Traumhaftes Oboe-Spiel Solo-Oboist Albrecht Mayer und Vital Julian Frey (Cembalo) begeisterten in St. Severi bei technisch absolut souverän und im Zusammenspiel bis ins Letzte aufeinander abgestimmt. Frey ist ein in den Spezialitä- ten der Aufführungspraxis Alter Musik glänzend geschulter Cem- balist, für den auch das Improvi- sieren eine Freude sein muss. Am Freitagabend in St. Severi spielte er ein von Johannes Macrander gebautes und für dieses Konzert zur Verfügung gestelltes Cemba- lo. Mit seinen in manchen Passa- gen sehr feinem Klang dürfte es für weiter hinten im Kirchen- schiff sitzende Konzertbesucher nicht immer leicht zu hören ge- wesen sein. Dass Albrecht Mayer seine traumhaften Oboen-Klänge nicht „einfach so“ an die Ohren seiner Zuhörer schickt, sondern dane- ben auch noch auf ganz eigene, sehr unkonventionelle Art durchs Programm führt, wissen alle, die ihn schon mal im Konzert erlebt haben. Das war auch am Freitag- abend in Otterndorf nicht anders – und das Publikum wusste es zu schätzen. Begeisterter Beifall am Ende für fantastisches Musizieren und zwei Zugaben. den Interpreten beziehen. Denn ganz einfach traumhaft ist Al- brecht Mayers Spiel auf der Oboe. Es ist von einer geradezu unglaub- lichen Leichtigkeit und dazu von einer atemberaubenden Virtuosi- tät. Die Oboe Albrecht Mayers scheint einer menschlichen Stim- me gleich zu sein – sie verströmt in den langsamen Sätzen der Vi- valdi-Concerti einen zutiefst schönen, wohltuend weichen Klang, ist lockend und lachend in den schnellen Passagen, sprudelt dahin wie ein fröhlich plätschern- der Bach. Alles scheint mühelos, was es natürlich nicht ist. Gespielt auf einem einzigen langen Atem. Albrecht Mayer beim Oboe-Spiel zuzusehen, ist ein Vergnügen. Eine Seltenheit übrigens. Denn zumeist hat der Hörer eher den Eindruck einer ganz erheblichen Kraftanstrengung. Diese vermeintliche Leichtig- keit des Spiels mag es auch sein, die Mayer mit seinem Duo-Part- ner, dem Cembalisten Vital Julian Frey, zusammengeführt hat. Beide haben diese Lockerheit, das voll- kommen Unprätenziöse, sind da- sprochener Glücksfall. Einen ganz wesentlichen Anteil daran dürfte zweifelsohne Marianne Nitsche haben, die Albrecht May- er seinerzeit für die „Stimmen Eu- ropas“ schon einmal nach Ottern- dorf geholt hatte. Im Konzert am Freitag sollte die Gloger-Orgel, für deren Unterstützung der Or- gelförderverein-Vorsitzende Jan Hardekopf in seiner Begrüßung warb, nicht nur mittelbar sondern auch unmittelbar eine Rolle spie- len. Und zwar mit kurzen Stücken (darunter der Bachschen d-moll- Toccata), die Vital Julian Frey an dem bedeutenden Instrument spielte wie auch am Ende des Konzerts mit einer Oboe-und-Or- gel-Zugabe. Den Titel des Konzertabends – „Venezianische Träume“ – mag man vielfältig auslegen. Man mag ihn ganz konkret auf Antonio Vi- valdis Musik beziehen oder mag ihn auf Johann Sebastian Bachs so mitreißende Bearbeitungen Vi- valdischer Violinkonzerte für das Cembalo beispielsweise oder die Orgel beziehen. Beinahe noch mehr als das lässt sich der Titel je- doch auf das Musizieren der bei- Von Ilse Cordes OTTERNDORF. Er gilt derzeit als einer der besten Oboisten überhaupt. Und er vor allem war es, der am Freitag- abend das musikinteressierte Publi- kum in Scharen in Otterndorfs St.-Se- veri-Kirche zog – Albrecht Mayer, Solo-Oboist der Berliner Philharmoni- ker und umjubelter Solist in den Konzertsälen der Welt. Nach Otterndorf kam Mayer mit seinem Duo-Partner, dem Schweizer Cembalisten und Or- ganisten Vital Julian Frey, und ei- nem Programm, das schwer- punktmäßig auf Vivaldi und Jo- hann Sebastian Bach ausgerichtet natürlich keinerlei Mühe hatte, den direkten Weg zu seinem Pu- blikum zu finden. Schon gar nicht, wenn die Musik so erklingt wie von diesen beiden Interpre- ten. Dass für die Konzertreihe zu- gunsten der Restaurierung der Gloger-Orgel in St. Severi gerade im Jahr ihres 275. Bestehens zwei so exzellente Musiker gewonnen werden konnten, ist ein ausge- „Veneziani- sche Träume“ mit Albrecht Mayer (rechts) und Vital Julian Frey von Oboe und Cembalo am Freitag in Ot- terndorfs St.-Se- veri-Kirche. Foto: Cordes