Urban Fabric Types and Microclimate Response ‐ Assessment and Design Improvement. Final Report R. Stiles, B. Gasienica‐Wawrytko, K. Hagen, H. Trimmel, W. Loibl, M. Köstl, T. Tötzer, S. Pauleit, A. Schirmann, W. Feilmayr Kapitel 8: Planungsempfehlungen K. Hagen, H. Trimmel, B. Gasienica‐Wawrytko, R. Stiles Wien, April 2014 Ein Projektbericht im Rahmen des Programms ACRP 3 rd Call Climate and Energy Fund of the Federal State – managed by Kommunalkredit Public Consulting GmbH
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Urban Fabric Types and Microclimate Response ‐
Assessment and Design Improvement.
Final Report R. Stiles, B. Gasienica‐Wawrytko, K. Hagen, H. Trimmel, W. Loibl, M. Köstl, T. Tötzer,
S. Pauleit, A. Schirmann, W. Feilmayr
Kapitel 8: Planungsempfehlungen K. Hagen, H. Trimmel, B. Gasienica‐Wawrytko, R. Stiles
Wien, April 2014
Ein Projektbericht im Rahmen des Programms
ACRP 3rd Call
Climate and Energy Fund of the Federal State – managed by Kommunalkredit Public Consulting GmbH
8.2.4 Weitere Aspekte und Empfehlungen ...................................................................................................... 8—9 8.2.4.1 Vegetation und Wasserflächen ........................................................................................................ 8—9 8.2.4.2 Alternative Beschattungsformen von Freiraumoberflächen ......................................................... 8—10 8.2.4.3 Jahreszeitliche Aspekte .................................................................................................................. 8—11
8.3 Maßnahmenpakete für die einzelnen Stadtraumtypen ................................................................................ 8—12 8.3.1 Einleitung .............................................................................................................................................. 8—12 8.3.2 Stadtraumtyp 1 “Industrie und Gewerbe“ ............................................................................................ 8—13 8.3.3 Stadtraumtyp 2a „Gründerzeitliche, zentrumsnahe Blockrandbebauung – Hanglage“ ....................... 8—15 8.3.4 Stadtraumtyp 2b „Gründerzeitliche, zentrumsnahe Blockrandbebauung“ .......................................... 8—16 8.3.5 Stadtraumtyp 3a „Stadterweiterung – Nachkriegszeit“ ........................................................................ 8—18 8.3.6 Stadtraumtyp 3b „Verdichtete Bebauung der Stadterweiterung und alte Dorfkerne“ ........................ 8—19
Je größer und dichter die Krone, desto höher der mikroklimatische Effekt. Um eine rasche
Wirkung zu erzielen, sollten Bäume bereits in einer entsprechenden Größe und Qualität
eingebracht werden.
Baumgruppen > Baumreihen > Einzelbäume
Im Verbund stehende Bäume verstärken gegenseitig ihren jeweiligen mikroklimatischen Effekt.
Baumreihen entlang der Fassade
Entlang der Fassaden können Baumreihen den größten Effekt erzielen, wobei die klimatische Wirkung bei Kronenschluss am größten ist. Hierbei werden sowohl die Fassadenoberfläche als auch der Bewegungsraum im Straßenprofil beschattet.
Grundsätzlich sind bei Baumpflanzungen die Auswirkungen auf den skyview‐Faktor zu bedenken. Dieser
Faktor quanitfiziert den Flächenanteil, der freie Sicht in den Himmel gewährt, wo also Wärme während der
Abend‐ und Nachtstunden in höhere Luftschichten abstrahlen bzw. auch kühlere Nachtluft aus höheren
Schichten nach unten verfrachtet werden kann. Der skyview‐Faktor nimmt mit zunehmender Gebäudehöhe
und zunehmender Menge und Größe an Baumkronen ab.
Im Folgenden werden die Ergebnisse des vorliegenden Projektes als Planungsempfehlungen in Form von
Prioritäten ausgesprochen.
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Kapitel 8: Planungsempfehlungen 8—3
8.2.1.2 Straßennetz
Im Straßenraum wirken Baumpflanzungen je nach Positionierung unterschiedlich effektiv. Es ergeben sich
somit für unterschiedliche Straßen‐Situationen bestimmte Prioritäten. Das Projekt spricht folgende
Planungsempfehlungen aus:
breite Straßen > enge Straßen
Breite Straßen werden stärker besonnt als engere, daher können in breiten Straßen
Baumpflanzungen mehr zusätzlichen Schatten bringen.
großflächige Kreuzungsbereiche
Große Kreuzungsbereiche sind besonders sonnen‐ und windexponiert. Gleichzeitig sind sie
durch die NutzerInnen des Straßenraums höher frequentiert. Baumpflanzungen sind hier
besonders sinnvoll.
Straßenaufweitungen
Straßenbereiche, die sich über kurze oder längere Strecken aufweiten, sind ebenso wie
Kreuzungsbereiche sonnenexponiert, aber etwas geringer windexponiert. Gleichzeitig sind
diese innerstädtischen Freiflächen wertvoll für den Aufenthalt im Freien. Sie können durch
eine Beschattung im Sommer stark aufgewertet werden.
Große Höfe haben stärkere mikroklimatische Schwankungen als kleine Höfe, da sie mehr
Sonneneinstrahlung erhalten, nachts stärker abstrahlen und sich insgesamt intensiver mit
den umgebenden Luftschichten austauschen. Während sich große Höfe tagsüber stärker
erwärmen, kühlen sie nachts auch mehr ab. Baumpflanzungen reduzieren hier deutlich die
Erwärmung und erhöhen zudem die Luftfeuchtigkeit und damit den Kühleffekt. Je
kleinteiliger Höfe sind, desto größer ist die Verschattung durch die umgebende Bebauung
beziehungsweise bereits bestehende Pflanzungen, wodurch (weitere) Baumpflanzungen
weniger effektiv sind. Zu dichte und hohe Kronen reduzieren mit den umliegenden
Fassaden den Skyviewfaktor – damit wird der Luftaustausch und eine Nachtabkühlung
verhindert.
offene Höfe > geschlossene Höfe
Offene Höfe werden besser durchlüftet, erhalten jedoch auch mehr Sonneneinstrahlung.
Über den Tag gesehen reduzieren Baumpflanzungen deutlich die Luft‐ und mittlere
Strahlungstemperatur und erhöhen die Luftfeuchtigkeit und damit den Kühleffekt. Durch
die Reduktion der Windgeschwindigkeiten kann jedoch am Vormittag die Erwärmung leicht
beschleunigt werden. In geschlossenen Höfen können Baumpflanzungen ebenfalls zu einer
kontinuierlichen Absenkung der Lufttemperatur beitragen. Der bereits geringe
Luftaustausch wird hier durch die Bäume nicht weiter behindert.
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Kapitel 8: Planungsempfehlungen 8—5
8.2.1.4 Offene Grünflächen
Offene Grünflächen haben durch ihre entsiegelten und vegetationsbestandenen Flächen grundsätzlich
einen positiven Effekt auf das Mikroklima und das thermische Wohlbefinden. Sie unterscheiden sich dabei
in kleinteilige, zusammenhängende und großflächige Grünflächen, wobei die mikroklimatische Wirkung mit
der Größe der Gesamtfläche zunimmt. Bäume spielen auch hier eine entscheidende Rolle. Dabei sollten
sowohl durch Baumpflanzungen geschützte als auch exponierte Bereiche ausgewogen sein, um eine
nächtliche Ausstrahlung und die Ventilation ausreichend zu ermöglichen. Zu betonen ist, dass das Ausmaß
der Bewässerung und damit der Bodendurchfeuchtung einen positiven Beitrag für eine erhöhte
Evapotranspiration liefert und so durch Verdunstung zu einer verstärkten Temperaurabsenkung beiträgt.
8.2.1.5 Platzflächen
Platzflächen sind mit zunehmender Größe extrem sonnenexponiert und heizen sich bei hohem
Versiegelungsgrades stark auf. Aufgrund der Materialdichte speichern sie die Wärme in einem höheren
Ausmaß. Die in dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse führen zu folgenden Planungsempfehlungen:
offene, stark besonnte Flächen
Durch Baumpflanzungen wird hier die Aufenthaltsqualität im nahen Umfeld der Bäume
deutlich verbessert. Die Oberflächen und Luftschichten unter den Baumkronen erhalten
durch die Beschattung weniger Strahlungs‐ und damit Wärmeenergie. Die sich weniger
aufheizende Luft wird durch die Bäume langsamer verteilt und es entsteht tagsüber ein
kühleres Mikroklima.
vor südausgerichteten Fassaden
Auf Platzflächen erhalten Südfassaden am längsten direkte Sonnenstrahlung.
Baumpflanzungen können dort große Fassadenflächen beschatten und eine zusätzliche
Erwärmung der Fassaden und der umgebenden Luft verhindern.
8.2.1.6 Sonderflächen
Zumeist zeichnen sich Sonderflächen als offene und sonnenexponierte Bereiche aus (z.B. Parkplätze,
betriebliche Anlagen, Gleiskörper, landwirtschaftliche Flächen). Sie sind somit vergleichbar mit Platzflächen.
Je nach Nutzung der Flächen ist die Umsetzung von Maßnahmen jedoch erschwert, da strukturelle
Elemente wie Bäume deren Nutzung behindern können. Das Projekt empfiehlt den Fokus auf folgende
Bereiche:
wind‐ und sonnenexponierte Parkplätze
Besonders sonnenexponierte Parkplätze können stark von Baumpflanzungen profitieren,
wobei flächendeckende Baumpflanzungen anzuraten sind.
wind‐ und sonnenexponierte betriebliche Anlagen
Betriebliche Anlagen verhalten sich ähnlich wie Parkplätze. Sofern Baumpflanzungen
möglich sind, sind diese von Vorteil. Da flächendeckende Baumpflanzungen aus logistischen
Gründen selten möglich sind, sind zumindest lineare Pflanzungen an den Betriebsgrenzen,
entlang von Verkehrs‐ oder Lagerflächen und vor Betriebsgebäuden anzuraten.
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Kapitel 8: Planungsempfehlungen 8—6
Übergang von großen versiegelten Flächen zu dichter Wohnbebauung
Grenzen große versiegelte Flächen an dichte Wohnbebauung an, kann abhängig von der
Windrichtung durch Baumpflanzungen das Einströmen von heißer Luft, die über den
versiegelten Flächen entsteht, reduziert und somit auch die Straßen innerhalb der
Bebauung kühler gehalten werden.
8.2.2 Entsiegelung von Oberflächen
8.2.2.1 Allgemein
Die Oberflächen der Stadt und ihre jeweilige Beschaffenheit haben einen bedeutenden Einfluss auf das
Mikroklima. Das betrifft sowohl die Freiraumoberfläche als auch die den Freiraum umgebenden
Fassadenflächen. Entscheidend sind dabei unter anderem Farbe und Struktur der Materialoberfläche und
die thermischen Eigenschaften (wie z.B. Wärmespeicherfähigkeit) des Materials. Helle Farben, raue
Oberflächen sowie poröse und wasseraufnahmefähige Materialien sind einige allgemeine Faktoren, die sich
dazu eignen, einer übermäßigen Erwärmung des Stadtraumes entgegenzuwirken. Zusätzlich spielt die
Freiraumoberflächenbeschaffenheit eine entscheidende Rolle für ökologische Aspekte (wie z.B. den
Wasserhaushalt und das Oberflächenwassermanagement) und soziale Aspekte (wie z.B. Nutzungsvielfalt
und Aufenthaltsqualität) in der Stadt.
Das vorliegende Projekt konzentriert sich auf die Freiraumoberfläche und den mikroklimatischen Effekt
einer Entsiegelung. Entsiegelte Oberflächen wirken grundsätzlich als klimatische Puffer. Sie unterscheiden
sich in der mikroklimatischen Wirkung aufgrund ihrer Materialeigenschaft und der vorhandenen
Feuchtigkeit, wobei feuchte Oberflächen einen intensiveren Effekt haben. Vegetationsflächen wirken
zusätzlich durch die Transpiration der Pflanzen und je nach Wuchshöhe durch eigene Beschattung. Bei
Wasserflächen und intensiv bewässerten Grünflächen findet eine stetige Verdunstung statt und sie wirken,
abhängig von der Tiefe der Wasserfläche und dem Grad der Durchfeuchtung, temperaturausgleichend.
Vegetation und Wasserflächen sind somit die mikroklimatisch ‚effektivsten’ Materialien unter den
möglichen Freiraumoberflächen. Hierauf wird im Kapitel „Weitere Aspekte und Empfehlungen“ gesondert
eingegangen (s. 8.2.4).
Der Fokus der Untersuchung wurde auf eine Entsiegelung der städtischen Oberflächen ohne Vegetation
und Wasser gelegt. Hierbei gelten folgende Empfehlungen:
unversiegelt > wasseraufnahmefähig > versiegelt
Bei nicht begrünten Freiraumoberflächen ist darauf zu achten, möglichst viele unversiegelte (und somit versickerungs‐ und verdunstungsfähige) Flächen anzubieten. Hier bieten sich Beläge wie wassergebundene Wegedecke bzw. Kies, Rasenpflaster bzw. Rasenfugen oder aber auch versickerungsfähiger Beton an. Bei Letzterem ist jedoch zu bedenken, dass Beton eine hohe Wärmespeicherfähigkeit aufweist. Generell sollte auf hohe Porosität und damit eine hohe Wasseraufnahmefähigkeit der Materialien geachtet werden.
helle Materialien > dunkle Materialien
Helle Oberflächen haben einen höheren Reflektions‐ und somit einen dementsprechend geringeren Absorptionsgrad. Je dunkler die Farbe desto mehr Wärme wird tagsüber durch das Material aufgenommen, gespeichert und später (auch während der Nachtstunden) wieder an die Umgebung abgegeben.
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Kapitel 8: Planungsempfehlungen 8—7
Aufgrund des begrenzten Projektrahmens wurden die Simulationen auf eine Entsiegelungswirkung von
städtischen Flächen ähnlich jener einer wassergebundenen Wegedecke beschränkt. Dabei ist zu bedenken,
dass derart entsiegelte Flächen rascher austrocknen als vegetationsbestandene Flächen. Im trockenen
Zustand erwärmen sie sich durch ihre isolierende Wirkung jedoch deutlich geringer als Asphalt oder
Betonflächen. In der Nacht kühlen sie somit auch rascher aus und wirken so selbst bei geringer Feuchte der
sommerlichen Überhitzung entgegen. Weiter ist zu bedenken, dass sich eine unversiegelte Fläche bei einer
starken Verdichtung der Oberfläche, z.B. aufgrund von intensiver Nutzung, der einer versiegelten
Oberfläche annähern kann und somit ihre mikroklimatische Wirkung verringert wird.
Der Maßnahmenkatalog basiert auf den entsprechenden Ergebnissen, möchte aber explizit auf die
grundsätzlichen, oben genannten Vorteile einer Entsiegelung durch Vegetation hinweisen.
8.2.2.2 Straßennetz
Das Straßennetz ist ein hochfunktionaler Stadtraum, weshalb Änderungen in der Bodenoberfläche nur
eingeschränkt möglich sind. Maßnahmen der Entsiegelung sind grundsätzlich z.B. im Bereich von
Gehsteigen, Parkstreifen und Straßenbahngleisen denkbar. Das Projekt hat sich auf Maßnahmen in
besonderen, aufgeweiteten Bereichen fokussiert und spricht folgende Empfehlungen aus:
Entsiegelung von Aufweitungen entlang von Straßenzügen
Aufweitungen entlang von Straßenzügen sind stärker exponiert, weswegen dort eine
Entsiegelung besonders effektiv ist. Gleichzeitig gibt es dort den flächenmäßig notwendigen
Spielraum, entsiegelte Flächen zu schaffen.
Auflassung von Straßenabschnitten
Durch das Auflassen von verkehrstechnisch nicht unbedingt notwendigen
Straßenabschnitten besteht die Möglichkeit, zusätzliche klimatische Puffer und angenehme
Aufenthaltsräume zu schaffen.
8.2.2.3 Höfe
Es wird grundsätzlich empfohlen, Hofflächen möglichst flächendeckend zu entsiegeln. Neben der
mikroklimatischen Wirkung erfüllt eine Entsiegelung auch ökologische und nutzungsbezogene Aspekte. Das
Projekt legt dabei folgende Prioritäten fest:
große Höfe > kleine Höfe
Kleine Hofstrukturen sind meist stark durch die umgebenden Gebäude beschattet. Die
Auswirkung einer Entsiegelung auf das Temperaturregime fällt in diesem Fall geringer aus.
Die positive drainagierende Wirkung der Entsiegelung bleibt immer gegeben.
Höfe ohne Bäume > baumbestandene Höfe
Wenn Höfe bereits durch bestehende Bäume beschattet sind, ist die Auswirkung einer
Entsiegelung auf das Temperaturregime ebenfalls geringer.
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Kapitel 8: Planungsempfehlungen 8—8
8.2.2.4 Grünflächen
Grünflächen bieten in der Regel bereits einen hohen Entsiegelungsgrad durch den für die Bepflanzung
offenen Boden an. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, breite Wege und Aufenthaltsflächen soweit
möglich ebenfalls zu entsiegeln.
8.2.2.5 Platzflächen
Platzflächen stellen in der Regel stark versiegelte Flächen dar. Es wird grundsätzlich empfohlen, je nach
Nutzungsansprüchen möglichst große Platzbereiche zu entsiegeln.
sonnenexponierte Plätze > durch Gebäude oder Bäume beschattete Plätze
Je sonnenexponierter ein Platz ist, desto effektiver ist eine Entsiegelung. Die Wirkung von
Entsiegelung geschlossener Plätze ist in erster Linie am Platz selbst spürbar. Gut
durchlüftete Plätze haben zwar am Platz selbst eine geringere Kühlwirkung, dafür wirken sie
auch in die in Windrichtung liegende Umgebung hinein. Durch höhere
Windgeschwindigkeiten wird die Verdunstung der Bodenfeuchte beschleunigt, so dass
höhere Kühlleistungen erzielt werden. Allerdings trocknen diese Flächen dadurch bei
geringem Wassernachschub früher aus.
8.2.2.6 Sonderflächen
Grundsätzlich gilt für Sonderflächen das gleiche wie für Platzflächen. Dabei muss jedoch berücksichtigt
werden, inwieweit eine Entsiegelung logistisch sinnvoll ist z.B. Hinblick auf Gefahrenstoffe,
Schwertransport, etc. Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Größe und Lage der Flächen im Stadtraum. Das
Projekt spricht hierzu folgende Empfehlung aus:
Übergang von großen versiegelten Flächen zur Wohnbebauung
Grenzen große versiegelte Flächen an Wohnbebauung an, kann abhängig von der
Windrichtung durch eine Entsiegelung eine effektive Kühlung der Wohnbebauung erreicht
werden
8.2.3 Dachbegrünung
8.2.3.1 Allgemein
Dachflächen spielen eine wichtige Rolle für das Stadtklima im Allgemeinen. Sie stellen in ihrer Gesamtheit
eine extrem große versiegelte Fläche dar, die sich im Laufe des Tages stark erwärmt und diese Wärme an
die umgebenden Fassaden und Luftmassen rückstrahlt. Somit sind sie mit verantwortlich für die Aufheizung
der Städte und deren Wärmeinseleffekt. Dachbegrünungen wirken diesem Effekt entgegen indem sie
einerseits die Dachhaut beschatten und andererseits durch die besondere Beschaffenheit der Vegetation
(z.B. Blattstruktur, Transpiration, Luftdurchlässigkeit) eine Erwärmung der eigenen Blattoberfläche
verhindern. Zusätzlich bieten begrünte Dachflächen aus ökologischer Sicht Wasserrückhaltefähigkeit und
Lebensraum und erweitern je nach Ausformung auch die nutzbaren Freiräume für die
Stadtbewohner/innen.
In Bezug auf die auf Straßenniveau befindlichen angrenzenden Freiräume zeigen Dachbegrünungen
grundsätzlich erst bei einer sehr intensiven Ausformung eine direkte mikroklimatische Auswirkung. Aus den
oben genannten Gründen ist der Einsatz von jeglicher Art von Gründächern jedoch generell anzuraten. Je
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weitreichender und intensiver die Dachbegrünung auf einer übergeordneten Ebene umgesetzt wird, desto
klimawirksamer ist sie für die angrenzende Luftschicht und somit auch für das Lokalklima der Siedlung.
Die klimatische Auswirkung auf die Umgebung verringert sich mit der Entfernung des Daches vom
Freiraum. Dächer, die tiefer gelegen sind als die umgebenden Gebäude, haben den deutlichsten
mikroklimatischen Effekt sowohl auf die oberen Geschosse der umgebenden Gebäude als auch auf die
angrenzenden Freiräume. Dachbegrünungen reduzieren in diesem Fall die Rückstrahlung auf die
umgebenden Gebäudefassaden.
8.2.3.2 Dachflächen
Das Projekt spricht folgende Empfehlungen aus:
möglichst flächendeckend
Hinsichtlich der Wasserrückhaltefähigkeit und der Entschärfung von Extremereignissen wie
Starkregen und Hitzewellen ist das flächenmäßige Ausmaß an Dachbegrünungen
entscheidender als die Intensität der jeweiligen Begrünung.
intensiv > extensiv
Eine intensive Begrünung verstärkt die bei einer extensiven Begrünung bereits bestehenden
Vorteile unter hydrologischen, klimatischen, bauphysikalischen, sozialen und ökologischen
Aspekten.
große Dachflächen > kleine Dachflächen
Große und zusammenhängende Grünflächen haben einen höheren mikroklimatischen
Effekt als einzelne kleine Grünflächen.
niedrige Gebäude > hohe Gebäude
Dachbegrünungen auf niedrigen Dächern haben einen mikroklimatischen Effekt auch auf
angrenzende Wohnungen in den entsprechenden Geschosshöhen. Besonders effektiv wirkt
eine Dachbegrünung wenn das begrünte Dach von höheren Gebäuden umgeben ist. Durch
geringere Windgeschwindigkeiten kann sich dort ähnlich wie in einem Hof ein ausgeprägtes
Mikroklima entwickeln.
8.2.4 Weitere Aspekte und Empfehlungen
8.2.4.1 Vegetation und Wasserflächen
Vegetation und Wasser sind die mikroklimatisch effektivsten Materialien für eine Klima‐sensitive
Stadtgestaltung. Ihr Anteil sollte grundsätzlich hoch sein, bestehende Grünflächen sind also so weit als
möglich zu erhalten, zu stärken, zu vernetzen und zu ergänzen werden. Grundsätzlich gilt:
Vegetations‐ und Wasserflächen maximieren
Unversiegelte Böden tragen bei ausreichender Wasserversorgung durch Verdunstung zu
einer stetigen Kühlung der Oberfläche bei. Vegetationsflächen mit ausreichender
Bodenfeuchte wirken zusätzlich durch die Transpiration der Pflanzen. Bei Wasserflächen
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Kapitel 8: Planungsempfehlungen 8—10
und feuchten Böden findet eine stetige Verdunstung statt und sie wirken, abhängig von
ihrer Tiefe, temperaturausgleichend.
Bäume > Sträucher > Stauden > Rasen
Mit der Baum‐ und Kronenhöhe, dem Blattvolumen und der Blattdichte der Pflanze nimmt
ihre mikroklimatische Wirkung zu. Es ist die Verwendung von Pflanzen mit allen
Höhenstufen anzuraten.
zusammenhängende Vegetationsflächen
Zusammenhängende Grünflächen wirken sich ökologisch wie auch mikroklimatisch stärker aus als mehrere kleine, verteilte Grünflächen.
Begrünung der Fassadenfläche
Fassadenoberflächen beeinflussen einerseits die Energieeffizienz der Gebäude und haben andererseits auch einen Effekt auf das Mikroklima des angrenzenden Freiraums. Fassadenbegrünungen haben den Vorteil, dass sie sowohl einer Oberflächenerwärmung der dem Freiraum zugewandten Mauer entgegenwirken als auch die dahinter liegende Fassadenoberfläche beschatten. Bei Fassaden liegt der Fokus der Maßnahmen vor allem auf den zur Sonne ausgerichteten Wänden. Möglich sind bodengebundene Fassadenbegrünung mit Selbstklimmern (Wurzelkletterer, Haftscheibenranker) oder Gerüstkletterpflanzen (Schlinger, Ranker, Winder, Spreizklimmer). Letztere können auch der Fassade vorgelagert werden, was durch das so entstehende Luftpolster effektiver ist. Wo kein direkter Kontakt zum Boden hergestellt werden kann, sind auch bodenungebundene Begrünungsformen mit Hilfe von Trögen oder auf Trägermaterial (z.B. Vlies) möglich.
Vertikale Wasserelemente
Zusätzlich können Wasserelemente auch in einer vertikalen Form eingesetzt werden
(Wasserwände, Springbrunnnen, Fontänen, Wasserspiele), die die Verdunstungskühle und
Feuchtigkeit in der Höhe verteilen und zudem Kühlung durch direkte Berührung
ermöglichen.
8.2.4.2 Alternative Beschattungsformen von Freiraumoberflächen
Dort wo Baumpflanzungen aus technischen oder räumlichen Gründen nicht möglich sind gibt es die
Möglichkeit, auch auf andere Formen der Beschattung mit oder ohne Vegetation auszuweichen:
Begrünte Pergolen, Spanndrähte, etc.
Derartige Begrünungen können eine sinnvolle und rasch wirksame Übergangslösung darstellen bzw. als zusätzliche Beschattungselemente eingesetzt werden.
Flexible Beschattungsmaßnahmen
Sonnensegel, Schirme, etc. beschatten weniger intensiv und weisen eine deutlich höhere Oberflächenerwärmung auf als Vegetation. Sie haben jedoch den Vorteil, dass sie leicht anzubringen und sofort wirksam sind und bei fehlendem Bedarf wieder entfernt werden können. Somit kann z.B. im Sommer tagsüber beschattet, die nächtliche Abstrahlung dagegen dennoch zugelassen werden.
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Kapitel 8: Planungsempfehlungen 8—11
Architektonische Beschattungsmaßnahmen
Metall‐. Glas oder Holzkonstruktionen, Membranen, Gewebe, Lamellen und gemauerte Elemente können in Form von Arkaden, Vordächern, Pergolen, etc. wichtige Beschattungsfunktionen einnehmen. Sie haben jedoch die Eigenschaft, dass sich ihre Oberflächen durch Einstrahlung erwärmen und abhängig von ihrer Wärmekapazität diese Wärme nachts wieder in den Freiraum abstrahlen. Dies kann durch Verwendung isolierender Materialien (z.B. Kunststoff oder Holz) reduziert werden, wodurch jedoch die Oberflächentemperaturen tagsüber erhöht werden. In vielen Fällen ist eine zusätzliche Begrünung möglich und sinnvoll.
8.2.4.3 Jahreszeitliche Aspekte
Das Projekt hat den Fokus auf die Reduzierung der sommerlichen Hitze gelegt. Zu anderen Jahreszeiten
können andere Aspekte im Vordergrund stehen. Während im Sommer das Hauptaugenmerk auf
Beschattung und Ventilation liegt, gewinnen in den kühleren Jahreszeiten z.B. die Aspekte Besonnung und
Windschutz an Bedeutung.
Prioritätensetzung
Es sollten vor jeder Planung Prioritäten definiert werden. Weitere jahreszeitliche Aspekte können durch temporäre Interventionen bei Bedarf ergänzt werden (z.B. flexibler Windschutz, flexible Beschattungselemente, etc.).
Verwendung von Laub abwerfenden Bäumen
Unter Berücksichtigung jahreszeitlicher Aspekte haben Laubbäume den Vorteil, dass sie im Sommer eine Beschattung ermöglichen, im Winter dagegen Sonnenstrahlung (Wärme und Licht) hindurch lassen. Trotzdem muss bedacht werden, dass manche Bäume relativ spät ihr Laub fallen lassen und auch im unbelaubten Zustand eine Beschattung des Innenraumes stattfindet.
Windbremsung
Durch ihre Geometrie können Bäume die bodennahe Windgeschwindigkeit absenken und
dadurch den windchill‐Faktor reduzieren. Bei Baumpflanzungen muss immer darauf
geachtet werden, dass keine großräumigen Windschneisen durch Planzungen in ihrem
Luftaustausch verhindert werden. Diese sind sowohl im Sommer als Frischluftschneisen
sehr wichtig (nächtlicher Kaltluftabfluss, Durchlüftung) sondern auch bei
Hochnebelwetterlagen, bei denen eine bessere Durchlüftung wärmere Luft in die
abgekühlte Zone unterhalb der Nebeloberdecke bringen kann
Wärmespeichernde Materialien
In Bezug auf Oberflächenmaterialien können bewusst Materialeigenschaften eingesetzt werden, die die Wärme des Tages speichern und in den kühlen Abendstunden wieder abgeben oder eine temperaturausgleichende Wirkung haben. Besonders geeignet sind dafür z.B. Sitzelemente aus natürlichen Materialien wie zB. Stein und Holz.
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8.3 Maßnahmenpakete für die einzelnen Stadtraumtypen
8.3.1 Einleitung
In diesem Kapitel sollen die einzelnen Maßnahmenempfehlungen (s. 8.2) wieder in einen konkreten Bezug
zu den generierten Stadtraumtypen (s. Kapitel 5) gesetzt werden. Dazu erfolgt eine kurze
Zusammenfassung der jeweils wichtigsten Charakteristika (s. Kapitel 6) und eine Analyse der prozentualen
Flächenanteile der identifizierten Freiraumstrukturen in den Beispielquadranten als Repräsentanten der
Stadtraumtypen. Auf Basis der allgemeinen Empfehlungen werden Prioritäten für Gestaltungsmaßnahmen
im Hinblick auf eine mikroklimatische Verbesserung definiert und in Form von Maßnahmenpaketen
gebündelt. Der Fokus liegt dabei auf den im Projekt untersuchten Maßnahmen: Baumpflanzungen,
Entsiegelung, Dachbegrünung. Es wird an dieser Stelle jedoch explizit auf die zusätzlichen Empfehlungen im