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Vortrag von Fr. Dr. med. vet. Gertrud Rossi über Kaninchenkrankheiten. Im Mai 2009
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Vortrag von Fr. Dr. med. vet. Gertrud Rossi über ...vereine.amstetten.at/kleintierzucht/pdf/Bericht_Schulung_052009.pdf · Am Samstag, 24.05.2009 war ich auf einer Informationsveranstaltung

Aug 12, 2019

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Vortrag

von Fr. Dr. med. vet. Gertrud Rossi

über

Kaninchenkrankheiten.

Im Mai 2009

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Am Samstag, 24.05.2009 war ich auf einer Informationsveranstaltung zum Thema Kaninchenkrankheiten für die Züchter der Region. Zu diesem Anlass die Kaninchenexpertin Frau Dr. med. vet. Gertrud Rossi aus Borkheide bei Berlin eingeladen. Frau Dr. Rossi ist u.a. als Privatdozentin an der Freien Universität Berlin tätig, selbst Kaninchenzüchterin und stellte neueste wissenschaftliche Ergebnisse sowie Praxiserfahrungen zu den für Kaninchen wichtigen Darmerkrankungen vor. Besonderer Schwerpunkt der Ausführungen von Frau Dr. Rossi war die bei Rassekaninchenzüchtern gefürchtete "Enterocolitis". Dass Frau Dr. Rossis größter Wunsch ein glückliches Kaninchen mit Pokal ist, das hatten wir schon begriffen, bevor sie dies am Anfang ihres Vortrages über Kaninchenkrankheiten im Vereinslokal unseres E 30 in Amstetten zum Zuchtziel erklärte. In ihrem anspruchsvollen Vortrag klärte sie uns ausführlich über Kaninchenkrankheiten auf. Sie startete mit Problemen bei Trächtigkeit und Geburt. Verwirft eine Häsin, so kann sie sich erschrocken haben, es kann Tod durch Erfrieren vorliegen, es gibt aber auch eine Reihe gesundheitlicher Gründe: Bei Gebärmutterentzündung z.B. durch Staphylokokken können ganze Bestände eingehen, Darmprobleme bei der Häsin verursachen den Tod der Embryonen in der Gebärmutter durch Toxine. Während der Laktation kann es zu verspätetem Rupfen kommen. Bei Sterblichkeit der Nestlinge kann es sich um Lungenentzündung, verursacht durch Pasteurellen handeln, die die Mutter übertragen hat. Darmentzündungen durch C. perfringens und Durchfälle durch E. coli sind weitere mögliche Todesursachen. Bei Durchfällen sollte der Kot unverzüglich untersucht werden. Bei dem Befund E. coli können die Tiere mit 8-10 Tagen behandelt und damit der sichere Tod verhindert werden. Absetzer können Schnupfen oder Mittelohrentzündung (Schiefkopf) aufgrund einer Pasteurelleninfektion haben, die auch auf Menschen und Haustiere übergehen kann. Darmparasiten wie Kokzidien und Haarwürmer sind ebenso möglich wie Darmerkrankungen mit E. coli, die oft zusammen mit Darmlähmung auftreten. Sulfonamide, die gegen Kokzidien verabreicht werden, wirken übrigens gleichzeitig gegen E. coli.

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Woher kommen nun all diese Erreger? Ist die Hygiene vernachlässigt worden? Die Hygiene löst nicht alle Probleme, denn im Stall überleben nur die Proteussporen, Pseudomonas und Schimmelpilze und die Sporen von Clostridien. Die meisten Erreger überleben unbemerkt in den Tieren, dies nennt man Persistenz. Dazu gehören die Pasteurellen, sie verstecken sich in den Nasennebenhöhlen und sind dort unangreifbar. Neben Lungenentzündung und Mittelohrentzündung verursachen sie im weiteren Verlauf auch Gebärmutterentzündungen. Die Häsinnen werden steril, weil die Gebärmutter dann flüssigen Eiter enthält, auf dem sich kein Sperma mehr setzen kann. Schnupfenträgertiere gehören deshalb aussortiert, Frau Dr. Rossi riet zu „Solinger Stahl“. Straphylokokken verursachen ebenfalls Gebärmutterentzündung. Sie äußern sich oft als Bindehautentzündung. Wer allerdings meint, diese heilen zu können um dann mit diesem Tier weiter zu züchten, der irrt, denn das wäre das Ende der Zucht. Diese Krankheit ist unheilbar. Auch die Caliciviren der RHD können persistent sein. Das gilt auch für Tiere, die trotz Impfung erkrankt sind, was vorkommen kann, wenn die Viren wie unsere Grippeviren mutieren. Dann besteht nur unzureichender Impfschutz. Kaninchen, die RHD zunächst überlebt haben, besonders Absetzer erkennt man oft an gelben Augen und beim Öffnen der Tiere sieht man auch eine gelbe Leber und Nieren. Sie sterben später an Leberzirrhose. Daher sollte man einmal im Jahr gegen RHD impfen, der Impfschutz klingt aber zum Ende des Jahres ab. Muttertiere, die im Frühjahr geimpft wurden, können im nächsten Frühjahr die Erkrankung schon an die Kinder weitergeben wenn sie Virusträger sind und sollten darum zweimal im Jahr geimpft werden. Persistent sind auch Raub- und Ohrmilben. Sie sind nur schwer aus dem Bestand herauszubekommen und oft ein Anzeichen für Immunschwäche des Tieres. Kokzidien erfordern eine regelmäßige Behandlung, besonders in warmen, feuchten Sommern wie diesem können sie sich ideal vermehren. Alle vier Monate sollte eine Kur erfolgen oder Futter gegen Kokzidien gegeben werden. Kokzidien begünstigen alle anderen Darmerkrankungen. Escherichia coli Infektionen zählen zu den schlimmsten Darmkrankheiten. Die Tiere haben einen weichen Bauch, trockene Haut und Durchfall. Die Tiere können innerhalb eines Tages sterben. Der ganze Bestand muss sofort mit Antibiotika behandelt werden. E. coli Bakterien können unbemerkt in der Lunge, Leber und Niere persistieren. Tiere, die an E. coli erkrankt waren, sollten ebenfalls aussortiert werden.

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Bei der Darmlähmung kommt es zur Verdickung der Darmwand oft mit Verdickung des Kots. Der Darminhalt vertrocknet regelrecht. In der Bauchhöhle findet sich Blut. Am lebenden Tier beobachtet man oft gelatineartigen Ausfluss am After. Beim Schlachten bewegt sich der Dünndarm normalerweise reflexartig wenn man ihn berührt, bei der Darmlähmung ist keine Reaktion mehr zu beobachten. Das Bakterium Clostridium perfringens stand im Verdacht, diese Darmlähmung hervorzurufen. Es schüttet das Alpha-Toxin aus. Im Versuch haben Frau Dr. Rossi und ihre Mitarbeiter auf einen gesunden Darmabschnitt im Organbad Alpha- Toxin getröpfelt und konnten beobachten, dass sich der Darm nach kurzer Zeit nicht mehr bewegte. Somit ist nachgewiesen: C. perfringens ist Verursacher der Darmlähmung. Es wurden 75 Stämme dieses Erregers untersucht, bevor schließlich aus 8 Stämmen dieses Bakteriums ein Impfstoff gegen alle Stämme gewonnen werden konnte. In diesem Herbst startet diese Testimpfung und die Genehmigung für den Impfstoff wird beantragt. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit bis der Impfstoff auf den Markt kommt. Ganz allgemein warnte Frau Dr. Rossi vor einer Immunschwäche durch Unterernährung, die jeder Krankheit Tür und Tor öffnet. Bei Unterernährung können keine Antikörper gebildet werden, denn sie entstehen aus Eiweiß. Gleiches gilt bei rationierter Fütterung. Bei 60%iger Rationierung erhöhte sich die Sterblichkeit der Kaninchen in einem Großversuch um 30%. Darum keine Futterrationierung sondern eine andere Fütterungstechnik! Dann ging es um den Punkt gesundheitliche Sanierung oder „Was sollen wir tun?“ Da die meisten Erreger in den Elterntieren vorhanden sind, müssen zur gesundheitlichen Vorbereitung der Zucht folgende Tiere aussortiert werden: Tiere mit Schnupfen, häufigem Milbenbefall, wunden Läufen, Abszessen, chronisch schlechter Ernährung, krankem Nachwuchs, konstante E. coli-Ausscheider (Kotuntersuchung). Vorangegangene Darminfektionen beim Rammler können beim Decken die Häsin anstecken, also sind solche Rammler auch auszusortieren. Impfungen gegen RHD, in Problembeständen auch gegen E. coli, C. perfringens und Mukoide Enteritis sind ebenfalls vor Ausstellung und Zucht durchzuführen. Frau Dr. Rossi erklärte uns dann per Comic das Prinzip des Impfens, das danach wohl jeder begriffen hatte. Die Immunzelle, die durch den Impfstoff den Krankheitserreger erkannt hat, heißt T-Zelle: sie dirigiert die Antikörperbildung; sie wendet sich an die B-Zelle und befähigt diese, Antikörper zu bilden. Alle weiteren Zellen bauen dann nach gleichem Prinzip fortgesetzt Antikörper auf. Da es sich um einen körpereigenen Prozess handelt, könnte man ein geimpftes Tier sofort verzehren, denn es werden keine schädlichen Stoffe produziert. Wartezeit: 0 Tage! Gibt man den Tieren im Krankheitsfall z.B. Antibiotika, ist immer eine Wartezeit erforderlich, das Medikament geht ins Fleisch über und würde beim Verzehr dem Menschen schaden. Fazit: Impfen ist besser als Heilen! Aber: Ist die Krankheit schon im Stall ausgebrochen, darf nicht sofort geimpft werden, sondern nur nach Behandlung.

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Lebende Überträger von Krankheiten sind bei der Sanierung ebenfalls auszuschalten. Dazu zählen bei den Insekten Mücken, Flöhe, Milben und Essigfliege, darüberhinaus Haustiere und Mäuse. Der Mensch kann Infektionsträger durch verschmutzte Hände, Kleidung und Füße sein. Daher gilt: Kranke Tiere zuletzt füttern, danach Hände waschen und Kleidung in die Wäsche geben. Frau Dr. Rossi berichtete von einem Mann, der seine Kaninchen durch Anhusten mit Pasteurellen angesteckt hatte, weil er eine chronische Bronchitis hatte. Tote Überträger von Krankheiten sind z.B. bei RHD Stall, Käfig, Transportkisten, Instrumente wie Tätowierzangen, Futter- und Wassergefäße. Alles muss desinfiziert werden: Plastikflaschen können nur mit UV-Licht keimfrei werden, Scheren usw. werden in Alufolie gewickelt bei 180Grad 2 Stunden lang im Backofen erhitzt, Tätozangen legt man in 70%iges Äthanol ein. Jeder Züchter sollte sich Frau Dr. Rossis Regeln zum Umgang mit Seuchen gut merken: - Kranke Tiere nicht spazieren fahren! Erreger werden so verbreitet! - Kleidung und Geräte nirgendwo mit hinnehmen! - Beim ersten Auftreten von Symptomen Tier schlachten! - Isolierställe zuletzt füttern, neue Kleidung, Hände waschen! Beim Stallbau tragen eine gute Isolierung, Lufteinzug am Boden und Dachfenster für ausreichende Belüftung zur Gesunderhaltung der Kaninchen bei. Wichtig ist auch die richtige Fütterungstechnik. Morgens und abends sollte zuerst eine Portion Heu und erst danach Wasser und Futter gegeben werden. So wird sichergestellt, dass die Tiere genug Rohfaser zur besseren Verdauung zu sich nehmen. Gras ist dabei nicht gleich Heu! Das beugt Darmkrankheiten vor. Natürliche Medikamente auf pflanzlicher Basis befürwortet Frau Dr. Rossi durchaus. Im Krankheitsfall wirken sie aber zu langsam: Ätherische Öle wie Oreganoöl regen die Verdauung an, das ist erwiesen. Die Wirkung vieler anderer Mittel ist nicht wissenschaftlich belegt. Apfelessig senkt den pH-Wert im Darm, das lindert bei Enterobakterien die Symptome und schadet nicht, es wirkt wie Cola und Salzstangen, wenn Kinder Durchfall haben. Dagegen sollen Desinfektionsmittel nicht ständig ins Trinkwasser gegeben werden, weil sie ebenso wie Antibiotika auf die Dauer die Normalflora des Darmes zerstören.

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Spitzwegerich wirkt entzündungshemmend, Oregano regt die Verdauung an, Petersilie bzw. getrocknete Petersilienstängel sind ein Heilkraut, fördern aber Durchfall. Getrocknete Brennnesseln enthalten viele Vitamine und sind nahrhaft, um nur einige Heilkräuter zu nennen. Über die Erscheinungsbilder von Kaninchenkrankheiten, auch der Darmlähmung, Persistenz und Ursachen der Persistenz wurden wir ausführlich und dabei anschaulich durch Berichte aus der Praxis, Fotos von erkrankten Organen und Laborkurven informiert. Nach welchen Kriterien ein Bestand systematisch gesundheitlich saniert werden sollte, ist uns klar. Seit die tierische Zelle in Frau Dr. Rossis Comic ihre Zellkollegen befähigt hat selbstständig Antikörper zu bilden, und dabei keine für den menschlichen Verzehr gefährlichen Stoffe entstehen, weiß hier wohl jeder, dass Impfen besser ist als Heilen. Über lebende und tote Überträger von Krankheiten warnte sie uns so umfassend und gründlich, wie dies nur einer Tierärztin möglich ist, die Erfahrung aus der eigenen Zucht mitbringt und mit den Gewohnheiten im Verein vertraut ist. Wertvolle Tipps zum Umgang mit Seuchen entsprangen ihren Erfahrungen mit Kaninchenzüchtern. Sie wurden durch einen Schuss Humor für uns unvergesslich. Anschließend beantwortete sie jede gestellte Frage unkompliziert und kompetent. Selbst der erfahrendste Züchter konnte von ihr noch etwas dazulernen. Mitschrift beim Vortrag beim N 30 KTZV Amstetten. 24.05.2009 GRAU

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