TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Institut für Anästhesiologie Deutsches Herzzentrum München Klinik für Anästhesiologie der Technischen Universität München Tranexamsäure versus ε -Aminocapronsäure bei kinderherzchirurgischen Eingriffen Anne Sterner Vollständiger Abdruck der von der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Medizin genehmigten Dissertation. Vorsitzender: Univ.- Prof. Dr. E.-J. Rummeny Prüfer der Dissertation: 1. Univ. – Prof. Dr. P. Tassani - Prell 2. apl. Prof. Dr. M. Blobner Die Dissertation wurde am 23.01.2012 bei der Technischen Universität München eingereicht und durch die Fakultät für Medizin am 18.04.2012 angenommen.
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TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Institut für Anästhesiologie
Deutsches Herzzentrum München
Klinik für Anästhesiologie der Technischen Universität München
Tranexamsäure versus ε -Aminocapronsäure
bei kinderherzchirurgischen Eingriffen
Anne Sterner
Vollständiger Abdruck der von der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines
Doktors der Medizin
genehmigten Dissertation.
Vorsitzender: Univ.- Prof. Dr. E.-J. Rummeny
Prüfer der Dissertation: 1. Univ. – Prof. Dr. P. Tassani - Prell
2. apl. Prof. Dr. M. Blobner
Die Dissertation wurde am 23.01.2012 bei der Technischen Universität München
eingereicht und durch die Fakultät für Medizin am 18.04.2012 angenommen.
Zur Veranschaulichung: Am Deutschen Herzzentrum München liegen die Priming-
Volumina bei ca. 1500 ml für erwachsene Patienten und bei ca. 300 ml für Kinder.
Aus einem durchschnittlichen Körpergewicht von 80 kg bzw. 3 kg, ergeben sich
somit Priming-Volumina von ca. 20 ml / kg KG bei Erwachsenen und 100 ml / kg
KG bei Kindern.
Hypothermie
Ein weiterer relevanter Faktor bezüglich der Gerinnungsaktivität ist die Temperatur
des Patienten. Da der Sauerstoffbedarf der Gewebe und Organe mit sinkender
Temperatur abnimmt, bedient man sich der sogenannten Hypothermie, um
Schäden der Hypoperfusion und der damit einhergehenden Ischämie zu
minimieren. Mit dieser Art der Organprotektion möchte man vor allem das
zerebrale Gewebe schonen. Man unterscheidet hierbei eine milde (36-32°C), eine
moderate (32-28°C) und eine tiefe (20-16°C) Hypothermie. Aus der Abnahme der
Temperatur resultiert ein Anstieg des pH-Werts, eine Linksverschiebung der O2-
Dissoziationskurve und eine Erhöhung der Blutviskosität. Als unerwünschte
Nebenwirkung der Hypothermie tritt eine Abnahme der Thrombozytenfunktion
(Berest 1998) und der Gerinnungsaktivität auf.
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Größe, Dauer und Komplexität herzchirurgischer Eingriffe bedingen das Auftreten
massiver Blutverluste. Durch oben beschriebene Irritation der Hämostase und
damit verbundene Gerinnungsstörungen werden Blutverluste zusätzlich
begünstigt. Hohe Blutverluste führen ihrerseits zu vermehrtem Bedarf an
Fremdtransfusionen und dieser wiederrum zu einer Verschlechterung des
klinischen Erfolgs. Deshalb wird versucht die Gerinnung durch medikamentöse
Therapie zu optimieren. Ein Ansatz hierbei ist die Hemmung der überschießenden
Fibrinolyse in Form der antifibrinolytischen Therapie. Sie soll den intra- und
postoperativen Blutverlust reduzieren und hierdurch nicht nur den Gebrauch von
Fremdtransfusionen, sondern auch die Dauer des Aufenthalts auf der
Intensivstation und die Mortalität vermindern (Unsworth-White 1995; Kneyber
2007). Gerade in der Kinderherzchirurgie ist eine Verminderung des Blutverlustes
besonders wichtig, da Kinder durch die bereits erwähnten veränderten
physiologischen Eigenschaften des Blutes relativ gesehen höhere Blutverluste
erleiden als Erwachsene (Petaja 1995).
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1.2 Antifibrinolytika
Die Fibrinolyse dient der Auflösung von Fibrin, dem Endprodukt der Blutgerinnung.
Sie setzt gleichzeitig mit der Thrombozyten- und Gerinnungsaktivierung ein und
verhindert so eine überschießende Blutgerinnung. Das Schüsselenzym der
Fibrinolyse ist die Protease Plasmin, die durch limitierte Proteolyse aus ihrer
inaktiven Vorstufe Plasminogen gespalten wird. Hierfür verantwortlich sind
Plasminogenaktivatoren wie zum Beispiel der sogenannte tissue-type
plasminogen aktivator (tPA). Das aktivierte Plasmin spaltet Fibrin und verursacht
somit die Auflösung des Fibringerinnsels. Um Blutverluste zu mindern liegt es also
nahe die Fibrinolyse zu hemmen und somit eine vorzeitige Auflösung der
Fibringerinnsel zu verhindern.
Abbildung 2: Gerinnungskaskade nach Oberflächenaktivierung durch CPB (cardiopulmonary bypass); weiße Pfeile stehen für Aktivierung, schwarze Pfeile für Inhibierung. Tranexamsäure (TA) und ε-Aminocapronsäure (EACA) hemmen die Aktivierung von Plasminogen zu Plasmin (Eaton 2008).
durch glomeruläre Thrombenbildung und Nierentubulusnekrose (Charytan 1969;
Clarkson 1969) und Nierenschädigung durch erhöhte β2-Mikroglobulin
Konzentrationen (Garwood 1997). Die Patienten dieser Fallberichte litten jedoch
alle an schweren Grunderkrankungen mit komplizierten Verläufen. Und obwohl ε-
Aminocapronsäure die Durchblutung des äußeren Nierenmarks beeinträchtigt
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(Heyman 2004), konnte eine klinisch-retrospektive Studie mit 1502 Patienten
keinen Zusammenhang zwischen der Verwendung von ε-Aminocapronsäure und
dem Auftreten von postoperativer Niereninsuffizienz nachweisen (Stafford-Smith
2000).
Die bisher erwähnten Studien bezogen sich auf Patienten im Erwachsenenalter. In
der Kinderherzchirurgie wurde bis jetzt keine Studie zu Nierenfunktionsstörungen
nach Einsatz von Tranexamsäure oder ε-Aminocapronsäure veröffentlicht.
Auf Basis der von uns erhobenen Daten errechneten wir für die postoperative
Niereninsuffizienz Inzidenzen von 9,6% für die T-Gruppe und 13,3% für die E-
Gruppe. Damit lagen wir im unteren Bereich der Inzidenzen anderer Studien. Da in
der oben erwähnten Studie von Guzzetta (Guzzetta 2009) gezeigt worden war,
dass durchschnittliche Inzidenzraten für postoperative Nierenschädigung bei 10
bis 20% lagen und diese nicht durch die Verwendung von Aprotinin verursacht
waren, gehen wir davon aus, dass die Lysinanaloga in unserer Studie das Risiko
einer postoperativen Niereninsuffizienz ebenfalls nicht erhöhten. Postoperatives
akutes Nierenversagen trat bei 1,8% der Patienten der T-Gruppe und bei 4,2% der
Patienten in der E-Gruppe auf. Auch hier konnten wir keinen signifikanten
Unterschied feststellen. Auf Grund der fehlenden Placebo-Gruppe können wir
einen nierenschädigenden Effekt der beiden Medikamente nicht gänzlich
ausschließen. Zur Klärung dieses Sachverhalts wäre der Vergleich zu einer
Placebo-Gruppe im selben Kollektiv, also im besten Fall eine prospektive,
randomisierte Studie mit Placebo-Gruppe erforderlich.
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4.4 „Low-output“- Syndrom
In unserer Untersuchung konnten wir bezüglich des Auftretens kardialer
Komplikationen nach Verwendung von Tranexamsäure bzw. ε-Aminocapronsäure
keine signifikanten Unterschiede nachweisen.
Somit könnten wir uns oberflächlich betrachtet den Ergebnissen der von Mangano
2006 veröffentlichen Studie zur Sicherheit von Aprotinin anschließen. Hier wurde
zwar für Aprotinin, nicht jedoch für Tranexamsäure und ε-Aminocapronsäure, ein
signifikant erhöhtes Auftreten von kardialen Komplikationen, wie zum Beispiel
Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz nachgewiesen (Mangano 2006). Da
Manganos Patientenkollektiv aus Erwachsenen bestand, lassen sich seine
Resultate jedoch nicht ohne weiteres mit unseren Ergebnissen vergleichen, da im
höheren Alter die Arteriosklerose der Herzkranzgefäße als komplizierende
Begleiterkrankung im Vordergrund steht. Bei unseren Patienten sind hingegen
eher Anlageanomalien des Herzens und die damit einhergehenden myokardialen
Funktionsstörungen von Bedeutung.
Da eine Herzzeitvolumen-Messung bei unserem Patientenkollektiv unter
klinischen Bedingungen technisch nicht möglich war, definierten wir ersatzweise
das „Low-output“-Syndrom im Sinne einer postoperativen Herz-Kreislauf-
Insuffizienz als den Bedarf von mindestens 0,1 µg/kg/min Epinephrine. Mit 14
Patienten in der T-Gruppe und 13 Patienten in der E-Gruppe ergaben sich Anteile
von 12,3% bzw. 10,8%. Um zu klären ob diese hohen Raten im Zusammenhang
mit der antifibrinolytischen Therapie stehen, bedürfte es auch hier eines
Vergleichs mit einer Placebo-Gruppe. Festzuhalten bleibt jedoch, dass sich für das
Auftreten kardialer Komplikationen kein signifikanter Unterschied zwischen T- und
E-Gruppe ergab.
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4.5 Neurologische Komplikationen
In unserer Untersuchung konnten wir bezüglich des Auftretens von postoperativen
Krampfanfällen keine signifikanten Unterschiede nachweisen, obwohl vor allem
Tranexamsäure in der Vergangenheit immer wieder mit epileptogenem Potential in
Verbindung gebracht wurde. Experimentelle Studien in den frühen 80er Jahren
des vorigen Jahrhunderts hatten zum Beispiel gezeigt, dass die kortikale
Applikation von Tranexamsäure verstärkte Hirnaktivität bei Katzen auslöst
(Pellegrini 1982). Yamaura empfahl, antifibrinolytische Medikamente, wie
Tranexamsäure in keinem Fall intrathekal zu applizieren, nachdem er, ebenfalls in
einem Tierexperiment, nachgewiesen hatte, dass intrathekale Applikation von
Tranexamsäure Auswirkungen auf EEG, Blutfluss und Hirndruck hatte (Yamaura
1980). Erneutes Interesse an der ZNS-Verträglichkeit von Tranexamsäure
entstand, als chirurgischer Kleber mit Tranexamsäure als antifibrinolytischem
Bestandteil zugelassen wurde (Nur 1998). Die Autoren kamen zu dem Ergebnis,
dass die Bioverfügbarkeit von Tranexamsäure als Bestandteil des chirurgischen
Klebstoffes höher sei als bei intravenöser Applikation, dass jedoch zu keinem
Zeitpunkt pharmakologisch wirksame systemische Spiegel erreicht würden. 2000
erschien eine weitere experimentelle Studie zu Nebenwirkungen von
Tranexamsäure als Bestandteil chirurgischen Klebers bei lokaler Applikation auf
die Großhirnrinde von Ratten (Schlag 2002). Die Autoren stellten fest, dass
Tranexamsäure als Bestandteil des Klebers ihre epileptogene Wirkung abhängig
von der Konzentration behält und deshalb nicht für chirurgische Eingriffe nahe
oder innerhalb des ZNS verwendet werden sollte. 2002 erforschte schließlich
Furtmüller den Mechanismus, der der zentralen Übererregbarkeit mit folgender
epileptogener Wirkung zu Grunde liegt (Furtmuller 2002). Er fand heraus, dass
Tranexamsäure in kortikalem Gewebe von Ratten an die GABA-Bindungsstelle
von GABA-Rezeptoren, nicht jedoch an NMDA-Rezeptoren bindet und sah in
diesem Sachverhalt die Ursache der zentralen Übererregbarkeit. In dieser Arbeit
wurde außerdem erwähnt, dass nicht nur Tranexamsäure, sondern auch ε-
Aminocapronsäure den GABA-Agonisten Muscimol von der Bindungsstelle
verdrängt; genauere Daten hierzu wurden jedoch nicht veröffentlicht.
Alle oben genannten Erkenntnisse wurden im Rahmen von Tier-Experimenten
gewonnen. De Leede-van der Maarl berichtete 1999 als erste von epileptogener
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Wirkung von Tranexamsäure bei Einsatz am Menschen. Sie beschrieb einen 68-
jährigen Patienten, der während einer spinalen Anästhesie akzidentell intrathekal
Tranexamsäure appliziert bekommen hatte (de Leede-van der Maarl 1999).
Unmittelbar nach der Applikation verfiel der Patient in einen Status epilepticus,
konnte jedoch nach intensiver Therapie gesund entlassen werden. Ein weiterer
vergleichbarer Fall wurde 2009 von Mohseni beschrieben (Mohseni 2009). Im
darauffolgenden Jahr konnte schließlich die epileptogene Wirkung nicht mehr nur
für die intrathekale, sondern auch für die intravenöse Applikation nachgewiesen
werden (Murkin 2010). Eine vergleichende Untersuchung von Aprotinin und
Tranexamsäure als Antifibrinolytika bei herzchirurgischen Eingriffen erschien 2008
als Ein-Jahres-Follow-Up-Studie (Martin 2008). Die Autoren wiesen eine
signifikante Häufung postoperativer Krampfanfälle bei Anwendung von
Tranexamsäure nach und sprachen die Empfehlung aus diese bei Herz-Klappen-
Operationen nicht weiter einzusetzen. Dieser Zusammenhang wurde durch einen
2010 veröffentlichten Bericht bestätigt (Murkin 2010). Die Autoren betrachteten
gezielt retrospektiv Patienten mit postoperativen Krampfanfällen in der
Herzchirurgie und wiesen nach, dass der Einsatz hoch-dosierter Tranexamsäure
mit postoperativen nicht-ischämischen Krampfanfällen assoziiert ist.
Als Risikofaktoren für das Auftreten von Krampfanfällen bei herzchirurgischen
Eingriffen an Erwachsenen gelten neben der antifibrinolytischen Therapie das
Vorhandensein eines Aortenaneurysmas, Herzklappenchirurgie, hohes Alter,
weibliches Geschlecht und der Einsatz einer intraaortalen Ballonpumpe (Carrascal
1999). Das Alter unserer Patienten schließt Risikofaktoren wie Arteriosklerose und
Aortenaneurysma aus; intraaortale Ballonpumpen stehen für ein Kollektiv wie
unseres nicht zur Verfügung. Darüber hinaus fanden wir für unser Kollektiv eine
niedrige Inzidenz für Schlaganfälle und zerebrale Blutungen, zwei weitere häufige
Ursachen von Krampfanfällen. Somit erhärtet sich der Verdacht gegenüber der
antifibrinolytischen Therapie als Ursache für das Auftreten von Krampfanfällen.
Da bereits 1998 durch Rappaport gezeigt worden war, dass postoperative
Krampfanfälle mit einer verschlechterten neuronalen Entwicklung einhergehen
(Rappaport 1998) und insofern Kinder durch postoperative Krampfanfälle
besonders gefährdet sind, erschien 2009 eine Studie zum Wirkungs- und
Nebenwirkungsprofil von Aprotinin und Tranexamsäure bei
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kinderherzchirurgischen Eingriffen (Breuer 2009). Hier zeigte sich eine Tendenz
zum erhöhten Auftreten von Krampfanfällen in der Tranexamsäure-Gruppe im
Vergleich zur Aprotinin-Gruppe, der Unterschied war jedoch, möglicher Weise auf
Grund zu geringer Fallzahl, nicht signifikant. Da ε-Aminocapronsäure ebenso wie
Tranexamsäure ein Lysinanalogon ist, liegt die Vermutung nahe, dass sie ähnliche
Nebenwirkungen wie Tranexamsäure besitzen könnte.
In unserem Kollektiv verzeichneten wir insgesamt 5 postoperative, erstmalig
aufgetretene Krampfanfälle. Einschränkend ist hier zu sagen, dass für die
Diagnose „Krampfanfall“ keine prospektiv festgelegte klare Definition vorlag (z.B.
kein EEG). 4 der 5 betroffenen Patienten hatten Tranexamsäure erhalten. Auch
hier zeigte sich eine Tendenz für eine epileptogene Wirkung von Tranexamsäure.
Signifikanz konnte auf Grund zu kleiner Fallzahl und Seltenheit des Ereignisses
jedoch nicht erreicht werden. Eine retrospektive Berechnung, basierend auf der
Auftretenswahrscheinlichkeit von Krampfanfällen ergab, dass eine Anzahl von 447
Patienten pro Gruppe nötig gewesen wäre, um ein signifikantes Ergebnis zu
erzielen.
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4.6 Gefäßthrombosen
In unserer Untersuchung konnten wir bezüglich des Auftretens von
Gefäßthrombosen keine signifikanten Unterschiede feststellen, obwohl die
antifibrinolytische Wirkung von Tranexamsäure und ε-Aminocapronsäure den
Verdacht nahe legt, dass diese Medikamente mit einer erhöhten
Thromboseinzidenz einhergehen könnten. Bis jetzt konnte, im Einklang mit
unseren Ergebnissen, in keiner der prospektiven Studien ein erhöhtes Risiko für
das Auftreten von Thrombosen im Rahmen der antifibrinolytischen Therapie
nachgewiesen werden (Eaton 2008). Lediglich einige Einzelfall-Berichte bestärken
diesen Verdacht (Hocker 1995). Die wesentlichen Risikofaktoren für
thrombembolische Komplikationen sind Entzündungsvorgänge, DIC und eine
reduzierte Leber-Funktion. Weitere Auslöser, welche vor allem in unserem
Patientenkollektiv vermehrt zu finden sind, sind Schwankungen der
Auswurfsleistung des Herzens, angeborene Herzfehler und exogene Faktoren, wie
zum Beispiel zentrale Venenkatheter (Kuhle 2004; Veldman 2008). Zusätzlich sind
unsere Patienten auf Grund ihres geringen Alters und der damit einhergehenden
geringen Größe weiteren Risikofaktoren, wie lang dauernder Immobilität, geringen
Gefäßdurchmessern und hoher Blutviskosität ausgesetzt (Petaja 1997). Im
Allgemeinen unterliegt die Inzidenz von Thrombembolien im Kindes- und
Jugendalter einer zweigipfligen Verteilung, wobei der erste Gipfel auf Grund der
genannten Faktoren die peri- bzw. neonatale Periode, der zweite Gipfel das
postpubertäre Jugendalter umschreibt (Stein 2004; Schneppenheim 2006). Der
zweite Gipfel wird vor allem durch das Auftreten von Thrombembolien während
bestehenden Schwangerschaften bei weiblichen Patientinnen verursacht und ist
somit für unser Kollektiv nicht relevant.
Tatsächlich konnten wir feststellen, dass zumindest in der E-Gruppe die meisten
Thrombosen bei Neugeborenen, also bei Kindern die jünger als 30 Tage sind,
auftraten. Insgesamt wurden 5 Gefäßthrombosen in der T-Gruppe und 6
Gefäßthrombosen in der E-Gruppe diagnostiziert. Damit bestand kein signifikanter
Unterschied zwischen Tranexamsäure und ε-Aminocapronsäure bezüglich
thrombogener Wirkung. Um einschätzen zu können in wie weit sie
thrombembolische Ereignisse hervorrufen, wäre ein Vergleich mit einer Placebo-
Gruppe erforderlich. Die Fallzahl müsste aufgrund der geringen Inzidenz von
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Thrombosen ausreichend groß gewählt werden um signifikante Werte zu
erreichen.
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4.7 Mortalität
Wir konnten hinsichtlich des Auftretens von Krankenhausmortalität keinen
signifikanten Unterschied zwischen Tranexamsäure und ε-Aminocapronsäure
feststellen.
Bislang veröffentlichte Studien über Zusammenhänge zwischen antifibrinolytischer
Therapie und Mortalitätsraten beschäftigten sich im wesentlichen mit Aprotinin, mit
erwachsenen Patienten und mit Langzeitüberlebensraten. Es erschienen Studien,
die für alle drei Antifibrinolytika verminderte Mortalitätsraten errechneten (Levi
1999), Studien, die für keines der drei Antifibrinolytika verminderte Mortalitätsraten
errechneten (Munoz 1999; Brown 2007) und Studien, die für Aprotinin im
Vergleich zu Tranexamsäure und ε-Aminocapronsäure eine erhöhte
Mortalitätsrate errechneten (Mangano 2006; Schneeweiss 2008; Henry 2009). Die
genannten Studien bezogenen sich, wie schon erwähnt, jedoch nur auf
erwachsene Patienten und fast ausschließlich auf Langzeitüberlebensraten. Für
unsere Studie wählten wir den Parameter der Krankenhausmortalität, da wir davon
ausgingen, dass in unserem Kollektiv Langzeitüberlebensraten vor allem durch die
Schwere der Grunderkrankung beeinflusst wurden.
In unserem Kollektiv verstarben 7 von insgesamt 234 Patienten. 3 der
Verstorbenen hatten Tranexamsäure, 4 ε-Aminocapronsäure erhalten. Gesicherte
Aussagen über den Einfluss der beiden Lysinanaloga auf die Höhe der
Mortalitätsrate wären wiederum nur durch Vergleich mit einer Placebo-Gruppe
möglich.
Anzumerken bleibt, dass die Mortalitätsraten in unserem Kollektiv
höchstwahrscheinlich vor allem durch die schwerwiegende Grunderkrankung
verursacht waren. Unter Anbetracht des von der Grunderkrankung ausgehenden
hohen Risikos waren die Mortalitätsraten sogar bemerkenswert niedrig.
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5 Zusammenfassung
Studien zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen der antifibrinolytischen Therapie in
der Kinderherzchirurgie sind rar und ihre Ergebnisse widersprüchlich. Die
aufgrund physiologischer und anatomischer Strukturunterschiede schlechte
Übertragbarkeit von Ergebnissen erwachsener Patienten auf Neugeborene,
Säuglinge und Kleinkinder, gaben Anlass zur Gewinnung und Auswertung eigener
Daten.
Wir analysierten Daten von 234 Patienten, wovon 114 konsekutive Patienten
Tranexamsäure und 120 konsekutive Patienten ε-Aminocapronsäure als
Antifibrinolytikum erhalten hatten. Wir erhoben demographische, präoperative und
intraoperative Daten um die Vergleichbarkeit der Gruppen zu überprüfen. Als
primären Endpunkt betrachteten wir den Blutverlust. Als sekundäre Zielgrößen
interessierten uns Transfusionsbedarf, Rethorakotomierate, Beatmungsdauer,
Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation, das Auftreten von postoperativen
renalen, kardialen und neurologischen Komplikationen und die
Krankenhausmortalität.
Weder für den Blutverlust, noch für die Rethorakotomierate, noch für den
Transfusionsbedarf konnten wir signifikante Unterschiede nachweisen. Somit
gehen wir davon aus, dass in der Effektivität der blutsparenden Wirkung zwischen
Tranexamsäure und ε-Aminocapronsäure kein Unterschied besteht. Für die
sekundären Zielgrößen ergaben sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede.
Lediglich eine Tendenz für vermehrtes Auftreten von Kampfanfällen nach
Behandlung mit Tranexamsäure konnte vermerkt werden. Eine Studie zur
Hypothese „Ist die Verwendung von Tranexamsäure in der Kinderherzchirurgie mit
einer erhöhten Inzidenz von Krampfanfällen assoziiert?“ wäre wünschenswert.
Weitere Studien sind außerdem notwendig um die Fallzahl und somit die
Aussagekraft bezüglich seltener Ereignisse zu erhöhen. Prospektive placebo-
kontrollierte Studien sind erforderlich, um Nebenwirkungen, die möglicherweise
von allen Antifibrinolytika gleichermaßen verursacht werden, nachzuweisen. Bis
dahin sollte die Indikation zur Gabe dieser Medikamente kritisch gestellt werden.
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7 Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1: Dosierungsschema der Antifibrinolytika ...........................................................17