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URAUFFÜHRUNG BALLETT VON TIM PLEGGE NACH DEM ROMAN VON MICHAEL ENDE
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uraufführung - staatstheater.karlsruhe.de · momo Ballett von Tim Plegge nach dem Roman von Michael Ende uraufführung 21.4.12 grosses haus Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause

Nov 15, 2019

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uraufführungballett von tim plegge nach dem roman von michael ende

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es war eine lautlose und unmerkliche eroberung, die tagtäglich weiter vordrang, und gegen die sich niemand wehrte, weil niemand sie so recht bemerkte. und die eroberer – wer waren sie?

Mit freundlicher Unterstützung der Sparda-Bank Baden-Württemberg und der Kunst- und Theatergemeinde Karlsruhe e. V.

KUNST- UND THEATERGEMEINDE KARLSRUHE E. V.

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Musik lera auerbach, sebastian currier, philip glass, max richter, alfred schnittke, dimitri schostakowitsch, lepo sumera, peteris vasks, bernd alois Zimmermann

Choreografie & Libretto tim plegge Bühne sebastian hannakKostüme judith adamLicht stefan woinkeBallettmeister matthias deckert alexandre kalibabchukDramaturgie esther dreesen-schaback

momoBallett von Tim Pleggenach dem Roman von Michael Ende

uraufführung 21.4.12 grosses hausAufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause

Aufführungsrechte für Lera Auerbach 24 präludien für violine und klavier, postludium für Violine und Klavier, fragile solitudes und für Alfred Schnittke gogol-suite für orchester, clowns und kinder, rikki-tikki-tavi, suite im alten stil für violine und klavier sowie für Dimitri Schostakowitsch kammersinfonie für streichorchester liegen beim Sikorski Verlag; für Alfred Schnittke klavierquintett bei Edition Peters; für Sebastian Currier time machines und Max Richter the twins bei Boosey & Hawkes; für Philip Glass klavierkonzert und why does someone have to die? bei Dunvagen Music; für Peteris Vasks musika adventus, klavierquartett und für Bernd Alois Zimmermann un petit rien beim Schott Verlag und für Lepo Sumera sinfonie nr. 2 bei Edition 49

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Sehr verehrtes Publikum,

eine fantasievolle Geschichte braucht einen fantasievollen Choreografen. Erleben Sie gemeinsam mit uns diese ungemein berührende Kreation momo von Tim Plegge. Es freut mich, dass dieser vielversprechende junge Choreograf sein erstes Handlungs-ballett für unser Ensemble kreiert. Wie eine glückliche Fügung erscheint es mir nun, dass er sich mit der Kreation and i watched you breathe am Ballettabend choregrafen stellen sich vor beteiligt hat. Schon damals wurde mir klar, dass er sich durch eine choreografische Sprache ausdrückt, die unbedingt die Chance verdient, auf der großen Bühne und abendfüllend ausgesprochen zu werden.Ich wünsche Ihnen, liebes Publikum, dass dieses Ballett der zarten und rührenden Momente Ihnen wie auch den jüngeren Familienmitgliedern unter die Haut geht.

Mein Dank gilt der Sparda-Bank Baden-Württemberg und der Kunst- und Theater- gemeinde Karlsruhe für die großzüge Unterstützung!

HerzlichstIhre

Birgit Keil

Blythe Newman

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I. AKTBeppo schläft. Er hat einen Alptraum. Momo erscheint, woraufhin er sich beru-higt und ihr in einen Zustand der inneren Freiheit folgt. Hiervon angelockt kommen sechs Freunde dazu. Es entwickelt sich eine verspielte, fantasievolle Begegnung, in der die Freunde zu immer neuen Mo-menten individueller Schönheit gelangen.Momo und Beppo bleiben alleine zurück, bis Gigi dazukommt, eine sorglose Person von quirligem Charakter. Das innige Ver-hältnis der Drei wird deutlich, doch außer Beppo ahnt niemand etwas von dem grau-en Schatten, der sich über sie legen wird.

Graue Herren manipulieren die Menschen mit dem Ziel, deren Lebenszeit zu stehlen und sie zur unbedingten Effizienz zu zwin-gen. Momo wirkt dem entgegen, weshalb sie für die Grauen Herren zur Gefahr wird. Sie setzen einen Agenten auf das Mäd-chen an. Doch dieser lässt sich entgegen des eigentlichen Plans von Momo „berüh-

ren“ und zu einem Moment voll Wahrheit und Liebe verleiten.

Eine wundersame Kreatur nähert sich Momo und bittet sie, ihr zu folgen. Das Mädchen folgt diesem unbekannten We-sen namens Kassiopeia, das halb Renn-fahrerin halb Schildkröte ist. In Kassiopeia liegt das Geheimnis der Entschleunigung. Über diese neue Zeiterfahrung eröffnet sich eine neue Zeitebene, in die sich Momo hineinbegibt und dadurch aus der Wirklichkeit verschwindet. Aufgebracht durch ihr unbemerktes Verschwinden, strömen die Grauen Herren hektisch fort, um nach ihr zu suchen. Doch die zwei Zeitebenen haben keinerlei Berührungs-punkte, wodurch Momo für sie unsichtbar bleibt. Auch Gigi und Beppo bemerken Momos Verschwinden und suchen sie.

Kassiopeia führt Momo auf einem surre-alen Weg an den Ursprung der Zeit. Sie müssen, um schneller voranzukommen,

Zum inhaltgeträumt?nur

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nicht nur sehr langsam sondern auch rückwärts gehen. An dem Ursprung der Zeit begegnet sie ihrem eigenen Herzen. Hier, wo die Musik herkommt, die Momo manchmal schon leise gehört hat, erfährt sie den Zusammenhang zwischen Mensch und Universum, zwischen innerer und äußerer Bewegung, zwischen Leben und Tod. Sie schläft ein Jahr lang. Das Zent-rum dieses Ortes ist das Hora-Paar, die männliche und weibliche Kraft, aus der alles Leben entsteht, Pendel der Lebens-zeit.

Beppo träumt abermals von Momo. Dieses Mal stellt sich die Figur jedoch als ein Trugbild heraus. Mit der Angst, die wahre Momo könnte sich in der Gewalt der Grau-en Herren befinden, stürmt er davon. Drei Graue Damen verführen nun den ahnungs-losen Gigi. Auch die sechs Freunde haben sich zunehmend den Wertvorstellungen der grauen Herren angepasst. Beppo, der erfolglos von seiner Suche nach Momo zurückkehrt, ergibt sich dem Prinzip der Grauen Herren in dem Glauben, nur so Momo retten zu können.

– Pause –

II. AKTDie Welt ist laut und entmenschlicht. Alle ehemaligen Freunde Momos sind Arbeiter in einer Anstalt der Grauen Herren, wo die Menschen zu nützlichen und leistungsfä-higen Mitgliedern der Gesellschaft erzo-gen werden. Hier erwacht Momo aus ih-rem Schlaf. Sie geht auf die Menschen zu und trägt ihre neu gewonnene Erfahrung zu ihnen. Sie mischt sich ein und bringt Le-ben, Freiheit und Liebe in diese mechani-sierte Welt. Doch die drei Grauen Damen sorgen für Ordnung. In ihrem Gefolge ist der ergraute Gigi. In seiner Überheblich-

keit erkennt er Momo zunächst nicht. Als ihm aber bewusst wird, wer vor ihm steht, entwickelt sich eine Begegnung voller Sehnsucht in Erinnerung an ihre Freund-schaft. Gigi kann sich jedoch nicht mehr von seinen grauen Schatten lösen. Nun erblickt Momo Beppo an seinem Arbeits-platz. Seine Seele scheint verschwunden. Kein Freund ist Momo geblieben. Einsam und verlassen, wird ihr die Zeit zur Last. Der Plan der Grauen Herren, dem Mäd-chen seine Freunde zu entziehen, ist aufgegangen. Sie ist verzweifelt, und die Grauen Herren lauern versteckt in den Ecken. Im Moment ihrer tiefsten Einsam-keit taucht Kassiopeia ein zweites Mal auf. Ganz langsam folgt Momo ihr erneut. Doch die Grauen Herren haben das Prinzip der Langsamkeit durchschaut. Erfolgreich verfolgen sie Momo und Kassiopeia bis zum Hora-Paar.

Trotz dieser Belagerung beginnt das Hora-Paar einen großen, finalen Tanz der Liebe, in dem neue Lebenszeit entsteht. Die grauen Schatten drohen diesen Tanz zu umschließen und zu ersticken. Um dieser Bedrohung zuvor zu kommen, greift Momo in den Körper des Paares hinein und nimmt das „Herz der Zeit“ an sich. Hierdurch beendet sie das Leben des Hora-Paares. Die Zeit steht still. Mit der geretteten Zeit macht sie sich auf den Weg. Die Grauen Herren verfolgen sie, aber durch ihre Gier nach dem Leben spendenenden „Herz der Zeit“ löschen sie sich gegenseitig aus.

Unbeirrt geht Momo, nur auf ihre Füße schauend, voran. Sie gibt Beppo seine Zeit zurück und löst sich auf. Durch die Frei-heit, selbstbestimmt zu leben, hat Beppo nun die Möglichkeit, seine Erfahrung an Gigi und die Freunde weiterzugeben.

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Lera Auerbach 24 präludien für violine und klavier Nr. 2 A-Moll, Nr. 3 G-Dur, Nr. 4 E-Moll, Nr. 7 A-Dur, Nr. 8 Fis-Moll, Nr. 11 B-Dur, Nr. 14 Es-Moll, Nr. 15 Cis-Dur, Nr. 20 C-Moll

postludium für Violine und Klavier fragile solitudes

Sebastian Currier time machines

Philip Glass klavierkonzert tirol why does someone have to die?

Max Richter the twins

Alfred Schnittke gogol suite clowns und kinder suite im alten stil in memoriam klavierquintett rikki-tikki-tavi

Dimitri Schostakowitsch kammersinfonie für streichorchester op. 110a

Lepo Sumera sinfonie nr. 2

Pēteris Vasks musica adventus klavierquartett

Bernd Alois Zimmermann un petit rien

musiktitel

Flavio Salamanka, Zhi Le Xu – Folgeseiten Arman Aslizadyan und Ensemble

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Von Shakespeare über Thomas Mann bis zu Samuel Beckett hat sich das Thema Zeit in der Weltliteratur niedergeschlagen. Stephen Hawking hat sogar ein Werk über die Geschichte der Zeit verfasst. Viele die-ser unterschiedlichen Betrachtungsansätze des Phänomens Zeit finden sich in Michael Endes 1973 verfasstem Roman momo wie-der. Er geht sogar soweit, sie miteinander zu verknüpfen. Wie auch in hamlet ist für Momo die Zeit „aus den Fugen“ geraten. Ihr Weg führt an den Ursprung der Zeit, wo as-trophysikalische Phänomene zum Wegbe-gleiter werden und subjektive und objektive Zeit miteinander verschmelzen. „Was ist die Zeit?“ und „Was hat sie mit unserem Leben zu tun?“ – diese Fragen stellt Michael Ende, wenn es sich in seiner Geschichte plötzlich um das Verwalten von Zeit dreht.

Die Grauen Herren sind Agenten der Zeit-Spar-Kasse. Bereitwillige und für Manipula-tion anfällige Bürger können dort ein Spar-konto eröffnen. Tun sie dies, unterwerfen

sie ihr Leben, ihre Lebenszeit der Effizienz und geben Spontanität auf. Erhofftes Alter, Arbeitszeit, Schlafenszeit, Pflege der kran-ken Mutter, Haushalt, Freunde treffen, ein Buch lesen – all diese Faktoren werden mit dem Lebenszeitvermögen verrechnet. Nur ist interessanterweise das Ergebnis immer das Gleiche: Man muss noch mehr Zeit sparen, um wieder mehr Zeit zu haben. Was aber ist daran schlecht? Die Konsequenz eines ausschließlich der Effizienz unterwor-fenen Lebens ist, dass Tätigkeiten, deren Nebeneffekt, der sogenannte Mehrwert, Hauptgrund für das Ausüben derselben ist, herausgestrichen und bedeutungslos werden. Hat die Tätigkeit keinen messbaren Nutzen, wird es nur auf das allernötigste Maß heruntergekürzt. Der Besuch bei Freunden wird plötzlich Zeitverschwen-dung. Arbeit gerät unter das Joch des aus-schließlichen Erledigungszwangs, Freund-lichkeit, das Wahrnehmen des Anderen und letztlich die Freude an dem, was man tut sind dabei bereits zu viel: „Ob einer seine

Zeit-raumZum stück

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Arbeit gern oder mit Liebe zur Sache tat, war unwichtig – im Gegenteil, das hielt nur auf. Wichtig war ganz allein, dass er in mög-lichst kurzer Zeit möglichst viel arbeitete.“, so beschreibt Michael Ende das Prinzip der Grauen Herren in seinem Roman. Nach die-sem Gesetz ist der Optimalfall, dass auf der Linie der zukünftigen Zeit die Ereignisse so nah aneinander gefügt sind, dass ein Ver-schieben in die eine oder andere Richtung nicht möglich ist. Um unerwarteten Dingen Zeit zu geben, würde dies aber nötig sein. Man nimmt also ein vollkommen unflexibles, unspontanes Leben in Kauf zugunsten eines Termindiktats.

Das Lebensprinzip, das Momo verkörpert, steht dem der Zeitsparer entgegen. Es liegt zwischen den zeitbegrifflichen Kategorien „zu früh“ und „zu spät“, nämlich genau im Moment der Gegenwart. Das ist der Zeitpunkt, in dem Zeit und Gelegenheit zusammenfallen. Im Jetzt liegt die Gele-genheit, etwas zu tun, sich für oder gegen etwas zu entscheiden. Es ist weder zu früh noch zu spät, das Gewollte zu tun. Letztlich ist es ein kindliches Erleben der Lebenszeit, ohne es auf Kinder beschränken zu wollen. Bei einem Weg von A nach B, der bei einem gewissen Tempo gewisse Zeit in Anspruch nimmt, wird die Zeit aufs Äußerste gedehnt, wenn ein Kind diese Strecke geht. Fern von jeder Effizienz werden unzählige Gelegen-heiten in Form von Stöcken, Steinen, Löchern, lebenden und toten Schnecken oder Kastanien wahrgenommen, um der linearen Entsprechung von Zeit und Raum nicht zu folgen und um den Moment der Gegenwart wahrzunehmen. Bis zur Unerträglichkeit kann sich diese Dehnung der Zeit für eine effizient denkende Person erstrecken. Es ist genau diese „Technik“, die Momo benötigt, um der rasanten Ver-folgung durch die Grauen zu entkommen.

In potenzierter Langsamkeit weist ihr das wohl langsamste Wesen der Erde, eine Schildkröte, den Weg zum Ursprung der Zeit. Der Weg zu Meister Hora ins Nirgend-Haus führt durch die Niemals-Gasse. Der Weg durch die Niemals-Gasse, in der ein Vorwärtskommen beinahe unmöglich scheint, spricht das Prinzip der Gravitation an, das Gegenstück zur Beschleunigung. Um die Welt zu entschleunigen, bedarf es dieser Trägheit. Der menschliche Körper gehorcht den Gesetzen der Physik, und schließlich lässt sich die Verdichtung der Zeit nur durch das Rückwärtsgehen über-winden. Langsam und rückwärts führt zu schnell und vorwärts.

Im Zentrum der Zeit wird Zeit zu Raum. Es öffnet sich der universelle Raum nach oben. Und es öffnet sich der Raum in die Tiefe. Momo muss in den See der Zeit eintauchen, um einen Sonnenkreis, ein Jahr lang zu schlafen. Nur durch diesen symbolischen Tod, in dem sie dem Nichts begegnet, gewissermaßen in ein schwar-zes Loch sinkt, erkennt sie die Antwort auf die Frage danach, was die Zeit mit uns zu tun hat. Michael Ende scheint die Ant-wort in einem dem Roman nachgefügten, fiktiven Brief Senecas an einen Schüler zu liefern: „Wen kannst Du mir nennen, der der Zeit einen wirklichen Wert beimisst, der den Tag zu schätzen weiß, der be-greift, dass er täglich stirbt? Darin nämlich täuschen wir uns, dass wir den Tod vor uns sehen: Ein großer Teil von ihm ist schon vergangen. Alles, was von unserer Lebenszeit hinter uns liegt, hat der Tod. ... Ergreife Besitz von allen Stunden. So wirst Du vom morgigen Tag weniger abhängen, wenn du auf den heutigen die Hand gelegt hast. Während man das Leben aufschiebt, eilt es vorüber. Alles, mein Lucilius, gehört anderen, nur die Zeit uns.“

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der weg ist in mir

Shiri Shai

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Esther Dreesen-Schaback: Tim Plegge, Sie haben einmal gesagt, Graue Herren sind nicht nur Bedrohung sondern auch Verlockung ...

Tim Plegge: Ein verlässlich funktionie-rendes System ist ja auch von großem Vorteil. Wenn die Feuerwehr nach einem gut strukturierten Ablauf arbeitet, der maximale Effizienz bietet, kann das sehr beruhigend sein. Das von den Grauen Herren angepriesene Prinzip hat nur einen Fehler. Sie wollen, dass man Zeit spart. Wenn man aber spart, dann muss man das Gesparte hinterher auch haben. Zeit kann man aber nicht besitzen. Man kann nur durch sie hindurch gehen.

E. D.: Das bedeutet, dass der Moment der Gegenwart in den Mittelpunkt rückt.

T.P.: Der Begriff „Achtsamkeit“ kommt

in meinen Gedanken zur Arbeit an Momo immer wieder vor. So oft sind wir mit Menschen zusammen, aber die Gedanken sind wer weiß wo, obwohl ich hier sitze ...

E. D.: Sie haben für die Grauen Herren spezifische Bewegungen gefunden, die von hoher Nervosität und Angst zeugen. Immer mit dem Versuch, diese Anspan-nung zu verbergen, zittert doch hinterm Rücken immer eine Hand, bereit zuzugrei-fen, gierig und auf der Suche nach mehr. Die Grauen Herren sind Diebe der Frei-heit. Wie haben Sie das choreografisch sichtbar gemacht?

T. P.: Es gibt die Szene, in der einer der sechs Freunde von Momo durch die Grauen bedrängt wird. Während er tanzt, rücken sie Stück für Stück näher, be-schneiden so zunächst ganz unauffällig seine Bewegungsfreiheit. Es wird dann

tanZ-ZeitZur choreografie

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immer enger für den Tanzenden, bis er seine individuelle Sprache nicht mehr sprechen, also seine Schritte nicht mehr tanzen kann.

E. D.: In Michael Endes Roman steckt ein tänzerisches Thema: das Verhältnis von Zeit und Raum, dies wiederum mit dem Individuum in Zusammenhang gebracht.

T. P.: Die Musik strukturiert uns die Zeit für den Tanz. Der tanzende Körper kann hierzu über den Choreografen gewisser-maßen kommentierend Position beziehen und auch im Zuschauer etwas bewirken.

E. D.: Mir ist aufgefallen, dass Sie musika-lische Phrasen choreografisch verlängern und über eine erwartete Zäsur hinaus-tanzen lassen. Der Tanz stemmt sich hier gegen eine bestehende Struktur. Das erzeugt große Freude und Spontanität. Es löst beim Zuschauer ein Glücksgefühl aus, da es Lebensfreude transportiert und Hoffnung, auf Freiheit und ein Weiterflie-ßen der Dinge gibt.Sie sprechen immer wieder von dem „Phänomen Momo“. Wir haben es ja ei-gentlich nicht mit einer realen Mädchen-figur zu tun.

T. P.: Ja, die Figur Momo verstehe ich als Möglichkeitsraum, als eine Sehnsucht, als etwas, das wir uns wünschen, um glücklicher zu sein. Momo ist der Zustand, in dem Du zum Schönsten Deiner selbst aufblühen darfst. Du darfst das sein, was Du bist. Treffe ich auf Momo, sehe ich in mich selbst hinein. Sie ist gleichzeitig auch die Möglichkeit, alles zu lassen, es nicht zu tun. Sie sagt nicht: Du kannst, sondern Du bist.Die Ruhe und Präsenz der Figur Momo hat sich im Ballettsaal in der Kommunikation

zwischen der Protagonistin Blythe New-man und mir häufig wiederholt. Interes-sant war auch, dass Blythe Newman eine große innere Freiheit besitzt, und sich nicht davor scheut, ihrem inneren Impuls zu folgen. Ich bringe zwar viel choreogra-fisches Material mit in die Probe, aber es gibt auch Freiraum, den sie gefüllt hat. Wir müssen es schaffen, in einem krea-tiven Prozess die inneren Tore offen zu halten.

E. D.: Von was und wem sehen Sie sich als Choreograf beeinflusst?

T. P.: Es sind viele verschiedene Einflüs-se durch meinen Körper gegangen. Die Zirkusschule in Frankreich war genauso wegweisend wie die Ballettschule in Hamburg. Ich sehe meinen Körper als einen Produktionsmotor. Alle anderen Energien haben ebenfalls Platz darin. Im besten Fall bleibt man als Choreograf offen.

E. D.: An Ihrer choreografischen Sprache fällt neben dem Fluss der Bewegungen auf, dass Sie der Sprache der Hände große Aufmerksamkeit schenken. Es sind regelrecht vertanzte Hände. Damit haben Sie eine Ausdrucksform gefunden, welche die klassische Pantomime des „mise en scène“ ersetzt.

T. P.: Hände sind für mich ein gleichwer-tiger Teil des erzählenden Körpers. Als Mensch erfährt man ja die Welt als erstes über Hände, über das Fühlen. Die Welt wird von uns „be-griffen“. Fühlen und Bewegen hängen so eng zusammen. Ich sage den Tänzern oft, dass sie den Schrit-ten vertrauen sollen, die wir gefunden haben. Durch die Bewegung wird dann das richtige Gefühl erzeugt.

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widerstands

Es scheint, als habe momo sich ihre Musik selbst ausgesucht. Als Choreograf Tim Plegge auf der Suche war nach Stücken, die seiner Choreografie die Grundlage geben könnten, wurde er immer wieder fündig bei Musik, von der er nicht ahnte, dass sie in einem geheimen Zusammen-hang steht. Lera Auerbach ist eine jüngere amerikanische Komponistin und Dimitri Schostakowitsch der große russische Komponist des 20. Jahrhunderts – was können sie gemeinsam haben? Und was haben sie mit momo zu tun?

Michael Endes Roman momo steht in der Tradition von George Orwells farm der tiere und Aldous Huxleys 1984, also von Werken, die eine total verwaltete und gleichgeschal-tete Welt voraussehen. Momo muss die Welt retten vor grauen Männern, die die Men-schen in ihr System pressen wollen, und das hat natürlich mit der Erfahrung zu tun, die die Welt im 20. Jahrhundert gemacht hat, im Jahrhundert des Totalitarismus.

Dimitri Schostakowitsch (1906–75) war der Zeitzeuge des Stalinismus, er musste sich wehren gegen die Gleichschaltung der Musik. Er tarnte seine Musik hinter der Maske des Klassizismus. Das achte streichquartett, das von seinem Schüler Rudolf Barschai als kammersinfonie instrumentiert wurde, entstand, als der Komponist 1960 zum Eintritt in die Kom-munistische Partei gezwungen wurde, was er sogar zu Lebzeiten Stalins hatte vermeiden können. Diese Musik bringt die Gehetztheit und den Druck zum Ausdruck, worunter der Komponist litt und was ihn fast in den Selbstmord getrieben hatte. Die kammersinfonie wäre nicht eines seiner populärsten Werke geworden, wenn sie nicht Ängste vieler Menschen anspräche.

Als Schostakowitsch 1956 zur Feier des 200. Todestages von Johann Sebastian Bach nach Leipzig entsandt wurde, ent-stand dort die Idee, einen Zyklus von 24 Präludien und Fugen zu schreiben – eine

Zu den komponisten

impulsdes

Blythe Newman, Eriko Yamada

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Form, die seit dem Barock ausgestorben schien. Doch der russische Komponist schaffte es, die alten Formen zu neuem Leben zu erwecken und doch reinsten Schostakowitsch daraus zu machen. An diesen Zyklus knüpfte Lera Auerbach (*1973) an, als sie 1999 ihre 24 präludien für violine und klavier komponierte. Span-nend wird die Musik von Auerbach durch den Rückgriff auf alte tonale Traditionen in Verbindung mit einer ungezwungenen Moderne – sie nimmt sich ihre Musik, ohne sich um ästhetische Vorschriften zu kümmern. Zwar hat sie Russland 1991 verlassen und lebt seitdem vorwiegend in New York, doch ihre entscheidenden musikalischen Einflüsse hatte sie noch in der Sowjetunion erfahren. „Der beson-dere Charakter dieser Stücke liegt darin, dass sie bekannte Dinge aus einem unge-wöhnlichen Blickwinkel betrachten und herausfinden, dass diese Dinge nicht das sind, was sie auf den ersten Blick schie-nen.“ Lera Auerbach ist heute eine sehr erfolgreiche Komponistin und schrieb auch die Musik zu den beiden abendfüllenden Balletten die kleine meerjungfrau und cinderella.

Zwischen Schostakowitsch und Auerbach steht Alfred Schnittke (1934–98). Er wuchs in der Republik der Wolgadeutschen auf und wurde am Moskauer Konservatorium vor allem von Schostakowitsch geprägt, aber auch von den Neuerungen der seri-ellen Musik im Westen. Berühmt wurde er vor allem durch sein concerto grosso, das moderne und barocke Elemente polystilis-tisch mischt. Damit wandte Schnittke sich sowohl gegen das Diktat des Sozialisti-schen Realismus als auch der westlichen Avantgarde und suchte einen eigenen Weg, der die verschiedenen Musikwelten in seinem Kopf vereinte. Das klavierquin-

tett entstand zwischen 1972 und 1976 und ist seiner Mutter gewidmet. Für John Neu-meiers Hamburger Ballett schrieb er mit der Musik zu peer gynt eines der bedeu-tenden modernen Handlungsballette.

Es ist kein Zufall, dass in den späten Jah-ren der Sowjetunion im Fall Schnittke in den Außenseiter-Republiken oder wie bei Vasks und Sumera vor allem in den Rand-Republiken des Sowjetimperiums neue Tendenzen sichtbar wurden, die die Befreiung von den Dogmen und Denkscha-blonen ankündigten.

Pēteris Vasks (*1946) stammt aus dem Baltikum, aus Lettland. Ursprünglich Kon-trabassist, unterrichtet er seit 1989 in Riga Komposition. Wegen seines Glaubens und seiner künstlerischen Überzeugung war er zunächst Repressalien durch die Kulturbürokratie ausgesetzt. Doch nach dem Fall des Sowjetimperiums trug er in seiner Heimat bei zur Loslösung von den alten Denkschablonen der Sowjetzeit und zur Entwicklung einer eigenständigen lettischen Kultur. Obwohl er dynamisch und politisch ist, spielt auch bei ihm das Spirituelle eine wichtige Rolle: „Die meisten Menschen haben heute keinen Glauben, keine Liebe und keine Ideale mehr. Die geis-tigen Dimensionen gehen verloren. Ich will der Seele Nahrung geben.“ Häufig greift er auch folkloristische Elemente seiner Heimat auf und reflektiert Naturmomente, wie sich an Titeln wie landschaft mit vögeln, kleine sommermusik oder jahreszeiten zeigt. Heute ist Vasks auch international ein durch zahlreiche Auszeichnungen anerkannter Komponist.

Der estnische Komponist Lepo Sumera (1950–2000) war in seiner Heimat zeit-weise Kulturminister und wurde zunächst

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durch Filmmusiken bekannt. Doch setzte er sich bald auch als Komponist ernster Werke durch, unter anderem mit sechs Sinfonien und mehreren Ballettmusiken. Seine Kompositionen haben einen raffi-nierter Umgang mit dem Rhythmus und eine eigenständige Klangfarbendrama-turgie gemeinsam. Auch in Karlsruhe be-suchte er Vorlesungen an der Musikhoch-schule und studierte elektronische Musik am ZKM. Seine vierte sinfonie wurde von der Badischen Staatskapelle uraufgeführt. Er unterrichtete bei den Sommerkursen in Darmstadt und war Mitorganisator der Europäischen Kulturtage in Karlsruhe, als diese Estland gewidmet waren.

Wenn die Komponisten des zerfallenden Ostblocks nach einer postsozialistischen Musiksprache suchten, fiel der Blick oft auf den amerikanischen Minimalismus. Dieser hatte sich dank des alle einge-fahrenen Haltungen witzig und radikal aufbrechenden Denkens von John Cage in den 1960er Jahren explosionsartig entwickelt. Philip Glass (*1937) ist mit seinen großen Opern einstein on the beach, satyagraha und achnaten weg-weisend gewesen, hat sonst aber vor allem Musik für die Aufführung durch sein eigenes Ensemble geschrieben. Die fortwährenden Wiederholungen musika-lischer Tonfolgen erzeugen einen trance-ähnlichen Zustand. Sein klavierkonzert tirol entstand 2002 für das Stuttgarter Kammerorchester. Angeregt durch das Tirol-Marketing verwendete er auch die lokale Musiktradition, angefangen mit Heinrich Isaacs innsbruck, ich muss dich lassen.

Der Amerikaner Sebastian Currier (*1959) hat die Erfahrung des Minimalismus be-reits in sich aufgenommen und hat daraus

ganz neuartige Musikformen entwickelt. Sein siebensätziges violinkonzert time machines wurde von Anne-Sophie Mut-ter und den New Yorker Philharmonikern unter Alan Gilbert im vergangenen Jahr uraufgeführt. Jeder Satz befasst sich mit der Beziehung und der Wahrnehmung von Zeit und Musik. So gibt es Sätze, die sich dem Aspekt time delay, also verzögerter Zeit, oder backward time, rückläufiger Zeit, beschäftigen. Denn für Currier ist es „nur eine kleine Übertreibung zu sagen, dass Musik aus nichts anderem als Zeit besteht.“

Max Richter ist ein 1966 in Deutschland geborener, aber seit seiner Kindheit in Großbritannien lebender Pianist und Komponist zeitgenössischer E-Musik. Richters Kompositionen sind von hoher atmosphärischer Dichte und werden immer wieder von elektronischer Musik aufgebrochen. Mit seinem Ensemble Piano Circus führte er vor allem Musik von Pärt, Glass, Reich oder Brian Eno auf, steht also auch im weitesten Sinne in der minimalistischen Tradition. Das Stück the twins stammt aus seinem Album memoryhouse von 2002. Bernd Alois Zimmermann (1918–70) war einer der gro-ßen Komponisten des 20. Jahrhunderts und ein radikaler Außenseiter. Zentraler Bestandteil seiner Musikphilosophie war die Vorstellung von der Kugelgestalt der Zeit. un petit rien ist gewissermaßen ein mondsüchtiges Vogellied.

Bernd Feuchtner

Folgeseiten Blythe Newman und Ensemble

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tim plegge ChoreografieSchon während seiner Ausbildung an der Ballettschule des Hamburg Ballett John Neumeier zeigte sich seine Vorliebe für das Choreografieren. Nach dem Besuch einer Zirkusschule und nach Engagements als Tänzer, z. B. am Ballett Nürnberg, dem Staatstheater Oldenburg und für die Salz-burger Festspiele wurde er für die „Berli-ner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch“ für den Studiengang Choreografie zugelassen, wo er 2006 seinen Abschluss mit Auszeichnung machte. Erste Arbei-ten als Student wurden auf nationalen und internationalen Festivals in Italien, Russland und in den Berliner Sophiensälen mit großem Interesse aufgenommen. Das für sein Diplom kreierte Ballett synapsen-schwärmer konnte er bereits mit einer professionellen Compagnie, mit dem Ballett Kiel, erarbeiten. Es folgten Arbei-ten als choreografischer Assistent für die Tanzregisseurin Helena Waldmann und den langjährigen Hauschoreografen des Stuttgarter Ballett, Christian Spuck.

In dem Bewerbungsverfahren für die Stuttgarter Noverre-Gesellschaft wurde er unter vielen Einsendungen berücksich-tigt. Dort präsentierte er 2008 das Ballett speak volumes, was in Fachkreisen für Aufmerksamkeit sorgte. Es folgte 2010 sonett xviii für das Staatsballett Berlin, das ebenfalls von der Fachpresse sehr gelobt und in das Repertoire aufgenom-men wurde. Dort wird Tim Plegge in der Spielzeit 2012/13 erneut ein Ballett kreieren. Auf Einladung von Birgit Keil folgte schließlich noch im selben Jahr and i watchted you breathe für das Ballett des STAATSTHEATERS KARLSRUHE, das im Rahmen von choreografen stellen sich vor uraufgeführt wurde. Als Fortsetzung der sehr erfolgreichen ersten Arbeit mit dem Karlsruher Ensemble kreiert er nun mit momo sein erstes abendfüllendes Handlungsballett.

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sebastian hannak BühneSebastian Hannak studierte Bühnen- und Kostümbild an der Kunstakademie Stuttgart bei Jürgen Rose und Martin Zehetgruber, arbeitete bei David Hockney in Los Angeles und war Assistent und Mitarbeiter bei Klaus- Michael Grüber, John Neumeier und Johann Kresnik. Seine Arbeit führte ihn u. a. an das Forum Neues Musiktheater der Staatsoper Stuttgart, nach Berlin, Frankfurt, Freiburg, Halle, Hei-delberg, Mannheim, München, Stuttgart, Salzburg, Zürich und Karlsruhe, wo er das Bühnenbild für die Schauspielproduktion jakob der lügner entwarf. Er arbeitete u. a. mit den Regisseuren Christof Nel, Michael v. z. Mühlen, Simon Solberg, Thomas Krupa und Florian Lutz zusammen. Seine Arbeiten wurden zum Raum des Jahres nominiert und mehrfach ausge-stellt. Die deutsche Bühne, für die er 2008 die Titelseiten gestaltete, veröffentlichte u. a. seinen Beitrag im Schwerpunktheft „Opernrecycling“.

judith adam KostümeJudith Adam studierte an der Kunsthoch-schule Berlin-Weißensee Mode-Design. Dort besuchte sie die Kostümgeschichte-Vorlesungen bei Gabriele Jaenecke, als deren Assistentin sie bald arbeitete. Mit dem Ballett hinter glas (BAT Studiothe-ater, Berlin) begann 2004 die intensive Zusammenarbeit mit Tim Plegge. Es folgten die gemeinsamen Diplomarbeiten Pathfinders. Lost. für das Ballett am Thea-ter Regensburg und synapsenschwärmer mit dem Ballett Kiel. Für die Stuttgarter Noverre Gesellschaft entstand die gemein-same Arbeit speak volumes und 2010 dann sonett xviii für das Staatsballett Berlin.

Judith Adam wirkte ebenso als Kostüm-bildnerin im Musiktheater. Sie stattete la bohème am Theater Aachen und zusam-men mit Werner Hutterli der liebestrank an der Oper Bonn aus. 2011 entwarf sie die Kostüme für herzog blaubarts burg am Theater Ulm.

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dann kam es ihr so vor, als sässe sie mitten in einer grossen ohrmuschel, die in die sternenwelt hinaus-horchte. und es war ihr, als hörte sie eine leise und doch gewaltige musik, die ihr ganZ seltsam Zu herZen ging.

Blythe Newman, Admill Kuyler, Bruna Andrade

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blythe newman Solistin, MomoAus Australien stammend, studierte sie an der Akademie des Tanzes Mannheim mit einem Stipendium der Tanzstiftung Birgit Keil. Sie wurde 2006 Mitglied des Karlsruher Ballettensembles, wo sie u. a. Solorollen in La fille mal gardée, die tempeltänzerin, anna karenina, carmen, klavierkonzert es-dur, schwanensee und symphonie in c verkörperte.

shiri shai KassiopeiaGeboren in Israel, absolvierte sie dort ihre Ballettausbildung. Bei der Israel Ballet Company tanze sie u. a. Clara in der nussknacker und Katze und Fee in dornröschen. Seit ihrem Engagement 2010 in Karlsruhe ist sie u.a. in der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte, capricen, schwanensee und siegfried zu sehen.

flavio salamanka Erster Solist, BeppoIn Brasilien geboren, tanzte er u. a. Hauptrollen in don Quijote, giselle, Coppélia, romeo und julia, schwanensee, der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte, nocturnes und siegfried.Gastspiele führten ihn durch Deutschland, nach China, Korea, Spanien, Brasilien und Japan.

admill kuyler Solist, Hora MannAus Süd-Afrika stammend, erhielt er ein Engagement in Johannesburg, wo er Hauptrollen in Klassikern verkörperte. In Karlsruhe tanzte er u. a. als Witwe in La fille mal gardée, Oberon in ein sommernachtstraum, Wronskij in anna karenina, Tybalt u. Graf Paris in romeo und julia, so-nate, klavierkonzert es-dur, nocturnes und die Titelpartie in siegfried.

bruna andrade Solistin, Hora FrauIn Brasilien geboren, studierte sie a. d. Akademie des Tanzes Mannheim und ist seit 2006 im Karlsruher Ensemble. Sie tanzte Hauptrollen in die tempeltänzerin, carmen, ein sommernachtstraum, schwanensee, der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte, adagio hammerklavier, symphony in c und kreierte Kriemhild in der Uraufführung siegfried.

Zhi le xu Solist, GigiIn China geboren, begann er seine Tanzausbildung in Beijing und setzte sie an der Akademie des Tanzes in Mannheim fort. Seit 2008 ist er festes Mitglied im Karlsruher Ballett, wo er u. a. Solorollen in ein sommer-nachtstraum, schwanensee, nocturnes, der nussknacker – eine weih-nachtsgeschichte und siegfried tanzte.

arman asliZadyan Agent BLW/553/cGeboren in Armenien, studierte er an der Waganova Akademie in St. Petersburg, der John Cranko Schule und an der Akademie des Tanzes Mannheim. In Karlsruhe tanzte er solistische Partien in carmen, concer-tante, tschaikowsky, ein sommernachtstraum, schwanensee, sympho-ny in c, der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte und siegfried.

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pablo dos santos GigiAus Brasilien stammend, studierte er in Sao Paulo und an der Akademie des Tanzes Mannheim, wo er voraussichtlich 2012 seinen Abschluss machen wird. Er ist Mitglied des Ballettstudios und erhielt die Chance, kleinere Partien in den Balletten La fille mal gardée, schwanensee, der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte und siegfried zu tanzen.

larissa mota MomoAus Brasilien stammend, kam sie 2005 an die Akademie des Tanzes Mannheim und wurde Mitglied des Ballettstudios. Sie kehrte 2010 nach einem Engagement in Hof nach Karlsruhe zurück. Seitdem tanzte sie in der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte, capricen, variations Sérieuses und siegfried.

filipe frederico BeppoGeboren in Brasilien, setzte er seine Ballettausbildung an der Akademie des Tanzes Mannheim fort. Während seines Studiums sammelte er erste Erfahrungen beim Karlsruher Ballett, wo er 2011, nach einem Jahr am Magdeburger Ballett, fest aufgenommen wurde. Er tanzte in schwanen-see, der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte und siegfried.

bram koch GigiIn den Niederlanden geboren, wurde er dort an der Schule des Neder-lands Dans Theater ausgebildet. Nach Engagements in Düsseldorf, Dresden und Stuttgart tanzt seit 2007 in Karlsruhe, u. a. solistische Rol-len in der tod in venedig, La fille mal gardée, ein sommernachtstraum, schwanensee und der nussknacker – eine weihnachtsgeschichte.

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bildnachweise

umschlag & sZenenfotosJochen Klenk

Das Portrait von Tim Plegge wurde von Regina Brocke gemacht. Sebastian Hannak und das Ensemble wurden von Jochen Klenk fotografiert.

textnachweiseAlle nicht gekennzeichneten Texte sind Originalbeiträge für dieses Heft vonEsther Dreesen-Schaback.Die Zitate stammen aus Michael Ende: Momo. Thienemann Verlag Stuttgart / Wien, 2005.

wir danken

der Sparda-Bank Baden-Württemberg für die großzügige Förderung

der Kunst- und Theatergemeinde Karlsruhe für die Unterstützung der Produktion

der Gesellschaft der Freunde des STAATSTHEATERS KARLSRUHE für die Bereitstellung der Blumen

Gesellschaft der Freundedes Badischen Staatstheaters Karlsruhe e.V.

impressum

herausgeber STAATSTHEATER KARLSRUHE

generalintendant Peter Spuhler

verwaltungsdirektor Michael Obermeier

ballettdirektorin Prof. Birgit Keil

chefdramaturgBernd Feuchtner

redaktionEsther Dreesen-Schaback

konZept DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net

gestaltungDanica Schlosser

druck medialogik GmbH, Karlsruhe

STAATSTHEATER KARLSRUHE 2011/12 Programmheft Nr. 52www.staatstheater.karlsruhe.de

Blythe Newman, Barbara Blanche

KUNST- UND THEATERGEMEINDE KARLSRUHE E. V.

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Eleganz in PerfektionKunst ist Inspiration – Inspiration ist die Quelle neuer Ideen.

Als Genossenschaftsbank ist es uns wichtig, uns um die Gesellschaft zu kümmern: als zuverlässiger Partner an Ihrer Seite und an der Seite der Schönen Künste, von Tanz über die Musik bis hin zur Bildenden Kunst.

Wir freuen uns auf eine unvergessliche Vorstellung und wünschen Ihnen inspirierende Stunden mit Momo, getanzt vom Ballett des Badischen Staatstheaters Karlsruhe.

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