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TIPPS & TECHNIK ABZIEHER-ABC
UNTER ZUGZWANGUm Bauteile zu trennen, bedarf es zuweilen hoher
Kräfte, wie sie nur Abzieher aufbringen. Doch die segensreichen
Helfer werden bei falscher Anwendung schnell zum Fluch für Mensch
und Material, befördern teure Bauteile in die ewigen Jagdgründe
oder verursachen gar Verletzungen. Hier erfahren Sie, welche
Abzieher es gibt und für welche Einsätze sie geeignet sind…
Sacklochlagerauszieher, Zweispin-deltrennmesser, geteilter
Radna-benflanschhülsenabzieher und Konustrenner – schon die Namen
der Werkzeuge erzählen eine Ge-schichte der Spezialisierung. In der
Tat sind Abzieher alles andere als universell, die Fra-ge eines
unbedarften Schrauberkollegen „Haste mal nen Abzieher?“ zeugt von
gefähr-licher Ahnungslosigkeit. Gefährlich, weil ein falsches
„Demontagemittel“ nicht nur das Bauteil gefährden kann oder selbst
den Hel-dentod stirbt, sondern die Brocken dem Schlosser auch
mächtig um die Ohren flie-gen können.
Klar gibt es Universal-Abzieher, wobei das Universelle
spätestens an einer festsitzenden Konusverbindung, einem versteckt
sitzen-den Lager oder einem flach aufsitzenden Flansch endet. Genau
hier beginnt die Welt der Spezialwerkzeuge, ein Universum geni-aler
Ideen, die ein beschädigungsloses De-montieren erst
ermöglichen.
Früher begannen viele Mechanikeraus-bildungen mit dem Herstellen
solcher Spe-zialwerkzeuge. Uns „Stiften“ bleute der Meister damit
den Sinn von Feingewinden, die enorme Festigkeit von
Konusverbindun-gen und die Wichtigkeit von Druckstücken
ein, nebenbei übten wir dabei Drehen, Frä-sen und
Gewindeschneiden. Im Schrank des Werkstattpatriarchen sammelten
sich über die Jahre so eine Unmenge spezieller Vor-richtungen, die
oft jahrzehntelang verstaub-ten, um irgendwann einmal im raren
Einsatz-fall Material, Zeit und Geld zu retten. Damit wir Lehrlinge
auf Zuruf das Richtige brach-ten, gab der Meister den wichtigsten
Abzie-hern altdeutsche Namen wie „Dicker Otto“, „Langer Hans“ und
„Dünner Karl“. Und wenn einmal der geringste Zweifel an der
Funkti-onssicherheit aufflammte, hatten wir schleu-nigst eine neue
Abzieh-Vorrichtung zu kon-struieren…
HANDWERKLICHER ANSPRUCH Höher, als es scheint – wo hohe Kräfte
falsch walten, drohen teure Schäden
FINANZIELLER AUFWAND Hochwertige Abzieher kosten oft 100 Euro
und mehr, sparen aber am Ende bares Geld
BENÖTIGTE AUSRÜSTUNG Abhängig von Fahrzeug und schrauberischem
Anspruch. Ein, zwei Universalabzieher schaden nie
AG_2016_09_094 94 24.08.2016 10:11:47
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UNTER ZUGZWANG
siert aber gar nicht mal selten. Nur zwei Bei-spiele: Beim Boxer
älterer BMW-Motorräder sitzt der Lichtmaschinenanker auf dem
vor-deren Kurbelwellenkonus. Um den Anker ab-zuziehen, kommt ein
Druckstift in die Welle, abgedrückt wird mit der
Anker-Befesti-gungsschraube. Einem Billig-Anker lag ein Druckstift
bei, worüber sich der Schrauber freute. Doch der Stift war aus
miesem Stahl, deformierte sich unter Druck und verkeilte sich im
Gewinde – wo er gnadenlos stecken-blieb. Der Ausbau der Kurbelwelle
und das Ausbohren auf der Drehbank eines Spezia-listen verschlang
am Ende eine vierstellige Summe – wegen eines Druckstifts, den BMW
einst für rund fünf Mark verkaufte.
Beispiel Ford A: Dessen Radnaben sitzen brutal fest auf Konen an
den Antriebswellen. Wer sich hier mit einem Universal-Abzieher
versucht, sprengt mit etwas Pech das Wel-lenende und zieht mit
ziemlicher Sicherheit den Nabenflansch krumm. Henry Fords
Spe-zialwerkzeug dafür gibt es bis heute um die 60 Euro, eine
einmalige Anschaffung, mit der man selbst bombenfest sitzende Naben
zerstörungsfrei abgezogen bekommt.
Deshalb immer den richtigen Abzieher be-nutzen, Sparen ist hier
fehl am Platz. Hier ei-ne Auswahl gängiger Abzieher und Beispie-le,
wo ihr Einsatz angebracht ist.
TEXT Dirk KösterFOTOS Dirk Köster/Archiv
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Außenabzieher
Die einfachste und universelle Form einer Abziehvorrichtung ist
der Zweiarm-Klau-enabzieher. Sein Herzstück bildet meist eine
solide Brücke, die die Abzughaken mit den Klauen hält. In der Mitte
der Abziehbrücke sitzt die Druckspindel, deren Feingewinde eine
hohe Druckkraft ermöglicht. Die Klauen greifen unter das
abzuziehende Bauteil, so-lange das nicht zu fest sitzt, wird es
prob-lemlos „kommen“. Sitzt es fest, gibt es bei höherer Kraft ein
Problem: Der Abzieher kann sich verkanten und seitlich
abrutschen,
Beispiel Riemenscheibe: Bei solch üppigen Platzverhältnissen
sollte stets ein Dreiarm-Abzieher verwendet werden, der die Kraft
auf das abzuziehende Bauteil gleichmäßiger verteilt
Wer so geprägt wurde, denkt noch heute lieber dreimal nach, als
mit einem falschen oder schlechten Abzieher Material und
Ge-sundheit zu riskieren. Denn die Kräfte, die nötig sind, um Lager
von Wellen zu ziehen, sind bisweilen extrem. So mancher Abzieher
vom Fernost-Höker stirbt unter dem Druck der Spindel den Heldentod
– seine Bruchstü-
cke fliegen wie Projektile durch die Werk-statt. Schlecht
passende Gewinde finden sich bei Billigware genauso wie mickrige
Spindeln und brechende Klauen. Deshalb gilt: Qualität ist oberstes
Gebot, Markenwa-re unabdingbar. Wäre ziemlich blöd, eine
3000-Euro-Kurbelwelle mit einem Fuffzehn- Euro-Abzieher zu
zerstören. Genau das pas-
Der klassische Zweiarm-Außenabzieher gehört zur
Grundausstattung. Dreht man die „Abzughaken“ genannten Arme, sodass
die Klauen nach außen zeigen, lässt er sich als Innenauszieher
verwenden
Eine Zentrierspitze lässt die Druckspindel wirk-lich mittig auf
der Welle sitzen. Der Spreizkonus verhindert das Abgleiten der
Abzughaken
AG_2016_09_095 95 24.08.2016 10:11:51
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TIPPS & TECHNIK ABZIEHER-ABC
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triert und kann sich kaum seitlich wegdrü-cken, außerdem werden
die Kräfte besser auf das Werkstück verteilt. Dreiarmabzieher
funktionieren daher wesentlich sicherer und materialschonender.
Wichtig ist der sichere Sitz auf der Welle, eine Zentrierspitze am
Druckstück leistet gute Dienste, sofern die Welle eine
Zentrierbohrung aufweist.
Bei hoher Belastung kann es nötig sein, ein genau auf die Welle
passendes Druck-stück zu verwenden. Hat das Wellenende ein Gewinde,
kann man beispielsweise die sonst dort sitzende Befestigungsmutter
auf-schrauben, im Fall einer Kronenmutter, na-türlich falsch
herum.
Theoretisch lassen sich mit einem Klauen-abzieher mit Wendearmen
auch innen lie-gende Lagerringe und Bauteile „ziehen“, doch oft
sind die Lagerinnendurchmesser für die klobigen Klauen zu
klein.
Beim Abziehen mit einem Klauenabzieher ist der sichere Sitz des
Abziehers das A und O. Einige Abzieher haben Spannbügel oder
Klemmvorrichtungen, im Notfall kann man die Arme eines zweiarmigen
Abziehers auch mit einer gut sitzenden Schraubzwinge
vor-spannen.
Bei diesem Abzieher können die Arme in unterschiedlichen Höhen
eingehängt werden
was eine Beschädigung des Wellenendes zur Folge haben kann.
Dieses Problem lässt sich durch einen Dreiarmabzieher minimieren.
Dank der drei Arme bleibt der Abzieher zen-
Die Abzughaken lassen sich über Schrauben (oben) oder, wie bei
Kukkos quick adjust, über Rändelmuttern auf der Brücke
arretieren
Innenauszieher
BMW- und AWO-Schrauber kennen das: Tief im Motorgehäuse sitzt
bei diesen Ein-zylindern ein Nockenwellenlager. Eigentlich ein
problemloses Bauteil, wenn es nicht so schwer zu entfernen wäre –
glauben viele. Dabei fehlt nur das richtige Werkzeug: ein
Sacklochlager auszieher. Der besteht aus ei-ner Spannpa trone, die
sich per Schraube und Druckstück im Lagerinnenring festkrallt.
An-schließend kommt eine Abziehbrücke über das Lager, und die Hülse
lässt sich samt La-ger herausziehen. Wer häufi g an demselben
Motortyp schraubt, sollte sich solche Spezi-alabzieher zulegen.
Universeller sind Abzie-her-Sortimente, die mit mehreren Hülsen
ei-ne große Durchmesservielfalt abdecken. Dann verliert selbst das
tief im Schwungrad sitzende Pilotlager seinen Schrecken (das sich
freilich auch auspressen lässt, indem man zähe Dichtmasse in den
Innenring stopft
Für kleine Lagerdurchmesser sind (dreischalige)
Segment-Innenauszieher besser als zweischalige
und diese mit einem stumpfen, saugend pas-senden Dorn und
Hammerschlägen hinter das Lager treibt, bis es rausfällt).
Häufi g sitzen Lager eingelassen in Gehäu-sen und umfassen
Wellen. Für den Fall gibt es Auszieher mit schlank geformten
Klauen, die innen in die Lager greifen. Funktional gleichen sie
Außenabziehern.
Die eigentliche Zugkraft wird häufi g über Gegenstützen auf den
Auszieher ausgeübt, die sich am umliegenden Gehäuse abstützen
(großes Bild). Ist das Gehäuse zu fragil oder sind die
Platzverhältnisse so knapp, dass die Stützen das zu ziehende
Bauteil blockieren, kann man sich mit aufgelegten Brücken oder auf
Maß gedrehten Stützringen behelfen.
Ultima Ratio bei beengten Bedingungen ist das Ziehen mit einem
Gleithammer. Das geht schnell, birgt aber auch die Gefahr des
Verkantens.
Manche Innenauszieher werden durch ein Druckstück (links)
gespreizt. Ist das Lagergehäuse zu fragil, kann über eine
aufgelegte Brücke (Mitte) gezogen werden. Rechts: der
Gleithammer
Vorsicht beim Arbeiten mit dem Innenauszie-her und einer
Gegenstütze: Deren Arme dür-fen nicht das auszuziehende Teil
blockieren!
AG_2016_09_096 96 24.08.2016 10:11:58
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Die Trennvorrichtung
In der Konstruktion ist es oft sinnvoll, Lager möglichst dicht
an anderen Bauteilen zu platzieren. Was Steifigkeit bringt, aber
ver-hindert, dass die Klauen eines Abziehers un-ter das Lager
passen. Die Lösung: das „Trennmesser“. Die scharfen Seiten der
bei-den Trennhälften werden durch Schrauben zusammengezogen,
schieben sich dabei un-ter das Lager und hebeln es von seinem Sitz
(wobei es durch die hohen Kräfte meist be-schädigt wird und daher
nicht weiterver-
wendet werden kann). Dann drückt man es entweder durch
Abdrückschrauben ab (so-fern der Untergrund „solide“ ist) oder
be-nutzt eine Abziehbrücke, die durch Gewin-debolzen mit dem
Trennmesser verbunden wird.
Vorsicht ist geboten, wenn der Innen-durchmesser des
Trennmessers kleiner ist als die Welle. Dafür wird der Wellenstumpf
beim Verwenden von Abdrückschrauben prak-tisch nicht
beansprucht.
Liegt ein Lager oder Bauteil plan auf, sodass die Haken des
Außenabziehers nicht darunter greifen können, kommt die
Trennvorrichtung zum Einsatz, auch Trennmesser genannt
Profi-Lösung: Trennvorrichtung mit Aufnahmen für einen
Abzieher
Für die Abziehha-ken ist kein Platz unter dem Lager. Anders das
Trenn-messer, dessen scharfe Schneiden sich beim Zusam-menziehen
unter das Lager schie-ben. Ist der Unter-grund plan und aus Stahl,
wie im vorliegenden Fall, kann über die inte-grierten Schrauben
abgedrückt werden, was den Wellenstumpf schont
Hülsenabzieher
Sie sind die Kraftmeier unter den Abzie-hern. Wann immer es
darum geht, sehr fest sitzende Konusverbindungen zu lösen, kommen
Hülsenabzieher zum Einsatz. Rich-tig montierte Konen sitzen meist
bomben-fest, schon zum Lösen eines MZ-Kupplungs-korbs braucht es
enormen Druck, noch fes-ter sitzen etwa die Radnaben eines Ford A.
Klarer Fall: Derlei Abzieher sind stets fahr-zeug- oder
modellspezifische Werkzeuge.
Zur Befestigung des Hülsenabziehers ha-ben manche Bauteile wie
die MZ-Kupplung oder auch Polräder der Lichtmaschinen von
Motorrädern und Mopeds eigens ein Abzieh-gewinde, andere, wie die
Ford-Nabe, weisen eine Befestigungsnut zum Ansetzen der Hül-se auf.
In beiden Fällen wird der Wellen-
stumpf mit einem speziellen Druckstück ge-schützt, das die Last
von teils mehreren Ton-nen aufnimmt. Denn die kommen zustande, wenn
mit dem großen Ringschlüssel oder der ganz schweren Ratsche
geschraubt wird. Rührt sich dennoch nichts, hilft der berühm-te
Prellschlag: Mit einem 800-Gramm-Ham-mer verpasst man der Spindel
einen geziel-ten Schlag. Meist löst sich der Konus dann mit einem
satten „Knock“.
Hülsenabzieher wie jener der MZ dienen mit zurückgeschraubter
Spindel und ohne Druckstück auch der Montage: Die Kupplung wird auf
den Wellenstumpf gesetzt, der Ab-zieher aufgeschraubt und der Konus
mit ei-nem kräftigen Schlag auf die Spindel „ge-setzt“.
Hülsenabzieher sind fahrzeugspezifische Teile, oben jener zum
Lösen einer MZ-Kupplung
Links: Außengewinde zum Aufschrauben der Hülse. Mitte: Reicht
der Druck nicht, hilft ein Prellschlag. Rechts: Ford-A-Nabe mit
Abzieher
AG_2016_09_097 97 24.08.2016 10:12:05
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TIPPS & TECHNIK ABZIEHER-ABC
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Spurstangen-Abdrücker
Mutter lösen und mit zwei Hämmern gleichzeitig seitlich gegen
die Konusauf-nahme schlagen: Die Barbaren-Methode grassiert bis
heute in Autowerkstätten, wenn es gilt, „mal eben“ den Kugelkopf
einer Spurstange zu lösen. Geht der Schlag dane-ben, ist das
Gewinde hin, tre en sich die Hämmer unglücklich, können Stahlteile
wie Schrapnelle durch die Gegend fl iegen, und die Sache endet beim
Augenarzt. Völlig un-nötig, denn professionelle Abdrückwerkzeu-ge
sind preiswert und erleichtern die Arbeit. Es gibt sie in starrer
Bauweise. Dabei wird eine angeschrägte Aufnahme zwischen
Ku-gelgelenk und Spurstange eingesetzt und mittels Spindel auf dem
Gewinde des Kugel-kopfes abgedrückt. Etwas universeller ist die
Gelenkausführung. Sie setzt ebenfalls im Spalt zwischen Kugel und
Spurstange an, abgedrückt wird aber per Hebelüberset-zung, die ihre
Kraft über das Gewinde einer Spindelschraube bezieht.
Das Wichtigste ist die Passform: Je saube-rer sich der Abdrücker
in den Spalt einfügt, desto sicherer der Trennvorgang.
Lagerauszieher
Könnte man nur jetzt das Lager einzeln raus ziehen…“ Ein oft
geträumter Schrau-bertraum, wenn ein von außen zugängliches
Wälzlager defekt ist. Dabei kann der Traum wahr werden – mit dem
passenden Lager-auszieher. Auf den ersten Blick eine Mi-schung
zwischen Zaubertrick und Murksre-paratur, oft aber die einzige
Chance, sich vor einer Totaldemontage zu drücken. Richtig
angewandt, ist die Methode technisch ziem-lich unbedenklich und
spart viel Zeit.
Zur Anwendung muss meistens Platz im Lager gescha en werden. Da
es sowieso de-
fekt ist, gern mit sanfter Gewalt. Sofern das Lager gekapselt
ist, wird erst die Dichtung herausgehebelt. Ein gezielter
Meißelschlag zerstört den Käfi g so weit, dass sich die Ku-geln zur
Seite drücken lassen. Dann setzt man die Abzieharme, deren Enden
eine Art Flachkugel bilden, zwischen die Kugeln und verdreht sie um
90 Grad. So sitzen sie in den Kugellaufrillen fest und bilden eine
bomben-feste Verbindung zu einer speziellen Abzieh-brücke. Zwei
solcher Arme sind das Mindes-te, gute Auszieher lassen die
Verwendung von drei bis vier Armen zu. Die Materialqua-
lität muss gut sein, immerhin werden die Flachkugeln mit enormer
Zugkraft belastet. Nun wird ganz normal gegen die Welle
ab-gedrückt, wobei gezieltes Erwärmen des Ge-häuses die nötige
Kraft oft verringert.
Eine Garantie für die Funktion dieser Me-thode gibt es nicht, je
nach Passung sitzen Lager, zu deren Demontage normalerweise
Trennmesser erforderlich sind, so fest auf der Welle, dass sie sich
von außen nicht zie-hen lassen. Man muss ein Gefühl dafür
ent-wickeln, wann der Versuch abzubrechen ist, bevor Welle und
Werkzeug leiden.
Mit seiner Schneide muss der Abdrücker sicher im Spalt zwischen
Kugelgelenk und Spurstange sitzen. Rechts die einfache Form des
Spurstangen-Abdrückers
Ist der Lagerkäfi g mit einem Dorn zerstört (links), lassen sich
die Kugeln zusammenschieben und so Platz scha en für die
Abzugshaken. Eingeführt und um 90 Grad verdreht, sitzen sie sicher
zwischen Außen- und Innenring. Erwärmen des umliegenden Gehäuses
erleichtert die Arbeit
Im Idealfall ermöglicht dieser Auszieher das Wechseln von Lagern
ohne aufwendige Demontagearbeiten
Durch die nach unten zeigende Spindel kolli-diert der Schrauber
nicht mit anderen Fahrwerks-bauteilen
Größer ist die Kraft, wenn man mit Hebel scha t: Abdrücker in
Gelenkausführung
AG_2016_09_098 98 24.08.2016 10:12:13
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Richtig abziehen
Beim richtigen Umgang mit Ab- und Aus-ziehwerkzeugen gibt es
einiges zu be-achten. Ganz wichtig ist die Schonung der Welle durch
ein passendes Druckstück. Ebenso wichtig ist ein guter Sitz des
Werk-zeugs am abzuziehenden Bauteil. Will es sich dennoch partout
nicht lösen, hilft der Prellschlag: Man spannt den Abzieher
kräf-tig, aber gefühlvoll vor, dann folgt ein kräfti-ger Schlag
senkrecht auf die Spindel. Richtig ausgeführt, ertönt jetzt das
ersehnte
Spezial-Abzieher
So groß die Vielfalt an Abziehern und Trennwerkzeugen auch ist,
bei manchen Anwendungen geraten handelsübliche Werkzeuge an ihre
Grenzen. Für solche Fäl-le haben die Fahrzeughersteller
Spezial-werkzeuge im Angebot. Sie füllen imposan-te Werkzeugwände,
manche sind unnötig, andere unverzichtbar. So wie der Auszieher für
die Lenkkopflager eines Motorrads. Eine Spannpatrone spreizt sich
im Lager fest, die speziell geformte Außenhülse findet am
dünnwandigen Lenkrohr sicheren Halt. Mit-tels Spindel wird
abgezogen, das filigrane Rohr und das Lager bleiben
unbeschädigt.
Es gibt hunderte solcher Beispiele, leider „sitzen“ manche
Hersteller auf ihren Werk-zeugen wie die Glucke auf den Eiern. So
sol-
einer Heißluftpistole oder vorsichtig mit ei-ner Lötlampe
erwärmt. Auch hier können Si-cherungsmaßnahmen nicht schaden, die
ein Umherfliegen der gelösten Teile verhindern.
Abzieher können echte Problemlöser sein – wenn die Qualität
stimmt. Namen wie Kuk-ko, Hazet oder Gedore versprechen
hoch-wertige Verarbeitung und somit eine Inves-tition, von der man
auch in 25 Jahren noch etwas hat. Ein wenig Pflege ist freilich
nötig: Gelenke und Schiebeverbindungen sollten regelmäßig mit etwas
Fett geschmiert wer-den, die hoch belastete Spindel freut sich über
Zuwendungen mit Molybdän-haltigem Fett.
Wer viel schraubt, bei dem kommen im Laufe des Lebens etliche
Abzieher zusam-men. Dennoch tauchen immer wieder Situ-ationen auf,
bei denen „der Richtige“ fehlt. Dann sollte man innehalten,
nachdenken, messen und skizzieren. Wer selbst über kei-ne Drehbank
verfügt, wendet sich an den örtlichen Werkzeugmacher, der mit
präzisen Angaben und ein paar ordentlichen Stücken Stahls so
einiges bauen kann – was sich nach getaner Arbeit einen Ehrenplatz
im Werk-zeugschrank verdient hat.
len in den Fünfzigern Borgward-Händler manche Spezial-Abzieher
nur dann als Er-satz bekommen haben, wenn sie ein ver-schlissenes
Werkzeug ins Werk schickten. Dadurch wollten die Bremer verhindern,
dass Hobbybastler manche Reparaturen selbst durchführten. Andere
Firmen hinge-gen geben den Kunden sogar Selbstbau-zeichnungen an
die Hand, mit deren Hilfe je-der Dreher den entsprechenden Abzieher
herstellen kann. Bei BMW sind die Abzieher über die Händler zu
beziehen, für ältere Mo-delle gibt es Nachbauten.
Auch wenn ein unverzichtbarer Spezialab-zieher ziemlich teuer
sein kann, ist er immer billiger als ein vermurkstes Bauteil,
deshalb auf Qualität achten.
Da bleiben kaum Wünsche offen: Abziehersammlung, die sich im
Laufe eines Schrauberlebens eingefunden hat
Dieser Abzieher wird auf Radbolzen geschraubt und drückt
Bremstrommeln verzugfrei ab
So lässt sich ein Kolbenbolzen ausdrücken, ohne das Pleuellager
zu malträtieren
Manchmal hilft auch ein wenig Improvisation, wie hier beim
Tausch eines BMW-Lenkkopflagers
„Klock“, das ein Lager von sich gibt, wenn es seinen Sitz
verlässt. Besonders heftig müs-sen Hülsenabzieher auf großen Konen
vor-gespannt werden, nach einem entsprechend deftigen Prellschlag
löst sich das Bauteil in den meisten Fällen.
Tut es das nicht, wie etwa an der festsit-zenden Konusverbindung
eines Vorkriegs-Lkw, kann ein Abzieher mit Hydraulikspindel der
letzte Ausweg sein. Mit der Hydraulik sind noch einmal deutlich
höhere Drücke zu erzielen. Sie sind so heftig, dass Warnhinwei-se
wie dieser Pflicht sind: „Vor Aufbringung der Abziehkraft muss das
Abziehwerkzeug und das abzuziehende Teil mit einer
Unfall-schutzplane umhüllt werden.“ Andernfalls können sich
Abzieher und Werkstück beim erlösenden „Klock“ in Richtung
Werkstatt-decke auf und davon machen…
Wann immer es darum geht, Lager aus Gehäusen zu ziehen, hilft
Wärme. Ein paar Minuten Heißluft lässt das Aluminium rund ums Lager
„wachsen“ und erleichtert das Ausziehen kolossal. Wenn bei einer
Konus-verbindung nichts mehr hilft, wird mit dem Abzieher kräftig
vorgespannt und dann mit
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