Überleben und Prognosefaktoren von Patienten mit extrahepatischen Gallengangskarzinomen Retrospektive Analyse von 105 konsekutiven Patienten Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Hohen Medizinischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn vorgelegt von: Sabine Soens aus Prüm 2007
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Überleben und Prognosefaktoren von Patienten
mit extrahepatischen Gallengangskarzinomen Retrospektive Analyse von 105 konsekutiven Patienten
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn
vorgelegt von: Sabine Soens
aus Prüm
2007
Angefertigt mit der Genehmigung der
Medizinischen Fakultät der Universität Bonn
1. Gutachter: Prof. Dr. med. F. L. Dumoulin
2. Gutachter: Prof. Dr. med. H. P. Fischer
Tag der Mündlichen Prüfung: 07.12.2006
Aus: Medizinische Klinik und Poliklinik I des Universitätsklinikums Bonn
Direktor: Prof. Dr. med. T. Sauerbruch
"Diese Dissertation ist auf dem Hochschulschriftenserver der ULB Bonn
3. Patienten und Methoden ...........................................................................36 3.1 Patientencharakteristika; Ein-und Ausschlusskriterien für die retrospektive Analyse ..............................................................................36 3.2 Datenquelle ...............................................................................................36 3.3 Datenerhebung bei Diagnosestellung und im Verlauf ..........................37 3.4 Statistische Auswertungen .....................................................................37
1.1 Allgemeiner Teil Maligne Tumoren der Gallenwege einschließlich der Gallenblase sind relativ selten und
machen etwa 2% aller malignen Neoplasien aus (Tannapfel et al., 2004). Die Inzidenz
liegt bei 3-4 Neuerkrankungen / 100.000 / Jahr in Deutschland (Schmoll et al., 1999).
Juden, Indianer und Japaner erkranken häufiger an diesen Tumoren als andere
Bevölkerungsgruppen. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung liegt zwischen 50
und 80 Jahren (Anthony, 1994; Tannapfel et al., 2004).
Als bösartige Neubildungen im Bereich der extrahepatischen Gallengänge treten am
häufigsten Adenokarzinome auf. Nur als Raritäten kommen auch mesenchymale
Tumoren vor. Diese sogenannten Cholangiokarzinome sind nach den hepatozellulären
Karzinomen die am zweithäufigsten vorkommenden primären hepatobiliären Tumoren
(De Groen et al., 1999). Von diesen sind 2/3 perihilär und 1/4 distal lokalisierte
extrahepatische Tumoren. Die übrigen sind intrahepatische Cholangiokarzinome,
welche auch als cholangiozelluläre Karzinome bezeichnet werden (Groen et al., 1999).
1.2 Prädisponierende Erkrankungen Im Gegensatz zu den Gallenblasentumoren, die die Cholelithiasis als Risikofaktor
aufweisen und häufiger bei Frauen auftreten (75% der Erkrankten sind weiblichen
Geschlechts), liegt bei den extrahepatischen Gallengangskarzinomen keine
nachweisbare Koinzidenz mit der Cholelithiasis vor (Hirner und Weise, 2004) sowie
keine Bevorzugung des weiblichen Geschlechts. So stellt eine chronische Entzündung
der Gallenwege wie die primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) einen
prädisponierenden Faktor für die Entstehung extrahepatischer Karzinome dar (Boberg et
al., 2002). Bei dieser Erkrankung besteht für die maligne Entartung der extrahepatischen
Gallenwege eine Lebenszeitprävalenz von 30% (Broome et al., 1996; Farges et al.,
1995; Kornfeld und Ekbom, 1997; Tannapfel und Wittekind, 2004). Die Hypothese der
9
Pathogenese dieser Neoplasie auf der Grundlage einer PSC wird folgendermaßen
beschrieben: die Entzündung der intra- und/oder extrahepatischen Gallengänge bewirkt
eine Ausschüttung von inflammatorischen Cytokinen, welche als cholangioläre Mitogene
wirken (Interleukin 6) und durch oxidativen Stress Schäden an der DNA verursachen
können. Zusätzlich führt die Entzündung zur Induktion von Proteinen
(i.e.Cyclooxygenase-2), denen onkogenes Potential zugeschrieben wird (Gores, 2003).
Zudem werden extrahepatische Gallengangstumoren gehäuft bei Patienten mit multipler
biliärer Papillomatose, mit choledochalen Zysten und mit einer familiären Adenomatosis
polyposis beobachtet (Tannapfel und Wittekind, 2004).
Ätiopathogenetisch sind Faktoren relevant, die mit einer chronischen
Entzündungsreaktion an den Gallengängen einhergehen (Gores, 2003). Die primär
sklerosierende Cholangitis, welche gehäuft bei Patienten mit Colitis ulcerosa auftritt, ist
eine autoimmune Entzündung der Gallengänge, die durch eine progressive Entzündung
und Vernarbung des intra- und extrahepatischen Gallengangssystems geprägt ist. 10-
20% aller Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis entwickeln ein Karzinom der
extrahepatischen Gallenwege (Lowe et al., 2003; Tannapfel und Wittekind, 2004). Die
konnatalen extrahepatischen Gallengangszysten, von denen sich die Mehrzahl als
spindelig-zystische Dilatationen des Ductus choledochus oder als Divertikel bzw.
Choledochocelen darstellen lassen, gehören ebenfalls zu den prädisponierenden
Erkrankungen, welche eine Karzinomentstehung begünstigen (Banerjee et al., 1995;
Becker et al., 2003; Nashan et al., 1996). Die Inzidenz beträgt bei diesen Patienten
0,7% in der ersten Lebensdekade, 6,8% in der zweiten und 14,3% in den folgenden
Dekaden (Rall und Chung, 1995). Das Caroli-Syndrom, eine Variante der choledochalen
Zysten-Erkrankungen, ist ebenfalls mit einer ansteigenden Inzidenz des
Cholangiozellkarzinoms verbunden (Dayton et al., 1983). Auch kann die Bilharziose als
Infektionskrankheit der Tropen zu einer Tumorentstehung an den Gallenwegen führen
(Groen et al., 1999).
10
1.3 Differentialdiagnose der Gallengangsstenose Progredientes Wachstum eines Gallengangstumors führt zur Stenose oder Obstruktion
des Gallenganges.
Als Differentialdiagnosen einer Gallengangsstenose kommen zum einen benigne
Erkrankungen wie die Choledocholithiasis, das Mirizzi-Syndrom, die primär
sklerosierende Cholangitis und das Caroli-Syndrom in Frage (Tannapfel und Wittekind,
2004).
Zum anderen müssen bei distalen Stenosen das Pankreaskopf-Karzinom, das
Papillenkarzinom, bei hilären Stenosen das Gallenblasen-Karzinom und Metastasen
anderer Tumoren differentialdiagnostisch als maligne Erkrankungen ausgeschlossen
werden (Gerhardt et al., 2002).
1.4 Symptome bei Diagnosestellung
Der schmerzlose Verschlußikterus ist das Leitsymptom des Gallengangskarzinoms. Die
Patienten nehmen dabei häufig einen hellgefärbten Stuhl und dunklen Urin wahr
(Gerhardt et al., 2002). Weitere Symptome sind Pruritus, Gewichtsverlust, Maldigestion
und Fieber.
Als Folge der Cholestase kann eine Cholangitis auftreten, welche Schmerzen im rechten
oberen Quadranten und das Auftreten von Fieber mit Schüttelfrost auszeichnet und eine
Cholangiosepsis zur Folge haben kann. Bei Patienten mit Gallengangstumor distal der
Einmündung des Ductus cysticus, ist die tastbare, vergrößerte und steinfreie
Gallenblase ein typischer klinischer Befund, der auch Courvoisier-Zeichen genannt wird
(Classen et al., 2004; Hirner und Weise, 2004).
1.5 Laborchemische Veränderungen bei Diagnosestellung Typisch ist ein Anstieg der Cholestaseparameter im Serum, die Aminotransferasen sind
dagegen meist nur leicht erhöht. Zudem steigt das entzündungsspezifische Akute-
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Phase-Protein (C-reaktive Protein; CRP) im Serum an, welches neben malignen
Erkrankungen, hauptsächlich bei bakteriellen Entzündungen und bei Gewebenekrosen,
erhöht sein kann (Dörner, 2001). Ein weiteres diagnostisches Hilfsmittel ist das Serum
carbohydrat assoziierte Antigen, ein Hapten der Lewis-a-Blutgruppe, auch als
Tumormarker CA19-9 bekannt, welcher als besonderer Marker bei biliopankreatischen
malignen Tumoren fungiert. Das CA19-9 hat bei einem Level größer als 100 U/ml eine
Sensitivität von 89% und eine Spezifität von 86% (Nicholas et al., 1993), bzw. bei
Abwesenheit von PSC eine Sensitivität von 53%. Im Vergleich mit Patienten, die unter
gutartigen Lebererkrankungen bzw. Gallengangsstrikturen leiden, hat das CA 19-9
richtig negative Raten von 76% und 92% (Patel et al., 2000). Es hat demnach eine
höhere Sensitivität und Spezifität bei Patienten, die unter einer primär skleroisierenden
Cholangitis leiden. Es konnte in der Studie von Patel et al. (2000) gezeigt werden, dass
der Wert des CA-19-9 bei Patienten, die ein nicht resezierbares Cholangiokarzinom
aufweisen, eine signifikant höhere Konzentration im Serum aufweist, als bei Patienten
mit resezierbaren Tumoren. Insgesamt ist der Tumormarker jedoch meist nur eine
hilfreiche Ergänzung für die Diagnosestellung des Cholangiokarzinoms, da er besonders
bei Cholestase falsch positive Werte und eine eingeschränkte Sensitivität aufweist
(Patel et al., 2000).
Möglicherweise ist es hilfreich, das CA19-9 in Kombination mit dem
Carcinomembryonalen Antigen CEA zu bestimmen (CA19-9+(CEA*40)), wobei die
Berechnung dieses Ramage-Score eine Genauigkeit von 86 % aufweist (Pugliese et al.,
1995). In einer Serie von Patienten mit PSC besaßen Werte über 400 einen positiven
Vorhersagewert von 100% in Bezug auf eine Tumorprogression, eine Spezifität von
100% und eine Sensivität von 67% hinsichtlich der Diagnose (Ramage et al., 1995).
Zu beachten ist, dass den Probanden mit der Blutgruppe Lewis-a/b-negativ (3-7% der
Bevölkerung) eine für die Expression des CA19-9 Epitops wichtige Sialytransferase und
eine fucosylierte Vorstufenkette fehlen. Sie sind immer CA 19-9 negativ (Dörner, 2001).
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1.6 Einteilung der extrahepatischen Tumoren
Gallengangstumore werden hinsichtlich ihrer Lokalisation unterschieden. Zum einen gibt
es die intrahepatischen Karzinome, welche in den kleinen, portalen, intralobulären
Gallengängen entstehen und allgemein Cholangiozelluläre Karzinome genannt werden.
Diese werden wie primäre Malignome der Leber diagnostiziert und behandelt (Becker et
al., 2003).
Nehmen die Tumore ihren Ausgang vom Ductus hepaticus dexter, vom Ductus
hepaticus sinister oder vom Ductus choledochus, so werden sie als extrahepatische
bzw. hiläre Cholangiokarzinome bezeichnet. Diese Cholangiokarzinome entstehen im
Bereich der mittleren und größeren hilusnahen Gallengänge.
Ist ihr primärer Ursprungsort die Bifurkation, so werden sie Klatskin-Tumore (Synonym:
Hepatikusgabelkarzinome; Hiluskarzinome) genannt (De Groen et al., 1999). Diese
Klatskin-Tumore erfahren eine Einteilung nach der Bismuth–Klassifikation von 1975.
Unter Bismuth-Typ I werden diejenigen Tumore zusammen-gefaßt, die sich unterhalb
der Bifurkation befinden. Die Tumore, welche an die Bifurkation heranreichen, werden
als Bismuth-Typ II bezeichnet. Bismuth-Typ III Tumore sind die Raumforderungen, die
immer den Ductus hepaticus communis umfassen und zusätzlich entweder den Ductus
hepaticus dexter (= Typ III a) oder den Ductus hepaticus sinister (=Typ III b) mit
einbeziehen.
Schließlich werden diejenigen Gallengangstumoren, die den Ductus hepaticus
communis, den Ductus hepaticus dexter und den Ductus hepaticus sinister
miteinschließen und/oder die Segmentgallengänge befallen, als Bismuth-Typ IV Tumore
bezeichnet (siehe Abb. 1.6.1) (De Groen et al., 1999).
Die Gallengänge werden in Teilbereiche unterteilt: dabei werden die extrahepatischen
Gallengangstumoren je nach ihrer Lage zur Leberpforte einerseits und zur Papille
andererseits diesen Bereichen zugeordnet. Zu diesen Teilbereichen gehören das
sogenannte obere Drittel, welches den Ductus hepaticus dexter et sinister bis zur
Bifurkation umfasst, das mittlere Drittel mit dem Ductus hepaticus communis und dem
proximaler Ductus choledochus und das untere Drittel, welches den distalen Ductus
choledochus und seinen intrapankreatisch verlaufender Anteil miteinbezieht (De Groen
et al., 1999).
13
Die Tumore des unteren Drittels werden auch als periampulläre Karzinome bezeichnet.
Darunter fallen die distalen Choledochuskarzinome und die Papillenkarzinome.
Maligne Raumforderungen dieser Region wie z.B. proximale Pankreasgangkarzinome,
die Duodenalkarzinome sowie Fernmetastasen anderer maligner Tumoren sind
differentialdiagnostisch abzugrenzen (Hirner und Weise, 2004). Die extrahepatischen
Gallengangskarzinome finden sich zu drei Fünfteln im oberen und zu je einem Fünftel im
unteren und mittleren Drittel des Ductus choledochus (siehe Abb.1) (De Groen et al.,
1999; Gores et al., 2003).
Abbildung 1: Die einzelnen Teilbereiche der Gallengänge (Piet und De Groen, 1999)
1.7 Pathologie
In über 80% der Fälle handelt es sich mikroskopisch um Adenokarzinome, die gut bis
mäßig differenziert sind und teilweise eine ausgeprägte desmoplastische
Stromareaktion zeigen. Diese Adenokarzinome nutzen die Gallengangsstrukturen als
Schiene zur zentral leberwärts als auch zur distal entlang der Ligamentum
Hepatoduodenale gerichteten Ausbreitung (Tannapfel und Wittekind, 2001).
14
Die diffus von den Epithelien der extrahepatischen Gallengänge ausgehenden
Adenokarzinome bilden in über 95% tubulo-papilläre Strukturen. Man unterscheidet
einen diffus infiltrierenden Typ von einem diffus das Lumen verlegenden Typ bzw. eine
Kombination aus beiden Wachstumsmustern.
Neben der topographisch-anatomischen Einteilung ist die morphologisch-deskriptive und
histopathologische Klassifikation von prognostischer Bedeutung, welche anhand der
UICC- und der TNM- Richtlinien erfolgt (siehe Tab. 1).
15
Tabelle 1: UICC-TNM-Klassifikation (Tannapfel und Wittekind, 2004)
16
1.8 Molekulare Aspekte
Die Adenokarzinome der Gallengänge entstehen wahrscheinlich durch maligne
Transformation des Gallengangepithels im Sinne einer Dysplasie-Karzinom-Sequenz
(Tannapfel und Wittekind, 2004).
Die Zeitdauer vom Auftreten der Dysplasien bis zur Entwicklung eines manifesten
Karzinoms wird auf etwa 15 Jahre geschätzt (Caca et al., 2002). Hinsichtlich der
Molekularpathogenese werden Mutationen der Onkogene K-ras, c-myc, c-neu, c-erb-b2,
c-met beschrieben sowie Mutationen der Tumorsuppressorgene p53 und bcl-2 gefunden
(Rijken et al., 1998; Suto et al., 1998; Terada et al., 1998; Voravud et al., 1989).
17
1.9 Diagnostische Verfahren 1.9.1 Sonographie, Computertomographie, Magnetresonanztomographie Als diagnostische Verfahren werden zum einen die Schnittbildverfahren wie die
Sonographie (Sono) und die Computertomographie (CT) eingesetzt (siehe Abb. 2),
wobei die CT bei geringer Tumorgröße und fehlender Parenchymbeteiligung falsch
negative Befunde liefern kann (Kim et al., 2003). Außerdem wird die präoperative
Diagnostik in einigen Fällen durch die Magnetresonanztomographie (MRT) komplettiert.
Die Treffsicherheit der CT und MRT in konventioneller Technik liegt bei 60-80% (Vogel
et al., 1999).
Abbildung 2: CT bei Klatskin-Tumor; Patient 97
18
1.9.2 Endoskopische Retrograde Cholangio-Pankreatikographie, Perkutane Transhepatische Cholangio-Pankreatikographie und Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikographie
Zur Diagnosesicherung werden spezielle Verfahren angewandt, die auf der Methodik
der Projektionsradiographie beruhen. Zum einen wird die endoskopisch-retrograde-
Cholangiographie (ERC) bzw.-Cholangio-Pankreatikographie (ERCP) angewandt. Sie
wird zur Abklärung von Raumforderungen zusammen mit einem Schnittbildverfahren
(Sonographie, MRT oder CT) eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird unter
Durchleuchtungskontrolle über eine in die Papille vorgeschobene Sonde
wasserlösliches Kontrastmittel in die Gallengänge eingebracht, um anschließend
Zielaufnahmen machen zu können (siehe Abb.3). Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in
der Interventionsmöglichkeit, da mit über das Endoskop eingebrachten Instrumenten,
Biopsien, Papillotomien und Behandlungen von Tumorstenosen mit röhrenförmigen
Plastik- oder Metallimplantaten (sog. Stents) durchgeführt werden können (siehe Abb.
4). In neueren klinischen Studien wird die Treffsicherheit der ERC mit 64-88%
angegeben (Wallner et al., 1991). Zu den Komplikationen der ERC bzw. ERCP zählt die
Perforation des Duodenums (bis ins Retroperitoneum), die Blutung, die Cholangitis bei
Stenosen und als häufigste Komplikation, mit 6,2-9,3% der Fälle eine akute Pankreatitis
(Classen et al., 2004).
Abbildung 3: Gallengangskarzinom; ERCP mit Stenosierung des Ductus choledochus; Patient 62
19
Abbildung 4: ERCP und nasobiliäre Sonde bei Klatskin-Tumor; Patient 24
Zum anderen wird die perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) eingesetzt,
wenn die ERCP nicht zum Ziel führt oder durch Tumorverlegung das retrograde
Vorbringen der ERCP-Sonde nicht möglich ist.
Zu diesen seltenen Fällen, bei denen der transpapilläre diagnostische Zugang nicht
möglich ist, gehören unpassierbare Stenosen in Ösophagus, Magen oder Duodenum,
der postoperative Situs bei Billroth-II mit Roux-y-Gastro-Jejunostomie, die Pankreato-
Duodenektomie nach einer Kausch-Whipple Operation und die Tumordestruktion der
Papillenregion (Adler et al., 1999).
Bei der PTC werden durch perkutane Punktion mit Sondierung die Gallengänge
dargestellt. Komplikationen reichen von Blutungen über biliovenöse Fisteln und
Pneumothorax bis hin zu septischen Komplikationen (Cholangitis, Septikämie, Schock)
besonders nach vorausgegangener frustraner minimal invasiver Manipulation an den
Gallengängen.
In Fällen, in denen primär eine transpapilläre Drainage nicht möglich ist, kann unter
Nutzung des zuvor beschriebenen perkutanen Zuganges ein Führungsdraht gelegt
werden, über den dann die endoskopische Insertion eines Stents erfolgen kann. Diese
Vorgehensweise wird als Rendezvous-Verfahren bezeichnet (Adler et al., 1999;
Polydorou et al., 1991).
20
Nach wie vor stellt die invasive Diagnostik und Intervention mittels ERC oder PTC den
diagnostischen Goldstandard dar (Vogel et al., 1999).
Dem gegenüber ist die Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikographie (MRCP) eine
nicht-invasive Technik zur Diagnosestellung, deren Information mit der CT und der
Cholangiographie vergleichbar ist (Barish et al., 1995; Fulcher et al., 1997; Schwartz et
al., 1998; Soto et al., 1996; Yeh et al., 2000; Zidi et al., 2000). Verschiedene Studien
haben den Nutzen der MRCP in der Bewertung biliärer Obstruktionen demonstriert
(Guthrie et al., 1993; Schwartz et al., 1998). Wurde die MRCP mit der ERCP verglichen,
so lieferten beide Verfahren zu 100% dieselben Befunde. Die MRCP erwies sich zudem
überlegen im Bezug auf die Beurteilung der Tumorausdehnung und der Abklärung der
Ursache des Ikterus (Yeh et al., 2000).
Die MRCP kann Informationen über das Vorliegen von hilären vaskulären
Obstruktionen, von nodulären Metastasen und Fernmetastasen sowie über eine
bestehende Leberlappenatrophie liefern (siehe Abb. 5) (Jarnagin et al., 1999).
Abbildung 5: MRC und MRCP bei Klatskin-Tumor; Patient 4
21
1.9.3 Tumorbiopsien Während durch bildgebende Verfahren nur die Tumorstenose dargestellt werden kann,
muss die Diagnosesicherung über die zytologische und histologische Untersuchung von
Tumorbiopsien erfolgen. Dabei kommt eine pathologische Auswertung der über die
ERCP gewonnenen endoskopischen Biopsien zum Einsatz, welche aus einer
Kombination von Bürstenzytologie, Zangenbiopsie und Feinnadelaspiration bestehen.
Ein Nachteil in der Auswertung der Biopsien liegt darin, dass es keinen
pathognomischen, immunhistochemischen Test gibt, um das Ursprungsgewebe zu
detektieren. Denn normale und maligne Gallengangszellen produzieren kein für ihr
Gewebe typisches Protein, so dass man bei Patienten mit Cholangitis, intraductalen
Gallenblasensteinen oder biliären Stents weniger gut zwischen reaktivem biologischem
Gewebe und einem gut differenzierten Cholangiozellulären Karzinom unterscheiden
kann (De Groen et al., 1999).
1.9.4 Diagnostischer Algorithmus Die Diagnose eines Gallengangskarzinoms wird in erster Linie durch die ERCP gestellt
bzw. bei fehlender Durchführbarkeit durch die PTC oder mit Hilfe der MRCP. Die
Ausdehnung der tumorartigen Veränderung wird durch die Sono, die CT und/oder durch
die MRT erfasst (siehe Abb. 6). Dann erfolgt die histologische Sicherung durch
intraduktale Biopsie sowie Bürsten- und Aspirationszytologie. Die Kombination dieser
Verfahren hat eine Sensitivität von lediglich 70% (Classen et al., 2004).
Tabelle 11: Versorgung mit Plastikstents bis zur 1. PDT
Außerdem erhalten 6 Patienten (20%) nach ihrer PDT eine Chemotherapie, die als
weitere palliative Therapie in der Behandlung extrahepatischer Gallengangstumoren
angesehen ist. Bei 3 dieser Patienten (50%) wird eine Kombination von Thalidomid und
Gemcitabine angewandt, während bei 2 Patienten (33,3%) eine Monotherapie mit
Thalidomid durchgeführt wird und 1 Patient (16,7%) Gemcitabine als
Chemotherapeutikum erhält.
58
Insgesamt erweist sich die PDT, welche bei 30 unserer Patienten durchgeführt wird, in
der Kaplan-Meier-Analyse als signifikant (p=0,016) in Bezug auf eine mediane
verlängerte Überlebenszeit unter den nur palliativ behandelten Patienten (12,53
Monaten vs. 5,17 Monate).
4.4.3 Systemische Therapie: Chemotherapie
Das folgende Diagramm 9 stellt die applizierten Chemotherapieregime dar.
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
Prozent
Thalidomid +GemcitabineGemcitabine
Thalidomid
5-Fluoro-uracil(5-FU)andere*
Diagramm 9: Chemotherapie
*Zu den anderen Chemotherapeutika zählen eine Behandlung mit Mitomycin und Irinotecan und eine weitere
Therapie mit Doxorubicin in Kombination mit Cisplatin.
Von den insgesamt 18 Patienten (17,1%), die sich einer Chemotherapie unterziehen,
wird die Mehrzahl der Patienten (38,9%) mit Gemzar als Chemotherapeutikum, 11,1%
der Patienten mit Thalidomid und 22,2% mit einer Kombination von beiden behandelt.
Mit 5-FU werden 16,7% der Patienten therapiert, teils in Kombination mit Mitomycin.
Andere Chemotherapeutika werden in 2 Fällen (11,1%) verwandt. Dazu gehört eine
Therapie mit Mitomycin und Irinotecan, eine weitere mit Cisplatin und Doxurubicin.
Außerdem befinden sich unter diesen 18 Patienten 4, die sich zuvor einer Operation
unterzogen haben, jedoch ein Rezidiv erlitten haben und jetzt ebenfalls mit einer
Chemotherapie behandelt werden.
59
4.5 Medianes Überleben Im Zeitraum, in dem die Studie durchgeführt wird, verstarben 88 von den insgesamt
105 Patienten (83,8%) mit einer medianen Überlebenszeit von 7,6 (Range: 0,7-55,1)
Monaten. Bei 41 (46,6%) der 88 verstorbenen Patienten ist die genaue Todesursache
bekannt, wobei diese in Cholangitis, Tumorkachexie und Andere unterteilt wird. Unter
einer Cholangitis verstarb mit 53,7% die deutliche Mehrheit der Patienten, während
lediglich 14,6% der Patienten mit bekannter Todesursache an einer Tumorkachexie
verstarben. Bei allen 88 Verstorbenen kann zum Todeszeitpunkt eine Aussage über
das Bestehen eines Ikterus gemacht werden. Dabei litten etwa 1/3 (34,1%) der
Verstorbenen zum Todeszeitpunkt an einem Ikterus. 17 Patienten leben zum
Analysezeitpunkt bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 17,3 Monaten (Range:
7,1-76,9).
In der anschließenden statistisch-analytischen Auswertung des Patientenüberlebens
nach Kaplan-Meier wird der Einfluss einer Resektion auf das Überleben mit dem
Krankheitsverlauf unter einer konservativen Therapie verglichen. Bei diesem Vergleich
stellt sich heraus, dass das mediane Überleben bei den Patienten, die nicht reseziert
werden konnten, 9,03 (95% CI: 5,91; 12,15) Monate beträgt mit einem Mittelwert von
13,81 ± 1,53 Monaten. Hingegen weisen die Patienten, die eine Resektion aufgrund
einer chirurgischen Therapie erhielten, ein deutlich verlängertes medianes Überleben
von 20,33 (95% CI: 8,13; 32,53) Monaten mit einem Mittelwert von 29,69 ± 7,15
Monaten auf (siehe Diagramm 10). Somit resultiert nach der Überlebensanalyse die
Resektion in einem deutlich signifikant längeren medianen Überleben (p= 0,008) im
Gegensatz zur konservativen Therapie. Die Patienten, die in unserer Studie reseziert
werden konnten, sind signifikant jünger. Das Alter hat sich aber nicht als prognostischer
Faktor etabliert.
60
Überleben in Monaten
806040 200
Kum
. Ü
berle
ben
1,0
,8
,6
,4
,2
0,0
Diagramm 10: Analyse des Überlebens nach Kaplan-Meyer bei Patienten mit Resektion (n=77;
durchgezogene Linie) vs. ohne Resektion (n=28; gestrichelte Linie)
Innerhalb der beiden durchgeführten onkologischen Therapieverfahren werden auch
deren Auswirkungen auf ein mögliches verlängertes Überleben überprüft. Zudem
werden die durch sie verbundenen prognostischen Einflüsse herausgestellt und die
Berechtigung dieser onkologischen Therapieverfahren in der Behandlung des Gallen-
gangskarzinoms, überprüft.
In der Gesamtpopulation, d.h. auch innerhalb der Gruppe der resezierten Patienten,
sowie in der gebildeten Subgruppe, werden die Photodynamische Therapie, die
Chemotherapie und deren Auswirkung auf den Krankheitsverlauf miteinander
verglichen.
Einen deutlichen Überlebensvorteil zeigt die Behandlung mit der PDT in der Subgruppe
der konservativ behandelten Patienten. Dort resultiert die PDT mit einem längeren
medianen Überleben von 12,53 (95% CI: 6,11; 18,95) Monaten im Gegensatz zum
medianen Überleben der Patienten ohne PDT, welches nur 5,17 (95% CI: 4,00; 6,33)
Monate beträgt (siehe Diagramm 11).
61
Diagramm 11: Analyse des Überlebens nach Kaplan-Meyer bei Patienten mit PDT (n=30;
durchgezogene Linie) vs. ohne PDT (n=75; gestrichelte Linie)
60504030 20 10 0
´
1,0
,8
,6
,4
,2
0,0
Kum
.Ü
berle
ben
Monate
62
Als weitere onkologische Therapie wird die systemische Chemotherapie überprüft. Dabei beträgt das mediane Überleben der mit Chemotherapie behandelten Patienten
11,6 (95% CI:4,4; 12,7) Monate und das der nicht mit dieser Therapie behandelten 8,6
(95% CI; 0,6; 24,9) Monate (siehe Diagramm 12).
Diagramm 12: Analyse des Überlebens nach Kaplan-Meyer bei Patienten mit Chemotherapie (n=18;
durchgezogene Linie) vs. ohne Chemotherapie (n=87; gestrichelte Linie)
Monate
6050403020100
1,0
,8
,6
,4
,2
0,0
Kum
. Ü
berle
ben
63
Mittels univariater Cox-Regressionsanalyse wurde der prognostische Wert der Befunde
bei Diagnosestellung sowie der verschiedenen Therapieverfahren auf das Überleben
untersucht.
Die folgende Tabelle zeigt eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Univariaten
Cox Regressions Analyse (Tabelle 12).
Variable Hazard Ratio 90% CI p
Alter 1,025 1,002 1,048 0,071
CA-19-9 korrigiert 1 1 1 0,008
Bilirubin 1,03 1,009 1,051 0,016
CRP 1,008 1,004 1,011 0,001
y-GT 1 0,999 1 0,407
Leukozyten 1,014 0,999 1,03 0,136
Quick 0,999 0,992 1,006 0,743
Bismuth 1,103 0,95 1,282 0,28
Resektion 0,466 0,292 0,746 0,008
PDT 0,802 0,502 1,282 0,44
Chemo 0,795 0,479 1,319 0,456
Tabelle 12: Univariate Cox Regressions Analyse (Fettgedruckt sind die Werte dargestellt, die sich auch in
der multivariaten Analyse als signifikant herausstellen)
Schließlich werden die Überlebensraten berechnet und es stellt sich heraus, dass
lediglich 41 unserer 105 Patienten (39,1%) länger als 1 Jahr überlebt haben.
Somit beträgt die 1-Jahres Überlebensrate 39,1%, die 2-Jahres Überlebensrate 19,1%
und die 5-Jahres Überlebensrate 1,9%, bei einer Mortalität von 0,8.
64
5. Diskussion 5.1 Studiendesign
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine retrospektive Analyse.
Gegenüber einer prospektiven Studie sind folgende Einschränkungen hinsichtlich der
Aussagekraft zu bedenken:
• trotz intensiver retrospektiver Datenerhebung mittels telefonischer und
schriftlicher Nachfrage bei den weiterbetreuenden Hausärzten, Hinzuziehung
von Quelldaten (z.B. Laborcomputer, Befundung-sprogramme der Endoskopie
und Sonographie) zur Vervollständigung der Krankenakten, ergibt sich ein
unvollständigeres Follow-up im Vergleich zu einer prospektiven Studie.
• Selektionsbias zum Beispiel bei der Auswahl der Patienten, welche für eine
operative Therapie in Erwägung gezogen werden.
• Verfügbarkeit von Laborbefunden und Bildgebung, welche nicht zu festen
Zeitpunkten, sondern nach klinischem Bedarf (z.B. beim Auftreten von
Komplikationen) erhoben werden.
Zusammenfassend muß darauf hingewiesen werden, dass die in der Literatur
erwähnten großen Studien ebenfalls auf retrospektiven Analysen basieren und es nur
eine geringe Anzahl vergleichbarer retrospektiver Studien gibt. Es sind zudem keine
prospektiven Studien in der Literatur beschrieben.
5.2 Einleitung Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die klinischen, laborchemischen und
bildgebenden Charakteristika des extrahepatischen Gallengangskarzinoms bei
Diagnosestellung zu untersuchen und diagnostische sowie therapeutische Faktoren für
das Überleben zu identifizieren.
65
Der Untersuchung liegen Daten zu Grunde, welche an im Universitätsklinikum Bonn
konsekutiv behandelten Patienten in den Jahren 1997 bis 2003 retrospektiv erhoben
wurden.
5.3 Epidemiologische Faktoren Im Gegensatz zu unserer Studie, in der sich mit 52 weiblichen zu 53 männlichen
Patienten kein relevanter Geschlechtsunterschied im Zusammenhang mit einem
Gallengangskarzinom zeigt, sehen frühere Studien eine Dominanz zu Gunsten des
männlichen Geschlechts.
In einer Studie von Puhalla et al. (2003) wurde mit (w:m=1:1,5) und in einer Studie von
Farely et al. (1995) mit (w:m=1:1,2) ein bevorzugtes Erkranken von Männern deutlich
(Farley et al., 1995; Puhalla et al., 2003). Das gering erhöhte Krankheit-srisiko beim
männlichen Geschlecht ist wahrscheinlich dadurch zu erklären, dass die Inzidenz der
PSC bei diesem Geschlecht höher ist (Henson et al., 1992). Im Kollektiv unsere Studie
befindet sich nur ein Patient mit PSC.
Das mittlere Alter unserer Patienten bei Diagnosestellung beträgt 69,3 Jahre und ist mit
den Ergebnissen anderer Studien vergleichbar (Anthony et al., 1994; Ebata et al., 2003;
Lowe et al., 2003; Puhalla et al., 2003; Tannapfel und Wittekind, 2004).
Nach Angaben aus der Literatur erkranken Patienten mit PSC und solche mit
Choledochuszysten dagegen fast zwei Dekaden früher (Lowe et al., 2003; Vauthey und
Blumgart, 1994).
5.4 Diagnostik 5.4.1 Symptome bei Diagnosestellung Die häufigsten in unserer Studie erfassten Symptome bei Diagnosestellung sind Ikterus
und Gewichtsverlust. Ein Ikterus findet sich bei 71% der Patienten, davon ein schmerz-
loser Ikterus bei 51,4%, welcher als klassisches Leitsymptom des extra-hepatischen
66
Gallengangskarzinoms gilt. Ein weiteres Leitsymptom ist der Gewichtsverlust bei 42,9%
der Patienten, welcher in einer früheren Studie einen signifikanten Einfluß auf das
Outcome der Patienten mit malignen Strikturen im distalen Gallengang hatte (Prat et al.,
1998). Dieser Zusammenhang kann in unserer Studie nicht bestätigt werden.
Bei Diagnosestellung werden zudem weitere Syptome registriert: Pruritus (32,4%),
Schmerzen (22,9%), Aszites (10,5%) und Fieber (8,6%). Diese Tatsache verweist
darauf, dass das Gallengangskarzinom meist erst im fortgeschrittenen Stadium, wenn
bereits der Ductus hepaticus communis bzw. choledochus durch eine Tumorinfiltration
verlegt ist und es zur Anstauung des konjugierten Bilirubins in den Gallenwegen kommt,
diagnostiziert wird. Im Gegensatz dazu steht das Papillenkarzinom, welches frühzeitiger
durch eine Cholestase mit Ikterus symptomatisch wird (Classen et al., 2004). Besonders
hervorzuheben ist mit 77,1% die Schmerzlosigkeit der Patienten, die als typischer
Anamnesebefund der Tumoren der Gallenwege gilt und auch in der
differentialdiagnostischen Abgrenzung zur Cholelithiasis Anwendung findet.
Erfolgt eine Aufgliederung der Symptome nach Patienten mit Stentversorgung bzw.
Patienten ohne Vorversorgung, so fällt auf, dass von den 44 Patienten mit liegendem
Stent als Vorversorgung nahezu 3/4 der Patienten noch an einem Ikterus leiden und fast
die Hälfte einen Pruritus aufweist. Bei diesen Patienten findet sich in 17,2% eine unzu-
reichende Galleableitung über den eingelegten Stent mit einhergehenden erhöhten
Bilirubinwerten. Zudem liegt bei 37,9% der ikterischen Patienten bereits ein Tumor im
Bismuth-Stadium IV und bei 41,4% ein Tumor im Bismuth-Stadium III vor.
Deutlich wird auch der Zusammenhang von Aszites und Ikterus, da von den 11 unter
Aszites leidenden Patienten 72,7% (n=8) auch einen Ikterus aufweisen. Eine lang be-
stehende Cholestase kann zur Portalfibrose mit nachfolgender portalvenöser Hypertonie
führen. Häufiger jedoch findet sich Aszites bei fortgeschrittenem Tumor mit Peritoneal-
karzinose (Thomas et al., 1996).
Eine Konstellation der Symptome bei Diagnosestellung wie in unserer Studie mit ein-
deutiger Dominanz des Ikterus bei extrahepatischen Tumoren, zeigt auch eine Studie
von Safioleas et al. (2003), in der 62 Patienten untersucht wurden und ein Ikterus sogar
bei 100% der Patienten, Schmerzen in 45%, ein Gewichtsverlust in 55% und Fieber in
14% der Fälle auftraten. Insgesamt sind die Prozentwerte zwar höher, jedoch ist das
Verhältnis der Symptome untereinander vergleichbar mit dem unserer Studie.
67
Unter differentialdiagnostischen Gesichtspunkten demonstriert Nakeeb et al. (2002) in
einer großen Studie, dass Patienten mit intrahepatischen Tumoren hingegen selten ei-
nen Ikterus aufweisen, dagegen aber weitaus häufiger über abdominelle Schmerzen
klagen (61% vs. 36 %). Während in unserer Studie 45% der Patienten einen
Gewichtsverlust aufweisen, beschreibt eine Studie von Madariaga et al (1998) dies bei
nur 29% seiner 62 Patienten. Die Werte für Fieber (16%) und Schmerzen (20%) sind
jedoch vergleichbar mit den Werten aus Safioleas et al. (2003) und mit denen aus
unserer Studie.
Vergleichbare Werte zeigt auch Farley et al. (1995) in seiner Studie mit 103 Patienten.
Ein Ikterus bestand bei 71%, Schmerzen bei 49%, Gewichtsverlust bei 44% und Fieber
bei 12%.
Insgesamt wird Fieber bei Diagnosestellung selten gesehen (siehe Tab. 13) (Burke et
al., 1998; Farley et al., 1995; Way et al., 1994).
Studie Ikterus Pruritus Gewichts- verlust Schmerzen Fieber
Unsere Studie 71,4% 32,4% 42,9% 22,9% 8,6%Sofioleas et al. (2003) 100% na 55% 45% 14%Madariaga et al. (1998) na na 29% 20% 16%Farley et al. (1995) 71,% na 44% 49% 12%Puhalla et al. (2003) 94,3% 25,3% 65,8% 44,3% naNakeeb et al. (2002) 90% 66% 30-50% 30-50% 20%Nagorney et al. (1993) 90-98% na 51% 45% 20%Nakeeb et al. (1996) 91% na 36% 36% 14%Laethem van et al. (2003) 97% 46% 70% 51% naChang et al. (1997) 96% 39% 33% na 10%Yi et al. (2004) 94,5% 56,6% na 33,8% na
Tabelle 13: Symptome; (na= nicht angegeben)
68
5.4.2 Lokalisation der extrahepatischen Tumoren In unserer Studie finden sich hauptsächlich Klatskin-Tumoren (n=98). In der Studie von Sofioleas et al. (2003) wird deutlich, dass sich die Mehrzahl der
Gallengangstumoren mit 51,6% im proximalen Drittel befinden, während 27,4% im mitt-
leren und 20,9% im distalen Drittel lokalisiert sind. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt
auch Reding et al. (1991) in seiner Studie, die zeigt, dass über 56% der Tumoren im
proximalen Drittel lokalisiert sind. Betrachtet man die Klatskin-Tumoren hinsichtlich ihrer
Einteilung in Bismuth-Stadien, so wird der Typ IV mit 39,6% am häufigsten, der Typ III
(31,3%) am nächsthäufigsten diagnostiziert. Ein Tumor nach Bismuth Typ I stellt mit
11,5% die Minderheit dar. Dies stimmt mit Studienergebnissen von Jarnagin et al.
(2001) und Blumgart et al. (1999) überein. Auch Hintze et al. (2001) fand unter seinen 35
Patienten bei 62,9% den Bismuth Typ IV und bei 37,1% der Patienten den Typ III. Zu
vergleichbaren Ergebnissen kommt Adler et al. (1999) in seiner großen Studie, wobei er
bei seinem Patientenkollektiv zu 60% Klatskin-Tumoren vorfand, wovon über 90% den
Bismuth-Typen III und IV zuzuordnen waren.
In einer Studie von Gerhards et al. (1999) mit 79 Patienten wurde in Relation zur präo-
perativen Bismuth-Klassifikation das Langzeitüberleben dargestellt. Zusammenfassend
zeigten seine Ergebnisse 15 Patienten mit Bismuth-Typ I, 9 Patientent mit Bismuth Typ
II und keine Patienten mit Bismuth Typ III oder IV als Langzeitüberlebende.
5.4.3 Laborchemische Veränderungen In unserer Studie ist die Hyperbilirubinämie (medianes Serum-Bilirubin: 9,07mg/dl;
Inzidenz 81,9%) der häufigste pathologische Laborparameter bei Diagnosestellung. Ins-
gesamt korreliert das Serum-Bilirubin in der univariaten Analyse als signifikant mit dem
Überleben. Findet sich ein erhöhter Bilirubin-Wert bei Diagnosestellung, so kann dies
durch komplexere Strikturen bedingt sein und einen Hinweis auf ein fortgeschrittenes
Tumorstadium geben. Jedoch korreliert das Tumorstadium in unserer Studie nicht signi-
fikant mit dem Bilirubin-Werten oder dem Outcome.
69
60% unserer Patienten haben ein CRP oberhalb des oberen Normwertes. Jedoch ist
das mediane CRP nur mäßiggradig erhöht (9,15 mg/dl ±42,80). Es wird in der uni- und
multivariaten Analyse als signifikanter Prognosefaktor für das Überleben identifiziert.
Hohe CRP-Werte korrelieren in der Literatur mit einem kürzeren Überleben bei
Patienten mit Karzinomen des Pankreas, des Ösophagus oder des Kolorektums
(Nomura et al., 2002). Bei diesen Tumorentitäten kommen systemische Entzündungen
seltener vor als bei Patienten mit Gallengangskarzinomen.
Ein Beitrag des Tumors zur CRP-Erhöhung kann daher vermutet werden. Allerdings kor-
relieren in unserer Studie erhöhte CRP-Werte mit einer Leukozytose. Letztere stellt sich
jedoch in der Cox-Regressionsanalyse im Gegensatz zum CRP nicht als prognostisch
signifikant im Bezug auf das Überleben heraus. Dies stützt wiederum die Hypothese,
dass der Tumor selbst zu erhöhten CRP-Werten und deren Einfluß auf das Outcome
beiträgt.
Die bei der Mehrzahl der Patienten deutlich erhöhten Cholestase- (y-GT: 211,5U/l; AP:
363U/l) und Leberenzyme (GPT:61,5U/l) korrelieren zwar signifikant mit einer gleichzei-
tigen Bilirubinerhöhung (p<0,001), sind aber im Gegensatz zum Bilirubin auch in der
Univariaten Analyse nicht signifikant mit dem Outcome korreliert. In einem Review der medizinischen Datenbank „Up to date“ von über 290 Arbeiten von
Kim et al. (2003) zeigt das Gesamt-Bilirubin häufig Werte über 10 mg/dl. Kommt es
durch den Tumor zu einer Obstruktion der Gallenwege, so steigt das Gesamt-Bilirubin
oft über 12 mg/dl (Jarnagin et al., 2001). Die AP steigt gewöhnlich auf das 2 bis 10fache
des oberen Normwertes. Ebenso weist die y-GT ansteigende Werte auf. Die Transami-
nasen Aspartataminotransferase (AST) und Alaninaminotransferase (ALT) sind initial
normal (Kim et al., 1994).
Der Tumormarker CA19-9 wurde bei Patienten mit Gallenwegsstrukturen sowohl hin-
sichtlich seiner diagnostischen Spezifität und Sensitivität, als auch hinsichtlich seiner
prognostischen Bedeutung untersucht. Er korreliert in Studien bei
Gallengangskarzinomen mit der Resektabilität und bei Pankreastumoren mit dem An-
sprechen auf eine palliative Chemotherapie (Zoepf et al., 2001).
In unserer Studie ist der Tumormarker CA19-9 bei insgesamt 74,4% der 90 Patienten,
bei denen zuvor ein Screening auf Tumormarker stattfand, pathologisch erhöht (Median
386,55 U/ml; Range: 0,5-48770 U/ml). Der Normbereich liegt unter 37,5 U/l. Insgesamt
70
ist der Tumormaker ein gebräuchlicher Parameter in der diagnostischen Bewertung und
ist von Nutzen in der Beurteilung der Resektabilität (Patel et al., 2000; Pitt et al., 1995).
Auch in unserer Studie haben die Patienten, die reseziert werden konnten, ein signifi-
kant niedriges CA19-9 bei Diagnosestellung. In der uni- und multivariaten Cox-Regres-
sionanalyse hat er keinen signifikanten Einfluß auf das Überleben.
Frühere Studien zeigen, dass das CA19-9 bei Patienten mit PSC eine gute Sensitivität
und Spezifität bei der Diagnosestellung eines Gallengangskarzinoms hat (Nicholas et
al., 1993; Patel et al., 2000; Ramage et al., 1995). Werte von >100U/l erweisen sich in
Abwesenheit von Cholestase und bakterieller Cholangitis zur Diagnosestellung als sehr
hilfreich (Kluge et al., 2001; Nicholas et al., 1993). In einer Studie von Gores et al.
(2003) zeigte das CA19-9 bei Patienten mit PSC sogar eine Sensitivität von 75%-80%.
In einer Studie von Nicholas et al. (1993) erbrachten CA19-9 Levels >100 U/l bei an
PSC Patienten sogar eine Sensitivität von 89% und eine Spezifität von 86% hinsichtlich
des Vorliegens eines Cholangiokarzinoms.
Da zum Beginn unserer Studie lediglich zwei Patienten mit PSC evaluiert wurden, muss
die Anwendbarkeit von Serum CA19-9 in der Diagnose von den übrigen 98% mit ande-
ren Studien an Patienten mit de novo entstandenen extrahepatischen Tumoren anhand
anderer Studien überprüft werden. Patel et al. (2000) demonstrierte dies in einer Studie:
die Sensitivität in der Gruppe der Cholangiozellkarzinome von CA19-9 Werten >100U/l
betrug 53%, während in der Gruppe der nichtmalignen Lebererkrankungen und gutarti-
gen Strikturen die richtig negative respektive Rate 76% und 92% betrug. Zudem haben
die Patienten mit nicht-reserzierbaren Karzinomen signifikant höhere Tumormarker-
Konzentrationen. Es wird weitgehend angenommen, dass eine ausgeprägte Cholestase
zu falsch hohen CA19-9-Werten führt (Kim et al., 2003). Jedoch stellt Patel et al. (2000)
in seiner Arbeit keine Korrelation zwischen Gesamt-Bilirubin und CA 19-9 fest.
Die Fähigkeit des Tumormarkers, zwischen Benignität und Malignität zu differenzieren,
wird also möglicherweise durch das Vorhandensein einer Cholangitis oder einer
Aus diesem Grund sollte bei Symptomen einer akuten Cholangitis bzw. Cholestase die
CA19-9 Konzentration nach Abklingen der Entzündung bzw. nach Ableitung erneut
evaluiert werden.
71
Das CA19-9 muss daher in der Zusammenschau mit den übrigen Untersuchungsbefun-
den, wie Bildgebung und pathologischer Diagnostik gewertet werden.
Aufgrund des Fehlens einer Kontrollgruppe mit nicht malignen Patienten kann unsere
retrospektive Analyse keine Aussage zur diagnostischen Sensitivität und Spezifität des
CA19-9 machen. In der Regressionsanalyse hat es bezüglich des prognostischen Wer-
tes für das Überleben keine signifikante Relevanz.
5.4.4 Diagnostische Verfahren Die Mehrheit unserer ikterischen Patienten wird initial mittels Sonographie untersucht.
Extrahepatische Cholangiozellkarzinome werden oft nur durch das indirekte Zeichen der
dilatierten Gallengänge entdeckt (Kubicka und Manns, 2000). Unsere Untersuchung
zeigt, dass in der Sonographie mit 80,6% eine Gallengangdilatation als Hinweis auf ei-
nen Tumor beobachtet wird, während mit der CT in 41,7% und mit der MRT/MRCP in
56,7% der Untersuchungen ein direkter Tumornachweis gelingt. Unter diesem Gesichts-
punkt zeigt die Sonographie eine hohe Sensitivität bezogen auf die Detektion von Ste-
nosen, die einen Gallengangstau verursachen und führt somit zusammen mit der
Anamnese frühzeitig, nicht-invasiv und kostengünstig zu der Verdachtsdiagnose eines
extrahepatischen Tumors. Eine Obstruktion ist nahe liegend, wenn die
Gallengangdilatation in der Abwesenheit von Steinen nachgewiesen werden kann sowie
dies in einer Studie von Sharama et al. (1999) in 89% der 429 Patienten mit einer Sen-
sitivität von 94% gezeigt werden konnte. Zudem setzt sie auch eine gewisse Erfahrung
des Untersuchers voraus, was ihre Beurteilbarkeit im Gegensatz zur ERCP, CT und
MRT/MRCP einschränkt.
Ein direkter Tumornachweis in Form einer Stenose erfolgt zu 100% mit Hilfe der ERCP,
die somit in unserer Studie den diagnostischen Goldstandard darstellt. Die
Cholangiographie (ERCP und PTC) wird präoperativ zur Diagnose oder Therapie ange-
wandt und ist vor allem bei extrahepatischen Tumoren den anderen bildgebenden Ver-
fahren überlegen (Kubicka et al., 2000; Pitt et al., 1995). Ihr Vorteil ist die Möglichkeit ei-
ner gleichzeitigen Entnahme einer Gewebsprobe und der therapeutischen Anlage von
Gallenwegdrainagen, während der Nachteil in der Invasivität dieses Verfahrens liegt.
72
Jedoch stellt sie nach wie vor den diagnostischen Standard für die exakte Ausbreitungs-
diagnostik dar (Curley et al., 1995; Gazzangia et al., 1995; Hintze et al., 1997; Vogel et
al., 1999).
Bei mehr als der Hälfte unserer mit diesem Verfahren untersuchten Patienten (56,7%)
wird unter Anwendung der MRT mit MRCP ebenfalls eine Tumordiagnose gestellt. Die
MRCP ist eine nicht-invasive Technik zur Diagnosesicherung, deren Information mit der
CT und Cholangiographie vergleichbar ist (Barish et al., 1995; Fulcher und Turner, 1997;
Schwartz et al., 1998; Soto et al., 1996; Yeh et al., 2000; Zidi et al., 2000). In einer Stu-
die von Yeh et al. (2000), in der die MRCP mit der ERCP verglichen wurde, lieferten
beide Verfahren zu 100% dieselben Ergebnisse hinsichtlich der Ausbreitung der biliären
Stenosen. Die MRCP erweist sich zudem überlegen im Bezug auf die Beurteilung der
Tumorausdehnung und der Ursache des Ikterus.
In unserer Studie kann in lediglich 41,7% der CT-Untersuchungen ein Befund als positiv
gewertet werden. Die CT-Befunde lassen sich folgendermaßen auswerten: Eine Dilata-
tion in beiden Leberlappen mit kontrahierter Gallenblase läßt einen Klatskin-Tumor ver-
muten, eine dilatierte Gallenblase weist auf einen Tumor im Ductus hepaticus communis
hin und eine Gangdilatation mit einem atrophischen und einem hypertrophischen Le-
berlappen legt den Verdacht einer Invasion der Portalvenen nahe (Hann et al., 1996).
Die in der Literatur angegebene Sensitivität der CT in der Detektion von hilären
Cholangiozellkarzinomen reicht von 40%-83% (Tillich et al., 1998). In Studien von Tillich
et al. (1998) und Valls et al. (2000) konnten präoperative CT-Multiphasen-Scans
(arterielle und portale venöse Phase) durch spätere histologische Auswertungen in den
meisten Fällen bestätigt werden. Dabei wurden 34% der Tumoren im nicht kontrastierten
Bild, 100% während der hepatisch- arteriell dominanten Phase und 86% in der portal-
venösen Phase entdeckt. Es wurde jedoch auch deutlich, dass die CT wenig aussage-
kräftig in Beantwortung der Fragestellung der Resektabilität ist, denn in lediglich 60%
der Fälle wurde die Resektabilität richtig beurteilt (Kim et al., 2003; Tillich et al., 1998;
Valls et al., 2000).
73
5.4.5 Histologischer und Zytologischer Tumornachweis Die Diagnosesicherung eines Gallengangkarzinoms mit Hilfe histologischer und zytolo-
gischer Untersuchungsverfahren von Gewebeproben, welche mittels ERCP gewonnen
werden, ist gering. In unserer Studie zeigt sich in der morphologischen Diagnosesiche-
rung des Gallengangkarzinoms mit Hilfe der Histologie und Zytologie die histologische
Gewebeuntersuchung deutlich überlegen. Mit Hilfe der Histologie können in unserer
Studie immerhin 57,8% der Tumoren gesichert werden, während es in der Zytologie le-
diglich 21,6% sind. Zudem hatten von den histologisch gesicherten Tumoren „nur“
38,9% auch einen positiven zytologischen Befund. Dies zeigt die Überlegenheit der
histologischen Gewebeuntersuchung in der Diagnosesicherung des
Gallengangskarzinoms, denn ein zytologisch gesicherter Tumor wird auch in 77,8%
durch eine histologische Untersuchung bestätigt.
Insgesamt gibt es drei verschiedene Verfahren der Probengewinnung im Bereich der
extrahepatischen Gallengänge. Dazu gehören die Bürstenzytologie, die Zangenbiopsie
und die durch endoskopischen Ultraschall geführte Nadelbiopsie („Endoscopic ultra-
sound guided needle biopsy“). Letztere kommt im Universitätsklinikum Bonn nicht zur
Anwendung. Die endoskopische transpapilläre Biopsie zeigten in verschiedenen Studien
eine Sensitivität von 53%-86% (Mansanori et al., 1996; Ramage et al., 1995; Rustgi et
al., 1994). Die Sensitivität der Bürstenzytologie betrug in einer Studie von Glasbrenner
et al. (1999) 56% und die Spezifität 91% (Foutch, 1994; Kurzawinski et al., 1993). In
Domagks et al. (2002) Studie betrug die Sensitivität 52% und die Spezifität sogar 100%.
Eine weitere Vielzahl von Studien über intraductale Gallengangzytologie (siehe Tab. 23)
zeigten eine Sensitivität von 30% bis 69% (Cohan et al., 1985; Davidson et al., 1992;
Dessa et al., 1991; Ferrari et al., 1994; Foutch et al., 1990; Harell et al.,1981; Kurza-
winski et al., 1993; Lee et al., 1995; Ponchon et al., 1995; Pugliese et al., 1995; Ryan et
al., 1994; Sugiyama et al., 1996; Venu et al., 1990). In wiederum anderen Studien
schwankte die Sensitivität der mit Hilfe der ERCP gewonnenen Bürstenzytologie zwi-
schen 30% und 57% mit einer Spezifität von bis zu 100% (Foutch et al., 1990 und 1994;
Glasbrenner et al., 1999; Kurzawinski et al., 1993; Lee et al., 1995; Mansfield et al.,
1997; Scudera et al., 1990; Stewart et al., 2001; Vandervoort et al., 1999; Venu et al.,
74
1990). In der Mehrzahl der Studien überstieg die Sensitivität die 60%-Marke nicht, was
mit unseren Daten im Einklang steht (siehe Tab. 14).
In einer Studie von Tamada et al. (2001), in der die Biopsien mit Hilfe der Endoscopical
ultrasound guided needle biopsy gewonnen wurden, betrug die Sensitivität von zwei Bi-
opsien 100%, wenn die Cholangiographie oder die intraductale Sonographie eine po-
lyploide Läsion zeigen bzw. 74%, wenn die Cholangiographie eine Stenose zeigte.
Jailwala et al. (2000) führte mit der „triple-tissue sampling“-Methode, einer Kombination
aus Zangenbiopsie, Bürstenzytologie und endoluminaler Nadelaspiration, welche in
einer Sitzung gewonnen werden, eine große Studie durch. Dabei zeigte sich eine
Sensitivität von 52% bei den verdächtigen Läsionen, die als benigne galten bzw. eine
Sensitivität von 77% bei denen, die maligne eingestuft wurden. Kombiniert man die
Kriterien positive Histologie und positive Zytologie, so ist in unserem Patientenkollektiv
bei 69,5% der Patienten ein Tumornachweis möglich.
Eine Kombination von Bürstenzytologie mit dem Tumormarker CA19-9 verspricht eine
bessere Genauigkeit, wie eine Studie von Siqueira et al. (2002) zeigte. Diese Kombina-
tion weist eine Sensitivität und Spezifität von 88% und 97% auf.
Studie Jahr Methode Sensitivität Spezifität
Rustgi et al. (1994) 1994 Bürstenzytologie 53-86% na
De Bellis et al. (2003) 2003 Bürstenzytologie 30-57% 100%
Mansanori et al. (1996) 1996 Bürstenzytologie 56-80% na
Glasbrenner et al. (1999) 1999 Bürstenzytologie 56% 91%
Domagk et al. (2002) 2002 Bürstenzytologie 52% 100%
Sugiyama et al. (1996) 1996 Bürstenzytologie 30-69% na
Pugliese et al. (19995) 1995 Nadelbiopsie und Bürstenzytologie 65% na
Jailwa et al. (2000) 2000 Triple-tissue sampling 62-77% na
Tabelle 14: Studien zur Histologie und Zytologi; (na= nicht angegeben)
75
5.5 Therapeutische Verfahren 5.5.1 Kurativ intendierte Therapie Allein die kurativ intendierte Resektion ohne/oder in Kombination mit der orthotopen Le-
bertransplantation ist die einzige Therapieform, die Chancen auf Heilung verspricht
(Bismuth et al., 1992; Nakeeb et al., 1996; Neuhaus et al., 1994). Unsere Studie bestä-
tigt diese Aussage von Neuhaus et al. (2003), da die resezierten Patienten mit 20,33
Monaten vs. 9,03 Monaten (p=0,008) signifikant länger überleben und sich die Resek-
tion in der uni- und multivariaten Analyse als signifikant assoziiert mit einem besseren
Outcome herausstellt.
Die Patienten, die in unserer Studie reseziert werden konnten, sind signifikant jünger. Es
ist jedoch zu beachten, dass sich das Alter an sich nicht als prognostischer Faktor etab-
liert. Ferner sind die CRP-Werte von resezierten Patienten, welche hinsichtlich einer
prognostischen Relevanz in der uni- und multivariaten Analyse identifiziert werden
konnten, nicht signifikant verschieden von den Patienten mit nicht-resektablen Tumoren.
Einen deutlich signifikanten Überlebensvorteil durch die Resektion konnte auch schon
Puhalla et al. (2003) in seiner 2003 veröffentlichten Studie zeigen. Von seinen 88
Patienten konnten 37 operiert werden und diese wiesen ein medianes Überleben von
18,3 Monaten im Gegensatz zu 3,4 Monaten in der Gruppe der Nicht-Resezierten auf
(p=0,001). Bei den konservativ behandelten Patienten dieser Studie zeigte sich, dass
deren Prognose deutlich schlechter war als die der Patienten unserer Analyse, mit ei-
nem medianen Überleben von 9,03 Monaten.
Doch in weniger als 10% aller Fälle sind extrahepatische Gallengangstumore überhaupt
durch eine Operation heilbar und zudem ist die operative Mortalität mit annähernd 20%
entsprechend hoch (Alexander et al., 19984; Bismuth et al., 1992; Blumgart, 1999; Guth-
rie et al., 1993; Vauthey und Blumgart, 1994). Ihre Resektabilität hängt zudem von der
Tumormasse und der zentrifugalen Ausbreitung in die Hepatikusäste ab (Beckurts et al.,
1997; Bismuth et al., 1992; Jonas et al., 1998; Neuhaus und Blumgart, 1994). Die
Patienten kommen zudem oft erst im späteren Tumorstadium zur Diagnose, so dass nur
die wenigsten, meist nicht mehr als ein Drittel überhaupt, einer chirurgische Resektion
zugeführt werden können (Bismuth et al., 1992; Jonas et al., 1998; Nakeeb et al., 2002).
76
In unserer Studie werden nach nicht invasiver Diagnostik 30,5 % der Patienten als po-
tentiell operabel angesehen und deshalb einer explorativen Laparotomie unterzogen.
Nach intraoperativer Exploration waren lediglich 26,7% der Tumoren operabel, wie auch
die Arbeit von Adler et al. (1999), bei der lediglich 12,3% aller Klatskin-Tumoren zum
Diagnosezeitpunkt resektabel waren, untermalt. In zwei weiteren großen Studien (n=225
bzw. n=140) waren nur 26%-35% der Patienten bei Diagnosestellung resektabel (Jarna-
gin et al., 2001; Nakeeb et al., 2002).
Im Bereich des distalen Gallengangs ist eine totale Resektion von Karzinomen die er-
folgreichere Therapie als im Bereich der proximalen Gallengänge, so dass die Lokalisa-
tion des Tumors einen bedeutenden Einfluss auf die Resektabilität hat (Stain et al.,
1992). Reding et al. (1991) zeigte in seiner großen retrospektiven Studie, die 552
Patienten umfasste, dass am häufigsten die Tumore des unteren Drittels mit 51% und
des mittleren Drittels mit 47% operiert werden konnten, während die Klatskin-Tumore
nur zu 32% einer Operation zugänglich waren.
Die häufigste Ursache, die in unserer Studie eine Resektion ausschließt, ist mit 53,2%
die Tumorinfiltration in Leber und Pfortader. Ein zu hohes Operationsrisiko stellt zudem
bei 26% der Patienten deren multimorbider Zustand bzw. bei 5,2% deren fortgeschritte-
nes Alter dar. Zudem ergibt sich bei 15,6% der Patienten ein Metastasen-Befund als
operative Kontraindikation. Eine portale oder arterielle Invasion, war auch in einer Studie
von Reding et al. (1991) das häufigste Hindernis einer möglichen Resektion (Ebata et
al., 2003). Ein vergleichbares Ergebnis konnte auch Hirai et al. (2003) in seiner Studie
zeigen, in der die Tumorinfiltration 44,4% betrug. Seine 98 Patienten wurden in 3 Grup-
pen aufgeteilt und sowohl in der Gruppe der nicht-resezierbaren mit 38,2% als auch in
der Gruppe der mit explorativer Therapie behandelten erwieß sich mit 66,6% die Tu-
morinvasion als häufigste Kontraindikation für die Resektion.
Ist die Möglichkeit einer Operation gegeben, so werden in unserem Zentrum die erwei-
terte Hemihepatektomie bei 28,6%, die Kausch-Whipple-Operation bei 21,4%, die He-
patikusgabelresektion bei 17,9% und die Choledochusrevision bei 21,4% durchgeführt.
Während die Resektionen der hilären und peripheren Cholangiozellkarzinomen in einer
Studie von Madariaga et al. (1998) mit 62 operierten Patienten folgendermaßen aufge-
teilt waren: Von den 28 Patienten mit hilären Gallengangstumoren erhielten 9 Patienten
eine rechte Trisegmentectomie, ein Patient eine linke Trisegmentectomie, 2 Patienten
77
eine rechte Lobectomien, ein Patient eine rechte ausgedehnte Lobectomie, 7 Patienten
eine linke Lobectomien und 7 Patienten eine ausgedehnte linke Lobektomien sowie ein
Patient eine zentrale Lobektomie.
Neuhaus et al. (2003) verwieß in seiner Studie darauf, dass bei Klatskin-Tumoren mit
einer rechten Trisegmentectomie mit begleitender Resektion der portalen Venenbifurka-
tion mit 72% die bei weitem beste 5-Jahres-Überlebensrate erreicht werden konnte.
Demgegenüber ist die extrahepatische Gallengangsresektion, die nur einen Teil des
hilären Leberparenchyms umfasst, eine onkologisch ineffektive Resektion.
In unserer Studie beträgt die 1-Jahres-Überlebensrate der operierten Patienten 53,6%,
während die 5-Jahres-Überlebensrate lediglich 7,1% beträgt.
In Literaturangaben betrugen die 5-Jahres–Überlebensraten der Patienten mit Klatskin-
Tumoren 10%-45%, während die Patienten mit distalen extrahepatischen Tumoren mit
lediglich 15%-25% eine deutlich schlechtere Prognose hatten (Bismuth, 1982; Klemp-
nauer et al., 1997). In einer Studie von Nakeeb et al. (2002) betrug die 5-Jahres-Überle-
bensrate für reserzierte intrahepatische, perihiläre und distale Tumoren 44%, 11% und
28%, und die medianen Überlebensraten waren 26, 19, und 22 Monate. Somit sind die
Überlebensdaten für distale Tumoren besser als für perihiläre Tumoren. Dieses Resultat
ist vergleichbar mit den Ergebnissen anderer Autoren (Nagorney et al., 1993; Reding et
al., 1991; Tompkins et al., 1981).
Die Bedeutung der Resektion konnte auch Gerhards et al. (1999) mit einem mittleren
Überleben unter den Reserzierten von 33,7 Monate mit einem medianen Überleben von
18,8 Monaten in seiner Studie zeigen.
In drei weiteren Studien (siehe Tab. 15) konnte zudem der bedeutsame Unterschied
zwischen dem Resektionsgrad herausgestellt werden, wobei deutlich wird, dass das
mediane Überleben bei den Patienten, die R0 reserziert werden können, deutlich ge-
genüber den R1-Reserzierten verlängert ist.
78
Studie Jahr R0-Resektion
R1-Resektion
R0: medianes Überleben in Monaten
R1: medianes Überleben in Monaten
Operative Mortalität
Hadjis et al. 1990 12 15 43 25 7%
Pichlmayr et al. 1996 91 27 26 13 10%
Burke et al. 1998 25 5 >60 22 7%
Tabelle 15: Aus Advances in Surgery, vol.33 (Blumgart, 1999)
Im Fall eines nicht lokal resezierbaren Tumors kann die Lebertransplantation angewandt
werden, wobei deren therapeutischer Erfolg kontrovers diskutiert wird. Pilchmayr et al.
(1996) kam in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass die Resektion die gleiche oder sogar
eine überlegene 5-Jahres-Überlebensrate zeigt (27,1% vs. 17,1%). So schloß er, dass
die Resektion die Therapie der Wahl sei und dass die Lebertransplantation nur für ein
gewisses Patientenkollektiv vorteilhaft sei. Dazu gehören Patienten mit nicht-resek-
tablen, perihilär lokalisierten Cholangiozellkarzinomen und Patienten mit PSC und Kar-
zinomen < 3 cm (Gores, 2003; Vreede et al., 2000). Zudem wird bei diesen Patienten
von einer erfolgreichen neoadjuvanten Chemotherapie in Kombination mit einer Leber-
transplantation berichtet (Shimoda et al., 2001; Sudan et al., 2002; De Vreede et al.,
2000). Abgesehen von diesem Patientenkollektiv konnte auch Klempnauer et al. (1997)
in seiner Studie die Resektion als die Therapie der Wahl hervorheben, da lediglich
12,5% seiner transplantierten Patienten eine 5-Jahres-Überlebensrate aufwiesen, wäh-
rend 18,5% der Resezierten 5 Jahre und länger überlebten.
5.5.2 Palliative Therapie Das Ziel endoskopischer Therapieverfahren zur Verhinderung oder Beseitigung einer
Cholestase bzw. einer Cholangitis, welche zu einem progredienten Leberversagen füh-
ren würde, ist die gezielte Galleableitung zum Erhalt von ausreichend funktionstüchti-
gem Parenchym und damit insgesamt die Verbesserung der Lebensqualität (Ballinger et
79
al., 1994; Ducreux et al., 1992; Liu et al., 1998; Luman und Cull, 1997). In unserer Stu-
die erhält die Mehrzahl der Patienten (66%) bei Diagnosestellung primär einen
Plastikstent und lediglich 5% der Patienten erhalten unmittelbar einen Metallstent. Bei
27,9% müssen die Gallengänge vorerst nicht drainiert werden. Der mittlere Plastikstent-
wechsel pro Patient geschieht im weiteren Krankheitsverlauf 2,35mal mit einer mittleren
Anzahl von 2,49 Plastikstents pro Patient. Der Austausch der Plastik-Drainagen erfolgt
in 43,5% routinemäßig und in 56,5% wegen Stentokklusion durch bakterielle Überwu-
cherung oder Tumoreinwuchs. Im weiteren Verlauf werden 36 Plastikstents durch einen
Metallstent ersetzt.
Valiozis et al. (2000) verwieß in seiner Studie mit 33 Patienten auf den Vorteil von Me-
tallstents aufgrund ihrer geringeren Reinterventionsrate (Wagner et al., 1993). In Studien
zu Beginn der 90er Jahre hatten Metallstents eine höhere Offenheitsrate. Dagegen zei-
gen neuere Studien keinen Unterschied bezüglich des symptomfreien Überlebens im
Vergleich zu Plastikdrainagen, die routinemäßig alle 12-16 Wochen gewechselt werden
müssen (Davidson et al., 1992; Knyrim et al., 1993; Prat et al., 1998).
Lossef et al. (1992) und Tham et al. (1998) plädieren jedoch für die Bevorzugung des
Metallstents wegen einer seltener vorkommenden bakteriellen Übersiedlung und Dislo-
kation des Stents. Außerdem weist ein Metallstent ein initial zu erzielendes höheres
Drainagelumen auf (Gerhardt et al., 2002). Insbesondere bei Patienten mit kurzstrecki-
gen Tumoren zeigen sich die Metallstents als überlegen, besonders aufgrund ihrer hö-
heren Offenheitsrate. Im Gegensatz zu den Plastikstents, bei denen es relativ häufig zu
einer bakteriellen Übersiedlung kommt, okkludieren die Metallstents hauptsächlich auf-
grund einer Tumorinfiltration, was in 22%-33% der Fall ist. Der Nachteil besteht aber
darin, dass ein einmal eingebrachter Metallstent nicht mehr extrahiert werden kann, da
das von den Epithelien ausgehende Tumorgewebe zwischen die Metalldrähte einwächst
(Deviere et al., 1992; Gerhardt et al., 2002; Hochberger et al., 1995; Khan et al., 2002;
Wagner et al., 1993). Zudem war in einer Studie von Khan et al. (2002) bei Patienten mit
distalen Gallengangskarzinomen ein Metallstent bezogen auf die Kostenanalyse erst
vorteilhaft bei Patienten, die länger als 6 Monate lebten. Rumalla et al. (1999) verglich
ebenfalls Plastik- mit Metallstents und kamm zu dem Ergebnis, dass Plastikstents initial
eine effektive Art der Drainage darstellen, aber eine mediane Okklusionsrate von 4 Mo-
naten aufweisen (O`Brian et al., 1995; Sung et al., 1998). In der Regel kann davon aus-
80
gegangen werden, dass Plastikprothesen nach 3 Monaten (Deviere et al., 1992; Duc-
reux et al., 1992) und Metallstents nach ca. 6 Monaten (Hochberger et al., 1995;
Hoepffner et al., 1998; Wagner et al., 1993) okklusive Probleme bereiten, welche sich
klinisch als Cholestase mit/ohne Cholangitis manifestieren. Cheng et al. (2002) zeigte in
seiner Studie jedoch, dass 69% seiner Patienten, die initial einen Metallstent erhielten,
keinen weiteren biliären Reintervention bedurften. Vergleichbaren Erfolg zeigt auch De
Palma et al. (2003). Den Zusammenhang von Drainage und damit einhergehendem
verbessertem Überleben konnte Hirai et al. (2003) an seinen 98 Patienten demonstrie-
ren, da in der Gruppe der konservativ mit einem Metallstent behandelten Patienten eine
1-Jahres-Überlebensrate von 55,6% versus 7,1% bei den nicht drainierten Patienten
erreicht werden konnte.
Einige Autoren berichten von besseren Therapieresultaten bei bilateraler anstelle unila-
teraler Drainagetherapie (Chang et al., 1998; Deviere et al., 1992; Ducreux et al., 1992;
Dumoulin et al., 2003; Liu et al., 1998; Metha et al., 1999). Doch die Notwendigkeit der
Drainage beider Leberlappen bei Patienten mit Klatskin-Tumoren (Bismuth-TypII-IV)
wird kontrovers gesehen (Chang et al., 1998; Deviere et al., 1992; Polydorou et al.,
1998). Aus der Sicht der Arbeitsgruppe Adler et al. (1999) beruhen die Erfolge der bila-
teralen Drainage-Therapie wahrscheinlich auf der dekompressiven Therapie von primär
durch ERC induzierten iatrogenen Cholangitiden. In der Literatur wird das Cholangitisri-
siko bei der Durchführung einer ERCP mit bis zu 20% angegeben (Van Leeuven et al.,
1990; Liu et al., 1998). Dabei kann es zu einer Keimverschleppung in prästenotisch dila-
tierte und nachfolgend nicht drainierte Segmente kommen, in denen sich dann sekundär
eine bakterielle Cholangitis entwickelt (Curley et al., 1995; Gazzangia et al., 1995). Im
Patientengut von Adler et al. (1999), welches ein unilaterales Stenting erhielt, zeigte sich
eine durchschnittlich höhere Überlebensdauer, ein rascher Abfall der zuvor erhöhten
Cholestase-parameter und ein geringeres Auftreten von Post-ERCP-Cholangitiden im
Vergleich zu Patientenkollektiven mit Doppelstenting (Deviere et al., 1992; Liu et al.,
1998).
Effektiv wurde auch die frühe Infektionsrate gesenkt, wenn eine unilaterale Drainage
gewählt, auf ein komplettes Cholangiogramm verzichtet und nur bei ungenügendem
Rückgang der Cholestase-Parameter ein zweiter Stent platziert wird (Polydorou et al.,
1998). De Palma et al. (2001) zeigte ebenfalls eine Reduktion früher Cholangitiden nach
81
unilateraler Drainage, während sich das mediane Überleben der Patienten mit unilate-
raler oder bilateraler Drainage nicht unterschied (De Palma et al., 2001). So konnte De
Palma et al. (2003) in einer neueren Studie zeigen, dass durch die unilaterale Stentpla-
zierung in 86% ein kompletter Rückgang des Ikterus erfolgt. Dabei sinkt das Serum Bili-
rubin von 18,9 mg/dl auf unter 2mg/dl ab.
Aus Literaturdaten geht hervor, dass der klinische Erfolg der endoskopischen Therapien,
d.h. die Beseitigung von Cholestase, Cholangitis, Ikterus und Übelkeit sich bei über 95%
der Patienten einstellt, während die therapiebedingte Letalität unter 1% liegt und
schwere Komplikationen bei weniger als 5% der Patienten auftreten (Banerjee und
Teplick, 1995). Die Gesamtkomplikationsrate liegt für die endoskopische Drainagenein-
bringung weit unter 10% (Deviere et al., 1992; Ducreux et al., 1992; Hoepffner et al.,
1998; Wagner et al., 1993). Die Tabelle 16 von Indar et al. (2003) gibt ein Beispiel über
den Rückgang verschiedener Laborparameter durch die Einlage eines Metallstents.