Bergbau- Technik & Sicherheit Jahrestagung 2012 für Sicherheit im Bergbau, 13. bis 15. Juni in Gmunden am Traunsee _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ 1 Erkenntnisse aus Erschütterungs- und Schallmessungen bei Sprengungen im Steinbruch Lengfurt Grundlagen–Ziele–Maßnahmen 1.0 Einleitung Die HeidelbergCement AG betreibt im Gebiet des Marktes Triefenstein-Lengfurt und der Gemeinde Erlenbach, einen Steinbruch (Homburger Höhe) zur Gewin- nung von Kalkstein für ihr Zementwerk. Vor dem Hintergrund einer anstehenden Abbauerweiterung für den Steinbruch Lengfurt, beschreibt der Beitrag einige wichtige umweltrelevante Grundlagen, die bei der Ausführung der sprengtechni- schen Gewinnung evaluiert und eingehalten werden müssen. Dazu gehören ne- ben den gesetzlichen und normativen Anforderungen die betrieblichen Vorge- hensweisen nach der Regel der Technik. Es wird aufgezeigt, welche Maßnahmen zielführend zu einer deutlichen Verbesserung der Umweltprobleme führen kön- nen. Hierzu zählen neben der Prognose von Sprengerschütterungen, die Erschüt- terungswahrnehmung des Menschen in Gebäuden sowie die Beurteilung von Er- schütterungs- und Schalleinwirkungen auf Menschen und Bauwerke. Eine Dar- stellung der Erschütterungsmessungen mit ihrer Bewertung wird aufgezeigt. Zum Schluss werden verschiedene Maßnahmen genannt, die aus den gewonnenen Erkenntnissen eingeleitet wurden. 2.0 Zu beachtende Grundlagen Die zahlreichen Berührungspunkte der betrieblichen Abläufe zwischen den Aspekten Qualität, Umweltschutz und Arbeitsschutz beim Sprengen, befassen sich insbesondere mit 1. Schutz von Personen vor einer Gefährdung des Lebens und der Gesund- heit. 2. Schutz von fremden, nicht zur Benützung überlassenen Sachen vor einer Gefährdung. Bild 1: Abbaufeld des Steinbruchs Lengfurt (Homburger Höhe)
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Bergbau- Technik & Sicherheit Jahrestagung 2012 für Sicherheit im Bergbau, 13. bis 15. Juni in Gmunden am Traunsee
Erkenntnisse aus Erschütterungs- und Schallmessungen bei Sprengungen im Steinbruch Lengfurt
Grundlagen–Ziele–Maßnahmen
1.0 Einleitung
Die HeidelbergCement AG betreibt im Gebiet des Marktes Triefenstein-Lengfurt und der Gemeinde Erlenbach, einen Steinbruch (Homburger Höhe) zur Gewin-
nung von Kalkstein für ihr Zementwerk. Vor dem Hintergrund einer anstehenden Abbauerweiterung für den Steinbruch Lengfurt, beschreibt der Beitrag einige wichtige umweltrelevante Grundlagen, die bei der Ausführung der sprengtechni-
schen Gewinnung evaluiert und eingehalten werden müssen. Dazu gehören ne-ben den gesetzlichen und normativen Anforderungen die betrieblichen Vorge-
hensweisen nach der Regel der Technik. Es wird aufgezeigt, welche Maßnahmen zielführend zu einer deutlichen Verbesserung der Umweltprobleme führen kön-nen. Hierzu zählen neben der Prognose von Sprengerschütterungen, die Erschüt-
terungswahrnehmung des Menschen in Gebäuden sowie die Beurteilung von Er-schütterungs- und Schalleinwirkungen auf Menschen und Bauwerke. Eine Dar-
stellung der Erschütterungsmessungen mit ihrer Bewertung wird aufgezeigt. Zum Schluss werden verschiedene Maßnahmen genannt, die aus den gewonnenen Erkenntnissen eingeleitet wurden.
2.0 Zu beachtende Grundlagen
Die zahlreichen Berührungspunkte der betrieblichen Abläufe zwischen den
Aspekten Qualität, Umweltschutz und Arbeitsschutz beim Sprengen, befassen sich insbesondere mit
1. Schutz von Personen vor einer Gefährdung des Lebens und der Gesund-
heit. 2. Schutz von fremden, nicht zur Benützung überlassenen Sachen vor einer
Gefährdung.
Bild 1: Abbaufeld des Steinbruchs Lengfurt (Homburger Höhe)
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Das inhaltliche Ziel aller sicherheitsrelevanten Vorgaben bezieht sich auf den
Schutz
- von Leben und der Gesundheit von Personen - vor Unfällen (Arbeitsunfällen)
- vor Krankheiten (Berufskrankheiten) - der Lebensbedingungen von Personen
- der Umwelt (Boden, Pflanzen, Tierbestand, Luft) - von nicht zur Benützung überlassene Sachen
- der Nachbarn Der Schwerpunkt der betrieblichen Bemühungen liegt dabei auf einem
kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), der aus
Planen – Ausführen – Kontrollieren – Optimieren
besteht. Unter den oben dargestellten Schwerpunkten wird nachfolgendes ver-standen:
Planen: Festlegung der Zielsetzungen und Prozesse, um so die Umsetzung
der Umweltpolitik des Unternehmens zu realisieren;
Ausführen: Die Umsetzung der geplanten Prozesse;
Kontrollieren: Überwachung der Prozesse hinsichtlich der rechtlichen und anderen Anforderungen sowie Zielen der Umweltpolitik des Unternehmens, ggfs. Veröffentlichung der Umweltleistung (des Erfolgs von HeidelbergCement
AG in Bezug auf ihre Umweltschutzmaßnahmen);
Optimieren: Falls notwendig müssen die geplanten Prozesse korrigiert und
angepasst werden;
Letztendlich wird der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) nur dann in seinen Abläufen erfolgreich sein, wenn Ressourcen, Aufgaben, Verantwortlich-
keit und Befugnis dementsprechend abgeklärt und verteilt sind. Bezüglich der zuletzt genannten Anforderungen müssen nachfolgende Kompetenzen geplant
und fachgerecht verteilt werden:
Fähigkeit, Schulung und Bewusstsein Kommunikation
Dokumentation Lenkung von Dokumenten
Ablauflenkung Notfallvorsorge und Gefahrenabwehr
Durch die vorangegangenen aufgezeigten Abläufe wird - speziell im Bereich
der sprengtechnischen Gewinnungsabläufe - eine konsequente, wie auch per-manente Überprüfung nötig sein. Die Überprüfung beinhaltet alle Vorgaben
und Anforderungen die an die betrieblichen Abläufe – auch die internen – ge-stellt sind. Diese bestehen in der Regel aus:
Überwachung und Messung
Bewertung der Einhaltung von Rechtsvorschriften Nichtkonformität, Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen
Lenkung von Aufzeichnungen Internes Audit
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Zu den oben aufgezeigten Abläufen beinhaltet der kontinuierliche Verbesse-rungsprozess (KVP):
- Information der Belegschaft der in Betracht kommenden Gewinnungsberei-
che
- Kontrolle der Bohr- und Sprengarbeit
- Interne Audits im Sprengwesen zur Überprüfung der Sprengarbeiten
- Überprüfung der Einhaltung der Betriebsanweisungen
(insbesondere der maximalen Lademenge Sprengstoff pro Zeitstufe)
- Sprengversuche in Verbindung mit Erschütterungs- uns Schalldruckmessun-
gen in betroffene Bereichen
- Analyse der Sprengerschütterungen (Datenauswertung)
- Führung von Wahrnehmungsprotokollen
5.0 Gesetzliche Anforderungen an die sprengtechnischen Abläufe
Das Lösen von Gestein aus dem Gebirgsverband erfolgt bei Gewinnungsarbei-ten vielfach durch Sprengarbeit, welche wiederum mit unvermeidbaren Emis-
sionen verbunden ist. Neben Lärm, Staub und Steinflug zählen die durch Sprengen hervorgerufenen Erschütterungen und Schallereignisse zu jenen Be-
gleiterscheinungen, die allenfalls zu Beeinträchtigungen von Nachbarn (Anrai-nern), Bauwerken und fremden Sachen führen können.
Um solche Beeinträchtigungen möglichst gering zu halten, ist bei Sprengarbei-ten darauf zu achten, dass die durch Sprengungen hervorgerufenen Emissio-nen ein bestimmtes Ausmaß nicht überschreiten. Die einschlägigen Gesetze
und Verordnungen enthalten dabei keine absoluten Grenzwerte für solche Emissionen. Allerdings ist in allen Verordnungen festgelegt, dass die Tätigkei-
ten grundsätzlich so auszuüben sind, dass unter Einbeziehung des Stands der Technik vermeidbare Emissionen unterbleiben. Hierbei ist auf den „besten Stand der Technik“ zu verweisen, der auf den einschlägigen wissenschaftlichen
Erkenntnissen beruhenden Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen besteht, deren Funktionstüchtig-
keit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des besten Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Be-triebsweisen heranzuziehen.
Ziele dieser Verordnungen sind primär
1. der Schutz von Personen vor einer Gefährdung des Lebens und der Gesund-
heit sowie vor einer unzumutbaren Belästigung,
2. der Schutz von fremden nicht zur Benützung überlassenen Sachen (Sachgü-
ter Dritter) vor einer Gefährdung,
3. der Schutz der Umwelt und von Gewässern vor einer über das zumutbare
Maß hinausgehenden Beeinträchtigung.
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Gemäß des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG, D, ASchG, ÖS)ist der Arbeitgeber
verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes durch eine Beurteilung der Gefährdung zu ermitteln. Eine wichtige Grundlage hierfür ist
das sicherheitsbezogene Regelwerk (Gesetze, Verordnungen, Unfallverhü-tungsvorschriften, Sicherheitsregeln usw.), in dem für sehr viele Bereiche und Tätigkeiten die mögliche Gefährdung bereits in allgemeiner Form ermittelt
wurde und entsprechende Schutzmaßnahmen beschrieben sind.
Da sich Arbeitsgebiete und –prozesse jedoch ändern, stellen Gefährdungser-
mittlungen gewissermaßen Momentanaufnahmen dar und müssen bei wesent-lichen Änderungen überarbeitet werden.
Zweck der Gefährdungsermittlung ist schließlich eine Beurteilung der Gefähr-dung und das Festlegen von wirksamen Maßnahmen zum Schutz der Beschäf-tigten. Dazu gehört in vielen Fällen das Aufstellen weiterer interner Regelun-
gen, um Arbeitsbereiche (z.B. Art der Sprengungen wie über oder unter Tage) und Arbeitsabläufe (z. B. Durchführung von Ladetätigkeiten) in der Praxis si-
cher zu gestalten, aber auch die Anwendung sicherheitstechnischer Methoden. Dies gilt insbesondere für die Planungsphase.
6.1 Dokumentation
Die in allen Arbeitsschutzgesetzen geforderte Dokumentation (Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, festgelegte Maßnahmen, Ergebnis der Überprüfung)
besteht nicht nur aus den bearbeiteten Checklisten zur Gefährdungsermitt-lung, sondern setzt sich schließlich aus einer Vielzahl verschiedener Dokumen-te zusammen (z. B. Organisationsanweisungen, Betriebsanweisungen, Be-
triebshandbücher, Gefahrenabwehrpläne, Freigabescheine, Besprechungs- und Begehungsprotokolle, Schulungsnachweise, Unterweisungsbestätigungen, Ar-
beitsberichte usw.).
6.2 Durchführung der Gefährdungsanalyse
Bei der Durchführung erscheint es sinnvoll, mit Checklisten zu arbeiten, um so
die geforderten Analysen in einem vernünftigen Zeitrahmen erfüllen zu kön-nen und zugleich der geforderten Dokumentationspflicht nachzukommen. Für
bestimmte Bereiche wurden Checklisten zur Gefährdungsermittlung zusam-mengestellt. Diese sind durchaus nützlich, um bestimmte Gefährdungen sys-tematisch zu ermitteln und diese schriftlich zu erfassen. Daher dienen sie
gleichzeitig der Dokumentation dieses Vorganges.
Eine Übersicht über die wichtigsten Gefährdungsfaktoren beim Sprengen im
Bergbau gibt die nachfolgend aufgeführte Grafik. Sie erleichtert den Einstieg in die Gefährdungsermittlung. Gesundheitsschädigende Wirkungen durch Ge-fahrstoffe werden in einer Übersicht dargestellt. Auch Brand-, Explosions- und
Steinfluggefahren müssen ermittelt werden. In der bereits oben genannten Checkliste werden die wichtigsten Punkte zu diesem Aspekt zusammengestellt,
die dabei zu berücksichtigen sind. In der Nachfolgenden Grafik sind die mög-lichen Gefährdungen dargestellt:
7.0 Normative Anforderungen an die sprengtechnischen Abläufe
Neben den gesetzlichen Anforderungen müssen die technischen Abläufe über-wacht und kontrolliert werden. Für eine Beurteilung von Sprengarbeiten und deren Auswirkungen auf die Umgebung kommen nachfolgende normative In-
strumente in Frage.
8.0 Normative Instrumente zur Überwachung des kontinuierlichen
Verbesserungsprozesses
Eine Norm ist nach DIN EN 45020 ein Dokument (2), das mit Konsens erstellt und von einer anerkannten Institution angenommen wurde und das für die all-
gemeine und wiederkehrende Anwendung Regeln, Leitlinien oder Merkmale für
9.0 Normen für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess Nachfolgend sind die - für HeidelbergCement AG - maßgeblichen Normenproduk-
te (2) aufgeführt
Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN) Österreichisches Normungsinstitut (ON)
Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) Europäisches Komitee für Normung (CEN) International Standards Organization (ISO)
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Daneben gibt es noch weitere Normungsprodukte, die, wie beispielsweise “Tech-nische Berichte”, in jedem Fall nur informativen Charakter haben. Die Nor-
mungsprodukte2 sind in der nachfolgenden Tabelle 1 dargestellt.
Anleitung Guide Guide - Leitfaden zur Normungsarbeit
Tabelle 1: Normungsprodukte
10.0 Rechtscharakter der Normen
Normen haben kraft Entstehung, Trägerschaft, Inhalt und Anwendungsbereich
den Charakter von Empfehlungen. Die Beachtung der Normen steht jedermann frei. Normen an sich haben keine rechtliche Verbindlichkeit. Wer jedoch Normen
anwendet, verhält sich in der Regel “ordnungsgemäß”, da er einer Empfehlung folgt, die von den interessierten Kreisen der Fachwelt aufgestellt wurde. Ihr Zustandekommen und ihre Anwendung qualifiziert sie als anerkannte Regeln
der Technik. Normen können aber auch verbindlich werden, beispielsweise durch den Gesetz- und Verordnungsgeber über Bezugnahme in Rechts- und
Verwaltungsvorschriften oder durch Verträge, in denen ihre Einhaltung verein-bart wurde. Sie dienen häufig auch der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegrif-fe, z. B. des Begriffes “Stand der Technik”, und erlangen dadurch rechtliche
Bedeutung. So z.B. die „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen“ (Beschluss des Länderausschusses (D) für
Immissionsschutz vom 10. Mai 2000). Es ist immer darauf zu achten, wie be-stimmte Formulierungen und Begriffe der Normen lauten und wie sie auszule-gen sind, insbesondere hinsichtlich des Verbindlichkeitsniveaus.
Hier gibt es eindeutige Vorgaben (2):
Verbindlichkeit und Verb-
formen positiv negativ
Anforderung (requirement) muss (shall) darf nicht (shall not)
Empfehlung (recommendation)
sollte (should) sollte nicht (should
not)
Zulässigkeit (permission) darf (may) braucht nicht zu (need
not)
Möglichkeit (possibility) kann (can) kann nicht (cannot)
Tabelle 2: Verbindlichkeiten der Normungsprodukte
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Zu beachten sind die Europäischen Normen, die auch der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Kommission dienen. Diese Richtlinien müssen
durch entsprechende gesetzliche Regelungen in nationales Recht umgewandelt werden. Das bedeutet, dass mit Hilfe von Normen Gesetze im Detail spezifi-ziert werden. Aufgrund des Hinweises zur Messung, Beurteilung und Vermin-
derung von Erschütterungsimmissionen (Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10. Mai 2000, Stand 2003) ist die DIN 4150 als ver-
bindlich im gegebenen Fall anzusehen.
11.0 Einbeziehung der DIN 4150 in den kontinuierlichen Verbessrungs-prozess
Die DIN 4150 „Erschütterungen im Bauwesen“ besteht aus 3 Teilen
- Teil 1 „Vorermittlung von Schwingungsgrößen“, Juni 2001 - Teil 2 „Einwirkung auf Menschen in Gebäuden“, Juni 1999
- Teil 3 „Einwirkung auf bauliche Anlagen“, Februar 1999
12.0 DIN 4150, Teil 1 - Vorermittlung von Schwingungsgrößen
Die Norm enthält Angaben für die Vorermittlung von Erschütterungen, be-schreibt Verfahren und gibt Hinweise, auf deren Grundlage die Werte von Er-
schütterungsgrößen vorermittelt werden können Mit diesen Werten kann eine Beurteilung der Erschütterungseinwirkungen nach DIN 4150 Teil 2 und DIN
4150 Teil 3 erfolgen.
13.0 Vorermittlung nach dem Erschütterungszahlverfahren
Die nachfolgend aufgezeigte Berechnung (7) beruht auf einer Variante (Reg-
ression) der Sicherheitsabstands-Lademengen-Beziehung.
Für sedimentäre Gesteine: 969 x L0,6 x R-1,5
Für kristalline Gesteine: 206 x L0,8 x R-1,3 Dabei ist L = Lademenge [kg]
R = Sicherheitsabstand [m]
Das Verfahren hat sich durchgesetzt, da es am besten geeignet ist, die bei der Durchführung von Sprengarbeiten auftretenden Erschütterungen möglichst praxisnahe vorherzuberechnen.
9.4 DIN 4150, Teil 2 - Einwirkung auf Menschen in Gebäuden
Zweck der Norm ist die angemessene Berücksichtigung des Erschütterungs-
schutzes im Immissionsschutz. Es werden Anforderungen und Anhaltswerte genannt, bei deren Einhaltung erwartet werden kann, dass in der Regel erheb-liche Belästigungen von Menschen durch Erschütterungen in Wohnungen und
vergleichbar genutzten Räumen vermieden werden. Ursächlich für die Erschüt-terungswahrnehmung des Menschen sind unterschiedliche Bodenbewegungen
innerhalb des Frequenzbereiches ƒ, ab unter 1 Hz. Die Wahrnehmung der Er-schütterungen beginnt ab 0,1 mm/s.
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10.0 Einbeziehung des Schalldrucks in den kontinuierlichen Ver-besserungsprozess
Schallimmissionen gehören zu den unumgänglichen Begleiterscheinungen von Sprengarbeiten. Bei Sprengungen werden Erschütterungen, aber auch Schall weitergeleitet, der sich allseitig ausbreitet und erst mit wachsender Entfer-
nung von der Erschütterungsquelle allmählich abklingt. Neben dem unver-meidlichen Bodenschall ist auch Luftschall vorhanden, dem besondere Auf-
merksamkeit zuzuordnen ist. Bis in eine gewisse Entfernung vom Sprengort (in Abhängigkeit von Lademengen und Umwelteinflüssen) ist Luftschall für den Menschen deutlich spürbar.
Mit diesem Hintergrund wird erkennbar, dass neben den Sprengerschütterun-gen mit den Anhaltswerten der Schwinggeschwindigkeit vi nach DIN 4150,
noch andere Kriterien zu beachten sind, die einen nicht unerheblichen Einfluss neben den Erschütterungseinwirkungen haben können. In seinem Wohnbe-reich ist das Alltagsleben des Menschen dadurch charakterisiert, dass keine
ständig wahrnehmbaren Erschütterungsimmissionen auf ihn einwirken, son-dern nur einzelne Ereignisse, die vorwiegend von anderen Hausbewohnern,
einschließlich der Nachbarn hervorgerufen werden.
Abgestrahlte Körperschallimmissionen werden hörbar, sobald sie den Grund-geräuschpegel überschreiten. Dieser ist in Wohngebieten verhältnismäßig
niedrig anzusetzen und in den einschlägigen Verordnungen festgelegt. Da der Mensch Erschütterungen und sekundären Luftschall somit in unterschiedlicher
Weise wahrnimmt, sind auch unterschiedliche Bewertungsverfahren notwen-dig. Bei größeren Abständen kommen Schallwellen erst im Sekundenbereich
nach den Bodenwellen an. Die Ausbreitung der Schallwellen steht dabei in Ab-hängigkeit von Zeitverlauf und der Detonationssequenz einer Sprengung. Auf Grund dieses Einflusses werden Sprengungen, auch über größere Entfernun-
gen hinweg, von Personen oftmals als „stark“ empfunden, obwohl die voran-gegangene seismische Einwirkung kaum wahrgenommen (gespürt) wurde,
bzw. keine ablehnende Reaktion darauf erfolgte.
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Abb. 2: Luftschall, Abhängigkeit von Umwelteinflüssen (4)
Auf Grund der unvermeidlich begleitenden Schallimmission bei Sprengungen, werden letztere in vielen Fällen von Außenstehenden hinsichtlich von Erschüt-
terungen als besonders "groß" oder "stark" empfunden, obwohl dies mess-technisch nachweisbar nicht der Fall ist. Für den Menschen ist die Fühlbar-
keitsschwelle einer Sprengung innerhalb eines Gebäudes oft erheblich niedri-ger, als außerhalb. Der Unterschied liegt vermutlich darin, dass der Schall in-nerhalb eines Bauwerks vom Bauwerk selbst erzeugt wird. Daneben lässt ein
allgemein niedriges Akzeptanzniveau gegenüber Sprengarbeiten sofort eine erhebliche Erschütterungsimmission vermuten, die ein betroffenes Bauwerk
beschädigen könnte.
Schalldruck kann bei Sprengungen mit Frequenzen von ca. 250 Hz bis ca. 600 Hz, als Begleiterscheinung einer Sprengung in dB(A) gemessen werden. Dane-
ben kann Schalldruck in dB(L) anliegen (LP). Die dominanten Frequenzen lie-gen bei dieser Art von Schalldruck bei ca. 1-10 Hz, wobei Frequenzüberlage-
rungen mit Spitzen von ca. 8 Hz bis 12 Hz festgestellt werden können. In die-sem Fall muss ohne Filter, linear von 1 Hz bis 16 Hz gemessen werden. Dieser
Luftschalldruck, der sich im niederfrequenten Bereich bewegt und somit als Geräusch nur schwer oder gar nicht identifizierbar ist, muss bei Sprengungen, durch geeignete Maßnahmen am Ort der Emission, höchstmöglich vermieden
werden.
Maßnahmen dieser Art am Sprengort sind das Kürzen eventuell verwendeter
Sprengschnüre am Bohrlochmund, Zündung aus dem Bohrlochtiefsten bzw. Einbringen der Zünder und Sprengschnur unter den Endbesatz sowie das sorg-fältige und ausreichende Abdecken der Zündmittel mit ordnungsgemäßem Be-
satzmaterial. Nach allgemeinen Erkenntnissen (Messungen) wird dadurch bei Sprengungen das begleitende Schallereignis in dB(A) (sekundär) sowie der
Schalldruck LP in dB(L) (primär) erheblich reduziert.
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Die aus den angeführten Maßnahmen gewonnenen Erkenntnisse wurden im
Betrieb analysiert und umgehend am Sprengort abgeändert. Die daraus resul-tierenden Maßnahmen in den Abläufen werden in den Regelsprengungen wie folgt ausgeführt:
Zündung aus dem Bohrlochtiefsten (redundant)
Sprengschnur und Zünder unter dem Endbesatz
Endbesatzmaterial aus definiertem fischigem Splitt
Bohrlochdurchmesser von 115 mm auf 90 mm reduziert
Datenauswertung (Erschütterungs- und Schalldruckmessungen)
Einbeziehen der betroffenen Nachbarschaft in die Abläufe
Information der Nachbarschaft über das Internet
Bereits in der Phase 1 war eine deutliche Verbesserung der Sprengimmission
sowie ein höheres Akzeptanzniveau der Nachbarschaft erkennbar.
12.0 Motivation
Die Hauptgründe für die Umsetzung eines kontinuierlichen Verbesserungspro-zesses sind
ständige Verbesserung der Umweltleistung verbesserte Einhaltung der Umweltschutzauflagen
Hinzu kommt ein verbessertes Engagement der Mitarbeiter: Dass das Unterneh-men etwas für die Umwelt tut, dürfte demnach ein hoher Motivationsfaktor sein.
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