Vorlesung 1 Einleitung, Hintergrund Experimentelle Methoden der Teilchenphysik - Das CMS-Experiment Rundgang durch ein Experiment der Hochenergiephysik Thomas Schörner-Sadenius, Georg Steinbrück Peter Schleper Universität Hamburg Winter-Semester 2004/05
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Vorlesung 1 Einleitung, Hintergrund Experimentelle Methoden der Teilchenphysik - Das CMS-Experiment Rundgang durch ein Experiment der Hochenergiephysik.
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Vorlesung 1Einleitung,
Hintergrund
Experimentelle Methoden der Teilchenphysik - Das CMS-Experiment
Rundgang durch ein Experiment der Hochenergiephysik
Thomas Schörner-Sadenius, Georg SteinbrückPeter Schleper
Universität HamburgWinter-Semester 2004/05
Vorlesung 1Einleitung,
Hintergrund
Einleitungund
Lebenslauf der Teilchenphysik
Thomas Schörner-Sadenius, Georg SteinbrückPeter Schleper
Einleitung - Die VorlesungDie Vorlesung soll … Die Bedeutung der neuesten Generation von Experimenten der
Teilchenphysik verdeutlichen Stand der Forschung (grob), Motivation Erwartungen an die Experimente
Anhand eines konkreten Beispiels (CMS) die Organisation und Durchführung eines Experiments erläutern Kollaboration Detektor Datennahme
Das oft theorielastige Studium durch praxisnahe Einblicke in die experimentelle Wirklichkeit erweitern `saubere’ Theorie gegen `dreckige’ Praxis
Bei den Teilnehmern die Begeisterung für die Hochenergiephysik wecken Hochenergiephysik ist ein sehr breites Feld! Wir sind ganz tolle Diplomarbeitsanleiter!
Den aktuellen Forschungsstand auch nur eines Teilgebietes der Teilchenphysik im Detail aufzeigen. QCD, Elektroschwache WW, Supersymmetrie, Neutrinos …
Details der Detektor- oder Beschleunigerphysik darlegen Auch wenn wir viel über den Detektor sprechen werden.
Für alle diese Aspekte der Teilchenphysik gibt es Spezial-veranstaltungen, die aber keine Voraussetzung für die Vorlesung sind – das allernötigste wird jeweils geliefert. Bitte nachfragen – es ist sehr schwer, Ihre Vorkenntnisse richtig
einzuschätzen – und jeder wird ein anderes Vorwissen haben.
HintergrundDie Vorlesenden… damit Sie wissen, wer vor Ihnen steht
Prof. Peter Schleper: Professor für TeilchenphysikDiplomarbeit Frejus-ExperimentDoktorarbeit/Postdocs bei H1 (HERA)“H1 Physics Coordinator”Leiter der CMS-Gruppe der UHH
Dr. Georg Steinbrück: Wissenschaftlicher MitarbeiterPhD und PostDoc am D0-Experiment
(Tevatron,USA)jetzt zuständig für CMS-Spurkammern und Entwicklung von CMS-Analysen an der UHH
Dr. Thomas Schörner-SadeniusWissenschaftlicher AssistentDiplom bei OPAL (LEP), Promotion bei H1 (HERA)Postdoc bei OPAL und ATLAS (LHC)jetzt vor allem bei ZEUS (HERA)
HintergrundAtomphysik, ChemieBeginn der `Hoch’energiephysik
vor 1895: Chemiker prägen den Begriff `Atom’; es gibt zahreiche optische Linienspektren, die z.B. durch empirische Regeln (Balmer) gedeutet werden.
1895 Roentgen entdeckt `seine’ Roentgen-Strahlen. 1900 Thompson: Kathodenstrahlen haben riesiges q/m Elektron (im
Gegensatz zu den Ionen, die man vorher kannte)! `Rosinen-Modell’ des Atoms: positive Materie mit eingesprenkelten Elektronen.
1900 Plancks Strahlungsformel, Energiequantelung1905 Einstein: Korpuskelcharakter des Lichts Photonen, Photoeffekt1909 Rutherford: Identifikation von - und -Strahlung. -Teilchen auf
Goldfolien: Es gibt einen Atomkern – Thomson hat Unrecht! -- aber verbreitete Meinung: Kern aufgebaut aus etwas Positivem und Elektronen.
1913 Thompson et al.: Isotopie! Kern besteht aus A Protonen und A-Z Elektronen
1914 Moseley: K-Linien folgen einfachem Muster: ~0(Z-1)2 Erklärung des Periodensystems aus der Ladungszahl Z heraus! Ordnung aller bekannten Elemente und Vorhersage noch unbekannter Elemente. Chemie und Periodensystem verstanden!
Revolution: QuantenmechanikAuf dem Weg zum modernen Atom1913 Bohr: halb-klassisches Atom-Modell mit Ad-Hoc-Annahmen erlaubt
Vorhersagen des Atomradius. Aber andere Probleme: Warum ist das Atom stabil – das beschleunigte Elektron müsste Energie laufend abstrahlen?
1920 Rutherford schlägt hypothetisches Neutron als Kernbauteil vor
1924-27: de Broglie, Heisenberg, Dirac, Schrodinger: Quantenmechanik-- Problem der Elektronenhülle reduziert auf Differentialgleichungen (Dirac-Gleichung)-- Atom also bis auf den Kern verstanden.-- Kern kann keine Elektronen enthalten, da diese aufgrund der Unschärferelation dann riesigen Impuls haben müssten!
1926 Das 147N-Problem! Enthält der Kern N Neutronen und Z Protonen?
1932 Chadwick entdeckt das Neutron! Damit ist auch das N-Problem gelöst.
Teilchenzoo, EichtheorienQED, Feynman etc.1930 Pauli postuliert leichtes neutrales Teilchen (`Neutrino’), um
Energiespektrum des Elektrons in radioaktiven Kernzerfällen zu erklären (Beta-Zerfall npe).
1932 Anderson, Hess und andere entdecken kosmische Strahlung (z.B. Pionen) und dabei auch das Positron, dessen Existenz schon Dirac forderte.
Damit gibt es (u.a.) Elektron, Positron und Photon! Also lassen sich Prozesse wie Moller-Streuung und Bhabha-Streuung oder die Lamb-Shift rechnen. Aber: Diracs Theorie verlangt Korrekturen, die dummerweise unendlich gross zu sein scheinen!
Lösung durch Feynman, Schwinger, Tomonaga: Quantenelektrodynamik – eine Eichtheorie, in der bei richtiger Behandlung physikalische Observablen immer endlich sind (renormierbar)!
HintergrundVerwirrungnoch mehr Teilchen, Strangeness
1936 Anderson et al. entdecken durchdringende Komponente mit beiden Ladungsvorzeichen in kosmischer Strahlung. Eigenschaften bis auf Masse wie Elektron/Positron Myonen. Ebenfalls in kosmischer Strahlung: Geladene Pionen, die Yukawa 1935 als Träger der starken Wechselwirkung vorhergesagt hatte.
1947 -Zerfall in Emulsionen erkannt. Erste Nebelkammer-/Emulsionsbilder von Kaonen aus Höhenstrahlung. -/-Rätsel.
1950 Steinberger et al. produzieren neutrale Pionen in Photon-Strahlen bis zu 330 MeV auf Beryllium-Targets; die Photonen wurden von Elektronen in einem Synchrotron in Berkeley abgestrahlt. Nachweis des 0 via Zerfall in zwei Photonen.
1951 Panofsky et al. messen Reaktionen von geladenen Pionen (und auch Protonen) mit H- und D-Targets: p, d.
1953 Cosmotron bestätigt neue (`strange’) Hyperonen (=uds). Pais und Gell-Mann führen Strangeness als additive Quantenzahl ein.
Ab 1955: Nachweis von Antimaterie am Bevatron und anderswo (Antiprotonen etc.)
HintergrundResonanzen im ZooEin Muster zeichnet sich ab, eine Idee kommt auf1952 Fermi et al. sehen Unterschied in +p und -p: (1232).
1960 Alvarez et al (Bevatron) arbeiten mit Kaon-Strahlen und
finden `strange’-Resonanzen in Blasenkammern.
Ordnungsmodelle: von Isospin-Symmetrie SU(2) (n,p) zu Flavour-Symmetrie SU(3) mit n,p,.
1964: Gell-Mann und Zweig: Quarks - u,d,s! Theoretische Fundierung der Flavour-SU(3). Damit auch die beobachtete Multiplett-Struktur der Zustände erklärt (JP etc.)!
Aber: Keiner nahm Quarks als Teilchen ernst – 20 Jahre lang kein freies Quark beobachtet! Also nur ein theoretischer Ansatz ohne realen Gehalt?
Schwache Wechselwirkungen Von Pauli zu Fermi1930 Pauli postuliert Neutrino um Energiespektrum des Elektrons im
Betazerfall zu verstehen.1932 Chadwick findet Neutron1934 Fermi: Betazerfall npe ist Punkt-Wechselwirkung; Beschreibung
durch Ströme und Hamiltonians.. 1956: Lee und Yang: Theorie der Paritätsverletzung in schwachen Zerfällen
(--Problem 1947!). 1957 Wu et al: P-Verletzung in 60Co-Zerfall nachgewiesen: Beta-
Zerfallsrichtung eher parallel zum B-Feld (und wichtiger: zur Polarisation des Co) als antiparallel!V-A-Theorie der schwachen Wechselwirkung (Feynman et al.).
1956 Cowan und Reines benutzen Reaktor-Neutrinos für Neutrino-induzierte Reaktionen. Bald auch Neutrinos produziert durch K-Zerfälle `in flight’ am Beschleuniger Muon-Neutrinos!
Problem: Fermi ist Punktwechselwirkung! Aber V-A-Wirkungsquerschnitt steigt mit s an Widerspruch! Unitarität verletzt? Lösung: massives W-Boson (Idee Yukawa!). Dann Kopplung schwächer um 1/MW
2. Suche bei einigen GeV erfolglos!
1964 Christenson et al: CP-Verletzung im neutralen Kaon-System!
(Tief-)Unelastische Streuung Die Struktur des Nukleons1969 Panofsky et al.: 18-GeV-Linac am SLAC! Inelastische
Streuung!
Scaling! Struktur Wi hängt nur von x=Q2/2M ab, obwohl Wi=Wi(,Q2)! naives (“kindergarden”) Partonmodell von Feynman/Bjorken: Proton besteht aus drei unabhängigen Partonen (=Quarks!).Wahrscheinlichkeit, ein Parton mit Impulsanteil x zu finden: f(x)!
1975ff: Quantenchromodynamik: Quarks wechselwirken via Gluonen! Also müssen Gluonen im Proton sein! Verletzung des Scalings, da Abstrahlung von Gluonen von x abhängt! f=f(x,Q2)! Panofsky et al. hatten `Glück’, dass Ihre Experimente bei x-Werten abliefen, bei denen man die Scaling-Verletzungen nicht sieht!
Bis heute (HERA): Viele Experimente messen Protonstrukturfunktionen (jetzt wieder F2, F3 und FL genannt) mit hoher Präzision in Collidern, Fixed-Target-Experimenten, mit Elektronen, Neutrinos auf Wasserstoff, Deuterium etc.
Charm, Beauty, Top, Tau… immer seltsamere Teilchen1974 Ting und Richter messen unabhängig voneinander eine cc-
Resonanz bei etwa 3.1 GeV. Nobelpreis 1976.Viele Anregungen z.B. von Crystal Ball gefunden. Auch c-Mesonen.
1975 bei Spear (Perl) und DORIS (DESY): Paarproduktion neuer schwerer Leptonen: Tau-Lepton!
1977 Lederman et al.: Resonanz in +- mit 400-GeV-Protonen.Entdeckung von beauty. Ausweitung des Cabibbo-Winkels auf 33-Matrix: Cabibbo-Kobayashi-Maskawa (CKM). Wiederholung der c-Story!
1995Nachweis des Top-Quarks in pp-Kollisionen am Tevatron bei s=1.8 TeV. Masse: 178 GeV!
2000 Donut-Experiment am Fermi-Lab findet/bestätigt Tau-Neutrino Fermionen vollzählig!
HintergrundStandard-Modell… nicht trennen, was zusammengehört!
Vor 1973: Fermi/V-A-Theorie trotz aller Probleme: Immer noch Unitarität verletzt! Wichtige Beiträge von Yang und Mills, Higgs.
Glashow, Weinberg, Salam: Elektroschwaches Standard-Modell!W-Triplett, B mischen: W+, W- bekannt, W0 und B0 Z, (sinW)
Veltman, t’Hooft: Theorie renormierbar! Aber wo ist das Z? 1973 Entdeckung neutraler schwacher Ströme (Perkins et al, CERN,
Gargamelle-Blasenkammer mit Neutrino-Strahlen). Bald auch Messungen von sinW. Die vom Modell vorhergesagte Massen von W,Z zu hoch für alle Maschinen Rubbia et al: SpSSppS!
1983 UA1 und UA2 finden W,Z! Nobelpreis für Rubbia, v.d.Meer.1989-2000 LEP macht Präzisionsmessungen des elektroschwachen
Standard-Modells. Wichtige QCD-Messungen. Keine Indizien für Higgs-Teilchen bis 114 GeV! Es gibt drei Neutrino-Familien!
2000 LEP wird abgeschaltet, um Ressourcen für LHC freizumachenNeutrinophysik: Neutrinos haben Masse!Tevatron: Der Run II läuft. Wesentliches Ziel: Higgs. Aber auch
wichtige Messungen zum SM (Top-Quark, MW,…). Betrieb bis 2009.
HERA: HERA II läuft. Ziel: Genaue Vermessung des Protons. Neue Physik? Ende voraussichtlich Mitte 2007.
Bau von LHC: Beginn des Betriebs 2007.Planungen für einen neuen e+e--Linearkollider mit ca. 1 TeV.
Möglicher Bau-Beginn: 2009 (Vorlesung P. Schleper am Ende des Semesters).
Ideen für Upgrades von LHC, für Muon-Kollider (Vorlesung P. Schleper am Ende des Semesters).
Jeder Schritt (Design, Bau, Betrieb) z. Zt. ca. 10 Jahre!
Probleme der TeilchenphysikWelche Fragen brauchen den LHC?Vereinheitlichung
Vereinheitlichung der starken und der elektroschwachen WW? Geht im Standard-Modell nicht. Aber möglicherweise mit SUSY!
Inkonsistenz des Standard-ModellsHiggs-Boson wird für Konsistenz gebraucht!Hierarchie-Problem: Teilchen-Massen sollten Korrekturen von der Grössenordnung der höchsten Skala des SM erhalten – aber W und Z haben sehr kleine Massen, und auch die Higgs-Masse ist vermutlich kleiner als 200 GeV neue Physik bei kleineren Skalen? 1 TeV? Supersymmetrie?
Kompromiss aus Schwerpunktsenergie und Preis 14 TeV (Plan SSC: 40 TeV) Begründete Hoffnung: mHiggs < 1 TeV, SUSY bei unter 1 TeV Benutzung der LEP-Infrastruktur (Tunnel etc., SSC: 87 km)
Die meisten Entdeckungen wurden in Hadron-Reaktionen gemacht
Meistens mehr Energie und Luminosität zur Verfügung als mit Leptonen.
Vieles in Fixed-Target-Experimenten! W,Z bei UA1, UA2 J/ Top Dann Präzisionsvermessung mit e+e—Maschine
Erfahrung des CERN im Bau und Betrieb von Grossanlagen CERN war immer an der vordersten Teilchenphysikfront Erprobte internationale Zusammenarbeit vieler Staaten.
HintergrundCERN: Die OrganisationEin europäisches Forschungszentrum
European Organization for Nuclear Research Gegründet 1954. Weltgrösstes Teilchenphysiklabor; stellt vor allem Infrastruktur
(Beschleuniger) zur Verfügung. Gegründet 1954; mittlerweile 22 Mitgliedstaaten, einige assoziierte. Ca. 2500 Physiker, Techniker, Ingenieure, Verwaltung etc.
Auftrag Grundlagenforschung im Bereich der kleinsten Strukturen der
Materie: Was die Welt im Innersten zusammenhält.Erfolge