Vernichtungslager Ab 1941 errichteten die Deutschen in Polen Ver- nichtungslager: Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka, Majdanek und Auschwitz- Birkenau. Mit Güterzügen transportierte man die Juden aus ganz Europa in das besetzte Polen und teilte sie nach der Ankunft in zwei Gruppen ein. Meist wurden diejenigen, die kräf- tig und jung genug waren, zur Zwangsarbeit ausgeson- dert. Wenn sie zu schwach für die Arbeit wurden - nicht selten aber auch aus purer Willkür - tötete man sie. Die zweite Gruppe, vor allem Kinder, Frauen und ältere Menschen, wurde von den Eisenbahnrampen direkt in die Gaskammern geschickt. Das größte Zentrum des Massenmordes war Ausch- witz-Birkenau. Die Gaskam- mern und die Schornsteine der dazugehörigen Kremato- rien wurden zum Symbol des Holocaust. Krematorium in Auschwitz-Birkenau, eine Zeichnung des Überlebenden David Olère: Eine Kolonne von Juden wird durch das Tor ins Lager geführt. Das Fahrzeug des Roten Kreuzes sollte beruhigend auf die Häftlinge wirken, war je- doch in Wirklichkeit ein SS-Wagen, der mit Giftgaskanistern für die Massentötung beladen war. Die Rampe von Auschwitz: Die Deportierten wurden in Güterzügen durch das Eingangstor direkt in das Lager gefahren und mussten an der Rampe zur ‚Selektion’ antreten. Ein SS-Wachtrupp in Belzec posiert hinter dem Haus des Lager- kommandanten für ein Foto.
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Vernichtungslager - Gedenkstättenpädagogik Bayern · Vernichtungslager Ab 1941 errichteten die Deutschen in Polen Ver-nichtungslager: Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka, Majdanek
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VernichtungslagerAb 1941 errichteten die
Deutschen in Polen Ver-
nichtungslager: Chelmno,
Belzec, Sobibor, Treblinka,
Majdanek und Auschwitz-
Birkenau. Mit Güterzügen
transportierte man die
Juden aus ganz Europa in
das besetzte Polen und teilte
sie nach der Ankunft in
zwei Gruppen ein. Meist
wurden diejenigen, die kräf-
tig und jung genug waren,
zur Zwangsarbeit ausgeson-
dert. Wenn sie zu schwach
für die Arbeit wurden -
nicht selten aber auch aus
purer Willkür - tötete man
sie. Die zweite Gruppe, vor
allem Kinder, Frauen und
ältere Menschen, wurde
von den Eisenbahnrampen
direkt in die Gaskammern
geschickt.
Das größte Zentrum des
Massenmordes war Ausch-
witz-Birkenau. Die Gaskam-
mern und die Schornsteine
der dazugehörigen Kremato-
rien wurden zum Symbol
des Holocaust.
Krematorium in Auschwitz-Birkenau, eine Zeichnung des Überlebenden David Olère: Eine Kolonne von Juden wirddurch das Tor ins Lager geführt. Das Fahrzeug des RotenKreuzes sollte beruhigend auf die Häftlinge wirken, war je-doch in Wirklichkeit ein SS-Wagen, der mit Giftgaskanisternfür die Massentötung beladen war.
Die Rampe von Auschwitz: Die Deportierten wurden in Güterzügen durch das Eingangstor direkt in das Lager gefahren und musstenan der Rampe zur ‚Selektion’ antreten.
Ein SS-Wachtrupp inBelzec posiert hinterdem Haus des Lager-kommandanten für ein Foto.
Theresienstadt
Im Oktober 1941 ordneten die Nationalsozia-
listen die Errichtung eines Ghettos im böhmi-
schen Terezin (Theresienstadt) an. Auch zahl-
reiche prominente Juden, Schauspieler, Musi-
ker, Politiker und Wissenschaftler wurden aus
dem Reich dorthin deportiert. Unter jüdischer
Leitung entstanden Orchester, eine Opern-
und eine Theatergruppe. Es gab Vorlesungen
und eine Bibliothek. Theresienstadt wurde als
ein „Vorzeigeghetto“ dargestellt, um das inter-
nationale Rote Kreuz irrezuführen. Es ent-
stand sogar ein Propagandafilm „Der Führer
schenkt den Juden eine Stadt“, der über die
grausame Realität des Ghettolebens hinweg-
täuschen sollte. Denn tatsächlich herrschten
auch hier Enge und Not. Außerdem war The-
resienstadt für Tausende von Juden nur eine
Durchgangsstation. Mehr als 80.000 Men-
schen wurden von hier aus in die Vernich-
tungslager im Osten deportiert.
„Es gab Zeiten, in denen das Leben einen trügeri-schen Schein von Normalität annahm. Manche(...)glaubten sogar, dass Theresienstadt ein Arbeitsla-ger sei, wo sie bis zum Ende des Krieges in Sicherheitsein würden.“
Alfred Kantor, im Dezember 1941 als 18-jährigerKunststudent von Prag nach Theresienstadt depor-tiert, erinnert sich:
Die Karte zeigt die Deportationen nach Theresien-stadt sowie von dort in die Vernichtungslager imOsten. Die Zahlen in den roten Kästchen geben dieAnzahl der Ermordeten an.
Zeichnung von der 12-jährigen Helga Weiss: Die Kinder in Theresienstadt haben Schulunterricht. Vor denAugen der jüdischen Wachleute bringen sie ihre Sitzbänke in den Klassenraum.
Aufstand im Warschauer Ghetto
Den Ghetto-Bewohnern wurde immer
klarer, dass Deportation den Tod be-
deutete. Sie fanden den Mut, sich in
ihrer verzweifelten Lage zu wehren. Im
Warschauer Ghetto erhoben sie sich
im April 1943 zu einem Aufstand
gegen die deutschen Wachmannschaf-
ten. Auf jüdischer Seite wurde mit
Handgranaten und benzingefüllten
Flaschen von Dachböden und Kellern
aus gekämpft. Gegen die hochgerüste-
te SS hatten die Aufständischen keine
Chance, hielten jedoch über einen
Monat gegen die Übermacht durch.
Schließlich setzte die SS das Ghetto in
Brand. Jüdischen Widerstand gab es
auch in anderen Ghettos und in den
Vernichtungslagern. So gelang es zum
Beispiel Häftlingen in Treblinka, in die
Waffenkammern der SS einzubrechen
und eine Massenflucht vorzubereiten.
Für die meisten von ihnen endete die
Revolte jedoch tödlich.
„Ein grauenhafter Schrei ertönte aus einem brennendenFenster in einem oberen Stock-werk, in dem eine Frau miteinem Kind an der Hand erschien und auf die Straßehinunterstürzte. Das war unser letzter Eindruck vomWarschauer Ghetto.“
Alexander Donat erinnert sich:
Ein jüdischer Aufständischer ergibt sich und steigt aus den Trümmern.
Ein jüdischer Junge ergibt sich. Im Hintergrund bedrohen ihn schwerbewaffnete deutsche Soldaten.
Deutsche Soldaten feuern in die Häuser desGhettos, die systematisch in Schutt undAsche gelegt werden.
Widerstand und bewaffnete Gegenwehr
Juden, denen die Flucht aus dem Ghetto ge-
lang, schlugen sich entweder zu lokalen Parti-
sanen durch oder schlossen sich jüdischen
Widerstandsgruppen an. Die Partisanen
kämpften in den Wäldern, überfielen deutsche
Stellungen und jagten Munitionslager in die
Luft. Seit 1942/43 entfernten sich deutsche
Patrouillen im besetzten Osten wegen der
Gefahr von Partisanenangriffen nur noch un-
gern von Städten und Hauptverkehrswegen.
Es bildeten sich in den besetzten Gebieten
auch spezielle jüdische Widerstandsgruppen.
Sie riefen offen zum bewaffneten Kampf gegen
die Deutschen auf. Einen dramatischen Erfolg
hatte eine solche Gruppe in der Nacht vom
19. auf den 20. April 1943. Sie brachte einen
Deportationszug auf dem Weg nach Ausch-
witz noch auf belgischem Boden zum Entglei-
sen. Viele der Insassen konnten entkommen.
„Wir mussten uns bewegen,damit die Füße nicht erfroren... Die Stunden vor Sonnenauf-gang waren die kältesten. Dieständige Angst und der beißen-de Frost waren schrecklich.Diejenigen, die eine Waffe hatten, fühlten sich etwas be-herzter.“
Harold Werner, damals 16 Jahrealt, erinnert sich:
Ein Waggon aus dem Münchner Depot der deutschen Reichsbahn,der von jüdischen Partisanen zum Entgleisen gebracht wurde.
Jüdische Partisanengruppe, junge Männer und Frauen, nach der Rückkehr in die Stadt Wilna.
Die Karte zeigt einige der Wälder, in denen sich ausden Ghettos entkommene Juden versteckten und dieDeutschen bekämpften.
Rettung und ZufluchtAnderthalb Millionen jüdische
Kinder wurden im Holocaust
ermordet. Schätzungsweise
20.000 bis 30.000 - die jüng-
sten im Säuglingsalter, die ältes-
ten 14 Jahre alt - überlebten
den Krieg als „versteckte Kin-
der“. Stella Tzur, ein bei einem
polnischen Bauern verstecktes
Kind, erinnert sich: „Ich legte
mich in meine Kuhle und er
bedeckte sie von oben mit
Strohbündeln. Es war unmög-
lich, mich dort zu finden.“
Immer wieder gab es Versuche,
verfolgte Juden vor Deportation
und Tod zu retten. Das bekann-
teste Beispiel hierfür ist sicher-
lich der Unternehmer Oskar
Schindler. Mit seiner Hilfe
konnten 1.200 Juden überle-
ben. Er beschäftigte sie in sei-
ner Fabrik und behandelte sie
menschlich. Solche Rettungs-
aktionen waren höchst riskant
und erforderten großen Mut.
Wurden sie entdeckt, drohte
allen Beteiligten der Tod.
„Jeden Tag, vom 18. Oktober1944 bis 8. Mai 1945, halfSchindler. 'Ich werde euchnicht verlassen bis der letzteSS-Mann das Lager verlassenhat', sagte er zu uns. Wenn ein Jude seine Brilleverlor, zog Schindler los undbesorgte ihm eine. Zu der Ration von Hundert GrammBrot, einer Schüssel so genann-ter Suppe und zwei Tassen Ersatzkaffee pro Tag verteilteer Extrarationen.“
Moshe Bejski, ein „Schindler-Jude“ erinnert sich:
Oskar Schindler (1908-1974): Dies war eines vonmehreren Fotos, die Schindler kurz vor Kriegsendeeinem seiner Arbeiter gab.
In dieser Scheune wurde Stella Tzur als Kind von einem Bauern versteckt (Foto von 1990).
Anne Frank: Versteckt und verratenAnne Frank wurde 1929 in
Frankfurt am Main geboren.
Kurz nach Hitlers Machtüber-
nahme flüchtete die Familie
nach Amsterdam. Holland
wurde Annes Heimat. Als je-
doch im Mai 1940 die Wehr-
macht in Holland einmar-
schierte, war das Leben der
Familie erneut in Gefahr. Um
der Deportation zu entgehen,
versteckte sich die Familie in
einem unauffälligen Hinter-
haus.
Hier bekam Anne zu ihrem
13. Geburtstag ein Tagebuch
geschenkt. In Form von Brie-
fen schilderte sie ihr Leben im
Versteck und ihre Angst ent-
deckt zu werden. Die Briefe
waren an eine erfundene
Freundin namens Kitty gerich-
tet. Doch die geheime Unter-
kunft wurde im August 1944
verraten. Man verhaftete die
gesamte Familie. Anne starb
kurz vor Kriegsende im Kon-
zentrationslager Bergen-Belsen.
Ihr Tagebuch wurde von einer
Freundin des Vaters in Sicher-
heit gebracht und in den fünf-
ziger Jahren veröffentlicht.
„Liebe Kitty! Heute habe ich nur traurige und de-primierende Nachrichten. Unsere jüdischen Freundeund Bekannten werden in Mengen weggeholt. DieGestapo geht nicht zart mit ihnen um. Sie werdenin Viehwagen geladen und nach dem JudenlagerWesterbork gebracht. Westerbork muss grauenhaftsein. (...) Wenn es hier in Holland schon so schlimmist, wie furchtbar wird es dort in der Ferne sein,wohin sie verschickt werden? Das englische Radioberichtet von Gaskammern, aber vielleicht ist dasnoch die schnellste Vernichtungsmethode.“
Auszug aus dem Tagebuch vom 9.Oktober 1942:
Tafel mit Fotos von Anne Frank von Mai 1935 bis Mai 1942, zum Teil von ihr selbst im Versteck angefertigt.
Charlotte Salomons Geschichte1971 übergab Albert Salomon
dem Jüdischen Museum in
Amsterdam 1300 Bilder, die
seine Tochter Charlotte gemalt
hatte. Diese Bilder stellen ihre
eigene Lebensgeschichte dar.
Charlotte, 1917 geboren, wuchs
in Berlin auf. Sie studierte Ma-
lerei an der Kunstakademie.
Nach der „Reichskristallnacht“
1938 sperrten die Nationalsozi-
alisten Charlottes Vater kurze
Zeit in ein Konzentrationslager.
Im Januar 1939 gelang es Vater
und Tochter jedoch, Deutsch-
land zu verlassen. Sie fanden in
Villefranche, Südfrankreich, ein
vorübergehendes Zuhause.
Charlotte heiratete Alexander
Nagler, einen jüdischen Flücht-
ling aus Österreich. Im Sommer
1943 besetzten die Deutschen
ganz Frankreich. Wieder waren
die Salomons in Gefahr. Am 21.
September 1943 wurden die
schwangere Charlotte und ihr
Mann nach Auschwitz depor-
tiert und dort ermordet. Ihr
Vater Albert überlebte.
Charlotte Salomon und ihr Vater Endeder zwanziger Jahre auf dem Balkonihrer Berliner Wohnung.
Das Bild zeigt Charlotte kurz vor ihrer Abreise nach Südfrankreich in ihrem Berli-ner Zimmer. Die überdimensionalen Koffer symbolisieren den Abschied von ihremZuhause und den Aufbruch in eine unbestimmte Zukunft.
Charlotte in Südfrankreich, in freier Natur malend.
Deportationen aus Ungarn
1944 wurde Ungarn von der deut-
schen Wehrmacht besetzt. Im März
1944 folgte den Truppen eine SS-Ein-
heit unter Adolf Eichmann. Sofort
wies man die ungarischen Juden in
Ghettos ein. Die Deportationen nach
Auschwitz-Birkenau begannen kurze
Zeit später und betrafen innerhalb von
nur acht Wochen mehr als 400.000
Menschen. 300.000 von ihnen - vor
allem Kinder, schwache und alte Men-
schen - wurden dort ermordet.
Die übrigen entgingen dem Tod im
KZ Auschwitz und wurden zur
Zwangsarbeit nach Deutschland ver-
schleppt. Insgesamt wurden rund
200.000 Juden als Zwangsarbeiter in
Konzentrations- und Außenlager des
nationalsozialistischen Deutschland
verschleppt - über ein Drittel von
ihnen überlebte die Lager nicht.
Deportation ungarischer Juden aus Budapest: Am 19. März 1944 werden jüdische Männer mit erhobenen Händenzum Bahnhof gebracht.
Die Rampe von Auschwitz-Birkenau: Ungarische Frauenund Kinder vor ihrem Weg in die Gaskammer. Der Mann mit der Häftlingskleidung (rechter Bildrand)muss das Gepäck der Neuankömmlinge zum Sortierenfortschaffen.
Deportierte aus Ungarn, bevor sie in die Gaskammerngebracht wurden: Eine Gruppe von Kindern und Erwach-senen hat gerade die Deportationszüge verlassen. Beieinigen ist der aufgenähte „Judenstern“ an der Kleidungerkennbar.
„Ich setzte mich hin. Es gab nichtgenug Platz für alle, daher musstenwir einander zwischen die Beinesetzen. Vor mir Gabi und hinter mirPapa. Wir redeten nicht. Der Zugraste mit der Zeit um die Wette undich wurde langsam verrückt. Die Hitze, der Durst, der Schmutz -alles schien sich gegen mich ver-schworen zu haben.“
Hugo Gryn, damals 13 Jahre alt, überseine Deportation aus Berehovo:
TodesmärscheKZ-Häftlinge sollten nach dem Willen
der SS-Führung nicht von den vor-
rückenden alliierten Truppen befreit
werden können; es galt vor allem das
Überleben von Zeugen zu verhindern.
Deshalb wurden zunächst alle Lager
im besetzten Polen geräumt. Gleichzei-
tig versuchte die SS, Akten und Unter-
lagen über ihre Verbrechen zu vernich-
ten. Oft mussten die geschwächten
Häftlinge mehrere Wochen zu Fuß
marschieren, teilweise wurden sie in
Güterwagen gepfercht. Ärztliche Be-
treuung oder Versorgung mit Essen
und Trinken gab es nicht. Wer zurück-
blieb oder zu fliehen versuchte, wurde
sofort erschossen.
Ab Frühjahr 1945 wurden auch die
Konzentrationslager im Deutschen
Reich unter chaotischen Umständen
evakuiert. Tausende von Häftlingen
waren nun unterwegs. Über 100.000
Menschen starben auf Todesmärschen
kurz vor Kriegsende.
Todesmarsch aus dem KZ Dachau. Das Foto wurde heimlich aus einem Privathaus in Dorfen am Starnberger See EndeApril 1945 aufgenommen.
Deutsche Zivilisten exhumieren am 29. April 1945 auf Befehl der US-Army 120Häftlinge, die während eines Todesmarschesin Neunburg vorm Wald von ihren Bewa-chern ermordet worden waren.
Auf dem Ehrenfriedhof in Pfaffenberg-Steinrein (Kreis Straubing)sind 67 Opfer eines Todesmarsches aus dem KZ Buchenwald bestattet.
Befreiung des KZ Theresienstadt: Die Überlebenden winkenihren Befreiern von Güterwaggons aus zu, in denen sienach Theresienstadt transportiert worden waren.
Befreiung 1945 Am 27. Januar 1945 befreiten
sowjetische Soldaten das
Vernichtungslager Auschwitz.
Die Tötungen in den Gaskam-
mern waren bereits zwei Mo-
nate zuvor beendet worden,
die meisten überlebenden
Häftlinge befanden sich auf
Todesmärschen in Richtung
Westen. Die SS hatte sich be-
reits abgesetzt, nachdem sie -
weitgehend vergeblich - ver-
sucht hatte, die Spuren ihrer
Verbrechen zu verwischen.
Im April 1945 erreichten briti-
sche und amerikanische Trup-
pen die Lager im Westen Deutschlands. Das Konzentra-
tionslager Flossenbürg in der Oberpfalz wurde am 23.
April, das KZ Dachau bei München am 29. April 1945
von amerikanischen Truppen befreit. Neben zahlreichen
Leichen fanden die US-Soldaten
noch 33.000 Überlebende im KZ
Dachau vor. Der Anblick der ausge-
mergelten und vom Hungertod
bedrohten, im Lager zurückgelasse-
nen Häftlinge erregte nicht nur das
Entsetzen der Befreier vor den Ver-
brechen der Nationalsozialisten -
die Fotos und Filmaufnahmen sorg-
ten weltweit für Erschütterung
über die Dimension der nationalso-
zialistischen Verbrechen.
Inneres einer Baracke im KZ Buchenwald am Tag der Befreiung (11. April 1945): Der Schrift-steller Elie Wiesel (im Foto eingekreist) hat später über seine Erlebnisse berichtet.
Befreiung des KZ Dachau:Hinter dem US-Soldat liegendie Leichen der in den letztenTagen vor der BefreiungVerstorbenen.
Das KZ-Flossenbürg wurde am 23. April 1945 von der US-Army befreit. Im Lager befanden sich noch 1.500 schwer-kranke Häftlinge, die nun von Sanitätseinheiten versorgtwurden.
Prozesse nach 1945 Der Nürnberger Prozess 1945/46
gegen führende Nationalsozialisten
leitete eine neue Entwicklung im
Umgang mit Kriegsverbrechern und
Schuldigen an Massenmorden ein.
Die Alliierten richteten die Angeklag-
ten nicht unterschiedslos hin, sondern
versuchten, auf einer klaren sittlichen
und rechtlichen Grundlage zu einem
angemessenen Urteil zu kommen. Das
Verfahren wurde zum Ausgangspunkt
grundlegender Entwicklungen des
Völkerrechts.
Eine Vielzahl weiterer Prozesse, u.a. in
Dachau, folgte. Weltweite Aufmerk-
samkeit erregte 1961 die Verhandlung
gegen Adolf Eichmann, den Organisa-
tor der Judendeportationen, in Israel.
Große Bedeutung für das Bewusstsein
der deutschen Öffentlichkeit gewann
der Auschwitz-Prozess, der von 1963
bis 1965 in Frankfurt am Main statt-
fand. Angeklagt waren 21 Mitglieder
der Lagermannschaft von Auschwitz.
Prozesse gegen einzelne Verantwortli-
che für Mordaktionen gibt es bis
heute.
Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher: Auf der unteren Reihe der Anklagebank sitzen unter ande-rem Hermann Göring (ganz links), Julius Streicher (Herausgeber des des antisemitischen Hetzblattes „Der Stürmer“,dritter von rechts) und Hans Frank (fünfter von rechts): Frank war als Generalgouverneur von Polen maßgeblich fürdie dort begangenen Verbrechen an Juden verantwortlich.
Der Kommandant des KZ Dachau von September 1942 bis November 1943, Martin Gottfried Weiss, wird in einem der „Dachauer Prozesse“ von einemamerikanischen Gericht zum Tode verurteilt. Das Foto zeigt, wie ein ZeugeWeiss (Bildmitte, stehend identifiziert.
Adolf Eichmann während seines Prozessesin Jerusalem: Er wurde 1960 vom israeli-schen Geheimdienst in Argentinien aufge-spürt und ein Jahr später zum Tod verurteilt.
Die Gedenkanlage „Tal des Todes“ in Flossenbürg war die erste KZ-Gedenkstätte in Bayern. Gedenksteineerinnern an die Opfer verschiedener Nationen. Für die Kapelle „Jesus im Kerker“ wurden Steine vonWachtürmen des KZ verwendet.
Orte der Erinnerung
Die Erinnerung an den nationalsozialisti-
schen Judenmord und seine Opfer wach
zu halten, ist Verpflichtung für die Nachge-
borenen und für die Angehörigen der Opfer
und ihre Nachkommen besonders wichtig.
Da es für viele der Ermordeten keine Grab-
stätte gibt, wurden die Orte des Tötens und
der Verfolgung - die Ghettos und die Kon-
zentrations- und Vernichtungslager selbst -
die wichtigsten Orte des Gedenkens.
Die Nationalsozialisten versuchten, die
Zeugnisse ihrer Verbrechen zu beseitigen.
Vielfach erinnern deshalb Mahnmale und
Gedenksteine an die Taten. Pyramiden mit
der Asche verbrannter Leichen oder zuge-
schüttete Gräben, in denen Massenerschie-
ßungen stattfanden, lassen heute als Ge-
denkorte das unvorstellbare Ausmaß des
Holocaust erahnen.
Pyramide menschlicher Asche im Vernichtungslager Sobibor.
Denkmal in Belzec an der Stelle der früheren Gas-kammer. Die polnische Inschrift lautet: „In Gedenken an die Opfer des Hitler-Terrors, ermor-det in den Jahren 1942-1943“
HolocaustMehr als 60 Jahre sind vergangen seit dem Ende des
Zweiten Weltkrieges und dem geplanten und industriell
durchgeführten Völkermord an den Juden, dem Holo-
caust. Der Begriff Holocaust kommt aus dem Englischen
und meint „Inferno, Zerstörung“. Der griechisch-lateini-
sche Ursprung des Wortes bedeutet „völlig verbrannt“.
Nach 1945 wurde die Ermordung von 6 Millionen
Juden zunächst dem NS-Wortschatz folgend als „Endlö-
sung“ oder auch als Judenvernichtung bezeichnet. Der
Begriff „Holocaust“ ging erst 1979 mit der gleichnami-
gen US-Fernsehserie in den deutschen Sprachgebrauch
ein. Im Hebräischen wird für Holocaust der Begriff
Shoah (Katastrophe) verwendet.
Die Karte zeigt die geschätzten Zahlen der vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945 ermor-deten Juden in den von den Deutschen beherrschten Gebieten. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebtenetwa 9,5 Millionen Juden in Europa. 1945 waren es nur noch rund 3 Millionen. Sechs MillionenJuden wurden ermordet. Allein in den Vernichtungslagern wurden fast drei Millionen Menschengetötet. Die meisten von ihnen stammten aus Polen und der Sowjetunion. Hinzu kommen Säug-linge und Kleinkinder, die von den Mordkommandos der Nazis getötet wurden, bevor ihre Ge-burt registriert werden konnte. Auch die Zahl der aus entlegenen Dörfern Deportierten bleibt imDunklen.