WILLKOMMEN ZUM JAHR DES GORILLAS! Das UNEP Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wild leben- der Tierarten (CMS), die UNEP/UNESCO Partnerschaft für den Schutz der Menschenaffen (GRASP) und der Weltverband der Zoos und Aquarien (WAZA) haben gemeinsam das Jahr des Gorillas 2009 (YoG) ausgerufen. CMS schützt eine breite Vielfalt von bedrohten, wandernden Tier- arten weltweit durch Verhandlung und Umsetzung von Abkommen und artenspezifischen Aktionsplänen. Mit mehr als 110 Mitglieds- staaten, darunter viele in Afrika, ist CMS ein rasch wachsendes Über- einkommen mit besonderer Expertise für wandernde Tierarten. GRASP ist eine strategische Allianz von UN-Organisationen, Re- gierungen, Nichtregierungsorganisationen (NROs), Stiftungen und Sponsoren aus der Wirtschaft. CMS ist Mitglied der internationa- len GRASP-Partnerschaft, die den Rückgang der Populationen von Menschenaffen stoppen soll. Der Informationsaustausch von Wis- senschaftlern über die GRASP-Plattform erleichtert die Einwerbung von Mitteln für Schutzprojekte und die bessere Zusammenarbeit zwischen NROs. Aktionspläne helfen Ländern, in denen Menschen- affen leben, bei der Ausarbeitung von angemessenen Schutz- strategien. Der Weltverband der Zoos und Aquarien (WAZA) ist die Dachorga- nisation von Zoos und Aquarien weltweit. Mitglieder sind ausge- wählte Zoos und Aquarien sowie regionale und nationale Zoo- und Aquarienverbände und angegliederte Organisationen weltweit wie die der Zootierärzte und Zoopädagogen. VORWORT DER SCHIRMHERRIN DR. JANE GOODALL »Seit meinem ersten Kontakt mit Schimpansen 1960 habe ich mein Leben ganz der Er- forschung und dem Schutz von Menschenaffen gewid- met. Gorillas, die größten und vielleicht friedlichsten Menschenaffen, lebten einst sicher in den Tiefen der afri- kanischen Wälder. Heute sehen sie sich zahlreichen Bedrohungen wie der Zer- störung ihres Lebensraums, Bejagung und den Folgen bewaffneter Konflikte ausgesetzt. Wir müssen alles daran setzen, den Niedergang dieser wundervollen Tiere aufzuhalten. Darum gebe ich gerne meine Stimme dem Jahr des Gorillas 2009, einer UN-Bildungs- und Artenschutzkampagne, die diesem nahen Ver- wandten der Menschheit eine Zukunft sichern möchte.« WARUM SIND GORILLAS SO WICHTIG? WARUM MÜSSEN WIR GORILLAS SCHÜTZEN? Gorillas haben stets eine große Faszination auf die Menschen aus- geübt. Ihre nahe Verwandtschaft mit den Menschen ist eine Beson- derheit in der Tierwelt – 98,4 Prozent der Gene von Menschen und Gorillas sind identisch. Gorillas können sich im Spiegel erkennen, sie haben eine bemerkenswerte Intelligenz und die Fähigkeit, sich mit Zeichen und Symbolen zu verständigen sowie einfache Werk- zeuge zu benutzen. Gorillas bringen grundlegende Gefühle wie Freude oder Furcht auf menschenähnliche Weise zum Ausdruck. Obwohl einige Gorillapopulationen gezielt geschützt werden, blei- ben Gorillas insgesamt existentiell bedroht. Forscher verzeichnen einen dramatischen und zunehmenden Rückgang aller vier Men- schenaffenarten – Schimpansen, Bonobos und Gorillas in Afrika so- wie Orang-Utans in Südostasien. Die Erhaltung lebensfähiger Po- pulationen zur Vermeidung ihres Aussterbens stellt für die Mensch- heit eine schwierige Herausforderung dar. Diese Arten sind nicht nur die engsten Verwandten des Menschen. Darüberhinaus spielen sie eine Schlüsselrolle in ihren tropischen Waldökosystemen, die das globale Klima regulieren. Ihr Aussterben wäre ein unwieder- bringlicher Verlust und ein schlechtes Vorzeichen für unsere Zu- kunft. Aktuelle Schutzbemühungen müssen ausgeweitet werden, da man ein Aussterben aller Menschenaffenarten binnen weniger Jahrzehnte vorhersagt. Neue Ansätze und zusätzliche Bemühungen sind nötig, um diese Entwicklung zu stoppen. GORILLAS NÄHER BETRACHTET Unser Wissen über Gorillas hat sich in den letzten vier Jahrzehnten be- trächtlich erweitert. Wissenschaftler haben Zugang zu ihrer Welt gefun- den und dabei Erkenntnisse über ihr Sozialverhalten und ihre zentrale Rolle im Ökosystemen ge- wonnen. Es gibt vier anerkannte Gorilla-Unterarten, die zwei Arten ange- hören. Nach wie vor erforschen Primatologen die verwandtschaft- lichen Beziehungen zwischen den verschiedenen Populationen. Die meisten Experten erkennen derzeit die hier aufgelisteten Arten an. Genus Gorilla Westlicher Gorilla (Gorilla gorilla) Westlicher Flachlandgorilla (Gorilla gorilla gorilla; mehr als 125.000, evtl. ca. 200.000 Tiere) Cross River Gorilla (Gorilla gorilla diehli; ~ 250 – 300 Tiere) Östlicher Gorilla (Gorilla beringei) Berggorilla (Gorilla beringei beringei; ~ 650 – 720 Tiere) Östlicher Flachlandgorilla (Gorilla beringei graueri; weniger als 17.000, evtl. 5.000 – 10.000 Tiere) Derzeit gibt es noch 10 Länder mit Gorillapopulationen in freier Wildbahn. Diese Karte zeigt die Verbreitungsgebiete der vier Un- terarten. Angola (Exklave Kabinda) und Nigeria sind hier nicht voll- ständig gezeigt. ÄUSSERE MERKMALE UND VERHALTEN Gorillas sind sehr kräftig, mit einem enormen Brustkorb und einem vorstehenden Bauch. Auffallend sind die großen Nasenlöcher, klei- nen Ohren und stark ausgebildeten Brauenknochen. Die Arme von erwachsenen Tieren sind etwa 15-20 % länger als ihre Beine. Zur Fortbewegung nutzen sie den Knöchelgang. Die Männchen sind mit 1,70 m Höhe und einem Gewicht von 135-220 kg deutlich grö- ßer und fast doppelt so schwer wie die Weibchen. Gorillas haben im Gesicht, auf den Handflächen und den Fußsohlen keine Haare, bei erwachsenen Männchen ist auch die Brust unbehaart. Berg- gorillas haben ein längeres Fell als die anderen Arten. Erwachsene Männchen haben einen deutlich abgehobenen Knochenkamm auf ihrem Schädel und einen Sattel von grausilbernem Haar auf ihrem unteren Rücken – daher auch die Bezeichnung »Silberrücken« für geschlechtsreife Männchen. Der Sattel tritt bei den vollkommen schwarzen östlichen Go- rillas deutlicher hervor als bei den westlichen, deren Fell eher graubraun ist. Westliche Gorillas sind, wenn- gleich ebenfalls massiv, merklich schlanker gebaut und agiler als Östliche Flachland- und Berggorillas. Ein Gorilla kann zwischen 30 und 50 Jahre alt werden. Gorillagruppen bestehen aus 5 bis 30, in seltenen Fällen aus bis zu 60 Tieren. Ein Siberrücken führt die Gruppe zu Nahrungsquellen und Ruheplätzen und vermittelt bei Konflikten. Er ist verantwort- lich für die Sicherheit und das Wohlergehen der Gruppe. Manchmal wird eine Gruppe auch von Brüdern oder einem Vater-Sohn-Ge- spann geführt. Unterstützung und Akzeptanz durch die Weibchen einer Gruppe sind essentiell, damit ein Männchen auf lange Sicht Gruppenchef bleiben kann. Jüngere, Schwarzrücken genannte Männ- LEBENSRAUM UND NAHRUNG Die meisten Gorillas leben außerhalb von Schutzgebieten in tro- pischen Regenwäldern, an Waldrändern und auf Lichtungen, an Flussufern und sogar in Sümpfen und auf verlassenen Feldern. Westliche Gorillas und Östliche Flachlandgorillas leben in tro- pischen Wäldern, die zwar ein reicheres Spektrum an Früchten aber weniger Kräuter als der hochgelegene Lebensraum der Berggoril- las bieten. Entsprechend spielen Früchte in der Diät von Flachland- gorillas eine größere Rolle, während die Berggorillas sich eher von Kräutern, Blättern, Wurzeln und jungen Trieben ernähren. Gorillas verbringen mehr als die Hälfte des Tages mit der Nahrungsauf- nahme. Viele westliche Gorillas leben nahe abgelegenen, großen Lichtungen, die das ganze Jahr frische Pflanzennahrung bieten oder entlang von Flüssen in Sumpfgebieten. Ob- wohl sie nur in einem relativ kleinen Teil Afrikas vorkommen, bewohnen Gorillas ein weites Spektrum von Le- bensräumen, von Sümpfen und Wäl- dern auf Meereshöhe bis hin zu Ge- birgswäldern auf 3800 m. chen geben durch ihre Anwesenheit zusätzliche Sicherheit. Wenn der Silberrücken durch Krankheit, Unfall, Kampf oder Wilderer zu Tode kommt, löst sich die Gruppe auf, und die Tiere schließen sich anderen Gruppen an, sofern kein Nachfolger für den Silberrücken vorhanden ist. Gorillas sind tagaktiv und leben überwiegend auf dem Boden, erklettern aber bei der Nahrungssuche und zum Schla- fen auch Bäume. Männchen beginnen im Alter von etwa 11 Jahren, ihre Geburtsgrup- pe zu verlassen und schließen sich in dieser Lebensphase häufig für 2-5 Jahre zu Junggesellengruppen zusammen, ehe sie eine eige- ne Gruppe mit Weibchen gründen und sich mit ihnen fortpflanzen. Gorillababys bleiben 3-4 Jahre bei ihrer Mutter. Stirbt sie früher, nimmt sich der Silberrücken oft des Kleinen an, sofern es schon entwöhnt ist. Gorillas sind eng mit den Menschen verwandt und gelten als sehr intelligent. Einzelne Gorillas haben die Zeichensprache erlernt und beherrschen Hunderte von Zeichen. Der Gebrauch von Werkzeugen in der Widnis ist anscheinend selten. Es wurde jedoch beobachtet, wie Gorillas Stöcke zum Balancieren im Wasser und Steine zum Aufschlagen von Nüssen benutzten. Noch unbestätigten münd- lichen Überlieferungen zufolge vertreiben Gorillas Raubtiere mit Stöcken und Steinen. Jane Goodall, Ph.D., DBE SCHUTZSTATUS Die Gesamtgorillapopulation wird auf ca. 200.000 Tiere geschätzt. Im August 2008 veröffentlichte Daten weisen auf die Entdeckung von 125.000 Westlichen Flachlandgorillas im Norden der Republik Kongo hin. Genaue Schätzungen sind allerdings schwierig, da Go- rillas in ihren großen Verbreitungsgebieten schwer zu erfassen sind. Der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) zufolge sind alle vier Arten entweder »gefährdet« oder »akut vom Aussterben bedroht«.