Verbands-Management (VM) Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management VM 3/01 Walser, Kurt Eine systematische Grundlage für die Führung des SBV Verbands-Mangement, 26. Jahrgang, Ausgabe 3 (2001), S. 76-83. Herausgeber: Verbandsmanagement Institut (VMI) www.vmi.ch, Universität Freiburg/CH Redaktion: Guido Kaufmann/Bettina Kaufmann Layout: Maxomedia, Bern Fotomaterial: Daniel Fuchs, Bern ISSN: 1424-9189 Kontakt: [email protected]Die Zeitschrift VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April, August und November. Abdruck und Vervielfältigung von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Abschnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers.
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Verbands-Management (VM) Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
VM 3/01 Walser, Kurt Eine systematische Grundlage für die Führung des SBV Verbands-Mangement, 26. Jahrgang, Ausgabe 3 (2001), S. 76-83. Herausgeber: Verbandsmanagement Institut (VMI) www.vmi.ch,
Universität Freiburg/CH Redaktion: Guido Kaufmann/Bettina Kaufmann Layout: Maxomedia, Bern Fotomaterial: Daniel Fuchs, Bern ISSN: 1424-9189 Kontakt: [email protected] Die Zeitschrift VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April, August und November. Abdruck und Vervielfältigung von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Abschnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers.
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Referate
Der SBV – ein föderalistisch struktu-rierter Mitgliederverband
Der SBV deckt die gesamte Schweiz und damit alle
Sprachregionen ab. Er ist von seiner Struktur her seit
jeher föderalistisch aufgebaut: In allen Kantonen be-
stehen (mindestens eine) Mitgliedersektionen,
welche die Interessenvertretung auf kantonaler bzw.
lokaler Ebene wahrnehmen und mit eigenständigen,
vom SBV unabhängigen Geschäftsstellen eine ganze
Reihe individueller Dienstleistungen erbringen. Pa-
rallel zu dieser Regionalorganisation haben sich im
Laufe der Jahre bis heute 12 spartenbezogene Fach-
verbände gebildet, darunter als grösste der der Zim-
mermeister («Holzbau Schweiz») sowie der des Tief-,
Strassen- und Untertagebaues.
Da der SBV seit jeher die direkte Mitgliedschaft aller
Mitgliederfirmen kennt, unterhalten diese somit
mindestens zwei Mitgliedschaften: eine bei ihrer
Stammsektion und eine beim SBV. Da die Mitglieder
statutarisch dazu gehalten sind, überall dort, wo
sie eine Geschäftsniederlassung betreiben, auch der
betreffenden Sektion beizutreten und sich überdies
– entsprechend ihrer betrieblichen Tätigkeitssparte –
auch den zuständigen Fachverbänden des SBV an-
zuschliessen, kennen manche Firmen mehrere Ver-
bandsmitgliedschaften (in Einzelfällen mehr als 20!)
und bezahlen demzufolge auch mehrere Mitglieder-
beiträge.
In Bezug auf seine Trägerschaft und seine Finanzie-
rungsbasis ist der SBV also ein Mitglieder- und kein
Dachverband. Was die verbandspolitische Mei-
nungsbildung und Beschlussfassung anbelangt,
funktioniert er indessen trotzdem nach dem Modell
des Dachverbands: Die Delegiertenversammlung als
«Legislativbehörde» und als Wahlorgan für die Exe-
kutive (Zentralvorstand) setzt sich nach einem sta-
tutarisch festgelegten Schlüssel aus Vertretern der
Sektionen und Fachverbände zusammen, welche
von diesen gewählt, delegiert und de facto sehr oft
auch instruiert werden.
Die SBV-Geschäftsstelle
Schon im Jahr 1905 richtete der SBV in Zürich ein
ständiges «Zentralsekretariat» ein und beauftragte es
mit den verbandlichen Interessenkoordinations-
und Vollzugsaufgaben. Im Laufe der Jahre entwi-
ckelte sich dieses Sekretariat zu einer differenzierten
Dienstleistungsorganisation mit heute rund 80 Mit-
arbeitenden (inkl. AG Verlag Hoch- und Tiefbau,
aber ohne SBV-Informatik).
Die organisatorische Gliederung der SBV-Geschäfts-
stelle entspricht funktional und personell der Auf-
gabenstruktur eines an vielen Fronten tätigen Ar-
beitgeber-, Wirtschafts-, Berufs- und Fachverbands.
Die Geschäftsstelle wurde bis Mitte 2001 vom Ge-
neralsekretär, heute wird sie von einem Direktor ge-
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Den Schweizerischen Baumeisterverband
(SBV) zählt man zu den grossen, finanzstar-
ken und politisch einflussreichen Branchen-
verbänden der Schweiz. Hinter dem SBV
steckt eine historisch gewachsene, bewährte
Verbandsstruktur, die ihre Stärken an sich
nicht mehr beweisen muss. Als grösste
Schwäche hat sich in den neunziger Jahren
eine zunehmend als mangelhaft empfundene
verbandsinterne Kohäsion herausgestellt.
Ein Hauptgrund liegt wohl in der Unübersicht-
lichkeit der Verbandsaufgaben und -leistun-
gen. Eine diesbezügliche Systematisierung
tut Not.
Der SBV – eine hundertjährige Interes-sensvertretungsorganisation
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) wurde
im Jahre 1897 von einem halben Dutzend damals
bereits bestehender städtischer Baumeisterverbände
als einfache Gesellschaft unter dem heute noch un-
veränderten Namen gegründet. 1900 wurde er als
Genossenschaft konstituiert, nach dem Zweiten
Weltkrieg in einen Verein umgewandelt.1
Aus den ersten Statuten des SBV vom 11. März 1897
geht der Anlass zur Verbandsgründung klar und
deutlich hervor: Wie in anderen Branchen hatten
sich im Zuge der Industrialisierung und sozialen
Umwälzung gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch
die Bauarbeiter gewerkschaftlich zusammenge-
schlossen und ihre Lohnforderungen mit häufigen
Arbeitsniederlegungen und Streiks unterstrichen.
Es lag somit auf der Hand, dass auch die Arbeitgeber
ihre Interessen bündeln wollten.
Die Vertretung der Arbeitgeberinteressen blieb
indessen nicht der einzige Verbandszweck: Gewerb-
liche Arbeitgeberverbände, welche sozialpartner-
schaftliche Branchen-Gesamtarbeitsverträge aus-
handelten, entwickelten sich in aller Regel auch zu
Berufsbildungsverbänden. In der Tat bildeten
die gemeinschaftliche Förderung und Finanzierung
der Berufsbildung schon vor dem Ersten Weltkrieg
eines der wichtigsten Ziele und Tätigkeitsgebiete des
SBV und sind es bis heute geblieben.
Da ein im Bauhaupt- oder Ausbaugewerbe tätiges
Unternehmen typischerweise keine Fertigprodukte,
sondern «nur» betriebliche Leistungsbereitschaft an-
bietet, ist es nicht erstaunlich, dass – analog etwa
zum graphischen Gewerbe – auch die Wettbewerbs-
und Preispolitik sehr rasch zu einem verbandlichen
Hauptgeschäftsbereich wurden. Wie die archivierten
Akten zeigen, konnten allerdings die diesbezüg-
lichen «Heilserwartungen» der Mitglieder in den
Verband nie befriedigend erfüllt werden, selbst als
noch keine Rede von kartellgesetzlichen Regelungen
war. Der SBV hat sodann in einem weitsichtigen Ent-
scheid bereits in den sechziger Jahren ausdrücklich
Abstand von der gemeinschaftlichen Preisregulie-
rung genommen und klar festgehalten, dass die
Preispolitik Sache des einzelnen Unternehmens und
nicht Sache des SVB sein müsse.
Andererseits haben grosse, finanzstarke Branchen-
verbände auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmersei-
te natürlich schon immer Einfluss auf die allgemei-
ne Wirtschafts- und Sozialpolitik zu nehmen
versucht. Zum Teil tun sie das direkt durch ihre Lob-
bying-Aktivität und verbandliche Medienarbeit,
zum Teil indirekt über ihre Dach- und Spitzenver-
bände.
Historisch gewachsene Verbandsstruktur
Eine systematische Grundlage für die Führung des SVBKurt Walser
Zentralpräsident
Stäbe– Medien und Kommunikation– Personalwesen– Zentrale Dienste
Der Grundauftrag fasst die Verbandsaufgaben in vier
Gruppen zusammen:
1. Der SBV vertritt zusammen mit den ihm ange-
schlossenen Organisationen und gemeinsam mit
seinen Sektionen und Fachverbänden die über-
betrieblichen Interessen seiner Mitgliedfirmen
in der Wirtschaft, im Staat und in der Öffent-
lichkeit. Er konzentriert sich dabei namentlich
auf die drei Bereiche «Arbeitgeber-», «Wirt-
schafts-» und «Berufsbildungspolitik».
Abbildung 2: Die Verbandsaufgaben.
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Referate
Fazit
Mit unserem Leitbild und den verbandspolitischen
Grundlagenpapieren gelingt es uns zweifellos, die
Systematik, die Transparenz und damit auch den
Konsens bezüglich unserer gesamtverbandlichen
Aufgaben- und Leistungsstruktur markant zu ver-
bessern. Dieser Schritt war unerlässlich, und er hat
sich sicherlich gelohnt.
Der Ansatz, den der SBV zur Schaffung einer syste-
matischen Grundlage für sein Führungssystem und
-instrumentarium gewählt hat, gründet zwar auf
dem FMM für NPO. Er wurde jedoch im Zuge unse-
res internen Erarbeitungs- und Lernprozesses den
spezifischen Gegebenheiten, Anforderungen und
Zielsetzungen unseres Verbandes angepasst. In die-
sem Sinne lässt sich unser Ansatz zwar kaum ohne
weiteres auf andere NPO übertragen, wohl aber sind
die damit gemachten Erfahrungen interessant ge-
nug, so dass wir sie nicht nur für uns behalten und
auswerten, sondern gerne auch an die Fachwelt
weitergeben möchten.
Ohne fachkundige Beratung und Unterstützung sei-
tens der Schöpfer des FMM hätten wir die Adaptie-
rung an unsere Verhältnisse allerdings nie geschafft.
Allen, die uns zusammen mit Professor Robert Purt-
schert dabei geholfen haben, gebührt unser bleiben-
der Dank!
Fussnoten
1 Von der ehemaligen Genossenschaft zeugen heute
noch die französische und die italienische Ver-
bandsbezeichnung: Société (coopérative) suisse des
entrepreneurs/Società svizzera degli impresari-
costruttori.
2 Die entsprechende Koordination mit der italie-
nischsprachigen Region erfolgt zusammen mit der
(vom SBV unabhängigen) Geschäftsstelle der Sek-
tion Tessin.
3 Seit 1901 gibt der SBV – später durch seine Toch-
terfirma AG Verlag Hoch- und Tiefbau – ein Ver-
bandsorgan heraus, heute die «Schweizer Bauwirt-
schaft», welche allwöchentlich für die Mitglieder
(im Gratisabonnement) und für Dritte erscheint. Da-
neben publiziert die AG Verlag, ebenfalls im Gratis-
abonnement für die Mitglieder, auch die Monats-
zeitschrift «Schweizer Holzbau».
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bandsleistungen (z.B. GAV-Verhandlungen, Infor-
matik-Beratung); sie basieren zwar zwingend auf der
Verbandspolitik, sind aber im Gegensatz zu dieser
zeitlich limitiert und müssen im Bedarfsfall auf ein-
fache Weise modifiziert werden können.
Die Erarbeitung aussagekräftiger verbandspolitischer
Grundsatzpapiere im Anschluss an das Leitbild hat
sich als sehr anspruchsvoll erwiesen, kommen doch
auf dieser Stufe, auf der es häufig um wichtige De-
tails geht, die heterogenen Auffassungen verschie-
dener Mitgliedergruppen deutlich zum Ausdruck. Da
hier ein Grundkonsens jedoch unumgänglich ist,
bedarf es oft aufwändiger und langwieriger ver-
bandsdemokratischer Meinungsbildungsprozesse.
Die Aufgabenabgrenzung
Die verbandlichen Aufgaben und das Leistungspro-
gramm haben sich nach dem von der Generalver-
sammlung in Kraft gesetzten Leitbild und den von
der Delegiertenversammlung genehmigten ver-
bandspolitischen Grundsatzpapieren zu richten. Die
Sektionen und Fachverbände, aus deren Vertretern
sich bekanntlich die Delegiertenversammlung kon-
stituiert, üben somit einen ganz erheblichen Einfluss
auf die Festlegung und Abgrenzung der SBV-Auf-
gaben und -Leistungen aus. In Bezug auf die Gestal-
tung ihrer eigenen Leistungsprogramme sind sie
indessen – dem föderalen Aufbau des Verbands ent-
sprechend – grundsätzlich autonom. Sie respektie-
ren aber sinnvollerweise die bestehende, ihnen be-
kannte Aufgabenausrichtung des SBV und schaffen
mit ihren eigenen Leistungen ein komplementäres
Angebot für die Mitglieder.
In der Praxis ist eine solche Feinabstimmung des
historisch gewachsenen gesamtverbandlichen Leis-
tungsangebots naturgemäss nicht leicht zu bewerk-
stelligen. Auf der einen Seite konkurrenzieren sich
noch immer (zu) viele redundante Leistungen ver-
schiedener Stufen; auf der anderen Seite gibt es auch
immer wieder Sektionen und Fachverbände, welche
den SBV dazu veranlassen möchten, zu ihrer Entlas-
tung Leistungen zu übernehmen, welche nicht in
seinem verbandspolitischen Leistungsprogramm
stehen.
Dr. Kurt Walser wuchs in St. Gallen auf. Er absolvierte an der dortigen Hochschule einbetriebswirtschaftliches Studium und promovierte auf dem Gebiet des betrieblichenFinanz- und Rechnungswesens. Anschliessend arbeitete er bei der Firma IBM in Lausanneund Zürich. 1979 wechselte er als Verantwortlicher für die Ressorts «Betriebs- und Volks-wirtschaft» zum damaligen Schweizerischen Verband Graphischer Unternehmen. 1984wurde er zum Direktor beim Verband des Schweizerischen Baumaterial-Handels und1989 zum Generalsekretär des Schweizerischen Baumeisterverbands berufen, wo er wäh-rend 12 Jahren für die Gesamtleitung der Geschäftsstelle verantwortlich war. AufWunsch, sich künftig wieder vermehrt wirtschaftspolitischen Fragen widmen zu können,übernahm Walser Mitte 2001 das Ressort «Wirtschaftspolitik» beim SBV.