einsichtgibt nur der
Aufweis der Evidenz, dem wir uns nunmehr zuwenden.8. Evidenz des
metaphysischen Kausalprinzips.
Was berechtigt uns, das Prdikat 'bewirkt' mit dem Subjekt
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'kontingentes Seiendes' als notwendig zu verbinden? Wie kommen
wirberhaupt dazu, diese Begrie, obwohl sie nicht inhaltsgleich
sind,miteinander zu verbinden? Der Anla dazu drfte das Erleben des
Wirkensund Bewirkens in der eigenen inneren Erfahrung sein. Wir
erleben unsselbst nicht blo als Zuschauer des Kommens und Gehens
unserer innerenZustndlichkeiten, sondern in manchen Fllen auch als
wirkendes,bewirkendes Prinzip unserer Akte. So etwa, wenn wir
willentlich unsereAufmerksamkeit auf etwas lenken und durch
planmiges Denken dieLsung einer Aufgabe erarbeiten, oder wenn wir
uns gegen innereWiderstnde einen Entschlu abringen. Hier erleben
wir es, da dieseAkte nur deshalb zum Dasein kommen, weil wir sie
selbst durch unserWirken setzen. Wenn wir diese Erfahrung nicht
htten, woher sollten wirdann berhaupt auf den Gedanken eines
'Bewirkens', eines aktiven'Hervorbringens' eines Seienden,
kommen?69
152 Anderseits erfahren wir bei andern Akten, z. B. bei
unsernWahrnehmungen, kein eigenes Wirken, durch das die Akte zum
Daseinkommen. Wir erleben uns hier nur als Zuschauer, die
Wahrnehmungenscheinen ohne unser Zutun von selbst zu entstehen.
Gibt es also zweiArten von Entstehen, ein Entstehen durch das
Wirken eines wirkendenPrinzips und ein Entstehen ohne ein solches
Wirken? Das folgt natrlichnicht daraus, da wir bei manchen Akten
kein Wirken erleben. Es knnte jadas Wirken eines von uns selbst
verschiedenen Prinzips oder auch einunbewut bleibendes Wirken unser
selbst vorliegen. Die Erfahrung alleinbegrndet aber auch diese
Annahme nicht. Die Frage nach derNotwendigkeit eines wirkenden
Prinzips fr das Entstehen eines Seiendenwird jedoch durch die
genannten Erfahrungen nahegelegt.
Die Frage ist also: Kann das Seiende, das zu sein beginnt, nur
durchdas Wirken eines wirkenden Prinzips zum Dasein gelangen? Und
wenn ja,warum ist das so, welches ist der Grund fr die
Notwendigkeit eineswirkenden Prinzips? Warum kann das, was bisher
nicht wirklich bestand,nicht von selbst, ohne jedes von ihm
verschiedene Prinzip zum Daseingelangen? Eine erste Antwort knnte
sein: Eben weil dieses Seiende nichtimmer da war, weil es erst
entsteht, darum bedarf es eines anderen, dases zum Dasein bringt.
Aber bedrfte es, wenn es immer da gewesen wre,allein deshalb keines
anderen Prinzips? Wrde das rein tatschlicheanfanglose Dasein sich
selbst gengen? Htten wir dann nicht dasabsolut kontingente Seiende
N. Hartmanns? Die Frage mu also gestelltwerden: Ist das Entstehen
als solches der letzte Grund fr dieNotwendigkeit eines wirkenden
Prinzips? Oder mssen wir darberhinausgehen?
Jedenfalls ist das Entstehende, eben weil es vorher nicht war
undnachher ist, oenbar kein aus sich selbst notwendiges, sondern
einkontingentes Seiendes; sonst htte es immer sein mssen. Das
wirklicheSein kommt ihm, z. B. unserm Willensakt oder auch
unsermWahrnehmungsakt, nicht aus sich selbst, aufgrund dessen, was
es ist(aufgrund seines Wesens), zu; sein Wesen, auch sein ganz
konkretesindividuelles Wesen, ist vielmehr aus sich noch nicht ein
wirklich Seiendes,sondern zu Sein und Nichtsein indierent. Das
Wesen ist also nichtschon Sein, sondern es hat Sein, und zwar so,
da es von sich ausebensogut kein reales Sein haben knnte. Dieses
Seiende, z. B. mein realerAkt, ist also Seiendes durch Teilhabe,
kontingentes Seiendes.
153 Diese seine Kontingenz ist nun aber der Grund, warum es nur
inAbhngigkeit von einem andern Prinzip (von einer Ursache)
wirklichesSein haben kann, und eben darum auch nur in solcher
Abhngigkeitentstehen kann. Sein Wesen ist oenbar nicht Grund seines
Daseins sonst wre es ja doch wieder ein unbedingt notwendiges
Seiendes. DasWesen kann sich auch nicht sozusagen selbst das Dasein
geben, als eine'causa sui', im eigentlichen Sinn, d. h. als ein
Prinzip, das sich selbst vomNichtsein zum Dasein bringt. Denn etwas
vom Nichtsein zum Daseinbringen ist nur mglich durch ein Wirken,
Wirken aber setzt das Daseinbereits voraus. Darum ist der Gedanke
einer 'causa sui' im umschriebenen
J. de Vries: Grundfragen der Erkenntnis, Kapitel 8...
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eigentlichen Sinn ein Ungedanke.70Das kontingente Seiende
besteht also weder aus sich selbst noch
vermag es sich selbst das Dasein zu geben. Es ist von sich aus
dem Daseingegenber vllig hilos, eben deshalb aber auf die Hilfe
eines andernangewiesen. Nur durch die Hilfe eines anderen,
unabhngig von ihmwirklich Seienden, hat es sein Dasein. Das heit
aber: Es hat sein Dasein inAbhngigkeit von einem andern, das ihm
Prinzip des Daseins (Ursacheim weiteren Sinn des Wortes) ist.
Von welcher Art aber ist dieses Prinzip? Wir sahen ja, da es
nachAristoteles mehrere Weisen des Prinzipseins gibt: Material-
undFormalprinzip, wirkendes Prinzip und Zielursache; dazu kommt
noch dasUrbild als Prinzip (die causa exemplaris). Die inneren
Prinzipien(Materie und Form) kommen hier nicht in Frage, da es sich
um dieAbhngigkeit des ganzen Seienden von einem anderen handelt.
Von denueren Prinzipien (wirkendes Prinzip, Ziel und Urbild als
Prinzip) knnendie beiden letztgenannten immer nur durch Vermittlung
des wirkendenPrinzips zum wirklichen Dasein eines kontingenten
Seienden beitragen,indem sie dem Wirkenden ein Musterbild des
hervorzubringenden Werkesbzw. einen zum Wirken anreizenden Wert
vorstellen, der durch das Werkerreicht werden soll. Ob beides stets
notwendig ist, mag hier dahingestelltbleiben. Soviel ist jedenfalls
klar, da Urbild und Ziel allein nichthinreichen, um etwas zum
Dasein zu bringen. Es mu ein Prinzip geben,das nicht blo durch
Vermittlung eines andern, sondern unmittelbar,sozusagen durch
eigenes Handanlegen, das Kontingente zum Daseinbestimmt; das heit
aber: es ist ein wirkendes Prinzip erforderlich, dasdurch sein
Wirken das Kontingente zum Dasein bestimmt, eshervorbringt.
154 Damit ist der Satz, den wir das metaphysische Kausalprinzip
genannthaben, erreicht. Wir haben seine Begrndung absichtlich
zunchst schlichtund einfach, ohne viel Reexion auf ihre Eigenart,
dargelegt, damit auchder Leser sie schlicht auf sich wirken lasse.
Die Einsicht selbst oder gar dieZustimmung vermag der Lehrer,
dessen Worte, wie Augustinus sagt, nurvon auen auordern knnen, sich
der Sache selbst zuzuwenden71, nichtzu bewirken.9. Reexion ber die
Eigenart der Begrndung.
Eine solche ist noch erforderlich, um die Methodenfragen, die
durchsie aufgeworfen werden, beantworten zu knnen. Wir beschrnken
dieseReexion in der Hauptsache auf den Satz, der oenbar fr die
ganzeBegrndung der entscheidende ist: Weil das kontingente Seiende
wederaus sich selbst das Dasein hat noch sich selbst das Dasein zu
gebenvermag, ist es auf die Hilfe eines anderen angewiesen, wenn es
zumDasein kommen soll. Da das kontingente Seiende nicht aus sich
selbstdas Dasein hat, ist allerdings ein analytisches Urteil,
dessen Leugnungeinen formalen Widerspruch bedeuten wrde; denn htte
das kontingenteSeiende das Dasein aus sich selbst, aus seinem Wesen
heraus, dann wrees ein notwendiges, kein kontingentes Seiendes.
Ist aber auch der Satz, da sich das kontingente Wesen nicht
selbstdas Dasein geben kann, ein analytisches Urteil (im Sinne
Kants)? Gewi,da reales Wirken reales Dasein bereits einschliet,
drfte ein analytischerSatz sein. Aber gilt das auch von dem Satz,
da Dasein geben, zumDasein bestimmen, nur mglich ist durch ein
Wirken? Es scheint, da derBegri 'Wirken' mehr besagt als der
allgemeinere Begri 'zum Daseinbestimmen" und sogar mehr als der
Begri "unmittelbar zum Daseinbestimmen"; denn er besagt darber
hinaus die bestimmte Weise, wie das'zum Dasein bestimmen'
geschieht.
Entscheidend bleibt jedoch die Frage nach dem Satz: Was weder
aussich selbst das Dasein hat noch sich selbst das Dasein geben
kann, ist aufdie Hilfe eines andern angewiesen. Da ein solches
Seiendes sich nichtselbst Grund seines Daseins ist, drfte wiederum
ein analytisches Urteil
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sein; es ist ja weder ens a se noch causa sui. Aber ist damit
reinanalytisch gegeben, da es den Grund seines Daseins in einem
uerenPrinzip hat? Oenbar nicht. Allein daraus, da die Beziehung
desBegrndetseins nicht zu sich selbst besteht, folgt nicht
analytisch, da diegleiche Beziehung zu etwas anderem besteht,
ebensowenig wie daraus,da jemand nicht von sich selbst gettet
worden ist, folgt, da er voneinem andern gettet worden ist.
155 Dies folgt nur, wenn schon als sicher vorausgesetzt wird, da
er berhauptgettet worden ist. Und so folgt auch daraus, da etwas
den Grund seinesDaseins nicht in sich selbst hat, nur dann, da es
den Grund seinesDaseins in einem andern hat, wenn bereits
vorausgesetzt wird, da esberhaupt einen Grund seines Daseins hat.
Wenn dies nicht vorausgesetztwird, bleiben aufgrund der bloen
Begrisanalyse drei Mglichkeiten: insich selbst begrndet sein in
einem andern begrndet sein berhauptnicht begrndet sein. Die dritte
Mglichkeit entspricht dabei dem absolutkontingenten Seienden N.
Hartmanns.
Wenn diese Denkmglichkeit als Seinsmglichkeit
ausgeschlossenwird, so liegt darin also eine Synthesis, die ber den
Begri dessen,was nicht in sich selbst begrndet ist, hinausgeht.
Diese Synthesis istaufgrund der Erfahrung nur in einzelnen Fllen
mglich, und auch dann nurals Feststellung der bloen Tatschlichkeit.
So erleben wir in manchenFllen, da wir selbst durch unser Wirken
Urheber bestimmter innerer Aktesind. Da aber ein wirkendes Prinzip
fr das Dasein dieser Akte aufgrundihrer Kontingenz notwendig ist,
scheint sich erst dann zu zeigen, wenn dasMerkmal der Kontingenz
durch begriiches Denken wie wir sahen, nichtdurch Abstraktion
allein72 herausgearbeitet worden ist. Die Synthesiserfolgt also
nicht a posteriori (d. h. aufgrund der Erfahrung), sondern apriori,
unabhngig von der Erfahrung.73 Das metaphysische Kausalprinzipist
also ein synthetisches Urteil a priori, und zwar im Gegensatz
zumNichtwiderspruchsprinzip ein synthetisches Urteil a priori, das
zumSubjektsbegri (kontingentes Seiendes) ein positives Merkmal
(durch einanderes seiend) hinzufgt.
Die Synthesis betrit im Prinzip vom zureichenden Grund aber
nichtdas Verhltnis des Wesens zu dem aus ihm unbedingt notwendig
folgendenMerkmal (Proprium), sondern das Verhltnis des Seienden zu
dem ihm nurkontingenterweise zukommenden Dasein oder Sosein.74 In
diesem Fall hatdas Wort 'Grund' eine Bedeutung, die mit seiner
Bedeutung im Fall desunbedingt notwendigen Sachverhalts nicht vllig
bereinstimmt.75
156 Daher drfte es zur Einsicht des Prinzips vom zureichenden
Grund, wieschon gesagt wurde, geeigneter sein, die beiden
Bedeutungen von 'Grund'ausdrcklich zu unterscheiden und das Prinzip
vom Grund mit Thomas vonAquin zu formulieren: Was einem Seienden
nicht aufgrund seines Wesenszukommt, das kommt ihm durch eine
'Ursache' zu76 bzw. in der dasDasein allein betreenden
Formulierung: Das kontingente Seiende hatsein Dasein in realer
Abhngigkeit von einem andern Seienden (durch einanderes Seiendes
als seine 'Ursache'). Und dies scheint am leichtesteneinsichtig zu
werden, wenn man bedenkt, da das kontingente Seiendeaus sich hilos
ist in bezug auf sein Dasein; der Gedanke, da es ebendeshalb auf
die Hilfe eines andern Seienden angewiesen ist, scheint
sichgeradezu aufzudrngen.77
10. Versuche der Ableitung des Kausalprinzips.Und doch mu die
Reexion zeigen, da das Prdikat des Satzes nicht
in seinem Subjektsbegri enthalten ist. Da wir aber darauf
angewiesensein sollen, zu dem einen Begri den andern ohne weitere
Begrndungund Ableitung, nur aufgrund einer unmittelbaren Evidenz,
hinzuzufgen,das scheint vielen unbefriedigend. Daher die immer
wieder erneuertenVersuche, das Kausalprinzip doch irgendwie
abzuleiten. Es ist, als ob mander Ableitung mehr vertraute als der
besten unmittelbaren Evidenz, diedoch nicht jeden berzeugt. In der
Tat wird nicht leicht jemand einer
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logisch einwandfreien Ableitung widersprechen, insoweit es sich
um denlogischen Zusammenhang zwischen den Prmissen und der
Folgerunghandelt. Von den letzten Voraussetzungen aber wird der
Blick durch diediskursiven Methoden nicht selten abgelenkt. Es ist
aber unvermeidlich,da eine kritische Nachprfung sie aufdeckt, und
dann ist die Frage nachihrer Evidenz und der Eigenart dieser
Evidenz wiederum unvermeidlich.Denn es ist klar, da die Ableitung
nicht ins Unendliche zurckgehen kann,sondern von ersten Stzen ihren
Anfang nehmen mu.
Von welcher Art sind diese ersten Voraussetzungen? Ist unter
ihnenauch nur ein einziges synthetisches Urteil a priori, so wird
sich eben wiederjenes Gefhl des Unbefriedigtseins einstellen. Sind
aber alleVoraussetzungen wirklich analytische Stze, so htte man ja
damit dieersehnte rein analytische Ableitung. Aber da ihr Ergebnis
einsynthetischer Satz a priori sein soll, ist der Verdacht
unvermeidlich, dadas Ergebnis durch eine Doppeldeutigkeit in den
verwendetenBegrisworten erschlichen ist. Man mte ja sonst dem
Schluverfahren,das seiner Natur nach rein analytisch ist, geradezu
Zauberkraftzuschreiben. Durch wiederholte Analyse soll schlielich
doch eine SyntheseZustandekommen, bildlich gesprochen: durch Treten
auf der Stelle sollman vorankommen.
157 Eine scheinbar analytische, in Wirklichkeit aber auf
derDoppeldeutigkeit eines Begriswortes beruhende Ableitung ist
folgende:Wenn das kontingente Seiende nicht durch etwas existierte,
wrde es sichdurch nichts vom Nichts unterscheiden; durch nichts
sich vom Nichtsunterscheiden, heit aber, sich nicht vom Nichts
unterscheiden; also wrdesich das kontingente Seiende nicht vom
Nichts unterscheiden, das heit,es wre ein Seiendes und wre doch
kein Seiendes.
Wie man sieht, ein Versuch einer analytischen Zurckfhrung auf
dasNichtwiderspruchsprinzip78. Es ist aber unschwer einzusehen, da
er aufder Doppeldeutigkeit des Wortes 'durch' beruht. Der Beweis
geht aus vonder probeweisen Annahme des kontradiktorischen
Gegensatzes des zubeweisenden Satzes, also von der Voraussetzung,
ein kontingentesSeiendes sei ohne Ursache und in diesem Sinn 'durch
nichts'. Im Untersatzdagegen (durch nichts sich unterscheiden, heit
sich nichtunterscheiden) wird das 'durch nichts' oenbar in einem
andern Sinnverstanden, nmlich im Sinn von 'durch keine innere Form'
oder 'in nichts'sich unterscheiden. Denn nur so hat der Satz die
Selbstverstndlichkeit,mit der er auftritt: 'sich in nichts
unterscheiden' heit oenbar 'sich nichtunterscheiden'. So aber
enthlt der Schlu eine Quaternio terminorum,beweist also nichts.
Wird dagegen im Untersatz derselbe Sinn des 'durch'wie im Obersatz
beibehalten, so ist er nichts anderes als die Behauptung,die gerade
erst bewiesen werden soll, nmlich: Was nicht 'durch' eineUrsache
existiert, das existiert berhaupt nicht (was allerdings mit
Rechtnur vom kontingenten Seienden gesagt werden kann).
Wenn das, wodurch etwas ist, 'Grund' genannt wird, kann
diegleiche Doppeldeutigkeit im Wort 'Grund' entstehen. Man sagt
etwa: ImNichtwiderspruchsprinzip ist der Satz vom Grund schon
enthalten; denn esbesagt, da das Seiende durch sein Sein ist und
das Nichtsein ausschliet,da also das Sein Grund ist dafr, da das
Seiende ist und nicht nicht ist.Also hat alles Seiende (auch das
kontingente Seiende) einen Grund dafr,da es ist, und dieser Grund
ist das Sein.
158 Gewi ist das Sein jedes Seienden der Formalgrund (ratio
formalis),die innere Form, durch die das Seiende ist und das
Nichtseinausschliet, und in diesem Sinn hat jedes Seiende einen
Grund dafr, daes ist und das Nichtsein ausschliet. Das gilt auch
vom kontingentenSeienden; auch dieses ist durch sein Sein als
Formgrund. Aber damit istder Satz vom Grund hchstens insoweit
gegeben, als er das Verhltnis vonForm und dem aus der Form sich
notwendig Ergebenden betrit. Wennman aber daraus schliet, da in
einem transzendenten Sein selbst bzw.subsistierenden Sein der
(uere) Grund dafr liegt, warum demkontingenten Wesen Sein zukommt,
so wird das Wort 'Grund' in einem
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anderen Sinn verstanden, der sich nicht mehr analytisch aus
demNichtwiderspruchsprinzip ergibt. Hier handelt es sich nicht mehr
um dasSein als den Formgrund, 'durch' den das Seiende ist und das
Nichtseinausschliet, sondern um das wirkende Prinzip, 'durch' das
dieseskontingente Wesen berhaupt ein (wirklich) Seiendes ist, um
den 'Grund',warum dieses Kontingente Sein hat. Und das ist eine
ganz andere Frage. Indiesem Sinn bedarf zumindest das Sein des
Kontingenten, d. h. derSachverhalt, da diesem Kontingenten Sein
zukommt, sehr wohl einesGrundes. Wenn Heidegger79 sagt, das Sein
als solches sei grundlos, sofragt sich, was hier unter 'Sein'
verstanden wird. Soll das subsistierendeSein selbst verstanden
werden, so hat dies allerdings nicht mehr so, wiedas (am Sein
teilhabende) Seiende einen Grund; das annehmen hiee inder Tat, es
zu etwas Seiendem herabsetzen. Aber die Aussage, es sei nurein
schlichtes Vorliegen, ist gewi auch nicht entsprechend.
Allerdingsauch die Aussage, es begrnde sich selbst ist
miverstndlich, da dieAktiv-Form 'begrndet' an ein
Sich-selbst-Bewirken im Sinn einer causasui denken lt. Eine
wirklich angemessene Sprechweise ist gegenberdem alles Ma
bersteigenden unmglich. Darzulegen, welcheSprechweise am ehesten
angeht, ist fr unsere Fragestellung hier nichtnotwendig.
Zum Schlu wenden wir uns noch dem Versuch zu, den Satz
vomzureichenden Grund in seinem umfassenden Sinn aus der Wahrheit
alsdem transzendentalen Attribut alles Seienden abzuleiten. Ohne
Zweifelhngen der Satz vom Grund und die 'ontologische Wahrheit' des
Seienden,insofern sie die Begreifbarkeit alles Seienden besagt,
zusammen, wie wirschon frher bemerkt haben.80 Die Frage ist nur,
wie siezusammenhngen, und welcher der beiden Stze in unserer
Erkenntnis derfrhere (prior) ist.
Es geht uns also nicht darum, den Satz von der
ontologischenWahrheit des Seins, d. h. von seiner Zuordnung zum
Geist, zur geistigenErkenntnis, zu bezweifeln, auch nicht, ihn in
seiner ganzen Sinnflleeinzuschrnken, als besage er nur die
Denkbarkeit alles Seienden, undnicht auch seine Begreifbarkeit und
seine Verstehbarkeit81. Die Frageist nur, wie die ontologische
Wahrheit in diesem umfassenden Sinn erkanntwird.
159 Vom ersten Urgrund alles Seienden im Geist Gottes her lt sie
sich gewierkennen. Die Frage ist aber, ob sie in diesem umfassenden
Sinn sich ausder bloen Analyse des menschlichen Urteils ergibt. 82
Man sagt etwa: DasUrteil bezieht das einzelne Seiende wesentlich
auf das Sein in seinerganzen Weite, in ihm wird also die Gesamtheit
des Seins wenigstensimplizit erfat. Wenn dies aber wirklich
geschieht, so kann es auchgeschehen, das heit, damit ist das
Seiende berhaupt als durch sein Seingeistverwandt, geistig
erkennbar, 'wahr', erfat.
Gewi wird in jedem Urteil Seiendes als Seiendes erfat, und
indiesem Sinn kann man sagen, da es auf die Gesamtheit des
Seinsbezogen wird. Damit ist erwiesen, da das Seiende als solches
und darumalles Seiende fr den urteilenden Geist irgendwie erfabar
ist, aber dochnur insoweit, als es wirklich in jedem Urteil erfat
wird; wenigstens ergibtsich die geistige Erfabarkeit des Seins nur
insoweit aus der bloenAnalyse des Urteils; wird dagegen die
geistige Erfabarkeit in einemweitergehenden Sinn behauptet, so
liegt oenbar bereits eine Synthesevor, die eigens zu rechtfertigen
wre. Nun wird aber in jedem Urteil imbesten Fall das Sein als
Formgrund des Bestehens des betr. Sachverhalteserkannt und
ausgesagt. Mehr kann also auch nicht auf Grund des SatzesAb esse
valet illatio ad posse analytisch gefolgert werden.
DieBegreifbarkeit des Seienden meint aber darber hinaus bezglich
deskontingenten Seienden seine Erklrbarkeit aus einem ueren
Prinzip,letztlich aus dem subsistierenden Sein selbst. Diese
Begreifbarkeit wirdalso nicht in jedem Urteil erkannt, und eben
darum auch nicht das Prinzipvom zureichenden Grund in seiner ganzen
Bedeutung. Darber hinausscheint der Satz vom Grund nicht Folge der
Begreifbarkeit des Seienden,
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sondern umgekehrt diese Begreifbarkeit Folge des Satzes vom
Grund zusein: Weil nicht nur das notwendige Sein in sich selbst
begrndet ist,sondern auch das kontingente Seiende in seinem uern
Prinzip (seiner'Ursache') begrndet ist, eben darum ist jedes
Seiende begreifbar. Diesentspricht auch mehr der Auassung, da die
ontologische Wahrheit alstranszendentales Attribut des Seienden in
Abhngigkeit von diesem, undnicht umgekehrt das Sein in Abhngigkeit
von der ontologischen Wahrheiterkannt wird.83
160 Es bleibt also die Notwendigkeit der Synthesis a priori.
Ohne einesolche Synthesis kommen auch andere, von der unsrigen
verschiedeneBegrndungsversuche des metaphysischen Kausalprinzips
nicht aus84;man mu sich nur fragen, ob nicht vielleicht die
synthetischen Stze, diesie verwenden, schwieriger einzusehen sind
als das Kausalprinzip selbst.Wie dem auch sei, jedenfalls ist das
Kausalprinzip ein synthetischer Satz,und darum mu jeder Versuch, es
allein mit Hilfe von analytischenUrteilen, sei es direkt oder
indirekt, zu begrnden, fehlschlagen. Wer daseinmal eingesehen hat,
der kann nicht mehr mit gutem Gewissen seinenHrern oder Lesern eine
Ableitung des Kausalprinzips anbieten, die denEindruck einer
analytischen Ableitung machen soll. Er kann nur versuchen,die
notwendige apriorische Synthesis so einleuchtend wie mglich
zumachen. Das war der Sinn unserer Ausfhrungen im 8. Abschnitt
diesesKapitels.
Und doch wird diese Begrndung vielen nicht zwingend
erscheinen;dessen ist sich der Verfasser selbst wohl bewut. Und das
eben ist dasUnbefriedigende der Berufung auf eine unmittelbare
Evidenz. Um diesesrgernis zu vermindern, zum Schlu noch einige
Hinweise. Die Altenwaren zumeist der Auassung, die Einsicht in die
Prinzipien ergebe sichmit Notwendigkeit, wenn nur die Begrie
(termini) hinreichend geklrtseien. Diese Auassung drfte aber auf
einem Mangel an Reexionberuhen. Man dachte, wenn man solche Stze
niederschrieb, anSelbstverstndlichkeiten wie etwa, da das Ganze
grer sei als der Teil.Heute sehen wir dagegen deutlicher, da gerade
in den Prinzipien dieeigentlichen Entscheidungen fallen, wenigstens
wenn die Reexion einmaljene Stufe erreicht hat, in denen sie klar
zum Bewutsein kommen.
Die rechte Entscheidung setzt hier ein unbedingtes
Wahrheitsethosvoraus. Vor allem darf man nicht von vornherein
dogmatisch festsetzen,eine Synthesis a priori knne es in keinem
Sinne geben; sonst versperrtman sich selbst den Weg zu einer
unvoreingenommenen Prfung. Gewidarf man sich nicht in
Selbsttuschung eine Evidenz einreden, die es inWirklichkeit nicht
gibt; aber anderseits' darf man sich auch der sichdarbietenden
Evidenz nicht verschlieen. Diese unbedingte Redlichkeit istbei der
Berufung auf Evidenz unabdingbar. Daher die Versuchung, siemglichst
zu vermeiden und durch zwingende, rein wissenschaftlicheDeduktionen
zu ersetzen. Wir sahen aber, da dies nicht mglich ist.
Diegrundlegenden Evidenzen und die Notwendigkeit, sich ihnen
gegenber zuentscheiden, werden vielleicht eine Zeitlang verdeckt,
treten aber beierneuter Reexion, vielleicht an anderer Stelle, um
so deutlicher zutage.So fhrt uns die Errterung der Prinzipien
wieder zu der Problematikzurck, die wir schon im 1. Kapitel in
einer vorlugen Weise besprochenhaben. Sie gilt es nun wiederum
aufzunehmen.
Anmerkungen Kapitel 81 Vgl. S. 124-130. 12 S. 69-72. 23 S. 95.
34 Platon: Philebos 26 e; vgl. Timaios 28 a. 45 Aristoteles: Phys.
7, 1; 241 b 24. 5
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6 Aristoteles: Metaph. 4, 8; 1012 b 31; Phys. 8, 5-6: 257
a33-258 b 12; Metaph. 12, 6; 1071 b 3-22. 6
7 Vgl. S. 124-126. 78 Vgl. Augustinus:Tractatus in Joannem 38 n.
10-11; Migne PL
35, 1679-1681. Enarratio in psalmum 101, Sermo 2, n.10-14: PL
37, 1310-1315. De vera religione, c. 18: PL 34,137.
8
9 Vgl. z. B. Louis De Raeymaeker, La profonde originalit dela
metaphysique de Saint Thomas d'Aquin, in: Miscellaneamediaevalia.
Bd. 2: Die Metaphysik im Mittelalter, Berlin1963, S. 14-29. Mit
besonderer Bercksichtigung desProblems der Kausalitt: Cornelio
Fabro, Partecipazione ecausalita secondo S. Tommaso d'Aquino,
Torino 1960.
9
10 Ens per participationem est causatum ab alio. Diese Formelist
vorausgesetzt: S. th. 1 q. 44 a. l. 10
11 Quod habet esse, et non est esse, est ens perpartieipationem:
S. th. 1 q. 3 a. 4. 11
12 S. th. 1 q. 44 a. l obi. l. 1213 Licet habitudo ad causam non
intret denitionem entis.
quod est causatum, tarnen sequitur ad ea, quae sunt deeius
ratione: quia ex hoc, quod aliquid per participationemest ens.
sequitur quod sit causatum ab alio. Undehuiusmodi ens non potest
esse, quin sit causatum; sicutnec homo, quin sit risibilis. Sed
quia esse causatum non estde ratione entis simpliciter. propter hoc
invenitur aliquodens non causatum: S. th. 1 q. 44 a. 1 ad I.
13
14 Porphyrius, Isagoge, Kap. 4 und 5. Vgl. J. de Vries,
Logica,ed. 3, n. 168 u. 171 s. 14
15 Bonum, verum et unum addunt super ens non quidemnaturam
aliquam, sed rationem: In 1 Sent. d. 8 q. l a. 3. Hocest, quod
addit verum supra ens, scilicet conformitatem...rei et intellectus:
De veritate q. l a. l. Bonum dicit rationemappetibilis, quam non
dicit ens: S. th. 1 q. 5 a. l.
15
16 Vgl. S. 105. 1617 ut, dum illa primum detego, non tarn videar
aliquid novi
addiscere, quam... ad ea primum advertere, quae dudumquidem in
me erant, licet non prius in illa obtutum mentisconvertissem:
Descartes, Meditationes de primaphilosophia, med. 5: Adam-Tannery,
Bd. 7, S. 64.
17
18 Monadologie Nr. 33. 1819 Kritik der reinen Vernunft, B 11.
1920 ber die Freiheit, in: Hauptschriften zur Grundlegung der
Philosophie, hrsg. v. A. Buchenau und Ernst Cassirer, 2.
Bd.,Leipzig 1924, S. 500.
20
21 Ethica ordine geometrico demonstrata, Pars Prima, Prop.17,
Scholium: Opera, ed. Carl Gebhardt, 2. Bd., S. 62 Z.16-19.
21
22 Vgl. Philosophische Schriften, hrsg. v. C. J. Gerhardt, 1.
Bd.,S. 121-152. 22
23 (Le principe) de raison susante, en vertu duquel
nousconsidrons qu'aucun fait ne saurait se trouver vrai ouexistant,
aucune nontiation vritable, sans qu'il y ait uneraison susante,
pourquoi il en soit et non pas autrement:Monadologie Nr. 32. Andere
wichtige Stellen mit anderenFormulierungen: Thodicee 44; 2.
Schreiben an SamuelClarke: Werke, hrsg. v. Gerhardt, 7. Bd. S.
356.
23
24 Monadologie Nr. 33-38. 24
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25 Vernnftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele
desMenschen 29. 25
26 causa eciens, cuius actio est ratio existentiae
alterius:Ontologia 886. 26
27 Quod contingenter existit, id a causa quadam ecienteproductum
est: Ontologia 908 27
28 Jedoch hat Rudolf Zocher in seiner Schrift
Leibniz'Erkenntnislehre ein Blatt aus der Nieder
schsischenLandesbibliothek in Hannover in Facsimile
wiedergegeben,auf dem Leibniz einen syllogistischen Beweis des
Satzesvom zureichenden Grund versucht; vgl. R. Zocher,
Leibniz'Erkenntnislehre, Berlin 1952 (Leibniz zu seinem
300.Geburtstag, Lieferung 7), S. 34 u. 15. Der Beweis kanndarum
gelingen, weil der Satz vom zureichenden Grunddurch geschickt
gewhlte Denitionen zu einer Tautologieverchtigt wird.
28
29 Nihil est sine ratione suciente, cur potius sit, quam
nonsit... Ponamus esse A sine ratione suciente, cur potius sit,quam
non sit. Ergo nihil ponendum est, unde intelligitur,cur A sit.
Admittitur adeo A esse, propterea quod nihil essesumitur: quod cum
sit absurdum, absque ratione sucientenihil est: Ontologia 70.
29
30 ber solche Versuche in der Scholastik des 18. und
19.Jahrhunderts vgl. J. de Vries, Geschichtliches zum Streit umdie
metaphysischen Prinzipien, in: Scholastik 6 (1931)196-221.
30
31 Vgl. S. 23. 3132 D.Hume, Enquiry concerning human
understanding, Sect.
7, Part 2 (The Philosophical Works, vol. 4, London 1882, p.62).
Deutsch: Untersuchung ber den menschlichenVerstand, hrsg. von R.
Richter, 6. Au., Leipzig 1907, S. 91.
32
33 Vgl. S. 48-50. 107. 3334 Kritik der reinen Vernunft B 13.
3435 Ebd. B 232. 3536 Ebd. B 637. 3637 Vgl. A. Comte, Cours de
Philosophie positive I. Paris 1877,
S. 16 f. 3738 So Wilh. Wundt, Logik. 2. Bd.. 3. Au.. Stuttgart
1907. S.
354. 3839 Vgl. S. 110. 3940 So Fr Paulsen. Einleitung in die
Philosophie. 20. Au. 1909.
S. 419. 4041 So Chr. Sigwart, Logik. 2. Bd.. Tbingen 1921. S.
21. 4142 Vgl. z. B. Pascual Jordan, Erschtterte Kausalitt, in:
Physik
im Vordringen, Braunschweig 1949, S. 67-74. 4243 P.Jordan, Der
gescheiterte Aufstand, Frankfurt 1956, S. 133. 4344 N. Hartmann,
Mglichkeit und Wirklichkeit, Berlin 1938, S.
93. 4445 Ebd. S. 69. 4546 Ebd. S. 93; vgl. S. 68 f. 4647 Ebd. S.
92. Zur Lehre Nicolai Hartmanns von den
Modalitten des Seins vgl.: H. Beck, Mglichkeit undNotwendigkeit,
Pullach 1961
47
48 Pfullingen 1957, 2. Au. 1958. 4849 A. a. O. S. 93. 49
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50 Ebd. S. 185. 5051 Ebd. S. 208. Vgl. zu Heideggers Buch: Joh.
B. Lotz in:
Scholastik 33 (1958) S. 92-96. 5152 Vgl. Rich. Glauner,
Allgemeines Kausalprinzip, physisches
Kausalgesetz und physikalische Kausalittsauassung, in:Die Kirche
in der Welt 3 (1950) 195-202, 4 (1951) 35-44.
52
53 Vgl. hierzu die Lehre des Thomas von Aquin ber dieMglichkeit
einer series innita per accidens ordinata: S. th.1 q. 46 a. 2 ad
7.
53
54 Vgl. J. Lacroix, L'athisme actuel, in: Esprit 22 (1954)
S.173. Zum Ganzen vgl. auch H. Ogiermann, Causa prima.Metaphysische
Gottesidee und Kausaldenken, in: Theologieund Philosophie 42 (1967)
S. 161-186.
54
55 'Prinzip' (principium), insofern es als reales Prinzip (nicht
alslogisches Prinzip wie im Wort
'Nichtwiderspruchsprinzip')verstanden wird, bedeutet in der
scholastischenTerminologie jedes Seiende, aus dem ein anderes
irgendwiehervorgeht, auch wenn dieses Hervorgehen nicht mit
einemHervorbringen (Produzieren) verbunden ist. 'Ursache'dagegen
ist nur jenes 'Prinzip', bei dem das Hervorgehendes anderen
zugleich ein Hervorgebrachtwerden besagt;das 'Verursachte' ist also
stets kontingent, whrend das'principiatum' nicht notwendig
Kontingent ist. So ist nachdem christlichen Dogma der Dreieinigkeit
der Vater 'Prinzip'des Sohnes, nicht aber 'Ursache' des Sohnes.
55
56 Vgl. Anm. 23. 5657 Vgl. die Artikel Sachverhalt und Tatsache
bei: W.
Brugger, Philosophisches Wrterbuch. 5758 In einem Brief an A.
Arnauld fat Leibniz es so auf, da
jede Wahrheit ihren Beweis a priori hat (toute verit a sapreuve
a priori, tire de la notion des termes): Philos.Schriften, ed. C.
J. Gerhardt, 2. Bd., S. 62.
58
59 Omne quod alicui convenit non secundum quod ipsum est,per
aliquam causam convenit ei: S. c. gent. 2. 15. Dabei
istvorausgesetzt, da das. was einem nicht aufgrund seinesWesens
zukommt, irgendwie ein neues Sein ist. das zumWesen wenn auch nur
als akzidentelle Bestimmung hinzutritt. Man wird aber noch eine
dritte zumindestdenkbare Mglichkeit in Betracht ziehen drfen,
nmlichda eine Bestimmung einem Seienden nicht aufgrundseines Wesens
und darum nicht notwendig zukommt, dasie aber doch auch kein neues,
hinzutretendes Sein (etwaals akzidentelle Bestimmung) ist. sondern
nur eine auffreier Selbstbestimmung beruhende
Ausrichtung(terminatio) eines Aktes auf einen Gegenstand. In
einemsolchen Fall wre die freie Selbstbestimmung nicht einBewirken
(Verursachen) eines kontingenten Seienden.Vgl. zu dieser, fr die
Problematik der Freiheit wesentlichenFrage: W. Brugger, Theologia
naturalis. Barcelona 1964,340 f.
59
60 Dieser Zusatz {cur potius sit quam non sit: Chr. Wol)mu
Bedenken erregen. Wenn auch fr die freieSelbstbestimmung ein (ihr
vorausgehender) Grundgefordert wird, der macht, da diese und nicht
eineandere Entscheidung erfolgt, dann folgt fastunvermeidlich, da
dieser Grund, den man im Motiv zunden meint, die Indierenz des
Willens von sich ausaufhebt, d. h., da er den Willen ntigt, dies
und nichtjenes andere zu whlen. So wird aber die wirkliche
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Wahlfreiheit aufgehoben. Wenn man eine wirklicheWahlfreiheit
also retten will, darf man fr sie keinen vomWillen verschiedenen
Grund, warum dieses und nicht jenes(potius hoc quam illud) gewhlt
wird, fordern. Sonst habenwir nicht mehr Selbstbestimmung,
sondernFremdbestimmung.
61 Vgl. S. 133. 6162 Vgl. Aristoteles, Metaphysik 5, 2; 1013 a
24 1013 b 13. 6263 Vgl. S. 28. 6364 Vgl. S. 115 f. 6465 Vgl. S. 95.
6566 Vgl. 6. Kap. 6667 Absoluter Zufall als Geschehen ohne Ursache
im
Gegensatz zum Zufall als Geschehen ohne einheitlicheUrsache:
vgl. S. 95 f.
67
68 So ist etwa das Umdrehen des Schalters nicht wirkendesPrinzip
des elektrischen Lichtes, wohl aber die Bedingung,durch die das
eigentlich wirkende Prinzip, der elektrischeStrom, eingeschaltet
wird.
68
69 Diese berlegung zeigt auch, da das metaphysischeKausalprinzip
nicht ausschlielich auf die vertikaleKausalitt beschrnkt werden
kann. Es besagt nichtunmittelbar und darum auch nicht
ausschlielich: Jedeskontingente Seiende verdankt sein Dasein dem
Wirkeneines absolut notwendigen Wesens. Denn wie sollten
wirunmittelbar diesen Gedanken fassen, da uns weder einabsolut
notwendiges Wesen noch sein Wirken unmittelbarzugnglich sind? Gbe
es kein anderes Kausalprinzip alsdas genannte, so wrde uns jede
Erfahrungsgrundlage desKausalprinzips fehlen. Wre es dann aber
berhaupt nochfr uns erkennbar?
69
70 So sagt schon Augustinus: Wer meint, Gott sei von
solcherMacht, da er sich selbst habe erzeugen knnen, der irrtum so
mehr, als nicht nur Gott nicht von dieser Art ist,sondern auch kein
geistiges oder krperliches Geschpf;denn es gibt berhaupt nichts,
was sich selbst zum Daseinerzeugen knnte: De trinitate 1, 1; PL 42,
820. Wennsptere Philosophen Gott als causa sui bezeichnet haben,ist
allerdings zu fragen, ob sie damit nicht nur das zumAusdruck
bringen wollten, was andere mit dem Wort ens ase bezeichnen, nmlich
die Wahrheit, da Gott als absolutnotwendiges Wesen aus seinem Wesen
heraus wirklich ist.
70
71 Der menschliche Lehrer ist loquens qui personat
foris:Augustinus, De magistro c. 11 n. 38: PL 32. 1216: vonseinen
Worten gilt: verba admonent tantum ut quaeramusres: Ebd. n. 36:
1215.
71
72 Vgl. S. 147 f. 7273 Vgl. S. 126-130. 7374 Vgl. S. 146. 7475
Beim notwendigen Sachverhalt bezeichnet das Wort 'Grund'
das Verhltnis des (logischen) Wesens zu seinen
unbedingtnotwendigen Wesenseigentmlichkeiten (propria), das
alssolches eine nur gedankliche Beziehung zwischenBegrisinhalten
ist, die ein und dasselbe reale Seiendebezeichnen. Beim
kontingenten Sachverhalt dagegenbezeichnet das Wort 'Grund' die
reale Beziehung deskontingenten Seienden zu seinem ueren 'Prinzip'
(seiner'Ursache'). Vgl. J. de Vries, Logica, ed. 3, Barcelona 1964,
p.
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102, n. 172. (Durch das vielleicht nicht ganz
entsprechendegeometrische Beispiel lasse man sich nicht stren.)
76 Vgl. Anm. 59. 7677 Man wird vielleicht entgegnen, der Gedanke
drnge sich
deshalb auf, weil das gefhlsbetonte Wort 'hilos' schondas
Bedrfnis nach einer Hilfe andeute. Es soll aber nurzum Ausdruck
bringen, da das kontingente Seiende wederaus sich selbst das Dasein
hat noch es sich selbst gebenkann. In diesem Sinn ist es dem Dasein
gegenber bloePotenz, blo mglicher Empfnger, und eben darum
daraufangewiesen, das Dasein von einem andern zu empfangen.Es wre
ein Ungedanke anzunehmen, da es das Daseinempfngt, aber von niemand
und von nichts her empfngt;eben das wre das absolut kontingente
Seiende N.Hartmanns.
77
78 ber diese Form des Beweises vgl. J. de Vries, Logica, ed.
3,Barcelona 1964, p. l59s., n. 272. 78
79 Vgl. S. 140. 7980 Vgl. S. 146. 8081 Begreifbarkeit aus dem
Grund seines Seins,
Verstehbarkeit aus seinem Sinn und Wert; vgl. die
ArtikelBegreifbarkeit und Verstehen bei W. Brugger,Philosophisches
Wrterbuch.
81
82 So z. B. Joannes B. Lotz, Ontologia, Barcelona 1963, p.
122,n. 202. Ders., Vom Sein zum Sinn, in: Sinn und Sein(Festschrift
v. Rintelen), Tbingen 1960, S. 293-310.
82
83 So heit es bei Thomas von Aquin: Si comparemus...intentiones
eorum (entis et boni, unius et veri), sicsimpliciter et absolute
ens est prius aliis. Cuius ratio est,quia ens includitur in
intellectu eorum, et non e converso:In 1 Sent. d. 8 q. 1 a. 3. Es
scheint, da dies nicht nur vomSeienden und seiner Wahrheit im
allgemeinen gilt, sondernauch von der dem kontingenten Seienden
eigenen Wahrheit, d. h. seiner Begreifbarkeit aus seiner
'Ursache':Die Abhngigkeit des kontingenten Seienden von einemuern
Prinzip kann gedacht werden ohne dieBegreifbarkeit, diese aber
nicht anders denn alsBegreifbarkeit aus dem ueren Prinzip.
83
84 So etwa der Versuch von J. Geyser, in: Das Gesetz derUrsache,
Mnchen 1933, bes. S. 96, oder der von H.Ogiermann: Zur Begrndung
des Kausalprinzips, in:Scholastik 25 (1950) S. 518-534.
84
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